Tanz ins Glück mit dem sexy Boss

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Ein Date mit dem Boss? Haushälterin Carrie kann nicht fassen, was der Earl of Linden von ihr verlangt: Sie soll ihn zu einem exklusiven New Yorker Wohltätigkeitsball begleiten! Dabei macht allein seine Nähe sie schon so nervös! Doch um ihren Job nicht zu verlieren, sagt sie Ja. Ein Fehler? Als sie in seinen Armen über das Parkett schwebt, kann sie seiner magischen Anziehungskraft nicht mehr widerstehen. Wie im Rausch lässt sie sich zu einer Liebesnacht in seinem Luxus-Penthouse verführen – so heimlich wie folgenreich …


  • Erscheinungstag 02.04.2024
  • Bandnummer 2643
  • ISBN / Artikelnummer 9783751524636
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Carrie Taylor war viel zu überrascht, um wegen des bevorstehenden Vorstellungsgesprächs aufgeregt zu sein.

Sie konnte es immer noch nicht fassen, dass sie tatsächlich zum Gespräch eingeladen war. Bisher hatte sie in einem kleinen Drei-Sterne-Hotel in Manchester gearbeitet – mehr Erfahrung im Gastgewerbe konnte sie nicht vorweisen. Daher hatte sie sich auch kaum Chancen ausgerechnet, als sie sich auf die Stelle als Haushälterin eines vornehmen Hauses in London beworben hatte.

Doch jetzt stand sie hier – in einem prestigeträchtigen Herrenhaus in einer der wohlhabendsten Wohngegenden Londons. Dies war eine völlig neue Liga. Wahrscheinlich war sie auch deshalb in die engere Auswahl gekommen, weil sie sofort anfangen konnte. Schließlich hatte sie keine Verpflichtungen und keine Familie mehr, dachte sie traurig.

Bevor die Gefühle sie überwältigen konnten, verdrängte sie sie schnell wieder. Sie hatte im vergangenen halben Jahr einen dicken Schutzwall um ihr Herz gebaut und würde diesen jetzt ganz sicher nicht niederreißen. Wenn sie weit entfernt von ihrem jetzigen Zuhause einen sicheren Ort gefunden hatte, konnte sie in Ruhe ihre Wunden lecken. Der Abstand würde ihr bestimmt guttun, auch wenn sie den Erinnerungen natürlich nicht davonlaufen konnte.

Sie schob die Gedanken an die Vergangenheit energisch beiseite und versuchte, sich auf das bevorstehende Vorstellungsgespräch zu konzentrieren. Vermutlich bekam sie den Job sowieso nicht. Eine ganze Reihe wesentlich erfahrener und eleganter wirkender Damen und ein älterer Herr in einem schicken Dreiteiler waren vor ihr hereingebeten worden. Die anderen Bewerber trugen alle keine billige Kleidung von der Stange, dachte Carrie und zog verschämt ihre zerknitterte Bluse glatt.

Ihre Jacke und ihr Rock passten nicht gut zusammen, aber immerhin hatten beide Teile fast die gleiche Farbe, also musste es so gehen. Außerdem hatte ihre Feinstrumpfhose ein Loch, und sie hoffte inständig, dass man es nicht sah. Sie hatte im letzten halben Jahr mindestens fünf Kilo abgenommen. Eigentlich hätte sie für diesen Termin ein neues Outfit kaufen müssen, doch alles war so schnell gegangen, dass sie dafür keine Zeit gehabt hatte.

„Die Auswahlkriterien sind sehr streng. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt“, hatte der für die Bewerber zuständige Assistent bei der Begrüßung gesagt. Und dann hatte er ungläubig gefragt: „Haben Sie wirklich noch nie von Massimo Black, Lord Linden, gehört? Er ist der Earl of Linden.“

Carrie hatte abwesend den Kopf geschüttelt. „Nein. Ist das schlimm?“

„Nein, eigentlich nicht“, hatte der Mann erwidert, sie dabei jedoch angesehen, als hätte sie zwei Köpfe.

