Tiffany Exklusiv Band 111

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GEFÄHRLICH HEISSE NÄCHTE von JAMIE SOBRATO
So viele interessante Städte – so viele aufregende Männer! Ariel genießt ihre Europareise! Bis sie in Athen an den Falschen gerät – und in Lebensgefahr. Überstürzt flieht sie nach Rom, direkt in die Arme eines Traumlovers. Doch noch ist die Gefahr nicht gebannt ...

SPIONIN IN SAMT UND SEIDE von LORI WILDE
Heiß, was Eros-Reisen anbietet: Liebesurlaub, Lust inklusive! Aber die Konkurrenz schläft nicht und schickt Roxie zum Spionieren in die Ferienanlage nur für Erwachsene. Wo sie erotische Nächte mit einem Traummann verbringt, der – genau wie sie – nicht die Wahrheit sagt …

UNTERWEGS INS GLÜCK von CINDI MYERS
Die erotischen Funken sprühen, kaum dass Marlee zu Craig in den Wagen steigt, um mit ihm quer durch die USA zu fahren. Und ehe sie sich's versieht, verbringt sie eine lustvolle Nacht mit ihm. Nur ein erregendes Reiseabenteuer? Oder der Beginn einer großen Liebe?


  • Erscheinungstag 28.10.2023
  • Bandnummer 111
  • ISBN / Artikelnummer 8066230111
  • Seitenanzahl 384

Leseprobe

Jamie Sobrato, Lori Wilde, Cindi Myers

TIFFANY EXKLUSIV BAND 111

1. KAPITEL

Aus dem Internettagebuch „Sex as a Second Language – Sex als Zweitsprache“ – die erotischen Abenteuer einer Amerikanerin in Europa.

Könntest du dich bitte rasieren?

(Oder warum ich schleunigst aus Griechenland verschwinden musste.)

Er hatte die sehnigen Oberschenkel eines Fußballspielers und die dunklen ausdrucksstarken Augen eines Mannes mit einer tiefen Sehnsucht. Ich musste es herausfinden – sehnte er sich nach seinem nächsten Ouzo, nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft für die griechische Nationalmannschaft oder nach mir?

Ich hätte es besser wissen müssen. Da ich gerade mit einem anderen Mann Schluss gemacht hatte, suchte ich Trost. Tja, und auf der Suche nach Trost kann das Urteilsvermögen schon mal beeinträchtig sein. Außerdem fallen mir perfekte Liebhaber wie er normalerweise nicht in den Schoß. Denn das tat er buchstäblich eines Nachts in der Rowdy-Bar, in der er arbeitete.

Nein, im wirklichen Leben muss man großartige Liebhaber suchen, sorgfältig testen und erziehen. Nur äußerst selten trifft man auf einen Mann, der gleich bei der ersten Begegnung genau weiß, was zu tun ist.

Und es gibt keine größere Überraschung, als festzustellen, dass der Mann, mit dem man eine heiße Nacht verbringen will, einen behaarten Hintern hat. Wir reden hier nicht bloß von ein paar Härchen, sondern von einem dichten Pelz auf beiden Backen. So etwas habe ich noch nie gesehen, und ich hoffe, dass ich das auch nie wieder sehen muss.

Ich hatte keine Ahnung, wie ich mich drücken sollte. Zuerst dachte ich daran, heftige Magenkrämpfe vorzutäuschen und schleunigst zu verschwinden, denn ich befürchtete, gleich loslachen zu müssen. Aber er war so bei der Sache, so eifrig und … erregt. Es wäre grausam gewesen, ihn zu diesem Zeitpunkt hängen zu lassen.

Also musste ich einen Blick auf seinen Hintern vermeiden. Das sollte eigentlich nicht so schwer sein, oder? Leider hatte er Spiegel über dem Bett.

Unter normalen Umständen ist das ein zusätzlicher Kick bei einem erotischen Abenteuer. Diesmal war es, als würde man sich eine Dokumentation über Sex unter Gorillas ansehen. Das ist vielleicht nicht die beste Umschreibung, aber mir fehlen hier wirklich die Worte. Und wir alle wissen, wie selten das vorkommt. Sagen wir einfach, ein Stellungswechsel war angebracht, damit ich ihn nicht mehr in den Spiegeln an der Decke anstarren musste.

Ich werde ein paar schaurige Details auslassen. Ich erwähne das alles auch nur, um euch zu erklären, warum ich Griechenland verlassen musste, ein Land, in dem ich fast ein Jahr verbracht und wo ich sechs Liebhaber gehabt habe, die alle viel zu behaart waren.

Kommentare:

1. von Juno: Igitt! Haare auf dem Hintern!

2. von Mariana: Armes Mädchen. Ich hoffe, Italien hält mehr Spaß für dich bereit.

3. von calidude: Kannst du uns Fotos zeigen?

4. von Eurogirl: Nein, tut mir leid, Fotos sind tabu. Ich muss die Unschuldigen und die Haarigen schützen. Außerdem hatte ich in der Situation nicht den Wunsch nach einer Kamera im Schlafzimmer.

5. von Anonymous: Ich weiß, warum du Griechenland wirklich verlassen hast, und es hatte nichts mit diesem Kerl zu tun.

Der Mann drei Tische weiter war sexy. Sehr sexy. Doch Ariel Turner, Weltreisende und Männerkennerin, schaffte es nicht, seine Aufmerksamkeit zu erregen. Noch beängstigender fand sie allerdings, dass sie kaum den Wunsch verspürte zu flirten.

War die ganze Welt aus den Angeln geraten oder nur ihr Leben?

Ariel, in der Blogger-Szene als Eurogirl bekannt, liebte drei Dinge – Sex, Koffein und das geschriebene Wort. Aber manchmal konnte Sex eine Frau in echte Schwierigkeiten bringen, genau wie das geschriebene Wort. Ihr einziges ungefährliches Laster schien momentan Koffein zu sein. Allein diese Tatsache regte sie furchtbar auf. Ganz zu schweigen von dem gut aussehenden Mann im Armani-Anzug, der Zeitung las und sie ignorierte.

Sie konzentrierte sich wieder auf ihren Laptop und las noch einmal den fünften Kommentar zu ihrem Blog. Ihr Magen zog sich zusammen. Wer hatte das geschrieben? Kannte wirklich jemand den wahren Grund, weshalb sie Griechenland verlassen hatte? Und wenn ja, wie war er hinter ihr Pseudonym gekommen, das sie im Blog verwendete? Offensichtlich saß sie ziemlich in der Tinte.

Sie löschte den fünften Kommentar, klickte auf „schließen“, atmete tief ein und trank einen Schluck Milchkaffee – in dem vergeblichen Versuch, ihre Nerven zu beruhigen. Auf der Piazza vor dem Straßencafé herrschte reger Fußgängerverkehr. Das Café war ihr Lieblingsplatz zum Schreiben, wenn die Mai-Hitze in ihrem Einzimmerapartment unerträglich wurde.

Normalerweise erhielt sie fünfzig bis sechzig Reaktionen auf einen Eintrag in ihrem Internettagebuch, doch im Augenblick tat sich bei „Sex as a Second Language“ nichts. Vielleicht lag es an dem unheimlichen fünften Kommentar. Oder ihr Eintrag war einfach Mist. Sie musste einen neuen schreiben. Der letzte war bestenfalls lahm gewesen, eine Lüge, die sie sich ausgedacht hatte, um die Wahrheit über ihr Desaster in Griechenland und die anschließende Flucht nicht schreiben zu müssen.

Wieder schaute sie zu dem attraktiven Mann. Eigentlich sollte sie bewundern, wie perfekt sein Anzug saß, wie seine sinnlichen Lippen sich um seine Zigarette schlossen … Aber sie fühlte nichts. Trotzdem sah sie ihn weiter an. Vielleicht kam sie ja doch noch in die richtige Stimmung, wenn er sie bemerkte und zu flirten anfing.

Als er endlich aufschaute und sein Blick über sie hinwegging, als wäre sie unsichtbar, verlor sie die Hoffnung fast ganz. Er trug keinen Ehering, und ihr unfehlbares Radar für schwule Männer identifizierte ihn als eindeutig heterosexuell. Also lag es womöglich an ihr. Vielleicht sandte sie schlechte Schwingungen aus.

Das wäre keine Überraschung. Denn es war auch kein Wunder, dass Ariel in letzter Zeit nicht danach zumute war, sich in ihrem Blog zu äußern. Den Job und das Land zu wechseln warf sie stets aus der kreativen Bahn. Wenn man noch den zusätzlichen Stress des letzten Monats hinzunahm – Familien- und Beziehungsdrama, allgemeine Lebensangst –, ergab das die beste Voraussetzung für eine leichte Depression und eine heftige Schreibblockade.

