Und morgen früh küss ich dich wach!

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Als Connor nach langer Reise in sein französisches Landhaus zurückkehrt, will er nur eins: in sein Bett fallen. Doch in dem liegt eine splitternackte Fremde. Schnell stellt sich heraus, dass seine Schwester ihr Unterschlupf gewährt hat. Für zwei Wochen! Und die schöne Josie denkt gar nicht daran, das Feld zu räumen, sondern blitzt ihn herausfordernd an. Nach und nach bricht das Eis und weicht prickelnder Lust. Doch als Josie sich mehr erhofft als heiße Nächte, gerät Connor in Panik, denn seit Langem scheut er die Liebe. Und Josie geht ihm schon viel zu tief unter die Haut …


  • Erscheinungstag 17.02.2015
  • Bandnummer 0004
  • ISBN / Artikelnummer 9783733701437
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Connor Preston traute seinen Augen nicht. Nackt und völlig ohne Scham saß sie auf seinem Bett, das Mondlicht schien auf ihren schlanken Rücken. Sie hielt den Kopf gesenkt und stützte sich auf einen Arm – eine Pose, die ihn an die Titelbilder jener Liebesromane erinnerte, an denen er in der Buchhandlung am Flughafen häufig vorbeikam.

Ihr Haar war feucht, und er vermutete, dass sie gerade aus der Dusche kam. Gebannt verfolgte er mit seinem Blick einen Wassertropfen, der an ihrer Wirbelsäule entlangrann und schließlich in seinem Bettlaken versickerte.

Ganz sicher bildete er es sich nur ein, weil er noch müde war von der Reise, aber es schien, als läge ein Leuchten über ihrem Körper. Als bündelte sich all die widerwärtig positive Energie, die sie ihm Tag für Tag aufgedrängt hatte, in einem kraftvollen Strahlen.

Katherine Meers.

Er hatte geglaubt, sie endlich überzeugt zu haben, dass ihre Beziehung beendet war. Doch jetzt saß sie hier, nackt, auf seinem Bett. In seinem Ferienhaus. Dabei konnte er sich nicht einmal erinnern, dieses Domizil ihr gegenüber jemals erwähnt zu haben. Gab es denn nirgends einen sicheren Zufluchtsort vor ihrem aufdringlichen Optimismus?

„Was zum Teufel tust du in meinem Bett, Katherine?“ Ihm war bewusst, dass sein Tonfall schroff und unfreundlich war – kein Vergleich zu der zurückhaltenden, leicht gedehnten Sprache der Südamerikaner, die er sich im Laufe der Jahre angeeignet hatte. Aber er war müde und missmutig und hatte keine Lust auf eine Diskussion mit seiner Ex-Freundin, die ihn nicht in Ruhe ließ.

Doch das erklärte ihre Reaktion auf seine Worte in keiner Weise.

Ihr Schrei war so laut, dass er meinte, seine Trommelfelle müssten platzen. Ihr ganzer Körper war starr vor Angst, und irgendetwas leuchtete plötzlich vor ihr auf, schoss in einem weiten Bogen nach unten und landete schließlich mit einem lauten Platschen auf dem Bett.

Mit fliegendem Haar schleuderte sie herum, und er erhaschte einen kurzen Blick auf ihre wippenden Brüste. Sie waren größer als in seiner Erinnerung. Dann griff sie nach dem Handtuch, das sich von ihrer Hüfte löste, und schlang es um ihren Körper.

Als er ihr Gesicht sah, blass vor Erschrecken, erkannte er, dass er sich geirrt hatte.

Es war nicht Katherine.

Und jetzt hatte er wirklich ein Problem.

Josies Herz hämmerte und pumpte Massen von Adrenalin durch ihre Adern. Sie hatte einige Zeit vor dem Computer gesessen, und nach dem hell erleuchteten Bildschirm fiel es ihr schwer, die Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen. Sie blinzelte, um mehr als nur die diffusen Umrisse vor sich zu erkennen. Es musste sich um einen großen, kräftigen Mann handeln, soviel stand fest. Und obwohl sie ihn nur schemenhaft sah, spürte sie seine Wut.

„Was wollen Sie?“ Reflexartig stellte sie diese Frage, und sie war nicht sicher, ob sie die Antwort hören wollte.

