Ich sehne mich nach deiner Liebe

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Noch einmal lieben? Nach einem Schicksalsschlag ist das für Graf Alessandro Volta unvorstellbar. Bis die bezaubernde Grace Hunter auf sein Schloss kommt und in Alessandro eine verlorengeglaubte Sehnsucht weckt …


  • Erscheinungstag 12.07.2015
  • ISBN / Artikelnummer 9783733742683
  • Seitenanzahl 128
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Da kam sie.

Von seinem Arbeitszimmer aus beobachtete Graf Alessandro Leopold Volta, wie das Boot die Insel ansteuerte, auf der das Castello di Volta stand, Sitz und Heim der Volta-Familie seit über fünfhundert Jahren.

Das Boot hatte noch nicht einmal angelegt, doch schon stieg ihm ein bitterer Geschmack in den Mund.

Er hasste Besucher, hasste den Geruch der Außenwelt, den sie mitbrachten. Er hasste die erschreckt aufgerissenen Augen, sobald sie seine Narben sahen, und das Entsetzen, das jäh auf ihre Gesichter zog. Und wie sie dann den Blick hastig losrissen und bemüht den Kunstwerken zuwandten. Überallhin, nur nicht auf sein Gesicht.

Am meisten jedoch hasste er es, wenn das Entsetzen schließlich dem Mitleid wich.

Er zog das Entsetzen vor.

Er brauchte kein Mitleid. Von niemandem.

Er brauchte grundsätzlich niemanden.

Das Boot legte seitwärts am Pier an. Zähneknirschend wandte Alessandro sich vom Fenster ab. Dieses Mal war ihm keine Wahl geblieben. Dafür hatte das Bündel, das in den Kellern des Schlosses gefunden worden war, gesorgt.

Warum hatte diese Entdeckung, die die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit garantierte, ausgerechnet hier gemacht werden müssen? Wieso waren die fehlenden Seiten des legendären „Salus Totus“, des jahrhundertealten Buches der ganzheitlichen Heilslehre, hier gefunden worden?

Mit einem verächtlichen Laut ließ Alessandro sich in den Schreibtischstuhl fallen. Eine Woche würde es dauern, länger nicht, hatte Professor Rousseau zugesichert. Um zu prüfen, ob die Seiten authentisch waren, und falls ja, um sie für den Transport und die Ausstellung zu konservieren. Eine Woche nur … eine unendliche Woche, in der sich eine Fremde ununterbrochen im Schloss aufhalten würde, eine Frau, die Fragen stellte und Antworten erwartete. Und die zivilisiertes Benehmen von ihm erwarten würde.

Er sah auf die Aktenmappe auf dem Tisch. Nun, es hätte schlimmer kommen können, versuchte er sich zu beruhigen und konzentrierte sich auf das Resümee. Er blätterte zu dem Foto der Frau, die sich angemeldet hatte. Ihr eilte der Ruf der besten Konservatorin voraus. Vierzig Jahre Erfahrung auf diesem Gebiet, kurzes graues Haar und ein knochiges Gesicht, das eher von Pergament als von Haut überzogen schien – die Frau sah aus, als wären Bücher ihr lieber als Menschen. Wenn er schon Besucher auf seiner Insel ertragen musste, dann hätte er es schlimmer treffen können als mit dieser hageren Wissenschaftlerin.

Trotzdem ließ ihn die ungute Vorahnung nicht los. Seine Narbe brannte, als wären Krallen darübergefahren und hätten die Wunde wieder aufgerissen.

Eine Woche, dachte er und strich sich über die vernarbte Wange. Fast wunderte es ihn, dass seine Fingerspitzen nicht feucht und rot von Blut waren, als er die Hand zurückzog. Eine Woche mit einer Fremden, die in seinem Schloss herumschnüffelte und ihn mit Fragen belästigte.

Wer immer sie war und wie immer sie aussehen mochte – es war eine Woche zu viel.

Dr. Grace Hunter atmete tief die Meeresluft ein und hoffte, es würde die Schmetterlinge in ihrem Bauch beruhigen. Die Aufregung, sagte sie sich. Und gespannte Vorfreude. Vielleicht auch ein wenig Seekrankheit, so wie das Boot während der Fahrt auf den Wellen auf und ab gehüpft war.

Aber Aufregung definitiv.

Das Salus Totus war der Heilige Gral der Konservatoren-Welt. Die Aufgabe, die Authentizität der Seiten zu prüfen, war ihr sozusagen in den Schoß gefallen. Wenn es sich nicht um einen Schwindel handelte und sie den Beweis erbrachte, dass die Seiten echt waren, dann wäre ihre Karriere auf immer gesichert.

