Erntemord

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Ein unerwartetes Erbe - und Mächte, mit denen sie nicht gerechnet haben: die Flynn-Brothers-Trilogie von Heather Graham!

Was auf den ersten Blick aussieht wie eine Vogelscheuche, ist die Leiche einer jungen Frau, ein Lächeln ins Gesicht geschnitten, das Genick gebrochen. Schnell glauben die Menschen in Salem, dass der gefürchtete Sensemann mehr als nur ein Gerücht ist. Jeremy Flynn hat keine Zeit für Schauergeschichten. Er sucht in Salem die Frau eines Freundes, die spurlos von einem Friedhof verschwand. Bei seinen Recherchen stößt er auf die Okkultexpertin Rowenna Cavanaugh, die davon überzeugt ist, dass der Horror der Vergangenheit wieder lebendig geworden ist. Bald schon muss Jeremy sich dem Unglaublichen stellen - denn auch Rowenna droht, der Verführung des Sensemanns zu erliegen.


  • Erscheinungstag 01.08.2011
  • Bandnummer 2
  • ISBN / Artikelnummer 9783862780723
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Es begann damit, dass Mary und Brad Johnstone die Messe für Übernatürliches besuchten und zufällig auf das Zelt eines Wahrsagers stießen. Keiner von beiden glaubte an diese Dinge. Dennoch sagte Brad mit einem trockenen Grinsen: „Wenn wir schon mal hier sind … Und das hier sieht wie der Ort aus, von dem der Mann im Museum gesprochen hat.“

Natürlich boten überall in Salem, Massachusetts, Wahrsager und Hellseher ihre Dienste an – vor allem jetzt, zu Halloween. Mary und Brad hatten schon diverse Spukhäuser besichtigt, Kostümläden besucht und verschiedene Einheimische kennengelernt, von Anhängern des Wicca-Kults bis zu Historikern. In einem Museum, das sich der örtlichen Geschichte verschrieben hatte, waren sie mit einem Mann ins Gespräch gekommen, der ihnen empfohlen hatte, einige Sitzungen bei verschiedenen Wahrsagern zu besuchen. Sie wären alle unterschiedlich, sagte er und gab ihnen eine Übersicht seiner Lieblingsadressen.

Wenig später hatte Mary ihre erste Sitzung in einem Laden namens Magick Mercantile gehabt. Er wurde von einem Paar überzeugter Wiccaner betrieben, Adam und Eve Llewellyn. Sie sah aus wie ein Hippie, und er trug ausschließlich Schwarz. Allerdings kaute er ständig Kaugummi, was ihn ein bisschen normaler wirken ließ. Brad bezweifelte, dass sie wirklich Adam und Eve hießen. Jeder hier schien einen Hang zur Theatralik zu haben, was durchaus sympathisch war. Eve hatte aus Marys Hand gelesen und ihr versichert, dass sie es mit ihren Tanzkünsten weit bringen würde. Als sie später darüber sprachen, waren beide sicher, dass sie Marys Beruf mit keinem Wort erwähnt hatten. „Vielleicht haben sie dich in dieser lokalen TV-Show gesehen, in der du aufgetreten bist“, nahm Brad an. Jedenfalls war es ein angenehmer Blick in die Zukunft gewesen.

Aber dieser Typ jetzt … Er war total unheimlich. Passend zu Halloween. Er trug ein Cape und einen Turban. Er war groß, dunkelhaarig und schlank und hatte seine stechenden Augen mit Kajal und Lidschatten betont.

In seinem Zelt befand sich ein kleiner Tisch, dessen schwarzer Überwurf nur durch ein Muster aus Monden und Sternen aufgehellt wurde. In der Mitte stand eine Kristallkugel. Alles war so sorgfältig arrangiert, dass sein Zelt wie eine feste Einrichtung und nicht wie ein Stand auf einer Messe wirkte. Überall standen Skulpturen: ägyptische Götter und Göttinnen, Drachen, Dämonen und Ähnliches.

Mary fragte sofort: „Sind Sie Wiccaner? Ein Hexer oder ein Zauberer?“

Der Wahrsager lächelte dünn. „Es gibt keine Zauberer in der Wicca-Religion. Wiccaner sind einfach Wiccaner. Und nein, ich bin kein Wiccaner. Nur ein einfacher Deuter von Zeichen, ein Deuter des Mondes und der Sterne und allem, was davor war.“

„Ich bin Mary Johnstone, und dies ist mein Ehemann Brad“, sagte Mary. Sie stolperte fast über das Wort Ehemann. Es erinnerte sie daran, vor wie kurzer Zeit sie noch auf eine Scheidung zugesteuert waren.

„Und ich heiße Damien“, stellte sich der Wahrsager vor. „Können wir zusammenbleiben?“, fragte Mary. „Eine Art Doppelsitzung?“

Tatsächlich war ihr ein wenig unheimlich zumute, doch sie ermahnte sich, nicht albern zu sein. Es war Halloween. Die Dinge sollten einem ein wenig Angst machen. Wie bei einem Horrorfilm. Wie gut war ein Horrorfilm, wenn man sich dabei nicht gruselte?

Sie fühlte sich dennoch merkwürdig unbehaglich. Aber alles wäre okay, wenn Brad bei ihr bliebe.

„Selbstverständlich“, sagte Damien lächelnd. „Was ich sehen werde … ist das, was ich sehe. Nehmen Sie Platz. Dort sind zwei Stühle.“

Sie setzten sich an den Tisch. Brad drückte ermutigend Marys Hand. Sie sagte sich selbst, dass sie im Urlaub waren, weit weg von den Florida-Stränden ihres Zuhauses, und dass sie etwas völlig Neues taten. Sie versuchten, alte Wunden zu heilen und von vorne anzufangen. Sie würden Spaß haben.

„Und nun sehen Sie in die Kugel“, sagte Damien mit überschwänglicher Geste.

Mary tat es und entschied, dass der Mann offenbar ein Meister der Effekte war. In der klaren Kristallkugel vor ihr begann, Nebel aufzusteigen. Als sie weiter hineinstarrte, glaubte sie ein Feuer zu sehen. Ein Feuer, das in Richtung eines unsichtbaren Himmels loderte. Dann verblasste das Feuer, und sie blickte auf eine trostlose Hügellandschaft mit ein paar vereinzelten dürren Bäumen mit knorrigen Ästen. Menschen waren da. Sie konnte sie nicht richtig verstehen, doch sie schienen zu singen. Plötzlich durchbrach ein Schrei den Gesang. Sie zuckte beinahe zusammen, doch dann bemerkte sie, dass Brad neben ihr saß und amüsiert grinste. Sie hatte zu viel Fantasie, das hatte er schon immer gesagt. Und sie war zu furchtsam.

Sie ermahnte sich, dass sie dabei waren, ihre Beziehung zu erneuern. Dass sie beide daran arbeiten mussten, auch wenn er derjenige war, der fremdgegangen war. Er hatte niemals sein Leben mit Brenda verbringen wollen. Sie hatte ihn nur angezogen, weil sie vorwitzig war, ihre Chancen ergriff und weil sie … etwas Nuttiges hatte. Mary konnte sich einen Moment des Grolls nicht verkneifen.

Brad liebte sie, das wusste sie. Doch er hatte sie verletzt. Aber sie wollte nicht ihre gemeinsame Zukunft ruinieren, indem sie die Vergangenheit nicht ruhen ließ. Sie wollte einiges verändern, und den Anfang machte sie, indem sie versuchte, abenteuerlustiger zu werden.

Brad hielt ihre Hand. Er war bei ihr. Sie glaubte, dass er sie liebte und dass sie es schaffen konnten.

„In der Dunkelheit und im Nebel liegen die Orte der Gefahr. Lass die Hand, die dich hält, nicht los, denn wenn der Wind bläst und die Bäume einknicken, wirst du dort den Tod finden“, sagte Damien. „Sieh in die Kugel, behalte den Kristall im Auge.“

Sie fühlte sich geradezu gezwungen, erneut hinzusehen. Wieder hörte sie Schreie und das Schluchzen tiefer Verzweiflung. Die Äste der Bäume wirkten wie knochige Finger. Es begann zu schneien, und dann …

Plötzlich starrte sie auf die Leiche einer Frau, die an einer über einen Ast geworfenen Galgenschlinge baumelte. Ein Schrei erstickte in ihrer Kehle, als der Körper direkt vor ihren Augen verweste.

„Indianer“, sagte Brad. Er klang völlig entrückt. „Sorry, amerikanische Ureinwohner.“

Es gelang ihr, den Blick von der Todesszene abzuwenden, um einen Blick auf Brad zu werfen. Er lächelte und sah offenbar etwas völlig anderes.

„Das erste Thanksgiving-Dinner“, sagte er staunend.

Sie musste hier raus.

„Sie sind wirklich gut“, sagte Brad zu Damien.

Damien lächelte und wandte sich dann Mary zu. Sie hatteden Eindruck, dass etwas Gemeines in seinem Blick lag, etwas Zügelloses und … Teuflisches.

„Berühren Sie den Kristall“, befahl Damien den beiden. Nein. Das würde sie nicht tun.

Doch sie fühlte sich dazu gezwungen. Es war vermutlicheine Art Projektor, sagte sie sich. Ein Holograph. Das musste es sein.

Was auch immer es war und was auch immer den Zwang erzeugte – Brad fühlte es ebenfalls. Mit ihren noch immer verflochtenen Händen berührten sie die Kristallkugel.

