Sexy Skandal um den Boss

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Wie konnte das nur passieren? Tami ist verzweifelt. Sie hat sich in ein Lügennetz verstrickt! Ihr eigener Vater hat sie skrupellos erpresst, in Keaton Richmonds Unternehmen zu spionieren. Dabei ist Keaton nicht nur Tamis Boss, sondern auch ein sexy Traummann, für den sie heimlich schwärmt. Als er sie in den Himmel der Lust entführt, beginnt Tami, von einem Für immer mit ihm zu träumen. Aber sie weiß auch, dass es ein Riesenskandal wäre, wenn ihre Betriebsspionage rauskäme! Diesen Betrug würde Keaton ihr niemals verzeihen …


  • Erscheinungstag 09.11.2021
  • Bandnummer 2210
  • ISBN / Artikelnummer 9783751503914
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Das ist Ihr Arbeitsplatz. Setzen Sie sich.“

Wow, ganz schön unfreundlich. Tami setzte sich und sah die Frau aus der Personalabteilung, die sie in der Empfangshalle von Richmond Developments abgeholt hatte, abwartend an.

Sie zupfte an ihrem Rock. Normalerweise fühlte sie sich in Leggings und T-Shirt wohler, aber hier musste sie sich dem Dresscode anpassen. Ohne Kostüm ging gar nichts. Auch wenn sie sich immer noch über den Preis ärgerte. Nicht, weil sie sich das Kostüm nicht hätte leisten können. Aber wie viele Mahlzeiten für obdachlose Familien hätte sie von dem Geld kaufen können! Tami hatte lange in einer karitativen Organisation gearbeitet, in dem Punkt konnte man ihr nichts vormachen. Sie hatte den Job aus demselben Grund aufgeben müssen, aus dem sie jetzt bei Richmond Developments anfing.

Ihrem Vater gehörte die Baufirma Everard Corporation, und er war nicht davon abzubringen gewesen, seine Tochter als Spionin bei seinem Rivalen einzusetzen. Ihre Mutter hatte es übernommen, Tami für ihre neue Rolle auszustatten. Dazu gehörten Business-Kleidung, Schuhe, Make-up, Maniküre, eine ordentliche Frisur – und sogar ein neues Handy. Der Zweck heiligt die Mittel, wiederholte Tami wie ein Mantra, wenn sie kurz davor war, alles hinzuwerfen. Wenn das hier vorbei war, konnten die teuren Klamotten in den Fundus der nächsten Wohltätigkeitsauktion wandern, die ihre Mutter organisierte.

Die makellos gekleidete Personalerin setzte jetzt ein Lächeln auf, das man kaum als solches bezeichnen konnte. Die Haut um ihre kalten blauen Augen blieb straff. Nicht die Spur eines Fältchens. Ob hier alle so waren? So abweisend und kühl? Dann war der Job noch mühsamer als gedacht. Was aber, wenn diese Person der Maulwurf war, den ihr Vater eingeschleust hatte? Der dafür gesorgt hatte, dass Tami diesen Job bekam, um die Geschäftsleitung von Richmond Developments auszuspionieren?

„Wir versuchen hier in einem papierfreien Büro zu arbeiten“, sagte die Frau in leicht überheblichem Ton. „Alles läuft über Computer und Handys. In der nächsten halben Stunde bekommen Sie Ihre Passwörter von der IT-Abteilung. Die sind nur für Sie bestimmt, also geben Sie sie nicht weiter. Verstanden?“

Wenn du wüsstest … Keiner hier ahnte, warum Tami diesen Job angenommen hatte. Nur ihr Vater und sie wussten Bescheid – und die karitative Organisation, für die sie vorher gearbeitet hatte und deren Bankkonten irgendein Schweinehund geleert hatte. Irgendein …? Leider wusste Tami nur zu genau, wer es gewesen war. Sie hätte sich immer noch ohrfeigen können, weil sie ihrem Freund erlaubt hatte, ihren Laptop zu benutzen. Ihrem Ex-Freund zwar, aber immer noch schlimm genug.

