Neues Glück in Griechenland?

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Ruhig und beinahe zufrieden lebt Stella Athas mit ihrem kleinen Sohn auf der idyllischen Insel Andros. Doch als ihre Jugendliebe Theo dort auftaucht, gerät ihre heile Welt ins Wanken. Theo Pantheras, der ihrer Familie nie gut genug war und der vor sechs Jahren spurlos verschwand. Inzwischen ein erfolgreicher Geschäftsmann - und genauso unwiderstehlich wie damals. Wieder sprühen Funken zwischen ihnen, und Stella hofft zaghaft auf eine zweite Chance. Aber vor einem Neuanfang muss sie unbedingt erfahren: Warum hat Theo sie verlassen, als sie sein Kind unter dem Herzen trug?


  • Erscheinungstag 12.09.2010
  • Bandnummer 1862
  • ISBN / Artikelnummer 9783862952434
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

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IMPRESSUM

ROMANA erscheint 14-täglich im CORA Verlag GmbH & Co. KG,

20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1

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Geschäftsführung:

Thomas Beckmann

Redaktionsleitung:

Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)

Cheflektorat:

Ilse Bröhl

Lektorat/Textredaktion:

Ilse Bröhl

Produktion:

Christel Borges, Bettina Schult

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Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn,

Marina Grothues (Foto)

Vertrieb:

asv vertriebs gmbh, Süderstraße 77, 20097 Hamburg

Telefon 040/347-29277

Anzeigen:

Christian Durbahn

 

Es gilt die aktuelle Anzeigenpreisliste.

© 2009 Rebecca Winters

Originaltitel: „The Greek’s Long Lost Son“

erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London

in der Reihe: ROMANCE

Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe: ROMANA

Band 1862 (21/2) 2010 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

Übersetzung: Jutta Plössner

Fotos: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format im 10/2010 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

ISBN-13: 978-3-86295-243-4

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

ROMANA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Satz und Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

Printed in Germany

Aus Liebe zur Umwelt: Für CORA-Romanhefte wird ausschließlich 100% umweltfreundliches Papier mit einem hohen Anteil Altpapier verwendet.

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Rebecca Winters

Neues Glück in Griechenland?

1. KAPITEL

Stella Athas war froh, dass sie die anstrengenden Preisverhandlungen mit ihren Kunden aus Übersee hinter sich hatte. Kurz nach drei Uhr verließ sie ihr Büro im Athener Stammhaus ihrer Firma und stieg in ihr nagelneues weißes Jaguar Coupé XK. Es war ihr erster eigener Wagen, und sie hatte ihn sich vor zwei Monaten von ihrem selbst verdienten Geld gekauft.

Mit dem neuen Auto hatte sie sich auch eine neue Frisur zugelegt. Die erste Fahrt mit offenem Verdeck hatte gereicht, um ihr langes dunkles Haar in einen Mopp zu verwandeln. Gleich am nächsten Tag war sie zum Friseur gegangen und hatte es sich auf Kinnlänge abschneiden lassen, so wie es zurzeit Trend war.

Ihr neuer Haarschnitt war bei allen gut angekommen. Ihre Kolleginnen fanden, dass er die hohen Wangenknochen in ihrem ovalen Gesicht betonte, und ihre Freundinnen behaupteten, dass ihre dunkelbraunen Samtaugen dadurch besonders gut zur Geltung kamen.

Stasio, ihr ältester Bruder, meinte, dass sie sich vor Männern nun gar nicht mehr würde retten können. Seit sie in ihrem neuen schnittigen Sportwagen die Straßen von Athen unsicher machte, weckte sie erst recht das Interesse der Männer. Dabei hoffte Stasio, dass aus ihr und ihrem Kollegen Keiko Pappas einmal ein Paar werden würde. Doch nach einer gescheiterten Beziehung war sie ein gebranntes Kind, und sie hatte nicht vor, sich wieder zu binden. Keiko Pappas konnte sie deshalb nur ihre Freundschaft anbieten – ihm, so wie jedem anderen Mann, der sich Hoffnungen auf sie machte.

An dieses Thema wollte sie jetzt aber nicht denken. Heute war ihr letzter Arbeitstag gewesen, vor ihr lagen drei Wochen Urlaub. Heute begannen auch für ihren sechsjährigen Sohn Ari die Schulferien. So gern sie in der elterlichen Stadtvilla lebte, im Grunde ihres Herzens war sie immer ein Kind des Meeres gewesen, und sie freute sich sehr auf ihren Urlaub auf der Insel Andros bei Stasio und Rachel.