Jetzt, da sie in seine Tiefen starrte, sah sie Maisstängel. Reihen und Aberreihen von Mais.

Maisfelder mit Vogelscheuchen, die etwas Bedrohliches, Böses ausstrahlten.

Sah Brad die gleichen Dinge wie sie? Was auch immer er sah, er starrte wie hypnotisiert in die Kugel.

„Sie sind in Gefahr“, sagte Damien zu Brad. „Sie haben geliebt, doch Sie haben betrogen, und nun sind Sie schwach. Und weil Sie schwach sind“, nun wandte er sich Mary zu, „sind Sie leichte Beute.“ Damien hörte sich an, als ob ihm seine Rede Vergnügen bereitete. „Ihm fehlt das Selbstvertrauen, für Sie zu kämpfen, sodass Sie verloren sein werden in den Nebeln des Bösen.“

Brad erhob sich abrupt und funkelte Damien wütend an. „Was zum Teufel soll das? Man sollte Sie einsperren. Für diese Art von Unsinn sind wir nicht hergekommen.“

Damien erhob sich ebenfalls. „Es tut mir leid, dass Ihnen die Sitzung nicht zusagt, doch die Kristallkugel sagt die Wahrheit. Sie spricht, nicht ich.“

Brad warf einen Zwanziger auf den Tisch, griff nach Marys Hand und zog sie mit sich aus dem Zelt.

Zurück in der Fußgängerzone waren sie von lachenden Menschen umgeben, die sich amüsierten. Ein Gruppe Kinder stürzte laut prustend aus einem der Spukhäuser. Ein alter Mann, der dem Trubel entkommen wollte, schlüpfte in einen Coffeeshop. Eine Frau ging mit zwei kleinen Mädchen vorbei, die als Elfen verkleidet waren. Sogar die Hunde, die mitgeführt wurden, trugen Kostüme.

„Mein Fehler, dass ich den Idioten ausgesucht habe“, sagte Brad entschuldigend.

„Hey, mach dir keine Gedanken. Er glaubte offenbar, er müsse eine Show abziehen, das ist alles.“ Sie bemühte sich sehr, leichthin zu klingen. Brad war wirklich zornig, vielleicht sogar erschüttert. Merkwürdig, wie Damien in der Lage gewesen war, die Spannung zu erspüren, der sie entkommen wollten, und wie er sie direkt anvisiert hatte.

Doch jetzt hier draußen, umgeben von Freudenschreien, ruhigen Gesprächen, Albernheit und Spielen und Gelächter, schienen die Visionen in der Kristallkugel nur verblassende Bilder zu sein, nicht mehr.

„Aber ich sage dir, dieses Truthahn-Dinner sah großartig aus. Es hat mir richtig Hunger gemacht“, sagte Brad. „Ich schwöre, ich konnte den Truthahn fast riechen. Obwohl ich, wenn ich darüber nachdenke, nicht sicher bin, ob diese In… diese amerikanischen Ureinwohner sich zum Essen hinsetzen wollten. Sie hatten Beile und sahen sehr wütend aus.“

Mary lächelte. Eine Brise kam auf, die sich frisch und sauber anfühlte. Ihr war beinahe zum Lachen zumute, auch wenn sie sich Sorgen machte, weil sie kein Truthahn-Dinner gesehen hatte. Ein Holograph sollte ein Holograph sein, oder? Vielleicht hatte es zwei Projektoren gegeben. Der Typ mochte ein Widerling sein, doch seine Show war gut.

Und sie würde sich davon nicht beunruhigen lassen.

Dennoch konnte sie sich bei einem späten Lunch die Fragenicht verkneifen: „Brad, war das Truthahn-Dinner alles, was du gesehen hast?“

„Nun …“

Er klingt zögerlich, dachte sie und fragte sich, warum. Schließlich fuhr er fort. „Gegen Ende … Ich weiß, dasklingt jetzt verrückt, doch da war dieses Maisfeld und diese Leiche, die …“ Er blickte sie an und sagte: „Vergiss es. Es war nur eine dumme Illusion.“

„Warum warst du so wütend?“

„Weil er mich als Scheißkerl hingestellt hat“, sagte er und warf ihr einen entschuldigenden Blick zu. „Wenn Jeremy hier wäre, wüsste er, wie der Typ das durchzieht. Tatsächlich …“ Er lachte. „Ich sehe Jeremy vor mir, wie er in diese dämliche Kristallkugel starrt, dann aufsteht und herausfindet, wo Damien – oder wie auch immer der Kerl wirklich heißt – all sein Effekte-Equipment versteckt hat.“

Mary lächelte. „Er ist jetzt die meiste Zeit in New Orleans, nicht wahr?“

Jeremy Flynn war Brads Partner gewesen, als sie beide als Polizeitaucher gearbeitet hatten. Er war auch Brads Trauzeuge gewesen, und die ganze Zeit hatte er sie niemals angelogen, sondern war ebenso ihr Freund wie Brads Freund geblieben. Und Brad hatte recht. Jeremy hätte Damien als den Betrüger entlarvt, der er war.

Nach dem Lunch verkündete Mary, dass sie Lust hätte auf etwas Zeitgeschichte, weshalb sie zu einem der berühmten Friedhöfe der Stadt fuhren. Sie empfand ihn als einen betrüblichen Ort und konnte die Tränen nicht zurückhalten.

„Was ist los?“, fragte Brad.

„Nichts. Ich habe nur nachgedacht“, sagte sie.

„Lass uns wieder fahren“, sagte er. „Es ist dieser Ort, derdich traurig macht.“

Nein, es nicht wirklich der Friedhof, dachte sie. Es ist der Mann, Damien, und die Dinge, die er gesagt hat.

„Ich liebe dich, das weißt du“, sagte er.

Sie sah ihm in die Augen. „Ich weiß. Und ich liebe dich.“ Sie zitterte ein wenig; sie wusste, er fand, dass sie sich zuleicht ängstigte.

„Ich werde mir noch ein paar Grabsteine anschauen und die Inschriften lesen“, sagte sie. Sie straffte die Schultern und entfernte sich mit raschen Schritten, während sie einen Reiseführer aus ihrer Tasche zog und Brad zurief: „Ich habe etwas darüber gelesen. Der Kranz symbolisiert den Sieg im Tod, und das geflügelte Stundenglas steht für die Geschwindigkeit, mit der das Leben vergeht. Skelette und Schädel bedeuten Sterblichkeit. Diese Engel stehen für den Himmel und dieser hier für kleine Kinder.“

Brad schien Feuer gefangen zu haben. Er stand an einem der Grabsteine nur wenige Meter von ihr entfernt. „Hier ist eine zu einem Kreis gebundene Schlange. Was bedeutet das?“, fragte er.

„Ewigkeit“, klärte sie ihn auf.

Er ging weiter den Pfad entlang, wobei er mehr D istanzzwischen sie legte, bis er auf einen Sarkophag stieß. Er setzt sich und sah in ihre Richtung. „Hey, meine Füße tun allmählich weh. Wie wär’s, wenn wir irgendwo was trinken gehen?“, schlug er vor.

„Ich glaube nicht, dass du auf dem Grab von jemandem sitzen solltest“, warnte sie ihn. Neben einem der großen Bäume, die auf dem Friedhof verstreut wuchsen, schien ihr ein zerbrochener Grabstein zuzuwinken. Die Wurzeln des Baumes hatten mehrere der umliegenden Steine brechen lassen.

„Hey, geh nicht zu weit“, rief Brad, der sich rücklings auf den Sarkophag legte und gen Himmel schaute. „Die Leute gehen schon. Wir wollen hier ja nicht eingeschlossen werden.“

„Kein Problem“, versicherte sie ihm.

Als sie auf die Grabsteine zusteuerte, spürte sie, wie dieBrise auffrischte. Und sie bemerkte, dass es dämmerig wurde. Sehr rasch sogar. Und obwohl sie vorher keinerlei Anzeichen von Nebel bemerkt hatte, lag ein silbriger Schleier in der Luft.

Sie ging schneller und trat hinter den Baum, um den Grabstein, der ihre Aufmerksamkeit erregt hatte, besser betrachten zu können. Jäh blieb sie stehen.

Jemand hatte den Stein gesäubert und die Inschrift, die aus dem späten siebzehnten Jahrhundert datierte, wieder lesbar gemacht. Der Stein sah fast genauso aus wie Dutzende andere. Oben war ein Totenschädel eingemeißelt und an den Rändern Sensen und Stundengläser.

Und dann bemerkte sie den Namen.

Mary Clare Johnstone.

Ihr Name.

Genau ihr Name.

Etwas schien ihren Hals zu umklammern, und sie spürte, wie ihr Körper von Schwäche erfasst wurde. Sie fiel auf die Knie und hielt sich mit einer Hand an dem Stein fest, als der Schwindel zunahm.

Von irgendwoher hörte sie Gelächter. Kinder, die sich amüsierten. Mütter, die nach ihnen riefen. Männer, die mit ihren Frauen sprachen.

Sie schloss die Augen und sah die Hügel und den Baum. Den Baum mit den knorrigen Ästen und der Galgenschlinge.

Und die Frau, die am Ende der Schlinge baumelte.

Um sie herum waberte wilder Nebel, und wieder hörte sieGelächter.

Damiens Gelächter …

Sein Gesicht tauchte vor ihr auf.

Er war da. Er hatte ihre Hand gepackt, und sie standen aufeinem Hügel, wo der Wind sie umwehte.

Sein Gelächter war … teuflisch.