„Keine Sorge. Ich nehme Sicherheitsvorkehrungen sehr ernst.“

Sie hatte ihre Lektion auf die harte Tour gelernt. Ihr Ex Mark Pennington, der wie sie für Our People, Our Homes gearbeitet hatte, hatte Tamis Laptop benutzt, um mit ihren Codes Zugang zu den Geschäftskonten zu bekommen, die er dann abgeräumt hatte. Dass Mark ihr Vertrauen missbraucht hatte, war schon schlimm genug. Aber dass er das Geld gestohlen hatte, das für die Ärmsten der Armen vorgesehen gewesen war, das würde sie ihm nie verzeihen. Ihr wurde schlecht, wenn sie nur daran dachte.

Also war sie zu ihrem Vater gegangen und hatte ihn um Hilfe gebeten. Das Erbe ihrer Großmutter hätte problemlos gereicht, um den Betrag zu ersetzen, doch der Zugang zu diesem Geld war ihr verwehrt, weil ihr Vater sie als zu verantwortungslos erachtete. Und das nur, weil sie als Teenager hin und wieder über die Stränge geschlagen hatte. Na und?

Tami war also nichts anderes übrig geblieben, als ihren Vater um Geld zu bitten, was ihr nicht leichtgefallen war. Er war bereit, ihr das Geld der Großmutter zu geben, aber nur unter einer Bedingung: Sie sollte sich in die Firma seines größten Konkurrenten einschleusen lassen, um die Pläne der Geschäftsleitung auszuspionieren.

„Gut“, sagte Ms. Personalabteilung. „Mr. Richmond wird in Kürze hier sein. Normalerweise regelt er seine Sachen selbst. Aber rechnen Sie damit, jederzeit an einem Meeting teilnehmen zu müssen. Mr. Richmond erwartet, dass Sie Gesprächsnotizen machen, die sie später in die Cloud hochladen, zu der nur er und Sie Zugang haben. Ist das klar?“

„Jawoll!“ Am liebsten hätte Tami salutiert und die Hacken zusammengeschlagen.

Kurz sah die Personalerin sie irritiert an, dann nickte sie knapp. „Wenn Sie Fragen haben, können Sie mich telefonisch oder per E-Mail erreichen. Die Kontaktdaten finden Sie im Computer.“

„Danke. Ich denke, ich werde gut zurechtkommen.“

„Gut ist nicht genug.“ Die Frau hob eine perfekt gestylte Augenbraue und schüttelte tadelnd den Kopf. „Mr. Richmond ist absolut top in allem, was er tut. Und das erwartet er auch von seinen engsten Mitarbeitern.“

„Verstanden. Ist das alles?“, fragte Tami beherrscht, was ihr nicht leichtfiel. Viel lieber wäre sie jetzt in der Suppenküche, wo sie Essen ausgab und Familien tröstete.

„Momentan schon. Einen guten Tag.“ Ms. Personalabteilung rauschte aus der Tür.

Als Tami allein war, sank sie auf den Schreibtischstuhl. „Der immerhin ist bequem“, sagte sie halblaut und drehte sich einmal um die eigene Achse. „Mr. Richmond ist absolut top in allem und erwartet das auch von seinen engsten Mitarbeitern!“, äffte sie den Tonfall der Personalfrau nach und schwang mehrmals herum.

Als sie ein Geräusch hinter sich hörte, kam sie zu einem abrupten Halt und sah sich hastig um. Ein Mann stand vor ihr. Perfekt gekleidet von den glänzenden Lederschuhen über den dunklen Maßanzug bis zu dem weißen Hemd mit der zart gemusterten Krawatte. Auch sein Haar war tadellos geschnitten, selbst in seinem gepflegten Bart saß jedes Härchen an seinem Platz.

„Sie sind Ms. Wilson?“, sagte er mit einer tiefen, wohlklingenden Stimme. Es war eher eine Feststellung als eine Frage. Der Klang seiner Stimme ließ Tamis Inneres schmelzen.

Das konnte nicht wahr sein! Hatte sie seit dem Desaster mit Mark nicht den Männern für immer und ewig abgeschworen? Trotz ihrer verrückten Reaktion auf seine Stimme nahm Tami sich zusammen, stand auf und reichte ihm mit einem Lächeln die Hand, was sie das ganze Wochenende über vor dem Spiegel geübt hatte. „Ja. Aber bitte sagen Sie Tami zu mir. Sie sind Mr. Richmond?“

Er sah Tami mit seinen klaren grauen Augen an, als könnte er tief in ihre Seele blicken. Ein kurzes Zögern, dann nahm er ihre Hand und lächelte. Was für ein Lächeln! Tamis Knie wurden weich, und sie zog schnell die Hand zurück.

