Mehr als heiße Blicke

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Oh mein Gott - Chloes unfassbar gut aussehender neuer Nachbar von gegenüber hat eine Frau im Bett. Eine zarte Schönheit, die Jackson Drakes Qualitäten als Liebhaber hemmungslos genießt. Der Sex sieht so sensationell aus, dass Chloe auf ungehörige Weise fasziniert ist: Sie kann nicht wegsehen und fantasiert trotz schlechten Gewissens davon, selbst die Glückliche zu sein … Bis der Playboy sie mit einer eindeutigen Nachricht herausfordert: "Willst du mehr als nur zusehen?"


  • Erscheinungstag 05.12.2019
  • Bandnummer 30
  • ISBN / Artikelnummer 9783745751550
  • Seitenanzahl 180
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Chloe Park saß in ihrem geräumigen Apartment im Norden Chicagos am Küchentisch und starrte auf ihren Laptop. Verzweifelt fächelte sie sich Luft ins Gesicht, um wenigstens einen leisen Windhauch vom offenen Fenster her abzubekommen. Draußen hatte die Junihitze die dreißig Grad bereits überschritten, und die Mittagssonne heizte das Ziegelgebäude gnadenlos auf. Schon bald würde sie aufgeben und jemanden anrufen, um die Klimaanlage zu reparieren, aber noch war es nicht so weit. Noch bis zum Ende der Woche würde auf ihrem Konto absolute Ebbe herrschen, erst dann erwartete sie wieder Geld für ihre Arbeit als Freelancer.

Chloe versuchte, sich auf ihre berufliche E-Mail zu konzentrieren, doch das kreischende Bremsen eines alten Trucks draußen auf der Straße riss sie aus ihrer Konzentration. Sie bemühte sich, das Geräusch zu ignorieren und sich voll und ganz auf ihren Monitor zu konzentrieren, um die letzten paar Sätze zu schreiben, bevor sie die E-Mail abschicken konnte. Doch dann hörte sie ein metallisches Scheppern.

„Echt jetzt?“, beschwerte sie sich bei ihrem leeren Apartment. Hatten sich denn alle gegen sie verschworen, sie von der Arbeit abzuhalten? Sie musste mindestens noch für fünf Kunden die Social-Media-Plattformen aktualisieren. Außerdem wartete ein neuer Kunde noch auf ein Angebot von ihr, weil er dringend die Präsenz seiner Firma in den sozialen Medien verstärken wollte.

Leider konnte Chloe sich auf nichts von alldem konzentrieren. Entnervt speicherte sie die E-Mail als Entwurf und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Was für eine Hitze! Verdammt, sie konnte es nicht ausstehen. Und dazu noch dieser Lärm auf der Straße!

Aber wenn sie das Fenster jetzt schloss, würde ihr Apartment sich sekundenschnell in einen Backofen verwandeln.

Das Scheppern war verstummt. Stattdessen hörte sie Männerstimmen, die durch das Echo der Hauswände an der schmalen Gasse noch verstärkt wurden.

In Chloes kleinem Apartmenthaus gab es lediglich fünf Wohneinheiten, die alle übereinanderlagen. Das alte Fabrikgebäude aus den Zwanzigern zwar kürzlich renoviert worden, und Chloe lebte ganz oben im vierten Stock. Südlich grenzte ein Bürogebäude an, und nördlich davon befand sich ein Gebäude, das gerade erst umgestaltet und verkauft worden war.

Chloe konnte sich nicht länger beherrschen. Sie nahm sich ihre Dose Cola vom Tisch und ging zum Fenster. Unten in der Allee sah sie einen kleinen weißen Lieferwagen stehen, und ein Mitarbeiter einer Umzugsfirma versuchte gerade, eine schwere Metallrampe aus dem offenen Heck zu klappen.

Neue Nachbarn? fragte Chloe sich in Gedanken und wusste auch schon, wo diese Leute einziehen würden. Es musste das Gebäude gegenüber sein. Dort hatte sie Bauarbeiter ein- und ausgehen sehen, während alles entkernt und neu designt worden war. Das Gebäude bestand aus soliden Ziegeln, und an einer Seite konnte man noch das verblasste Logo von „Herron and Co.“ ausmachen. Zur Straße hin gab es lediglich eine Fensterfront im obersten Stockwerk und ein einziges Fenster im mittleren der drei ziemlich hohen Stockwerke. Chloe hatte gehört, Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts sei es ein Kühlhaus gewesen. Das würde die schmalen Garagentore unten erklären, durch die gerade eine Pferdkutsche gepasst hätte, um Waren abzuholen, und den fast komplett fensterfreien ersten Stock. Man hatte ihr erzählt, ein früherer Besitzer habe Anfang der Achtziger angefangen, den obersten Stock zu renovieren und deshalb die Fenster zur Allee hinaus einbauen lassen.

Gebäude wie dieses alte Kühlhaus waren einer der vielen Gründe, wieso Chloe Chicago liebte. Hier begegneten sich Neues und Altes, Moderne und Tradition, und Häuser wie dieses bekamen ein neues Leben.

Das Gebäude bot reichlich Raum auf drei Etagen, aber soweit Chloe wusste, hatte es völlig leer gestanden, seit sie hier vor acht Monaten eingezogen war. Viele Handwerker waren dort ein und aus gegangen, und laut ihrem Nachbarn von unten – einem Makler – war das gesamte Gebäude jetzt das Zuhause eines einzigen Bewohners. Diese Person musste zweifellos sehr reich sein. Aber vielleicht hatte er auch eine zehnköpfige Familie. Das große Ziegelgebäude bot sicher genug Platz für zehn Zimmer und fünf Bäder.

