Tango der Leidenschaft

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In den Armen des attraktiven Millionärs Don Rafael verspürt die schöne junge Isobel zum ersten Mal die Erotik des Tangos. Eine Sehnsucht regt sich in ihr - heiß und verboten. Sie darf diesen Mann nicht begehren! Sie muss woanders hinschauen, irgendwohin, nur nicht in diese verführerisch dunklen Augen. Denn auch wenn Argentiniens begehrtester Junggeselle und sie wie ein strahlendes Traumpaar scheinen, liegt ein dunkler Schatten auf Isobels Glück. Immer mehr spricht dafür, dass Rafael nur sein berechnendes Spiel mit ihr treibt. Sie aber hat schon längst ihr Herz verloren …


  • Erscheinungstag 08.02.2011
  • Bandnummer 1960
  • ISBN / Artikelnummer 9783863496586
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Don Rafael betrachtete kritisch die junge Frau, die ihm gegenüber stand. Sie ist auch nicht anders als all die feinen jungen Damen der High Society hier in Buenos Aires, dachte er abfällig. Reich und verwöhnt. Allerdings kam sie ihm ein wenig blass vor. Das lag wahrscheinlich an ihrem englischen Vater. Doch ihre Mutter Maria Fuentes de la Roja war durch und durch eine argentinische Adelige. Rafael ärgerte sich, dass er an diesem Abend schon so viel getrunken hatte. Der Whisky half ihm auch nicht, sich aus dieser leidigen Situation zu befreien oder dem Gefühl des Gefangenseins zu entfliehen, mit dem er nun schon seit Jahren leben musste.

Isobel Miller feierte heute ihren achtzehnten Geburtstag. Und er war gekommen, um ihr endlich von Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten. Und jetzt stand sie vor ihm, die Frau – mit einem unangenehmen Gefühl im Magen korrigierte er sich – das Mädchen, dem er seit seinem achtzehnten Lebensjahr versprochen war.

„Ich werde Sie niemals heiraten!“

Isobels Atem ging stoßweise, und ihre Brust hob und senkte sich heftig. Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so bedroht und eingeschüchtert gefühlt. Wütend ballte sie die Hände zu Fäusten. In ihrem mondänen und viel zu engen Satinkleid kam sie sich albern und linkisch vor. Doch ihre Mutter hatte darauf bestanden, dass sie es zu ihrer Geburtstagsfeier heute Abend trug. Und ihre Mutter duldete keinen Widerspruch.

Der Mann vor ihr musterte sie kühl. Mit dunkler Stimme, bei deren Klang ihr ein beunruhigender, nie gekannter Schauer über den Rücken lief, sagte er: „Ich bezweifle, dass du das wirklich ernst meinst. Du hast doch gar keine andere Wahl. Dein Schicksal war besiegelt, als dein Großvater meinem Vater die estancia deiner Familie verkaufte. Jeder der beiden bekam, was er wollte“, fügte er bitter hinzu. „Dein Großvater das Geld und außerdem die Garantie, dass die estancia durch deine Heirat wieder in den Besitz seiner Familie zurückfällt.“

Isobel bemühte sich, den Sinn seiner Worte zu verstehen. „Sie meinen … Sie meinen, dass Ihr Vater übervorteilt wurde?“

„Wohl kaum“, meinte er trocken. „Niemand übervorteilte je meinen Vater. Damals war er jedoch als Einziger bereit, ein Angebot für einen derart riesigen Besitz zu machen. Doch er sorgte auch dafür, dass er im Gegenzug bekam, was er wollte. Ihm lag viel an einer standesgemäßen Heirat seines Sohnes – also mir – mit einer Frau aus angesehener Familie – also dir. Die Millers haben in Buenos Aires immer noch einen guten Namen, auch wenn ihr Vermögen inzwischen ziemlich zusammengeschrumpft ist. Dein Großvater erhielt damals nur den halben Preis für seinen Besitz. Nach dem Willen meines Vaters bekommt deine Familie die andere Hälfte erst am Tag deiner Hochzeit, also an deinem einundzwanzigsten Geburtstag.“

Isobel wurde schwindelig. Zwar kannte sie, seit sie siebzehn war, diese Abmachung. Sie hatte also gewusst, dass dieser Tag einmal kommen würde. Aber sie hatte den Gedanken daran einfach verdrängt, in der Hoffnung, dass er niemals Wirklichkeit würde. Außerdem lag das damals alles noch in weiter Ferne: Sie war zu der Zeit in England, besuchte eine höhere Schule und lebte bei der Familie ihres Vaters.