Woher hätte sie wissen sollen, dass Kostas, der elegante, anmutige Barkeeper mit den flinken Händen und dem süßen unbehaarten Po, in Wahrheit ein Terrorist war?

Er war fünf Monate lang ihr Liebhaber gewesen, bevor sein geheimnisvolles Kommen und Gehen sie misstrauisch gemacht hatte. Sie fing an, sich zu fragen, ob er verheiratet war – eine Grenze, die zu übertreten Eurogirl kein Interesse hatte.

Nachdem Kostas sich ein paar Mal ihren Laptop ausgeliehen hatte, sah Ariel die Chance, Nachforschungen über seine Aktivitäten anzustellen. Sie verfügte über einige Computerkenntnisse und wusste, dass nichts vollständig von einer Festplatte gelöscht wurde. Mithilfe einer speziellen Software gelang es ihr, seine Spuren im Internet zu verfolgen.

Es war nur ein flüchtiger Blick nötig, um auf seine Beteiligung an einer radikalen Gruppe zu schließen. Je nach politischer Ausrichtung zog die Gruppe sowohl Sympathien als auch die Verachtung der Öffentlichkeit auf sich.

Um ihre Neugier zu befriedigen, schaute Ariel in seine E-Mails und stellte fest, dass er nicht nur in der Bewegung aktiv war, sondern auch fürchtete, von der Regierung überwacht zu werden.

Ihr jüngerer Bruder hatte mal in einem der Zwillingstürme des World Trade Centers gearbeitet. Deshalb wurde Ariel schon bei dem Wort „Terrorist“ übel. Ihr Unbehagen wurde noch größer bei dem Gedanken daran, wie oft sie ein Päckchen oder eine scheinbar harmlose Nachricht für Kostas entgegengenommen hatte, von Leuten, deren Namen in seiner E-Mail-Liste standen …

Zuerst wollte sie die Polizei benachrichtigen, aber dann wurde Ariel klar, dass sie danach möglicherweise in einem ausländischen Gefängnis landete. Darum war sie aus dem Land geflohen. Vorher hatte sie von einer öffentlichen Telefonzelle die Polizei angerufen. Anschließend hatte Ariel sich in den ersten Zug zum Flughafen gesetzt und auf den Weg nach Rom gemacht.

„Bellissima!“

Sie sah auf und lächelte dem Mann zu, der grinsend an ihr vorbeiging und sie anstarrte, als säße sie splitternackt im Café. Sie war zwar erst seit fünf Tagen in Italien, gewöhnte sich aber bereits an die unverschämten Flirtversuche der Männer Roms. Zu schade, dass dieses lächelnde Exemplar der Gattung „Mann“ so anziehend aussah wie ihr Großonkel Stan. Aber immerhin, es war ein Fortschritt.

Zum ersten Mal in ihrem Leben fiel es ihr schwer, die Energie aufzubringen, sich nach einem neuen Mann umzusehen. Das war schlecht, besonders für die Autorin erotischer Memoiren – und einer Internettagebuchschreiberin, die dringend neuen Stoff brauchte. Bisher hatte sie sich glücklich von einem Mann zum nächsten treiben lassen und geglaubt, dass es immer so bleiben würde. Aber jetzt …

Es musste am Stress liegen, dem Aufruhr, ihrer Deprimiertheit.

Depression. Allein der Gedanke daran zog Ariel erst recht runter.

Zu solchen Leuten hatte sie sich nie gezählt. Doch hier war sie nun, dreißig Jahre alt und in Rom. Die Welt stand ihr offen, zumindest per Computer, und trotzdem war Ariel nicht glücklich. Sie würde sich irgendwann der Tatsache stellen müssen, dass ihr Mangel an Energie und Kreativität nicht bloß auf schlechte Stimmung zurückzuführen war.

Allerdings hielt sie nichts von Selbstmitleid. Sie musste aktiv sein, nach vorn schauen und negative Gefühle verbannen.

Ihr Blick fiel wieder auf den Mann, den sie seit drei Tagen nachmittags in dem Café entdeckte. Er erfüllte alle Kriterien – er war groß, gut aussehend, gut gekleidet … und er verließ gerade das Café.

Zu jedem anderen Zeitpunkt in ihrem Leben hätte sie ein Gespräch mit ihm angefangen. Die alte Ariel hätte wie verrückt mit ihm geflirtet. Der alten Ariel wäre es wenigstens gelungen, seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

Was war bloß mit ihr los?

Sie klappte den Laptop zu, verstaute ihn im dazugehörigen Koffer, trank ihren Caffè Latte aus und verließ das Lokal. Sie brachte vielleicht nicht mehr den Mut zum Flirten auf, aber sie konnte trotzdem etwas tun.

Sie konnte ihm folgen.

Zwei Tage später

Marc Sorrella sah sich die Aufzeichnungen der Überwachungskameras an und versuchte, trotz der Monotonie seines Jobs wachsam zu bleiben. Er bemühte sich, die Sache mit gleichmütiger Ruhe zu nehmen. Leider gelang ihm das nicht. Zwar hatte er die Werke der großen buddhistischen Philosophen gelesen. Dennoch versagte er, wenn es darum ging, auch nur annähernd einen Zustand tiefer Gelassenheit zu erreichen.

Er brauchte einen weiteren Espresso. Am besten gleich, doch ein Blick auf die Uhr ließ ihn zögern. Es war erst kurz nach zehn, und er war jetzt schon völlig überdreht. Noch mehr Kaffee, und er könnte für den Rest des Tages keinen zusammenhängenden Gedanken mehr fassen.

Es war zwar öde, den Wachmann der Frühschicht in der U.S.-Botschaft zu vertreten. Aber Marc hatte die Chance, das Kommen und Gehen zu überwachen und auch den Außenbereich per Überwachungskamera genau zu kontrollieren. Für ihn war das als CIA-Agent von unschätzbarem Wert.

Offiziell war er ein einfaches Mitglied des Sicherheitsdienstes, seine wahre Funktion war jedoch, potenzielle Bedrohungen frühzeitig zu erkennen.

Sein derzeitiger Auftrag bestand darin, Hinweisen auf eine mögliche terroristische Verschwörung zur Durchführung eines Anschlags nachzugehen. Bis jetzt war es ihm allerdings nur gelungen, Ängste zu zerstreuen. Der Schizophrene, der in das Gebäude eingedrungen war, hatte in erster Linie eine Bedrohung für sich selbst dargestellt.

Über einen der Monitore sah Marc eine schlanke Gestalt. Riemchensandalen, lange schlanke Beine, ein schwarzes Sommerkleid, sinnliche Lippen, dunkle Sonnenbrille, langes braunes Haar. Die Frau sah fantastisch aus.

Und sie kam ihm bekannt vor.

Aber woher? Er war weder mit ihr ausgegangen noch bei der Arbeit begegnet. Trotzdem hatte er sie schon einmal gesehen, möglicherweise auf Videoüberwachungsbildern.

Je länger er sie betrachtete, desto stärker reagierte sein Körper. Verdammt! Er konnte schlecht mit einer Erektion dasitzen und nach Terroristen Ausschau halten.

Er schaltete einen weiteren Monitor ein und prüfte das Videomaterial bis zum vergangenen Tag. Marc spulte vor, bis er gefunden hatte, was er suchte: Dieselbe Frau, die um die gleiche Uhrzeit vor der Botschaft auf der Steinumrandung des Springbrunnens saß.

Er spulte zwei Tage weiter zurück und entdeckte die Frau wieder.

Was machte sie da? Und warum?

„Hast du was Gutes gefunden, Marco?“, erkundigte Florio Devoti sich in seinem neapolitanisch gefärbten Italienisch.

„Si“, erwiderte Marc. Hier in Italien kannte ihn jeder unter dem Namen Marco Antonetti. Das war seine Tarnung – Marco, der Mann vom Sicherheitsdienst. Seinen wahren Namen, Marc Anthony Sorrella, kannte niemand. Außerdem ahnte keiner hier, dass er Amerikaner war und einen Mann auf fünfzehn verschiedene Arten mit bloßen Händen töten konnte.

Florio war der Sicherheitschef während der Tagschicht, aber die meiste Zeit hielt er Ausschau nach Frauen oder verschwand mit Pornomagazinen auf der Toilette. Jetzt beugte er sich über Marcs Schulter und stieß beim Anblick der geheimnisvollen Frau einen anerkennenden Pfiff aus.

Marc zuckte zusammen. Er hatte nicht vor, ein zweiter Florio zu werden. Die Erektion ließ sofort nach. „Seit drei Tagen sitzt sie vor der Botschaft“, erklärte er.