Er konnte nicht real sein; der Hügel konnte nicht real sein. Doch sie spürte den Wind an ihren Beinen, die Erde unter ihren Füßen und die Kühle der hereinbrechenden Nacht.

„Und jetzt gehörst du mir. Zeit zum Spielen, mein Liebling“, sagte Damien.

Wieder ertönte sein Gelächter, das sich mit dem Wind vermischte.

1. KAPITEL

Rowenna sah Vogelscheuchen.

Sie standen über die Maisfelder verteilt, aufgespießt auf ihren hölzernen Kreuzen, und aus der Ferne wirkten ihre Gesichter leer und angsteinflößend.

Die hochgewachsenen Getreidehalme erstreckten sich in scheinbar endlosen Reihen bis zum Horizont.

Wie Wachen standen die Vogelscheuchen in einer Linie und überragten die hohen Halme, die sich im kühlen Wind bogen.

Sie hatte das Gefühl, getragen von der Brise durch den Mais zu treiben, als sich der Nebel über das Feld legte – wie eine dunkle Decke über die Quelle von Schönheit und Licht. Sie sah von oben auf alles herab, wie eine Kamera, die langsam heranzoomte.

Sie träumte, doch sie kämpfte dagegen an, wehrte sich gegen den Albtraum, gegen das bedrohliche Geflüster in ihrem Kopf.

Licht … Sie brauchte Licht. Brauchte die herrliche Schönheit der Herbstfarben, um die herankriechende Dunkelheit zu vertreiben.

Sie würde wieder nach Hause fahren. Vielleicht war es also ganz normal, dass sie von dem Ort träumte, an dem sie aufgewachsen war. Dem Ort, an dem die Farben des Herbstes so wunderschön leuchteten, dass sie nicht in die reale Welt gehörten, sondern in das Land der Träume.

Gold und Orange, Blutrot, dunklere Rottöne, weiches Gelb – in all diesen Farben schimmerten die Bäume, die sich von den großen Granitbergen bis zum windgepeitschten Meer und den ruhigeren Häfen erstreckten, wo die Schaumkämme der Wellen den nahenden Winter ankündigten.

Doch bevor das Eis und die Kälte eines New-England-Winters Einzug hielten, kam der Herbst. Der wundervolle Herbst mit seiner prächtigen Farbenschau. Zuerst kam das sanfte Streicheln der Brise, wie ein zarter kühler Atem auf der Wange. Und bevor diese Berührung zum frostigen Griff eisiger Finger wurde, gab es das große Mähen, die Freudenfeuer des Herbstes, die eingebrachte Ernte.

Und so erstreckten sich in ihrem Traum die endlosen Reihen der Maisfelder, wobei sich die Halme im auffrischenden Wind geradezu hypnotisch hin und her wiegten. Sie hatte die Maisfelder immer geliebt. Sie erinnerte sich, wie sie als Kind lauthals lachend hindurchgerannt war, wenn ihr Großvater mit ihr Fangen spielte.

Die Krähen waren auch immer da, mit ihren schimmernden schwarzen Flügeln und dem boshaften Gekrächze, das die Luft erfüllte. Doch mit einer Weisheit, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde, wussten die Farmer, wie sie mit den gefräßigen Dieben fertig wurden.

Sie fertigten Vogelscheuchen und verteilten sie auf den Feldern, wobei jede Vogelscheuche ihre eigene Persönlichkeit hatte. Mrs Abels Vogelscheuche trug einen wilden, mit Nadeln gespickten Gartenhut, der jede Krähe in die Füße stach, die so unvorsichtig war, darauf zu landen. Ethan Morrisons Vogelscheuche hatte ein sich blähendes Cape an und ein fratzenhaftes, zähnefletschendes Grinsen. Die Vogelscheuche ihres Großvaters trug einen Jeans-Overall mit kariertem T-Shirt und dazu eine Schrotflinte. Auf dem weißen Haarbüschel saß ein Strohhut.

Die Kreation von Eric Rolfe war die unheimlichste – und die originellste. Sie schien am ehesten lebendig zu werden und zu sprechen, denn er hatte das Gesicht seiner Vogelscheuche aus einem Plastikschädel und Halloween-Make-up gestaltet. Riesige Augen starrten aus dem knochigen Gesicht, Augen, die per Batterieantrieb leuchteten. Außerdem trug sie einen schwarzen Gehrock, die Arme waren zur Seite ausgestreckt, und Stacheldraht ragte aus dem Kopf wie eine rasiermesserscharfe Perücke.

Einige der älteren Einwohner hatten ein Problem mit Erics Kreation. Der Puritanismus war aus der Gegend verschwunden, aber niemals wirklich gestorben. Doch Eric liebte seine Vogelscheuche, und das taten auch die Kinder.

Aber manchmal, wenn sie durch die Felder rannte und ihr Großvater ihr dicht auf den Fersen war, erstarb ihr Lachen, wenn sie zu der Vogelscheuche gelangte. Die Augen starrten sie aus ihren Höhlen an, und der Wind schien zuzunehmen, sodass er zwar nicht heulte, aber ein hohes Flüstern ertönte, in das sich Angst und Versuchung mischten. Sie hielt an und starrte die Vogelscheuche an, während die Maisstängel um sie herum rauschten. Unbehagen schlich sich in ihr Herz, eine Angst, sie könnte etwas Archaisches und Schreckliches sehen, das hier einst geschehen war. Angst, dass sie die teuflischen Motive der Verantwortlichen und den Horror jener spüren könnte, die davon betroffen waren.

Sie war aufgewachsen mit den Geschichten der örtlichen Hexenprozesse, als Menschen im Dienste ihres Gottes Mitmenschen gefoltert und zum Tode verurteilt hatten, als Kinder weinten und beschuldigten und als im Namen der Gerechtigkeit Böses verübt wurde.

Wie sollte ein leicht zu beeindruckendes Kind auf solch einem blutgetränkten Boden nicht etwas der vergangenen Qual erspüren?

Trotzdem hatten die Maisfelder sie immer wieder bezaubert, ebenso wie die aufsehenerregende Farbpalette des Herbstes.

Und nun würde sie nach Hause fahren, um diese Felder wiederzusehen. Insofern schien es nur normal, dass sie sie in diesem seltsamen Schwebezustand zwischen Schlaf und Wachen vor sich sah, dass sie durch sie hindurchlief, wie sie es einst als Kind getan hatte. Sie hörte ihr eigenes Lachen beim Laufen und wusste, dass sie bald auf Erics Vogelscheuchenmonster treffen würde. Doch sie zögerte nicht, denn sie war kein Kind mehr, sondern eine erwachsene Frau, und die Ängste der Vergangenheit konnten ihr überhaupt nichts mehr anhaben.

Doch sie irrte sich. Die Angst war da.

Sie sah sie jetzt in der Ferne, und eine böse Vorahnung ergriff ihr Herz, während sie darauf wartete, dass sie sie ebenfalls sah. Denn das würde sie, das wusste sie.

Rowenna wollte nicht weitergehen.

Doch sie musste.

Dann hob die Vogelscheuche ihren Kopf, und ein Schrei erstarb ihr im Hals. Die Augenhöhlen waren leer, der Kopf ein mit verfaulendem, schwarzem Fleisch bedeckter Schädel, und aus irgendeinem Grund wusste sie, dass der Kopf sie anstarrte, auch wenn nichts mehr übrig war, das an Augen erinnerte.

Was vom Mund noch übrig war, stand in einem letzten Schrei offen. Ein zerlumpter Mantel hing von dem verfaulenden Körper, durch den vereinzelt das Weiße der Knochen hervorstach, während getrocknetes Blut Mantel und Fleisch gleichermaßen befleckte. Während sie dort stand und ihr Schrei im Halse stecken blieb, wandte sich der Schädel ihr zu, als ob irgendein teuflisches Bewusstsein in ihm lebte.

Eine Krähe landete auf der Schulter der grauenhaften Gestalt und pickte an dem verfaulten Fleisch, das von der einen Wange hing.

Als der Wind auffrischte und der Himmel plötzlich erfüllt war mit prächtigen Herbstblättern, die durch die Luft flatterten, begann der Schädel zu lachen. Die ganze Zeit starrten die Augenhöhlen sie an, und plötzlich rannen rote Tränen über die zerfetzten Wangen, als ob der verfaulende Leichnam für alle Zeit in dem Feld gefangen war und Blut weinte.

Dann begannen die Finger aus Knochen und Fäulnis zu zucken und nach ihr zu greifen, während ein Reim aus ihrer Kindheit erklang.

Fürchte nicht den Sensenmann,

doch fürchte den Schnitter im Herbst,

er raubt die Seelen, lässt sie nie wieder fort.

Drum fürchte nicht den Sensenmann,

doch fürchte den Schnitter im Herbst,

raubt er die Seele einer Frau, wird sie zu Satans Braut.

Rowenna Cavanaugh schrak im Bett hoch, keuchend und von Panik erfüllt.

Sie atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Welch ein Albtraum. Er hatte sie ziemlich mitgenommen, und das konnte sie nicht zulassen. Sie redete sich ein, dass sie einfach eingeschlafen war, während sie an zu Hause gedacht hatte, obwohl sie erst in ein paar Tagen losfahren und Halloween noch hier in New Orleans verbringen würde.