Carrie dachte an die Unterhaltung zurück. Ihr potenzieller neuer Arbeitgeber war zweifellos sehr reich, außerdem war er ein Earl und dazu noch ein Lord. Vielleicht war er Politiker? Sie konnte unmöglich ihr Handy rausholen und ihn googeln. Sie ärgerte sich, dass sie nicht eher auf die Idee gekommen war. Im Zug hätte sie ausreichend Zeit dafür gehabt. So etwas tat man doch, um sich auf ein wichtiges Bewerbungsgespräch vorzubereiten – man erkundigte sich über seinen neuen Arbeitgeber.

Sie stellte sich den Earl als älteren, sehr vornehmen Herren vor. Ob er schon graue Haare hatte? Vermutlich ja. Und bestimmt hatte er eine dröhnende, befehlsgewohnte Stimme. Die anderen Bewerber sahen jedenfalls alle sehr eingeschüchtert aus, wenn sie sein Büro verließen. Bestimmt war er sehr Respekt einflößend.

„Miss Taylor?“

Carrie sprang so schnell auf, dass ihre Handtasche zu Boden rutschte. Verlegen bückte sie sich, um die Tasche aufzuheben, und murmelte: „Das bin ich.“

Der Assistent maß sie mit einem kühlen Blick von Kopf bis Fuß. Carrie musste sich zusammenreißen, um sich nicht verunsichern zu lassen.

„Lord Linden hat jetzt Zeit für Sie, Miss Taylor. Bitte hier entlang.“

Carrie folgte dem jungen Mann durch die imposante Eingangshalle. Der Boden war in einem klassischen Schachbrettmuster schwarz-weiß gefliest. Eine ausladende Treppe aus Marmor führte in die oberen Stockwerke. Auf einem großen runden Tisch stand in einer riesigen Vase ein wunderschönes Blumenarrangement.

Carrie war so abgelenkt, dass sie fast in den Assistenten hineinlief, als er vor einer Tür stehen blieb. Sie trat schnell ein paar Schritte zurück. Sie hätte gerne ihre Frisur glatt gestrichen, um sicherzugehen, dass sich keine Strähnen aus ihrem strengen Knoten gelöst hatten, aber sie wagte es nicht.

Der Assistent klopfte an und eine tiefe Männerstimme antworte: „Herein.“

Ein unerwartetes Kribbeln lief Carrie über den Rücken.

Der Assistent öffnete die Tür und ließ sie eintreten.

Sie betrat den Raum. Für einen kurzen Augenblick wurde sie von der Sonne geblendet, sodass sie nur die Umrisse eines großen, breitschultrigen Mannes vor dem Fenster sah. Als sie weiterging, konnte sie den Mann genauer erkennen. Sie atmete scharf ein. Er war gar nicht alt, wie sie erwartet hatte. Noch nie war sie einem so gut aussehenden Menschen begegnet. Er sah aus wie eine lebendig gewordene griechische Statue.

Volles, kurz geschnittenes dunkelblondes Haar, ein starkes Kinn, feste Lippen und ein umwerfend männlicher Körper. Alles an ihm drückte Macht und Status aus. Ihn umgab etwas, das sie kaum in Worte fassen konnte – eine natürliche sinnliche Ausstrahlung, die sie völlig aus der Bahn warf.

Zum ersten Mal seit langer Zeit durchbrach jemand ihren Schutzpanzer aus Gleichgültigkeit. Er sagte etwas, aber Carrie starrte ihn verständnislos an. Sie versuchte, sich zusammenzureißen.

„Entschuldigung. Was sagten Sie?“

Massimo Black, Lord Linden, zügelte seinen Ärger. „Ich sagte: Bitte setzen Sie sich.“

Die junge Frau, die gerade sein Büro betreten hatte, sah ihn an, als hätte sie noch nie einen Mann gesehen. Er war es zwar gewohnt, Aufmerksamkeit zu erregen, aber meistens bemühten sich die Leute, nicht so offensichtlich zu starren. Sein Assistent hatte ihm staunend berichtet, dass diese Bewerberin angeblich noch nie von Lord Linden gehört hatte. Aber vielleicht entsprach das nicht der Wahrheit.