Kein Wunder, dass sie aufgeregt war.

Trotzdem schwelte da noch ein anderes Gefühl unter der Vorfreude, schon bald Seiten in den Händen halten zu können, die vor Hunderten von Jahren geschrieben worden waren.

Schwierig. So hatte Professor Rousseau den Grafen Alessandro Volta beschrieben, als sie Grace gestern unerwartet aus dem Krankenhaus angerufen hatte. Als Grace nachgehakt hatte, was schwierig genau bedeute, hatte Professor Rousseau eindeutig gezögert, bevor hektische Stimmen zu hören gewesen waren und sie nur noch gesagt hatte: „Ich muss Schluss machen. Sie schaffen das schon.“

Natürlich würde sie es schaffen. Grace holte tief Luft, während das Boot durch die Wellen pflügte und auf die Inselküste zuhielt. Nichts an der felsigen Insel mit dem hoch über den schroffen Klippen thronenden Schloss wirkte jedoch auch nur im Entferntesten einladend. Schwere Wolken hingen an einem sonst strahlend blauen Himmel über dem düsteren Gemäuer.

Grace runzelte die Stirn. Nur gut, dass sie Wissenschaftlerin war und kein abergläubisches Frauenzimmer, das in allem Zeichen für eine heraufziehende Bedrohung sah. Und schließlich hatte sie hier eine Aufgabe zu erledigen.

Der Skipper drosselte den Motor und ließ das Boot von der Strömung auf die Anlegestelle zutreiben. Eines der Crewmitglieder warf die Leinen an Land und machte das Boot fest, andere entluden die Fracht, darunter auch ihre Reisetasche. Grace sammelte ihre Sachen ein, schwang den Rucksack über die Schulter und nahm ihre Aktentasche auf, in der unter anderem das Empfehlungsschreiben von Professor Rousseau steckte.

Den Kopf in den Nacken gelegt, sah sie vom Landesteg aus zum Schloss hinauf. Von hier unten wirkte es regelrecht unheilvoll mit seinen hohen Türmen und den vielen Schießscharten. Welchen Eindruck würde es erst machen, wenn man davorstand? Das alte Gemäuer schien eine Herausforderung auszusenden: Wer es wagt, möge eintreten …

Eine Bewegung an ihrer Seite ließ sie zusammenzucken. Eine massige Gestalt trat aus den Schatten der Klippen ins helle Sonnenlicht. Ein Mann, aus dessen faltigem Gesicht mit lederner Haut dunkle Augen blitzten, taxierte sie von Kopf bis Fuß, als hätte er einen räudigen Hund vor sich. Dann griff er mit einer riesigen Hand nach ihrer Reisetasche und schleuderte sie auf die Ladefläche eines verbeulten Jeeps. Als er auch nach dem Koffer in ihrer Hand greifen wollte, zog Grace hastig den Arm zurück. Unter keinen Umständen würde sie diesen ungehobelten Kerl hier an ihre Werkzeuge lassen!

„Vielen Dank, das nehme ich selbst.“

Er stieß ein Knurren aus. „Sie sind nicht das, was wir erwartet haben“, sagte er in holprigem Englisch, sein Akzent so massiv wie seine baumstarken Oberarme. Dann wechselte er einige Worte mit dem Skipper in Italienisch, bevor er sich auf den Fahrersitz des Jeeps schwang.

„Professor Rousseau lässt sich entschuldigen. Ihre Mutter …“

„Das wird den Grafen nicht freuen.“

Was hätte sie darauf schon erwidern können? Also setzte sie sich wortlos neben ihn auf den zerschlissenen Beifahrersitz. Sonst würde er vielleicht noch ohne sie abfahren.

Der Jeep fuhr mit einem rasanten Ruck nach vorn an. Grace klammerte sich an die Arbeitstasche auf ihrem Schoß, während der Wagen die schmale Bergstraße hinaufraste. Falls so etwas überhaupt die Bezeichnung Straße verdient, dachte sie. Viel mehr als ein asphaltierter Weg, der sich im Zickzack die steilen Klippen hinaufwand, war es nämlich nicht. Dann machte sie auch noch den Fehler und sah aus dem Seitenfenster, als der Jeep eine weitere enge Haarnadelkurve nahm. Kleine Steine spritzten auf und verschwanden auf Nimmerwiedersehen in der tiefen Schlucht. Grace kniff die Augen zusammen.

„Könnten Sie vielleicht etwas langsamer fahren?“

Der Mann schüttelte den Kopf und murmelte etwas Unverständliches.