Sie vermisste ihre Heimat. Massachusetts war immer so schön zu dieser Jahreszeit. Und Salem … Salem war in vielerlei Hinsicht noch immer eine Kleinstadt. In ihrer Abwesenheit hatte man sie zur Erntekönigin gekürt. Immerhin gab ihr das etwas, worauf sie sich freuen konnte nach der anstehenden Radiodiskussion mit Jeremy Flynn. Die fand statt, um Spenden für Children’s House einzuwerben, eine Wohltätigkeitsorganisation, die er hier betrieb. Außerdem würde ihr Mitwirken helfen, ihre Bücher zu verkaufen. Sie war so haltlos, seit Jonathan, der Mann, den sie hatte heiraten wollen, gestorben war. War es wirklich drei Jahre her? Von daher hatte sie sich über die Gelegenheit gefreut, von zu Hause wegzukommen. Nicht dass sie einen Vorwand gebraucht hätte, um nach New Orleans zu fahren, schließlich liebte sie die Stadt. Aber nun war sie auch bereit, nach Hause zurückzukehren, Albtraum hin oder her.

Als Kind hatten sie Spiele wie den Schnitter gespielt. Die Puritaner hatten geglaubt, dass der Teufel in den dunklen Wäldern um ihre Siedlungen wohnte und nur darauf lauerte, unvorsichtige Seelen zu stehlen. Damals hatten Aberglaube und Furcht geherrscht. Doch sie wusste es besser, egal welch einen Unsinn ihr Unterbewusstsein hervorkramte.

Und doch musste sie aufwachen, musste aufstehen, bevor sie in einen anderen Traum verfiel, der ebenso schlimm oder gar schlimmer war.

Sie lebte in der realen Welt, der Welt des Heute. Sie musste sich zusammenreißen – und irgendwie einen weiteren Tag in der Gesellschaft von Mr Jeremy Flynn überstehen.

Ach ja, Jeremy Flynn. Expolizeitaucher und nun Partner einer Privatdetektei, die er mit seinen beiden Brüdern betrieb. Intelligent, wortgewandt, charmant, gut aussehend … und in keiner Weise von ihr angezogen. Tatsächlich schien er sie sogar abzulehnen, aber vielleicht waren es auch nur ihre Ansichten, die ihm nicht gefielen. Zugegebenermaßen verhielt er sich ihr gegenüber nie unhöflich oder feindselig. Aber natürlich würde er das auch nicht wagen, weil seine Schwägerin Kendall seit vielen Jahren eine ihrer besten Freundinnen war. Heute Abend sollte auf dem Anwesen der Flynns eine Halloweenparty stattfinden. Kendall und ihr Mann waren vor einem Jahr eingezogen und betrieben dort nun ein Gemeindetheater und richteten verschiedene Wohltätigkeitsveranstaltungen aus. Es würde eine großartige Party werden. Jeremy würde sie höflich begrüßen und dann eine Möglichkeit finden, sich den ganzen Abend in der anderen Ecke des Raumes aufzuhalten.

Mit Aidan, Kendalls Ehemann, verstand sie sich gut, und der jüngste Bruder Zach war stets freundlich.

Unglücklicherweise fühlte sie sich aber zu Jeremy hingezogen, und das seit dem ersten Moment. Das hatte sie verblüfft, weil sie seit Jonathans Tod keine Verabredungen mehr gehabt hatte. Nicht dass sie an irgendeine altmodische Trauerzeit glaubte, sie hatte einfach niemanden kennengelernt, der sie genug anzog, um mit ihm ausgehen zu wollen oder sich zumindest zu fragen, wie es wäre, wieder Sex zu haben und jemanden zu berühren. Doch bei Jeremy ertappte sie sich nur allzu oft dabei, dass sie seinen Mund betrachtete, wenn er sprach, oder seine starken Hände mit den langen Fingern und den vom Gitarre spielen verhornten Fingerkuppen. Und er war ein großartiger Musiker. Das wusste sie, weil sie ihn hatte spielen sehen.

Doch offensichtlich war er nicht an ihr interessiert, weshalb sie ihre Träume von wildem, ungezügeltem Sex mit Jeremy Flynn geheim hielt. Sie fragte sich, ob ihre geheime Fantasie illoyal gegenüber Jonathans Andenken oder einfach nur menschlich war.

Allerdings war ihr rätselhaft, wie Jeremy die Spannung und die Hitze ignorieren konnte, die zwischen ihnen bestand. Als ob sie sich nur berühren müssten, damit die Funken zwischen ihnen fliegen und die Luft vor gegenseitigem Begehren knistern würde.

Oder existierte dieses Gefühl nur in ihrer Einbildung?

Sie wusste, sie musste aufstehen und duschen, doch sie konnte nicht aufhören, an ihn zu denken. Es war nicht nur der Gedanke an Sex. Es war wie eine Sehnsucht in ihrem Herzen.

Ich bewundere dich. Ich liebe es, deine Stimme zu hören. Ich liebe die Leidenschaft in deinen Augen, wenn du über dein Anliegen sprichst. Ich würde zu gerne nur eine Stunde in einem echten Gespräch mit dir verbringen. Nicht in einer Radioshow, sondern wenn deine Aufmerksamkeit nur mir gilt, wenn du mir aufrichtig zeigst, was in dir vorgeht, was dich antreibt …

Aber das würde nicht geschehen. Es lag eine gewisse Ironie darin, dass sie schließlich jemanden gefunden hatte, der sie interessierte, dieser Mann aber nicht an ihr interessiert war. Doch so war es. Er hatte seine Meinung über sie zum Ausdruck gebracht, und sie würde sich nicht zum Narren machen, indem sie sich ihm an den Hals warf. Sie würde weiterhin höflich sein, und sie würde niemals die Freundschaft mit seiner Schwägerin aufgeben – oder seinen Brüdern, wenn sie schon dabei war.

Sie reckte sich, seufzte und ergriff die Bettdecke, um sie zurückzuwerfen und sich dem Tag zu stellen.

Ihre Hand berührte etwas. Sie blickte sich suchend um und keuchte angesichts ihres Fundes ungläubig auf.

Ein Mais-Hülsenblatt. Ein einzelnes braunes Mais-Hülsenblatt, das sich in ihrem Laken verfangen hatte.

2. KAPITEL

„Jeremy?“

Er blickte auf und verspürte sofort einen Anflug von Ärger. Rowenna Cavanaugh. Autorin, Sprecherin und Historikerin – und Verfechterin paranormaler Phänomene. Ihre Bücher waren sehr populär, das wusste er. Sie schrieb über Orte, an denen nachgewiesenermaßen merkwürdige Dinge vorgegangen waren, verlassene Gefängnisse und Irrenhäuser, historische Schlachtfelder und so etwas. Sie bekannte sich niemals, indem sie sagte, dass Geister oder ähnliche Dinge existierten. Sie sagte nur, dass niemand das Gegenteil bewiesen hätte. Sie war in die Stadt gekommen, um als Teilnehmerin einer Diskussionsreihe über Paranormales Publicity für die Halloween-Benefizveranstaltung für Children’s House zu machen. Ihre regelmäßigen Radiodiskussionen waren sehr beliebt, und der Kartenabsatz und die Spenden waren enorm angestiegen.

Doch heute sollte ihre letzte Live-Diskussion sein.

Er war stolz auf alles, was er getan hatte, um die lokale Zweigstelle von Children’s House zu etablieren, einem speziellen Heim für vernachlässigte Kinder. Er hatte sich dieser Sache mit ganzem Herzen verschrieben, seit er als Polizeitaucher in Jacksonville aufgehört hatte, um gemeinsam mit seinen Brüdern als Privatdetektiv zu arbeiten. Als sie die Flynn-Plantage draußen vor der Stadt erbten, hatte ihn das ebenso in der Gegend festgehalten wie seine Wohltätigkeitsorganisation. Doch nun hatte das Treuhandvermögen eine bedeutende Summe erreicht und wurde von ortsansässigen Mitarbeitern verwaltet. Und die Plantage blühte und gedieh mit seinem älteren Bruder Aidan und seiner Schwägerin Kendall als Bewohner. Zach, ihr jüngster Bruder war bereits nach Hause gefahren, um ihr Büro in Florida zu leiten. Und was ihn anging … Er war reif, sich eine gewisse Zeit freizunehmen. Um auf die Inseln zu fahren und zu tauchen und einfach mal eine Zeit zu verbringen, die nichts mit Arbeit oder Tod zu tun hatte. Und um am Strand süße Cocktails mit Früchten zu trinken.

Ihm lag schon eine barsche Erwiderung auf der Zunge, aber er hielt sich gerade noch zurück. Er wusste nicht, warum Rowenna ihn immer sofort auf die Palme brachte.

Sie war eine atemberaubende Frau: das Haar fast pechschwarz, die Augen von einem umwerfenden Bernstein-Ton. Nicht haselnussbraun. Nicht braun. Bernstein, wie Gold, und von geradezu lächerlich dichten Wimpern beschattet. Sie war groß und schlank, hatte aber genau dort Kurven, wo Frauen Kurven haben sollten. Ihre Stimme klang leicht heiser und sinnlich und war perfekt für öffentliches Sprechen.

Zu schade, dass sie nicht im Fernsehen auftraten. Nein, Gott sei Dank waren sie nicht im Fernsehen. Niemand würde ihn überhaupt bemerken, noch würde man sich darum scheren, was sie sagte. Sie würden sich geifernd auf dem Boden wälzen und bei jedem Wort nicken.

Was hast du für ein Problem? verspottete er sich innerlich.