Das oberste Stockwerk konnte Chloe von ihrem Apartment aus, das etwas höher lag, direkt einsehen. Das großzügige Wohnzimmer war mit dunkel gebeiztem Pinienparkett ausgelegt, genau wie die Dachterrasse, die außerdem mit einem Kamin und Sitzgruppen ausgestattet war. Erst letzte Woche hatten Gärtner dort Topfpflanzen aufgestellt, und jetzt gab es ein Meer aus weißen und gelben Blüten.

Chloe musterte die Männer der Umzugsfirma. Keiner von ihnen blickte auf. Chloe hatte sich daran gewöhnt, hier oben nicht bemerkt zu werden. Niemand schaute an diesem Haus höher hinauf als bis zum zweiten Stockwerk.

Chloe ließ sich auf die kleine Bank vor ihrem tiefen Erkerfenster sinken, trank von ihrer Cola und beobachtete die arbeitenden Männer. Wegen der Hitze ertrug sie nicht mehr als ein Tanktop mit schmalen Trägern und eine alte Shorts am Leib. Sie hatte sich nicht die Mühe gemacht, sich zu schminken. Schließlich arbeitete sie von zu Hause aus, und bei der Hitze würde jedes Make-up ohnehin sofort wieder zerlaufen.

Ihr dunkles, fast schwarzes Haar hatte sie sich flüchtig zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, doch sie bezweifelte ohnehin, dass einer der Männer zu ihr heraufsehen würde. Hier auf der Bank am Fenster fühlte sie sich unsichtbar.

Sie trank noch einen weiteren Schluck und betrachtete die kräftigen Männer, die unten auf der Straße darauf warteten, dass sie den Umzugswagen entladen konnten. Offenbar kamen sie bislang nicht ins Haus.

In diesem Moment bog ein brandneuer Maserati in die Allee ein. Der Fahrer musste Anfang dreißig sein. Er hielt den Wagen an, ohne sich darum zu kümmern, dass er im Halteverbot stand. Wahrscheinlich, dachte Chloe, kann es einem Besitzer von einem Maserati egal sein, ob er einen Strafzettel bekommt.

Schwungvoll stieg der Mann aus dem Wagen aus. Er trug T-Shirt und Shorts.

Moment mal! Aber hallo! Chloe sah gleich noch mal genauer hin. Groß, breite Schultern, schmale Taille, überall Muskeln? War der Mann ein Boxer? Oder ein Fitnesstrainer? Aber kein Fitnesstrainer, den sie kannte, konnte sich einen Maserati leisten.

Während er sich mit einer Hand das Handy in die Tasche der Shorts schob, fuhr er sich mit der anderen durch das dichte, dunkelblonde Haar. Und augenblicklich fing er an, den Umzugsleuten Anweisungen zu geben.

Beim Blick auf den flachen Bauch, an dem das T-Shirt eng anlag, vermutete Chloe sofort, dass der Mann schwul war. Gab es überhaupt Heteros, die so hart für einen muskulösen Bauch trainierten? Chloe kannte keinen, erst recht nicht jemanden, der auch noch so reich war. Wozu auch die Mühe, wenn man sich alles kaufen konnte?

Aber … falls er doch nicht schwul ist … dann … Mamma Mia! Sehr lecker! Sein kurzer dunkelblonder Kinnbart sah sehr sexy aus. Und kein Ring an der Hand!

Er zog einen Schlüssel aus der Tasche und öffnete die Eingangstür. War es möglich, dass dieser Mann … der neue Nachbar war? Auf jeden Fall verhielt er sich so, und der Maserati passte exakt ins Bild eines Mannes, der sich gerade ein mehrstöckiges Haus ganz für sich allein gekauft hatte.

Inständig wünschte Chloe sich, dass er nach oben blickte und sie sah, aber das tat er nicht. Natürlich nicht.

Niemand macht sich die Mühe, zu mir hier oben hinaufzusehen.

Einen Vorteil hatte es allerdings, von niemandem bemerkt zu werden: Sie konnte ungehemmt beobachten.

Der neue Nachbar war ein echter Hammer, und wenn er ganz allein in diesem Gebäude leben würde, musste er unermesslich reich sein. Die Immobilien um den Lincoln Park herum waren alles andere als billig. Das könnte der Musiker Chance the Rapper sicher bezeugen, der keine zwei Straßen entfernt wohnte.

Das bedeutete nicht, dass Chloe immer nur ans Geld dachte. Natürlich hätte sie selbst gern mehr davon, aber ihr koreanischer Dad und ihre irische Mom hatten sie nach den strengen Regeln des Mittleren Westens erzogen. Hart arbeiten, bescheiden bleiben und nicht auffallen.

Ihr fiel eine Strähne ihres schwarzen Haars ins Gesicht, und Chloe blies sie sich aus der schweißfeuchten Stirn, während sie den Spaghettiträger ihres Tanktops wieder hochzog, der ihr ständig über die Schulter hinabrutschte.

Unten auf der Straße gab der neue Nachbar den Umzugsleuten Anweisungen, während die ein großes graues Sofa aus dem Wagen wuchteten und durch die weit geöffnete Tür ins Gebäude manövrierten.

Ein Glück, dass ich bei der Hitze nicht im Trainingsdress Sofas schleppen muss, dachte Chloe, fächelte sich Luft zu und trank von ihrer mittlerweile lauwarmen Cola.

