Baccara Gold Band 36

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ZUM ERSTEN, ZUM ZWEITEN, ZUM ... von MARY LYNN BAXTER
War es doch zu viel Champagner? Als die kühle Anwältin Bridget in den starken Armen von Jeremiah erwacht, kann sie sich nur an Bruchstücke des Abends erinnern. Sie hat den tollen Mann ersteigert, und der Sex mit ihm war unvergesslich. Aber dass sie und er noch in dieser Nacht geheiratet haben sollen, kann sie sich nun wirklich nicht vorstellen ...

CHAMPAGNERKÜSSE IN SYDNEY von SANDRA HYATT

Erst lächelte er ihr mit einem Glas Champagner in der Hand zu, dann fordert der unverschämt gut aussehende Mann sie zum Tanz auf. Callie lässt sich auf das heiße Spiel ein. Doch mit dem Morgen über Sydney dämmert die Erkenntnis, mit wem sie die atemberaubende Liebesnacht verbracht hat …

SO SCHÖN, SO FREMD UND SO VERTRAUT von SHAWNA DELACORTE
Nicht vom Champagner, sondern von der hinreißenden Brautjungfer ist Ry wie berauscht. Ausgerechnet auf einer Hochzeit verliebt sich der überzeugte Junggeselle in die schöne Jean. Seine früher so unscheinbare Schulfreundin – die er kurz vor dem Abschlussball sitzen ließ …


  • Erscheinungstag 09.09.2023
  • Bandnummer 36
  • ISBN / Artikelnummer 0865230036
  • Seitenanzahl 448

Leseprobe

Mary Lynn Baxter, Sandra Hyatt, Shawna Delacorte

BACCARA GOLD BAND 36

1. KAPITEL

Jeremiah Davis war früher einmal ein stolzer Mann gewesen – stolz auf sein Land, seine Rinder und seine Frau. Jetzt ritt er über das offene Weideland, betrachtete die Zäune, die dringend ausgebessert werden mussten, und dachte an etwas, das sein Vater ihm gesagt hatte, als er noch ein Kind gewesen war: „Stolz kommt vor den Fall.“

Und Jeremiah war hart gefallen. Zuerst hatte er unklug investiert und seine gesamten Ersparnisse verloren. Danach waren seine Kälber erkrankt, und er hatte auch noch den letzten Penny verloren, den er besaß. Der endgültige Schlag hatte ihn dann mit dem Tod seiner Frau getroffen.

Er war jetzt ein einsamer Mann, dem alles genommen worden war, was ihm etwas bedeutet hatte. Stolz war nur noch ein leeres Wort für ihn.

Die Davis-Ranch befand sich im Südwesten von Utah. Die nächstgelegene Stadt, Pennington, bestand aus einigen kleinen Läden und einer Tankstelle. Einmal täglich sauste ein Zug durch die Stadt und schreckte alle sonst träge herumstreunenden Hunde für einige Minuten aus dem Schlaf und brachte sie dazu, voller Energie draufloszuheulen, bevor sie sich wieder in den Staub von Utah zurücklegten.

Vielleicht sollte ich aufgeben, dachte Jeremiah resigniert. Zum Teufel mit der Ranch. Sein Vater hatte sein ganzes Leben hart dafür geschuftet, und was hatte es ihm gebracht? Jeremiah sah zum Horizont, dorthin, wo Hurricane lag, eine Stadt, in der er einen richtigen Job finden könnte. Aber wollte er überhaupt einen sogenannten richtigen Job haben? Wie könnte er in einer Welt voller Asphalt überleben?

Das Ranchhaus kam in Sicht. Früher war es von seiner Frau, die die Ranch genauso geliebt hatte wie er, in bestem Zustand gehalten worden. Doch jetzt wirkte es so trostlos, wie er sich fühlte.

Wütend auf sich selbst riss er sich aus seiner selbstmitleidigen Stimmung. Seine düsteren Grübeleien brachten ihn auch nicht weiter. Sobald er das Haus erreicht hatte und hineingegangen war, warf er den Hut auf einen Sessel und eilte in die Küche. Dort wollte er sich ein paar Spiegeleier machen, doch als die Eier aus unerfindlichen Gründen anbrannten und die Küche plötzlich voller Rauch war, verlor er die Geduld, warf die Eier mitsamt der Pfanne in den Abfall und öffnete die letzte Tüte Kartoffelchips. Verdammt noch mal, irgendwie musste sein Leben sich ändern!

Das Telefon unterbrach seinen Wutanfall, und er meldete sich mit vollem Mund.

„He, Jeremiah. Was ist denn los?“

„Gleiche Misere, anderer Tag, Nelson.“

„Du klingst so komisch.“

„Das liegt nur an meinem Mittagessen, frisch aus der Tüte.“

„Wenn du was Richtiges essen willst, komm doch zu uns rüber. Sharon …“

„Nein, danke. Das letzte Mal habt ihr mir eine Heiratskandidatin aus Nevada aufgetischt.“

„Wegen so was Ähnlichem rufe ich dich jetzt eigentlich auch an.“

„Vergiss es. Ich hab dir doch schon gesagt, dass ich nicht interessiert bin. Das Wort ‚Nein‘ besteht nur aus einer Silbe, Nelson, und ist wirklich leicht zu kapieren.“

„Nun hör mir doch erst einmal zu, Davis. Was ich dir zu sagen habe ist im Interesse der ganzen Gemeinde.“

Jeremiah verdrehte die Augen. Johnny Nelson, ansonsten ein guter Freund und tüchtiger Rancher, konnte so stur wie ein Esel sein. „Okay, Nelson, schieß los“, brummte er.

„Wir werden eine Auktion veranstalten, alter Knabe.“

„Ich habe dieses Jahr bereits mein letztes Hemd auf einer Auktion verloren. Warum sollte ich auf eine weitere scharf sein?“

„Weil diese dir gefallen wird, bestimmt.“

„Na schön“, gab Jeremiah seufzend nach. „Erzähl weiter. Bin ganz Ohr.“

„Bridget!“, rief Tiffany. „Guck mal, was sie im Fernsehen zeigen.“

Mit einer Tüte Kartoffelchips in der Hand kam Bridget zu Tiffany ins Wohnzimmer zurück. „Was denn?“

„Sieh selbst. Das ist echt noch nicht da gewesen.“

Ein Talkshow-Moderator von WNN interviewte zwei verlegen aussehende Männer, die ihm gegenüber auf einer Couch saßen.

„Was für ein Wahnsinnstyp!“ Tiffany wies begeistert auf den linken der beiden.

„Worum geht es denn?“

„Schsch. Hör zu.“

Bridget fand keinen der zwei Talkshow-Gäste besonders aufregend. Aber vielleicht war sie in ihrem Urteil auch nicht besonders fair. Männer waren bei ihr zurzeit nicht sehr gut angeschrieben.

„Hast du das gehört?“, fragte Tiffany.

„Nein. Was denn?“

„Du hörst ja gar nicht zu!“

Bridget folgte dem weiteren Gespräch nun etwas aufmerksamer und fand das Thema dann nicht nur unglaublich, sondern schlichtweg verrückt. Die Talkshow-Gäste kamen aus einer abgelegenen Ranchergemeinde im Südwesten von Utah, dicht an der Grenze zu Nevada, wo es offenbar mehr Männer als Frauen gab.

Deshalb beabsichtigten diese Männer, eine Auktion abzuhalten, auf der sie selbst und einige ihrer Freunde ersteigert werden konnten, und sie hofften, dass Frauen aus allen Ecken der Vereinigten Staaten kommen würden, um mitzubieten.

„Aber gibt es denn überhaupt keine Frauen in der Gegend?“, fragte der Reporter.

Der Mann, der so großen Eindruck auf Tiffany gemacht hatte, erklärte: „Um zu den nächsten unverheirateten Frauen zu kommen, muss man lange fahren. Will ich eine Frau nach einer Verabredung nach Haus bringen, kann ich von Glück reden, wenn ich beim Morgengrauen zurück bin, und dann liegt noch die Arbeit eines ganzen Tages vor mir. Wir sind alle Rancher oder Cowboys, und wir können es uns nicht leisten, unsere kostbare Zeit auf der Jagd nach Frauen durch ganz Utah und Nevada zu verschwenden.“

Der Moderator lächelte breit. „Da hören Sie’s, meine Damen. Und Sie haben es auf WNN gehört. Wenn irgendeine von Ihnen noch einen Mann braucht, nun, hier ist Ihre große Chance.“ Er wandte sich wieder an seine Gäste. „Und wo genau findet die Auktion statt?“

„Pennington, Utah“, erwiderte der Rancher und gab Datum und Zeit der Veranstaltung bekannt.