„Ja, ich bin Keaton Richmond. Mein Bruder Logan und ich sind eineiige Zwillinge. Es wird für Sie anfangs nicht einfach sein, uns auseinanderzuhalten. Aber das ist notwendig, denn Sie arbeiten ausschließlich für mich. Ist das klar?“

Tami unterdrückte ein Seufzen. Was hatten die hier bloß alle mit ihren Regeln? Es würde schwierig werden, ihren eigentlichen Auftrag zu erfüllen. Andererseits war diese Haltung verständlich. Der alte Richmond war vergangene Weihnachten gestorben. Danach hatte sich herausgestellt, dass er ein zweites Leben an der Ostküste geführt hatte, mit Frau und Kindern und einer zweiten Firma, DR Construction. Kein Wunder, dass die Richmond-Brüder besonders vorsichtig waren.

„Ms. Wilson?“ Er sah sie fragend an.

„Entschuldigung! Ja, selbstverständlich“, versicherte sie schnell. Sie war rot geworden, das spürte sie genau. Mist. Das war alles andere als ein guter Einstieg.

Irritiert betrachtete Keaton seine neue Assistentin. Was war mit ihr los? Er fragte sich, ob er Monique aus der Personalabteilung die Auswahl lieber nicht hätte überlassen sollen. Vielleicht war sie nicht so sorgfältig vorgegangen, wie er es sonst von ihr gewohnt war. Oder die Auswahl an Kandidaten war nicht sehr groß, und diese Tami Wilson das Beste, was Monique bekommen konnte. Nach dem Skandal wollten viele qualifizierte Arbeitskräfte nichts mehr mit der Firma zu tun haben und hatten gekündigt.

Er seufzte leise. „Okay, Tami, dann wollen wir mal. Kommen Sie mit in mein Büro, damit wir ein paar Sachen durchgehen können.“

„Soll ich mir Notizen machen?“

Unwillkürlich blieb sein Blick auf ihren vollen Lippen hängen, als sie ihre Unterlippe zwischen die Zähne zog. Dann sah er ihr in die Augen. Haselnussbraun mit einem golden-grünlichen Schimmer. Noch nie hatte er eine Frau mit solchen Augen gesehen. Oder mit solchen dichten schwarzen Wimpern. Ob die echt sind? Geht mich nichts an. Schnell wandte er den Blick ab. „Sofern Sie nicht ein phänomenales Gedächtnis haben, wäre das vielleicht eine gute Idee. Zumindest bis wir wissen, wie wir am besten zusammenarbeiten.“

Falls wir weiter zusammenarbeiten. Denn diese Tami Wilson war eine ständige Ablenkung, das war ihm bereits jetzt klar. Sehr viel attraktiver als sein früherer Assistent. Und ihr Kostüm und die Schuhe kamen nicht von der Stange. Sie war mehr als einfach nur eine Ablenkung. Und genau das konnte er nicht gebrauchen. Zusammen mit seinen Geschwistern Logan und Kristin kämpfte er um das Überleben von Richmond Developments, und dafür brauchte er seine ganze Konzentration. Vielleicht sollte er Tami irgendwo anders in der Firma unterbringen. Denn die Vorstellung, die nächste Woche allein mit ihr zu verbringen, klang nach seinem schlimmsten Albtraum.

Mit schnellen Schritten ging er in sein Büro. Tami folgte ihm. Er setzte sich hinter seinen Schreibtisch und deutete auf einen der Stühle gegenüber. „Bitte, setzen Sie sich.“

Während sie Platz nahm, rutschte ihr Rocksaum ein wenig nach oben. Sein Blick fiel auf ihre wohlgeformten Beine. Sie tippte mit ihrem Bleistift auf ihr Handy, das in einer Hülle aus schwarzem glattem Leder steckte. Auch nicht billig. Sah nicht so aus, als müsste Ms. Wilson jeden Cent umdrehen … Irgendwie wirkte sie ganz anders als die anderen Angestellten.