Nur wenige Minuten später sah sie, wie die Männer das Sofa ins Wohnzimmer trugen. Erst jetzt wurde Chloe bewusst, dass sie das gesamte Zimmer überblicken konnte. Sie sah den Kamin, einen Teil der noch unfertigen Küche und – wenn die Tür offenstand – sogar ein Stück vom Schlafzimmer. Jetzt waren die Jalousien hochgezogen, und sie konnte auch im Stockwerk darunter die Umzugsmänner am Fenster vorbeigehen sehen.

Der neue Nachbar hob unten auf der Straße gerade selbst ein paar Kartons hoch, und Chloe sah, wie seine Armmuskeln sich anspannten. Welcher Milliardär trägt seine Umzugskartons selbst? Jetzt war Chloes Neugier endgültig geweckt. Vielleicht irrte sie sich ja. Möglicherweise war dieser Muskelberg der persönliche Assistent des Milliardärs.

Aber irgendetwas sagte ihr, dass das nicht so war. Es musste an der Haltung des Mannes liegen. Dieser Typ war es gewohnt, das Sagen zu haben, und das betraf nicht nur diesen Umzug.

Der faszinierende Mann verschwand im Haus, und Chloes Handy summte, weil sie gerade eine E-Mail bekam. In Gedanken versunken ging sie zu ihrem Handy und scrollte die Nachrichten durch. Nichts als neuer Spam.

Sie löschte die Nachricht und kehrte zum Fenster zurück. Der rätselhafte Nachbar war oben im zweiten Stock angelangt und trug die Kartons ins Wohnzimmer.

Zusehen schadet ja nicht, oder? Niemand von denen wird mich bemerken.

Der Mann bemerkte sie nicht, obwohl Chloe ihm so nahe war, dass sie sehen konnte, wie seine Stirn anfing, leicht schweißnass zu schimmern. Zur Abwechslung war sie froh darüber, eine Art Tarnumhang zu tragen. Als der Mann ans Fenster trat, konnte sie sein Gesicht deutlicher sehen. Er nahm die Sonnenbrille ab, wischte sich die Stirn, und Chloe erkannte, dass seine Augen nicht braun waren. Vielleicht blau? Oder grün? Das ließ sich schwer sagen.

Ich wünschte, ich könnte ihm den wegwischen. Oder weglecken. Bei dem abwegigen Gedanken musste sie lachen. Unwillkürlich umfasste sie das Handy etwas fester. Wieso kamen ihr auf einmal so seltsame Gedanken? Das musste daran liegen, dass sie seit Kurzem wieder Single war. Auf einmal erschien ihr jeder Mann wieder wie eine Gelegenheit.

Während sie den Rest der Cola trank, beobachtete sie, wie der neue Nachbar einen Karton im Wohnzimmer abstellte und sich die schweißnasse Stirn rieb. Und dann, zu ihrer großen Überraschung, zog er sich das T-Shirt aus.

Aber hallo, mein sexy Fremder! So eine perfekte, muskulöse Brust hatte sie bisher nur auf den großen Postern im Sportstudio gesehen.

Ihr Blick ging von den breiten Schultern über die muskulöse Brust und den durchtrainierten Bauch tiefer. Das V der Brustbehaarung ging in einen schmalen Streifen über und verschwand im Bund der tief sitzenden Shorts.

Mit diesen Schultern und Armen sah er aus, als sei er ein Schmied aus dem Mittelalter, der jeden Tag den Schmiedehammer schwang.

Sie bemerkte auch die Tattoos. Dadurch sah er irgendwie verwegen aus. Ein großes Tattoo zog sich über seine rechte Schulter und den Arm hinab. Was mochte es darstellen?

Chloe konnte es nicht erkennen. Sie hob ihr Handy und zoomte auf die Tätowierung, um es genauer zu betrachten. War das da ein Flügel? So genau konnte sie es nicht sehen.

Okay, dieser Milliardär trug seine Umzugskartons selbst und war obendrein noch tätowiert?

Chloe schüttelte den Kopf. Der neue Nachbar war ein einziges Mysterium in einer sehr sexy Verpackung. Er wischte sich mit dem T-Shirt das Gesicht, und Chloe kam sich vor, als sei ihr jedes Zeitgefühl abhandengekommen. Wie in Zeitlupe sah sie, wie der neue Nachbar nach einer Flasche Wasser griff und einen tiefen Schluck nahm. Sie sah, wie seine Kehle sich bewegte. In dem Moment wünschte sie sich, er würde sich das Wasser über den Kopf und das Gesicht schütten.

Was ist los mit mir? Das hier ist keine Strippershow.

Chloe versuchte, sich aus diesen Gedanken herauszureißen, aber sie saß wie gebannt am offenen Fenster und umklammerte ihr Handy. Sollte sie ein Foto schießen? Die Versuchung war da. Doch in dem Moment trat ihr scharfer Nachbar vom Fenster weg und verschwand aus ihrem Blickfeld.

Verdammt! Wohin war der muskulöse Bad Boy verschwunden?

Sie beugte sich vor, um mehr erkennen zu können. Dabei rutschten ihr wieder die Spaghettiträger von den Schultern. Dass sie wegen der Hitze keinen BH trug und dass ihr das ausgeleierte Tanktop gefährlich nach unten rutschte, war ihr in diesem Augenblick egal. Viel zu sehr sehnte sie sich danach, noch einen Blick auf ihren Nachbarn mit dem Körper eines nordischen Gottes zu erhaschen.