Doch jetzt hatte die Realität sie eingeholt, und sie musste sich ihr stellen. Isobel spürte, wie Panik in ihr aufstieg und ihr die Kehle zuschnürte. „Es ist doch nicht meine Schuld, dass Großvater damals auf diesen Handel eingegangen ist.“

Die Rückkehr nach Buenos Aires war ihr sowieso schon schwergefallen. In der ziemlich konservativen feinen Gesellschaft von Buenos Aires hatte sie sich nie sehr wohl gefühlt. Und seitdem sie in England die bodenständige, unkomplizierte Verwandtschaft ihres Vaters kennengelernt hatte, schon gar nicht. Eigentlich wollte sie nach dem Abschluss der Schule in Europa bleiben und sich ihrer großen Leidenschaft widmen, dem Tanz. Allerdings wusste ihre Familie noch nichts von ihrem Entschluss.

Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, das Leben einer verwöhnten Millionärsgattin zu führen. Sie verstand nicht, wieso viele junge Frauen aus ihrem Bekanntenkreis genau das taten. Dabei hatten sie die exklusivsten Schulen der Welt besucht!

Don Rafael Ortega Romero lachte kurz und scharf auf. Seine weißen Zähne blitzten. Isobel zuckte bei dem harten Lachen zusammen. „Bist du wirklich so naiv, kleine Isobel Miller? Unsere Gesellschaft basiert auf Verbindungen, die aus Berechnung und Bequemlichkeit geschlossen werden. Seit Generationen werden so Ehen arrangiert.“

Da war wieder dieses vernichtend zynische Lächeln. „Wenn wir alle an die Liebesheirat glaubten … Mein Gott, dann würde die ganze Hierarchie zusammenbrechen und bald Anarchie herrschen.“

Im leicht zerknitterten Smoking, mit offenem Hemd und lässig gebundener Smokingschleife, umgeben von einer Aura rauer Sinnlichkeit, wurde der begehrteste und am schwersten zu erobernde Junggeselle von Buenos Aires seinem arroganten und skrupellosen Ruf mühelos gerecht. Die Hände tief in die Taschen seiner hervorragend geschnittenen schwarzen Hose vergraben, präsentierte sich Rafael Romero als ein Prachtexemplar von Dominanz und unerschütterlicher Männlichkeit.

Isobels Angst wuchs und mit ihr ihre Wut. Mit zusammengebissenen Zähnen zischte sie: „Ich bin weder klein noch naiv. Das ist ja wie im Mittelalter! Wie kann jemand in der heutigen Zeit erwarten, dass ich einer Vernunftehe zustimme!“

Als man vorhin Rafaels Ankunft gemeldet hatte, war Isobel ihren Eltern in die Eingangshalle gefolgt. Einen Moment lang hatte die Haustür offen gestanden und auch die Tür von Rafaels Auto. Bevor der Chauffeur den Schlag schloss und ihr so die Sicht raubte, konnte Isobel noch einen Blick auf ein langes, seidig glattes Bein und einen verführerisch hochhackigen Schuh im Wageninneren erhaschen.

Die Zeitungen brachten oft Fotos von Rafael. Aber die hatten sie nicht auf die Wirkung vorbereitet, die er jetzt auf sie ausübte. Die Farbe seiner Haut war von einem dunklen Oliv, seine Haare waren so schwarz wie die finsterste Nacht und seine Augen dunkel wie die Sünde. Er hatte ein hartes, kompromissloses Gesicht mit einem beinahe grausamen Ausdruck, der aber durch einen dekadent sinnlichen Mund gemildert wurde. Es war der sinnlichste Mund, den Isobel je bei einem Mann gesehen hatte – selbst wenn die Lippen grimmig zusammengepresst waren, so wie jetzt. Mit einer fast zwanghaften Faszination hatte sie im Internet nach Informationen über ihn gesucht. Dabei erfuhr sie, dass man seine Geschäftsmethoden über den grünen Klee lobte und gleichzeitig als halsabschneiderisch verdammte.