Offenbar hatte sie das Firmenhandy noch nicht bekommen. Da sämtliche Informationen der Firma in einer Cloud abgelegt wurden, musste er vorläufig vorsichtig sein, was er mit Tami besprach. Die Konkurrenz wartete nur darauf, dass Interna nach außen drangen. Auf keinen Fall durfte sie ihr privates Handy für geschäftliche Notizen benutzen. Er zog sein Tablet zu sich heran, öffnete ein neues Dokument und schob das Tablet über den Schreibtisch.

„Hier, nehmen Sie erst mal das hier, bis Sie Ihr Firmenhandy bekommen. Sie können die Notizen handschriftlich machen. Sie werden automatisch in Text konvertiert, auf den wir später beide Zugriff haben.“

„Ach so, ja, natürlich. Ich habe zuletzt für eine Wohltätigkeitsorganisation gearbeitet, da waren wir etwas lockerer.“

Das verwunderte ihn nun wieder. „Wir waren früher in diesen Dingern auch sorgloser“, erklärte er, „aber in letzter Zeit müssen wir vorsichtiger sein. Doch jetzt würde ich gern etwas mehr über Sie erfahren. Wo haben Sie zuletzt gearbeitet, und warum haben Sie sich auf diesen Job bei uns beworben?“

„Hm, also … ich habe für Our People, Our Homes gearbeitet, eine karitative Einrichtung, die sich um Obdachlose kümmert. Nicht nur, was Essen und Nachtquartiere betrifft, sondern wir versuchen auch, Wohnungen zu finden. Die Arbeit war herausfordernd und befriedigend, und ich habe sie gern getan. Aber jetzt …“, Tami schluckte und holte tief Luft, „jetzt habe ich das Gefühl, es ist an der Zeit, etwas anderes zu machen. Richmond Developments ist ein etabliertes Unternehmen mit einem sehr guten Ruf. Während meine bisherige Arbeit mir die Gelegenheit gab, mit unterschiedlichen Menschen und Anforderungen zurechtzukommen, so kann ich hier mein Wissen über Organisation und Projektmanagement ausbauen und gleichzeitig mein Kommunikationstalent und meine Menschenkenntnis einbringen.“

Gut gesagt. Dennoch hatte Keaton das Gefühl, dass noch etwas anderes dahintersteckte. Warum hatte sie eine Arbeit aufgegeben, die ihr so viel Freude machte? „Und was tun Sie in Ihrer Freizeit?“, fragte er.

Sie lachte leise, so ansteckend, dass Keaton unwillkürlich lächeln musste. „Freizeit? Kenne ich kaum. Die Arbeit bei Our People, Our Homes hat fast meine ganze Zeit in Anspruch genommen. Und den Rest verbringe ich bei anderen Hilfsorganisationen. Es ist sehr befriedigend für mich, Hilfsbedürftige zu unterstützen. Wenn ich abends Zeit habe, stricke ich gern. Das entspannt mich, und außerdem können Obdachlose warme Sachen immer gebrauchen.“

„Stricken? Ist das nicht was für alte Leute?“

„Wie bitte?“ Tami schüttelte den Kopf, lachte aber. „Alte Leute? Mr. Richmond, ist das nicht ein bisschen überheblich gegenüber Senioren?“

„Ja.“ Er deutete eine Verbeugung an. „Das war daneben, ich gebe es zu. Aber ehrlich gesagt kenne ich niemanden, der strickt. Meine Mutter schon gar nicht.“

„Aber es macht einen Riesenspaß“, sagte sie mit leuchtenden Augen. „Man arbeitet mit verschiedenen Materialien, unterschiedlichen Farben. Und dann entsteht aus einem Faden etwas, das man anziehen kann, das seinen Zweck erfüllt und woran man sich erfreuen kann. Das ist doch super, oder?“

„Wenn Sie es so sehen“, gab er lächelnd zu. Ja, diese Tami Wilson war anders, ohne Frage. Wenn er nicht aufpasste, drückte sie ihm noch Stricknadeln in die Hand. Und wie sie ihn auf charmante Art und Weise zurechtgewiesen hatte, das würde sich kaum einer seiner Mitarbeiter trauen. Sie war wie eine frische Brise, die die Firma durchlüftete. Und das konnte Richmond Developments weiß Gott gebrauchen.