Wohin war er verschwunden? Sie konnte ihn an keinem der Fenster mehr sehen. Da ging leise quietschend die Tür zur Dachterrasse auf, und Chloe sah, wie er die schiefergrau gebeizten Holzbohlen der Terrasse betrat. Jetzt war der Mann ihr noch näher. Es war die perfekte Gelegenheit für ein Foto.

Sollte sie es riskieren? Ihre Freundinnen würden es ihr sonst niemals glauben, dass so ein Traumkerl direkt gegenüber eingezogen war. Und wenn er vielleicht sogar berühmt war? Ein Schauspieler? Vielleicht spielte er bei „Chicago Fire“ mit oder in einer anderen Serie, die hier im Zentrum von Chicago regelmäßig gedreht wurden.

Gerade als sie ihr Handy hob und überlegte, ob sie tatsächlich ein Foto schießen sollte, sah der Mann auf einmal nach oben, und ihre Blicke trafen sich.

Eine Sekunde lang war Chloe vor Schreck wie erstarrt. Nein, nein, er sieht mich nicht wirklich. Niemand sieht mich hier oben.

Aber dann nickte er kaum merklich, lächelte kurz, und ihr wurde klar, dass er sie doch gesehen hatte. Winkend hob er eine Hand.

Entsetzt versuchte Chloe hastig, ihr Handy zu verstecken, aber dabei entglitt es ihr aus der schweißnassen Hand. Hilflos sah sie ihr brandneues Handy aus dem geöffneten Fenster hinausfallen. Den Rest übernahm die Schwerkraft. Dieses Handy war Chloes ganzer Stolz gewesen. Jetzt fiel es in die Allee hinunter. Nur knapp verfehlte es den glänzenden neuen Maserati und landete krachend hinter dem Umzugswagen auf dem Asphalt.

Chloe sah wieder zu ihrem Nachbarn, der überrascht wirkte, aber nur sie beobachtete und nicht ihr Handy. Er wirkte wie benommen, und erst in diesem Moment wurde Chloe – leider zu spät – klar, dass sie sich weit aus ihrem Fenster gelehnt hatte. Das Tanktop war ihr dabei so tief nach unten gerutscht, dass sie dem Mann gegenüber ihre Nippel zeigte.

Zutiefst verlegen zog Chloe sich das Shirt wieder hoch, trat vom Fenster weg und wich in die Küche zurück. Ihr Herz hämmerte.

Na, wunderbar! Handy aus dem Fenster werfen und dem neuen Nachbarn die Brüste zeigen! Dafür wirft er dir jetzt vielleicht ein paar Bonbons rüber.

Vor Scham glühten ihr die Wangen. Vielleicht war der Kerl ja schwul, und die strippende Nachbarin ließ ihn kalt. Das konnte sie nur hoffen.

Nach ein paar Minuten kam Chloe sich albern vor, wie sie da barfuß herumstand. Sie fragte sich, ob der Mann noch dort war.

Behutsam verließ sie auf Zehen das Zimmer und ärgerte sich sofort über sich selbst. Schließlich konnte der Mann sie sowieso nicht hören. Noch weit vom Fenster entfernt versuchte sie, einen Blick zu erhaschen. Er war nirgends zu sehen.

Sie trat näher zum Fenster und versuchte dabei, sich hinter der seitlich neben dem Fenster hängenden Gardine zu verstecken. Doch abgesehen von den Topfpflanzen war die Dachterrasse vollkommen leer.

Dann fiel ihr wieder das Handy ein, das vier Stockwerke hinuntergefallen war. Auf dieses Handy war sie angewiesen. Es war für sie wie die Nabelschnur zur ganzen Welt.

Fürs Umziehen blieb ihr keine Zeit. Was, wenn jemand auch noch drauftrat? Oder wenn es gestohlen wurde?

Chloe riss sich aus ihrer Erstarrung und lief zur Tür ihres Apartments. Schnell zog sie sich Flipflops an und rannte die Treppe nach unten.

Sie riss die Haustür auf, stürmte auf die Allee hinaus und … stieß fast mit ihrem neuen Nachbarn zusammen.

Er hielt ihr beschädigtes Handy in der Hand. „Ich … glaube, das haben Sie fallengelassen.“

Erst jetzt, wo er direkt vor ihr stand, wurde ihr bewusst, wie groß er war. Die breiten Schultern strahlten männliche Kraft aus, und er trug immer noch kein T-Shirt.

Dadurch wurde Chloe sich mehr als deutlich der Tatsache bewusst, dass sie keinen BH trug. „Äh … Ja. Ich …“ Gerade eben habe ich Ihnen meine Brüste gezeigt. Tut mir echt leid. „Also … danke.“ Sie griff nach dem Handy mit dem zersprungenen Display und der eingedellten Ecke. Aber als sie darauf tippte, leuchtete das Display auf. Das war doch schon mal ein gutes Zeichen.

„Ich bin Jackson Drake.“ Er streckte ihr seine kräftige Hand hin.

Benommen ergriff sie die Hand und schüttelte sie. Seine Handfläche war groß und glatt. Dieser Mann hatte Hände wie Bärenpranken. Wie hieß der Spruch noch über Männer mit großen Händen?

Keine Sekunde lang hörte er auf, sie aus seinen blauen Augen durchdringend zu mustern.

„Anscheinend sind wir jetzt Nachbarn.“ Langsam breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus.

Schöne Zähne hatte er auch noch! So weiß wie bei einem Model.

Ihm gehörte also tatsächlich das gesamte Gebäude. Wie kam ein Milliardär dazu, ihr das kaputte Handy zurückzubringen? Zufällig fiel Chloes Blick auf sein Handgelenk mit der funkelnden Rolex. Ja, dieser Kerl war tatsächlich stinkreich.