Stella hatte Rachel kennengelernt, als sie in New York aufs College ging. Sie war ihre beste Freundin geworden und hatte ihr sehr geholfen, als sie damals den Nervenzusammenbruch erlitten hatte. Lange Zeit war sie völlig am Boden zerstört gewesen, nachdem Theo Pantheras sie und das Baby, das sie erwartete, im Stich ließ. Das lag zwar mehr als sechs Jahre zurück und sie hatte sich längst von diesem Schlag erholt, doch durch diese bittere Erfahrung hatte sie den Glauben an die Männer verloren.

Das alles spielte im Moment aber keine Rolle und trübte ihre Vorfreude auf den Urlaub nicht im Geringsten. Sie konnte es nicht erwarten, Rachel wiederzusehen, die ihren Bruder Stasio geheiratet und mit ihm zwei entzückende kleine Mädchen bekommen hatte, Cassie und Zoe. Alle freuten sich auf das Familientreffen auf Andros. Auch ihr Bruder Nikos und seine Frau Renate würden für die Ferien aus der Schweiz eintreffen.

Stella machte sich Sorgen darüber, wie sich das Zusammenleben mit Nikos gestalten würde. Er besaß ein aufbrausendes Temperament und konnte einem das Leben schwer machen, wenn er es darauf anlegte. Sie hoffte, dass er sich von seiner besten Seite zeigen würde – falls das bei ihm überhaupt möglich war.

Statt in Stasios Hubschrauber zu fliegen, würde sie mit ihrem Sportwagen fahren. Auf diese Weise war sie unabhängig und konnte jederzeit eine Spritztour über die Insel machen. Morgen früh wollte sie schon zeitig losfahren und die Fähre von Rafina aus nehmen. Ari liebte Schiffe aller Art und war mit Begeisterung auf dem Wasser. Auch Stella liebte das Meer und konnte es nicht erwarten, aus der Stadt herauszukommen.

Über diesen Gedanken erreichte sie die Villa, die schon seit Generationen der Wohnsitz der Familie Athas war. Das Haus lag im Nobelviertel von Athen, und von der Terrasse hatte man einen herrlichen Ausblick über die Stadt und den Saronischen Golf. Ein weitläufiger Park mit altem Baumbestand umgab das Anwesen. Stella fuhr die von blühenden Oleanderbüschen gesäumte Zufahrt entlang und parkte den Wagen auf der Rückseite der Villa.

Durch den Lieferanteneingang betrat sie die geräumige Küche.

Yiasas, Iola“, begrüßte sie die ältere Frau, die an der Spüle stand. „Wie war dein Tag?“

Die Haushälterin wandte kurz den Kopf. „Voller Arbeit“, gab sie brummig zurück.

„Mach nicht so ein Gesicht, Iola. Morgen früh bist du auch Ari und mich los. Dann hast du drei Wochen lang vor uns allen Ruhe.“ Stella drückte ihr ein Küsschen auf die Wange. „Ich gehe gleich nach oben, um zu packen.“

„Es ist alles schon gewaschen und gebügelt. Soll ich die Koffer hinaufbringen?“

„Danke, mein Koffer steht schon oben. Der reicht für uns beide. Sehr viele Sachen brauchen wir für einen Strandurlaub nicht.“

Sie wandte sich dem Treppenaufgang zu. Wenn sie nicht gerade auf Andros waren, bewohnten Stasio und Rachel mit ihren Töchtern das zweite Stockwerk, Stella und Ari das erste. Nikos’ Räume lagen im Erdgeschoss gleich neben dem Swimmingpool, doch er kam nur selten einmal her.

In ihrem Zimmer machte Stella sich gleich ans Packen. In einer Stunde würde sie Ari abholen, der nach der Schule zu seinem Freund Dax gegangen war.

Sie suchte gerade T-Shirts, Shorts und Badesachen für sich und ihren Sohn heraus, als das Haustelefon auf ihrem Nachttisch klingelte.

„Was gibt es, Iola?“, fragte sie, nachdem sie den Hörer abgenommen hatte.

„Du müsstest kurz herunterkommen. Der Postbote hat ein Einschreiben für dich. Den Empfang musst du persönlich quittieren.“

Stella runzelte die Stirn. „Alles Geschäftliche geht an Stasios Büro, das weißt du doch.“

„Das sagte ich dem Postboten auch, aber er meinte, der Brief sei für dich persönlich und könne nur von dir selbst entgegengenommen werden.“

„Gut, ich komme.“

Es kann sich nur um einen Irrtum handeln, dachte Stella, während sie die Treppe hinunterlief.