Andererseits waren sie nicht hier, um sich zu amüsieren. Sondern um einer Firma zu altem Glanz und einer großen Zukunft zu verhelfen. Was bedeutete, dass er sich auf die anstehenden Aufgaben konzentrieren musste. Er wies auf den Stift, der oben am Tablet steckte. „Mit dem schreibt sich’s einfacher. Also, dann los.“

Sie nahm den Stift und sah Keaton aufmerksam an.

„Sie wissen sicher, dass Richmond Developments seit dem Tod meines Vaters Douglas sehr gelitten hat. Sein plötzlicher Tod und die Entdeckung seiner zweiten Familie waren ein Skandal, der dem Ruf der Firma enorm geschadet hat. Wir können uns keine Fehler mehr leisten. Ehrlichkeit und Transparenz muss unsere neue Devise sein, damit die Kunden wieder Vertrauen zu uns fassen. Und das gilt für die Geschäftsleitung wie für alle Mitarbeiter.“

Kurz flog ein Schatten über Tamis Gesicht, dann nickte sie. „Ich habe vom Tod Ihres Vaters gehört. Dieser Verlust hat Ihre Familie sicher hart getroffen.“

Keaton presste kurz die Lippen zusammen. Also wusste sie Bescheid. Vielleicht ganz gut, dann brauchte er diese ganze unappetitliche Sache nicht noch einmal durchzugehen. „Zurzeit betreiben wir Schadensbegrenzung. Wir arbeiten daran, das Vertrauensverhältnis innerhalb der Firma wieder aufzubauen und in einem zweiten Schritt das zu unseren Lieferanten und Kunden.“

„Ein guter Plan.“

Er lächelte leicht. „Schön, dass Sie einverstanden sind.“

Tami wurde knallrot. „Entschuldigung, so habe ich das nicht gemeint.“

„Ich weiß.“ Er grinste, wurde dann aber wieder ernst. „Was das Vertrauensverhältnis betrifft, sind Sie und ich in einer guten Lage. Wir können unbelastet bei null anfangen. Eine Beratungsfirma hat uns Vorschläge gemacht, wie wir das Teambuilding anpacken könnten. Sie und ich, wir sind ein Zweierteam und werden herausfinden, ob ein Outing geeignet ist, eine gute Beziehung zwischen den Mitarbeitern von Richmond Developments und DR Construction herzustellen, den beiden Firmen meines Vaters.“

Tami runzelte die Stirn. „Ein Outing? Das heißt, Sie und ich als Zweierteam in der Wildnis? Nur wir beide?“

„Ja. Ich weiß, das ist nicht ideal, weil wir uns überhaupt nicht kennen und nicht wissen, ob und wie wir miteinander auskommen. Aber als CEO muss ich mit gutem Beispiel vorangehen. Also werden wir morgen gleich mit dem Outdoor-Programm anfangen. Zwei andere Gruppen folgen. Am Samstagmorgen treffen wir uns mit ihnen.“

„Morgen soll es schon losgehen?“ Tami starrte Keaton ungläubig an. „Ich weiß doch gar nicht, was auf mich zukommt. Und wenn mir das Ganze nicht gefällt? Wie Sie richtig sagen, wir kennen uns überhaupt nicht. Und was bedeutet das, Outing? Überleben in der Wildnis? Ich bin in der Stadt aufgewachsen. Ich habe keine Ahnung, wie man sich in der Natur verhält.“

„Ich auch nicht. Also eine gute Gelegenheit, es herauszufinden. Ein Fahrer wird Sie morgen um fünf abholen.“

Tami sah ihn entsetzt an. „Um fünf? Fünf Uhr morgens? Das kann nicht Ihr Ernst sein.“ Sie lachte nervös. „Vor acht bin ich nicht zu gebrauchen.“

Keaton zuckte mit den Schultern. „Ich brauche Sie wohl nicht daran zu erinnern, dass Sie in der Probezeit sind. Sie wie auch ich können den Vertrag sofort kündigen. Wenn Sie nicht bei uns arbeiten wollen, können Sie gehen.“

Schockiert sah sie ihn an. „Nein, nein, so habe ich das nicht gemeint. Okay, morgen um fünf dann. Was soll ich mitnehmen?“

„Hier.“ Er schob ihr eine Liste zu.