„Spul das noch mal zurück“, bat Florio. „Ich will mir ihren Hintern genauer ansehen.“

Marc drückte die Taste, und gemeinsam schauten sie sich die Aufzeichnung noch einmal an.

„Da! Sie beobachtet Lucci, meinst du nicht?“, sagte Florio und machte damit zum ersten Mal eine nützliche Bemerkung.

Giovanni Lucci war ein umstrittener Politiker, der wegen seiner extremen Ansichten in den letzten Monaten das Medieninteresse auf sich gezogen hatte.

Marc spulte das Band weiter. Tatsächlich, die Frau beobachtete Lucci, der an ihr vorbeiging. Sie beobachtete ihn also täglich, was sie wiederum zu jemandem machte, den Marc beobachten musste. Zwar lag ihm das Schicksal des Politikers nicht besonders am Herzen. Aber da er zurzeit an der Botschaft tätig war, durfte es ihm nicht egal sein. Jede mögliche Bedrohung musste ernst genommen werden.

Wenn die potenzielle Angreiferin solch ein angenehmer Anblick war, fiel die Pflichterfüllung nicht allzu schwer. Marc sah auf die Monitore mit den Echtzeitbildern. Die Frau saß noch immer an derselben Stelle. Saß einfach da und beobachtete. Entweder war sie eine wirklich schlechte Spionin, oder sie hatte zu viel Zeit.

Und was hatte sie in ihrem Laptop-Koffer? Einen Computer oder eine Bombe?

„Ich habe vergessen, dir zu erzählen, dass deine Freundin heute hier war und ich das Vergnügen hatte, sie hinauszueskortieren“, sagte Florio.

Marc sah auf und musterte das Grinsen seines Kollegen. „Du meinst meine Exfreundin.“

„Die mit den großen Möpsen.“

Marc zuckte bei der Beschreibung innerlich zusammen. Er wusste, dass es keinen Zweck hatte, Florio zu verbessern. Denn Marc gab sich große Mühe, sein Privatleben und den Beruf voneinander zu trennen. Er wusste, wie dumm es war, sich nicht an diese Regel zu halten.

„Hat sie eine Szene gemacht?“

„Nur eine kleine“, sagte Florio.

„Was ist passiert?“

„Sie kam an die Rezeption und verlangte, dich zu sehen. Sie behauptete, du würdest sie erwarten. Als ich zu vermitteln versuchte, trat sie um sich. Und auf dem Weg nach draußen kreischte sie.“

„Mist. Ich bin erstaunt, dass ich nicht früher davon erfahren habe.“

„Es passierte ganz früh heute Morgen um sieben. Ich hatte seitdem viel zu tun, sonst wäre ich früher hergekommen.“

„Danke, Mann.“

„Wir sehen uns später“, sagte Florio zum Abschied.

Marc zog sein Handy aus der Tasche und schaltete es ein – normalerweise ließ er es während der Dienstzeit aus. Natürlich warteten schon drei Nachrichten von Lucia auf ihn.

Nachricht 1: „Mistkerl.“

Nachricht 2: „Wie konntest du einfach so Schluss machen?“

Nachricht 3: „Ich dachte, du wärst anders.“

Sie waren einen Monat lang zusammen gewesen, bis zum vergangenen Abend, als Lucia zufällig in einer Bar aufgetaucht war, in der Marc mit einer anderen Frau plauderte. Daraufhin wurde sie wütend. Zugegeben, zu Recht. Wenn er sich in Lucia hineinversetzte, war es kaum zu leugnen, dass er ein Mistkerl war …

Ein Serien-Dater. Diesen Ausdruck kannte er erst, seit Lucia ihn beschimpft hatte.

Serien-Dater – jemand, der mit einer Frau nach der anderen zusammen war und ohne ersichtlichen Grund mit ihnen Schluss machte. Er war so daran gewöhnt, bei seiner Arbeit niemandem emotional nahezukommen, dass er dieses Verhalten auch aufs Privatleben übertragen hatte.

Marc klappte das Handy zu. Es gab nichts, das er Lucia hätte sagen können. Sie hatte recht, er war unfair.

Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Frau am Springbrunnen, hielt das Band an und vergrößerte das Bild. Nachdem Marc es gespeichert hatte, öffnete er die CIA-Datenbank. Zwei Minuten später hatte er per Fotoabgleich ihren Namen: Ariel Turner. Er erfuhr von ihrer Vergangenheit als Geliebte eines Terroristen in Griechenland und von ihrem Sexblog, in dem sie sich Eurogirl nannte.

Terroristen-Geliebte? Anonyme Sexbloggerin? Das war das erste Interessante, auf das Marc seit einem Monat gestoßen war.

Es würde sich ganz sicher lohnen, weitere Nachforschungen anzustellen.

2. KAPITEL

Der schlechteste Sex aller Zeiten

Nennt es schlechtes Karma oder Pech – nennt es, wie ihr wollt. Ich nenne es einfach übel. Vielleicht wollte ich unbedingt meinen alten Schwung wiederfinden nach dem Griechen mit dem haarigen Hintern und habe erneut danebengegriffen. Die traurige Wahrheit ist jedenfalls, dass man eine ganze Menge Frösche küssen muss, bis mal ein Prinz dabei ist.

Diesen Mann traf ich in der U-Bahn. Er saß neben mir und spielte auf einer eigenartigen Flöte, die ich noch nie gesehen habe. Zuerst wollte ich aufstehen und gehen, aber dann bemerkte ich, wie geschickt seine Finger über das Instrument flogen und wie sexy diese Finger waren. (Ihr wisst ja, dass ich eine Schwäche für Hände habe.) Ehe ich wusste, was ich tat, bewunderte ich seinen Drei-Tage-Bart und fragte ihn nach seinem Namen.

Eine Stunde später waren wir bei mir … und unter meinem rechten Arm klemmte eine Ausgabe von Kafkas „Die Verwandlung“, die ich heute Morgen auf dem Bett liegen gelassen hatte – als ich noch nicht ahnen konnte, dass ich einen Flötisten für einigen unmusikalischen Spaß mit nach Hause bringen würde.

„Das ist es … hör nicht auf! Nicht aufhören!“

Dabei hatte ich nur sein Ohr geküsst.

Ich bemühte mich, nicht zu lachen, und knabberte an seinem Ohrläppchen, was die gleiche ekstatische Reaktion auslöste. Er schien schon kurz vor dem Höhepunkt zu sein.

„Du hast aber sensible Ohren“, flüsterte ich. „Ist der Rest von dir auch so empfänglich?“

„Oh ja“, stöhnte er, während ich über seinen Bauch und tiefer strich. Aber kaum berührte ich ihn weiter unten, bäumte er sich auf, und das war’s. Ich versuchte, mir die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen, aber ganz gelang mir das nicht.

Mal abgesehen von der Sprachbarriere und allem anderen, eins dürfte wohl allgemein klar sein: Eine vorzeitige Ejakulation ist nicht unbedingt dazu geeignet, das Herz einer Frau zu erobern!

Das war der dümmste Blog-Eintrag, den Ariel jemals geschrieben hatte. Ganz zu schweigen davon, dass er zum Großteil einfach erfunden war. Der Vorfall hatte sich zwar ereignet, aber nicht vor Kurzem und auch nicht in Rom. Sie war einmal mit einem Flötisten zusammen gewesen, der zu früh kam. Und ein andermal klemmte tatsächlich beim Sex ein Kafka-Buch unter ihrem Arm. Aber seit dem Desaster in Griechenland war sie mit niemandem mehr zusammen gewesen.

Worüber sollte eine neuerdings enthaltsam lebende Sexbloggerin schreiben? Darüber, wie es war, keinen Sex zu haben?

Ariel speicherte den Eintrag unter „Entwürfe“, wo niemand ihn je zu Gesicht bekommen würde. Ein weiterer Vormittag im Café, ein weiterer Tag ohne Ereignisse, über die sie schreiben konnte. Ein weiterer Tag, um über die Nutzlosigkeit des Universums zu grübeln.

Jetzt, wo sie einmal nicht mit jedem Mann ins Bett stieg, der ihr gefiel, kam sie ins Grübeln. Es war traurig, dass sie so viel Selbstbestätigung brauchte, noch dazu von so vielen Männern. Abgesehen davon hatte sie bei ihrem Aufbruch nach Europa ihren jüngeren Bruder zu Hause sitzen lassen, nachdem er gerade eine Entziehungskur hinter sich hatte.

Wieder schaute sie zu dem geheimnisvollen Mann, der wie üblich seine Morgenzeitung las und Kaffee trank. Ariel entschied, dass es ziemlich erbärmlich war, jeden Tag in das Café zu kommen und ihm zu folgen.