Der Postbote wartete in der Halle.

„Sind Sie Despinis Estrella Athas?“, fragte er.

„Ja.“ Allerdings nannte niemand sie bei ihrem Geburtsnamen.

Er hielt ihr ein Klemmbrett entgegen. „Bitte unterschreiben Sie hier“, verlangte er.

„Darf ich erst einmal wissen, wer der Absender ist?“

„Ich habe keine Ahnung.“

Stella begann sich zu ärgern, erwiderte jedoch nichts mehr und setzte ihre Unterschrift an die gewünschte Stelle. Dann bekam sie den Brief ausgehändigt.

Der Postbote verabschiedete sich mit knappen Worten. Iola schloss hinter ihm die Tür.

„Vielleicht ist es ein Strafzettel, weil ich mit meinem neuen Sportwagen zu schnell gefahren und geblitzt worden bin“, meinte Stella scherzhaft.

„Das wirst du gleich sehen, wenn du den Brief öffnest.“

Stella freute sich zu sehr auf ihren Urlaub, um ihn sich im letzten Moment von unangenehmen Nachrichten verderben zu lassen. „Das mache ich, wenn ich wieder zurück bin. Wäre der Brief morgen zugestellt worden, wäre ich gar nicht mehr da gewesen.“

„Aber du hast den Empfang mit dem heutigen Datum bestätigt“, wandte die Haushälterin ein.

„Da hast du auch wieder recht.“ Stella seufzte. „Warum öffnest du ihn nicht und erzählst mir, was drinsteht? Ich mache schon mal mit dem Packen weiter.“ Sie gab ihr den Brief und ging dann wieder die Treppe hinauf.

Sie erwartete, dass Iola ihr jeden Moment nachkommen und ihr die Neuigkeiten mitteilen würde, stattdessen blieb es unheimlich still. Nach einigen Minuten trat Stella ans Treppengeländer.

„Iola?“, rief sie nach unten, bekam jedoch keine Antwort.

Ein ungutes Gefühl kroch in ihr hoch. Sie lief die Treppe hinunter und in die Küche, wo sie Iola mit den Händen vor dem Gesicht auf einem Küchenstuhl fand. Der Brief lag offen vor ihr auf dem Tisch.

Stella streckte ihre Hand danach aus, doch Iola kam ihr zuvor und presste den Brief an ihren üppigen Busen.

„Nein, das … das ist nichts für dich!“

Die getreue Haushälterin sorgte schon für die Familie, seit Stella in die Schule gekommen war, und wusste über alles Bescheid, was unter diesem Dach vor sich ging. Stella wusste, sie hätte ihr Leben für sie gelassen, wenn es darauf angekommen wäre.

„Was ist an dem Brief so schlimm, dass ich ihn nicht lesen soll?“ Stella setzte sich zu ihr und legte ihr liebevoll den Arm um die Schultern, die von unterdrücktem Schluchzen zuckten. „Bitte, lass mich sehen.“

Es dauerte einen Moment, bis Iola ihrer Bitte nachkam und ihr den Briefbogen reichte. Als Stella die charakteristische Handschrift erkannte, setzte ihr Herzschlag für einen Moment aus.

„Liebe Stella“, las sie, „es ist lange her, dass wir uns zuletzt gesehen haben. Nachdem du meine Briefe ungeöffnet zurückgeschickt hast und ich alle Möglichkeiten ausgeschöpft hatte, um dich zu finden, bin ich beruflich nach New York gegangen. Vor Kurzem bin ich wieder ganz nach Athen zurückgekehrt.

Ich habe dich in der Nähe eurer Villa gesehen, zusammen mit einem Jungen, der mir wie aus dem Gesicht geschnitten ähnlich sieht. Er ist ein Pantheras, mein Fleisch und Blut.

Wir müssen miteinander reden. Du kannst mich unter der Telefonnummer erreichen, die im Briefkopf steht, aber ich habe auch meine Handynummer dazugeschrieben. Ich erwarte deinen Anruf bis spätestens morgen Abend. Zwinge mich nicht, gerichtliche Schritte einzuleiten, um meinen Sohn sehen zu können. Das wäre das Letzte, was ich euch beiden antun möchte.