„Und behaltet ihr Männer das Geld, das auf euch geboten wird?“

Der andere Rancher, der nicht so gut aussah, schüttelte den Kopf. „Nein, Sir. Der ganze Ertrag aus der Auktion geht an ein Frauenhaus. Nicht dass wir viele davon hätten, wir mögen Frauen. Es gibt hier nur so wenige. Deshalb wollen wir mit unserer Auktion ja auch ein paar nette, hoffentlich recht attraktive Damen kennenlernen, denen das Rancherleben in Utah nichts ausmachen würde.“

„Na klar, mein Junge“, bemerkte Bridget trocken. „Ich kann es kaum erwarten, mein Leben barfuß und schwanger im Süden von Utah zu verbringen. Zwischen den Schwangerschaften kann ich ja immer noch Kälber mit dem Lasso einfangen, ihnen das Brandzeichen verpassen und danach ein paar Deckchen häkeln.“

Tiffany sah sie voller Begeisterung an. „Das klingt nach viel Spaß. Lass uns hingehen.“

Bridget musste lachen, als Tiffany dramatisch die Augen aufriss, und fand es schade, dass ihre Freundin sich ihren Herzenswunsch, zur Bühne zu gehen, nicht erfüllt hatte. Mit ihrem langen blonden Haar, den grauen Augen und dem scharfen Verstand, wäre sie eine Sensation geworden. Aber es hatte leider nicht sein sollen. Statt im Theater arbeitete Tiffany jetzt als Textileinkäuferin für eines der größten und exklusivsten Warenhäuser in Houston.

„Himmel, Tiff, wer würde schon auf die Idee verfallen, für solche Armleuchter auch noch Geld zu zahlen?“

„Weiß ich auch nicht. Wahrscheinlich langweile ich mich nur. Mein Leben ist eine einzige Katastrophe.“ Tiffany unterstrich ihre Worte mit dramatischen Gesten.

Bridget seufzte mitfühlend. „Glaub mir, ich weiß, wie unglücklich du dich fühlst. Wenn es ein Trost für dich ist, mein Leben sieht nicht besser aus. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich den nächsten Zug nach Pennington in Utah nehme!“

„Meinst du, dort landen keine Flugzeuge?“

„So wie die sich anhörten, muss man wahrscheinlich erst nach Salt Lake City fliegen und von dort einen Packesel nehmen. Aber was weiß ich schon von Utah?“

„Ungefähr so viel wie ich. Aber dass dein Leben eine Katastrophe sein soll, ist einfach Blödsinn.“ Tiffany zog eine Grimasse. „Ach, vergiss, was ich gesagt habe. Ich bin nur so schrecklich deprimiert. Ich hasse meinen Job!“

„Zumindest hast du einen“, erwiderte Bridget vernünftig.

Tiffanys Augenbrauen schossen hoch. „Ich würde jederzeit mit dir tauschen. Du bist eine der besten Anwältinnen in Houston, hast einen messerscharfen Verstand und ein umwerfendes Aussehen.“

„Aber keinen Job.“

„Der kommt schon noch. Jede Anwaltskanzlei dieser Stadt wird bald bei dir anklopfen.“

„Da irrst du dich aber gewaltig, Tiff. Sobald herauskommt, dass ich Mason Wainwright wegen sexueller Nötigung angezeigt habe, bin ich unten durch. Und keine Anwaltsfirma hier in Houston wird mir jemals wieder einen Job anbieten. Darauf kannst du Gift nehmen.“

„Noch ein Grund mehr, einen Esel nach Utah zu nehmen!“

„Miss Russell“, erklärte Bridget in ihrem feierlichsten Gerichtssaalton. „Glücksspiele sind eine äußerst riskante Angelegenheit, und eine Reise nach Utah wäre das mit Sicherheit, selbst wenn es hier in Houston keine Zukunft mehr für mich gibt.“

„Das stimmt nicht, und das weißt du auch. Dein Vater war einer der besten Anwälte in Houston, und sein Wort hat einiges Gewicht! Er kann dir Türen öffnen, die für einen normalen Sterblichen auf ewig verschlossen blieben.“

„Selbst wenn er das wollte, würde ich ihn nie darum bitten. Ganz davon abgesehen, dass ich im Augenblick nicht gerade sein Lieblingskind bin. Er und meine Mutter sind, sagen wir, verärgert.“

„Und wie fühlst du dich momentan?“, fragte Tiffany.

Sie und Bridget saßen auf der Couch in Tiffanys Apartment, das dem Charakter seiner Besitzerin entsprechend kunterbunt mit Möbeln der verschiedensten Stilrichtungen ausgestattet war.

Bridget lehnte resigniert den Kopf an ein Kissen. „Schlecht. Ich hätte ihnen ja so gern gesagt, was wirklich in mir vorgeht.“

„Und warum hast du es dann nicht getan?“

„Weil es sie umgehauen hätte.“

„Na und?“ Tiffany grinste frech.

„Ich wusste es ja schon immer“, erwiderte Bridget mit einem Augenzwinkern. „Du bist durch und durch verdorben und hast eine tiefschwarze Seele.“

„Du meinst, ich bin ehrlich.“

Bridget fuhr sich nervös durchs Haar. „Du hast ja recht. Aber meine Eltern gehören nun mal nicht zu den Menschen, die leicht auftauen. Und was noch schlimmer ist, sie erwarten von mir, genauso wie sie zu sein.“

„Was du aber nicht bist und nie sein wirst.“

„Manchmal glaube ich, dass sie mich adoptiert haben. So verkniffen, wie sie sind, kann ich mir gar nicht vorstellen, wie sie mich überhaupt gezeugt haben.“

„Tut mir leid, dir das sagen zu müssen, aber dafür siehst du deiner Mutter viel zu ähnlich. Und sie ist immer noch eine umwerfend attraktive Frau.“ Tiffany fasste sie tröstend um die Schulter. „Wie wär’s mit einem Kaffee?“

Bridget schüttelte den Kopf und nahm sich noch einen Kartoffelchip. „Nein, aber wenn du Eistee hast, hätte ich gern ein Glas.“

„Kommt sofort“, sagte Tiffany und eilte in die Küche.

Bridget griff nach einem Kissen und drückte es trostsuchend an die Brust. Wie sollte Tiff sie auch verstehen können? Tiffany kam aus einer Familie mit sechs Kindern, und ihre Eltern hatten ihnen immer freie Hand gelassen. Sie dagegen war mit dem sprichwörtlich silbernen Löffel im Mund geboren und zu ihrem Pech auch noch ein Einzelkind, von dem immer erwartet worden war, dass es die Wünsche und Ansprüche ihrer Eltern erfüllte.

Wenn sie sie wenigstens in ihrer Klage gegen Wainwright unterstützt hätten. Aber leider waren sie alles andere als hilfreich gewesen. Im Gegenteil, sie waren außer sich gewesen und hatten von ihr verlangt, die Klage sofort zurückzuziehen …

„Wie kannst du es wagen, so etwas zu tun, ohne mich vorher zu konsultieren?“, hatte ihr Vater, Allen Martin, gebrüllt.

„Warum, Dad? Du warst schließlich nicht derjenige, den Wainwright tätlich angegriffen hat! Und außerdem bin ich eine erwachsene Frau und habe das Recht, meine Entscheidungen selbst zu treffen.“

„Nun, die nötige Vernunft dafür scheint dir jedoch zu fehlen.“

„Dein Vater hat recht, Liebling“, hatte ihre Mutter, Anita Martin, eingeworfen. „Ich kann es kaum glauben, dass du den Namen eines unbescholtenen Mannes in den Schmutz ziehen willst.“

„Habt ihr mir denn überhaupt nicht zugehört? Verdammt, Wainwright …“

Ihr Vater unterbrach sie mit kalter Stimme. „Kein weiteres Wort, junge Dame, besonders nicht in diesem Ton. Mason Wain-wright ist ein langjähriger Freund und ausgezeichneter Anwalt. Du weißt, dass wir immer zusammen zur Kirche gehen – oder, du wüsstest es, wenn du uns öfter dabei begleiten würdest. Er ist ein Mann von untadeligem Ruf! Wohl kaum jemand, der sich an dich heranmachen würde wie ein gemeiner Lüstling.“

Sie hätte am liebsten geschrien, um ihre Wut und ihre Enttäuschung auszudrücken. Wie konnten ihre Eltern den Worten dieses widerlichen Mannes mehr Glauben schenken als ihren? Andererseits sollte sie das nicht überraschen. Ihr Vater hielt auch nach seiner Pensionierung engen Kontakt zu seinen früheren Kollegen, und seine Expertenmeinung wurde von vielen Anwälten geschätzt und immer wieder gesucht. Doch das entschuldigte keineswegs, dass er sich jetzt auf die Seite eines Mannes schlug, der ein Heuchler war. Ein sexbesessener Frauenverachter.

„Ihr glaubt offensichtlich, dass ich aus einer Maus einen Elefanten mache, und ihr habt natürlich das Recht auf eure eigene Meinung. Aber ich weigere mich, meine Klage zurückzuziehen.“

Zu ihrem großen Ärger war sie dann aber doch gezwungen gewesen, ihre Wut herunterzuschlucken und nachzugeben.

