Sieben Nächte im Paradies?

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Nach einem Jahr in Abgeschiedenheit folgt Filmschauspielerin Luna dem Rat ihrer Freundin, sich etwas Spaß zu gönnen. Ein Blind Date in der Karibik von einer exklusiven Partneragentur arrangiert? Das klingt auch für die bindungsscheue Luna verlockend. Aber die Woche mit dem attraktiven Charlie Matthews ist bald mehr als ein harmloser Flirt: Sonnendurchtränkten Tagen am azurblauen Meer folgen sündige Nächte. Noch nie fühlte sich Luna so geborgen. Aber kann es eine Zukunft für sie und den milliardenschweren CEO geben?


  • Erscheinungstag 12.07.2022
  • Bandnummer 142022
  • ISBN / Artikelnummer 0800220014
  • Seitenanzahl 144

Leseprobe

1. KAPITEL

Bienvenido, Señorita. Willkommen im Recurso Llave Dorada, dem Resort Ihrer Träume.“

Kaum der schweren Limousine entstiegen, wurde Luna von einem bärtigen Mann in gelbem Blazer willkommen geheißen. Sofort vergewisserte sie sich, dass niemand sonst in der Nähe war und womöglich mithörte oder sie beobachtete.

Die Macht der Gewohnheit …

Und das, obwohl ihr die exklusive M-Dating-Agency, die ihren Aufenthalt hier arrangiert hatte, ihr absolute Diskretion zugesagt hatte. Auch Luna wollte auf keinen Fall erkannt werden.

Ohne aufwendige Frisur, Make-up und Designergarderobe hoffte sie, als typische Touristin durchzugehen. Ihre Verkleidung bestand aus einem schlichten Sommerkleidchen, leichten Sandaletten und dunkler Sonnenbrille unter einem breitrandigen Hut.

Vorsicht war besser als Nachsicht – obwohl sie schon eine geraume Weile nicht mehr im Fokus der Medien stand, würde sie nie vergessen, wie gnadenlos die Presse über Filmstars und ihr Auftreten urteilte.

„Ich bin Juan Carlos Ortiz, der Manager der Hotelanlage“, stellte sich ihr Gegenüber vor. Auf die Brusttasche seines Jacketts war das Logo des Resorts gestickt: zwei Palmen, von denen sich eine nach links und die andere nach rechts neigte, darüber ein goldener Schlüssel. „Ich geleite Sie zu einem privaten Empfangsbereich, der ausschließlich unseren Gästen von M vorbehalten ist.“

Luna nickte zufrieden. Das klang nach einem guten Anfang, um die gewünschte Privatsphäre zu gewährleisten. „Gracias.“

Während sich andere Gäste in der Empfangslobby tummelten, bedeutete Juan Carlos ihr, ihm nach rechts zu folgen. „Ich vertraue darauf, dass Ihre Reise rundum zufriedenstellend verlaufen ist?“

„Absolut.“ Tatsächlich hatten Madison Morgan und ihre Agentur an jedes noch so winzige Detail gedacht. Ein diskreter Geländewagen hatte sie von der Ranch ihrer Eltern außerhalb von Louisville, Kentucky, abgeholt, da eine Luxuslimousine zu viel Aufmerksamkeit erregt hätte. Und die Chartermaschine, die von einem privaten Terminal abgeflogen war, hatte über jeden denkbaren Komfort verfügt.

Luna schaute neugierig um sich. Nach Madisons Firmenphilosophie würde sie hier eine ganze Woche mit einem Mann zusammen sein, den sie nie zuvor getroffen hatte und von dem sie nicht das Geringste wusste. Ihr Reiseziel hatte sie auch erst kurz vor dem Landeanflug erfahren: ein tropisches Paradies in der Karibik … im Archipel Puerto Rico. An exotischen und extravaganten Orten wie diesem arrangierte M für ihre Kunden, die ausschließlich zu den Reichsten der Welt gehörten, ultraprivate Rendezvous.

Eine Aussicht, die Luna ziemlich nervös machte, auch wenn sie schrecklich neugierig auf ihre exotische Destination war … und natürlich auf ihr Perfect Match!