Zu allem Überfluss hatte sich die Familie noch nicht gemeldet, bei der sie sich als Privatlehrerin beworben hatte. Alles in allem lief es bis jetzt miserabel in Rom.

Ihr Leben war in die Sinnlosigkeit abgedriftet, und ohne das Schreiben, das ihr Kraft gab, wurde das mit jedem Tag offensichtlicher. Schreiben war das Einzige, was ihr noch guttat. Wenn sie nicht Kontakt zu anderen Menschen hielt und sie unterhielt, hatte sie praktisch nichts. Was ganz besonders schlecht war – erst recht in Anbetracht ihres näher rückenden Abgabetermins.

Vor sechs Monaten hatte eine Literaturagentin, die „Sex as a Second Language“ gelesen hatte, angeboten, aus den Einträgen des Internettagebuchs ein Buch zu machen. Das war von Anfang an Ariels Traum gewesen. Und einen Monat, nachdem ihre Agentin Lucinda Martinez an sie herangetreten war, hatte sie einen beeindruckenden Vertrag in der Tasche, bevor das Buch überhaupt geschrieben war. In den vergangenen Jahren war ihr Blog zeitweise einer der beliebtesten im Internet gewesen. Die Verleger bauten einfach darauf, dass diese Popularität sich auf die Verkaufszahlen des Buches auswirkte.

Ihre Lektorin schien davon überzeugt zu sein, dass Ariel bloß ihre Einträge zusammenzustellen bräuchte und sie ein bisschen überarbeiten müsste. Doch sie wusste, damit war es nicht getan. Ihre erotischen Abenteuer hatten keinen vernünftigen Schluss. Es gab kein allumfassendes Thema und keine Geschlossenheit – es handelte sich schlicht um eine Reihe erotischer Geschichten.

Alles, was sie hatte, waren der Abgabetermin Ende des Jahres und ein rasch schrumpfender Vorschuss. Rom war eine teure Stadt, was ihrem Aufenthalt in Italien zusätzliches Gewicht verlieh. Sie musste etwas daraus machen, und zwar ehe sie pleite war.

Seufzend klappte Ariel den Laptop zu und verstaute ihn. Dabei registrierte sie, dass der geheimnisvolle Mann aufstand und ging. Trotz des neuen Vorsatzes folgte sie ihm, auch wenn sie noch immer nicht den Mut aufbrachte, ihn anzusprechen. Ihn zu verfolgen war Teil ihrer sinnlosen täglichen Routine geworden. Was habe ich auch sonst zu tun? dachte Ariel.

Während sie in sicherem Abstand hinter ihm herlief, klingelte ihr Handy. Im Display erschien die Nummer ihres Bruders.

„Hallo, Trey!“

„Du musst Devan klarmachen, dass es kein Lavendel auf der Hochzeit geben wird.“

Ariel seufzte. Ihr schwuler kleiner Bruder, dessen Erziehung sie übernommen hatte, als sie sechs und er drei war, würde ihr irgendwann noch den letzten Nerv rauben.

„Begrüßt man sich heutzutage so am Telefon?“, erwiderte sie.

„Können wir auf den Smalltalk verzichten? Ich habe hier einen Hochzeitsnotfall.“

Sie liebte ihren Bruder. Aber für ihn die Mutter, den Vater und die große Schwester zu sein, das war anstrengend.

„Ist die Farbe, die die Freunde deines Partners tragen, denn so wichtig? Müssen wir wirklich darüber diskutieren?“

„Die Dragqueens bestehen auf lavendelfarbenen Brautjungfernkleidern. Das ist ein Albtraum, Ariel. Der reinste Albtraum.“

Er hatte natürlich recht.

„Trey, du solltest das nicht überbewerten. Was zählt, ist, dass ihr euch liebt und vor den Menschen, die euch etwas bedeuten, das Eheversprechen ablegen wollt.“

„Ja, schon.“

Sie konnte sich genau vorstellen, wie er gerade die Augen verdrehte. „Und sonst? Geht es euch beiden gut?“

„Wenn man mal davon absieht, dass wir uns ständig streiten, seit drei Wochen nicht mehr miteinander geschlafen haben und …“

Die nächsten Worte konnte sie nicht verstehen, weil Trey in Tränen ausbrach.

„Es wird alles gut“, tröstete sie ihn. „Ihr seid nicht die Ersten, die heiraten. Euer Problem ist, dass ihr beide die Braut sein wollt.“

Er lachte zwischen den Schluchzern. „Was soll das denn heißen?“

„Bei einer Hetero-Hochzeit hält sich der Mann für gewöhnlich zurück und überlässt der Frau die Planung. Es interessiert ihn kein bisschen, welche Farbe die Kleider der Brautjungfern haben.“

„Warum nicht?“

„Weil er ein Mann ist.“

„Oh.“ Trey schniefte und beruhigte sich allmählich.

Niemand, der ihn flüchtig kannte, würde ihn je für heterosexuell halten. Ariel hatte ihn ihre gesamte Kindheit hindurch vor der grausamen Welt beschützt. Selbst im liberalen Nordkalifornien, wo sie aufgewachsen waren, war es für einen sensiblen kleinen Jungen, der gern mit einer Barbiepuppe herumlief, statt Football zu spielen, nicht leicht gewesen.

„Besteht keine Möglichkeit für einen Kompromiss?“

„Ich kann nicht glauben, wie stressig es ist, eine Hochzeit zu planen. Manchmal habe ich das Gefühl, ich stünde mitten in den Friedensverhandlungen im Nahostkonflikt.“

„Das deutet darauf hin, dass ihr alles viel zu ernst nehmt. Ihr solltet Spaß haben. Eure Hochzeit soll ein fröhlicher Tag sein, an dem ihr eure Liebe feiert, und nicht …“

„… der Grund für eine Scheidung, noch bevor wir geheiratet haben?“

Ariel registrierte den ironischen Unterton. „Genau.“

Während ihr Bruder laut überlegte, ob das Hochzeitsessen streng vegan oder vegetarisch sein sollte, schaute sie auf die Uhr. Bis zum nächsten Bewerbungsgespräch am anderen Ende der Stadt blieben ihr noch zwei Stunden. Ariel wurde jetzt schon mulmig.

Sie hatte überall in Europa als Englischlehrerin gearbeitet. Jetzt, wo sie in Italien war, musste sie der Tatsache ins Auge sehen, dass ihr Italienisch nicht allzu gut war und ihre potenziellen Arbeitgeber jemanden mit besseren Sprachkenntnissen suchten. Sie hob bei den Gesprächen hervor, dass sie eine hohe Fremdsprachenbegabung hatte und schnell lernte. Doch die Jobmöglichkeiten schrumpften fast so schnell wie ihre Geldreserven, und sie fühlte sich allmählich entmutigt.

Ariel verabschiedete sich von ihrem Bruder, klappte ihr Handy zu und ließ es in ihre Handtasche fallen. Inzwischen war sie vor dem Botschaftsgebäude angelangt und hatte den Mann, dem sie gefolgt war, aus den Augen verloren, was ihr allerdings egal war.

Sie setzte sich auf die Springbrunnenmauer, genau wie an den vergangenen Tagen, und beobachtete die Tauben.

Ein weiterer Tag verging, ohne dass sie einen Italiener angesprochen hatte. Ihr mangelndes Selbstbewusstsein beunruhigte sie immer mehr. Sie musste schreiben. Sie musste aufhören, über Männer zu grübeln und stattdessen über das Problem schreiben. Jawohl!

Zwei Blocks weiter gab es ein kleines Café, in dem sie am Tag zuvor eine Weile gesessen hatte. Sie wollte gerade aufstehen und sich auf den Weg machen, als sie einen Mann bemerkte, der sie ansah und lächelte.

Er sah fantastisch aus. Einfach atemberaubend attraktiv. Geradezu umwerfend.

„Guten Morgen. Sind Sie Amerikanerin?“, fragte er.

„Du lieber Himmel, woran erkennen Sie das?“ Ariel schaute an sich herunter.

Sie gab sich große Mühe, nicht wie die typische Amerikanerin auszusehen. Zum Beispiel trug sie nie Jeans, außer zusammen mit hochhackigen Pumps. Sie trug keine weißen Turnschuhe und hielt sich auf dem Laufenden, was die neueste europäische Mode anging. Abgesehen davon, dass es Spaß machte, wurde Ariel dadurch nicht von Bettlern und Taschendieben belästigt.