„Ich will in meinem Bett schlafen.“ Sein Ton war etwas ruhiger geworden. Immer noch nicht freundlich, aber immerhin eine Mischung aus Ungeduld und Amüsiertheit.

Josie war verwirrt. Träumte sie? Die Situation war bizarr genug, um zu einem ihrer wilden Träume zu gehören. „Ihr Bett? Was meinen Sie damit? Wer sind Sie, verdammt noch mal? Sie haben mich zu Tode erschreckt.“

Der Fremde rutschte im Bett ein Stück von ihr ab und hob beschwichtigend die Hände. „Tut mir leid, das wollte ich nicht.“ Seine Stimme wurde sanfter. „Ich hatte Sie … für jemand anders gehalten.“

Langsam gewöhnten sich Josies Augen an die Dunkelheit, und auch ihre Anspannung ließ nach. Vielleicht wollte er sie gar nicht angreifen. Vorsichtshalber aber schob sie sich näher an die Nachttischlampe heran und blieb fluchtbereit.

„Wer sind Sie eigentlich?“, verlangte sie zu wissen und zwang sich, ihrer Stimme einen festen Klang zu geben. Sie wollte zumindest den Eindruck erwecken, die Situation unter Kontrolle zu haben. Vielleicht überzeugte ihn ein sicheres Auftreten davon, das Haus zu verlassen. Angriff war die beste Verteidigung. Mal sehen, ob das auch in diesem Moment galt.

„Connor Preston. Mir gehört dieses Haus“, sagte er.

Laut stieß sie die Luft aus. Ihr Herzschlag normalisierte sich. Preston. Dann musste er Abigails Bruder sein. Der Abenteurer, der sein Geld durchbrachte. Er hatte keinerlei Ähnlichkeit mit seiner Schwester, stellte sie fest. Abigail war klein und gertenschlank. Dieser Mann war alles andere als zierlich. Aus dieser Position war es schwer, seine Größe zu erfassen. Aber sie schätzte ihn auf knapp zwei Meter, noch dazu breitschultrig wie ein Stier.

„Und wer sind Sie?“ Der barsche Tonfall ließ ihr Selbstbewusstsein in sich zusammenfallen.

Sie beugte sich vor und schaltete die Nachttischlampe an. Ja, er war tatsächlich groß. Außerdem unrasiert und insgesamt ein bisschen unzivilisiert. Sein dunkelblondes Haar hätte einen Schnitt gebrauchen können, die Kleidung war zerknittert und nicht mehr ganz sauber. Er wirkte erschöpft, unter seinen Augen lagen tiefe Schatten.

Nach dem, was Abigail über ihren Bruder erzählt hatte, musste er Anfang dreißig sein – nur unwesentlich älter als sie selbst –, aber er machte den Eindruck, als hätte er jeden Moment dieser Zeit in tiefsten Zügen genossen. Sein Gesicht war ausdrucksstark. Er war nicht im klassischen Sinne attraktiv, aber auf eine besondere Weise fesselnd. Der Typ von Mann, der Aufsehen erregte, egal, wo und mit wem er unterwegs war.

Auch er musterte sie eingehend, und ihre Haut prickelte unter seinem prüfenden Blick. Eine plötzliche Hitze zog durch ihren Körper und hinterließ ein brennendes Pochen an bestimmten Stellen.

„Ich bin Abigails Geschäftspartnerin. Josie Marchpane“, sagte sie und stellte fest, dass ihre Stimme einige Nuancen höher war als normalerweise. Sie wartete auf ein Zeichen des Erkennens, doch seine Miene blieb ausdruckslos. Er starrte sie einfach weiterhin an. „Abi hatte mir angeboten, ein paar Tage hier zu verbringen …“ Seine Miene verfinsterte sich, und sie brach ab.

„Tatsächlich?“ Er klang ziemlich abweisend.

In dem Schweigen, das nun entstand, musterten sie einander.

Die plötzliche Stille machte ihr klar, dass der Computer nicht mehr brummte. Voller Entsetzen wurde Josie klar, dass sie in dem Schreck, einen fremden Mann in dem Ferienhaus zu entdecken, ihren Drink verschüttet hatte. Er war auf dem kompletten Bett verteilt – und auf ihrem Laptop.