„Ich wette, ich weiß, worüber du gerade nachdenkst“, sagte Tiffany und stellte Bridget ein Glas Eistee auf den Couchtisch. „Deine Eltern, habe ich recht?“

Bridget seufzte. „Du hast recht.“

„Und, wirst du auf sie hören?“

„Du meinst, ob ich die Anzeige zurückziehen werde? Hab ich doch schon.“

„Also, wirklich, Bridget. Wann wirst du endlich damit aufhören, ihnen zu erlauben, dich so zu gängeln?“

„Ich habe es nicht ihretwegen getan, Tiff. Die andere Anwältin in der Firma, Lynette Scarborough, die auch eines von Wainwrights Opfern gewesen ist und meine Klage unterstützen wollte, hat kalte Füße bekommen. Sie hat sich plötzlich geweigert auszusagen, und ohne sie steht nur meine Aussage gegen seine.“

„Wainwright muss ihr Daumenschrauben angelegt haben.“

„Ich nehme an, er hat ihr gedroht, sie auf die schwarze Liste zu bringen, so dass sie hier nie wieder einen Job findet, genau wie bei mir. Aber sie ist geschieden und hat zwei Kinder.“

„Und was willst du jetzt tun?“

Bridget zuckte die Schultern. „Ich werde meine Erfahrungen als Prozessanwältin eben woanders machen müssen, bis ich gut genug bin, um eine eigene Kanzlei zu eröffnen, was mir ohnehin mehr liegt, als für große Firmen zu arbeiten. Das Problem ist jetzt nur, dass ich bei den meisten Anwaltsfirmen nicht besonders gut angesehen bin. Man sollte meinen, ich hätte Lepra.“

„So schlimm?“

„Noch schlimmer“, murmelte Bridget bedrückt. „Ich kann natürlich nach Dallas gehen oder vielleicht San Antonio, wenn ich wenigstens ein gutes Zeugnis bekomme.“

„An deiner Stelle würde ich nicht damit rechnen.“

„Tu ich auch nicht.“

„Was sagt eigentlich Hamilton dazu?“ Tiffany hob abwehrend die Hand. „Sag nichts, lass mich raten. Er ist genauso wütend wie deine Eltern.“

„Stimmt.“

„Idiot.“

Bridget verzog amüsiert die Lippen. Sie konnte ihr einfach nicht böse sein. „Ich darf wohl behaupten, dass du meinen Freund nicht ins Herz geschlossen hast, was?“

Tiffany schnaubte verächtlich. „Schöner Freund. Du hast doch nicht wirklich vor, Hamilton Price zu heiraten? Er ist genauso wie dein Vater, wenn nicht noch schlimmer. Hamilton ist so steif, dass er sicher mit Hut ins Bett geht.“

„Bitte, fang nicht wieder damit an, okay? Hamilton und ich reden nicht vom Heiraten. Wir sind ja noch nicht einmal verlobt.“

„Gut. Wenigstens etwas, wofür man dankbar sein kann. Und für noch etwas.“

„Wofür denn?“, fragte Bridget.

Tiffany wies triumphierend auf den Fernseher. „Ich sage nur ein Wort: Utah!“

„Das soll ja wohl ein Scherz sein.“

„Nein. Ich meine es verdammt ernst, so ernst, wie noch nie etwas in meinem Leben.“

Bridget zog vielsagend die Augenbrauen hoch. „Nun, soweit es mich angeht ist bei dir eine Schraube locker, liebe Tiff.“

„Ach, komm schon, Bridget. Wo bleibt deine Abenteuerlust?“

„Wo sie hingehört. Im Eimer, zusammen mit meiner Karriere.“

„Davon rede ich ja gerade. Deswegen brauchen wir beide doch einen Tapetenwechsel. Ich kann mir leicht einige Tage freinehmen, und du bist jetzt ja sowieso frei wie ein Vogel.“

„Du meinst das tatsächlich ernst?“

„Darauf kannst du Gift nehmen. Bridget, endlich passiert mal was in unserem stinklangweiligen Leben. Wir bekommen umsonst ein paar appetitliche Männerkörper zu sehen.“ Tiffany lachte ausgelassen. „Und wer weiß, vielleicht finde ich ja auch jemanden, mit dem ich den Rest meiner Tage verbringen will.“

„Bist du jetzt völlig verrückt geworden, Tiff?“

Tiffany winkte vergnügt ab. „Also, was sagst du? Kommst du mit?“

„Mit Sicherheit nicht.“

„Warum nicht? Eine kleine Abwechslung würde dir guttun. Du nimmst das Leben viel zu ernst. Was hast du schon dabei zu verlieren?“

„Nichts, bis auf meine kostbare Zeit.“

„Ach, komm schon. Tu’s mir zuliebe.“

„Ich würde so ziemlich alles für dich tun, Tiff, aber das nicht. Und du kannst sagen oder tun, was du willst, nichts wird mich davon überzeugen, mit dir zu diesem gottverlassenen Ort zu fahren.“

„Wollen wir wetten?“

„Okay. Um was?“

„Um fünfzig Dollar.“

Bridget lachte, stand auf und ging zur Tür.

„Wohin willst du? Du hast deinen Eistee ja noch gar nicht getrunken.“

„Ich gehe besser, bevor deine Verrücktheit auf mich abfärbt.“

„Angsthase“, spottete Tiffany.

Bridget zuckte ungerührt die Schultern. „Meine Antwort ist immer noch ‚nein‘, und am besten rückst du gleich mit den fünfzig Dollar heraus, weil ich mich niemals zu einer so hirnrissigen Sache überreden lasse.“

2. KAPITEL

Bridget musste zugeben, dass die Natur in dieser Gegend beeindruckend schön war. Um sie herum erhoben sich die roten Berge zu majestätischer Höhe. Die dazwischen liegenden breiten Täler waren mit saftig grünem Büffelgras bedeckt.

Aber Bridget konnte es immer noch nicht fassen, dass sie tatsächlich hier auf der Auktion im hinterwäldlerischen Städtchen Pennington im Staat Utah war. Noch schlimmer, sie saß in der allerersten Reihe der aufgestellten Klappstühle vor einer für den besonderen Anlass errichteten Bühne und blickte sich genauso neugierig um wie Tiffany und die übrigen zahlreich erschienenen Frauen. Die Auktion hatte noch nicht begonnen, doch einige Männer, die ein wenig abseits standen und sich unterhielten und lachten, schienen zu den Teilnehmern zu gehören.

Während Tiffany mit unverhohlenem Interesse zu ihnen hinsah, verbot es sich Bridget, sich auf so ein Niveau herabzubegeben, und warf nur einen flüchtigen Blick hinüber. Sie fand es schon peinlich genug, dass sie sich schließlich doch von Tiffany hatte überreden lassen.

„Na, was ist?“ Tiffanys Frage riss Bridget aus ihren Gedanken.

„Was soll schon sein?“, erwiderte sie verstimmt.

Tiffany lachte. „Komm schon, Bridget. Mach nicht so ein Gesicht. Nun bist du einmal hier, also lass dir den Spaß nicht entgehen. Lass uns das leckere Schauspiel genießen, das man uns bieten wird. Danach essen wir etwas vom Barbecue und gehen zum Motel zurück.“

„Und fliegen dann sofort nach Hause, okay?“

„Nachdem wir ein wenig von der Landschaft gesehen haben“, sagte Tiffany. „Ich bin noch nie so weit im Westen gewesen und möchte die Gelegenheit gern nutzen. Wenn die Auktion vorüber ist, schaffst du es ja vielleicht, diesen schmerzerfüllten Ausdruck loszuwerden und amüsierst dich ein bisschen. Du siehst aus, als ob dir Wainwright gerade über den Weg gelaufen wäre.“

Bridget seufzte, musste dann aber doch lächeln. „Du bist einfach unmöglich.“

„Deswegen hast du mich ja auch so gern. Und was die fünfzig Dollar angeht …“

„Ach, geh doch zum Teufel, Tiffany. Hier!“

Tiffany lachte nur und nahm zufrieden das Geld in Empfang. „Es wird sich für dich auszahlen, glaub mir. Du wirst dich noch wunderbar amüsieren.“

„Ja, natürlich. Wahrscheinlich werde ich den heutigen Tag immer in lieber Erinnerung behalten“, erwiderte Bridget sarkastisch und drehte sich von ihr weg.

Sekunden später stieß Tiffany sie an. „He, sieh dir doch bloß mal diesen Typen mit dem schwarzen Haar und dem Schnurrbart an. Der könnte in meinem Bett tun, was er wollte.“

„Benimm dich! Du tust so, als ob du seit Ewigkeiten keinen Mann gesehen hättest.“

„Nun, in einem etwas intimeren Sinn stimmt das ja auch“, flüsterte Tiffany ihr zu. „Wenn du dich erinnerst, bist du diejenige mit dem Freund.“

Nur dass ich den wohl lange nicht wiedersehen werde, fügte Bridget im Stillen hinzu und dachte an die Szene, die Hamilton ihr gemacht hatte, als sie ihm erzählte, dass sie für ein paar Tage mit Tiffany verreisen würde. Hochgewachsen und tadellos gekleidet hatte er vor ihr gestanden. Er war zwar ein etwas steifer Mann, sah aber nicht schlecht aus. Als erfolgreicher Börsenmakler hatte er besonders aus seinem makellosen, strahlenden Lächeln sehr oft Kapital schlagen können, aber sie hatte er an dem Tag nicht mit diesem Lächeln bedacht, sondern mit einem eher gereizten Stirnrunzeln …

„Warum tust du das?“, hatte er sie mit ungewohnter Direktheit gefragt. „Du weißt doch, was ich von dieser Tiffany halte.“

Wie so oft in letzter Zeit, sobald er in ihre Nähe kam, wurde sie wütend. „Du musst sie ja nicht gernhaben. Aber sie ist meine Freundin.“

