Ein Feuerwerk aus Leidenschaft - Kapitel 7

Trish ergriff Kerrys linke Hand und starrte fassungslos auf den Ring. „Oh, nein. Bitte sag mir, dass das nicht wahr ist.“

„Er ist nur eine Requisite für unser Verlobungstheater“, sagte Kerry schnell.

Sie hatte ihrer besten Freundin schon von einiger Zeit gestanden, auf welche Farce sie sich eingelassen hatte. Trish war natürlich von der angeblichen Verlobung nicht begeistert und hatte weder aus ihren Bedenken noch aus ihrer Abneigung gegen Adam ein Hehl gemacht.

Trish schnaubte empört. „Das ist kein Modeschmuck, Schätzchen. Das ist entweder Weißgold oder Platin. Und die kleinen Teile hier sind echte Diamanten und keine Strasssteine. Bitte sag mir, dass ihr nicht wirklich verlobt seid.“

„Nein, natürlich nicht. Adams Eltern kommen nächstes Wochenende zu Besuch. Sie erwarten bestimmt, dass ich einen Ring trage.“

„Na schön. Dann gibst du ihn hinterher zurück.“

Kerry schüttelte den Kopf. „Adam hat ihn mir geschenkt. Als Dankeschön.“

Trish runzelte missbilligend die Stirn. „Ein Blumenstrauß oder eine Schachtel Pralinen sind ein Dankeschön. Das hier ist etwas ganz anderes. Du schläfst doch nicht etwa mit ihm?“

„Nein, natürlich nicht.“ Kerry spürte, wie sie rot wurde.

„Aber du würdest gern. Du musst verrückt sein.“

Kerry hob protestierend die Hände. „Ich habe nie gesagt, dass ich gern mit ihm schlafen würde.“

„Das ist auch nicht nötig. Dein Gesicht spricht Bände. Also gut. Dann schlaf mit ihm und leg ihn danach zu den Akten. Aber was immer du tust, verliebe dich bloß nicht in ihn“, bat ihre Freundin sie. „Denn das würde bestimmt böse enden.“

Das war auch Kerry klar. „Du machst viel Wirbel um nichts. Adam und ich sind nur befreundet.“

Trish wirkte nicht überzeugt. „Ich mache mir Sorgen um dich. Du hast dich da auf etwas eingelassen …“

„Ich helfe nur einem Freund“, unterbrach Kerry sie. „Also hör bitte auf, dir ständig Sorgen zu machen. Es wird schon alles gut gehen.“

 

Am Donnerstagabend war Kerry ihrer gespielten Zuversicht zum Trotz ziemlich nervös. Sie konnte sich nicht auf die Arbeit konzentrieren und zuckte zusammen, als das Telefon klingelte. Es war Adam, der sich vergewissern wollte, ob sie immer noch zu ihrem großen Auftritt am Wochenende bereit war.

„Natürlich“, gab sie zurück. „Wann kommen deine Eltern an?“

„Um halb elf.“

„Dann koche ich uns etwas zu Mittag“, bot sie an.

„Nein, nicht nötig. Du tust wirklich schon genug.“

„Adam, du hast doch gar keine Zeit, dich auch noch ums Essen zu kümmern. Es ist wirklich kein Problem für mich. Ich mache eine Suppe und Salat. Dann spielt es keine Rolle, wenn das Flugzeug Verspätung hat.“

„Ich danke dir.“

„Noch etwas. Wenn du bei mir übernachten willst, solltest du vorher ein paar Sachen in meine Wohnung bringen. Zahnbürste, Rasierer und so weiter. Wie lange werden deine Eltern denn bleiben?“

„Ich weiß es nicht genau. Es hängt davon ab, wie es meinem Vater geht. Wann soll ich mein Zeug bei dir vorbeibringen?“

„Vielleicht am Samstagmorgen, bevor du losfährst?“

„Gut, bis dann also.“

 

Wie abgemacht klingelte Adam am Samstagmorgen an Kerrys Haustür. Er war bepackt mit einer kleinen Reisetasche, einer Vase und einem Armvoll Blumen.