Jetzt bemerkte sie, dass der Bildschirm schwarz war. Sie drückte die Leertaste, dann ein paar andere Tasten, aber nichts passierte.

Anscheinend reagierte ihr Laptop allergisch auf Säfte.

„Nein, nein, nein!“ Die gesamte Arbeit, die sie in den vergangenen Tagen hier gemacht hatte, war auf dem Laptop. Sie hatte ursprünglich angenommen, sie könne ihre Ergebnisse ins Büro mailen, aber das war eine weitere Überraschung, vor der Abi sie nicht gewarnt hatte: Es gab keine Internetverbindung.

„Was ist los?“

Connors tiefe Stimme drang in ihr Bewusstsein. Fast hatte sie seine Anwesenheit vergessen.

„Ich habe meinen Computer gekillt. Mit Orangensaft.“ Es hätte witzig sein können, wenn es nicht eine solche Katastrophe gewesen wäre. Genauso gut hätte sie ihre rechte Hand verlieren können.

„Orangensaft?“ Er nickte. „Damit also haben Sie das gesamte Bett getränkt.“

Wie konnte er an sein Bett denken, wenn gerade ihr Laptop das Zeitliche gesegnet hatte?

„Ich habe gerade drei Tage harte Arbeit vernichtet.“

Ihr schnippischer Tonfall ließ ihn unbeeindruckt. „Arbeiten Sie immer nackt?“ Er verschränkte die Arme und hob eine Augenbraue. Der Blick, mit dem er sie bedachte, war mehr als anzüglich.

Wieder wogte Hitze durch ihren Körper. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie nur ein Handtuch um die Hüften geschlungen hatte. Hektisch sah sie sich nach ihren Kleidern um. Dummerweise lagen sie auf seiner Seite des Bettes. Das bedeutete, keinen Sicherheitsabstand mehr einhalten zu können, um daranzukommen. Allein der Gedanke ließ sie erschauern.

Als könnte sie die gemischten Gefühle, die seine Anwesenheit ihr bescherte, beiseite wischen, strich sie sich mit der Hand über ihr Gesicht. „Ich habe gerade geduscht, und dabei ist mir eine Idee gekommen.“ Ihre Stimme zitterte, und sie räusperte sich.

Kaum merklich senkte er den Kopf, um zu zeigen, dass er ihre konfuse Erklärung verstanden hatte.

Sie seufzte. „Ich arbeite gerade an dem Kostenvoranschlag für ein Angebot, und ich wollte den Gedanken, der mir unter der Dusche gekommen war, nicht wieder verlieren.“

„Schon begriffen“, sagte er leicht amüsiert.

Der Mann wusste, wie er sie aus der Fassung bringen konnte.

Sie richtete sich auf und hob das Kinn. „Macht es Ihnen etwas aus, das Gespräch auf morgen zu verschieben? Es ist wohl unschwer zu erkennen, dass ich nicht auf Gesellschaft eingerichtet bin.“

Ganz langsam hob Connor den Blick von ihren Fingern, die sich um das Handtuch klammerten, und runzelte die Stirn. „Und wo soll ich schlafen? Sie haben das einzige Bett in Beschlag genommen.“

„Wenn ich gewusst hätte, dass Sie kommen, hätte ich mir was einfallen lassen“, gab sie zurück.

„Ach ja?“ Wieder ließ er seinen Blick über ihren Körper wandern und registrierte ihre verlockenden Rundungen, die von dem Frotteetuch kaum verdeckt wurden.

Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Sie zog das Badelaken fester um ihren Körper. Es war unerträglich, nahezu nackt vor einem vollkommen Fremden zu stehen. Besonders, wenn es ein derart beunruhigender Fremder war wie Connor Preston.

„Sie wissen genau, was ich meine“, entgegnete sie bissig. Ihre Nerven lagen blank. Die vergangene Woche war anstrengend gewesen, und nun auch noch dies. Sie atmete tief durch und zählte bis drei. „Lassen Sie uns schlafen und morgen früh alles Weitere regeln. Ich bezweifle, dass Sie die Nacht in einem Bett voller Orangensaft verbringen wollen, oder?“ Sie verzog das Gesicht und hoffte, dass sie ein akzeptables Lächeln zustande brachte.