Ihre Diskussionen waren von verschiedenen Geschäftspartnern gesponsert worden, das Geld wanderte direkt an seine Wohltätigkeitsorganisation. Sie machten das schon seit zwei Wochen, und er hatte das Gefühl, Rowenna zumindest aus der Distanz ganz gut zu kennen. Diese Distanz war etwas, wofür er gesorgt hatte.

Vielleicht hatte es alles damit zu tun, was vor einem Jahr auf der Plantage geschehen war.

Gerüchte besagten, dass es auf dem Anwesen spukte. Zunächst hatte das den Reiz des Ortes ausgemacht. Nun hatte er es allerdings satt. Er verehrte seine Schwägerin, und niemals würde er sich mit ihr über ihren Glauben an Geister streiten oder über das, was sie draußen auf dem Familienfriedhof erlebt hatte. Doch soweit es ihn betraf, kamen die bösen Dinge auf dieser Welt nicht durch Voodoo, Mystizismus, außersinnliche Wahrnehmung oder anderen Hokuspokus ans Licht.

Er glaubte an harte Arbeit, Wissenschaft, Logik und moderne Untersuchungsmethoden. Die Arbeit von forensischen Wissenschaftlern kombiniert mit der von Polizisten, die von Tür zu Tür gingen, dazu elende Stunden der Überwachung und ein Gehirn, das darauf trainiert ist, sich in die Psyche von anderen hineinzuversetzen. Diese Mischung klärte Verbrechen auf. Ein Tatort war einfach. Ein Mörder nahm immer etwas mit und hinterließ auch immer etwas. Nicht jeder Fall wurde gelöst, doch wenn sie gelöst wurden, dann alle auf die gleiche Art und Weise. Die Verschwundenen wurden gefunden, indem man Fußspuren verfolge, Lügner entlarvte, eine Ausrede nach der anderen entkräftete, bis die nackte Wahrheit schließlich vor einem lag.

Jedes Medium hatte einfach nur verdammtes Glück – und war vermutlich klug genug, die Hinweise zu entdecken und ihnen zu folgen –, wenn es einen Mordfall aufklärte oder die Spur eines Kidnappers aufnahm.

Wenn doch nur logische Argumente die Träume bezwingen könnten, die ihn plagten. Die Bilder, die ihn im Schlaf heimsuchten, Bilder von im Wasser treibenden Leichen. Von Kindern.

Er war Polizeitaucher gewesen, und das bedeutete, dass man schlimme Dinge im Wasser fand. Und er hatte viel gefunden. Doch nichts war so wie die Kinder. Man hatte gesehen, wie der Van ins Wasser stürzte, sodass das Taucherteam schnell vor Ort war. Doch der St. Mary’s River war braun, schmutzig und tief, und der Van war an der tiefsten Stelle hineingestürzt. Er hatte den Van als Erster erreicht und die Ladetür geöffnet. Die Ladung bestand aus Kindern, Waisenkinder unter der Obhut eines Paares, das nur an dem monatlichen Geld interessiert war. Jedes Kind war im Wagen festgeschnallt. Nicht mit dem Gurt gesichert, sondern festgeschnallt. Es waren sechs, im Alter von zwei bis zehn Jahren, und fünf von ihnen starrten blicklos in die Leere, die ihr Leben gestohlen hatte. Und dann war da noch Billy gewesen.

Billy war am Leben. Jeremy hatte mit dem Messer das Seil durchschnitten, das ihn an seinem Sitz hielt, und als Billy ihn sah, versuchte er zu lächeln. Streckte die Hand nach ihm aus. Als er Billy an Land gebracht hatte, startete er Wiederbelebungsmaßnahmen, bis die Sanitäter kamen. Er war mit Billy ins Krankenhaus gefahren. Und dann, trotz der verzweifelten Bemühungen des aufrichtig erschütterten Personals, war Billy gestorben.

Jeremy sah noch immer Billys Augen vor sich. Im Schlaf fühlte er die Hand des Jungen, die sich um seine klammerte, als er ihn von dem Van fortzog.

Das war der schlimmste der Albträume, die ihn plagten. Es waren die schlimmen Träume, die ihn zu der Entscheidung gebracht hatten, die Polizei zu verlassen und mit seinen Brüdern eine Privatdetektei zu gründen. Er war gesund; er hatte mit dem Polizeipsychologen gesprochen. Er wusste, dass Albträume einfach Albträume waren. Sie waren die Wiederholung dessen, was am Tage nicht zu ertragen war, womit der Verstand nicht fertig wurde, und nicht etwa die Heimsuchungen ruheloser Geister.

Er lebte mit ihnen.

Er versuchte nicht, sie in irgendeinen kosmischen Zusammenhang zu stellen.

Er träumte von dem lebenden Billy, der ihn aus riesigen braunen Augen ansah, und manchmal träumte er, dass er auf einem Hügel steht und Billy seine Hand hält. Vielleicht stand Billy für das Kind, das er niemals gehabt hatte – und vielleicht niemals haben würde. Vielleicht stand er für all das, was Jeremy an den Verfehlungen des überlasteten Wohlfahrtssystems erzürnte. Er wusste es nicht, und es war ihm egal. Ihn interessierte es nur noch, den übrig gebliebenen Kindern zu helfen.

Wie auch immer, sogar der Psychologe hielt es für richtig, dass er seine Zeit mit der Gründung von Einrichtungen verbrachte, um anderen bedürftigen Kindern zu helfen. Es schien zu funktionieren. Und vielleicht würden die Albträume ja eines Tages aufhören. Nicht nur für ein paar Tage, sondern für Wochen. Monate. Jahre. Vielleicht sogar für immer.

Doch die Zukunft war ungewiss und würde es bleiben, bis er sie erlebte. Er suchte nicht nach Hinweisen in Teeblättern. Er glaubte nicht, dass eine Handlinie die Richtung anzeigte, die sein Leben nehmen würde.

Er rief sich in Erinnerung, dass auch Rowenna nicht einfach behauptete, es gäbe Geister, und noch viel weniger behauptete, dass sie mit ihnen sprach. Sie wies nur auf merkwürdige Ereignisse hin, Phänomene, für die es keine genaue Erklärung gab.

Er und Rowenna waren professionelle Kombattanten, mehr nicht. Sie könnten Freunde sein, wenn er es wollte, denn offensichtlich war sie offen dafür. Man hatte sie als Ehrengäste zu mehreren Wohltätigkeitsessen geladen sowie zu diversen Cocktailpartys. Bei all diesen Gelegenheiten hatte sie viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Sie war charmant, eloquent und aufgeschlossen. Sie beide teilten eine Abneigung gegen Ungerechtigkeit und setzten sich leidenschaftlich für die Rechte anderer ein. Doch irgendetwas in ihm ließ sie nicht näher an sich ran.

„Jeremy?“ Sie wiederholte seinen Namen, während sich zwischen ihren anmutigen, perfekt gebogenen Brauen eine Falte bildete.

„Entschuldigung. Sind wir auf Sendung?“

Sie nickte, als der Aufnahmeleiter in seiner Zelle den Countdown begann.

Sie stellten sich den Hörern vor und verfielen ohne Mühe in den lockeren Meinungsaustausch, für den sie hier waren und den sie bereits in so vielen Shows geliefert hatten. Sie war sehr umgänglich, wobei sie ihre Meinung vertrat, ohne ihn zu unterbrechen oder unhöflich zu werden. Er hatte den Eindruck, dass es ihre ruhige Haltung war, die sie so glaubwürdig machte. Sie musste gar nicht fanatisch sein. Sie sprach so, wie sie schrieb – sie erzählte keine Spukgeschichten, sondern berichtete von Ereignissen und ließ den Zuhörer entscheiden. Sie präsentierte die Dinge sehr gut. Er ertappte sich dabei, nahezu hypnotisiert zu lauschen und ihr manchmal fast zu glauben.

Er wiederum pries das Reale an, das Messbare, das Anfassbare, die Dinge, die man sah. Sie blickte ihn aus diesen goldenen Augen an, die spöttisch funkelten. „Erklären Sie eine Fernbedienung.“

„Sie funktioniert wie ein Radio, über Frequenzen.“

„Ich kann eine Frequenz nicht sehen, aber ich glaube an ihre Existenz“, sagte Rowenna.

„Wollen Sie mir also sagen, dass Geister existieren, auch wenn wir sie nicht sehen?“

„Ich sage nicht, dass es so ist, doch nehmen Sie den Fall der MacDonald-Zwillinge …“ Sie fuhr fort und berichtete von einem Bruder, der im Mittleren Osten verwundet wurde. Dessen eineiiger Zwillingsbruder wusste nicht nur irgendwie, dass sein Bruder verletzt war, sondern sein Bauch wies an der gleichen Stelle einen Striemen auf, an der der Bruder von einem Schrapnell getroffen worden war.

„Das ist nachgewiesen“, sagte sie und blickte Jeremy an. Er entschied, nicht direkt zu antworten. „Es ist erschreckend, wenn Menschen an Zauberei und Flüche glauben. Selbst wenn scheinbar wundersame Dinge geschehen – zum Beispiel die unerwartete Erholung von einer Krankheit –, sind andere Prinzipien am Werk. Auch wenn wir sie – ebenso wie die Frequenzen – nicht sehen können.“

„Nun, Moment mal. Selbst Ärzte gestehen zu, dass eine positive Einstellung bei der Gesundung helfen kann. Der Wille zum Leben kann sehr stark sein“, argumentierte sie.

Auf diese Weise fuhren sie fort, bis es Zeit für den ersten Werbeblock war, und als sie erneut auf Sendung gingen, klingelten die Telefone unablässig.