„Ich würde mir wirklich gern noch den Fund ansehen, bevor ich sterbe.“

„Der Graf.“ Er ignorierte ihren Einwand. „Er rechnet mit dem Professor.“

„Das sagten Sie bereits. Und wie ich bereits erklären wollte …“

„Das wird den Grafen nicht freuen“, wiederholte er.

Was immer die Stärken dieses Mannes sein mochten – Konversation gehörte sicherlich nicht dazu. Grace versuchte, sich allein auf den wirklich großartigen Blick auf das Mittelmeer zu konzentrieren. In der Ferne konnte man sogar noch die Küstenlinie Italiens erkennen. Daran, wie hoch sie hier sein mussten, damit ein solch überwältigendes Panorama überhaupt möglich war, wollte sie besser nicht denken. Allerdings fiel es ihr zudem aufgrund der zweimaligen Bemerkung ihres Chauffeurs schwer, die Aussicht zu genießen.

Diese Bemerkung untermauerte noch den wahren Grund für das mulmige Gefühl in ihrem Magen. Weder Vorfreude auf die Arbeit mit dem jahrhundertealten Text noch Seekrankheit waren dafür verantwortlich, nicht einmal das düstere Schloss. Nein, es war schlicht und einfach Furcht.

Therese Rousseau hatte sie gewarnt. Sie hatte ihn als schwierig beschrieben, und die Worte des Fahrers unterstrichen dies nur allzu deutlich. Professor Rousseau schien keineswegs übertrieben zu haben. Falls überhaupt, wohl eher das Gegenteil.

Doch wie genau sah es aus, wenn der Graf sich nicht freute?

Endlich hatte der Jeep den steilen Anstieg hinter sich gebracht, die Straße wurde breiter. Am Straßenrand waren Steine zu einer Begrenzungsmauer aufgeschichtet worden, einst mussten diese Steine weiß gestrichen gewesen sein. Die Farbe jedoch war längst abgeblättert und in der salzigen Luft verwittert.

Ein Beben durchlief Grace. Hier oben war es wesentlich kühler. In diesem Augenblick verschwand auch die Sonne hinter den dunklen Wolken. Obwohl der Verstand ihr sagte, dass es sich hier lediglich um ein meteorologisches Phänomen handelte und keineswegs als Omen zu deuten war, konnte sie nicht verhindern, dass ihr ein völlig irrationaler Schauer der Angst über den Rücken lief.

Die schmiedeeisernen Tore, die sich mit einem metallenen Klirren hinter dem Jeep schlossen, trugen nicht dazu bei, die plötzliche Beklemmung in ihr zu mildern. Die Anspannung hatte sie jetzt fest im Griff, trotzdem atmete sie bewusst regelmäßig, als der Fahrer knirschend den Gang herunterschaltete, um einen großen Springbrunnen zu umfahren, auf dessen Steinsäule sich Wassernymphen und Delfine tummelten. Der Brunnen war ebenso ausgetrocknet wie die dürre Rosmarinhecke, die ihn umgab.

Überall bot sich ein Bild der Vernachlässigung, so als wären nötige Arbeiten schon seit Jahren nicht mehr vorgenommen worden. Grace fragte sich, wie etwas so Empfindliches wie dünne Buchseiten Jahrhunderte an einem solchen Ort überdauert haben konnten.

Ein Wunder? Oder ein Fluch?

Dieses Mal fuhr ihr das Zittern bis ins Mark. Na großartig, dachte sie zerknirscht und versuchte, dieses unsinnige Gefühl von Gefahr abzuschütteln. Dabei rühmte sie sich immer, eine logische, nüchterne Wissenschaftlerin zu sein. So viel also dazu!

Der Jeep wurde abrupt abgebremst, der Fahrer sprang hinaus. „Kommen Sie“, ordnete er an. Dieses Mal machte er sich nicht die Mühe, ihr Gepäck zu nehmen, sondern überließ es ihr, die Reisetasche von der Ladefläche zu hieven. Er ging auf das schwere Portal zu und stieß es auf. Die massiven Holztüren waren mindestens vier Meter hoch, dennoch wirkten sie in den dicken Mauern des gewaltigen Schlosses fast bescheiden.

Autor

Trish Morey
Im Alter von elf Jahren schrieb Trish ihre erste Story für einen Kinderbuch- Wettbewerb, in der sie die Geschichte eines Waisenmädchens erzählt, das auf einer Insel lebt. Dass ihr Roman nicht angenommen wurde, war ein schwerer Schlag für die junge Trish. Doch ihr Traum von einer Karriere als Schriftstellerin blieb.
Nach...
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