„Vielen Dank“, sagte Kerry. „Vor allem für die Vase. Das wäre aber nicht nötig gewesen.“

„Oh, doch. Sonst müssten wir unseren Saft aus Tassen anstatt Gläsern trinken.“ Er hob die Tasche hoch. „Wohin soll ich sie stellen?“

„Ins Schlafzimmer.“

„Genau. Da steht sie nicht im Weg herum. Du bist wirklich ein sehr ordentlicher Mensch.“

Sie zuckte die Schultern und machte sich daran, die Blumen in die Vase zu stellen. Als Adam hinter sie trat und die Arme um ihre Taille legte, hätte sie das gute Stück fast fallengelassen.

„Ich danke dir von Herzen“, flüsterte er und küsste sie auf den Hals.

Kerrys Haut prickelte am ganzen Körper, und sie erschauerte.

Dann ließ er sie los. „Ich rufe dich kurz an, wenn wir vom Flughafen wegfahren.“

Sie nickte nur, denn sie traute ihrer Stimme nicht. Die Umarmung hätte man vielleicht als freundschaftlich bezeichnen können. Und auch der Kuss war eher flüchtig gewesen. Trotzdem hatte sie beides stark erregt.

„Ist es für dich okay, wenn ich nachher den Ersatzschlüssel benutze?“

Darüber hatte sie noch gar nicht nachgedacht. Aber es wäre ziemlich merkwürdig, wenn er bei seiner Verlobten klingen würde, oder? „Na klar.“

Er lachte. „Und wenn ich sage, Liebling, ich bin wieder da?“

„Von mir aus.“ Das entsprach sicher dem, was seine Eltern erwarten würden.

Seine Eltern.

Panik durchzuckte sie, sie drehte sich um. „Adam, wir werden es nicht schaffen, diese Komödie aufrechtzuerhalten. Deine Eltern werden mir niemals abkaufen …“

„Doch, das werden sie.“ Er legte ihr seinen rechten Zeigefinger auf die Lippen. „Vertrau mir einfach.“

Das verstärkte ihre Panik noch. Was hatte er vor?

„Sie erwarten, dass wir uns wie ein ganz normales Paar benehmen“, sagte er, als hätte er ihr die Angst im Gesicht abgelesen. „Händchen halten, ein verstohlener Kuss in der Küche, eine kurze Umarmung. Das können wir. Wir haben uns schon oft umarmt.“

Einen Freund zu umarmen war etwas völlig anderes als einen Verlobten. Und an verstohlene Küsse in der Küche mochte sie gar nicht denken.

„Es wird schon gut gehen“, sagte er im Brustton der Überzeugung.

Dann strich er ihr mit einer Fingerspitze über die Unterlippe, beugte den Kopf und küsste sie sanft und zärtlich auf den Mund. Kerry hatte das Gefühl, wie Eis in der Sonne zu zerschmelzen. Sie verspürte das dringende Bedürfnis, sich in seine Arme zu werfen und seinen Kuss mit aller Hingabe zu erwidern.

Hör sofort auf, ermahnte sie sich. Dies ist weder die richtige Zeit noch der richtige Ort dafür. Außerdem zeigt er dir nur, wie du deine Rolle spielen sollst.

Sein Blick sprach allerdings eine ganz andere Sprache. Seine Augen waren dunkel vor Begierde.

Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und lächelte. „Ich ruf dich vom Flughafen aus an.“

„Fahr vorsichtig“, sagte sie und beobachtete, wie er die Küche verließ.

Kerry verkürzte sich die Wartezeit damit, indem sie die Blumen neu arrangierte, die Salate vorbereitete und eine Suppe ansetzte, die sie zum Köcheln auf den Herd stellte. Als sie Adams Sachen in den Kleiderschrank und ins Bad räumte, flammte ihre Nervosität wieder auf.