Jedenfalls war Massimo neugierig geworden, denn nur selten kannten die Leute ihn und seine Lebensgeschichte nicht aus dem Fernsehen oder der Boulevardpresse. Er hatte seinen Titel und das enorme Familienvermögen bereits im zarten Alter von achtzehn Jahren geerbt, nachdem seine Eltern kurz nacheinander einen tragischen Tod gestorben waren. Seine Mutter war nach einer wilden Party auf dem Landsitz der Familie an einer Überdosis Drogen verstorben und sein Vater war nur wenige Wochen darauf mit seiner Geliebten bei einem tödlichen Hubschrauberunfall verunglückt.

Massimos Bruder war ebenfalls verunglückt, obwohl Massimo alles dafür getan hatte, ihn vor so einem Schicksal zu bewahren. Doch Ricardo hatte die selbstzerstörerische Energie seiner Eltern geerbt. Die Zeitungen hatten damals ausführlich darüber berichtet.

Massimo schob die Erinnerungen beiseite.

Bisher hatte ihn kein Bewerber beeindrucken können, obwohl sie alle eine gute Ausbildung und einen hervorragenden Lebenslauf vorzuweisen hatten. Er hatte wenig Hoffnung, dass die letzte Kandidatin jetzt eine Ausnahme machte, zumal ihr nach seinen Unterlagen die nötige Berufserfahrung fehlte.

Die junge Frau setzte sich vorsichtig auf die Kante des angebotenen Stuhls. Massimo schaute in ihre Bewerbungsmappe. Sie hieß Carrie Taylor. Er musterte sie und bemerkte, wie sie verlegen an ihrem Rock zupfte, um ihn über die Knie zu ziehen. Ein Stück blasser Haut fiel ihm ins Auge – sie hatte ein Loch in ihrer Strumpfhose.

Augenblicklich geriet sein Blut in Wallung. Massimo schalt sich wegen dieser Reaktion, denn Carrie Taylor war alles andere als attraktiv. Ihre Kleidung war billig und hing formlos an ihr herab. Außerdem war sie schrecklich blass und könnte ein wenig Sonne gut vertragen, um wieder etwas Farbe zu bekommen.

Er setzte sich ihr gegenüber und musterte sie, während sie sich diskret im Raum umsah.

Ihr blondes Haar war zu einem Knoten zusammengefasst, doch einzelne Strähnen hatten sich gelöst. Ihr Gesicht wirkte auf den ersten Blick eher nichtssagend, doch als er sie jetzt näher betrachtete, fielen ihm die feinen Züge, die gerade Nase und ihre überraschend vollen Lippen auf. Ihre Augen wirkten riesig und waren von einem ungewöhnlich strahlenden Grün.

Außergewöhnlich, dachte er.

Sie sah ihn an, und Massimo musste all seine Kraft aufbringen, um seinen Blick loszureißen. Er schaute schnell in seine Unterlagen.

„Hier steht, dass sie verwitwet sind?“ Er bemerkte, wie sie zusammenzuckte.

„Ja.“

Mitgefühl regte sich in ihm. Er selbst hatte einen geliebten Menschen verloren. Den Schmerz über den Tod seines Bruders vor fast zehn Jahren spürte er immer noch.

„Mein Beileid. Wann ist es passiert?“

„Vor sechs Monaten“, antwortete sie und mied seinen Blick.

„Hier steht außerdem, dass Sie sofort anfangen könnten und auch ins Haus einziehen würden.“

„Ja.“

Massimo spürte Neugierde in sich aufsteigen. Sie war eine ungewöhnliche junge Frau, die extra aus Manchester angereist war, um sich auf eine Stelle zu bewerben, die sie mit hoher Wahrscheinlich nicht bekommen würde.

„Weshalb glauben Sie, für die Stelle als Haushälterin qualifiziert zu sein?“

Sie atmete tief durch. Dabei hoben sich ihre Brüste deutlich unter ihrer unvorteilhaften Bluse. Ihre Oberweite war größer, als er erwartet hatte, stellte er irritiert fest und wendete den Blick schnell wieder ab.