„Ich denke, das hier ist ein papierloses Büro.“ Sie schlug sich die Hand vor den Mund. „Entschuldigung. Ich wollte Sie nicht kritisieren. Manchmal sage ich etwas, ohne nachzudenken.“

„Genau das wird mir auch vorgeworfen.“ Er lachte. „Vielleicht können wir beide daran arbeiten.“

Tami nickte und überflog die Liste. „Wanderschuhe. Rucksack. Abendkleidung?“ Sie sah Keaton fragend an. „Hm, sehr interessant. Wo geht’s eigentlich hin?“

„Nach Sedona.“

„Aber das ist …“

„In Arizona. Ungefähr drei Stunden Flug mit unserem Firmenjet. Danach noch etwa eine Dreiviertelstunde mit dem Auto bis zu unserem Ziel.“

„Oh … okay. Dann will ich mal sehen, ob ich bis morgen früh alles zusammen habe.“

„Ich kann mir vorstellen, dass Sie noch das eine oder andere besorgen müssen. Deshalb würde ich vorschlagen, dass wir den Rest des Vormittags hier im Büro für eine erste Einweisung nutzen. Ab Mittag haben Sie frei, damit Sie einkaufen können, was Ihnen für den Trip fehlt. Die Quittungen reichen Sie bei der Buchhaltung ein, die Ausgaben werden Ihnen erstattet.“

Sie nickte langsam und sah ihn unter ihren dichten schwarzen Wimpern nachdenklich an. Ihre Augen schienen bis auf den Grund seiner Seele zu blicken, ein sehr unbehagliches Gefühl. Es gefiel ihm nicht, dass sie eine solche Wirkung auf ihn hatte. Oder war er einfach zu misstrauisch und vermutete hinter jeder Ecke eine Falle?

Warum reagierte er so auf Tami Wilson? Weil sie attraktiv war? Das sollte ihm doch gleichgültig sein, denn Büroaffären hatte er hinter sich. Spätestens seit seine Mitarbeiterin und Verlobte mit seinem Zwillingsbruder geschlafen hatte. Auch wenn sie ihn mit Logan verwechselt hatte. Was geschehen war, war geschehen. Sie arbeiteten zwar alle drei weiterhin zusammen, aber die Beziehung war belastet.

Nein, davon hatte er gründlich die Nase voll, mochte Ms. Wilson noch so attraktiv sein.

Er schickte verschiedene Informationen von seinem Computer auf das Tablet. Tami machte sich Notizen dazu und stellte ein paar Fragen.

„Okay, das wär’s für heute“, sagte er schließlich. „Bitte geben Sie mir das Tablet zurück. Ich sorge dafür, dass Ihre Notizen in unsere Cloud hochgeladen werden. Sobald Sie Ihr eigenes Tablet und Handy haben, haben Sie Zugang zur Cloud.“

Sie reichte es ihm, und dabei berührten sich ihre Finger. Keaton zuckte leicht zusammen. Fluchtinstinkt? Auch sie schien etwas gespürt zu haben, denn sie zog schnell die Hand zurück und stand auf. Anziehung, flüsterte eine Stimme in seinem Inneren. Streng wies Keaton diesen Verdacht von sich und konnte doch den Blick nicht von ihr wenden, während sie zur Tür ging. Der schmale Rock betonte die sanfte Kurve ihrer Hüften, und die kurze Jacke gewährte ihm einen Blick auf ihre zierliche Taille.

Ärgerlich auf sich selbst drehte er sich zum Fenster um. War er denn von allen guten Geistern verlassen? Er hatte Besseres zu tun, als Tami Wilson hinterherzustarren. Die Tage mit ihr während dieses Outdoor-Experiments würden hart genug werden. Sie waren aufeinander angewiesen, und das nicht nur tagsüber, sondern auch während der Nacht.

2. KAPITEL

Als das kleine Flugzeug zum Landeanflug ansetzte, wandte Tami den Blick vom Fenster ab, ja, sie kniff sogar die Augen zusammen. Der Anblick der roten Kliffs war sicher atemberaubend, und die Hochebene, auf der der Flugplatz lag, sollte sehr beeindruckend sein. Aber die Schräglage der Maschine machte Tami zu schaffen.