Sie würde mit Adam zusammenleben. Wenn auch nur für kurze Zeit. Und wenn er sie weiter berühren und küssen würde wie vorhin in der Küche, würde es um ihre Vernunft und Selbstbeherrschung in kürzester Zeit geschehen sein.

Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis endlich das Telefon läutete.

„Hi, Schatz. Wir sind auf dem Weg“, meldete er sich.

„Gut. Bis gleich.“

„Ich liebe dich“, sagte er schnell.

Nein, tat er nicht. Das gehörte nur zu der Rolle, die er für seine Eltern spielte. Dennoch klangen diese Worte lange in Kerry nach. Ich liebe dich. Wann hatte das zuletzt jemand zu ihr gesagt?

Oh, sie musste endlich damit aufhören. Am besten sofort. „Wie gesagt, bis gleich.“

Sie hatte noch Zeit, den Esstisch in der Küche hübsch zu decken, die Suppe zu pürieren und ein Dutzend Blaubeermuffins zu backen, bevor sie in der Wohnung über sich Schritte hörte.

Natürlich zeigte Adam seinen Eltern zuerst das Zimmer, in dem sie übernachten würden. Vermutlich wollten sie auch noch auspacken und sich ein wenig frisch machen.

Die Minuten verstrichen endlos langsam. Das Essen war fertig, das Brot stand auf dem Tisch. Ebenso wie Käse und Schinken, eine Schüssel grüner Salat, der Tomatensalat und die beiden Mayonnaisesalate mit Ei und Hering, die sie zubereitet hatte, um die Zeit totzuschlagen. Die Kaffeemaschine war mit Wasser und Kaffeepulver versehen und musste nur noch eingeschaltet werden.

Endlich hörte sie, wie sich ein Schlüssel im Schloss der Eingangstür drehte.

„Liebling, ich bin wieder da“, rief Adam.

Sie wusste nicht recht, ob sie lachen oder ihm eine Ohrfeige verpassen sollte. Aber sie setzte ein verbindliches Lächeln auf und verließ die Küche, um ihre Gäste zu begrüßen.

„Mum, Dad, das ist Kerry“, übernahm Adam die Vorstellungsrunde. „Kerry, das sind meine Eltern. Moira und Donald McRae.“

„Freut mich sehr, Ihre Bekanntschaft zu machen“, sagte Kerry und streckte höflich die Hand aus.

Moira ignorierte ihre Hand und zog sie stattdessen in eine kräftige mütterliche Umarmung. „Wie schön, Sie endlich kennenzulernen!“

Auch Donald drückte sie kurz an sich. „Sie sind ja noch hübscher als auf dem Foto, das Adam uns gezeigt hat.“

So viel Herzlichkeit war überwältigend. Kerry musste sich kurz räuspern. „Darf ich Ihnen Tee oder Kaffee anbieten? Oder vielleicht lieber etwas Kaltes?“

„Kaffee wäre wunderbar“, meinte Donald. „Falls der Doktor es erlaubt.“

„Eine Tasse“, sagte Adam mit gespielter Strenge. Dann hob er schnuppernd die Nase. „Rieche ich da etwa frisch gebackene Kekse?“, fragte er hoffnungsvoll.

„Muffins“, antwortete sie. „Mit Blaubeeren.“ Sie wandte sich an seine Eltern. „Möchten Sie nicht in die Küche kommen? Ich habe ein kleines Mittagessen vorbereitet.“

„Sie hätten sich nicht so viele Umstände machen dürfen, Kind“, protestierte Moira.

„Das waren überhaupt keine Umstände. Ich hätte sowieso gekocht.“ Allerdings in einem etwas kleineren Rahmen, fügte sie im Stillen hinzu.

„Muffins“, sagte Adam selig und eilte auf den Backofen zu.