Noch einmal musterte er sie. „Okay“, sagte er dann und fuhr mit der Hand über seine Augen. „Ich war den ganzen Tag unterwegs und bin viel zu müde, um jetzt noch lange zu streiten. Heute Nacht werde ich auf dem Sofa schlafen. Morgen reden wir weiter.“

Abrupt wandte er sich ab, verließ das Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu. Josie blieb in einem Gefühlschaos zurück.

Es war schon spät am nächsten Morgen, als sie aufwachte.

Sie hatte in der Nacht noch versucht, ihren Laptop zu retten, doch es war hoffnungslos. Dann hatte sie aus der Erinnerung in Stichworten aufgeschrieben, was in dem Angebot gestanden hatte, und sich bemüht, die aufsteigende Panik zu unterdrücken. Schließlich war sie in einen unruhigen Schlaf gefallen. All ihre Sinne waren in Alarmbereitschaft, das hing natürlich mit Connors plötzlichem Auftauchen zusammen. Jedes Knarren der alten Bodendielen, jedes Knacken im Holzgebälk hatte sie aufschrecken lassen. Erst im Morgengrauen, als die Vögel schon anfingen zu zwitschern, war sie endlich vor Erschöpfung tief und fest eingeschlafen.

Sie blieb noch einen Moment liegen, starrte an die Decke und dachte über ihre Pechsträhne nach. Die vergangenen Wochen waren nicht gerade die besten ihres Lebens gewesen, und es schien so, als würde sich daran so schnell nichts ändern. Mit ein bisschen Glück ließ sich ihr Computer wieder starten, wenn er getrocknet war. Dann musste sie wenigstens das Angebot nicht noch einmal komplett ausarbeiten. Wenn nicht – dann blieb ihr immer noch die Hoffnung, dass ein Computerspezialist die Dateien retten konnte. Dabei hatte sie eigentlich keine Zeit zu verlieren. Ihr beruflicher Zeitplan war eng genug.

Und nun hatte sie auch noch ein zusätzliches Problem. Ganz offensichtlich war Abigails Bruder ziemlich verärgert, dass jemand sein Ferienhaus nutzte. Und das war durchaus verständlich. Andererseits hatte sie Abi versprochen, sich nach dem Debakel der letzten Wochen endlich mal eine Auszeit zu gönnen.

Vielleicht hätte Abi ihre Bedenken darüber, dass die Firma im Moment schlecht lief, ernster genommen, wenn sie nicht vor der versammelten Mannschaft ausgeflippt wäre. So aber hatte sie sich zum Narren gemacht.

Kein Wunder, dass ihre Geschäftspartnerin so vehement darauf bestanden hatte, dass Josie ein paar Wochen ausspannte, „um jedem die Gelegenheit zu geben, wieder ein bisschen herunterzufahren und alles noch einmal zu überdenken“, wie Abi sich ausgedrückt hatte. Josie hatte nachgegeben, um ihr angespanntes Verhältnis nicht noch mehr zu strapazieren.

Außerdem hatte es durchaus reizvoll geklungen, einige Zeit freizunehmen. Aber jetzt war dieser Bruder aufgetaucht und beanspruchte das Haus für sich. Josie hatte keine Lust, sich in der Hauptsaison ein Zimmer in einem der gesichtslosen Hotels zu suchen. Und wenn sie es recht überlegte, gehörte dieses Haus Abi genauso wie Connor. Und sie war zuerst hier gewesen.

Entschlossen schob sie die Bettdecke zur Seite und setzte sich auf die Bettkante, um den luxuriösen Moment zu genießen, die Füße in den flauschigen Persianerteppich zu stecken. Dann stand sie auf und öffnete die Türen des antiken Kleiderschranks. Sie nahm Jeans und ein bequemes T-Shirt heraus und zog die immer noch mit Orangensaft getränkte Bettwäsche ab.

Als sie vor ein paar Tagen hier angekommen war, hatte die prachtvolle Schönheit dieses Ortes sie beinahe umgeworfen. Sie hatte ein heruntergekommenes Ferienhaus irgendwo im Nirgendwo erwartet. Stattdessen hatte sie ein liebevoll renoviertes Landhaus vorgefunden, knapp zwanzig Minuten von Aix-en-Provence entfernt.