„Ich bin trotzdem der Meinung, dass du es besser treffen könntest. Schließlich …“

„Spar dir deine Ratschläge, Hamilton. Es ist mir egal, was du über Tiffany denkst oder sonst irgendeinen meiner Freunde.“

Daraufhin sah er sie lange an. „Was ist nur los mit dir?“

Ungerührt erwiderte sie seinen Blick. „Was soll das heißen?“

„Oh, du weißt schon. Seit du diesen unglaublichen Einfall hattest, Wainwright anzuzeigen, und dann deinen Job gekündigt hast, bist du nicht mehr die gleiche. Ich kenne dich nicht mehr.“

„Vielleicht hast du mich ja nie gekannt“, antwortete sie ein wenig traurig. „Am besten lassen wir unsere Freundschaft für eine Weile ruhen.“

„Wenn du mich fragst, tun wir das schon längst. Du hältst dich jetzt schon so lange von mir fern, dass ich mich kaum noch erinnere, wie es ist, in deiner Nähe zu sein.“

„Das tut mir leid, aber ich bin gerade in einer schwierigen Phase, und muss da alleine durch, ohne Hilfe von meiner Familie oder von dir.“

Er errötete. „Weil wir mit deiner Vorgehensweise nicht einverstanden sind.“

„Nun, ich danke dir jedenfalls für deine großzügige Unterstützung, Hamilton“, entgegnete sie sarkastisch.

„Aber, Bridget. So habe ich das doch nicht gemeint. Ich …“

Sie schnitt ihm ungeduldig das Wort ab. „Vergiss es. Ich will nichts mehr davon hören.“

Dieses Gespräch hatte gestern stattgefunden, und jetzt fragte sie sich, warum sie nicht auf Hamilton gehört hatte, zumindest soweit es diese Reise nach Utah anging.

Der Himmel mochte ihr beistehen, aber wie es schien, hatte sie völlig den Verstand verloren. Warum bin ich hier? fragte sie sich, während auf der Bühne die Band einen bekannten Countrysong anstimmte.

Sicher, ihre Nerven waren angespannt, sie hatte sich mit zahlreichen unangenehmen Reaktionen auf ihre Klage gegen Wainwright auseinandersetzen müssen, und ihre Eltern hatten seit Wochen kein freundliches Wort mit ihr gewechselt. Aber dass sie deprimiert war, erklärte noch lange nicht ihr seltsames und für sie so untypisches Verhalten.

Schließlich war sie eine erwachsene Frau von einunddreißig Jahren. Sie hatte in ihrem Leben bereits viele Enttäuschungen und Zurückweisungen einstecken müssen, besonders von ihren Eltern, die in ihr immer nur eine Art Vorzeigepuppe gesehen hatten und nicht einen Menschen aus Fleisch und Blut, der Gefühle hatte und geliebt werden wollte. Doch sie hatte trotzdem nie in Selbstmitleid geschwelgt oder etwas so völlig Unpassendes getan wie jetzt.

Die Situation war einfach unglaublich. Inmitten von anderen Frauen in Jeans und Cowboystiefeln zu sitzen und sich vom Gedröhne einer fürchterlichen Band das Trommelfell beleidigen zu lassen, gehörte nicht zu ihrer Vorstellung von amüsanter Unterhaltung. Die Frauen neben ihr und auch Tiffany kicherten aufgekratzt, als ob sie noch nie einen Mann gesehen hätten. Besonders unangenehm war es ihr, dass die ganze Auktion, den postierten Fernsehkameras nach zu schließen, auch noch aufgezeichnet werden sollte.

„Bist du bereit, Bridget?“

„Wofür, Tiff?“

„Himmel, wann wachst du endlich auf? Der Auktionator steht schon auf der Bühne.“

„Wie werde ich meine Begeisterung nur zügeln können?“, sagte sie mit so viel Ironie, wie sie aufbringen konnte.

„Bridget, gib dir doch ein bisschen Mühe. Nun bist du halt hier, also mach das Beste daraus. Wenn du dich ein wenig entspannst, bringt es womöglich selbst dir Spaß.“

Bridget wusste, dass sie sich unmöglich benahm, aber sie fühlte sich hier fehl am Platz und war unglücklich. Eigentlich gehörte sie nach Houston, gekleidet in ein praktisches Kostüm, in einen Gerichtssaal mit Anwaltskollegen an ihrer Seite. Stattdessen trug sie hautenge Jeans, ein Männerhemd und Cowboystiefel, die sie fürchterlich drückten, und saß auf einem unbequemen Klappstuhl vor einer notdürftig errichteten Bühne, auf der ein Mann mit einem Hammer in der Hand hinter einem Podium stand. 

Wenigstens spielte das Wetter mit. Es herrschten perfekte Temperaturen. Es war weder zu warm noch zu kalt. Und die Sonne hing wie ein Feuerball über den roten Berggipfeln. Es war wunderschön hier. Die Großartigkeit der Landschaft raubte einem fast den Atem.

„Okay, ich werde nichts mehr sagen, Tiff. Aber wenn du je wieder versuchen solltest, mich zu so etwas zu überreden, bringe ich dich um.“

Tiffanys Lachen wurde von der Stimme des Auktionators übertönt.

„Meine Damen und die wenigen Herren, die sich hierher verirrt haben.“ Der Mann hinter dem Podium war hochgewachsen und kräftig, und er sonnte sich im leisen Gelächter seines fast ausschließlich weiblichen Publikums. „Ich möchte Sie zu einer Veranstaltung begrüßen, die es in dieser Art noch nie in den Vereinigten Staaten von Amerika gegeben hat.“

„Darauf wette ich“, murmelte Bridget – und spürte prompt Tiffanys Ellbogen in den Rippen.

„Bist du endlich ruhig und benimmst dich?“, flüsterte Tiffany. „Aber vor allem, sieh dir das Angebot doch erst mal an. Wer weiß, vielleicht verknallst du dich ja Hals über Kopf in eines dieser Prachtexemplare.“

„Vielleicht in einem anderen Leben, wenn ich als Schwachkopf auf die Welt komme“, erwiderte Bridget leichthin und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Auktionator zu.

„Wir haben einige wahre Leckerbissen für Sie, meine Damen“, sagte er gerade. „Und nach der Auktion folgt ein rauschendes Fest, bei dem es in Hülle und Fülle zu essen und zu trinken gibt. Und natürlich werden Sie mit Ihrem Auserwählten ausgiebig tanzen können.“ Ein breites Grinsen zeigte sich auf seinem geröteten Gesicht. „Na, ist das nichts?“

Die Frauen jubelten ihm begeistert zu. Bridget sah verblüfft über die Schulter. Sie hatte gar nicht gemerkt, wie viele Frauen inzwischen eingetroffen waren. Da Tiffany darauf bestanden hatte, früh zu kommen und in der allerersten Reihe Platz zu nehmen, hatte sie nicht sehen können, wie zahlreich das Publikum geworden war. Wo kamen all diese liebeshungrigen Frauen nur her? Hatten sie denn keinen Sinn für Anstand?

Und ausgerechnet sie, Bridget Martin, war auch dabei. Sie durfte nicht vergessen, den Fernsehkameras auszuweichen. Ihre Eltern wussten nicht, wo sie war und in was für eine unmögliche Situation sie sich gebracht hatte. Wenn sie ihre Tochter im Fernsehen sahen … Bridget wagte es nicht einmal, den Gedanken zu Ende zu führen. Ihr Vater würde wie die Strafe Gottes auf sie herabstoßen.

„Und jetzt, meine Damen, kommen wir zu unserem ersten Herrn, Mr. Ken Jefferson.“

Das Publikum johlte und pfiff anerkennend. Sie hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten.

„Wow! Schau dir den bloß mal an“, sagte Tiffany neben ihr.

Widerwillig sah sie auf die Bühne und betrachtete uninteressiert den grinsenden Cowboy. Sie verstand nicht, was Tiffany an ihm fand. Auf sie machte er jedenfalls nicht den geringsten Eindruck. Doch unüberhörbar stand sie mit ihrer Meinung allein da, wie die Pfiffe und das Kreischen der übrigen Frauen zeigten.

„Heiliger Himmel!“, flüsterte Tiffany. „Ist das zu glauben?“

„Nein, ist es nicht“, erwiderte sie trocken.

„Ich schwöre, Bridget, wenn ich das Geld hätte und keinen Job, würde ich einfach nur aus Gag mitbieten.“

„Wenn du glaubst, dass ich, nur weil ich keinen Job habe, aber das Geld, um …“

„He, ich mach doch nur Spaß. Natürlich bietest du nicht mit, obwohl du es könntest. Denn sonst bekämst du von Dad Stubenarrest.“

„Du hast recht, ich würde nicht bieten, aber nicht wegen Dad.“

„Dabei würde es so einen Spaß machen.“

„Auf keinen Fall. Womöglich gewinnt man noch“, sagte Bridget spöttisch. „Was geschieht überhaupt, wenn man bietet und tatsächlich einen dieser Männer gewinnt?“

Tiffany zuckte die Achseln. „Keine Ahnung. Ich schätze, man lernt sich erst mal kennen und sieht dann weiter. Wahrscheinlich kommt danach gleich der Altar und das Bett.“ Tiffany kicherte. „Aber nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.“

„Das ist widerlich!“

„Für dich vielleicht, mein Schatz. Aber immerhin ist das der Zweck dieser Auktion. Diese Männer suchen eine Frau, die an ihrer Seite arbeitet und hier mit ihnen lebt.“

„Von mir aus, ich wünsche ihnen alles Glück der Welt.“

„Ken, meine lieben Freunde, ist für achthundert Dollar von dieser glücklichen jungen Dame ersteigert worden“, verkündete der Auktionator.

