Trish ergriff Kerrys linke Hand und starrte fassungslos auf den Ring. „Oh, nein. Bitte sag mir, dass das nicht wahr ist.“
„Er ist nur eine Requisite für unser Verlobungstheater“, sagte Kerry schnell.
Sie hatte ihrer besten Freundin schon von einiger Zeit gestanden, auf welche Farce sie sich eingelassen hatte. Trish war natürlich von der angeblichen Verlobung nicht begeistert und hatte weder aus ihren Bedenken noch aus ihrer Abneigung gegen Adam ein Hehl gemacht.
Trish schnaubte empört. „Das ist kein Modeschmuck, Schätzchen. Das ist entweder Weißgold oder Platin. Und die kleinen Teile hier sind echte Diamanten und keine Strasssteine. Bitte sag mir, dass ihr nicht wirklich verlobt seid.“
„Nein, natürlich nicht. Adams Eltern kommen nächstes Wochenende zu Besuch. Sie erwarten bestimmt, dass ich einen Ring trage.“
„Na schön. Dann gibst du ihn hinterher zurück.“
Kerry schüttelte den Kopf. „Adam hat ihn mir geschenkt. Als Dankeschön.“
Trish runzelte missbilligend die Stirn. „Ein Blumenstrauß oder eine Schachtel Pralinen sind ein Dankeschön. Das hier ist etwas ganz anderes. Du schläfst doch nicht etwa mit ihm?“
„Nein, natürlich nicht.“ Kerry spürte, wie sie rot wurde.
„Aber du würdest gern. Du musst verrückt sein.“
Kerry hob protestierend die Hände. „Ich habe nie gesagt, dass ich gern mit ihm schlafen würde.“
„Das ist auch nicht nötig. Dein Gesicht spricht Bände. Also gut. Dann schlaf mit ihm und leg ihn danach zu den Akten. Aber was immer du tust, verliebe dich bloß nicht in ihn“, bat ihre Freundin sie. „Denn das würde bestimmt böse enden.“
Das war auch Kerry klar. „Du machst viel Wirbel um nichts. Adam und ich sind nur befreundet.“
Trish wirkte nicht überzeugt. „Ich mache mir Sorgen um dich. Du hast dich da auf etwas eingelassen …“
„Ich helfe nur einem Freund“, unterbrach Kerry sie. „Also hör bitte auf, dir ständig Sorgen zu machen. Es wird schon alles gut gehen.“
Am Donnerstagabend war Kerry ihrer gespielten Zuversicht zum Trotz ziemlich nervös. Sie konnte sich nicht auf die Arbeit konzentrieren und zuckte zusammen, als das Telefon klingelte. Es war Adam, der sich vergewissern wollte, ob sie immer noch zu ihrem großen Auftritt am Wochenende bereit war.
„Natürlich“, gab sie zurück. „Wann kommen deine Eltern an?“
„Um halb elf.“
„Dann koche ich uns etwas zu Mittag“, bot sie an.
„Nein, nicht nötig. Du tust wirklich schon genug.“
„Adam, du hast doch gar keine Zeit, dich auch noch ums Essen zu kümmern. Es ist wirklich kein Problem für mich. Ich mache eine Suppe und Salat. Dann spielt es keine Rolle, wenn das Flugzeug Verspätung hat.“
„Ich danke dir.“
„Noch etwas. Wenn du bei mir übernachten willst, solltest du vorher ein paar Sachen in meine Wohnung bringen. Zahnbürste, Rasierer und so weiter. Wie lange werden deine Eltern denn bleiben?“
„Ich weiß es nicht genau. Es hängt davon ab, wie es meinem Vater geht. Wann soll ich mein Zeug bei dir vorbeibringen?“
„Vielleicht am Samstagmorgen, bevor du losfährst?“
„Gut, bis dann also.“
Wie abgemacht klingelte Adam am Samstagmorgen an Kerrys Haustür. Er war bepackt mit einer kleinen Reisetasche, einer Vase und einem Armvoll Blumen.
„Vielen Dank“, sagte Kerry. „Vor allem für die Vase. Das wäre aber nicht nötig gewesen.“
„Oh, doch. Sonst müssten wir unseren Saft aus Tassen anstatt Gläsern trinken.“ Er hob die Tasche hoch. „Wohin soll ich sie stellen?“
„Ins Schlafzimmer.“
„Genau. Da steht sie nicht im Weg herum. Du bist wirklich ein sehr ordentlicher Mensch.“
Sie zuckte die Schultern und machte sich daran, die Blumen in die Vase zu stellen. Als Adam hinter sie trat und die Arme um ihre Taille legte, hätte sie das gute Stück fast fallengelassen.
„Ich danke dir von Herzen“, flüsterte er und küsste sie auf den Hals.
Kerrys Haut prickelte am ganzen Körper, und sie erschauerte.
Dann ließ er sie los. „Ich rufe dich kurz an, wenn wir vom Flughafen wegfahren.“
Sie nickte nur, denn sie traute ihrer Stimme nicht. Die Umarmung hätte man vielleicht als freundschaftlich bezeichnen können. Und auch der Kuss war eher flüchtig gewesen. Trotzdem hatte sie beides stark erregt.
„Ist es für dich okay, wenn ich nachher den Ersatzschlüssel benutze?“
Darüber hatte sie noch gar nicht nachgedacht. Aber es wäre ziemlich merkwürdig, wenn er bei seiner Verlobten klingen würde, oder? „Na klar.“
Er lachte. „Und wenn ich sage, Liebling, ich bin wieder da?“
„Von mir aus.“ Das entsprach sicher dem, was seine Eltern erwarten würden.
Seine Eltern.
Panik durchzuckte sie, sie drehte sich um. „Adam, wir werden es nicht schaffen, diese Komödie aufrechtzuerhalten. Deine Eltern werden mir niemals abkaufen …“
„Doch, das werden sie.“ Er legte ihr seinen rechten Zeigefinger auf die Lippen. „Vertrau mir einfach.“
Das verstärkte ihre Panik noch. Was hatte er vor?
„Sie erwarten, dass wir uns wie ein ganz normales Paar benehmen“, sagte er, als hätte er ihr die Angst im Gesicht abgelesen. „Händchen halten, ein verstohlener Kuss in der Küche, eine kurze Umarmung. Das können wir. Wir haben uns schon oft umarmt.“
Einen Freund zu umarmen war etwas völlig anderes als einen Verlobten. Und an verstohlene Küsse in der Küche mochte sie gar nicht denken.
„Es wird schon gut gehen“, sagte er im Brustton der Überzeugung.
Dann strich er ihr mit einer Fingerspitze über die Unterlippe, beugte den Kopf und küsste sie sanft und zärtlich auf den Mund. Kerry hatte das Gefühl, wie Eis in der Sonne zu zerschmelzen. Sie verspürte das dringende Bedürfnis, sich in seine Arme zu werfen und seinen Kuss mit aller Hingabe zu erwidern.
Hör sofort auf, ermahnte sie sich. Dies ist weder die richtige Zeit noch der richtige Ort dafür. Außerdem zeigt er dir nur, wie du deine Rolle spielen sollst.
Sein Blick sprach allerdings eine ganz andere Sprache. Seine Augen waren dunkel vor Begierde.
Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und lächelte. „Ich ruf dich vom Flughafen aus an.“
„Fahr vorsichtig“, sagte sie und beobachtete, wie er die Küche verließ.