Wie ein Traum aus 1001 Nacht – Kapitel 6

Khalid führte sie durch die duftenden Gärten zurück in den Palast.

    Gern hätte Maggie das Schweigen zwischen ihnen gebrochen, aber ihr kam kein einziges Wort über die Lippen. Ihr Mund fühlte sich trocken an, und ihre Gedanken fuhren Achterbahn. Sie konnte nur noch daran denken, wie wundervoll sich ihre Hand in seiner anfühlte.

    Es war ihre Hochzeitsnacht, und ihr Ehemann führte sie in ihr Schlafzimmer. Das war aufregender als alles, was sie bisher erlebt hatte. Dabei durfte es gar nicht so sein. Immerhin handelte es sich nur um eine Zweckbeziehung. Trotzdem reagierte Maggie auf jeden von Khalids feurigen Blicken. Sie wollte mehr. Wollte ihn, ihren Mann …

    „Wo sind wir hier?“ Überrascht sah sie sich um, nachdem sie durch ein paar kunstvoll bemalte Flügeltüren einen Trakt betreten hatten, der Maggie völlig unbekannt war.

    „Das sind unsere Privatgemächer“, entgegnete er schlicht. „Wir befinden uns praktisch im Herzen der Palastanlage.“

    „Unsere Privatgemächer?“ Diese zwei Worte klangen für Maggie wie ein Wunder. „Aber ich bin doch gerade erst in ein eigenes Apartment gezogen“, sagte sie leise.

    Sanft schob er sie vor sich her. „Das war vor unserer Hochzeit. Jetzt wäre es wohl kaum angebracht, dass wir getrennt voneinander leben.“

    Sie durchquerten ein geräumiges, luxuriöses Wohnzimmer, danach einen kleineren Zwischenraum und gelangten schließlich zu einer geschlossenen Tür, die mit filigranen Eisenbeschlägen verziert war.

    Zuerst hob Khalid ihre Hand an seine Lippen, dann schloss er die geheimnisvolle Tür auf. „Du hast das heute hervorragend gemeistert.“

    „Danke schön.“ Sie hörte ihre eigene Stimme kaum. „Ohne deine Tante hätte ich es wohl kaum geschafft. Sheila hat mich durch die Vorbereitungen und auch durch den Sprachkurs geführt. Außerdem hat sie mich einigen ihrer Freunde vorgestellt, und so kannte ich zumindest den ein oder anderen Hochzeitsgast. Das hat alles etwas leichter gemacht.“

    „Trotzdem hast du deine Rolle ganz hervorragend gespielt.“

    Eine Rolle gespielt. Die Realität traf sie wie ein heftiger Schlag. Alle Aufregung in ihr erstarb und hinterließ nur kalte Leere. Er wollte sie nicht.

    Sie waren Fremde, verheiratete Fremde. Und sie hatte dem zugestimmt, also sollte es auch nicht so unendlich wehtun.

 

„Dies ist dein Zimmer, Maggie. Ich hoffe, du wirst dich hier wohlfühlen.“

    Khalid deutete eine leichte Verbeugung an. Er klang wie ein Hotelangestellter, der einen Gast empfing. Nicht wie ein Mann, der seine frisch angetraute Frau nach Hause brachte.

    Maggies Enttäuschung war grenzenlos. Scheinbar flüchtete er sich in die höfliche Distanz, um es ihr einfacher zu machen. Tatsächlich war es aber ein Schlag ins Gesicht!

 

Verdammt. So hatte er sich seine Hochzeitsnacht nicht vorgestellt. Khalid verschränkte die Hände hinter dem Rücken, um seine Fassung wiederzuerlangen. In Maggies Nähe fiel es ihm schwer, sich zu konzentrieren. Aber wenn er jetzt nachgab, würde er sie vermutlich auf der Stelle verführen. Immerhin sehnte er sich bereits seit sechs Wochen danach.

    Ratlos betrachtete er ihre zitternde Unterlippe und die Schatten unter ihren Augen. Den ganzen Tag über hatte er sich gegen den unstillbaren Drang gewehrt, endlich mit ihr allein zu sein, und war tapfer seiner Pflicht nachgegangen.