„Und Sie sind …?“

Was war sie bloß für eine Idiotin! Da hatte sie ihm nicht einmal ihren Namen genannt! „Chloe. Chloe Park.“

„Freut mich, Chloe. Stört es Sie, wenn ich Sie Chloe nenne? Nach den heutigen Geschehnissen finde ich, wir sollten uns beim Vornamen nennen.“ Sein Lächeln wirkte jetzt eher wie bei einem Wolf.

Sofort wurde Chloe wieder rot, als der Mann sie daran erinnerte, dass sie ihm aus Versehen ihre Brüste gezeigt hatte. „Tut mir leid. Ich bin es nicht gewohnt, Nachbarn zu haben. Normalerweise ziehe ich abends nicht mal die Gardinen vor, weil in dem Haus gegenüber schon so lange niemand mehr wohnt.“

„Von mir aus brauchen Sie Ihre Gewohnheiten nicht zu ändern.“ Er trat einen kleinen Schritt näher.

Chloe konnte kaum noch etwas anderes als seine breite Brust sehen. Ob seine Haut sich so glatt anfühlte wie sie aussah? Wahrscheinlich war dieser Kerl doch nicht schwul. Schwule flirteten nicht so mit ihr.

Wieder bekam sie kein Wort heraus. Wenn das so weiterging, musste der Mann sie für etwas beschränkt halten. Es kribbelte ihr im Nacken und in den Kniekehlen.

„Park?“ Er wandte den Blick seiner blauen Augen nicht von ihr ab. „Ist das koreanisch?“

„Mein Dad ist Koreaner, meine Mom Irin. Ich bin also ein typisches Beispiel für den Schmelztiegel der Großstadt. Meine Eltern leben in Seattle, aber ich sehe sie ein paarmal im Jahr und …“ Was redete sie denn da bloß? Das passierte immer, wenn sie nervös war.

„Hey! Drake!“ Einer der Männer hielt einen großen Karton. „Der hier kommt in den ersten Stock, oder?“

Jackson zögerte. Offensichtlich wollte er gern noch bleiben. Oder lag das nur daran, dass er keine Lust hatte, sich weiter mit dem Umzug zu beschäftigen? So ein Umzugstag war immer grauenhaft, das traf sicher auch auf die Umzüge von Reichen zu.

„Tja, Sie haben gerade viel zu tun, aber … danke für das Handy. Ich bin darauf angewiesen.“ Sie hielt das geschundene Gerät hoch. Hoffentlich funktionierte es noch.

Jackson nickte. Er machte den Eindruck, als fühle er sich hier bei ihr in der Allee sehr wohl. Aber wieso auch nicht? Er war reich und sah umwerfend aus. Wahrscheinlich war er es gewohnt, dass die Frauen sich ihm zu Füßen warfen. Oder aus ihren Tanktops rutschten, fügte Chloe in Gedanken beschämt hinzu.

„Dann bis zum nächsten Mal, Chloe.“ Wieder nickte er kurz, und eine Sekunde lang fühlte sie sich vom Blick seiner blauen Augen wie gefangen. Schließlich fiel ihr ein, wie verschwitzt, zerzaust und ungeschminkt sie vor ihm stand. Vielleicht guckten ihre Brüste gerade wieder halb aus dem Tanktop heraus.

Verlegen verschränkte sie die Arme vor dem Oberkörper. „Bis zum nächsten Mal“, erwiderte sie piepsend wie eine Maus und zog sich ins Haus zurück. Die Tür fiel ins Schloss, und immer noch schlug Chloes Herz rasend schnell.

2. KAPITEL

Jackson Drake bekam die dunkelhaarige Schönheit einfach nicht aus dem Kopf. Als er später in seinem Maserati die North Avenue entlangfuhr, musste er ständig an die Frau denken, die ihm so tiefe Einblicke gewährt hatte.

Lächelnd erinnerte er sich an ihren Schock und die Verlegenheit, als sie bemerkt hatte, dass sie ihm ihre linke Brust und auch den Großteil der rechten gezeigt hatte. Ihre dunklen Nippel sahen so prall aus, wie er es liebte. Die Brüste hatten die perfekte Größe. Sie waren natürlich, nicht zu riesig, aber größer, als er mit den Händen umfassen konnte. Wie mochte es sich anfühlen, sie zu berühren?

Der Gedanke, dass seine sexy Nachbarin oft ohne BH herumlief, war wie ein zusätzlicher Bonus, der für den Ankauf des alten Kühlhauses sprach. Drake hatte mit Immobilien ein Vermögen gemacht, indem er alte Gebäude zu Apartment- und Bürohäusern umbaute. Er gehörte zu den erfolgreichsten Bauunternehmern der Stadt und war vor Kurzem von einer Immobilienzeitschrift als Pokerspieler bezeichnet worden, weil er immer auf Gebäude und Stadtviertel setzte, die von anderen bereits abgeschrieben worden waren. Mit seinem Bad-Boy-Look wirkte er eher wie das Mitglied einer Motorradgang als wie einer der fünfhundert reichsten Menschen des Landes. Das lag in erster Linie an seinem starken Bartwuchs. Um glattrasiert zu sein, müsste er sich mindestens zweimal täglich rasieren, deshalb hatte er schon vor langer Zeit beschlossen, diesen ständigen Kampf aufzugeben. Kinnbart, Vollbart, Dreitagebart – er hatte schon alles ausprobiert.