Die meisten Anrufe waren für Rowenna.

Viele der Anrufer gaben zu, ihr Bild im Internet zu betrachten; die meisten von ihnen waren ebenso wie sie von der Idee des Übernatürlichen überzeugt.

Das war in Ordnung. Es gab auch Anrufer für ihn, die die Arbeit der Polizei lobten, die Verbrechen aufklärte und Mörder der Gerechtigkeit zuführte. Leider reagierte Rowenna bei diesen Beiträgen ebenso freundlich und stimmte jedem Anrufer zu.

Was zum Teufel hatte er für ein Problem mit ihr?

Angst?

Angst wovor?

Er war Single, selbstständig und über einundzwanzig. Er mochte Frauen. Er hatte auch bisher nicht wie ein Mönch gelebt. Doch noch war ihm keine Frau begegnet, mit der er sein Leben hätte teilen wollen. Eine, der er tatsächlich seine Seele und seinen Geist öffnen wollte. So vieles von dem, was er als Cop und auch jetzt als Privatdetektiv gesehen hatte, war so schrecklich. Wie zum Teufel konnte man so etwas mit jemandem teilen?

Beinahe hätte er sich laut ausgelacht für die Gedanken, die ihm da kamen. Er und Rowenna hatten noch nicht einmal ansatzweise so etwas wie ein Date gehabt. Er war ihr gegenüber nicht unhöflich, aber doch stets kühl und distanziert. Irgendetwas an ihr war zu überwältigend. Es war, als ob sie irgendwas, nun ja, Magisches an sich hatte. Als ob sie – so verrückt es klang – seine Seele besäße.

Sie hatte niemals versucht, ihn zu verführen. Sie war freundlich, mehr nicht. Nie schien sie die Funken zu spüren, die ihn jedes Mal wie ein elektrischer Schlag trafen.

Ihr Beitrag kam schließlich zum Ende, und sie beide lachten über ihre Differenzen. Jeremy zitierte sogar Voltaire: „Ichmag verdammen, was Sie sagen, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass Sie es sagen dürfen.“

Der Aufnahmeleiter winkte ihnen zu, und der Nachrichtensprecher kam herein. Gemeinsam gingen sie in den Vorraum, wo Jeremy wie angewurzelt stehen blieb, als er eine Zeitung aufgeschlagen auf dem Kaffeetisch liegen sah.

„Was ist los?“, fragte Rowenna und klang aufrichtig besorgt.

Er sah sie an. „Nichts“, log er. „Mir fiel nur etwas ins Auge, das ist alles.“

„Oh, ach so.“ Sie klang zweifelnd, doch offensichtlich wollte sie der Sache nicht weiter nachgehen. „Nun, das war sie, unsere letzte Show. Kann ich Sie zu einem Drink einladen?“ Ihr Lächeln wurde breiter. „Sie wissen, nach dem heutigen Tag müssen Sie mich nie wiedersehen.“

Eigentlich errötete er nie, doch nun tat er es. Ich würde diese Einladung gerne annehmen. Ich würde gerne noch verdammt viel mehr von ihr annehmen. Es war ihr letzter Tag, und eine Absage wäre ungehobelt.

Nur dass er heute tatsächlich andere – und viel drängendere – Sorgen hatte.

Er neigte leicht den Kopf. „Ich würde Sie wirklich gerne beim Wort nehmen, aber um der Wahrheit die Ehre zu geben … eine Freundin von mir wird vermisst, und ich bin ziemlich erpicht darauf, mehr in Erfahrung zu bringen.“ Er deutete auf die Zeitung.

„Ich habe meinen Laptop im Wagen“, bot sie an. „Und es wird sicher irgendwo in der Nähe einen drahtlosen Anschluss geben.“

Er zögerte. Er hatte das merkwürdige Gefühl, dass er an einer Kreuzung stand und eine sein Leben verändernde Entscheidung träfe, wenn er ihr Angebot annähme.

Blödsinn.

Allein um die Lächerlichkeit dieses Gedankens zu beweisen, entschied er sich, ihre Hilfe anzunehmen. Er sagte sich, dass es einfach schneller ginge, als zurück ins Hotel zu fahren, wo sein eigener Computer stand. „Okay. Danke.“

Sie verabschiedeten sich von den Leuten beim Sender und gingen hinaus zu ihrem Wagen.

Er konnte schnell eine Internetverbindung herstellen und fand rasch, wonach er suchte. Sein alter Partner Brad Johnstone und seine Frau Mary hatten Urlaub in Salem, Massachusetts, gemacht, wo Mary abends auf einem historischen Friedhof einfach verschwunden war. Die Polizei hatte Brad aufgegriffen, wie er hinter den verschlossenen Friedhofstoren laut nach seiner Frau gerufen hatte. Bei der rasch eingeleiteten Suche konnten nur ihr Handy und ihre Handtasche, die auf einem alten Grab lagen, gefunden werden. In dem Artikel wurde erwähnt, dass sich das Paar entfremdet hatte und gerade versuchte, seine Ehe zu retten.

Brad kam dabei schlecht weg, man erwähnte seine Affäre.

Das Schlimmste war, dass Marys Eltern offenbar überzeugt waren, dass Brad ihre Tochter beseitigt hatte. Und irgendjemand wies darauf hin, dass Brads Polizeivergangenheit ihn vermutlich befähigte, Mary zu töten und ihren Leichnam verschwinden zu lassen, bevor er seine Show als verzweifelter Ehemann abzog.

Rowenna, die über seine Schulter hinweg mitlas, sagte: „Es tut mir leid. Das klingt nach schlechten Neuigkeiten.“

„Ich habe jahrelang mit dem Mann gearbeitet und kenne auch seine Frau recht gut. Herrje, ich war bei ihrer Hochzeit dabei. Dieser Mann war über mehrere Jahre mein Partner. Sie machten eine wirklich schlechte Phase durch – sie ist eine professionelle Tänzerin und reist zu Wettbewerben. Ihr Tanzpartner ist schwul, und niemand würde behaupten, dass sie auf ihren Reisen etwas anderes täte als tanzen. Ich glaube, dass Brad sich einfach nur etwas einsam fühlte … Wie auch immer, sie haben sich da durchgekämpft und kamen wieder zusammen.“ Er hielt inne, als ihm bewusst wurde, wie viel er ihr erzählte, obwohl sie gar nichts gefragt hatte. „Ich kenne Brad, und ich glaube nicht eine Minute daran, dass er ihr etwas tun würde. Doch wenn so etwas wie dies geschieht, geht es selten gut aus. Ich sage es nur ungern, doch die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sie tot ist. Und die Cops vergeuden nur ihre Zeit, wenn sie sich auf Brad konzentrieren, statt den wahren Killer zu jagen.“

Sie schüttelte traurig den Kopf.

„Das ist sehr merkwürdig“, sagte sie und sah kurz in seine Richtung. „Tut mir leid“, beantwortete sie seinen fragenden Blick. „Ich meine, die Art und Weise, wie sie verschwand, ist merkwürdig. Als ob sie sich in Luft aufgelöst hat. Ohne dass irgendjemand etwas gesehen hat. Salem ist zu Halloween wie von Sinnen. Überall sind Menschen. Es ist schwer zu glauben, dass niemand etwas mitbekommen hat.“

„Ach ja? Woher wissen Sie so viel darüber?“

Sie lächelte spöttisch. „Salem ist meine Heimatstadt. Ich bin dort geboren. Nun, nicht richtig in der Stadt – meine Gegend ist noch immer nicht eingemeindet –, aber ich bin mit den Geschichten der Hexenprozesse aufgewachsen. Wenn es die nicht gegeben hätte, wäre es ein einfaches altes Fischerstädtchen wie hundert andere.“

„Ich wusste, dass Sie aus New England stammen“, sagte er. „Ich hatte anhand ihrer PR-Biografie, die man mir in Vorbereitung auf unsere Sendungen zugeschickt hat, einfach nur angenommen, Sie kämen aus Boston.“

„Ich bin in Boston aufs College gegangen“, erwiderte sie. „Tatsächlich“, fügte sie lachend hinzu, „bin ich in vielen Städten und vielen Staaten aufs College gegangen.“ Sie lächelte selbstironisch. „Was soll ich sagen? Ich liebe Schule. Und ein Interesse führte zum anderen.“

Jeremy fuhr sich durchs Haar, während er sie ansah. „Wie viele Abschlüsse haben Sie denn, Miss Cavanaugh?“

„Zwei. In Philosophie und Kommunikationswissenschaft“, versicherte sie ihm. „Aber ich liebe Wahlpflichtfächer. Ich habe Dutzende davon. Altgriechische Legenden, Glaube und Aberglaube der Römer und jede Menge Geschichte.“ Sie blickte einen Moment zur Seite und fuhr dann fort. „Natürlich habe ich mich auch mit der Geschichte meiner eigenen Gegend beschäftigt. Damals, zur Zeit der Hexenprozesse, waren die Menschen überzeugt, dass der Teufel sein Unwesen auf der Erde trieb. Tausende wurden in Europa umgebracht. Trotz des Irrsinns wurde es hier nie so schlimm.“ Sie verzog das Gesicht. „Meine Familie lebte bereits in der Gegend, als all diese Dinge geschahen. Mein Ururur- – nun, in jedem Fall eine Menge Urs – Großvater wurde eingesperrt. Seine Familie hatte das Geld, ihn freizukaufen, sodass er überlebte. Der Punkt ist, dass die Dinge, die damals geschahen, nichts mit dem heutigen Salem zu tun haben. Die Hexen und Hexer von heute sind völlig anders.“

„Die Hexen von heute?“, wiederholte Jeremy skeptisch. „Großartig. Mary verschwindet in einer Stadt, in der es angeblich noch Hexen gibt.“

Sie schwieg eine Minute. „Sie verstehen nicht, worauf ich hinaus will. Die sogenannten Hexen von heute sind tatsächlich Wiccaner. Wicca ist eine heidnische Naturreligion. Es gibt keine Verbindung zwischen dem, was die Wiccaner heute praktizieren und dem, was die Hexen und Hexer der Vergangenheit angeblich getan haben.“

„Oh bitte, Sie glauben das doch nicht wirklich, oder?“, fragte er.