    Und er hatte Sheilas Bedenken ignoriert. Schließlich, welche Braut war vor ihrer eigenen Hochzeit nicht nervös? Und die Bemerkung seiner Tante, dass Maggie einen kränklichen Eindruck machte, stimmte schlichtweg nicht. Maggie war vernünftig und würde gut auf sich achtgeben. Nicht einmal die vorsichtige Andeutung des Arztes, den er an diesem Abend gesprochen hatte, Maggie sei am Rande der Erschöpfung, konnte Khalid von seinem Vorhaben abbringen, sie heute in jeder Hinsicht zu seiner rechtmäßigen Frau zu machen.

    „Du siehst müde aus, Kleines.“ Langsam machte er sich doch Sorgen um sie. Als er sie in den Palast geführt hatte, war sie buchstäblich hinter ihm hergestolpert, so als hätte sie kaum noch die Kraft, sich auf den Beinen zu halten.

    Nur ein rücksichtsloser Egoist würde in diesem Augenblick auf seine ehelichen Rechte bestehen. Khalid hatte aus den Augen verloren, wie anstrengend das königliche Protokoll auf Menschen wirkte, die mit diesen Formalitäten nicht vertraut waren.

    Maggie war völlig isoliert in einem fremden Land und sollte sich nun obendrein noch mit den Unbefindlichkeiten einer Schwangerschaft auseinandersetzen. Für sie musste es eine emotionale Achterbahnfahrt sein.

    Der Arzt hatte extra betont, wie wichtig es für Mutter und Kind sei, sich in nächster Zeit zu schonen. Khalid würde warten müssen, zumindest heute.

    „Klingel einfach, wenn du etwas brauchst.“

    „Bleibst du denn nicht hier?“, fragte sie überrascht. „Es wird doch etwas merkwürdig aussehen, wenn du sofort wieder auf der Feier erscheinst.“

    Khalid schenkte ihr ein flüchtiges Lächeln. „Du gehst jetzt schnell ins Bett und holst ein bisschen Schlaf nach.“ Es fiel ihm unendlich schwer, nicht ihre zarte Haut zu streicheln und ihren Hals zu küssen. „Schlaf gut, Kleines.“

    Mit hängenden Schultern betrat sie ihr neues Reich. Dabei nahm sie kaum wahr, wie geräumig das Zimmer war. Elegante Möbel verliehen ihm ein einzigartiges Flair, und ein paar breite Stufen führten zu einem fantastischen Himmelbett hinauf. Maggie ließ sich darauf sinken und zog die Knie an die Brust.

    Warum rege ich mich eigentlich auf? überlegte sie betrübt. Mir war doch von Anfang an klar, dass wir nur wegen der Schwangerschaft heiraten.

    Und trotzdem zerriss ihr der Schmerz darüber fast das Herz. Was hatte sie auch erwartet? Dass er einen Blick auf ihre Unterwäsche werfen würde und sich dann mehr von dieser Ehe versprach? Das war unmöglich!

    Khalids grimmige Miene bescheinigte ihr noch einmal, wie unattraktiv er sie fand. Das Funkeln in seinen Augen hatte sie sich mit Sicherheit nur eingebildet, weil sie den Gedanken nicht ertrug, abgelehnt zu werden. Unter ihrem Glitzerkleid und ihrem Schmuck war sie eben nicht mehr als ein einfaches Stallmädchen.

    Ihr Innerstes krampfte sich zusammen. Schon jetzt fühlte sich die Vernunftehe wie eine lebenslange Freiheitsstrafe an.

 

Nachdem Maggie erst im Morgengrauen eingeschlafen war, erwachte sie erst am späten Nachmittag. Entschlossen schlug sie die seidenen Laken zurück und erstarrte dann in der Bewegung.

    War Khalid etwa noch in der Nähe? Wartete er darauf, dass sie endlich aufstand? Hatten sie heute offizielle Termine, die sie gemeinsam wahrnehmen mussten? Oder erwartete man, dass sie sich zurückzogen, wie frisch Vermählte es für gewöhnlich taten?

    Wenige Minuten später war ihre Vermutung bittere Gewissheit. Sie war allein. Ihr Mann hatte sie tatsächlich am Tag nach ihrer Hochzeit allein gelassen. Trotz der luxuriösen Ausstattung um sie herum kam sie sich vor wie ein nutzloses Möbelstück.