„Hier entlang, Señorita.“ Juan Carlos öffnete eine unauffällige Tür an der Gebäudeseite. Luna trat ein und fand sich in einer Art Salon wieder, ausgestattet mit zwei Holztischen, die mit Ananasmotiven verziert waren, einem Symbol für Gastfreundschaft, wie ihr Guide erklärte. Ringsum standen weiche Sessel mit gelben Sitzpolstern. Die Wände zierten Malereien der einheimischen Flora und Fauna. Große Fenster verliehen dem Raum eine gewisse Leichtigkeit und Offenheit.

Mit einem kurzen Rundumblick registrierte sie, dass die wenigen anwesenden Personen in diesem privaten Empfangsbereich mit einer Ausnahme sämtlich gelbe Blazer trugen, die sie als Resort-Personal auswiesen.

Juan Carlos deutete auf einen Schreibtisch, rückte einen Stuhl zurecht und lud Luna zum Sitzen ein. Sie wäre seiner Aufforderung nachgekommen, wenn sie nicht in der Sekunde einen hochgewachsenen Mann auf der anderen Raumseite bemerkt hätte, der als einziger kein gelbes Jackett trug.

Sie stand da wie festgefroren.

Keine Frage, der Fremde war ausgesprochen attraktiv, was sie aber nicht über die Maßen beeindruckte, zumal sie auf die harte Tour hatte lernen müssen, dass Attraktivität nichts über den Charakter einer Person aussagte. Doch diesen Mann zeichnete etwas anderes aus. Statur und Haltung vermittelten eine gebieterische Präsenz, die den gesamten Raum auszufüllen schien. Die Angestellten wirkten wie gelbe Ameisen, die geschäftig um ihn herumwuselten und versuchten, ihm die kleine Reisetasche abzunehmen – ein Angebot, das er ablehnte.

„Danke, nein“, sagte er in leisem Bariton. Ein anderer Mitarbeiter wollte ihm einen Drink in die Hand drücken, was er mit einem weiteren „Danke, nein“ quittierte, diesmal mit einem Hauch von Ungeduld.

Juan Carlos überreichte Luna einen großen Strauß tropischer Blumen. „Nochmals herzlich willkommen, Señorita!“

Als sie ihre Nase in die Blütenfülle steckte, um das süße Aroma zu genießen, wandte sich ihr der Fremde zu. Luna hob den Kopf, begegnete einem eindringlichen Blick aus smaragdgrünen Augen und spürte ihr Herz plötzlich oben im Hals.

Gracias für die Blumen“, flüsterte sie an Juan Carlos gewandt und hoffte nur, dass der hünenhafte Fremde nicht ihr Match war. Er war … zu imposant, zu eindrucksvoll und selbstbewusst. Das Letzte, was sie momentan brauchte, war ein Gegenüber, das sie unter Druck setzte. Perfekt sein zu sollen für einen Mann wie ihn, dessen Erwartungen und Ansprüchen sie niemals würde genügen können. Nicht dass sie es etwa wollte!

Er war genau das, wovon sie sich fernhalten musste.

Aber als sich ihre Blicke erneut trafen, erkannte sie zwei Dinge: erstens, dass dies tatsächlich ihr Date für die nächste Woche war, und zweitens, dass sich hinter den klassischen Zügen, die auch einem griechischen Gott gehören könnten, ein namenloser Schmerz verbarg, der ihren Atem stocken ließ. Unter der glatten Oberfläche schien es zu brodeln und …

„Normalerweise stellen wir M’s Gäste einander vor, sobald sie ihre Villa erreicht haben, doch Sie beide scheinen sich bereits begegnet zu sein.“

Begegnet war wohl kaum das richtige Wort. Luna hatte M’s Bedingungen akzeptiert, zu denen es auch gehörte, weder den Namen der Person zu kennen, mit der sie eine Woche verbringen würde, noch ein Foto zu sehen. Sie vertraute auf Madisons Fähigkeit, Menschen zusammenzubringen, die nicht nur kompatibel waren, sondern auch dieselben Ziele verfolgten.

Was in diesem Fall bedeuten würde, dass auch er nicht hier war, um die Liebe seines Lebens zu treffen. Luna hatte eindeutig klargemacht, dass sie nicht mehr als eine Woche unbeschwerter Kameradschaft suchte.