„An Ihrem Gesicht“, sagte der Mann. „Ich finde, es ist ein amerikanisches Gesicht.“

Sein Gesicht war ein Kunstwerk. Ariel hielt sich nicht für jemanden, der sich schnell beeindrucken ließ. Dieser Mann war keine klassische Schönheit. Seine äußerliche Attraktivität war schwer zu benennen, doch sie ging vor allem von der leidenschaftlichen Glut in seinen dunkelbraunen Augen aus. Sein fast schwarzes Haar war gewellt und fiel ihm bis auf den Hemdkragen. Da es leicht zerzaust war, bildete es einen hübschen Kontrast zu seinem weißen Hemd und der eleganten khakifarbenen Sommerhose. Auf seinen Wangen entdeckte Ariel Bartstoppeln, und seine Zähne waren die geradesten und schönsten, die sie je gesehen hatte. Er musste zwischen fünfunddreißig und vierzig sein.

„Was heißt das?“, brachte sie schließlich heraus, konnte jedoch nicht aufhören, ihn anzustarren.

„Bei euch Amerikanerinnen vermischen sich alle möglichen Gesichtstypen miteinander, und am Ende entstehen schöne Gesichter wie die von Models.“

„Wir sind also eine Nation von Models?“

„Ja“, bestätigte er lächelnd, als hätte er gerade ein großes Geheimnis offenbart.

„Seltsam, dass die meisten populären Models heutzutage keine Amerikanerinnen sind, was?“

„Das liegt nur daran, dass alle diesen exotischen neuen Look wollen und ihr Amerikaner nicht exotisch ausseht.“

Noch etwas, was ihr an Rom gefiel – hier konnten sogar Männer über Mode und Schönheit reden. Aber die Stimme dieses Mannes hatte etwas … einen Akzent, den sie nicht genau benennen konnte. Nicht eindeutig italienisch.

„Sind Sie Römer?“, fragte sie.

„Nicht ganz. Mein Vater arbeitete im diplomatischen Dienst, weshalb ich während meiner Kindheit durch die Welt reiste.“

„Ah, das erklärt Ihren Akzent.“

„Und Sie? Was treibt Sie zu diesem reizenden Springbrunnen?“

„Ich bin einfach durch die Stadt geschlendert. Ich muss nachher zu einem Bewerbungsgespräch.“

„Als was bewerben Sie sich?“

„Als Englischlehrerin für die Kinder reicher Familien.“

„Sind Sie deshalb in Rom?“

„Auch. Ich bin in den letzten fünf Jahren nach Lust und Laune durch Europa gereist und habe mir meinen Lebensunterhalt mit Englischunterricht verdient. Eigentlich bin ich Schriftstellerin, nur verdiene ich damit noch kein Geld.“

„Schreiben Sie Liebesromane?“, fragte er mit einem spöttischen Lächeln.

Sie verriet ihre Internet-Identität nie – ihr Bruder war der Einzige, dem sie je davon erzählt hatte. Nicht einmal ihre engsten Freunde wussten von „Sex as a Second Language“. Nur der anonyme Verfasser dieses unheimlichen fünften Kommentars zu ihrem letzten Text kannte sie möglicherweise. Gleichmütig zuckte Ariel die Schultern und sagte: „Na ja, man könnte sie Liebesgeschichten nennen.“

„Der kreative Prozess fasziniert mich sehr. Vielleicht können Sie mir bei einem Abendessen heute mehr davon erzählen.“

Sie stutzte. Ob das Schicksal sie zur Botschaft geführt hatte, damit sie genau diesem Mann begegnete? Irgendwie kam es ihr zu gut vor, um wahr zu sein.

„Wie heißen Sie?“, fragte sie.

„Marco Antonetti. Und Sie?“ Er hielt ihr seine große makellose Hand hin, und sie nahm sie. Doch statt sie zu schütteln, hob er ihre Finger an seine Lippen.

„Ariel“, stellte sie sich vor. „Ariel Turner. Und ich würde gern essen gehen.“ Erstaunt wurde ihr bewusst, wie froh, ja, geradezu begeistert sie klang.

„Dann werden wir Ihren neuen Job feiern.“

„Hoffen wir es“, meinte sie.

„Ich habe ein gutes Gefühl. Man wird Sie sehen und wissen, dass man Sie einfach einstellen muss.“

„Ich wünschte, ich wäre so überzeugt wie Sie.“

„Wohnen Sie in der Nähe?“

„Nicht weit von der Spanischen Treppe“, antwortete Ariel, darauf achtend, vage zu bleiben.

„Hübsche Gegend.“

„Ich wohne lieber bescheiden, aber dafür im Stadtzentrum, statt in einer schönen Wohnung weiter draußen.“

„Ich kenne nicht weit von hier ein Restaurant. Was halten Sie davon, wenn wir uns um acht an der Spanischen Treppe treffen? Wir könnten erst etwas trinken und dann zusammen essen gehen.“

Etwas trinken und dann essen gehen, das war der Code für „Ich will dich mit Alkohol lockermachen, damit du nach dem Essen mit mir ins Bett gehst“.

Zum Glück für Marco begann Ariel ein erstes Date am liebsten mit einem trockenen Martini. Und sie beendete es am liebsten mit einer heißen Liebesnacht – mit dem richtigen Mann.

Sie hoffte inständig, dass er das war – der Mann, der das Ende ihrer Pechsträhne bedeutete und einen großartigen Abschluss für ihre erotischen Abenteuer. Selbst wenn er nicht derjenige war, vielleicht konnte er ein guter Partner zum Aufwärmen sein und ihr nach den jüngsten Katastrophen ihr Selbstbewusstsein zurückgeben.

„Dann bis um acht“, sagte sie. Sie tauschten ihre Handynummern aus, und Ariel fühlte zum ersten Mal in dieser Woche voller Hoffnung.

Wenn man in Rom ist, soll man sich einen Römer suchen

Heute habe ich einen Mann kennengelernt. Einen aufregenden, anscheinend intelligenten Mann, der noch nicht vergeben ist. Könnte er der italienische Liebhaber sein, den ich gesucht habe?

Schrauben wir unsere Hoffnungen lieber nicht zu hoch, Leute. Nach dem letzten Kerl bin ich vorsichtig geworden. Wer weiß, was sich in seiner italienischen Hose verbirgt?

Wollen wir Wetten abschließen, was diesmal schiefgeht?

Kommentare:

1. von Anonymous: Wow, Eurogirl, du hörst dich abgestumpft an.

2. von Eurogirl: Tut mir leid. Das bin ich wirklich, was?

3. von dogman: Vielleicht ist er unbehaart.

4. von xta-c: Ich habe noch nie einen unbehaarten Mann gesehen. Rasieren Männer sich da unten auch?

5. von TinaLee: Ich war mal mit einem Mann zusammen, der eine Chemotherapie machen musste und dabei sämtliche Schamhaare verlor.

6. von Asiana: Unbehaart ist sehr sexy.

7. von Eurogirl: Asiana, du bist ziemlich schräg.

8. von Asiana: Ja.

9. von dogman: Asiana, falls du sexy aussiehst, werde ich mich für dich komplett rasieren.

Marc sah zu dem Fenster hoch, das zu Ariels Wohnung gehören musste. Es war nicht schwer gewesen, sie zu finden. Nachdem er erfahren hatte, um welche Gegend es sich handelte, hatte er einfach die Besitzer der Miethäuser dort angerufen und sich nach einer neuen amerikanischen Mieterin erkundigt.

Die Adresse hatte er herausbekommen, indem er vorgab, ein guter Freund zu sein. Die Italiener reagierten weitaus weniger hysterisch als die Amerikaner, was die Privatsphäre anging.

Als er in der Gasse stand und zu ihrem Fenster hinaufschaute, erwachte das Verlangen in ihm. Er sah sie im weißen BH und Slip herumgehen. Augenblicklich spannte seine Hose im Schritt.

Noch nie hatte er wegen eines Auftrags mit einer Frau geschlafen. Das kam ihm zwar nicht abwegig vor, aber es verstieß gegen seinen Moralkodex. Er war mit genügend Frauen zusammen gewesen, um zu wissen, dass das Neue und Aufregende nicht annähernd so gut war wie echte Nähe.

Doch Ariel hatte etwas, wofür er seine Regeln über Bord werfen könnte. Er wollte hinter ihre dunkelsten Geheimnisse kommen. Es lag nicht allein daran, dass sie hübsch war. Hübsche Frauen gab es massenhaft. Nein, sie hatte eine besondere Ausstrahlung, das Funkeln in ihren Augen und der geheimnisvoll wirkende Mund … Bestimmt hatte sie äußerst faszinierende Geheimnisse.

Er war nicht sicher, was er über sie zu erfahren hoffte, indem er vor der Verabredung auftauchte und Ariel beobachtete. Reine Gewohnheit. Das Leben als Geheimagent hatte ihn extrem vorsichtig gemacht. Er misstraute jedem, war äußerst reserviert und plante immer den nächsten Schritt.