„Ich weiß, dass ich keine beeindruckenden Abschlüsse vorzuweisen habe, aber ich arbeite, seitdem ich sechzehn bin.“

„Nach Ihrem Schulabschluss?“

„Ja“, sagte sie und hob das Kinn.

Massimo konnte nicht umhin, sie für ihre Haltung zu bewundern.

„Ich habe als Zimmermädchen angefangen und Betten gemacht und geputzt. Ich habe mich hochgearbeitet und bin jetzt verantwortlich für den reibungslosen Ablauf im Hotel. Ich stelle Personal ein und sorge dafür, dass alles tadellos läuft.“

Massimo legte die Unterlagen beiseite und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Der offensichtliche Stolz in ihren Worten beeindruckte ihn. Sie hatte keine akademischen Titel, aber ganz sicher mehr Erfahrung als die anderen Bewerber, die er heute kennengelernt hatte. Sie alle waren ambitioniert, aber langweilig. Allerdings hatte er auch nichts anderes erwartet.

Er beugte sich vor. „Warum wollen Sie das aufgeben und nach London ziehen?“

Ein Schatten legte sich über ihr Gesicht. „Ich bin ungebunden und würde gerne etwas Neues wagen. Es wäre schön, Erfahrungen im privaten Bereich sammeln zu können.“

Massimo war sich sicher, dass noch mehr dahintersteckte, aber er ließ es auf sich beruhen. Das war ihre Privatsache.

Völlig untypisch für ihn traf er innerhalb von wenigen Sekunden eine Bauchentscheidung.

„Sie sind eingestellt“, sagte er. „Sie haben einen Monat Probezeit. Meine alte Haushälterin wird noch eine Woche hier sein, um Ihnen alles zu zeigen. Wann können Sie anfangen?“

Carrie starrte ihn mit großen Augen überrascht an. „Meinen Sie das ernst?“

Er nickte und beobachtete, wie sich ihre Wangen vor Aufregung röteten. Der Anblick erregte ihn, und er unterdrückte die Empfindung schnell. Sie war seine zukünftige Haushälterin und damit tabu für ihn. Wenn sie den Job annahm, würde er nie wieder zulassen, dass sie solch eine Wirkung auf ihn hatte.

„Oh! Ich bräuchte nur ein oder zwei Tage, um alles zu regeln. Ich kann nach dem Wochenende anfangen.“

Massimo stand auf und reichte ihr die Hand. „Perfekt. Mein Assistent wird Ihnen gerne beim Packen und Umziehen behilflich sein, wenn Sie das wünschen.“

Carrie konnte kaum glauben, was sich gerade ereignet hatte.

Sie stand ebenfalls auf und schüttelte Lord Lindens dargebotene Hand. Ihre Beine fühlten sich ganz wackelig an. Seine große warme Hand umschloss ihre kleine, und ein Stromstoß schoss durch ihren Körper. Sie schob es auf die Aufregung – und auf Lord Lindens gutes Aussehen. Wie könnte ein so charismatischer Mann eine Frau kaltlassen?

Sie zog ihre Hand vorsichtig zurück und sagte betont höflich: „Danke für diese Chance, Lord Linden. Sie werden Ihre Entscheidung nicht bereuen.“

Erleichterung durchflutete sie. Sie konnte einen Neuanfang wagen, und in der neuen Umgebung würde sie endlich Ruhe und Frieden finden und nicht ständig an die Vergangenheit erinnert werden. Vielleicht könnte sie irgendwann sogar mit jenem Kapitel ihres Lebens abschließen.

Lord Linden musterte sie eingehend. Sie überlegte, was er wohl gerade dachte, doch sein Blick verriet nichts. Gut so, dachte sie – er war jetzt ihr Boss und es ging sie nichts an, was er dachte. Sie wollte hervorragende Arbeit leisten, und alles andere war nicht von Belang – egal wie attraktiv er war.

