Adams Lippen waren weich und warm. Zärtlich knabberte er an Kerrys Unterlippe. Obwohl sie wusste, dass sie einen großen Fehler beging, legte sie ihm die Arme um den Hals und schmiegte sich an ihn. Sie öffnete den Mund, um seinen Kuss zu erwidern. Sie spürte, wie seine Hände über ihren Rücken glitten und ihren Po umfassten. Sanft zog er sie noch ein wenig näher zu sich heran.
So nah, dass sie fühlen konnte, wie erregt er war.
Aber ihr war klar, dass das nicht an ihr lag. Ein Sprichwort kam ihr in den Sinn: Nachts sind alle Katzen grau. Adam hatte die letzten Tage in Schottland verbracht. In einem kleinen Nest, wo alle alles von allen wussten. Bestimmt hatten seine Eltern die Nachricht von seiner Verlobung schon überall verbreitet. Also hatte er für eine Weile auf weibliche Gesellschaft verzichten müssen. Er küsste sie nur deshalb, weil sie eine Frau war. Und weil sie da war.
„Kerry.“ Er bedeckte ihren Hals mit kleinen Küssen. „Weißt du eigentlich, wie gut du schmeckst?“
Seine Stimme war tief und ein wenig heiser.
Sie wünschte sich, er würde nicht nur die Stelle an ihrem Hals kosten, sondern ihre ganze Haut. Überall. Sie wollte, dass er ihren Körper erkundete, bis sie vor Begierde zitterte. Wollte, dass er sie auf den Gipfel der Lust schickte. Und wieder hinunter.
Er schob die Hände unter ihr T-Shirt. Sie spürte seine Fingerspitzen auf ihrem Bauch, hielt den Atem an und erschauerte. Sie wollte mehr, noch viel mehr. Und dann legte er die Hände auf ihre Brüste. Mit den Daumen strich er sanft über den Rand ihres spitzenbesetzten BHs und schließlich über ihre Brustwarzen. Das löste ein köstlich lustvolles Gefühl in Kerry aus.
„Adam, wir sollten nicht …“
Abrupt ließ er die Hände sinken und trat einen Schritt zurück. Seine Wangen waren gerötet und seine Pupillen erweitert. Er wirkte genauso erregt wie sie.
Und genauso entsetzt.
„Es tut mir leid“, sagte er mit belegter Stimme. „Ich wollte deine Situation nicht ausnutzen.“
Meinte er das ernst? Sie hatte schließlich nicht den geringsten Widerstand gezeigt.
„Wasch dir doch das Gesicht, dann können wir essen gehen.“
Genau das, was sie beide jetzt brauchten. Ein wenig Abstand. Sie lächelte ihn verlegen an und ging ins Bad.
Der Spiegel zeigte Kerry, dass es schlimmer war, als sie gedacht hatte. Ihr Haar war völlig zerzaust. Ihr Mund sah aus, als wäre er gerade geküsst worden. Und zwar ziemlich intensiv. Ihre Augen glänzten, als hätte sie Fieber.
Oh, das war gar nicht gut!
Sie tauchte einen Waschlappen in kaltes Wasser und drückte ihn aufs Gesicht. Dennoch konnte sie immer noch Adams Lippen auf ihrem Mund spüren. Wenn sie nichts gesagt hätte, würden sie jetzt vermutlich miteinander im Bett liegen. Nackt, Haut an Haut. Gegenseitig ihre Körper erkundend.
Sie rief sich ein paar chemische Formeln ins Gedächtnis, um ihre Gedanken von Adam abzulenken. Und von Sex mit ihm. So erregt konnte sie ihm unmöglich gegenübertreten. Vermutlich würde sie ihn anflehen, mit ihr ins Bett zu steigen. Zur Hölle mit den Konsequenzen!
Als ihr Pulsschlag sich einigermaßen normalisiert hatte, ordnete sie ihr Haar, zupfte ihre Kleidung zurecht und kehrte in die Küche zurück. Adam hatte inzwischen die Töpfe ausgekratzt und eingeweicht. Außerdem hatte er das Radio eingeschaltet. Natürlich hatte er einen Sender gewählt, der Rockmusik spielte. Sie wusste nicht recht, ob sie sich darüber ärgern oder amüsieren sollte.
„Hi“, sagte er lächelnd. Auf einmal war er wieder ganz der alte Adam. Ihr Freund und Nachbar. Und nicht der Mann, der sie gerade geküsst hatte, bis ihr die Luft wegblieb.
„Bereit für die Pizza?“
„Wenn ich bezahlen darf. Wir gehen schließlich nur aus, weil ich das Essen habe anbrennen lassen.“
„Wir machen alle Fehler“, sagte er mit sanfter Stimme.
Als Kerry ihre Handtasche geholt und die Tür hinter ihnen abgeschlossen hatte, fühlte sich die Atmosphäre fast wieder normal an. Bis sie sich in einem kleinen italienischen Restaurant gegenübersaßen, beide gleichzeitig in den Brotkorb griffen und ihre Hände sich zufällig streiften.
Noch vor einem Monat hätte Kerry sich nichts weiter dabei gedacht. Aber jetzt beschleunigte sich ihr Herzschlag, und sie wagte kaum, Adam in die Augen zu schauen.
Das war doch verrückt! Eine zufällige Berührung – und sie stand in Flammen.
Das musste unbedingt aufhören. Denn sosehr sie sich auch danach sehnte, mit ihm zu schlafen – ihre Freundschaft bedeutete ihr viel zu viel, als dass sie sie aufs Spiel gesetzt hätte.
Adam gab vor, die Speisekarte zu studieren, aber insgeheim beobachtete er, wie Kerry an ihrem Weinglas nippte. Oh, Himmel, sie hatte wirklich einen unglaublich schönen Mund! Alles in ihm drängte danach, sie zu küssen. Er wollte sie in seinem Bett. Nackt, mit offenem Haar, das auf dem Kissen ausgebreitet war. Er wollte sie so weit treiben, dass sie zu denken aufhören und nur noch fühlen würde. Wollte die Hitze zwischen ihnen. Und die Lust.
Aber Kerry gehörte zu den Menschen, die ihm am meisten bedeuteten. Er konnte es sich nicht leisten, sie zu verlieren.
Es blieb ihm nichts weiter übrig, als einen kühlen Kopf zu bewahren und der Versuchung zu widerstehen.
Irgendwie schafften sie es, das Abendessen zu überstehen. Vor ihrer Tür verabschiedeten sie sich fast förmlich. Adam behielt die Kontrolle über sich und über sein Bedürfnis, Kerry zu küssen und nach oben zu tragen. In sein Bett.
Zum Glück war in den nächsten Tagen im Krankenhaus so viel zu tun, dass er Doppelschichten schieben musste und keine Minute Ruhe hatte. Nach der Arbeit trainierte er im Sportstudio so hart, dass er keine Energie mehr hatte, um an Kerry zu denken.