In seiner Welt hatte jeder Hintergedanken, Geheimnisse oder möglicherweise Informationen, die er brauchen konnte.

Das machte ihn nicht unbedingt zu einem Durchschnitts-Mann. Aber es gab auch nichts an Marcs Beruf, was man gewöhnlich nennen konnte. Manchmal fragte er sich, ob er das Spionagegeschäft für ein geregeltes Leben aufgeben sollte. Aber diese Gedanken verschwanden regelmäßig beim nächsten Nervenkitzel.

Auf diese Weise war er zu einem Mann geworden, dem die Frauen Nachrichten aufs Handy schickten, in denen sie ihn als Mistkerl beschimpften. Er war zu jemandem geworden, der mit einer Frau schlief, weil es seinem Job nützte. Es war nicht das, was er sich vorgestellt hatte, aber wessen Leben verlief schon wie geplant?

Während er zu dem Fenster hinaufsah, verdrängte er sein schlechtes Gewissen. Es gab schlimmere Aufgaben in dieser Welt, als eine wunderschöne Frau um der nationalen Sicherheit willen zu verführen.

Ariel hasste erste Dates. Sie öffnete ihren Kleiderschrank und starrte auf ihre erbärmliche Garderobe. Der Vorteil ihres Vagabundendaseins war, dass sie mit leichtem Gepäck reiste und keine Kleiderberge im Überfluss besaß. Sie beschränkte sich lieber auf das Nötigste. Doch jetzt, wo sie sich in der Stadt der Mode aufhielt, musste sie dringend mal einkaufen gehen.

Es wäre allerdings gut gewesen, wenn ihr das vor ihrem Date mit Marco eingefallen wäre.

Na schön … sie besaß das übliche kleine Schwarze und das übliche kleine Rote. Rot oder schwarz. Schwere Entscheidung. Sie nahm schwarz. Schließlich wollte sie nicht zu begierig wirken.

Das hasste sie am meisten an Dates – das Gekünstelte, die Sorgen über das Aussehen und die Frage, ob man mit offenen Karten spielen sollte.

Als sie das Kleid endlich anhatte, hatten sich feine Schweißperlen auf ihrer Oberlippe gebildet. Um sich abzukühlen, trat sie ans Fenster. Sie brauchte dringend einen Ventilator. In dem Gebäude gab es keine Klimaanlage, und wenn es im Mai schon so heiß war, würde Ariel es im Juli kaum aushalten können.

Unten herrschte reges Treiben. Die Aussicht auf die Spanische Treppe war unbezahlbar. Teenager trafen sich dort zum Flirten, und Touristen standen staunend herum und schossen Fotos. Ariel atmete die schwüle Luft ein, schloss die Augen und verschaffte sich in der sanften Brise ein wenig Kühlung. Nach einer Weile hatte sie jedoch das Gefühl, beobachtet zu werden.

Sie machte die Augen wieder auf und schaute sich das Treiben genauer an. Wieder fiel ihr der beunruhigende Kommentar zu ihrem Blog ein. Wer konnte ihre wahre Identität kennen? War es bloß ein schlechter Scherz zu einem schlechten Zeitpunkt? Oder wusste wirklich jemand, wer sie war und warum sie Griechenland verlassen hatte?

Sie dachte daran, wie Marco sich zu ihr an den Springbrunnen gesetzt hatte. War das Zufall – oder war der Mann womöglich ein von Kostas angeheuerter Killer, der sie ausschalten sollte? Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, ob die griechische Polizei ihren anonymen Tipp ernst genommen hatte.

Mein Gott, jetzt werde ich schon paranoid, rief Ariel sich zur Ordnung. Ich bin hier in Rom. Für die Männer hier war es normal, ständig zu flirten und sich mit Frauen zu verabreden. Marco war zweifellos Italiener, was sollte er mit Kostas zu tun haben? Absolut nichts.

Aber dann nahm sie eine Bewegung aus den Augenwinkeln wahr und entdeckte einen Mann, der hinter eine Hausecke wich. Einen Mann, der, wenn sie nicht alles täuschte, sehr wie Marco aussah.

Er konnte doch nicht wissen, wo sie wohnte – oder? Vielleicht war er zu früh zu der Verabredung aufgetaucht. Ja, das musste der Grund sein, falls Marco es war. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelte es sich jedoch um einen der Millionen anderen dunkelhaarigen Männer in der Stadt.

Na schön, ganz verrückt wurde sie noch nicht. Nur ein bisschen.

Sie behielt die Stelle, wo der Mann verschwunden war, im Auge, aber er tauchte nicht mehr auf. Aus dem Augenwinkel nahm Ariel die Leuchtziffern des Weckers wahr. Wenn sie sich nicht beeilte, kam sie zu spät.

Fünfzehn Minuten später war sie fertig. Ihr Handy klingelte, als sie gerade in ihre schwarzen hochhackigen Sandaletten schlüpfte. Sie kannte die im Display angezeigte Nummer nicht, meldete sich aber trotzdem.

„Hallo“, sagte eine Männerstimme. „Ich bin früher da.“

„Marco?“

„Ja. Ich wollte Sie nicht behelligen, aber ich habe mich gefragt, ob Sie lieber vornehm oder ungezwungen essen gehen wollen. Tut mir leid, dass ich das nicht vorher gefragt habe, aber wenn ich es weiß, kann ich einen Tisch vorbestellen.“

„Eine ungezwungene Atmosphäre wäre mir recht. Sie brauchen nicht extra einen Tisch zu reservieren.“

„Ist alles in Ordnung mit Ihnen? Sie klingen ein bisschen angespannt.“

„Verzeihung.“ Ariel war verblüfft, weil er ihre Stimmung deuten konnte. Es gefiel ihr nicht, so leicht durchschaut zu werden. „Es ist nichts.“

Nur Todesangst vor einem Terroristen. Nicht der Rede wert.

„Ich bin hier unten an der Spanischen Treppe und warte. Lassen Sie sich Zeit.“

Ariel rang mit sich. Sollte sie lieber vorsichtig oder mutig sein? Früher hatte sie darüber nie nachdenken müssen und sich dauernd ins Wagnis gestürzt. Aber neuerdings erkannte sie sich kaum wieder.

„Möchten Sie auf einen Aperitif heraufkommen?“, platzte sie heraus, in dem Versuch, die alte Ariel, die sich gern amüsierte, wiederzubeleben. Im selben Moment zog sich ihr auch schon der Magen zusammen.

„Ist Ihnen das wirklich recht?“

„Absolut“, versicherte sie mit einer Begeisterung, die sie nicht empfand.

„Gut. Wie lautet Ihre Adresse?“

Gegen jede Vernunft nannte sie ihm Straße und Hausnummer. Denn damit wollte Ariel sich beweisen, dass sie es noch konnte. Vermutlich hatte die Polizei Kostas inzwischen verhaftet. Jetzt gleich konnte Ariel herausfinden, ob Marco ein guter Liebhaber war, und zwar bevor sie ein ganzes Abendessen mit ihm über sich ergehen lassen musste. Noch vor wenigen Monaten hätte sie nicht gezögert, genau so zu handeln.

Bevor sie sich noch eingehender mit Neurosen oder sonstigen Abnormitäten befassen konnte, stand er vor ihrer Wohnungstür. Er sah verschwitzt aus, sicher von der Hitze und weil er in die vierte Etage hatte laufen müssen.

„Was möchten Sie trinken?“, fragte sie und ließ ihn eintreten. „Ich habe eine Flasche Champagner im Kühlschrank.“

„Das klingt gut.“ Er lächelte und küsste sie zur Begrüßung auf beide Wangen.

Als sie sich wieder voneinander lösten, war Ariel unfähig, sich zu bewegen. Sie konnte nicht glauben, dass sie diesen Mann in ihre Wohnung ließ. Ob es Panik oder Aufregung war, was sie lähmte? Ariel wusste es nicht.

Marcos Augen verdunkelten sich, als er den Blick von ihrem Gesicht über ihre Brüste, den Bauch und die Beine gleiten ließ. Bei ihren Füßen hielt er inne. „Hübsche Schuhe.“

„Ich werde sie anbehalten“, sagte sie lächelnd und griff hinter sich, um den Reißverschluss ihres Kleides herunterzuziehen.

Das war genau, was die gute alte Ariel tun würde, oder? Sie war immer stolz gewesen auf ihre Kühnheit und die Fähigkeit, zu entscheiden, was und wen sie wollte – und es sich zielstrebig zu holen.

Aber diesmal sperrte sich etwas in ihr. Irgendetwas hielt sie zurück. Sie musste ständig an Kostas denken. Wie sehr sie sich in ihm getäuscht hatte. Sie musste an ihre Flucht aus Griechenland und an den Blog-Kommentar des Unbekannten denken.