Sie schwor sich, ihm nie auch nur den geringsten Grund zur Beschwerde zu geben, damit er seine Entscheidung niemals bereute.

1. KAPITEL

Vier Jahre später

Massimo fühlte sich ein bisschen schuldig, aber wirklich nur ein kleines bisschen.

Er hatte gerade ein Interview mit einer der größten Finanzzeitungen des Landes abgebrochen. Sein Telefon klingelte. Er schaute auf das Display und runzelte die Stirn. Sein Assistent versuchte, ihn zu erreichen – zweifellos wunderte er sich, was geschehen war. Massimo ignorierte den Anruf und trat auf das Gaspedal. Doch das tiefe Röhren seines Sportwagens konnte seine Stimmung auch nicht heben. Dafür hätte er freie Fahrt gebraucht, keinen Stadtverkehr.

Er lachte bitter. Vielleicht war jetzt doch der Zeitpunkt gekommen, wo die selbstzerstörerische Ader sich auch bei ihm zeigte – jener Charakterzug, der auch seinen Bruder immer wieder die Gefahr hatte suchen lassen und ihn schließlich bei einem waghalsigen Autorennen das Leben gekostet hatte.

Die Fragen des Journalisten hatten Massimo in Rage gebracht. Erst hatte er sich erkundigt, wie es sich anfühlte, der reichste Mann der Welt zu sein. Dann hatte er ganz beiläufig gefragt, ob Massimo sich nicht verpflichtet fühle, eine Familie zu gründen und sein Erbe weiterzugeben.

Massimo hatte bestimmt nicht die Absicht, eine neue Generation Lindens in die Welt zu setzen. Dafür hatten seine Eltern mit ihrem chaotischen Lebenswandel gesorgt. Doch das wollte er natürlich keinem dahergelaufenen Journalisten auf die Nase binden.

Er und sein jüngerer Bruder waren hauptsächlich von Kindermädchen großgezogen worden und hatten kaum Beständigkeit erfahren. Deshalb hatte Massimo als der Ältere ein starkes Verantwortungsgefühl entwickelt und sich schon früh nach Stabilität und Ordnung gesehnt. Sein kleiner Bruder war dagegen ganz nach ihren Eltern gekommen.

Doch auch in Massimos Adern floss das Blut seiner verwegenen italienischen Mutter und seines nichtsnutzigen Vaters, einem verantwortungslosen Playboy. Und dieses Erbe wollte er ganz sicher nicht an eine nächste Generation weitergeben. Er hatte miterlebt, wie sein Bruder auf tragische Weise ums Leben gekommen war. So etwas wollte er nicht noch einmal erleben, schon gar nicht bei seinen eigenen Kindern.

Aus diesem Grund wählte er seine Geliebten immer sehr sorgsam aus und verbrachte stets nur eine einzige Nacht mit ihnen. So weckte er keine Hoffnungen und es gab keine Gerüchte.

Sein Vater hatte aus seinen zahlreichen Affären nie einen Hehl gemacht, was seiner Mutter das Herz gebrochen hatte. Das wollte Massimo keiner Frau antun, und er bezweifelte, dass er treuer sein konnte als sein Vater.

Bisher war er mit der Entscheidung, immer nur eine Nacht mit einer Frau zu verbringen, ganz zufrieden, doch seit etwa einem halben Jahr hatte er keine Frau mehr in seinem Bett gehabt. Er hatte irgendwie keine rechte Lust verspürt. Bei den unpersönlichen Treffen fühlte er sich zunehmend leer und nichtssagend.

Er fuhr durch das elektronische Tor seines Londoner Anwesens. Die unangenehme Erinnerung an das Interview verblasste, als er aus dem Auto stieg und auf die Eingangstür zuging. Es war ein sonniger windstiller Spätsommertag.

Wie von selbst öffnete sich ihm die Haustür. Seine Haushälterin Miss Taylor stand auf der Schwelle und begrüßte ihn. Sie trug ihre übliche Arbeitskleidung: eine kurzärmelige schwarze Bluse, eine schwarze Stoffhose und dazu flache Schuhe. Ihr blondes Haar hatte sie zu einem ordentlichen Knoten gebunden. Sie war nicht geschminkt und trug keinen Schmuck.