„Ich bin keine Wiccanerin, falls Sie das meinen, aber ich habe Freunde, die es sind“, erwiderte sie, wobei sie sich bemühte, ihre Verärgerung zu verbergen. „Wicca ist als Religion anerkannt, wissen Sie. Wenn ein Soldat nach Hause überführt wird, um begraben zu werden, kann auf seiner Kennmarke genauso das Pentagramm wie der Davidstern oder das Kreuz stehen.“

„Es tut mir leid“, sagte Jeremy. „Es ist nur … nun, diese Art von esoterischem Aberglauben macht die Dinge immer kompliziert.“

„Das sollte es nicht. Wiccaner glauben nicht daran, etwas Schlechtes zu tun. Was auch immer man jemandem tut, wird dreifach zurückgegeben. Deshalb würde ein Wiccaner niemals jemanden verletzen, weil er es dreimal so schlimm zurückbekommen würde.“

„Ja, und wenn Sie Christ sind, landen Sie in der Hölle, wenn Sie jemanden umbringen. Das hält jedoch viele Christen nicht von kaltblütigen Morden ab.“

„Da gebe ich Ihnen recht“, sagte sie.

Plötzlich hatte er genug von der Diskussion. „Also, wir werden hier nichts lösen können, warum fahren wir also nicht hinüber ins French Quarter?“

„Sie kommen auf mein Angebot mit dem Drink zurück?“ Das tat er. Er wusste nicht genau, warum, doch er tat es.

Er mochte den Klang ihrer Stimme. Ihn interessierte, was sie zu sagen hatte. Er fühlte sich zu ihr hingezogen – herrje, jeder Mann, der nicht schwul war, würde sich zu ihr hingezogen fühlen –, obwohl er noch immer das Gefühl hatte, eine Art Grenze zwischen ihnen zu benötigen.

Nicht dass das jetzt eine Rolle spielte. Heute war’s das. Sie würde nach dem heutigen Abend abreisen. Keine weiteren Debatten. Ihre Wege würden sich nicht mehr kreuzen.

„Ja, lassen Sie uns das tun“, sagte er. „Ehrlich gesagt könnte ich auch eine Kleinigkeit zu essen vertragen.“

Sie fuhren zu einem ruhigen Restaurant in der Royal Street, wo Rowenna Tee und Flusskrebse bestellte. Jeremy entschied sich für Jambalaya.

„Erzählen Sie weiter“, bat er, nachdem man ihnen ihr Essen serviert hatte. „Ich möchte mehr über die heutigen Hexen wissen.“

„Tatsächlich?“, fragte sie.

„Ja, tatsächlich.“

Sie hob zweifelnd eine Braue und legte dann los. „Die Hexen-Gemeinde von Salem geht auf die frühen siebziger Jahre zurück, als eine Frau namens Laurie Cabot, die heute als offizielle Hexe von Salem betrachtet wird, in die Stadt kam. Inzwischen gibt es mehrere Tausend praktizierende Wiccaner in der Gegend. Sie hätten ernste Schwierigkeiten, wenn die Puritaner von einst noch am Ruder wären. Ironischerweise verließen diese England, um nach religiöser Freiheit zu suchen, und verfolgten dann jeden, der nicht ihren Geboten folgte. Aber Wiccaner – falls es sie damals gegeben hätte – hätten den Satanismus niemals so praktiziert, wie es die Hexen von Salem getan haben sollen. Der Teufel ist ein christliches Konzept, ein gefallener Engel. Deshalb können Wiccaner den Teufel gar nicht anbeten und auch keinen Pakt mit Satan schließen, denn in ihrer Religion existiert er gar nicht. Das heißt nicht, dass es dort draußen keine Satanisten gibt, denn die gibt es, doch das ist eine komplett andere Philosophie.“

Er blickte sie an und nickte ernst. War dies eine Vorlesung über die Ironien der Menschheit, die er wirklich brauchte? Auf gewisse Weise vielleicht ja.

Brad und Mary waren nach Salem gefahren. Mary war verschwunden. Er musste so viel wie möglich über den Ort in Erfahrung bringen, und Rowenna wusste viel darüber. Außerdem war sie schön und bezaubernd und der Duft ihres Parfums atemberaubend. Hypnotisierend. Er spürte, wie sein Puls aus dem Takt geriet.

Sie hatte niemals behauptet, Gedanken lesen zu können, doch er fühlte, dass sie seine Gedanken kannte. Dass er nämlich nicht daran glaubte, dass Hexen oder Satanisten, reale oder eingebildete, frühere oder heutige, irgendetwas mit Marys Verschwinden zu tun hatten. Dass vielmehr die Wahrscheinlichkeit groß war, dass ihr etwas Schreckliches zugestoßen war.

Außer irgendjemand dort draußen glaubte, dass er den Befehlen Satans folgte.

Sie lächelte. „Sie glauben, dass jeder, der eine alte und fast ausgestorbene Religion praktiziert, ein Idiot ist.“

„Es kümmert mich nicht, ob jemand Palmen anbetet – solange er seinen Glauben nicht als Vorwand nimmt, um einen anderen zu verletzen oder zu töten“, sagte er.

Sie lachte. Ihre Augen sehen dabei aus wie flüssiges Gold, dachte er. „Dann werden Sie die Wiccaner mögen. Wie ich schon sagte, sie tun nichts Böses, weil das Böse dreifach zurückkommt.“ Sie zuckte die Achseln. „Ich glaube nicht, dass irgendjemand die Antworten auf die Plagen dieser Welt hat. Wir alle möchten daran glauben, dass Menschen, die andere verletzen, dafür bestraft werden – in dieser Welt oder in der nächsten. Oder besser noch, jetzt und im Jenseits, wenn man an ein Jenseits glaubt.“

„Wollen Sie damit sagen, dass Sie es nicht tun?“, fragte er.

 „Das tue ich definitiv.“ Sie schauderte leicht, als sie das sagte.

„Sie denken an etwas anderes, oder?“, fragte er.

Sie blickte überrascht und grinste ihn reumütig an. „Dort wo ich herkomme, gibt es eine Legende über eine Art Schwarzen Mann. Wir nennen ihn den Schnitter. Er ist eine Kreatur des Bösen – eine Mischung aus alten heidnischen Ritualen, dem Glauben der amerikanischen Ureinwohner und natürlich dem Konzept Satans. Wenn jemand verschwindet oder es für etwas Schreckliches keine Erklärung gibt, schreiben wir es dem Schnitter zu. Er hat keine Hörner und keinen Schwanz. Tatsächlich sieht er gar nicht so schrecklich aus. Er trägt eine Krone aus Herbstblättern und einen erdfarbenen Mantel. Außerdem ist er größer als die meisten Männer. Riesig.“

„Und er ist hinter jungen Frauen her?“, fragte er.

„Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie die Legende ursprünglich begann. Die älteste Geschichte, die ich kenne, spielt vor ein paar Hundert Jahren, irgendwann nach den Hexenprozessen, als eine Reihe junger und schöner Frauen verschwand. Sie konnten den Mörder nie fassen, sodass die Kolonialisten – vermutlich beeinflusst von den einheimischen Stämmen – davon sprachen, dass der Schnitter da draußen umgehe und ihre Seelen stehle.“

„Sie wollen mir damit aber nicht sagen, dass Mary von dem Schnitter entführt wurde.“

„Natürlich nicht. Ich sage nur, dass es New England ist, wo eine Geschichte mit allem verbunden ist, was geschehen kann. Aber wenn Sie sich fragen, ob ich an einen realen Mörder da draußen glaube, der ebenso böse ist wie der Schnitter, dann halte ich das leider für eine Möglichkeit.“

In diesem Moment klingelte sein Handy, und noch bevor er auf das Display sah, hatte er das merkwürdige Gefühl, dass es Brad sein würde.

Er war es.

Jeremy entschuldigte sich und ging nach draußen.

Rowenna spielte geistesabwesend mit dem Strohhalm in ihrem Eistee und wünschte sich, sie hätte sich rasch verabschiedet, als Jeremy den Anruf entgegennahm.

Vielleicht hatte sie einfach nur zu viel Zeit zum Nachdenken, während sie ihr Gespräch noch frisch im Kopf hatte, doch sie hatte das schreckliche Gefühl zu wissen, was passieren würde. Brad würde Jeremy um Hilfe bitten – nach allem, was sie wusste, war es Brad, der gerade angerufen hatte –, und Jeremy würde nach Salem fahren.

Sie spürte, wie ihr Herz etwas zu stark schlug, und versuchte, sich zu beruhigen. Selbst wenn er hinfuhr, würde sie ihn nicht sehen. Er mochte sie nicht, also würde er sie wohl kaum anrufen oder sie um Hilfe bitten.

Doch es würde damit enden, dass sie ihm wieder über den Weg lief.