Stress. Damit konnte sie nicht gut umgehen. Ihre Kindheit hindurch hatte sie unter enormem Druck gestanden. Kaum hatte Ariel die Chance bekommen, sich mit achtzehn davon zu befreien, war sie davongelaufen. Und sie lief noch immer weg.

„Küss mich“, flüsterte sie und hoffte, dass sie entschlossener klang, als sie sich fühlte.

Marco trat zu ihr und legte ihr die Hände um die Taille. Er zog Ariel an sich, sodass sie seine Erektion spürte, bevor er sie lange küsste. Erst langsam und zögernd, dann leidenschaftlicher, wobei seine Zunge ihre umspielte und mehr verhieß.

Sie stöhnte wohlig auf, und ihr Körper reagierte, indem das Blut in sämtliche sensiblen Regionen strömte. Marco drückte sie noch fester an sich.

Einen Moment lang vergaß Ariel beinah den Stress. Genau diese Wirkung hatte Sex normalerweise auf sie. Sex ließ sie alles andere vergessen, außer dem Augenblick und den wundervollen Empfindungen. Sex half ihr, sich zu entspannen.

Marco duftete, sauber und männlich. Sein Eau de Toilette hatte eine leichte Note von Salbei. Er fühlte sich muskulös und aufregend an. Sie streichelte seine Wange, spürte die Bartstoppeln und malte sich voller Vorfreude aus, wie sie sich an ihrer nackten Haut anfühlen würden.

Doch ihre innere Stimme mahnte sie, sich zurückzuhalten.

Er löste sich von ihr und sah ihr ins Gesicht. „Ist irgendetwas?“

Ein einfühlsamer heterosexueller junger Mann? Gab es das überhaupt?

„Nein“, log sie.

Er sah aus, als würde er ihr nicht glauben. „Wir müssen nichts überstürzen. Mir ist es auch lieber, wenn wir es langsam angehen.“

„Das ist es nicht“, sagte sie. „Ich glaube, ich bin nur … Ich weiß nicht. Meine letzte Beziehung war katastrophal. Vielleicht bringt es mich deshalb ein wenig aus dem Gleichgewicht, wieder etwas mit jemandem anzufangen.“

„Dann sollten wir es auf keinen Fall überstürzen.“

Sie zwang sich zu einem Lächeln und ließ ihre Hände von seiner Brust hinuntergleiten, bis in seine Hose. „Aber so mache ich es normalerweise. Ich weiß gar nicht, wie man es langsam angeht.“

„Nicht dass ich mich beklagen will“, sagte er. „Aber wenn wir im Bett landen wollen, werden wir es wahrscheinlich mehr genießen, wenn wir uns vorher ein bisschen besser kennenlernen.“

Ariel stutzte. Was für eine sonderbare Umkehrung der Rollen war das? Redete ihr da tatsächlich gerade ein Mann schnellen, unkomplizierten Sex aus? Noch dazu ein Italiener?

„Glaubst du das wirklich?“, neckte sie ihn verführerisch und begann, ihn zu streicheln.

„Du nicht?“

Ihre Berührung schien ihn zu erregen, ihre Worte irritierten ihn hingegen. Ariel hatte nie versucht, es ruhig anzugehen. Sie führte ein rasantes Liebesleben. Aber vielleicht war es nicht ratsam, das gleich beim ersten Date zu gestehen. Daher zuckte sie nur die Schultern. „Bis jetzt war ich zufrieden mit meiner Methode.“

„Ich kann verstehen, warum.“

Seine Stimme wurde rauer, je länger sie ihn streichelte.

„Aber …“

„Aber du willst mich davon überzeugen, dass es noch mehr gibt? Größere Nähe und so was?“

Er atmete hörbar aus und hielt ihre Hand fest. „Ja, genau.“

Zum ersten Mal in ihrem Erwachsenenleben fragte Ariel sich, ob sie etwas verpasste. Und wie jeder echte Abenteurer nahm sie sich vor, es herauszufinden.

3. KAPITEL

Zwischenbericht: So weit, soooo gut.

Es ist wahrscheinlich nicht besonders stilvoll, den wundervollsten Sex zu verschieben, um einen Eintrag in mein Internettagebuch zu machen …

Unter dem Vorwand, nach meinen E-Mails zu schauen, möchte ich euch, ihr treuen Leser, darüber informieren, dass X, der Neue, inzwischen geküsst wurde. Und er kann fantastisch küssen. Ich bekomme glatt weiche Knie bei ihm. Bleibt also dran …

Kommentare:

1. von Asiana: Spielverderberin! Wir wollen mehr Details!

2. von Carissa Ann: Wenn er tatsächlich so gut küsst, wärst du doch mit ihm schon längst im Bett, wo er die Stellen küssen würde, auf die es ankommt.

3. von B cool: Carissa Ann, du bist verdorben.

4. von calidude: Ich bin froh, dass wenigstens irgendwer heute Abend seinen Spaß hat.

5. von lolo: Ich liebe es, wenn du Stück für Stück berichtest, Eurogirl. Ich warte sehnsüchtig auf den nächsten Bericht.

6. von darwinwuzright: Welcher Kerl lässt dich denn beim wilden Knutschen deine E-Mails lesen? Und was für eine Frau würde das tun?

7. von Carissa Ann: Ich telefoniere beim Sex mit meinem Handy oder schreibe Textnachrichten. Nimm es nicht persönlich. Das ist eben das Informationszeitalter.

8. von NOLAgirl: Textnachrichten beim Sex? Das habe ich noch nicht probiert. Hat der Kerl es überhaupt gemerkt?

9. von Carissa Ann: Nein.

10. von NOLAgirl: Typisch. Wahrscheinlich war er zu sehr damit beschäftigt, sein bestes Stück zu bewundern.

„He, was ist mit dem Champagner, den du erwähntest? Soll ich ihn holen?“, fragte Marc, als er Ariels Zimmer wieder betrat. Er hatte sich entschuldigt und war ins Badezimmer gegangen, um sich von dem heißen Kuss zu erholen. Jetzt saß Ariel an ihrem Schreibtisch und tippte etwas auf ihrem Laptop.

Beim Klang seiner Stimme klappte Ariel den Computer zu und drehte sich zu Marc um. „Entschuldige, ich habe nur schnell meine E-Mails durchgesehen. Ich hole den Champagner.“

Er entdeckte einen praktischen kleinen Kühlschrank in der einen Ecke des Zimmers neben einer Spüle und einer schmalen Arbeitsfläche. Offenbar war das ihre Kochnische.

„Du isst wohl oft auswärts, was?“

„Ja. Diese Wohnung ist mein Vorwand, damit ich nicht kochen muss.“ Sie machte den Kühlschrank auf und schaute hinein. „Ach, verdammt! Dieses Ding ist nicht mal kalt. Es hat wohl wieder einen Kurzschluss gegeben.“

„Wir können stattdessen ausgehen“, schlug Marc vor, froh über die Möglichkeit, schneller in die Öffentlichkeit zu gelangen, wo sie gezwungen wären, sich ein wenig mehr zurückzuhalten.

Im Grunde wäre er am liebsten gleich mit Ariel ins Bett gefallen, aber er wollte ihr Vertrauen gewinnen. Wenn sie überstürzt mit ihm schlief und ihn als One-Night-Stand betrachtete, wäre sein Plan gescheitert. Dann würde Marc ihr niemals näherkommen.

Er wollte zuerst ihren Geist verführen, dann ihren Körper.

„Tut mir leid wegen des Champagners – ich hatte keine Ahnung, dass das verflixte Ding nicht funktioniert.“

„Bist du hungrig? Wir können auch gleich essen gehen, wenn du möchtest.“

„Lass uns zuerst einen Spaziergang machen“, schlug sie vor. „Vielleicht finden wir unterwegs eine Bar, in der wir etwas trinken können.“

„Einverstanden.“

Sie nahm ihre Handtasche, und sie verließen ihre Wohnung. Einige Minuten später standen sie oben auf der Spanischen Treppe inmitten der Teenager, Touristen und Römer, die der Hitze in ihren Häusern zu entkommen versuchten.

„Du bist also gerade erst nach Rom gezogen. Seit wann lebst du hier?“, erkundigte Marc sich.