    Khalid seinerseits wurde Maggies Duft nicht mehr los. Er saß in seinem Arbeitszimmer, und mit jedem Atemzug hatte er das Gefühl, sie wäre in seiner Nähe. Sie umgab eine zauberhafte Mixtur aus Sinnlichkeit und Sonne.

    Ganz langsam hob er den Kopf und sah zur Tür. Maggie stand seelenruhig dort und blickte ihn aus ihren ernsten grün gesprenkelten Augen an. Jeder Muskel in seinem Körper schien sich erwartungsvoll zusammenzuziehen. Das Blut rauschte in seinen Ohren, und sein Blick fiel auf ihr dünnes, orientalisches Seidengewand. Darunter trug sie offensichtlich keinen BH. War sie etwa gekommen, um ihn zu verführen? Sie sah nicht mehr müde aus, nur etwas angespannt.

    Maggie ging ein paar Schritte auf ihn zu und blieb vor dem massiven Arbeitstisch stehen.

    „Hallo, Maggie“, begrüßte er sie. „Hast du dich von gestern erholt?“

    „Ja.“ Sie runzelte die Stirn. „Mir geht es gut. Ich war nur müde, das ist alles.“

    „Freut mich, das zu hören.“ Die Untertreibung des Jahrhunderts, wie er insgeheim fand! Er deutete auf einen bequemen Sessel. „Setz dich doch.“

    „Nein, danke.“ Sie sah sich in dem Raum um. „Aber wir müssen uns unterhalten. Dieses Vortäuschen einer Ehe …“

    Alarmiert setzte er sich auf. „Wir täuschen nichts vor“, unterbrach er sie warnend. „Diese Verbindung ist echt, Maggie. Es gibt kein Zurück mehr.“

    „So meinte ich das auch nicht“, sagte sie schnell und sah auf ihre Hände. „Wir müssen nur

 

ein paar Grundregeln festlegen.“

    „Grundregeln?“

    „Zum Beispiel, was du erwartest. Und wie der Alltag vonstattengehen soll. Darüber haben wir nie gesprochen.“ Sie reckte stolz die Schultern, und Khalid starrte wie gefesselt auf ihre Brüste.

    Beinahe hätte er laut aufgestöhnt.

    „Wie heute“, fuhr sie fort. „Was soll ich den ganzen Tag über anstellen? Darf ich allein den Palast verlassen? Ich war mir nicht sicher, wie weit unser Theaterspiel gehen soll.“ Sie schluckte. „Dann hast du mich in unseren Räumen allein gelassen. Deshalb dachte ich, es wäre dir wohl egal, ob die Leute merken, dass unser Verhältnis nicht normal ist.“

    „Nicht normal?“, wiederholte er gereizt, und ihre Blicke trafen sich.

    „Normalerweise will ein Bräutigam doch Zeit mit seiner Braut verbringen.“

    Fassungslos rieb er sich den Nacken. Glaubte sie tatsächlich, er wollte sich absichtlich von ihr fernhalten? „Ich wollte dich nicht wecken.“

    Er hatte sie zusammengerollt mitten auf dem Bett vorgefunden, als er mittags nach ihr sah. Daraufhin war er widerwillig zu dem nächsten Hochzeitsempfang gegangen und hatte insgeheim seine Skrupel verflucht, die ihn davon abhielten, sich seiner Frau zu nähern. Schön, jetzt hatte er lange genug gewartet.

    „Hätte ich gewusst, dass du wach bist, wäre ich früher zurückgekommen.“

    Der Glanz in seinen Augen beunruhigte Maggie. Es war, als würde man jemanden ansehen, den man eigentlich kennt – und plötzlich einen Fremden entdecken.

    „Wozu?“

    „Warum möchte ein Mann seine Frau wohl nach der Trauung sehen?“, stellte er die Gegenfrage, und das Versprechen in seiner sanften Stimme erfüllte Maggie mit Wärme.

    Trotzdem wich sie automatisch zurück, als er verführerisch lächelte. „Spiel keine Spielchen mit mir!“

    „Du wolltest doch über Grundregeln sprechen. Und ich stimme dem zu. Es wird sogar allerhöchste Zeit dafür.“ Etwas hatte sich in den letzten Minuten zwischen ihnen verändert, das war nicht zu leugnen.