Im Erdgeschoss lagen die große Küche mit einem holzbefeuerten Herd und ein mit gemütlichen Ledersofas ausgestatteter Wohnraum. Es duftete wundervoll nach frischen Kräutern, Holzrauch und Sonne. Kein Vergleich mit den Ferienwohnungen, in denen sie mit ihrer Familie früher langweilige Urlaube verbracht hatte. Sie erinnerte sich noch an den faulig riechenden Nebel von Desinfektionssprays, mit denen ihre Mutter sämtliche Einrichtungsgegenstände am ersten Urlaubstag immer eingesprüht hatte.

Im Obergeschoss gab es ein großes Bad mit einer riesigen Badewanne und einer separaten Dusche, außerdem einen reizenden antiken Waschtisch. Das erinnerte sie daran, dass von den drei Schlafräumen nur einer möbliert war – der, in dem sie zurzeit schlief. Die anderen wirkten, als würden sie schon seit Jahren als Abstellkammern für alle möglichen Gegenstände und Kisten genutzt.

Es gab also nur ein Bett.

Sie musste unbedingt mit Abigails Bruder reden und herausfinden, was er vorhatte. Wenn er plante zu bleiben, musste sie ihn auf eine freundliche Art davon abbringen. Oder auch nicht ganz so freundlich, wenn er sich stur zeigte. Ein Mann, der Fragen stellte und ihren schwer errungenen Frieden gefährdete, war das Letzte, was sie jetzt brauchte. Sie würde hierbleiben, Abi beweisen, dass es ihr wieder gut genug ging, um zu arbeiten, und dann die Firma voranbringen.

Sie war als harte Verhandlungspartnerin bekannt, da würde sie das hier schon meistern.

Als sie ihr Gesicht im Spiegel sah, erschrak sie. Ihr blondes Haar war zerzaust und strähnig von der feuchten Bettwäsche, unter den Augen lagen dunkle Ringe.

Sie bürstete ihr Haar und wusch sich das Gesicht mit eiskaltem Wasser. Das musste zunächst reichen. Erst ein Frühstück, dann unter die Dusche, und schließlich das Gespräch mit Connor Preston.

Schon auf dem Treppenabsatz schlug ihr der Duft von frischem Kaffee und Rührei mit Schinken entgegen.

Er war also schon auf.

Im Flur standen mehrere schlammbespritzte Taschen, daneben ein Paar wuchtige Wanderschuhe.

Was für riesige Füße Sie haben, Mr Preston.

Ihre Erinnerung an ihn war nur noch vage, als hätte sie von diesem Mann nur geträumt.

Aber dieses Glück war ihr nicht vergönnt.

Mit dem Rücken zu ihr stand er am Herd, doch als sie leise herantrat, wandte er sich um. Sobald ihre Blicke sich trafen, war dieses seltsame Gefühl von gestern wieder da.

„Guten Morgen. Anscheinend schlafen Sie gut in meinem Bett.“

Seine Stimme war noch immer ein bisschen brummig, aber sehr viel freundlicher als gestern. Und ja, er war genauso beeindruckend wie in ihrer Erinnerung. Ein leichter Schauer strich über ihren Rücken.

Sieh es als Geschäftsverhandlung, Josie. Lass nicht zu, dass er dich mit seinem Charme einwickelt. Du bist eine starke, kompetente Frau. Übernimm die Kontrolle.

„Stimmt, es ist echt gemütlich“, gab sie unbeeindruckt zurück. Sie würde sich nicht dafür entschuldigen, vergangene Nacht nicht nachgegeben zu haben. Er sollte nicht den Eindruck bekommen, sie sei eine naive Blondine und der Kampf gegen sie ein Kinderspiel.

Mit einer lässigen Handbewegung deutete er auf einen der Stühle an dem langen Esstisch. „Setzen Sie sich. Ich mache hier noch den Rest, und dann können wir uns unterhalten.“

Sein Kommandoton störte sie, aber sie ging darüber hinweg und setzte sich ihm gegenüber. Mit gerader Haltung stützte sie die Ellenbogen auf den Tisch, bereit, jeden Zentimeter ihrer Seite zu verteidigen. Sie musste ihre Waffen klug wählen, denn diese Schlacht galt es zu gewinnen.