Wer ihn nach seinem Äußeren beurteilte, stempelte ihn leicht als Gangster ab. Doch Jackson war das Gegenteil davon und stolz darauf, bei jedem seiner Projekte intensiv zu recherchieren, bis er auch das letzte Detail über ein Stadtviertel wusste, ehe er dort investierte.

Irgendwie war ihm die sexy Nachbarin bisher trotzdem entgangen.

Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich mit der Renovierung schon längst fertig, dachte er lächelnd. Und vielleicht hätte ich gleich noch mehr Fenster einbauen lassen. Er bereute bereits, dass es nur im dritten Stock Fenster zur Allee hin gab.

Die Ampel sprang auf Grün um, und er gab Gas und ließ den BMW auf der Nebenspur hinter sich zurück, während er die Straße entlangfuhr.

Beim Gedanken an Chloes angeknackstes Handy runzelte er die Stirn und beschloss, sich eines von den vielen Smartphones aus dem Büro zu holen, mit denen er neu eingestellte Immobilienmakler ausstatten ließ. Es wäre nur ein Handy aus dem Vorratsbestand, und außerdem wäre es nicht mehr als Nachbarschaftshilfe. Er malte sich aus, wie Chloe reagieren würde, wenn sie das neue Smartphone sah. Würde sie begeistert lächeln?

Fast augenblicklich ebbte seine Vorfreude ab. Er fragte sich, ob ihr Verhalten nicht berechnend gewesen war. Die meisten Frauen achteten bei ihm in erster Linie aufs Geld. Für seinen Körper hatte er hart trainieren müssen, doch allmählich kam er zu dem Schluss, dass er sich die ganze Mühe hätte sparen können. Wenn eine Frau auf seinen Körper scharf wäre und nicht auf sein Geld, dann wäre das mal eine wirklich willkommene Abwechslung. Die meisten Frauen sahen seinen Maserati und seine Rolex, und dann war ihnen vollkommen egal, wie der Mann selbst aussah.

Jackson schüttelte den Kopf. Genau aus diesem Grund hatte er schon fast die Hoffnung aufgegeben, jemals eine Frau zu finden, der er als Mensch etwas bedeutete. Seine letzte Beziehung war von Anfang an die reinste Katastrophe gewesen: Die Frau hatte sich ganz bewusst einen Job als Barkeeperin geangelt, um sich gesellschaftlich nach oben zu schlafen. Irgendwann hatte er Laurie im Bad erwischt, die Beine nach oben gegen die Kommode gestützt, wie sie gerade versucht hatte, sich mit dem Inhalt eines benutzten Kondoms zu schwängern. Sie war auf den Unterhalt aus, den er ihr hätte zahlen müssen. Bis zum achtzehnten Geburtstags des Kinds hätte sie zwanzig Prozent seiner Einkünfte bekommen.

Immer wenn Jackson glaubte, Frauen könnten ihn mit ihrer berechnenden Art nicht mehr schockieren, wurde er eines Besseren belehrt. Diese letzte Erfahrung hatte ihm jedenfalls die Lust auf Dates geraubt.

In letzter Zeit beschränkte Jackson sich auf den Kontakt zu langjährigen Freundinnen, mit denen er ab und zu Sex hatte. Alles ganz ohne Verpflichtungen und gegenseitige Erwartungen. Diese Frauen gingen gern mit ihm zum Essen aus, freuten sich über kleine Geschenke und störten sich nicht daran, wenn Jackson sich manchmal monatelang nicht meldete. Reichtum hatte eben auch seine Vorzüge.

Schon seit Jahren versuchte er sich einzureden, dass er genau dieses Leben wollte: schöne und willige Frauen, die sich bei ihm abwechselnd die Klinke in die Hand gaben. Meistens war er damit auch zufrieden, nur nicht zu Thanksgiving, wenn er seinen Cousin besuchte, der in einem der Vororte mit Frau und Kindern in einem Haus lebte, in dem es immer ein bisschen chaotisch aussah, in dem viel gelacht wurde und wo man die Liebe in der Familie fast greifen konnte.

In Wahrheit war dies der Grund, wieso ihn Lauries übler Plan so tief getroffen hatte. Würde er jemals bei einer Frau echte Liebe finden? Eine Frau, die nicht auf sein Geld achtete und ihn als Menschen liebte?

Vor dem Bürogebäude, an dem sein Name stand, bremste er ab und fuhr in die Tiefgarage hinunter. In dem eleganten Wolkenkratzer in der Nähe des Lake Michigan befanden sich neben den Büros von „Drake Properties“ die luxuriösesten Apartments und die angesagtesten Shops und Boutiquen der Stadt.

Zufrieden stellte er fest, dass die meisten Parkplätze, die für seine Firma reserviert waren, nicht besetzt waren. Das bedeutete, dass seine Immobilienmakler am Arbeiten waren. Aus einem klimatisierten Büro heraus konnte man keine Immobilien verkaufen.

Er ging zum Fahrstuhl und schickte seiner Assistentin eine Textnachricht, dass er gleich ankommen werde. Sekunden später stand er in der Empfangslobby, die sich Drake Properties mit ein paar anderen Unternehmen teilte. Dem Mann von der Security winkte er kurz zu und ging zu den Fahrstühlen.

In der Sekunde, in der sich die Fahrstuhltür auf der obersten Etage öffnete, begrüßte seine Assistentin Hailey ihn mit einem Cappuccino, der exakt so aufgeschäumt war, wie er es mochte. Der Schaum war wie eine kleine Spirale geformt.