„Das könnte möglich sein“, bestätigte ihr Match tonlos. Er trat auf Luna zu und streckte ihr seine Hand entgegen. „Charlie.“

„Luna.“ Sie drückte den opulenten Blumenstrauß mit einer Hand an ihre Brust und reichte ihm die andere. Der kurze Hautkontakt entzündete weitaus mehr Funken in ihrem Körper, als ihr recht war.

Ideal wäre es gewesen, wenn sie ihn kein bisschen anziehend gefunden hätte, denn die sieben Tage hatte sie sich als Zuflucht vorgestellt. Eine Besinnungszeit, in der es weder um ihr Aussehen noch um ihr Image ging. Eine Woche, in der sie nur sie selbst sein und sich etwas Freude und Entspannung gönnen konnte. Und dabei wäre ein Match, das sie nicht einmal attraktiv oder faszinierend fand, der einfachste Weg gewesen …

Doch angesichts der Realität und eines gefährlich anziehenden Adonis mit verletztem Blick, der sie mitten ins Herz traf, war Luna ernsthaft versucht, auf dem Absatz kehrtzumachen, zurück zur Limousine zu rennen und in die anonyme Sicherheit der Ranch ihrer Eltern zurückzukehren.

Allerdings wäre das ein schwerer Fehler. Sie hatte all ihren Mut aufwenden müssen, um den ersten Schritt aus der Isolation zu tun. Es war an der Zeit, endlich wieder nach vorn zu schauen.

Doch nun sah Luna ihren Plan in Gefahr … es sei denn, sie war auf der Hut, und es gelang ihr, souverän und standhaft zu bleiben.

„Señor und Señorita, wenn Sie mit mir kommen wollen, bringt Sie einer unserer Golfwagen zu Ihrer Villa. Ihr Gepäck ist bereits vor Ort.“

Luna warf Juan Carlos einen Blick zu, den man nur als stummes Flehen interpretieren konnte, sie aus dieser Situation zu retten. Selbst wenn sie aufgrund ihres Jobs daran gewöhnt war, Fremden offen zu begegnen und so ziemlich jede unerwartete Situation zu meistern, war dies hier etwas völlig anderes. Es war viel zu persönlich und damit absolut beängstigend.

Ihre Villa? Sie musste nicht bei Sinnen gewesen sein, als sie sich von ihrer besten Freundin und persönlichen Stylistin Anush zu diesem Horrortrip hatte überreden lassen!

Als sie sich auf den Weg zum avisierten Golfwagen machten, legte Charlie beim Verlassen des Empfangsbereichs geistesabwesend seine Hand auf ihren Rücken, was sie heftig zusammenzucken ließ. Es war lange her, dass ein Mann sie über einen Händedruck hinaus berührt hatte, und immer noch etwas, womit sie sich nicht wohlfühlte.

Das Gefühl einer warmen Männerhand auf ihrem Körper war sowohl beängstigend wie aufregend … und absolut unerwünscht, weshalb sie einigermaßen elegant auswich.

Nachdem Juan Carlos seine Gäste sicher auf dem Rücksitz des Golfwagens untergebracht wusste, setzte er sich neben den Fahrer, und los ging es.

„Woher kommen Sie?“, bemühte sich Luna um Smalltalk und hoffte, dass sie ihn mit ihrem intuitiven Ausweichmanöver nicht beleidigt hatte. Gleichzeitig aber war sie entschlossen, so viele Grenzen zu setzen, wie sie für sich brauchte.

Heathrow. Ich lebe in Buckinghamshire“, antwortete er mit einer steifen Höflichkeit, die nicht zu dem Schauer passte, den seine beängstigende Präsenz in ihr auslöste. „Etwas mehr als eine Autostunde von London entfernt.“

Erst jetzt registrierte Luna seinen unverkennbar britischen Akzent. Nun wusste sie also nicht nur, dass sie Charlie schon einmal irgendwo zu sehen geglaubt hatte, sondern auch, dass er Engländer war, große Hände hatte … und dass ein zweiter Golfwagen wesentlich sicherer gewesen wäre, was ihren emotionalen Zustand betraf.