Allein seine Größe und seine natürliche Stärke waren raumfüllend. Mit seiner breiten Statur wirkte er beinahe einschüchternd.

Und sie war es nicht gewohnt, eingeschüchtert zu sein. Immerhin maß sie selbst schon gut einen Meter achtzig, das verlieh ihr eine gewisse Autorität, doch neben diesem Mann fühlte sie sich fast klein.

Für einen Moment hörte er auf, die Eier zu verrühren, und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. Sein blondes Haar wirkte noch zerzaust vom Schlaf. Es war eine völlig harmlose Handbewegung, doch Josie spürte, wie sie erschauerte. Was war nur los mit ihr? Ganz eindeutig hatte sie nicht lange genug geschlafen. Energisch verschränkte sie die Hände ineinander, damit sie aufhörten, nervös zu zucken.

Fasziniert sah sie zu, wie er Kaffee in zwei getöpferte Becher gab und Eier mit Speck aus der Pfanne auf zwei Teller verteilte. Dann stellte er alles auf den Tisch, setzte sich und machte sich hungrig über das Frühstück her, ohne Josie eines Blickes zu würdigen.

Er brauchte nicht einmal zwei Minuten, um alles aufzuessen. Zufrieden lehnte er sich zurück und wartete geduldig, bis auch Josie fertig war. Sein Blick brannte förmlich auf ihrer Haut, doch sie zwang sich, auf ihren Teller zu schauen und die Gabel ruhig zum Mund zu führen.

Schließlich schob sie den Teller zur Seite, griff nach dem Becher und sah Connor erwartungsvoll an. Unverwandt erwiderte er ihren Blick, und sie spürte seine Willensstärke. Ganz eindeutig wollte er ebenso wenig das Haus mit ihr teilen wie sie mit ihm.

Ihr Herz hämmerte gegen ihre Brust, doch sie hielt seinem Blick stand.

Auf diese Weise gewann er seine Schlachten, dachte sie. Mit wortloser Einschüchterung. Er wartete einfach schweigend ab, bis sie es nicht mehr aushielt und anbot abzureisen. Sie kannte diesen Trick von mehreren Geschäftsverhandlungen. Gerade als Frau in einer leitenden Position hatte sie lernen müssen, mit dieser Art des Widerstands umzugehen. Mittlerweile war sie geübt darin, und so erwiderte sie einfach seinen Blick, ohne ein Wort zu sagen.

Er hatte beeindruckend gletscherblaue Augen, umrahmt von einem dunkelblauen Ring. Sein Blick ging so tief, dass sie beinahe nachgegeben hätte.

Keine Chance, Kumpel.

Nach einer gefühlten Ewigkeit stellte Connor den Becher auf den Tisch. Ein winziges Lächeln glitt über sein Gesicht. Plötzlich veränderte sich seine Miene komplett: Seine Augen leuchteten warm, seine scharf geschnittenen Konturen wurden weicher und ließen ihn jünger wirken, zugänglicher, menschlicher. Reizvoll.

Ein Zittern fuhr durch ihren Körper, als ein plötzliches Verlangen sie durchzog, und sie verschüttete etwas von ihrem Kaffee.

Verdammt.

Sie biss die Zähne zusammen und ignorierte die heiße Flüssigkeit, die ihre Jeans durchnässte. Hoffentlich hatte er nichts bemerkt.

Sein Lächeln machte einem besorgten Ausdruck Platz. „Alles okay? Tut es weh?“

„Nein, alles gut“, murmelte sie und stellte ihren Becher vorsichtig auf den Tisch, ehe noch mehr passieren konnte.

Er nutzte ihre Schwäche aus und wagte einen Vorstoß. „Also, Josie, wann fahren Sie zurück?“

Sein Tonfall war freundlich, als plauderte er einfach nur höflich, doch die Schärfe, die unterschwellig mitschwang, entging ihr nicht. Er war wirklich gut.

Sie straffte die Schultern und bedachte ihn mit ihrem geübten Alles-unter-Kontrolle-Gesichtsausdruck, ehe sie antwortete. Zufrieden stellte sie fest, dass er den Blickkontakt abgebrochen und sich weiter zurückgelehnt hatte, um ihr räumlich auszuweichen.