Theo.“

Die Buchstaben verschwammen vor ihren Augen. Eiseskälte breitete sich in ihrem Körper aus. Übelkeit stieg in ihr auf, und in ihren Ohren begann es zu rauschen. Aufstöhnend fiel sie Iola ohnmächtig in die Arme.

Als sie wieder zu sich kam, lag sie auf dem Küchenboden. Iola stand über sie gebeugt und murmelte ein Gebet, während sie ihr die Wangen mit einem nassen Lappen kühlte.

Schlagartig fiel ihr der Brief wieder ein. Nach sechs langen Jahren trat Theo Pantheras wieder in ihr Leben, als sei er von den Toten auferstanden, und wollte mit ihr sprechen? Sie konnte es einfach nicht fassen!

In ihrem Leben hatte es immer wieder einmal Kummer und Ärger gegeben. Doch das waren Kleinigkeiten gewesen, verglichen mit dem wilden Schmerz und dem Zorn, den sie für Aris Vater empfunden hatte, dem Mann, der beinahe ihr Leben zerstört hätte.

Glaubte er allen Ernstes, sie würde seiner Aufforderung nachkommen und ihn anrufen? Das war mehr als lächerlich! Als sie ihm damals sagte, dass sie ein Baby bekam, war er überglücklich gewesen und hatte ihr versichert, dass er eine Möglichkeit finden würde, damit sie zusammenbleiben konnten. Sie würden auf jeden Fall heiraten, auch gegen den Willen ihrer Eltern.

Sie hatten ausgemacht, sich in der Kirche zu treffen, zu deren Glaubensgemeinde sie beide gehörten und wo sie sich kennengelernt hatten. Zusammen hatten sie fortgehen wollen. Doch Theo war nicht zu ihrem Treffpunkt gekommen, und sie hatte ihn danach nie wiedergesehen. Er blieb wie vom Erdboden verschluckt. Sie hatte geglaubt, den Schmerz und die Schmach nicht ertragen zu können. Hätte Stasio sich nicht so liebevoll um sie gekümmert und hätte sie nicht ihren kleinen Sohn gehabt, den sie abgöttisch liebte, wäre sie vermutlich vor Kummer gestorben.

„Ich bin schon wieder in Ordnung“, versicherte sie der Haushälterin. Ein plötzlicher Adrenalinstoß, der durch ihren Körper fuhr, half ihr wieder auf die Füße. Trotzdem musste sie sich noch für ein paar Augenblicke am Stuhl festhalten, bis das Schwindelgefühl nachließ.

„Hier, trink das.“ Iola reichte ihr ein Glas Wasser.

Stella trank es in einem Zug leer. „Danke.“

„Theo Pantheras scheint dir nachgestellt zu haben, das brauchst du dir nicht gefallen zu lassen. Am besten rufst du gleich Stasio an.“

„Nein“, widersprach Stella entschieden. „Genau das werde ich nicht tun. Ich muss auch an Ari denken. Das ist eine Sache, die ich selbst in die Hand nehmen muss.“

Nach dem Tod ihrer Eltern hatte sie sich an ihren Bruder geklammert und sich in jeder Hinsicht auf ihn verlassen, was dazu geführt hatte, dass er in jungen Jahren zum Teil die Elternrolle ausfüllte. Doch sie war kein hilfloser Teenager mehr, sondern eine erwachsene junge Frau von vierundzwanzig Jahren, die in der Firma einen verantwortungsvollen Posten innehatte und ihren Sohn allein aufzog.

Stasio hatte mehr für sie getan, als man von einem anderen Menschen erwarten konnte. Ihn aus dieser Sache herauszuhalten war das Mindeste, was sie als Gegenleistung für ihn tun konnte. Er hatte eine Frau und zwei Kinder, die Anspruch auf ihn hatten, und Rachel erwartete obendrein ihr drittes Kind. Auf keinen Fall wollte Stella ihn und seine Familie erneut mit ihren Problemen belasten.

Sie blickte Iola eindringlich an. „Kein Wort zu irgendjemandem, vor allem nicht zu Nikos oder Stasio. Es bleibt unser Geheimnis, hörst du?“

Die ältere Frau nickte.

Es war Zeit, ihren Sohn abzuholen. Stella rief Dax’ Mutter kurz an und gab Bescheid, dass sie auf dem Weg war.

Ari wartete schon auf sie. Als er sie vorfahren sah, kam er mit seinem Rucksack durch den Vorgarten gelaufen und kletterte ins Auto.