Außerdem musste er sehr wohlhabend sein, sonst könnte er sich die Dienste von M nicht leisten. Was sie wohl noch über ihn erfahren würde?

„Und Sie?“

Luna hatte das Gefühl, dass er sich selbst zu dieser knappen Lautäußerung zwingen musste.

„Kentucky“, gab sie zurück, ohne auf Details einzugehen. Dort lag ihr Elternhaus, und es war der Platz, an dem sie die letzten zwölf Monate verbracht hatte.

„Amerikanerin also …“, murmelte er nachdenklich und wandte sich ihr voll zu. „Kennen wir uns? Sie wirken irgendwie vertraut und …“

„Señor und Señorita, darf ich Ihnen La Villa de Felicidad vorstellen?“

„Wundervoll …“, murmelte Luna erleichtert.

Als der Golfwagen vor dem Gebäude an der Resort-Grenze zum Stehen kam, präsentierte Juan Carlos ihnen mit großer Geste ihr gemeinsames Heim für eine Woche. Weit entfernt von jeglicher anderer Behausung und durch ein Tor zu erreichen, lag es in einer schillernden Meeresbucht, inklusive Privatstrand.

Obwohl Charlie immer noch unter Kopfschmerzen litt, die ihn schon während des gesamten Flugs gequält hatten, musste er zugeben, dass dieses Ambiente spektakulär war. Unter einem strahlend blauen Himmel rollten sanft die Meereswellen der Karibik an den hellen, sonnenwarmen Sandstand.

Wow … das hatte ich nicht erwartet …“, wisperte Luna, als sie offenkundig überwältigt aus dem Golfcart stieg, und er pflichtete ihr stumm bei.

Man hatte ihm mitgeteilt, dass sie in einer der Luxusunterkünfte des Resorts wohnen würde, aber was genau ihn erwartete, davon hatte er keinerlei Vorstellung gehabt.

Sie folgten Juan Carlos in die Villa. Ein relativer Begriff angesichts des Umstands, dass der riesige Wohnraum zur Hälfte offen war, sodass durch einen Innenhof auf der einen und den Strand auf der anderen Seite kontinuierlich frische Luft hereinströmte.

„Wo sind die Wände?“, fragte Luna ebenso verblüfft wie beunruhigt.

Juan Carlos zeigte auf einen Schrank in der Nähe des Eingangs, hinter dessen Tür sich eine Kontrolltafel und elektronische Geräte verbargen. „Jede Wand sowie Teile der Decke sind vollständig versenkbar. Sie bieten verschiedene Beschattungsoptionen und Klimatisierung für die heißeren Stunden des Tages. Ich könnte Ihnen eine Demonstration …“

„Danke, aber ich denke, damit komme ich schon zurecht.“

Charlie Matthews, CEO seines eigenen Biotech-Imperiums, einem der größten in Großbritannien und Europa, sollte dazu wohl in der Lage sein.

Bueno. Wie steht es mit einem Rundgang durch die Villa? Oder möchten Sie diese auch lieber selbst erkunden?“

„Geben Sie uns gern eine kurze Einführung.“

Carlos nickte. „Der Wohn- und Essbereich.“ Er wies von rechts nach links. „Wenn es Ihnen recht ist, werden sich Ihr persönlicher Koch und Ihre Butler etwas später vorstellen, um alles Weitere zu besprechen.“

„Bestens.“

„Darf ich voraussetzen, dass Sie lieber in Ihrer Villa zu Abend essen als in einem unserer Restaurants auf dem Grundstück?“

„Auf jeden Fall!“ Das kam von Luna.

Juan Carlos neigte zustimmend den Kopf und führte sie weiter. „Hier wäre der Master-Bedroom.“

„Der Master-Bedroom – und nur ein Bett?“, platzte es aus Luna heraus.

„Sieht ganz so aus …“, murmelte Charlie reserviert, versuchte, sich den Grundriss ihres Domizils vor Augen zu malen, und hoffte auf eine Erklärung des Resort-Managers. „Wo sind die anderen Schlafzimmer?“, fragte er, als nichts kam.