„He, Nummer zwei kommt auf die Bühne.“ Tiffany stöhnte auf. „Ich werd gleich ohnmächtig.“

Bridget verdrehte die Augen und verfolgte ungläubig, wie viele Frauen bei dem zweiten Mann mitboten, der alles andere als gut aussehend war. Doch zu ihrer Überraschung wurde er für fünfhundertfünfzig Dollar versteigert.

Das nächste Dutzend Männer ging wie in einem Nebel an Bridget vorüber. Keiner von ihnen weckte ihr Interesse. Erst als Tiffany erregt nach Luft schnappte, wurde sie wieder aufmerksam.

„Meine Güte, Bridget!“, rief sie. „Das wird ja immer besser. Sieh dir diesen süßen Hengst an!“

„Himmel, Tiffany, beherrsch dich doch ein bisschen“, sagte sie missbilligend und warf dann auch einen Blick auf die Bühne.

Der Mann dort sah sie unverwandt an, und plötzlich bemerkte sie, dass sie den Blick nicht von ihm lösen konnte. Sie schluckte nervös und fühlte sich zum ersten Mal in ihrem Leben so, als wäre sie vom Blitz getroffen worden. Sie wollte sich bewegen, sich abwenden, um sich von diesem seltsamen Bann zu befreien. Aber wie magisch angezogen starrte sie diesen Mann an.

Dabei sah er gar nicht so gut aus. Sicher, sein sonnengebräuntes Gesicht war trotz der etwas unregelmäßigen Züge attraktiv, ebenso sein sehniger Körper. Doch es waren seine grünen Augen, die Art, wie er sie ansah, die sie dermaßen aufwühlte.

Noch kein Mann, und ganz bestimmt nicht Hamilton, hatte sie je auf so eine Weise angesehen, gleichzeitig aufregend und beängstigend. Warum, um Himmels willen, gibt sich ein solcher Mann für so eine Auktion her? fragte sie sich. Aber es konnte ihr ja eigentlich egal sein. Sie hatte schließlich nicht die Absicht, sich bei diesem Unsinn lächerlich zu machen.

Immer noch lag sein Blick unverwandt auf ihr.

„Gibt es ein Gebot für Mr. Jeremiah Davis, meine Damen?“

Als hätte sie ihren Körper nicht mehr in der Gewalt, stand Bridget plötzlich auf und öffnete den Mund. „Eintausend Dollar!“

„Zum Ersten, zum Zweiten.“ Der Auktionator hieb den Hammer mit Wucht auf das Podium. „Und zum Dritten! Verkauft an die rothaarige kleine Dame in der ersten Reihe.“

Das Publikum johlte und klatschte, während Tiffany Bridget am Arm packte und sie auf den Stuhl hinunterzerrte. „Hast du den Verstand verloren?“

Bridget hörte sie nur wie aus weiter Ferne. Nur mit großer Anstrengung gelang es ihr schließlich, den Blick von diesem Mann zu lösen, dem der Auktionator nun aufmunternd auf die Schulter schlug.

„Weißt du, was du gerade getan hast?“, schrie Tiffany ihr ins Ohr.

Bridget versuchte zu antworten und sich wie die vernünftige Frau zu benehmen, für die sie sich bisher immer gehalten hatte. Aber sie brachte kein einziges Wort heraus. Ihre Zunge war wie gelähmt.

„Ich glaube es einfach nicht!“ Tiffany starrte sie an, als käme sie vom Mars.

Betäubt schüttelte Bridget den Kopf und drückte die Hand auf ihren Magen. „Ich glaube, mir wird gleich schlecht.“

„Das geschähe dir nur recht“, erwiderte Tiffany, aber ein amüsiertes Lächeln spielte jetzt um ihren Mund.

„Du findest das Ganze wohl auch noch witzig?“

„Natürlich, besonders nach all deinem Getue in Houston. ‚Niemals werde ich mein Geld für ein Ticket zu dieser Geisterstadt verschwenden, geschweige denn auch noch mitbieten.‘ Und was geschieht stattdessen? Du machst dein großes Mundwerk auf und bietest die größte Summe!“

„Was soll ich jetzt nur tun, Tiff?“

Tiffany grinste. „Nun, mein Schatz, ich kann nur sagen, dass du dir da einiges eingebrockt hast. Aber wenn es dich tröstet, deiner war das beste Angebot – wirklich, das allerbeste!“

„Bitte, quäl mich nicht!“

Tiffany brach in schallendes Gelächter aus. „Ich quäle dich? Das besorgst du doch wohl selber. Schließlich hast du tausend Kröten für diesen Mann hingelegt.“

Bridget hatte sich noch nie in ihrem Leben so geschämt. Doch was geschehen war, war geschehen. Sie konnte es nicht mehr rückgängig machen, aber die Situation ließ sich ja sicher noch retten. Zumindest hoffte sie das inbrünstig.

„Was jetzt, Bridget?“

„Wo ist er?“

„Mit ‚er‘ meinst du wohl deinen Cowboy, Mr. Jeremiah Davis.“

Sie bedachte Tiffany mit einem vorwurfsvollen Blick. „Er ist nicht mein Cowboy. Ja, ihn meine ich.“

„Nun, im Augenblick steht er mit seinen Kollegen zusammen und sieht äußerst neugierig zu dir herüber.“

„Dir macht die Situation unheimlich Spaß, was?“

„Genau. Und ich möchte sehen, wie die gelehrte Rechtsanwältin damit fertig wird.“

Ihr erster Impuls war, Tiffany den Hals umzudrehen. Aber in diesem Moment schlug der Auktionator erneut mit seinem Hammer auf das Podium.

„Das war’s also, meine Damen. Sie haben Ihre Wahl getroffen und uns somit geholfen, tausende von Dollar für das Frauenhaus zu sammeln. Jetzt wird es Zeit für die Gewinnerinnen, sich ihren Mann zu greifen und sich ins Vergnügen zu stürzen.“

Alle Frauen lachten und klatschten, bis auf Bridget, die regungslos sitzen blieb und wünschte, sie wäre unsichtbar. Sie holte ein paarmal tief Luft und warf ihrer Freundin hilflose Blicke zu.

„Was wirst du also jetzt tun?“, fragte Tiffany scheinbar mitfühlend.

Aber sie ließ sich davon nicht täuschen. In Wirklichkeit musste Tiffany wahrscheinlich gegen einen Lachanfall ankämpfen. Aber es geschah ihr ja nur recht. Was hatte sie auch so scheinheilig getan, als ob sie kein Wässerchen trüben könnte. Jetzt musste sie für ihren Hochmut bezahlen.

„Ich wünschte, ich wüsste es, Tiff.“

Jeremiah Davis würde bestimmt gleich zu ihr kommen und sie ansprechen. Er musste annehmen, dass sie total mannstoll war. Wenn er sich nun einfach auf sie stürzte?

Tiffany schien die gleichen Gedanken zu haben. „Dein Gewinn kommt sicher gleich her. Und so wie er aussieht, wird er dich Hamilton in null Komma nichts vergessen lassen. Himmel, hast du die Größe seiner Hände gesehen? Ganz zu schweigen von noch imposanteren Teilen seines Körpers.“

Bridgets Nervosität stieg merklich. „Ich möchte nicht über ihn sprechen. Ich werde einfach das Geld zahlen, und dann verschwinden wir.“

„Ohne etwas zu ihm zu sagen?“

„Ja.“

„Das geht nicht. Die Männer hier wollten eine ernsthafte Beziehung mit den Frauen anknüpfen, die sie ersteigern. Darum ging es ihnen doch bei der ganzen Sache – eine Frau zu finden, die ihr Leben mit ihnen teilt – und ihre Arbeit“, fügte Tiffany vielsagend hinzu.

„Nun, das kannst du vergessen, und er auch. Ich weiß nicht, was da über mich kam. Ich hatte gar nicht vor, überhaupt den Mund aufzumachen.“

„Wenn ich mehr Geld hätte, hätte ich ihn mir auch geschnappt.“

„Du kannst ihn gern haben. Und ich habe ihn mir nicht geschnappt!“

„Aber er gehört dir trotzdem, mein Schatz, denn du hast tausend Dollar für ihn gezahlt. Das kannst du nicht bestreiten. Hör zu, ich misch mich mal ein wenig unter die Leute und hol mir etwas zu trinken. Kommst du mit?“

Bridget schüttelte den Kopf. „Allein bei dem Gedanken, jetzt auch noch was zu trinken, wird mir schlecht.“

„Okay. Dann geh ich schon mal los.“

Bridget geriet in Panik. „Heißt das, du lässt mich allein?“

„Warum nicht? Soweit ich weiß, bist du ein großes Mädchen und ziehst dich schon seit Jahren allein an. Und gerade eben hast du dir jemanden gekauft, der dir beim Ausziehen behilflich sein kann.“

„Das zahl ich dir noch mal heim, Tiffany Russel! Verlass dich drauf!“

Tiffany lachte nur und ging fröhlich davon.