    Bewusst ließ Khalid seinen Blick über den feinen Stoff ihres Gewands gleiten und bemerkte, wie sich die Spitzen ihrer Brüste aufrichteten und unter dem dünnen Stoff abzeichneten.

    Maggie fühlte sich mit einem Mal seltsam verletzlich und atmete tief durch. „Vielleicht sollten wir die Einzelheiten morgen besprechen“, schlug sie unsicher vor.

    „Es gibt keinen Grund, bis morgen zu warten“, murmelte er.

    Mit einer geschmeidigen Bewegung erhob er sich, dann umrundete er den Tisch und blieb zwischen Maggie und der Tür stehen.

    Sie spürte ein aufregendes Kribbeln in der Magengegend.

    „Nein“, raunte er. „Wir sollten das noch heute Abend klären.“

    Schweigend standen sie einander gegenüber, und keiner von beiden rührte sich, während die Spannung zwischen ihnen ins Unermessliche stieg.

    Khalid spürte das Feuer, das in Maggie loderte. Er hatte sie als leidenschaftliche, mutige Frau erlebt, im Bett wie auch auf dem Reitplatz. Ihr Starrsinn, ihre Ehrlichkeit und ihr trockener Humor hatten ihn von Anfang an beeindruckt, genau wie ihre Fähigkeit, aus einer lieblosen, freudlosen Kindheit als starke und doch sensible Frau hervorzugehen.

    „Zwischen uns gibt es nur eine einzige Regel, Maggie. Ich bin dein Mann, und du bist meine Frau.“ Merkwürdig, wie gut sich diese Worte anfühlten!

    Ganz sachte drängte er sie gegen seinen Schreibtisch, bis sie nicht mehr vor ihm zurückweichen konnte. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an und wagte es kaum, Luft zu holen.

    Sie versteifte sich, als er den Kopf senkte und ihr einen federleichten Kuss auf den Hals hauchte. Ihre Haut schien zu verglühen, während er mit den Lippen darüberfuhr und dann ganz sachte an ihrem Ohrläppchen knabberte.

    „Khalid! Was tust du da?“

    „Gefällt es dir nicht?“

    Maggies Körper schien zu wissen, was er wollte, sie selbst tat es nicht mehr … Ihr Verstand war wie vernebelt, so unerwartet waren Khalids Zärtlichkeiten.

    Er küsste ihren Mundwinkel, und Maggie ließ sich seufzend gegen seine Brust sinken, um diesen Kuss zu erwidern. Es erschien ihr entgegen aller Vernunft die natürlichste Sache der Welt zu sein. An später konnte und wollte sie in diesem Augenblick nicht denken.

    Aber Khalid musste sich zurückhalten, das spürte er sehr deutlich. Sonst würde das Vergnügen, auf das er eine gefühlte Ewigkeit gewartet hatte, nur ein kurzes werden.

    Behutsam hob er Maggie auf den Schreibtisch und trat gleichzeitig dichter an sie heran. Dann ließ er seine Hände höher gleiten und stellte zufrieden fest, dass sie tatsächlich keinen BH trug. Ihre Brüste waren voller als gewöhnlich, und Khalid streichelte sie vorsichtig.

    „Empfindlich?“, fragte er dicht an ihren Lippen.

    Wortlos nickte sie und legte ihren Kopf in den Nacken. „Khalid, bitte!“

    „Schsch …“ Mit geschickten Fingern zog er ihr Kleid höher, bis er ihr nacktes Bein berührte.

    „Das können wir nicht machen“, protestierte sie halbherzig.

    „Natürlich können wir das. Schließlich bist du meine Frau und trägst mein Kind unter dem Herzen.“ Er schob eine Hand zwischen ihre Beine, und sofort spreizte Maggie leicht die Schenkel, um ihm einen leichteren Zugang zu gewähren.

    Ihr Körper hatte sich längst dazu entschieden, sich Khalid voll und ganz hinzugeben.

    „Öffne die Augen, Maggie!“

    Die grün glitzernde Tiefe in ihnen faszinierte ihn jedes Mal aufs Neue, doch in diesem Moment, als sie sich endlich vereinten, war noch ein besonderes, einzigartiges Licht darin. Khalids Unterbewusstsein warnte ihn vor diesem Licht, doch er weigerte sich, darauf zu hören. Der Sex mit seiner Ehefrau war einfach fantastisch. Was konnte es Besseres geben?

 

 


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