„Es gibt nur diese prachtvolle Suite, Señor. Diese Villa wurde von Señora Morgan speziell für Sie ausgewählt.“

„Das kommt für uns nicht infrage“, entschied Luna spontan.

„Tut mir leid, Señorita. Darauf habe ich keinen Einfluss. Señora Morgan hat alle Arrangements persönlich getroffen. Vielleicht möchten Sie das mit ihr klären?“

„Das werden wir“, entschied Charlie kurz angebunden.

Der Resort-Manager hob die Schultern. „Ich bin untröstlich, muss Ihnen aber leider mitteilen, dass keine der anderen Unterkünfte in Bezug auf Luxus und Privatsphäre auch nur annähernd mit dieser Villa mithalten kann. Falls wir überhaupt noch etwas frei haben.“

Charlies Miene verfinsterte sich angesichts dieses unerwarteten Tricks, den Madison aus ihrem Ärmel gezaubert hatte. Offenbar hatte die Agentur-Chefin ihre ganz eigenen Ideen.

„Na, wundervoll!“, knurrte er sarkastisch.

Nach der anstrengenden Reise und dem übereifrigen Personal jetzt auch noch die Aussicht auf sieben Tage mit einer Fremden … und nur einem Bett! Abrupt kehrte er Juan Carlos den breiten Rücken zu, fest entschlossen, sich für diesen absurden Trip jedes Trinkgeld zu schenken, da ohnehin sämtliche anfallenden Kosten und Tipps für die Angestellten im Vorfeld geregelt worden waren.

„Dann sage ich jetzt Adios“, entschied Juan Carlos unbeeindruckt. „Das Golfcart steht Ihnen zur persönlichen Verfügung, und auf einem Video finden Sie die von Señora Morgan vorgeschlagenen Aktivitäten für Ihren Aufenthalt. Ich hoffe zuversichtlich, dass diese Woche bei uns Ihre Erwartungen noch übertreffen wird.“

Sosehr er den in seinen Augen ebenso unsensiblen wie übermotivierten Resort-Manager loswerden wollte, spürte Charlie, wie sich sein Magen verkrampfte.

Dies ist kein Traum, sondern geschieht tatsächlich …

Dass er in diesem Dilemma steckte, verdankte er seiner rechten Hand Tom Khatri, AMgens leitendem Geschäftsführer, der ihn zu dieser Exkursion gedrängt hatte. Jetzt, hier vor Ort, fand Charlie dieses ebenso ungewöhnliche wie zweifelhafte Unternehmen noch absurder als zuvor … und nahezu undurchführbar.

Eine ganze Woche in Gesellschaft einer Frau, die er noch nie gesehen hatte?

Aber wenn das so war, warum kam sie ihm dann nicht nur bekannt, sondern sogar irgendwie vertraut vor? Inzwischen war er sicher, ihr schon einmal begegnet zu sein. Was die Aussicht, ab sofort mit ihr allein zu sein, nur noch unbehaglicher machte.

Trotz breitrandigem Strohhut und riesiger dunkler Sonnenbrille war sie unverkennbar attraktiv: groß und sehr schlank. Ihr schlichtes Baumwollkleid mit floralem Muster mochte nicht gerade das sein, was man bei einer Klientin von M erwarten würde, aber waren nicht gerade die Reichsten und Schönsten des Universums bekannt für ihre Schrullen?

Jetzt standen sie voreinander und beäugten sich … misstrauisch.

„Sie sprechen Spanisch?“, fragte Charlie, um das lastende Schweigen zu brechen.

Más o menos … gerade genug, um durchzukommen.“

„Wo haben Sie es gelernt?“

„In der Schule. In Los Angeles hört und spricht man viele Sprachen, was mir die Möglichkeit gibt, in Übung zu bleiben.“

„Los Angeles?“, hakte er stirnrunzelnd nach. „Haben Sie nicht gesagt, Sie kämen aus Kentucky?“ Das Misstrauen in der sonoren Männerstimme war nicht zu überhören.

„Ich … mein ständiges Zuhause ist L. A., aber eine Weile habe ich in Kentucky gelebt.“

Als ob das meine Irritation beheben könnte.