„Guten Morgen, Sir.“ Strahlend lächelnd reichte Hailey ihm den perfekt vollkommenen Cappuccino. In ihrem stahlgrauen Bleistiftrock und der farblich passenden Bluse sah die Blondine gestylt aus. Die Kunden waren von ihrer Schönheit eingenommen, doch Jackson gefiel am meisten, dass ihr als Organisationstalent nicht das kleinste Detail entging.

„Hier sind die heutigen Termine.“ Sie reichte ihm eine Übersicht der Tagestermine und berichtete ihm gleichzeitig über den neuesten Stand der einzelnen Projekte. „Außerdem hat ‚Housing Network‘ wieder angerufen“, fügte sie hinzu. „Die wollen wissen, ob Sie noch mal über die Show nachgedacht haben.“ Vor seiner Tür blieb Hailey stehen und wartete auf seine Antwort.

Jackson schüttelte den Kopf. „Diese Woche habe ich für Diskussionen bei irgendwelchen Reality-Shows keine Zeit.“ Ihm war klar, dass der Sender nicht aufgeben würde. Schon seit Monaten bedrängten sie ihn, als Gast in ihrer Show aufzutreten, in der Experten Tipps für Hausbesitzer gaben, die ihr Heim umgestalten wollten. Das klang zwar spannend, doch Jackson hatte genug mit seinen laufenden Projekten zu tun, und am Ruhm durch öffentliche Auftritte war er nie sonderlich interessiert gewesen. „Danke, Hailey.“

„Gern, Sir.“ Sie zögerte. „Ach, eines noch. Mr. Roberts wartet in der Lobby auf Sie.“

„Wieso?“ Jackson runzelte die Stirn. Roberts war sein größter Konkurrent in Chicago. Dieser Mann konnte als Einziger Gebäude genauso schnell umgestalten wie Jackson. Doch während Jackson Wert darauf legte, für das jeweilige Viertel einen Mehrwert zu schaffen, indem die Unterkünfte weiterhin bezahlbar blieben, weil ihm die Stadt als Ganzes am Herzen lag, war Roberts ein typischer Immobilienhai. Er stammte aus einer reichen Familie, lebte von seinem Treuhandfonds und war auf Kosten der Armen noch reicher geworden. Ihm gehörten viele verwahrloste Mietshäuser im Süden der Stadt.

Egal, worum es ging, Jackson war noch niemals einer Meinung wie Roberts gewesen. Weshalb wartete dieser Mann jetzt auf einen Termin bei ihm?

„Er wollte mir nicht mehr verraten, als dass er einen Vorschlag für Sie hätte, den Sie sich unbedingt anhören müssten.“

„Ich bin an keinem Deal mit diesem Kerl interessiert, egal, was er mir anbietet.“ Jackson trank einen Schluck von seinem Cappuccino und betrat sein geräumiges Eckbüro, das fast vollkommen verglast war. Dort wartete sein eleganter Schreibtisch mit den gläsernen Füßen auf ihn, genau wie sein brandneuer Laptop. Die Fenster boten einen Ausblick auf den Lake Michigan, wo man kleine, weiße Segelboote sehen konnte. Zu dieser Jahreszeit lagen selbst an Werktagen zahllose Menschen an den Stränden in der Sonne.

Hailey konnte sich ein Lächeln kaum verkneifen. „Das dachte ich mir schon. Soll ich ihm sagen, er soll gehen?“

„Nicht nötig, Miss Hailey“, ertönte ein Bariton von Jacksons Bürotür.

Jackson und Hailey wandten sich um, und dort stand Kent Roberts.

Stirnrunzelnd betrachtete Jackson den großen, athletischen, dunkelhaarigen Immobilienmagnaten, der lässig an der Tür lehnte. Er konnte diesen Mann einfach nicht ausstehen. Blauer Blazer, kakifarbene Hose mit Bügelfalte, teure Schuhe und obendrein noch die verspiegelte Sonnenbrille im welligen dunklen Haar. Bei diesem geschniegelten Snob reichte Jackson ein Blick, und er wurde aggressiv. Es kam ihm vor, als sei dieser Kerl nie aus seiner teuren Schuluniform rausgewachsen. Allerdings war er wahrscheinlich in Internaten aufgewachsen und wusste vielleicht gar nicht, dass man sich auch anders anziehen konnte.

Jackson packte bei der Arbeit immer gern selbst mit an. Er arbeitete genauso gern mit Bauplänen wie mit dem Vorschlaghammer. Kent dagegen machte sich seine zarten, manikürten Hände sicher nie schmutzig. Hatte dieser Mann schon jemals in seinem Leben körperlich gearbeitet? Jackson und er hatten keinerlei Gemeinsamkeiten.

„Sir?“, hakte Hailey bedeutungsvoll nach.

„Schon gut, Hailey. Ich regle das.“

Mit einem kurzen Nicken zog Hailey sich zurück und ließ Jackson mit Roberts allein.

Jackson strich sich über den auf den Wangen schon wieder nachwachsenden Bart. Zufrieden betrachtete er Kents Kinn, das wie ein Babypopo glänzte. Hatte dieser Mann überhaupt so etwas wie Bartwuchs? Jackson dagegen brauchte nur zu niesen, und schon war ihm ein Schnurrbart gewachsen.

„Was kann ich für dich tun?“ Jackson straffte die Schultern. Schon vor langer Zeit hatte er gelernt, seine Feinde niemals zu unterschätzen. Kent Roberts wirkte so, als würde er sich nie die Hände schmutzig machen, doch dieser Mann schreckte nicht davor zurück, seinen Gegnern bei der nächstbesten Gelegenheit ein Messer in den Rücken zu rammen.