„In einer Woche, oder in zwei“, erklärte sie. „Abigail hat mir das Haus angeboten, und ich fühle mich hier wohl.“ Kampflustig sah sie ihn an. „Ich habe seit drei Jahren keinen Urlaub mehr gemacht, und Ihre Schwester meinte, ich brauchte dringend eine Pause.“

Das war etwas untertrieben, aber es gab keinen Grund, ihm die ganze Wahrheit zu sagen. Schließlich hatte sie auch ihren Stolz.

Er rieb sich die Augen. Ganz offensichtlich hatte er auf dem kleinen Sofa nicht ganz so viel Schlaf bekommen.

Jetzt tat er ihr fast ein bisschen leid. „Mir ist klar, dass dies Ihr Haus ist und dass Sie Ihre Ruhe haben möchten. Aber trotzdem können Sie mich nicht einfach rauswerfen.“ Drohend hob sie den Zeigefinger. „Das Haus gehört Abigail ebenso wie Ihnen, und keiner von uns hatte damit gerechnet, dass Sie hier auftauchen. Warum haben Sie Ihrer Schwester nicht Bescheid gesagt?“

Er beugte sich vor, und sie konnte nicht verhindern, dass sie ganz automatisch vor seiner überbordenden Kraft zurückwich. „Ich bin niemandem Rechenschaft schuldig, ganz besonders meiner Schwester nicht.“ Laut trommelte er mit den Fingern auf der Tischplatte. „Sie weiß ganz genau, dass ich mich hierhin zurückziehe, wenn ich nicht gerade unterwegs bin. Und sie selbst wohnt nie hier. Ich wüsste nicht, warum ich es dulden sollte, dass sie aus einer Laune heraus ihre hergelaufenen Freunde hier Urlaub machen lässt.“

Er sprach leise und ruhig, hatte sich vollkommen unter Kontrolle. Aber sie sah nicht ein, sich einfach hinauswerfen zu lassen.

„Ich bin keineswegs ‚einer ihrer hergelaufenen Freunde‘. Und ich werde nicht gehen.“ Entschlossen verschränkte sie die Arme vor der Brust und biss sich auf die Lippe. Er starrte auf ihren Mund, und sie rutschte unsicher auf ihrem Stuhl herum. Ihr Herz schlug schneller, als ihre Blicke sich trafen. Seine Pupillen waren groß und schwarz und ließen nur noch einen winzigen Rand der hellblauen Iris übrig.

Wie hatte sie es wagen können, so mit ihm zu reden? Sie hätte kühl und nachvollziehbar argumentieren sollen, statt ihn zu provozieren. Doch seine Nähe ließ sie keinen klaren Gedanken mehr fassen. Das passte gar nicht zu ihr. Sie hatte kaum Zeit, um sich Gedanken über Männer zu machen – geschweige denn, mit ihnen zu flirten.

„Und was soll ich Ihrer Meinung nach nun tun? Auf der Couch schlafen, bis Sie sich gnädigerweise dazu herablassen abzureisen?“ Ein Lächeln spielte kaum merklich um seine Mundwinkel.

Sie legte die Hände offen auf den Tisch, atmete tief durch und sah ihn dann ernst an. „Soweit ich weiß, gehört dieses Ferienhaus Abi genauso wie Ihnen. Und es war geplant, dass ich hier ein bisschen Urlaub mache – endlich mal ausspanne und zur Ruhe komme. Es ist schließlich nicht mein Problem, dass Ihre Schwester und Sie nicht in der Lage sind, vernünftig miteinander zu reden.“

Sein Lächeln erstarb. „Sie erwarten, dass ich gehe?“

Etwas an seiner Stimme ließ sie dahinschmelzen. Bleib hart, Josie. Ignoriere seine Wirkung auf dich. „Ganz genau.“ Während sie mit den Fingern eine kleine Melodie auf der Tischplatte trommelte, wartete sie auf seine Reaktion.

„Warum sollte ich?“ Seine Miene war ausdruckslos.

„Weil ich zuerst hier war.“

Fassungslos lachte er auf. „Sie stellen Ansprüche an mein Haus?“

„Das ist eine ziemlich erfolgreiche Verhandlungstaktik.“

Er bedachte sie mit einem abschätzenden Blick, und sie straffte sich, machte sich bereit für seinen Gegenschlag.