Er war ein reicher Industriemagnat, ein Playboy und gewohnt, sich rücksichtslos über Menschen hinwegzusetzen.

Ihre Eltern, die devot um ihn herumscharwenzelten, hatte er mit einer knappen Bemerkung hinausgeschickt. „Lassen Sie uns allein. Ich will mit Ihrer Tochter unter vier Augen sprechen.“

Jetzt reckte Isobel angriffslustig das Kinn. „Wieso sind Sie heute Abend überhaupt gekommen? Ich habe Sie jedenfalls nicht eingeladen.“

Bei ihrem Versuch, die große Dame zu spielen, verzog er nur spöttisch die Lippen. „Du hättest doch wissen müssen, dass wir uns früher oder später begegnen. Warum glaubst du wohl, bestanden deine Eltern auf deiner Rückkehr nach Argentinien?“

Isobel drehte es fast den Magen um. Ihre Mutter hatte ihr kein Wort von Rafaels Kommen gesagt!

„Es wird keine Heirat geben“, wiederholte sie verzweifelt.

Er zuckte nur gleichgültig die Schultern. „Jetzt noch nicht, nein. Aber in drei Jahren.“

Isobel hatte das Gefühl, als richteten sich um sie herum Mauern auf, die immer näher rückten. Sie fürchtete nichts mehr, als zu einem Leben gezwungen zu werden, über das sie keine Kontrolle besaß. Sie wollte nicht so zynisch und verbittert enden wie ihre Eltern.

Alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. „Aber ich kenne Sie ja noch nicht einmal“, murmelte sie. Und plötzlich verlor sie die Beherrschung: „Ich will dieses Leben nicht! Und es ist mir egal, ob Sie mir glauben oder nicht. Ich will nur weg. Und ich will weder Sie noch dieses Haus noch Buenos Aires je wiedersehen.“

Bei dem Gedanken an ein Zusammenleben mit diesem gefühllosen Mann packte sie das blanke Entsetzen. Sie wusste genau, dass sie daran zugrunde gehen würde. „Wieso scheint Sie das alles nicht zu kümmern? Sie hatten doch gerade noch ein Rendezvous mit einer anderen Frau. Weiß die eigentlich, dass Sie hier drinnen über Ihre Heirat reden?“

Wieder lächelte er sein unverschämtes Lächeln. „Glaub mir, die Frau im Wagen will nichts weiter, als mit mir ins Bett zu steigen. Das macht sie vollkommen glücklich. Ihr liegt genau so wenig an einer Heirat wie mir. Sie ist nämlich bereits zum zweiten Mal geschieden.“

„Sie sind widerlich.“ Und doch war ihr bei seinen Worten ein äußerst verräterischer Schauer über den Körper gejagt.

Kopfschüttelnd trat Rafael näher. „Nein, nicht widerlich. Nur realistisch. Zwei Erwachsene, die sich verstehen, treffen sich, um Spaß zu haben. Und das alles ohne die lächerlichen Lügen, die sich die meisten Paare bei so einer Gelegenheit erzählen.“ Er musterte Isobel spöttisch von oben bis unten. „Werde erst einmal erwachsen. Dann wirst du das auch zu schätzen wissen. Man merkt, dass du außer vielleicht ein paar unwichtigen Teenagerromanzen noch nichts erlebt hast.“

Jetzt wurde Isobel fuchsteufelswild. „Eigentlich schade, dass Sie Ihre Verlobte nicht doch geheiratet haben“, meinte sie höhnisch. „Hätten Sie es getan, müssten wir uns jetzt nicht streiten. Aber vielleicht lag es ja an Ihrem reizenden Zynismus, dass es keine Frau länger bei Ihnen aushält?“

Isobel sah, wie sich sein Gesicht bei ihren provokanten Worten verfinsterte. Sollte er sich ruhig ärgern. Sie spielte bewusst auf einen Skandal vor acht Jahren an. Damals hatte er sich, entgegen der Abmachung mit ihrer Familie, mit einer bildschönen Frau verlobt. Sie erinnerte sich an die Fotos des Paares in allen Zeitungen. Wie es schien, war es eine sehr leidenschaftliche Verbindung gewesen. Beim Betrachten der Bilder hatte sie gedacht, wie unglaublich romantisch die beiden doch wirkten.