Luna seufzte, nahm Hut und Sonnenbrille ab und erlaubte ihm zum ersten Mal, sie wirklich zu sehen. Sonnengebleichte blonde Locken umrahmten ihr schmales Gesicht und fielen in weichen Wellen über die Schultern herab. Es war ein ausgesprochen hübsches Gesicht mit großen blauen Augen, einer makellosen Haut, perfekt geschwungenen Lippen … und offenbar ohne eine Spur von Make-up, was ihn erneut irritierte, da M im Ruf stand, nur die internationale Crème de la Crème als Klienten zu akzeptieren.

Allerdings gefiel ihm ihre Natürlichkeit, wie er überrascht feststellte. Es rief Erinnerungen an eine weit zurückliegende Vergangenheit wach, die er so sehr vermisste, dass seine Brust ganz eng wurde.

Jetzt, da er Luna ohne störende Accessoires vor sich sah, verdichtete sich erneut das Gefühl, sie zu kennen.

„Sprechen Sie Spanisch?“, fragte sie mit erhobenem Kinn, als wolle sie ihn für sein unhöfliches Starren abmahnen.

„Maximal ausreichend, um etwas Einfaches im Restaurant zu bestellen“, gestand er mit schiefem Lächeln, das als Entschuldigung reichen sollte. „Ich werde in dieser Woche wohl auf Ihre Hilfe angewiesen sein.“

Sie nickte knapp. „Ich werde mein Bestes geben.“

Um die Situation zu entspannen, wandte sich Charlie der großartigen Aussicht zu. „Also, schöner könnte es kaum sein“, stellte er fest. „Ein tropisches Paradies …“

„Ja“, kam es leise von hinten. „Nur weiß ich so gut wie gar nichts über Puerto Rico.“

„Schon interessant, dass Madison ihren Klienten nicht vorher verrät, wo sie landen werden, oder?“ Es war der Versuch, eine leichte Konversation aufrechtzuerhalten.

„In meinem Fall hat meine Freundin und Stylistin Anush, die M kennt, alle Vorkehrungen getroffen.“

Ah, sie hat also eine Stylistin! Das klingt schon eher nach Madisons Klientel.

„In meinem Fall war es Tom, mein COO, der sich um die Details gekümmert hat.“

Damit schien auch schon alles gesagt zu sein, oder nicht? Er war einfach nicht mehr an Smalltalk mit einer Frau gewöhnt. Worüber sollten sie auch reden? Ihre mehr als spärlichen und einsilbigen Antworten waren auch nicht gerade hilfreich.

Charlie seufzte, allerdings nur innerlich.

Erneut fragte er sich, nach welchen Kriterien Madison ihre sogenannten Perfect Matches überhaupt zusammenstellte. Suchte sie nach Gegensätzlichkeiten bei ihren Klienten, um einen gewissen Spannungsbogen zu provozieren, oder hielt sie mehr davon, gleichgesinnte Charaktere zu vereinen?

Unauffällig musterte er Lunas zartes Profil. Und irgendetwas hinter den glatten Gesichtszügen ließ ihn plötzlich vermuten, dass sie möglicherweise genau wie er mit Dämonen zu kämpfen hatte, von denen niemand oder nur wenige etwas ahnten.

„Ich werde versuchen, Madison zu erreichen, um die Unterkunftssituation zu klären“, entschied er spontan.

„Danke.“

Da der Anruf bedauerlicherweise in der Voicemail landete, hinterließ Charlie nur eine kurze Nachricht. „Wir werden warten müssen, bis sich jemand bei uns meldet.“ Er holte seinen Laptop aus dem Handgepäck.

„In welcher Branche sind Sie eigentlich tätig?“, fragte Luna.