„Können Sie kochen?“

Wie bitte?

„Wenn Sie damit nicht gerade meinen, ein Essen in der Mikrowelle aufzuwärmen oder Milch über Müsli zu gießen – nein.“

Fragend sah er sie an, und sie spürte, wie sie errötete.

„Ich arbeite viel. Und wenn ich endlich frei habe, ist Kochen das Letzte, wozu ich Lust habe“, erklärte sie.

„Tatsächlich? Ich finde Kochen entspannend.“

Noch immer ruhte sein Blick auf ihr, und ihre Haut glühte.

„Was machen Sie denn, um zu entspannen?“

Es klang fast wie ein Tadel. Sie schob ihr Kinn vor und wich seinem Blick aus. Warum nur fühlte sie sich in seiner Gegenwart so unsicher? Schließlich gab es nichts, weswegen sie sich schämen musste.

„Manchmal gehe ich zum Sport.“ Sie zermarterte sich das Hirn auf der Suche nach irgendetwas, das ihm imponieren könnte. Doch ihr fiel nichts ein.

Missbilligend schüttelte Connor den Kopf, doch sein Gesichtsausdruck wurde wieder freundlicher. Als er sich zu ihr herüberbeugte, stellten sich ihre Nackenhärchen auf. Sein Blick blieb an ihren Lippen hängen, und ihr Herz raste.

„Ich bin mir sicher, wir werden eine Regelung finden.“

Seine Stimme war dunkel und ruhig, und die Doppeldeutigkeit seiner Worte verfehlte nicht ihre Wirkung auf Josie. Plötzlich stand er auf, schob seinen Stuhl zur Seite, nahm die Teller und stellte sie an die Spüle. Kurz hielt er inne, dann wandte er sich um. Herausfordernd sah er sie an.

„Sie könnten mir die Haare schneiden.“

Voller Erstaunen sah sie ihn an. Er verwirrte sie, und gleichzeitig reagierte sie voller Lust auf ihn. Was hatte er vor? Diese Mischung aus starkem Selbstbewusstsein und provokativer Neckerei irritierte sie vollends.

„Ich soll Ihnen die Haare schneiden?“

„Genau.“

Ungläubig lächelte sie ihn an. „Was haben Sie gegen Friseure?“

„Das ist Geldverschwendung. Und außerdem habe ich keine Lust, einen ganzen Vormittag damit zu vergeuden, nach Aix zu fahren, nur um mir die Haare schneiden zu lassen. Andererseits habe ich es satt, dass sie mir in die Augen hängen. Sie müssen nur ein paar Zentimeter insgesamt abschneiden. Dann bin ich wieder gesellschaftsfähig.“

Josie entspannte sich. „Und dann überlassen Sie mir das Haus?“

Er zuckte die Schultern. „Kommt darauf an, wie gut Sie es machen.“

Sie schnaubte. „Und wenn ich ihre Haare komplett verschneide?“

„Das glaube ich nicht. Kommen Sie, Josie, ich erwarte keine Doktorarbeit in Raumfahrttechnik von Ihnen, sondern einen simplen Haarschnitt. Mit meinen Fingern passe ich nicht in die winzigen Löcher einer kleinen Schere, also müsste ich ein Messer nehmen. Oder die Heckenschere.“

„Könnte sein, dass ich die auch brauche. Ihre Haare sehen wirklich wüst aus.“

Wieder war da dieses kleine Lächeln um seine Mundwinkel, und ihr Körper spielte verrückt.

„Im Regenwald gibt es nicht so viele Möglichkeiten, sich zu pflegen.“

Er strich sein Haar zurück, und der Anblick seiner langen, kräftigen Finger ließ sie erbeben. Wie mochte es sein, diesen muskulösen Körper zu spüren? Ein sehnsuchtsvolles Verlangen zog durch ihren Bauch, und sie rutschte unruhig auf ihrem Stuhl herum.

Sie räusperte sich und riss den Blick von Connor los, betrachtete stattdessen die Hängeschränke, die Terrassentüren … Alles, nur nicht diesen unwiderstehlichen Körper. Sie brauchte ganz dringend Bewegung. Was zum Teufel war nur mit ihr los?

Autor

Christy Mc Kellen
Mehr erfahren