„Seit ungefähr einer Woche. Ich staune immer noch über alles.“

„Bist du zum ersten Mal hier?“

„Nein, ich war während meiner stürmischen Studienzeit schon einmal hier. Die meiste Zeit war ich tagsüber verkatert und kann mich deshalb nur noch an wenig erinnern – bis auf die Tatsache, dass Rom mich wie keine andere Stadt fasziniert hat.“

„Hast du dir schon die üblichen Sehenswürdigkeiten angesehen?“

„Nur die, an denen ich auf dem Weg zu Vorstellungsgesprächen vorbeigekommen bin. In letzter Zeit bin ich seltsam melancholisch gewesen.“

Marc nahm ihre Hand und führte Ariel die Stufen hinunter. „Wollen wir zum Forum Romanum gehen? Es sieht wundervoll aus im Sonnenuntergang.“

„Gern, ein Spaziergang klingt gut. Außerdem lasse ich mich gern von einem Einheimischen herumführen.“

„Ich glaube nicht, dass irgendwer sich Einheimischer nennt, dessen Familie nicht seit mehreren Generationen in der Stadt lebt.“

„Oh, richtig. Na, jedenfalls bist du eher ein Einheimischer als ich.“

Marc beobachtete, wie einige Männer, an denen sie vorbeikamen, Ariel bewundernde Blicke zuwarfen. Er sah sie warnend an, damit sie den Mund hielten.

„Du bekommst sicher viel männliche Aufmerksamkeit hier.“

Ariel sah zu den Männern. „Kann sein. Das gilt doch für jede Frau in Rom.“

„Es kann aber auch damit zu tun haben, dass du wunderschön bist und sehr sexy.“

Ariel lächelte ihn an. „Danke, du kannst mir ruhig weiter Komplimente machen, so etwas höre ich immer gern.“

„Wie lief übrigens dein Vorstellungsgespräch heute?“

„Ich bin mir nicht sicher, aber sie schienen nicht so uninteressiert zu sein wie die vorherigen Familien. Einer der Söhne ist etwa sechzehn. Ich hatte den Eindruck, dass sie tatsächlich eine Lehrerin suchen, die den bequemen Teenager zum Lernen anhält.“

„Glücklicher Junge. Ich wünschte, ich hätte damals eine Privatlehrerin wie dich gehabt. Dann hätte ich wohl nur Bestnoten nach Hause gebracht.“

Ariel lachte. „Ich biete keine Freizeitaktivitäten an. Aber ich würde wirklich gern für diese Familie arbeiten. Es gibt eine direkte Busverbindung von meiner Wohnung, und ihr Haus ist beeindruckend.“

„Klimatisiert?“

„Es war so groß und voller Marmor, dass ich mir nicht sicher bin. Zwischen diesem Haus und meiner kleinen süßen Bruchbude liegen jedenfalls Welten.“

„Vielleicht bieten sie dir ein Zimmer an, wenn es gut läuft.“

„Nein, ich habe es schon einmal als Privatlehrerin und Kindermädchen probiert. Das hat mir gereicht.“

„Zu viel Nähe?“

„Viel zu viel. Es war mir unangenehm, so viel über das Leben anderer Leute zu erfahren. Und dann hat sich der Familienvater an mich herangemacht. Das war das Ende des Jobs.“

„Wo war das?“

„In Barcelona. Mein erster Lehrerjob. Danach lehnte ich es strikt ab, bei der jeweiligen Familie zu wohnen. Manchmal arbeite ich für mehrere Familien, und gelegentlich ist sogar eine reiche Familie dabei. Dann arbeite ich nur für sie.“

Sie gingen die Hauptstraße entlang nach Süden auf die berühmten Sehenswürdigkeiten zu. Zu ihrer Linken staute sich der Verkehr, so weit das Auge reichte.

„Woran schreibst du eigentlich noch mal?“

Ein geheimnisvolles Lächeln erschien auf ihrem Gesicht und verschwand wieder. Marc fragte sich, ob sie ihm die Wahrheit sagen würde. Er hatte vor dem Treffen einen kurzen Blick in ihr Internettagebuch geworfen und es sehr faszinierend gefunden. Entweder konnte sie sich wirklich gut Geschichten ausdenken, oder sie war eine echte Abenteurerin, die die Spielarten der Erotik erkundete.

Er war nicht sicher, was ihm besser gefallen würde.

„Ich schreibe eine Art Reisebericht.“

„Über Landschaften und solche Sachen?“, fragte er, ohne eine Miene zu verziehen. Vielleicht schrieb sie neben ihrem Sex-Blog ja tatsächlich Reiseberichte.

„Ja, über Landschaft, Kultur und solche Sachen.“

„Deshalb reist du seit Jahren durch Europa?“

„Nicht direkt. Ich reise ohnehin, weil ich für eine Weile aus den USA weg und Europa kennenlernen wollte. Das Schreiben ergibt sich eher nebenbei.“

„Ich würde gern mal etwas von dir lesen.“

Was er bisher von ihr gelesen hatte, war sehr auf- und anregend. Er fragte sich, ob sie ihren Liebhabern jemals gestanden hatte, dass sie über sie Artikel im Internet veröffentlichte. Plötzlich wurde Marc klar, dass sie wahrscheinlich auch über ihn schreiben würde, wenn er ihr Liebhaber wurde. Wollte er wirklich wissen, was sie über ihn verbreitete, wenn sie davon ausging, dass er es nie zu Gesicht bekam?

Plötzlich merkte er, dass er nicht zugehört hatte.

„… normalerweise lasse ich niemanden meine Entwürfe lesen.“

„Hast du schon etwas veröffentlicht?“

„Ein paar Sachen in Zeitschriften und im Internet.“

Aus ihrer Handtasche erklang eine leise Version des Songs „Jungle Boogie“.

„Entschuldige“, sagte sie. „Das ist mein Handy. Ich sollte rangehen.“

Sie nahm ein kleines silbernes Handy aus der Tasche und meldete sich auf Italienisch mit amerikanischem Akzent. Offenbar handelte es sich bei dem Anrufer um ein Mitglied der Familie, bei der Ariel sich beworben hatte. Sie warf ihm ein Lächeln zu und hob den Daumen.

Kurz darauf bedankte und verabschiedete sie sich. Sie klappte das Handy zu und ließ es wieder in ihre Handtasche fallen.

„Ich habe den Job! Montag fange ich an. Sie wollen mich mindestens den ganzen Sommer über als Privatlehrerin, während der Ferien. Das passt sehr gut zu meinen Plänen, weil ich im Herbst in die USA zurückkehren wollte.“

„Herzlichen Glückwunsch! Darauf müssen wir anstoßen.“

Erleichtert seufzte sie auf. „Mir war gar nicht klar, wie sehr ich mich wegen des fehlenden regelmäßigen Einkommens unter Druck gesetzt fühlte, aber auf einmal habe ich richtig Lust zu feiern.“

„Ich habe dir ja gesagt, dass du den Job bekommst.“

„In letzter Zeit war ich ziemlich deprimiert. Ich brauchte dringend ein paar gute Nachrichten.“

„Warst du deprimiert, weil du nicht gleich etwas gefunden hast?“

„Wegen allem. Midlife-Crisis, glaube ich.“

Sie erreichten den Weg, der zu den römischen Ruinen führte. Gerade erlebten Ariel und Marc noch mit, wie das schwindende Tageslicht alles in einen goldenen Schein tauchte. Nur wenige Touristen hielten sich um diese Zeit hier auf. Marc sah sich die touristischen Anziehungspunkte nur selten an, eigentlich nur, wenn ihn jemand von außerhalb besuchte, was bei einem Undercoveragenten im Einsatz äußerst selten vorkam.

„Für eine Midlife-Crisis bist du aber noch ein bisschen jung. Wie alt bist du? Fünfundzwanzig?“

Ariel lachte. „Vi...

Autor

Jamie Sobrato
Schon als Jamie Sobrato mit acht Jahren ihre ersten, eher schlechten ,Gedichte schrieb, träumte sie davon, Autorin zu werden. Jetzt, nachdem sie viele Romane in den USA und in der ganzen Welt veröffentlicht hat, ist sie ihren damaligen Lehrern sehr dankbar, dass sie sie nach den ersten Fehlversuchen nicht gänzlich...
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Lori Wilde wollte schon immer Autorin werden. Sie machte eine Ausbildung zur Krankenschwester und konnte in dieser Zeit auch nebenbei ihrer Leidenschaft zu schreiben nachgehen. Ihr erstes Buch hat sie 1994 veröffentlicht.

Sie arbeitete 20 Jahre als Krankenschwester, doch ihre große Liebe ist die Schriftstellerei. Lori Wilde liebt das Abenteuer....

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Cindi Myers hat ein paar feste Überzeugungen: Liebe auf den ersten Blick gibt es wirklich; gute Schokolade und kühler Champagner passen fast immer; Leuten, die keine Tiere mögen, ist nicht zu trauen, und Gott muss ziemlich viel Humor haben. Außerdem ist sie davon überzeugt, dass es keinen besseren Job gibt,...
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