Bridget überlegte kurz, ihr zu folgen, aber so wie sie sich fühlte, würden ihre Beine sie nicht tragen. Am besten, sie nahm eine Beruhigungstablette. Rasch kramte sie eine aus ihrer Tasche und schluckte sie trocken hinunter.

„Darf ich Ihnen Gesellschaft leisten?“

Sie hatte ihn nicht kommen sehen, und obwohl sie gewusst hatte, dass diese Begegnung unausweichlich war, war sie innerlich nicht darauf vorbereitet. Nervös drehte sie sich zu Jeremiah Davis um.

Aus der Nähe war er sogar noch einschüchternder und faszinierender. Er musste an die eins neunzig groß sein. Das sandfarbene Haar sah bei seiner Sonnenbräune fast goldfarben aus. Doch wieder war es der intensive Blick seiner grünen Augen, der ihr durch und durch ging.

Unfähig, auch nur einen Ton zu sagen, wies sie stumm auf den Stuhl neben sich. Als er sich daraufhin zu ihr setzte, roch sie sein Rasierwasser. Der Duft war nicht aufdringlich, brachte ihr Herz aber ebenso zum Klopfen wie die ungemein starke Präsenz dieses Cowboys vorhin auf der Bühne. Er schien zu merken, dass sie befangen war, denn ein kleines Lächeln glitt um seine Lippen. Mühsam löste sie den Blick von seinem Mund, um sich nicht noch mehr zum Narren zu machen.

„Wollen Sie mir nicht Ihren Namen sagen?“, fragte er mit dunkler, etwas rauer Stimme. Alles an ihm machte einen leicht rauen Eindruck. Doch wenn sie seine Stimme mit der von Hamilton verglich, die hoch und näselnd war, zog Hamilton eindeutig den Kürzeren. Was das Übrige betraf, waren diese zwei Männer gar nicht zu vergleichen.

„Nun?“

Sie räusperte sich nervös. „Ich heiße Bridget Martin.“

„Sie sind nicht von hier, Bridget Martin, oder?“

„Ich komme aus Texas.“

Er lachte leise. „Das habe ich mir schon gedacht. Ich liebe Frauen mit einem breiten Südstaatenakzent.“

Ich wette, du liebst alle Frauen, ob nun mit oder ohne Akzent, dachte sie. Doch was machte es ihr schon aus, ob er sich an alle Frauen heranmachte.

„Hat dieser Zirkus heute Sie in unsere Gegend gebracht?“

Sie sah erstaunt auf. „Sie reden ja ziemlich abfällig über die Auktion. Warum haben Sie daran teilgenommen, wenn Sie für so etwas gar nichts übrighaben?“

„Ich dachte, das wäre augenfällig. Ich brauche eine Frau.“

Ihr Atem flog. So wie dieser Mann sie jetzt ansah, hatte sie das Gefühl, die einzige Frau auf der Welt zu sein. Ein leiser Schauer ergriff sie, und wieder senkte sie verlegen den Blick.

„Ich fürchte, es liegt ein Irrtum vor. Ich wollte nur dem Frauenhaus helfen. Ich brauche keinen Mann“, brachte sie stockend heraus.

„Natürlich nicht, Madam. Ich bin sicher, Sie fliegen oft durch ganz Amerika und schmeißen mit Ihrem Geld nur so um sich. Wahrscheinlich gibt es für solche Ausgaben irgendeine Steuerermäßigung. Trotzdem sind Sie jetzt hier.“

Wenn sie Tiffany in die Finger bekam, würde sie sie erwürgen! Aber die war nirgends zu sehen, und selbst wenn, könnte sie sie nicht aus diesem Schlamassel retten. Nur sie allein war dafür verantwortlich und musste sich auch allein wieder heraushelfen.

„Wollen Sie mich einen Moment entschuldigen?“ Eigentlich musste sie gar nicht auf die Toilette, aber er sollte es ruhig denken. Sie brauchte nur ein wenig Zeit, um nachzudenken. Noch besser war es, sie wich dem weiteren Gespräch ganz aus, fand Tiffany und würde klammheimlich mit ihr verschwinden. Das Geld würde sie natürlich bezahlen, aber ein Scheck ließ sich ja schnell ausstellen.

Ihr Cowboy würde sich eben eine elektrische Bettdecke kaufen müssen, wenn er nachts gewärmt werden wollte. Wenn es auf seiner Ranch überhaupt Elektrizität gab.

Jeremiah Davis stand gleichzeitig mit ihr auf und tippte an seinen Stetson. „Natürlich.“

Der Spott in seiner Stimme ließ sie erröten.

„Ich werde hier auf Sie warten. Wir haben viel zu besprechen, Bridget Martin. Und ich bin froh, dass Sie aus Texas kommen. Dann werden Sie wenigstens den Unterschied zwischen einem Hereford und einem Charolais kennen.“

Sie schluckte nervös und eilte los. Ganz falsch, Cowboy, dachte sie. Sie hatten nichts miteinander zu besprechen, da sie nicht vorhatte, dieses Gespräch fortzusetzen. Trotzdem ärgerte es sie, dass sie seiner Erwartung nicht entsprechen konnte.

Denn, zum Kuckuck mit ihm! Aber was war ein Charolais?

3. KAPITEL

Jermiah konnte sein Glück kaum fassen. Nach einer so langen Pechsträhne, in der seine Schulden gewachsen waren, sein Vieh erkrankte und die Ranch langsam verfiel, war ihm klar gewesen, dass er nicht wählerisch sein durfte. Und dann hatte diese Frau für ihn geboten. Bridget Martin.

Doch eine innere Stimme warnte ihn, dass Bridget Martin nicht hierher gehörte. Ihre Reaktion, als er Charolais-Rinder erwähnte, war offensichtlich gewesen. Schon von ihrer ganzen Erscheinung her war sie hier völlig fehl am Platz. Sie war nicht wie die anderen Frauen, die die Auktion besucht hatten. Allerdings wunderte sein eigener Auftritt ihn ebenso sehr. Du hast dich breitschlagen lassen, gestand er es sich unumwunden ein.

„Ach, komm schon, Davis, sei kein Spielverderber!“, hatte einer der Männer gesagt. „Verdammt, du lebst doch in der gleichen Misere wie wir, allein, ohne Frau – und ohne jede Hoffnung, dass hier jemals eine auftaucht, wenn wir die Angelegenheit nicht selbst in die Hand nehmen.“

Er war von Anfang an skeptisch gewesen, doch als er dann auf der Bühne vor all den johlenden Frauen stand und sich fürchterlich lächerlich vorkam, hatte Bridget Martins Anblick ihn sofort gefangen genommen. Auch jetzt sah er ihr nach, wie sie mit schnellen Schritten davonging, und sein Puls beschleunigte sich.

Er wusste, dass es klüger war, den Blick von ihrem herrlich geformten Po in der hautengen Jeans zu nehmen. Aber es gelang ihm einfach nicht. Was, zum Teufel, war nur los mit ihm? Er hatte noch nie so heftig auf eine Frau reagiert, nicht einmal auf seine Frau.

Er wischte sich den Schweiß von der Stirn, als Bridget nun im Waschraum verschwand. Leider verschwanden seine erotischen Gedanken damit nicht. Als er sich vorhin neben Bridget gesetzt hatte, hatte ihr Parfüm ihn umweht, zart und unaufdringlich wie eine Liebkosung. Aus der Nähe hatte ihr Anblick ihm fast den Atem genommen.

Bridgets helle Haut war wie Elfenbein, und mit ihrem kurzen roten Haar, das sich ein wenig wild um ihr zartes Gesicht lockte, den großen braunen Augen, den hohen Wangenknochen, der perfekt geformten Nase und den sinnlichen Lippen sah sie wunderschön aus.

Als sie dann zitternd Luft holte und sich dabei ihre vollen Brüste unter der Bluse abzeichneten, war ihm glühend heiß geworden, und er hatte sich gewünscht, er hätte mehr als nur zwei Gläser Bier getrunken.

Jetzt wünschte er sich das auch, als sie mit unglücklichem Gesichtsausdruck wieder aus dem Waschraum kam. Er selbst fühlte sich ebenfalls nicht besonders glücklich, aber sehr wahrscheinlich aus völlig anderen Gründen. Er fluchte leise und wartete ab, ob sie zu ihm zurückkam oder ihn einfach ignorierte. Wenn sie schlau ist, macht sie sich aus dem Staub, dachte er. Die ganze Situation war irgendwie unwirklich. Trotzdem wollte er nicht, dass Bridget Martin verschwand.

Und das liegt nicht nur daran, dass ich scharf auf sie bin, versuchte er sich einzureden – und ging kurz entschlossen auf sie zu.

„Möchten Sie etwas trinken?“, fragte er und ignorierte seine außer Rand und Band geratene Libido.