Stella gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Wie war dein letzter Schultag?“

„Okay. Wir mussten alle unsere Sachen mit nach Hause nehmen. Fliegen wir heute Abend nach Palaiopolis?“

„Nein, mein Schatz. Wir fahren morgen früh mit dem Auto. Dann können wir im Urlaub über die Insel fahren.“

„Toll! Dein neues Auto gefällt mir.“

„Mir auch“, erwiderte sie lächelnd.

„Stasio hat gesagt, dass ich auch mal so ein Auto fahren werde.“

„Oh, das wird aber noch viele Jahre dauern.“

Ari hing an seinem Onkel Stasio und hörte auf alles, was dieser sagte. Nikos warnte sie oft davor, dass Ari in seinem Onkel immer mehr seinen Vater sehen würde. Kein anderer Mann würde jemals neben ihm bestehen können. Nikos hatte ihr damals auch geraten, Ari zur Adoption freizugeben, damit er die Chance hatte, bei zwei Elternteilen aufzuwachsen. Doch das war für Stella nicht infrage gekommen. Ari bedeutete die Welt für sie. Und nachdem Theo sich aller Verantwortung entzogen hatte, konnte der Junge sich glücklich schätzen, einen Ersatzvater wie Stasio zu haben.

Nachdenklich betrachtete sie ihren Sohn, während sie warteten, bis ein alter Mann vor ihnen die Straße überquerte. Bisher hatte sie in Ari immer einen typischen Athas gesehen. Wie auch Stasio als Junge war er ziemlich groß für sein Alter und hatte schwarzbraunes Haar. Er besaß dieselbe olivfarbene Hautfarbe wie Nikos, das Lächeln hatte er von ihr. Doch wenn sie ganz objektiv war, musste sie zugeben, dass er die schwarzen Augen und die Figur seines Vaters hatte, ebenso den an der Stirn spitz zulaufenden Haaransatz.

Ein schmerzliches Gefühl zog durch ihr Herz. Ari war der liebenswerteste kleine Junge auf der Welt. Theo hatte keine Ahnung, was er aufgab, als er sie verließ. Warum war er plötzlich an seinem Kind interessiert?

Stella fuhr wieder an. Der Fahrtwind ließ Aris halblanges Haar flattern. Es ringelte sich an den Spitzen – genau wie Theos Haar. Manchmal, wenn er etwas intensiv betrachtete, legte er den Kopf leicht zur Seite.

Auch dabei erinnerte er sie an den Mann, den sie einst so sehr geliebt hatte, dass sie glaubte, ohne ihn nicht existieren zu können.

Doch er, der vorgegeben hatte, sie ebenso zu lieben, war ohne Erklärung aus ihrem Leben verschwunden. Lange Zeit hatte sie gehofft, dass es nur ein Albtraum war, aus dem sie jeden Moment erwachen würde. Aber es war kein schlechter Traum, sondern grausame Wirklichkeit gewesen, und Theo war nie mehr zurückgekommen.

Sie versuchte, die schmerzlichen Erinnerungen abzuschütteln, und lächelte Ari zu. „Hast du Hunger?“

„Nein. Dax’ Mama hat uns etwas zu essen gemacht. Darf Dax für eine Weile zu uns nach Andros kommen?“

Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte Stella sofort zugestimmt, doch heute Nachmittag war ihre Welt in ihren Grundfesten erschüttert worden. Sie scheute sich davor, mit Ari über seinen Vater zu reden. Doch so empfindsam, wie er war, würde er sicher merken, dass etwas nicht stimmte, wenn sie die Dinge vor sich herschob.

„Ari, ich muss mit dir sprechen, bevor wir ins Haus gehen“, erklärte sie, nachdem sie bei der Villa angekommen waren.

Der Junge blickte sie unsicher an. „Ist es wegen Dax? Du magst ihn nicht, stimmt’s?“

„Wie kommst du auf so etwas?“ Stella schüttelte nachsichtig den Kopf. „Im Gegenteil, von all deinen Freunden mag ich ihn am liebsten.“

Autor

Rebecca Winters

Rebecca Winters und ihre Familie leben in Salt Lake City, Utah. Mit 17 kam Rebecca auf ein Schweizer Internat, wo sie französisch lernte und viele nette Mädchen traf. Ihre Liebe zu Sprachen behielt sie bei und studierte an der Universität in Utah Französisch, Spanisch und Geschichte und später sogar Arabisch.

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