„Ich habe ein Biotech-Unternehmen.“

„Ein Name, den ich kennen müsste?“

AMgen. Wir agieren hauptsächlich in Großbritannien und Europa.“

„AMgen …“, wiederholte Luna gedehnt. „Natürlich habe ich davon gehört. Wer hätte das nicht? Charlie … Matthews? Ich glaube, ich habe einen Artikel über Sie gelesen.“

„Gut möglich.“

Habe ich ihr Foto vielleicht auch in einer Zeitschrift gesehen? Und hatte Madison nicht erwähnt, dass besonders Personen des öffentlichen Lebens aus Gründen der Diskretion auf ihre Dienste angewiesen wären, um ihr Privatleben bestmöglich zu schützen? Luna … Luna …

Es traf ihn wie ein Blitz aus heiterem Himmel. „Natürlich, Sie sind Luna Price, die Filmschauspielerin. Ich habe einige Ihrer Filme gesehen.“

Juan Carlos musste die angenehme Meeresbrise mitgenommen haben, als er ging. Jetzt schien die Luft zu stehen, und Luna empfand ein Gefühl von Endgültigkeit oder Ausweglosigkeit. Und warum? Weil Charlie Matthews sie erkannt hatte und sie für eine volle Woche in diesem Resort in Puerto Rico zusammengesperrt waren?

Es war eine Sache, einem Abenteuer in der Theorie zuzustimmen, aber eine ganz andere, plötzlich mittendrin zu stehen.

Auch Charlie wirkte geschockt. „Da man mir vermittelt hat, dass Madison eine sehr … ausgesuchte Klientel akzeptiert, hätte ich keinen Filmstar erwartet …“

„Tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen“, konterte Luna spitz. Jetzt, da sie enttarnt worden war, musste sie sich wappnen und durfte keine Schwäche zeigen.

Sobald ihr Umfeld wusste, dass sie Luna Price war, änderte sich alles. Die Menschen fingen an zu stammeln, stolperten über ihre Worte und behandelten sie, als wäre sie kein Wesen aus Fleisch und Blut, das wie jeder Mensch zehn Finger und zehn Zehen hatte, sondern ein Produkt, in das man Geld investieren sollte oder auch nicht.

Natürlich war sie auch dankbar für das privilegierte Leben, das ihr Ruhm mit sich gebracht hatte, aber tief in ihrem Inneren litt sie darunter, ständig bewertet und beurteilt zu werden.

„So war das nicht gemeint“, verteidigte Charlie sich. „Ich bin nur überrascht.“

Obwohl sie Dutzende von Filmsets erlebt hatte, wo sie zum ersten Mal Cast- und Crewmitgliedern begegnet war oder mit Hunderten von Fans umgehen musste, war die Unsicherheit, die sie jetzt empfand, etwas völlig anderes. Vielleicht lag es an seiner einschüchternden Präsenz und demonstrativen Zurückhaltung. Normalerweise war sie an Leute gewöhnt, die ständig an ihr herumfummelten und schwatzten.

„Okay, damit hätten wir das also geklärt“, stellte sie spröde klar. „Ich bin ein Filmsternchen und Sie ein technisches Genie.“

Ein Genie … ja“, echote er und lachte rau.

„Und wie geht es jetzt weiter?“, wollte Luna wissen.

Sie konnte sich an keine Situation erinnern, in der sie sich unwohler oder verunsicherter gefühlt hatte. Sie und der überragende Charlie Matthews … sieben Nächte allein in einem Romantikparadies? Nicht eine Nacht würde sie überleben!

„Ich gehe davon aus, dass Madison Ihnen erklärt hat, dass ich Ihre Dienste nicht in Anspruch nehmen möchte, um eine langfristige romantische Beziehung einzugehen?“

„Ich ebenso wenig“, konnte sie nicht schnell genug herausbringen.

„Was ich mir hiervon versprochen habe, ist eine Art von … Erneuerung.“

„Dito“, bekräftigte sie spontan. „Ein Übergang zu etwas Neuem.“

Aber wie sollte das unter diesen Umständen möglich sein?

„Darum ist es auch Unsinn, dass man uns ein Domizil mit nur einem Bett angedient hat.“

„Das sehe ich genauso … was keine Beleidigung sein soll“, fügte sie errötend hinzu. „Aber ich fühle mich einfach nicht wohl dabei.“

„Verstehe ich vollkommen.“

Ihre Blicke trafen sich und versanken für einen Moment ineinander, dann schaute Charlie zur Seite, als würde er dort etwas suchen.

„Ich war noch nie in der Karibik“, sagte Luna, um den Bann zu brechen. „Sie?“

Autor

Andrea Bolter
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