Sie stieß erschrocken den Atem aus, als er neben sie trat. „Hören Sie, Mr. Davis, ich kann nicht …“

„Warum nicht? In Texas trinken die Menschen doch auch, oder nicht?“

„Natürlich, aber ich …“

„Glauben Sie mir, die Situation ist mir genauso peinlich wie Ihnen, aber lassen Sie uns einfach so tun, als ob wir auf einer Party wären und uns unter normalen Umständen kennengelernt hätten.“

Sie wich seinem Blick aus. „Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist. Wir müssen miteinander reden. Wissen Sie, ich habe keine …“

„Wenn Sie das sagen wollen, was ich denke, dann brauche ich jetzt ein Bier. Und Sie können sich etwas Punsch einschenken. Zumindest das sind Sie mir schuldig, da Sie andere Frauen, die es ernst gemeint haben, überboten haben.“

„Ja, das ist wahr, Mr. Davis.“

Obwohl er befürchten musste, dass dies ihre einzige Begegnung blieb, lachte er. „Denken Sie nicht, dass Sie mich Jeremiah nennen sollten? Immerhin haben Sie tausend Dollar für das Recht gezahlt.“

„Für den guten Zweck, nicht für Sie.“

„Ja, das sagten Sie schon“, entgegnete er lächelnd. „Wie ist es denn nun mit dem Drink?“ Sie wollte möglichst schnell von ihm weg, das war offenkundig. Aber so leicht würde er sie nicht davonkommen lassen. Ihre Rühr-mich-nicht-an-Haltung ärgerte ihn, und zwar mehr, als er gedacht hätte.

„Na gut“, gab sie widerwillig nach, „aber ich habe nicht die Absicht, hier noch lange zu bleiben.“

Am liebsten hätte er sie gereizt angefahren, dass ihm das durchaus klar sei, aber er hielt sich zurück. Stattdessen gab er ihr zu verstehen, sie solle vorausgehen, und lächelte weiterhin, so schwer ihm das auch fiel.

Einige Minuten später saß er vor seinem Bier, und sie hatte ihren Punsch. Er hatte sie in eine Ecke dirigiert, die etwas abseits von der Tanzfläche und dem Büfett lag. Hier war es zwar auch ziemlich laut, doch zumindest konnte man sich unterhalten, ohne schreien zu müssen.

Er beschloss, für eine Weile nur Konversation zu machen. „Ihre Freundin scheint sich gut zu amüsieren. Sie ist wirklich eine hervorragende Tänzerin.“

Sie sah zu der überfüllten Tanzfläche. „Sie tanzt lieber, statt zu essen.“

„Und Sie?“

„Was soll mit mir sein?“

„Essen Sie lieber, oder tanzen Sie lieber?“

Selbstvergessen fuhr sie sich mit der Zunge über die Lippen, und er atmete scharf ein. Ihre Blicke trafen sich und hielten sich fest. Ihm wurde noch heißer, und er versuchte, sein wachsendes Verlangen zu bekämpfen, denn er hasste es, wenn er die Kontrolle über sich verlor. Aber im Augenblick war er hilflos seinen heftigen Gefühlen ausgeliefert.

„Weder noch, aber ich hätte gern noch etwas Punsch“, erwiderte sie leise.

Er hörte den Anflug von Verzweiflung in ihrer Stimme und erwiderte nichts. Er selbst hatte auch dringend noch ein Bier nötig, aber er würde sich keines mehr erlauben. Wenn er nicht darauf achtete, einen klaren Kopf zu behalten, tat er womöglich etwas, das er ewig bereuen würde – zum Beispiel, Bridget küssen, bis er sich völlig in ihrem Duft verlor.

Als er Sekunden später mit ihrem Punsch zurückkam, blickte Bridget wieder zu ihrer Freundin hinüber, die ihrem Partner einen texanischen Tanz beibrachte, oder jedenfalls etwas, was er noch nie gesehen hatte und nur texanisch sein konnte.

Er reichte ihr das Glas, und ihre Finger berührten sich. Erneut stockte ihm der Atem. Sie errötete und nahm hastig einen Schluck von dem Punsch.

„Ich sollte jetzt gehen. Mir ist schon ganz schwindlig“, sagte sie unsicher.

Obwohl es zu dämmern begann, konnte er sehen, dass die Röte auch ihren schlanken Hals überzog. Sein Blick blieb an ihrem Ausschnitt hängen und glitt dann zu ihren Brüsten. Ob sie wohl auch rot geworden sind? fragte er sich. Er fluchte leise und fuhr sich unruhig durchs Haar.

„Kommen Sie, lassen Sie uns tanzen.“ Seine Stimme klang plötzlich rau und atemlos.

„Warum sollten wir, Mr. Davis?“

„Weil Sie aus Texas hergeflogen sind und Ihnen die Situation jetzt peinlich ist. Und weil Sie herrlich duften und gut aussehen und bestimmt keine Auktion nötig haben, um einen Mann zu bekommen. Und weil …“

„Schon gut, in Ordnung“, unterbrach sie ihn verlegen.

Mit festem Griff nahm er ihren Arm und führte sie auf die Tanzfläche. Sie war verspannt und sah starr über seine Schulter. Der Rhythmus der Musik war langsam und weich, und die meisten Paare lagen sich so intim in den Armen, als ob sie schon allein wären. Er seufzte. Offensichtlich waren die anderen Frauen mit ihrer Wahl sehr zufrieden.

Aber nicht Bridget Martin. Obwohl er sie beim Tanzen keineswegs an sich riss, lag sie immer noch steif wie ein Brett in seinen Armen. Was hatte sie nur dazu gebracht, überhaupt herzukommen und an etwas teilzunehmen, das sie verabscheute? Aber noch viel mehr beschäftigte ihn, was an ihm sie dermaßen angezogen hatte, dass sie einen Tausender auf ihn bot.

„Bridget, entspannen Sie sich ein bisschen, ja?“

„Ich kann nicht“, erwiderte sie mit erstickter Stimme.

Es tat ihm schon fast leid, dass er sie zu etwas brachte, was sie nicht tun wollte. Doch dann überlegte er es sich anders. Sie war schließlich eine erwachsene Frau. Er zwang sie nicht dazu, in seinen Armen zu bleiben. Wenn sie gehen wollte, konnte er sie nicht aufhalten.

Aber er hatte nicht vor, es ihr einfach zu machen. Sanft, beinahe spielerisch strich er ihr eine Locke aus dem Gesicht. Erschrocken sah sie auf, ihre Lippen öffneten sich.

„Nicht“, flüsterte sie.

„Schon gut. Sie sind wirklich nervöser als ein Wildpferd. Aber glauben Sie mir, es ist nicht nötig. Ich werde Ihnen nicht wehtun.“

Zu seiner Überraschung spürte er im nächsten Moment ihren Körper an seinem.

„Ich fühle mich so komisch“, murmelte sie und legte ihm einen Arm um den Nacken.

Sein warmer Atem streichelte ihr Ohr, als er sich zu ihr beugte. „Ich dachte immer, ihr Texaner vertragt viel“, sagte er leise lachend. „Sie haben einfach ein wenig zu viel vom Punsch gehabt.“

Sie lächelte, seufzte und schmiegte sich noch dichter an ihn.

Es war lange her, dass er so glühend erregt gewesen war. Aber er wusste nicht, was er tun sollte. Warum macht sie dich jetzt plötzlich an? fragte er sich. Er konnte ihre Brustspitzen an seiner Brust fühlen, was ihn um das letzte bisschen Vernunft zu bringen drohte. Doch noch war ihm klar, dass dieses Spielchen nirgendwohin führte. Er hatte zwar das große Los gezogen, doch er durfte nicht erwarten, seinen Gewinn auch auszukosten. Die ganze Situation war zu fantastisch, um wahr zu sein. Einfach verrückt. Und nicht nur das. Es war auch gefährlich. Denn er selbst war ebenfalls nicht mehr nüchtern.

Er war trunken von dieser Frau in seinen Armen, einer Frau, der es vollkommen gleichgültig war, ob er überhaupt existierte. Sie hatte ihm geradeheraus gesagt, dass sie keinen Mann brauchte und ihr Geld nur dem guten Zweck galt. Er hatte seit langem keine tausend Dollar auf einem Haufen gesehen, und hier tanzte er mit einer Frau, für die eine solche Summe etwas Alltägliches war.

Was für ein Idiot er war!

Plötzlich spürte er, dass ihr Arm nicht mehr um seinen Nacken lag. Langsam schlang sie ihn um seine Taille und glitt dann wie selbstverständlich mit der Hand zu seinem Po und drückte ihn an sich.

Himmel, was für ein Trottel er doch war!

Bridget stöhnte leise und bewegte sich. Doch es gelang ihr nicht, richtig aufzuwachen. Irgendetwas lag an ihrem Mund, etwas Heißes, Festes. Es war, als ob sie geküsst wurde, und das auf eine Weise, dass ihr schwindelte.

Instinktiv wollte sie protestieren und öffnete ein wenig die Augen. Doch sie konnte nur sehen, dass starke Arme um sie geschlungen waren. Sie seufzte wohlig. Himmel, wie sollte sie gegen etwas protestieren, das sie so erregte und so wunderschön war? Noch nie hatte sie sich so gut gefühlt. Träumte sie? Natürlich! Es konnte nur ein Traum sein, dass ein herrlicher Mann sie in seinen Armen hielt.