Aber in einem Feuerwerk öffentlichen Interesses war die Verlobung dann einen schnellen Tod gestorben. Den Anwälten von Isobels Familie blieb noch nicht einmal Zeit, die Verbindung zum Vorwand zu nehmen, um auf den vollen Verkaufspreis der estancia zu pochen. Kaum war die Verlobung vom Tisch, galt auch schon wieder der ursprüngliche Ehevertrag.

Von da an hatte man Rafaels Verhältnis zu Frauen stets mit seinen gnadenlosen Geschäftspraktiken verglichen. Nie blieb eine Frau länger als gerade einmal ein paar Monate an seiner Seite.

Rafael musste zugeben, dass dieses Mädchen ihn verblüffte. Sie warf seine vorgefasste Meinung über sie völlig über den Haufen. „Nein, es ist gar nicht schade, dass aus meiner Verlobung nichts wurde“, erwiderte er. „Eigentlich war es sogar ein Segen. Unsere Heirat ist eine geschäftliche Vereinbarung – die beste Grundlage für eine gute Ehe.“

Er war überrascht, wie leicht ihm die Worte über die Lippen kamen. Irgendwie schien er sich bereits damit abgefunden zu haben, dieses Mädchen zu heiraten, und das verwirrte ihn. „Es ist nun einmal so“, meinte er schroff. „Ich habe es einsehen müssen, und dir bleibt auch nichts anderes übrig, Isobel.“

Über Jahre hinweg hatte er die Existenz dieses Heiratsvertrags erfolgreich verdrängt – bis sein Anwalt, ein alter, vertrauenswürdiger Freund, ihn heute Morgen angerufen hatte, um ihm unverblümt mitzuteilen: „Heute ist Isobel Millers achtzehnter Geburtstag. Solltest du nicht endlich der Tatsache Beachtung schenken, dass ihre Eltern schon seit Monaten um deinen Besuch bitten? Dieser Vertrag löst sich nicht einfach in Luft auf, Rafael. Steck nicht länger den Kopf in den Sand. Du musst dich den Tatsachen stellen – und außerdem denk daran, dass du nicht jünger wirst. Je länger du Junggeselle bleibst, desto weniger vertrauenswürdig erscheinst du in den Augen deiner Kunden und Kollegen.“

Rafael hatte irgendeine Grobheit gemurmelt, die sein Anwalt geflissentlich überhörte. Isobels Name weckte ein unangenehmes Gefühl in ihm – ein Gefühl, als ob eine Falle zuschnappte. Einer Sache ausgeliefert zu sein, war völlig neu für ihn.

Der Anwalt hatte ihn in seinen Gedanken unterbrochen. „Willst du etwa die estancia aufs Spiel setzen? Ich habe dich gewarnt, Rafael. Wenn du versuchst, aus diesem Ehevertrag herauszukommen, wird das zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung führen. Die wird lange dauern, und du hast gute Chancen zu verlieren. Isobels Eltern scheinen allerdings keine Lust auf so einen Streit zu haben. Der Grund dafür kann nur sein, dass sie das Geld dringend benötigen. Das ist unser Vorteil.“

„Mach dir keine Sorgen“, war Rafaels knappe Antwort gewesen. „Ich habe nicht vor, eine meiner wertvollsten Immobilien zu verlieren.“ Er verzog den Mund. „Nicht wegen einer Frau.“

Sein Anwalt hatte hörbar erleichtert aufgeseufzt. „Ich wusste, dass du es so sehen würdest. Je eher du dich mit deiner künftigen Braut triffst, desto besser. Von ihrer Mutter kam übrigens eine Einladung zu Isobels Geburtstagsfeier heute Abend.“

Es war fast zum Lachen – Isobel war die einzige Frau, die sich nicht einmal die Mühe geben musste, ihn zu verführen, um geheiratet zu werden! Man präsentierte ihn ihr auf einem Silberteller.

Doch jetzt war er hier und musste sich anhören, wie sie gegen eine Heirat protestierte, für die jedes andere Mädchen alles gegeben hätte.

Wieso stand Don Rafael auf einmal so nahe bei ihr? Seine Augen waren gar nicht so schwarz, wie sie zuerst geglaubt hatte. Sie leuchteten in einem tief dunklen Braun, mit kleinen grün und golden schimmernden Punkten. Und plötzlich lag ein rätselhafter Ausdruck in ihnen.