Und da war es wieder.

Massimo seufzte.

Ein sinnliches Kribbeln ließ seinen Körper vibrieren. Er war sich ihrer Nähe überdeutlich bewusst. Unzählige Male hatte er versucht, diese Empfindungen zu ignorieren, aber es half nichts. Sie wurden mit der Zeit nur immer stärker.

Miss Taylor hielt ihm die Tür auf. „Willkommen daheim, Sir.“ Sie runzelte die Stirn. „Sie sind heute früh zurück. Ist alles in Ordnung?“

Seine Anspannung kehrte bei ihren Worten zurück. War sein Leben wirklich so vorhersehbar, dass er nicht einmal eher nach Hause kommen konnte, ohne dass es auffiel? Normalerweise hatte Miss Taylor einen beruhigenden Effekt auf ihn. Sie betörte ihn, und gleichzeitig war ihre Anwesenheit Balsam für seine Seele.

Das klang ziemlich verrückt, überlegte er kopfschüttelnd. Vermutlich wurde er langsam sonderbar.

Sie arbeitete nun seit vier Jahren für ihn, und seitdem hatte er sich oft zu seinem guten Bauchgefühl damals beglückwünscht, als er sie eingestellt hatte. Sie war zu seiner zuverlässigsten und vertrauenswürdigsten Mitarbeiterin geworden. Deshalb hat er jetzt auch vor, sie um einen großen Gefallen zu bitten.

„Alles in Ordnung. Aber ich habe eine Bitte. Können Sie kurz mit in mein Büro kommen?“

Carrie wusste nicht, warum sie überhaupt zögerte. Lord Linden sah sie fragend an, und sie beeilte sich zu sagen: „Selbstverständlich.“

Pflichtbewusst folgte sie ihm in sein Arbeitszimmer und versuchte, nicht darauf zu achten, wie gut sein perfekt geschnittener Anzug seine muskulöse Figur betonte. Sein kurzes dunkelblondes Haar wellte sich leicht über dem Kragen, und sie verspürte den Wunsch, seinen Nacken zu berühren und ihm zu sagen, dass es geschnitten werden musste.

Er war in einer komischen Stimmung. Sie spürte immer sofort, wie es ihm ging. Das war wie ein unwillkommener sechster Sinn. Dabei war Massimo Black nie launisch. Er war zwar manchmal trübsinnig oder schlecht gelaunt, aber das ließ er nie an seinen Mitarbeitern aus.

Sie betraten sein Büro und er schloss die Tür hinter ihr. Hier hatte auch das Bewerbungsgespräch stattgefunden. Unglaublich, dass das bereits vier Jahre her war, dachte Carrie ein wenig sentimental. Dieser Job hatte ihr genau das geboten, was sie damals so dringend gebraucht hatte – einen sicheren und heilsamen Rückzugsort.

Bisher hatte sie ihre unangebrachte Bewunderung für ihren Arbeitgeber auch gut im Zaum halten können. Normalerweise mied sie unnötige Begegnungen mit ihm, und ihre Gespräche drehten sich ausschließlich um Berufliches. Er war geschäftlich viel unterwegs, sehr viel, was die Sache leichter machte. Oft war er einen ganzen Monat am Stück auf Reisen, doch in den vergangenen Monaten war er häufiger in seinem Londoner Anwesen gewesen. Sie waren sich fast jeden Tag begegnet, sodass Carries Schutzwall langsam, aber sicher ins Wanken geriet. Seine Gegenwart machte sie nervös, und sie war sich nicht mehr sicher, ob sie die Sache noch unter Kontrolle hatte.

Lord Linden füllte den Raum mit seiner Präsenz voll aus.

„Bitte setzen Sie sich, Miss Taylor“, sagte er.

Carie nahm Platz. Sie hatte keine Ahnung, worüber er mit ihr sprechen wollte. Er setzte sich ihr gegenüber an seinen Schreibtisch.