Aber warum war sie dann nackt? Sie hatte noch nie in ihrem Leben nackt geschlafen! Im nächsten Moment spürte sie eine Bewegung neben sich und sah dann im Mondlicht das Gesicht eines Mannes über sich. Was ging hier vor?

„Ich bin es“, sagte er flüsternd. „Alles ist in Ordnung.“

Aber es war nicht alles in Ordnung – nicht, wenn sie nackt mit einem Mann im Bett lag, der ebenso nackt war wie sie. Sie rollte sich auf den Rücken, fühlte sich dann aber zu schläfrig, um noch mehr zu tun – obwohl das nötig gewesen wäre. Was war nur los mit ihr? Warum brachte sie es nicht fertig, ihm zu sagen, er solle aufhören, sie zu streicheln, und sie gefälligst loslassen? Oder noch besser, warum sprang sie nicht einfach aus dem Bett und schickte den Kerl zum Teufel?

Weil er heiße Leidenschaft in ihr weckte, darum. War sie betäubt worden? Oder war ihr nur schwindlig von der Nähe eines kraftvollen, männlichen Körpers und von der Hitze, die geschickte Hände in ihr entfachten, die sie an ihrer intimsten Stelle liebkosten?

Nein, das war kein Traum! Was geschah, entsprang nicht ihrer Einbildung. Dazu war es viel zu intensiv. Sie ließ sich tatsächlich von einem Mann streicheln! Doch von wem? Hatte sie den Verstand verloren? Sie durfte nicht zulassen, dass er weitermachte. Sie sollte außer sich sein vor Wut! Schließlich hatte sie ihm vertraut. Ihm? Verflixt, wer war er? Doch wie sollte sie klar denken können, wenn eine raue Männerhand wahre Wunderdinge bei ihrem Körper bewirkte? Sie wand sich unter seiner Hand, versuchte, zu Verstand zu kommen und sich zu wehren und ihn von sich zu stoßen.

Doch er hörte mit seiner süßen Folter nicht auf.

„Nein … nicht …“, stieß sie hervor, aber ihre Stimme war nur ein heiseres Flüstern.

„Doch, ich muss.“

„Was tust du?“ Himmel, sie spürte doch genau, was er tat. Er ließ sie vor Verlangen brennen!

„Was du dir wünschst“, erwiderte er, und seine Stimme war ebenso heiser wie ihre.

Obwohl sie die Augen jetzt weit geöffnet hatte und nun vollkommen wach war, war ihr Blick immer noch verschwommen, und sie konnte keinen klaren Gedanken fassen.

„Was tust du nur mit mir?“, hauchte sie.

„Ich liebe dich.“ Er zögerte und fragte sie dann leise: „Soll ich aufhören?“

Ja, rief die Stimme der Vernunft, doch ihr Körper wollte etwas ganz anderes. Und ihr Körper gewann.

Als sie nicht antwortete, flüsterte der Mann: „Wir tun nichts Schlechtes. Du willst mich doch auch, ich weiß es. Lass dich gehen und fühle nur. Fühl, wie sehr ich dich will.“

Und dann spürte sie ihn, hart, heiß und fest an ihrer glühenden Haut, und ihr kehliges Stöhnen verriet, wie sehr auch sie sich nach ihm sehnte.

Seine rauen Hände berührten ihr Gesicht und ihren Hals, ihre Schultern, ihre Brüste, ihre Taille. Ihre Schenkel. Im nächsten Moment schob er sich auf sie. Sie sah das brennende Begehren in seinen Augen, hörte seinen schnellen Atem. Er stützte sich links und rechts von ihr ab, damit er nicht zu schwer auf ihr lag, und presste dann seinen Mund hungrig auf ihre Lippen.

Er gab sie erst wieder frei, als sie nach Luft schnappen mussten, und schlüpfte nun mit der Hand erneut zwischen ihre Schenkel und liebkoste sie wieder.

„O, bitte …“ Verzückt hob sie die Hüften an.

„O, Darling. Ja!“ Und mit einer einzigen Bewegung drang er in sie ein.

Sie keuchte auf, als sie ihn mit seiner ganzen männlichen Kraft in sich aufnahm. Sie verströmte sich vor Erregung und grub erschauernd die Fingernägel in seinen Rücken.

Aufstöhnend stieß er ein paarmal hart und tief in sie hinein. Und in verzehrender Leidenschaft, in drängender Gier nach seinem muskulösen, kraftvollen Körper bog sie sich ihm jedes Mal entgegen.

Er verlangsamte seinen Rhythmus. Er sah sie an, schloss die Hände um ihre Brüste und streichelte die hoch aufgerichteten Spitzen. Sie spürte, dass er es hinauszögern wollte, doch immer öfter erfassten sie die heißen Wellen ihrer Lust, dass sie fürchtete, jeden Augenblick davon überwältigt zu werden. Und unwillkürlich spannte sie sich an.

„Schon gut, Kleines“, stieß er atemlos hervor. „Kämpf nicht dagegen an.“

„Oh!“ Eine Woge nie gekannter, unbändiger Lust riss sie mit, und im Rausch der Ekstase schlang sie die Beine um seine Hüften und presste sich zuckend an ihn.

„Ja, so ist es gut. Komm“, flüsterte er.

Sie schrie auf, als ein weiterer Schauer ihren Körper erbeben ließ. Doch als es dann vorbei war, spürte sie, dass er immer noch in ihr und noch nicht zum Höhepunkt gekommen war. Sie küsste sein Ohr und begann hingebungsvoll daran zu knabbern.

„O, Baby …“

Die Hände fest um seinen muskulösen Po gelegt, drückte sie ihn wieder an sich. Er verlor die Kontrolle über sich, und in immer wilderen, schnelleren Stößen kam er wieder und wieder ganz zu ihr. Sie wurde erneut von den herrlichsten Gefühlen erfasst, und als er seinen Gipfel erreichte, schrie auch sie erfüllt auf, und sie klammerten sich keuchend aneinander.

Selbst einen langen Moment danach hatten sie sich noch nicht losgelassen, sondern kosteten die Nähe des anderen aus. Und wieder erwachte Leidenschaft und Sehnsucht in ihnen. Jeremiah gelang es von neuem, ihr mit seinen rauen Händen und seinen festen, warmen Lippen eine solche Lust zu bereiten, dass sie ein weiteres Mal eine Erfüllung fanden, von der sie nie zu träumen gewagt hätte.

Bridget fühlte sich seltsam matt. Gleichzeitig schien ihre Haut zu brennen, und sie konnte nur mühsam die Augen öffnen, als wären sie zugeklebt. Vorsichtig bewegte sie sich und zuckte zusammen, weil ihre Muskeln schmerzten. Sie befeuchtete sich die trockenen Lippen und zuckte erneut zusammen, weil auch sie ungewohnt empfindlich waren.

Was war geschehen? Sie ließ den Blick über die Decke wandern und versuchte sich zu orientieren. Doch der Raum, in dem sie war, war ihr nicht vertraut. Langsam drehte sie sich zur Seite.

Ein Mann lag neben ihr, ohne Decke über seinem völlig nackten Körper – der Mann, den sie bei der Auktion erstanden hatte. Jeremiah Davis. Nein! Ihr Verstand weigerte sich, den Tatsachen ins Gesicht zu sehen, als die Ereignisse des gestrigen Abends und der vorigen Nacht ihr wieder ins Bewusstsein drangen. Beinahe hätte sie vor Schreck geschrien und wäre aus dem Bett gesprungen und davongerannt. Aber sie tat es nicht, um den Fremden neben ihr nicht aufzuwecken.

Den Fremden!

Sie schlug verzweifelt die Hände vors Gesicht. Er mochte ja in jeder anderen Hinsicht ein Fremder sein, aber gewiss nicht, was ihren Körper betraf. Erinnerungen an heiße Leidenschaft überfielen sie, an seinen Körper, der mit ihrem verschmolz, an fieberhaft geflüsterte Worte, an ihre schweißnasse Haut an seiner.

Sie unterdrückte ein Aufstöhnen. Nein, sie wollte nicht daran denken. Aber unaufhaltsam, lebendig und stark stürmten die Erinnerungen auf sie ein.

Es hatte alles auf der verflixten Tanzfläche begonnen, nein, bereits früher, als sie von diesem hinterhältigen Punch getrunken hatte. Dass sie davor eine Beruhigungstablette genommen hatte, hatte alles nur noch schlimmer gemacht. Aber zu ihrer eigenen Verteidigung musste sie sagen, dass sie nicht gemerkt hatte, wie stark der Punsch war, bis sie sich haltsuchend an Jeremiah gelehnt hatte und sich dann wie ein verliebtes Schulmädchen an ihn klammerte …

„Ich gehe jetzt besser“, hatte sie...

Autor

Mary Lynn Baxter

Mary Lynn Baxter wusste schon immer instinktiv, dass Bücher einen wichtigen Teil in ihrem Leben ausmachen würden. Bereits als Kind war sie ein begeisterter Leser. Schon in der Schule wurde sie ein Dauerbesucher der Bibliothek und wurde zur Besitzerin eines eigenen Buchladens, bevor sie selber anfing zu schreiben. Heute eine...

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