„Können Sie uns nicht einfach den restlichen Kaufpreis geben und es dabei belassen? Sie wollen mich doch gar nicht heiraten!“, versuchte sie es noch einmal.

„So einfach ist das nicht“, murmelte er und schüttelte den Kopf.

Je länger er sie ansah, desto schwerer fiel es ihm, einen klaren Gedanken zu fassen. Aus der Nähe besaß ihre Haut eine noch zartere Farbe, als er gedacht hatte. Ihr braunes, leicht rötliches Haar schimmerte im gedämpften Licht des Arbeitszimmers. Es war zu einem aufwendigen Chignon frisiert, der nicht zu ihrem rundlichen Gesicht passte, das noch das Gesicht eines Teenagers war. Aber ihre Augen … Diese Augen hielten ihn gefangen. Groß und dunkel wie Samt. Die langen Wimpern warfen Schatten auf die geröteten Wangen.

In diesem Augenblick erkannte Rafael, dass das Mädchen sich einmal zu einer wahren Schönheit entwickeln würde, wenn es erst einmal seinen Babyspeck verloren hatte. Und während er Isobel betrachtete, erwachte seine Lust.

Wieso starrte er sie so an? „Warum ist das nicht so einfach?“, fragte sie mit einem Anflug von Verzweiflung in der Stimme.

Ihr war gar nicht bewusst, dass sie flehend zu ihm aufblickte, und dass Rafael als Antwort darauf die Zähne zusammenbiss. Er trat noch näher an sie heran. Rafael Romero wirkte schon aus der Entfernung ziemlich einschüchternd. Aber so dicht vor ihr war er einfach überwältigend. Plötzlich fiel ihr das Atmen schwer.

„Ich werde nicht das Risiko eingehen, die estancia zu verlieren. Tatsache ist auch, dass ich eine Ehefrau brauche. Warum also sollte ich eine ablehnen, die so gut zu mir passt?“

Gemächlich ließ er den Blick über sie gleiten. Isobel hielt die Luft an. Sie fühlte, wie sie feuerrot wurde, als ihre Blicke sich wieder trafen.

„Du bist ganz und gar nicht die Frau, die ich erwartet habe“, meinte er fast nachdenklich.

„Aber Sie sind genau der Mann, den ich erwartet habe“, warf ihm Isobel zur Antwort an den Kopf. Mehr und mehr fühlte sie sich in die Enge getrieben.

Rafael hob spöttisch die Brauen. „Soll ich das als ein Kompliment verstehen? Du bist wohl eine richtige kleine Rebellin, was?“

Isobel reckte angriffslustig das Kinn vor. „Wenn Sie damit sagen wollen, dass ich eine eigene Meinung besitze und keine Angst habe, sie auch auszusprechen, ja, dann bin ich eine Rebellin. Und wenn Sie glauben, dass ich sanft wie ein Lamm einer solchen Ehe zustimme, dann täuschen Sie sich gewaltig. Ich habe keine Lust, als brave Gattin irgendeines millionenschweren Playboys ein Leben zu führen, das eher dem Fegefeuer gleicht.“

Isobel wurde heiß und heißer. Sie konnte nur hoffen, dass das gedämpfte Licht ihre Erregung verbarg. Er sah sie so eigenartig an … als würde er sie abschätzen. Und als würde er etwas sehen, das sie selbst noch nie wahrgenommen hatte … nämlich die Frau in ihr. Sofort regte sich tief in ihr ein heißes, verbotenes Gefühl. Sie wollte woanders hinschauen, irgendwohin, nur nicht in diese dunklen Augen. Aber es gelang ihr einfach nicht.

Sein rätselhaftes Schweigen steigerte ihre Spannung ins Unermessliche. „Sie wollen mir doch nicht ernsthaft erzählen, dass es Sie glücklich macht, mich zu heiraten?“

Sein Mund war eine harte Linie, und seine Augen blickten gar nicht mehr abschätzend. Sie blickten jetzt hart und durchdringend. „Ganz im Gegenteil, Isobel. Ich kam heute Abend her, weil ich mir ein Bild von meiner zukünftigen Braut machen wollte. Ich war darauf gefasst, einen uninteressanten, verwöhnten Fratz vorzufinden. Ich bin überrascht. Und nicht viele Menschen können mich heutzutage noch überraschen, das kannst du mir glauben.“

„Das war nicht meine Absicht“, erwiderte Isobel kühl.