„Die Frage lautet eher, was ich für dich tun kann.“ Kent lächelte, doch das Lächeln erreichte seine Augen nicht. „Wie ich höre, bist du umgezogen – damit sind wir jetzt Nachbarn.“

„Nachbarn?“, fragte Jackson kühl nach.

„Tja, ich habe gerade das Haus gegenüber gekauft.“

Jackson runzelte die Stirn. Wieso hatte er nicht gewusst, dass dieses Haus zum Verkauf stand? Er hätte es sofort aufgekauft, schon allein zum Schutz seiner Vermögensanlagen.

Kent grinste. Offenbar genoss er den kleinen Sieg.

„Welches denn?“, fragte Jackson.

„1209.“

Das war das Haus, in dem seine sexy Nachbarin Chloe wohnte! Jetzt sank Jacksons Laune auf den absoluten Nullpunkt. Die Vorstellung, dass Chloe jetzt diesen Ausbeuter als Vermieter hatte, der zweifellos die Miete erhöhen würde, ohne dafür irgendetwas am Haus zu renovieren, passte ihm ganz und gar nicht. Er kannte Chloe zwar nicht gut, aber was er bisher über sie wusste, gefiel ihm. Und niemand hatte einen Vermieter wie Kent Roberts verdient.

„Was hast du mit dem Haus vor?“ Jackson gab sich nur mäßig interessiert.

Kents Lächeln wurde noch breiter. „Ich will es natürlich an dich verkaufen.“

Jetzt war Jackson innerlich hellwach. Kent war kein Mensch, der jemals irgendjemandem einen Gefallen tat. „Warum?“

„Weil ich weiß, dass du mir dafür das beste Angebot machen wirst. Schließlich liegt bei dir so viel neues Geld herum.“ Er tippte auf Jacksons Schreibtisch, um sicherzustellen, dass der die Anspielung verstand. „Bestimmt kannst du es dir leisten. Oder sparst du dein Geld lieber? Willst du in NASCAR-Rennen investieren? Oder in was auch immer? Keine Ahnung, worauf du so stehst.“

Kent versäumte keine Gelegenheit, um auf Jacksons Herkunft aus einfachen Verhältnissen hinzuweisen. Kent hatte seinen Reichtum geerbt und in seinem ganzen Leben noch keinen einzigen Tag richtig gearbeitet. Dagegen hatte Jacksons Vater als Zimmermann gearbeitet, bis er kurz vor dem Ruhestand an einem Herzinfarkt gestorben war. Mit seiner kleinen Erbschaft hatte Jackson die ersten Büroräume aufgekauft und modernisiert.

Ja, Kent und Jackson hatten beide geerbt, doch Jacksons Erbe hatte deutlich weniger Platz auf den Kontoauszügen gebraucht.

„Ich habe mir mein Geld selbst verdient“, stellte er klar. „Das ist mir nicht peinlich, falls du das meinst.“

Kent zog die Brauen zusammen. „Tja, wie gesagt, ich finde, du solltest eingehend darüber nachdenken, ob du mir nicht ein gutes Angebot machen willst.“

Jackson fragte sich, ob er das Haus kaufen musste, um zu verhindern, dass Kent daraus irgendetwas Schreckliches machte, wie zum Beispiel eine Tankstelle mitten in der City. Oder einen Stripclub. Irgendetwas, in dessen unmittelbarer Nähe niemand wohnen wollte.

Mit verschränkten Armen stand Kent vor ihm. „Ich werde meinen Leuten sagen, sie sollen sich mit deinen Leuten in Verbindung setzen. Wir finden bestimmt eine gemeinsame Lösung.“

Sein starres Lächeln bewies Jackson deutlich, wie sehr sein Kontrahent dieses kleine Treffen genoss. Kent liebte das Gefühl, Jackson in der Hand zu haben. Bestimmt würde Kent absurd viel Geld für dieses Haus verlangen, weil er annahm, Jackson würde es um jeden Preis haben wollen.

Entwickelte Kent sich jetzt zum Stalker? Folgte er Jackson einfach und kaufte überall, wo Jackson investierte, ein Haus in der Nachbarschaft?

Jackson seufzte. „Also schön.“ Er hasste dieses Katz-und-Maus-Spiel. Am liebsten würde er Kent ignorieren und so tun, als würde dieser Mann nicht existieren. Leider ließ Kent das nicht zu. In letzter Zeit wirkte er wie besessen davon, sich mit ihm anzulegen. Sicher lag es daran, dass Jackson viel erfolgreicher war als Kent. Im Gegensatz zu Jackson wurde Kent nicht zu TV-Shows eingeladen. Und erst kürzlich hatte Jackson ihn bei einer öffentlichen Ausschreibung ausgestochen, bei der es um die Umgestaltung von Müllhalden zu Parkanlagen ging.

Jackson wusste, dass Kent für die Stadtentwicklung ungeeignet war und bei wichtigen Wettbewerben nicht mithalten konnte, weil ihm jegliche Vision und der nötige Mut fehlten, um sich in innovative Projekte zu stürzen.

Autor

Cara Lockwood

Cara Lockwood, Bestsellerautorin bei USA TODAY, hat mehr als achtzehn Bücher geschrieben, unter anderem »I Do (But I Don’t)«, das als Lifetime Original Movie verfilmt wurde. Sie ist die Autorin von Bard Academy, einer Serie für junge Erwachsene. Weltweit ist ihr...

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