Im Grunde war der Flug mit dem Firmenjet sehr angenehm gewesen. Unbehaglich war nur, dass Keaton Richmond ihr direkt gegenübersaß. Hin und wieder warf er ihr einen aufmerksamen Blick zu, was Tami mehr spürte, als dass sie es tatsächlich sah. Seine Nähe beunruhigte und erregte sie zugleich. Hin und wieder seufzte er leise, was wohl mit den Informationen zu tun hatte, die er von seinem Tablet ablas.

„Ich dachte, Arbeit sei auf diesem Trip tabu“, bemerkte sie.

„Ich wollte so viel wie möglich erledigen, bevor wir landen. Danach sind wir von so ziemlich allen Kommunikationskanälen abgeschnitten. Auch der Handyempfang soll sehr mäßig sein.“

„Das hört sich ja an wie …“ … im Mittelalter, wollte sie sagen, vermutete aber, dass er diesen Kommentar nicht sonderlich schätzen würde, „… eine Herausforderung“, schloss sie lahm. Doch Sekunden später umklammerte sie krampfhaft die Armlehnen.

„Keine Sorge, nur ein kleines Luftloch“, versuchte Keaton sie zu beruhigen. „Das ist normal für Landebahnen auf einer Hochebene. Hat man mir wenigstens gesagt.“

„Normal … ach so.“

Er lächelt kurz. „Außerdem stellen wir bei Richmond nur die besten Leute ein. Und das gilt auch für den Piloten.“

Die besten? Meinte er damit auch sie? Ein Schuldgefühl regte sich in ihr, aber sie unterdrückte es schnell. Denn gerade berührten die Räder den Boden, die Bremsen griffen, und Tami drückte sich gegen die Rückenlehne, als wolle sie mitbremsen. Ihre Fingerknöchel waren weiß vor Anstrengung. Sie hielt die Augen geschlossen, und als sie sie vorsichtig wieder öffnete, begegnete sie Keatons mitfühlendem Blick.

„Sie haben ja gar nicht erwähnt, dass Sie Flugangst haben“, sagte er leise.

„Nein. Darauf bin ich auch nicht besonders stolz. Ich habe schon Fortschritte gemacht. Früher brauchte ich nur einen Flugplatz zu betreten, und schon überfiel mich das große Zittern.“

„Da haben Sie sich aber gut beherrscht. Wenn ich Sie während des Fluges nicht beobachtet hätte, hätte ich es nicht bemerkt.“

Also hatte er sie die ganze Zeit beobachtet, oh Gott …

„Meine Mutter hat auch Angst vorm Fliegen“, fuhr er fort. „Vielleicht können Sie ihr ein paar Tipps geben, wenn wir wieder in Seattle sind.“

Anderen zu helfen, bereitete ihr Freude. Vielleicht lag es einfach in ihrer Natur. Manchmal hatte sie allerdings den Verdacht, dass sie sich so gern um andere kümmerte, damit sie ihren eigenen Problemen nicht ins Auge sehen musste.

„Gern. Aber ich kann nicht garantieren, dass meine Methoden auch bei Ihrer Mutter wirken.“

„Verstehe.“

Die Maschine hielt, und kurz darauf informierte sie der Pilot, dass sie aussteigen konnten. Keaton schaltete sein Tablet aus und verstaute es in einem Fach neben seinem Sitz. „Kommen Sie. Sobald wir unser Gepäck haben, holen wir unseren Mietwagen ab und machen uns auf den Weg zum Camp.“

„Okay …“ Tami war nervös. Das hier war ihr erster Campingausflug, und sie hatte keine Ahnung, was auf sie zukam. Nach der Liste, nach der sie ihre Sachen gepackt hatte, schien das Ganze nicht auf die allzu raue Tour abzulaufen. Sie warf einen Blick auf Keaton. Seine Augen glänzten vor Abenteuerlust und Entschlossenheit.

Autor

Yvonne Lindsay

Die in Neuseeland geborene Schriftstellerin hat sich schon immer für das geschriebene Wort begeistert. Schon als Dreizehnjährige war sie eine echte Leseratte und blätterte zum ersten Mal fasziniert die Seiten eines Liebesromans um, den ihr eine ältere Nachbarin ausgeliehen hatte. Romantische Geschichten inspirierten Yvonne so sehr, dass sie bereits mit...

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