„Na ja“, meinte Rafael leichthin. „Diese Heirat erschien mir auch nicht gerade verlockend. Doch jetzt habe ich meine Meinung geändert. Eine Vernunftehe ist die einzige Art von Heirat, die überhaupt noch für mich in Betracht kommt.“

Wieder musterte er sie von oben bis unten. Sein Mund wurde weicher. Der Anblick seiner vollen Lippen ließ Isobel im Innersten erzittern.

„Ich habe keine Lust, mir eine kindliche Braut ins Bett zu holen. Doch ich erkenne jetzt schon, dass du dich allem Anschein nach zu einer Frau entwickeln wirst, mit der ich zusammenleben kann.“

Jetzt wurde Isobel richtig wütend. Ihr weiblicher Stolz wehrte sich. „Ich bin kein Kind mehr.“

Wieder hob Rafael spöttisch die Brauen. „Ach nein? Was bist du dann? Etwa schon eine Frau?“ Er schüttelte den Kopf. „Du bist noch keine Frau, querida, und auch ganz gewiss noch nicht reif für mein Bett.“

Isobel kochte vor Wut. „Wie es scheint, herrscht in Ihrem Bett sowieso viel zu viel Betrieb. Ich glaube nicht, dass ich große Lust habe, es mit jeder zu teilen, die in der High Society von Buenos Aires Karriere machen will.“

Einen Moment lang lag ein Ausdruck der Verblüffung auf Rafaels Gesicht. Dann verlor er die Beherrschung. „Warte nur, du kleines …“ Mühelos riss er sie an sich.

Ihr stockte der Atem. Mit weit offenen Augen sah sie, wie Rafael sich über sie beugte und dieser unglaublich sinnliche Mund näher und näher kam. Sie stöhnte leise auf, bevor Rafaels Lippen ihr den Mund verschlossen und die Welt um sie herum versank. Er schmeckte nach Whisky und Gefahr – alles zusammen eine tödliche und sehr erwachsene Mischung. Natürlich hatte sie in England schon einige junge Männer geküsst, aber das waren ganz andere Küsse gewesen. Und sie hatten sie ganz und gar nicht auf diesen Kuss hier vorbereitet. Eine Weile war Isobel wie gelähmt, so sehr erschreckte sie dieser Angriff auf all ihre Sinne. Doch plötzlich wurde ihr bewusst, wie hart Rafaels Brust sich anfühlte. Und sie merkte, dass sich die Spitzen ihrer Brüste aufrichteten und gegen ihr Kleid drückten.

Sein Kuss war unbarmherzig. Es war, als wollte er sie bestrafen. Gekonnt provozierte er ihre Reaktion. Nur, um sie dann noch mehr demütigen zu können. Irgendwo in ihrem Kopf war sich Isobel genau bewusst, was geschah. Aber dieser Teil ihres Kopfes schien losgelöst von ihrem Körper und ihrem Mund.

Sie merkte, dass sie sich hilflos an das Revers seiner Jacke klammerte. Und als Rafaels Mund sich für einen kurzen Moment von dem ihren löste, hörte sie ein verzweifeltes Aufstöhnen. Es kam aus ihrem Mund! Und dabei suchte sie blind Rafaels Lippen.

Mit einer Hand strich er ihr über den Rücken, mit der anderen hielt er ihren Kopf. Sie konnte fühlen, wie er den Knoten löste und ihr die Haare über die Schultern fielen. Die Welt hörte auf zu existieren. Es gab nur noch diesen Mann, seine Arme, die sie umschlangen und sein Mund auf dem ihren. So heiß und fordernd, wie sie es noch nie erlebt hatte, auch nicht in ihren kühnsten Träumen. Beim Spiel seiner Zunge presste sie die Beine zusammen, damit das erregende Pulsieren dazwischen aufhörte. Flüssige Lava schien sich tief in ihrem Innern anzusammeln … Für Isobel gab es keine Hoffnung mehr, wieder zur Vernunft zu kommen oder sich mit irgendwelchen Ausreden Rafael zu entziehen. Er wirbelte ihr ganzes Denken durcheinander. Ihre Unerfahrenheit machte sie hilflos.