Detective Joe Brentwood würde sie anrufen, und Jeremy würde große Augen machen, wenn er sie sah. Sie konnte sich seine Verärgerung nur zu gut vorstellen – und seine Einschätzung, egal ob er sie für sich behielt oder laut äußerte. „Mein Freund steckt in Schwierigkeiten, und Sie ziehen eine angebliche Hellseherin hinzu?“

„Kann ich Ihnen noch etwas bringen?“

Die Kellnerin riss Rowenna aus so tiefen Gedanken, dass sie beinahe vor Schreck aufgesprungen wäre. „Nein. Danke. Aber ich würde dann gerne zahlen.“

Sobald sie bezahlt hatte, schlüpfte sie hinaus und eilte zu ihrem Wagen. Es würde ihm kaum das Herz brechen, wenn er entdeckte, dass sie fort war. Und sie wusste, dass ihm zwar ein Drittel der Flynn-Plantage gehörte, er aber nicht dort draußen wohnte, sondern in einem kleinen Privathotel auf der anderen Seite des Jackson Square.

Ihr eigenes Hotel lag nur die Royal Street hinunter, und während sie die wenigen Blocks entlangfuhr, fragte sie sich unwillkürlich, ob sie die ganzen nächsten Tage von ihm träumen würde. Paradoxerweise hoffte sie, dass er nicht in Salem auftauchte – und dass er es doch tat.

Oben in ihrem Zimmer gab es wenig zu tun. In dem Wissen, dass sie am nächsten Morgen abreisen würde, hatte sie in den letzten Tagen bereits die meisten Dinge organisiert.

Plötzlich niedergeschlagen, setzte sie sich aufs Bett und sprang fast an die Decke, als ihr Handy klingelte. Sie nahm an, dass es Jeremy war, der wissen wollte, warum sie gegangen war, ohne sich zu verabschieden.

So viel zum Thema Gedankenlesen. Es war Kendall.

„Hey!“, sagte Kendall.

„Selber hey.“

„Du fährst morgen ab – wolltest du nicht einmal anrufen?“, fragte Kendall.

Schuldgefühle erfassten sie. Sie kannte Kendall seit Jahren. Sie hatten sich in Kendalls Laden „Tea and Tarot“ kennengelernt. Kürzlich hatte sie ihn an einen Angestellten verkauft, um sich ganz auf ihre Ehe und auf das Theater zu konzentrieren, das sie schon seit dem College hatte gründen wollen.

„Ja klar, das hätte ich noch gemacht“, sagte Rowenna. Es war keine Lüge. Sie hätte sich noch daran erinnert, anzurufen. Oder nicht?

„Warum kommst du nicht zum Abendessen heraus?“, fragte Kendall. „Wir werden dich auch nicht zu lange wach halten.“

Rowenna sah sich im Zimmer um. Sie dachte an einen Vorwand, wollte Kendall erzählen, dass sie in der Klemme steckte und noch Millionen kleine Dinge vor ihrer Abreise zu erledigen hätte, nachdem sie zwei Wochen im Hotelzimmer gewohnt hatte.

Doch das würde sie nicht tun. Kendall war immer ihre Freundin gewesen. Ja, sie war verheiratet mit Jeremys Bruder, doch das war es nicht wert, eine Freundschaft zu ruinieren.

„Ich hatte gerade einen späten Lunch“, sagte Rowenna.

„Ich lasse dich auch nicht viel essen“, erwiderte Kendall. Rowenna lachte. „Sicher, darauf wette ich. Danke. Es wird sicher schön, sich ein letztes Mal zu verabschieden.“

„Hey, sag so etwas nicht“, protestierte Kendall.

„Tut mir leid. Ich meinte es gar nicht so. Ich meinte, bevor ich nach Hause fahre.“

„Großartig.“

„Weißt du, ihr könntet eigentlich zu Thanksgiving zu mir kommen“, schlug Rowenna vor.

„Es wird schwer, im Moment wegzufahren. Ich habe diese Gruppe kleiner Kinder, die am Mittwoch vorher ein erstes Thanksgiving-Stück aufführen. Aber Aidan und ich werden bald mal hochkommen. Ich verspreche es. Und du kommst jetzt zu uns heraus, ja? Oder jedenfalls, wenn du gepackt hast und fertig bist. Geht dein Flug früh?“

„Nein, erst gegen Mittag.“

„Großartig“, sagte Kendall. „Dann schwing deinen Hintern hier rüber. Oder noch besser, Jeremy kommt zu uns, weil er etwas mit Aidan besprechen will. Da kann er dich doch mitnehmen. Ich sage ihm, dass er dich anrufen soll. Bis später.“

„Nein! Nein, nein, ich nehme lieber meinen eigenen Wagen. Tatsächlich sollte ich eigentlich hierbleiben und mich um einige Dinge kümmern. Kendall?“

Rowenna begriff, dass sie ins Nirwana sprach. Kendall hatte aufgelegt.

Super. Richtig super.

Was jetzt? Sich einfach normal verhalten, das würde helfen.

Wieder klingelte das Handy. Wider besseres Wissen hoffte sie, dass Kendall noch einmal anrief, aber natürlich war dem nicht so.

Jeremy war dran.

„Ich höre, ich soll Sie abholen? Wäre es Ihnen in einer Stunde recht?“

„Das passt gut, aber ich bin nicht sicher, ob ich mitgehen soll.“

„Sie müssen mitgehen. Sie haben die Rechnung bezahlt. Ich schulde Ihnen also eine Mahlzeit. Da sich aber meine Schwägerin um das Essen kümmert, muss ich es zumindest damit ausgleichen, dass ich den Chauffeur spiele. Es tut mir übrigens leid, dass mein Anruf so lange dauerte, dass Sie mir lieber den Laufpass gaben.“

Sie zuckte zusammen. Nur zu gerne hätte sie ihn vor ein paar Wochen so freundlich sprechen hören.

„Also … in einer Stunde?“, fragte er.

„Sicher, ja, vielen Dank.“

Nachdem sie aufgelegt hatte, zögerte Rowenna einen Moment und rief dann Joe Brentwood an.

„Hey“, begrüßte er sie an seinem Handy. „Kommst du noch immer morgen nach Hause? Ich hätte gerne deine Meinung zu etwas, das hier geschehen ist.“

„Joe, du solltest sagen, dass du mich vermisst hast und dass du hocherfreut bist, mich morgen zu sehen.“

„Ich vermisse dich und bin hocherfreut, dich morgen zu sehen. Und ich habe einen interessanten Fall für dich.“

„Mit einem Mann namens Brad Johnstone und seiner verschwundenen Ehefrau Mary, richtig?“, sagte sie.

„Verdammt. Du bist eine Hellseherin.“

Sie war keine Hellseherin. Sie traf keine Menschen und empfing auch keine Botschaften von den Geistern verstorbener Angehörigen. Doch es gab Momente, in denen sie ihre Sinne offen hielt, in denen sie dachte und fühlte und eine gute Portion gesunden Menschenverstand benutzte, um Dinge aufzuklären. Vielleicht gab es in ihrem Unterbewussten irgendetwas anderes, etwas, das ihren Schlussfolgerungen den entscheidenden Vorteil gab. Doch obwohl sie über die Erfahrungen anderer mit übernatürlichen Kräften schrieb und obwohl sie die Gabe einräumte, Dinge zu erspüren, wo andere nichts spürten, würde sie sich niemals eine Hellseherin nennen. Nicht wenn – egal wie sehr Jeremy Flynn diese Wahrheit bezweifelte – sie nicht an die Existenz des Paranormalen, sondern nur an die Möglichkeit glaubte. Egal wie andere sie manchmal nannten, sie sah sich einfach nur als jemanden, der alle Sinne und sein Gehirn einsetzte, um Möglichkeiten zu erkennen und aufgrund von vorliegenden Beweisen Schlüsse zu ziehen. Und sie hatte absolut sichergestellt, dass niemals auch nur ein Hinweis auf ihre Mitarbeit in den Medien erschien.

„Nein, Joe, ich bin keine Hellseherin. Ich habe es in der Zeitung gelesen. Und ich habe einen … Freund, der auf merkwürdige Weise damit zu tun hat.“

„Wie?“

„Der Typ, mit dem ich hier unten arbeite, hat früher mit Brad Johnstone gearbeitet.“

„Dieser Detektiv?“, fragte Joe. Wie die meisten Cops mochte er keine Privatdetektive. Er hielt sie für Nervensägen, die die offiziellen Ermittlungen bei jedem Fall behinderten, in den sie sich einmischten.

„Ja.“

Joes Schweigen drückte aus, was er dachte.

„Er ist ein anständiger Kerl, Joe.“

„Ja, ja. Großartig. Nun, wir sehen uns morgen. Ach warte, du hast mich angerufen. Was ist los?“

„Der Johnstone-Fall“, sagte sie trocken.

„Wenn du die Zeitung gelesen hast, weißt du, was ich weiß.“

„Aber …“

„Du kommst ja nach Hause. Ruf mich an, sobald du da bist, und wir sprechen darüber.“

„Sicher.“

Sie legte auf. Da ihre eigenen Eltern tot waren und sie keine Geschwister hatte, war Joe der Mensch, den sie am ehesten als ihre Familie betrachtete. Er hatte seine Frau vor zehn Jahren durch Krebs verloren, und ihr einziger Sohn, Rowennas verstorbener Verlobter, war in Übersee bei einem Militäreinsatz ums Leben gekommen.

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