Er hat seit Monaten keine Frau mehr mit nach Hause genommen.

Der Gedanke schoss ihr ganz unerwartet durch den Kopf. Sie errötete verlegen. Was war bloß los mit ihr? Es ging sie überhaupt nichts an, ob und wie viele Geliebte er hatte.

Aber es stört dich, wenn du ihnen morgens im Haus begegnest.

Vielleicht trifft er sich jetzt bei den Frauen zu Hause oder in Hotels?

Carrie rang sichtlich um Fassung.

„Ist alles in Ordnung?“, erkundigte sich Lord Linden besorgt.

Carrie nickte und murmelte: „Ja, es ist nur ein bisschen warm hier drin, das ist alles.“

Lord Linden stand auf und öffnete eins der großen Fenster, die zu dem großen gepflegten Garten auf der Rückseite des Hauses hinausgingen. Mitten im Zentrum von London war so ein Garten ein absoluter Luxus. Doch Carrie hatte keinen Blick für das üppige Grün, denn sie beobachtete wie gebannt das Spiel von Lord Lindens Muskeln unter seinem weißen Hemd.

„Besser?“, erkundigte er sich.

„Ja, danke“, erwiderte sie und schalt sich für ihre törichten Gedanken.

Er setzte sich wieder an seinen Schreibtisch, und Carrie legte verkrampft ihre Hände im Schoß zusammen. Sie betete, dass es ihr gelingen möge, sich zusammenzureißen.

„Sie wissen ja, dass ich morgen nach New York fliege“, setzte Lord Linden an.

Carrie nickte und atmete erleichtert auf. Sie hatte das vollkommen vergessen. Wenn er fort war, war alles wieder entspannter. „Ja, eine Woche, nicht wahr?“

„Vermutlich sogar länger. Allerdings gibt es ein Problem. Der Haushälter, der sich bisher um mein Apartment in Manhattan gekümmert hat, ist aus gesundheitlichen Gründen unerwartet in den Vorruhestand gegangen. Mein Team hat bisher noch keinen passenden Nachfolger gefunden. Ich habe bereits Gäste eingeladen, und mir wäre wohler, wenn sich jemand um den Haushalt kümmert, der alles fest im Griff hat.“

Carrie horchte auf. Ihre Erleichterung schwand dahin.

Lord Linden beugte sich etwas vor. „Ich hatte gehofft, dass sie mich nach New York begleiten könnten.“

„Nach New York? Mit ihnen?“, fragte Carrie erschrocken.

Er nickte. „Um mich dort als meine Haushälterin zu unterstützen und für einen reibungslosen Ablauf zu sorgen. Ich hoffe, dass die Stelle dort dann bis zu meiner Abfahrt neu besetzt ist.“

Carries gefaltete Hände waren so verkrampft, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. „Ich … ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich war noch nie in Amerika. Ich weiß gar nicht, wie dort alles läuft.“

Ihre Gefühle fuhren förmlich Achterbahn. Verwirrung, Angst, Unglaube und zu ihrer Überraschung auch Vorfreude wechselten in schneller Folge. Eine Reise mit Lord Linden tat ihrem Seelenfrieden ganz sicher nicht gut.

„Haben Sie einen gültigen Reisepass?“, erkundigte er sich.

Sie nickte. „Ja, ich habe ihn erst kürzlich erneuern lassen.“ Eine Gewohnheit, an der sie festhielt.

„Na also, mehr brauchen Sie nicht.“

Es klang so unkompliziert bei ihm. Als wäre es keine große Sache.

Aber was ist mit deinem Seelenfrieden?

Mit ihm zu fliegen wäre völlig unvernünftig. Sie würde ihm so nahe sein wie noch nie – dabei drohte ihr schon jetzt, die Kontrolle über ihre Gefühle zu verlieren. Doch er war schließlich ihr Boss, und er bat sie darum.

„Ich vermute, ich habe keine andere Wahl“, sprach sie den Gedanken laut aus.