Er war schließlich derjenige, der sich von ihr löste. Isobel hob die schweren Lider. Ihr Atem ging schnell und keuchend. Ihr Herz raste. Und sie war völlig verwirrt. Ihr war, als hätte er sie gebrandmarkt.

Vorsichtig überzeugte sich Rafael, dass sie wieder fest und sicher auf ihren Füßen stand. Dann erst ließ er sie los und trat zurück. Isobel brachte nicht den Mut auf, ihn anzusehen. Mit brennendem Gesicht sank sie in den Sessel neben sich. Sie konnte noch nicht einmal so tun, als hätte sie der Kuss kalt gelassen. Es wäre wohl die durchschaubarste Lüge der Welt gewesen.

Rafael ging einige Schritte auf und ab. Er strahlte so viel Energie aus, dass Isobel sich am liebsten in irgendeinen Winkel verkrochen hätte.

Er hielt inne, und mit leicht heiserer Stimme, die Isobels Puls schon wieder schneller schlagen ließ, stellte er fest: „Wie ich schon sagte, du bist noch nicht reif für mich, Isobel. Aber in drei Jahren, bei unserer Hochzeit, wirst du es sein. Da bin ich mir sicher.“

Er klang fast erstaunt. Isobel blickte auf – und wünschte, sie hätte es nicht getan. Er stand nämlich dicht neben ihr und blickte auf sie hinunter. Bevor sie fliehen konnte, fasste er sie bei den Armen und zog sie hoch. Unwillkürlich zitterte sie am ganzen Körper.

Mit einem Finger hob er ihr Kinn an, und ließ dann den Blick über ihr Gesicht wandern, als wollte er es sich ganz genau einprägen. „Ich glaube, wir können sogar eine ganz gute Ehe führen.“

Es war, als führte er ein Selbstgespräch und sie wäre gar nicht anwesend. Isobel stand starr da und nahm all ihren Mut zusammen. „Und ich werde Sie trotzdem nicht heiraten!“

Rafael war von dem starken Widerspruch überrascht, den ihre Worte in ihm weckten. Er funkelte sie zornig an. „Du hast gar keine andere Wahl. Ich werde unter keinen Umständen auf die estancia verzichten – schon gar nicht wegen einer ungezogenen Göre, die ich zu meiner Frau machen will.“

Er verzog den Mund zu einem freudlosen Lächeln. „Eigentlich kannst du dich glücklich schätzen, dass dir noch etwas Zeit bleibt, dich an den Gedanken zu gewöhnen.“

Glaubte er denn wirklich, sie würde sich zu der Art Frau entwickeln, wie er sie heiraten wollte? Sie dachte ja nicht daran! Und die ganze Zeit sollte sie in Buenos Aires leben, während die künftige Ehe mit Rafael wie ein Damoklesschwert über ihr hing – das war ja wie eine Verurteilung zu lebenslänglichem Gefängnis!

Sie schüttelte so heftig den Kopf, dass ihr die langen Haare nur so um die Schultern flogen. „Nein. Ich werde fortgehen. Fort von hier. Und ich werde Sie niemals heiraten. Lieber sterbe ich.“

Ein zynischer Ausdruck huschte über sein Gesicht. „Warum denn so dramatisch, Isobel? Durch die Heirat werden wir Mitglieder im Club all jener, die auch aus Vernunft geheiratet haben.“

Rafaels unverhohlene Drohungen ließen Isobel jede Vernunft vergessen. „Der Heiratsvertrag jagt mir keine Angst ein. Ich habe meinen Großvater ja nicht gezwungen, die estancia an Ihre Familie zu verkaufen. Ich denke nicht daran, deswegen einen Mann zu heiraten, den ich verabscheue.“

Kämpferisch ballte sie die Hände zu Fäusten, sodass sich ihre Nägel in die Handflächen bohrten.

Autor

Abby Green

Abby Green wurde in London geboren, wuchs aber in Dublin auf, da ihre Mutter unbändiges Heimweh nach ihrer irischen Heimat verspürte. Schon früh entdeckte sie ihre Liebe zu Büchern: Von Enid Blyton bis zu George Orwell – sie las alles, was ihr gefiel. Ihre Sommerferien verbrachte sie oft bei ihrer...

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