Er zog fragend eine Augenbraue hoch. „Wäre es wirklich so schrecklich, ein paar Wochen in New York zu verbringen? Sie haben selbstverständlich ausreichend Freizeit, die Sie verbringen können, was Sie möchten.“

Carrie wusste, dass es komisch wirken würde, wenn sie ablehnte. Sie war seine Londoner Haushälterin und seine Bitte war völlig plausibel und im zumutbaren Rahmen. Außerdem ging es hier um New York. Sie war bisher kaum in der Welt herumgekommen, und das Angebot war unheimlich verlockend.

„In Ordnung, ich werde Sie begleiten.“

„Gut“, sagte er knapp. „Morgen Mittag geht es los. Bis dahin bleibt Ihnen hoffentlich genug Zeit, um Ihre Sachen zu packen und hier alles für Ihre Abwesenheit vorzubereiten?“

„Selbstverständlich“, erwiderte sie ruhig.

„Wunderbar. Das wäre dann alles, Miss Taylor.“

Carrie war bisher nur ein paarmal geflogen, aber noch nie in einem Privatjet. Eigentlich sollte sie sich nach vier Jahren an Lord Lindens luxuriösen Lebensstil gewöhnt haben, aber der stromlinienförmige Jet war doch zu außergewöhnlich. Die Einrichtung war aus Leder und in Creme und Gold gehalten. Dicke, weiche Teppiche lagen auf dem Boden, und ihr Sitz schmiegte sich an ihren Körper, als sei er eigens für sie entworfen worden. Das alles war unfassbar dekadent.

Carrie saß im vorderen Teil des Jets, und Lord Linden saß in einiger Entfernung hinter ihr an einem Schreibtisch und arbeitete an seinem Laptop. Sie hat sich ein Mineralwasser bestellt, und das Menü, das man ihr servierte, war so ausgezeichnet wie auf einer exklusiven Dinnerparty.

Carrie war zu aufgedreht, um zu schlafen. Sie betrachtete abwechselnd die Wolken vor dem Fenster und die Zeitschrift, in der sie gedankenverloren blätterte. Nach einiger Zeit fiel ihr auf, dass sie Lord Lindens Stimme lange nicht mehr gehört hatte.

Vorsichtig drehte sie sich um, um einen Blick auf ihn zu werfen. Sie fühlte sich dabei wie ein Voyeur. Er saß bequem mit lang ausgestreckten Beinen auf seinem Sitz und las ein Dokument. Zwischen seinen Augenbrauen hatte sich eine kleine senkrechte Falte gebildet. Er hatte die obersten Knöpfe seines Hemdes geöffnet und die Ärmel hochgekrempelt. Sein Haar war ein wenig durcheinander, so als wäre er mit der Hand mehrfach hindurchgefahren. Auf dem Kinn legten seine Bartstoppeln einen leichten Schatten. 

Dieser Mann strahlt so viel Sex-Appeal aus, er hätte genauso gut mit einer schönen Frau in jedem Arm Champagner trinken können, statt einen Bericht zu lesen. Diese Tatsache war ihm zwar bewusst, das merkte man an jeder seiner Bewegungen, aber er gab nichts darauf und stand über den Dingen. Das machte ihn vermutlich noch viel attraktiver, überlegte Carrie.

Natürlich nicht für sie, sie wusste es schließlich besser.

Als hätte er gespürt, dass sie ihn beobachtete, hob er den Kopf. Carrie reagierte zu langsam, und ihre Blicke begegneten sich. Sie schluckte schwer und spürte, wie ihr die Röte in die Wangen schoss.

Von wegen besser wissen, machte sich eine Stimme in ihrem Kopf über sie lustig.

„Ist alles in Ordnung?“, erkundigte er sich.

Autor

Abby Green

Abby Green wurde in London geboren, wuchs aber in Dublin auf, da ihre Mutter unbändiges Heimweh nach ihrer irischen Heimat verspürte. Schon früh entdeckte sie ihre Liebe zu Büchern: Von Enid Blyton bis zu George Orwell – sie las alles, was ihr gefiel. Ihre Sommerferien verbrachte sie oft bei ihrer...

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