Kerry versetzte ihm einen Klaps auf die Hand. „Nach dem Mittagessen. Wenn du schon während der Arbeit nicht vernünftig isst, dann wenigstens hier.“

Donald grinste schadenfroh. „Das gefällt mir. Da bekommst du endlich mal etwas von deiner eigenen Medizin verabreicht. Geben Sie es ihm nur tüchtig, Mädchen.“ Er überreichte Kerry eine große Schachtel. „Das haben wir Ihnen mitgebracht.“

Es waren handgemachte Pralinen.

Ja, so etwas taten Eltern, wenn sie ihre erwachsenen Kinder besuchten. Sie verschenkten luxuriöse Süßigkeiten.

Ihre eigenen Eltern hingegen hatten mehr als einmal ihr Weihnachtsgeschenk vergessen, als sie noch ein Kind war. Ihr Vater war zu sehr damit beschäftigt, anderen Frauen nachzusteigen. Und ihre Mutter damit, deswegen wütend zu sein.

Kerry verdrängte diese Gedanken und bedankte sich artig. „Damit machen Sie mir eine große Freude. Ich esse nämlich furchtbar gern Schokolade.“ Einem Impuls folgend, umarmte sie Moira und Donald.

„Das hat uns Adam erzählt“, sagte Moira. „Passen Sie nur auf, dass er Ihnen nicht alles wegisst.“

Nach dem Essen, als Kerry ihre Gäste ins Wohnzimmer komplimentiert hatte, überlegte sie beim Aufräumen in der Küche, warum sie anfangs so nervös gewesen war. Die McRaes waren bezaubernde Menschen, mit denen man leicht ins Gespräch kam. Sie interessierten sich für alles und jeden, besonders für ihre zukünftige Schwiegertochter. Die beiden gaben ihr das Gefühl, schon immer zur Familie zu gehören. Sosehr sie auch sonst versuchte, andere Leute auf Abstand zu halten, war es ihr überhaupt nicht schwergefallen, das Du anzunehmen, das Moira ihr auch in Donalds Namen anbot.

Aber leider hatte sie etwas viel Schlimmeres getan, als sich in Adam zu verlieben. Sie hatte sich in seine Eltern verliebt! Und sie konnte überhaupt nicht verstehen, warum Adam so sehr darauf bedacht war, sich von ihnen abzugrenzen.

„Ist alles in Ordnung, Liebes?“, fragte Moira, die in diesem Moment die Küche betrat.

„Ja, alles bestens.“

„Bestimmt ist es ziemlich einschüchternd, seinen zukünftigen Schwiegereltern zum ersten Mal zu begegnen. Ich kann mir vorstellen, dass Adam sich auch nicht gerade vor Freude überschlagen hat, als er deine Eltern kennenlernte.“

Kerry biss sich auf die Unterlippe. „Eigentlich habe ich keine Familie mehr.“

„Oh, Liebes. Das hat Adam mir verschwiegen. Sonst wäre ich nicht so taktlos gewesen. Es tut mir leid, ich wollte dir nicht wehtun.“ Moira legte ihr den Arm um die Schultern und zog sie an sich. „Aber jetzt hast du wieder eine Familie. Du hast uns.“

„Danke“, sagte Kerry mit erstickter Stimme und blinzelte die aufsteigenden Tränen weg.

Moiras Worte trafen sie mitten ins Herz. So, wie sie die beiden bisher erlebt hatte, waren sie genau die Familie, nach der sie sich schon immer gesehnt hatte. Aber sie würde sie nicht bekommen, weil Adam und sie nicht wirklich verlobt waren.

„So, das ist also der Ring“, sagte Moira, nahm Kerrys linke Hand und inspizierte das Schmuckstück am Ringfinger. „Sehr hübsch. Und ungewöhnlich.“

„Es ist ein grüner Saphir.“

„Und er hat dieselbe Farbe wie ihre Augen“, ergänzte Adam, als er zu ihnen trat. Beiläufig legte er Kerry einen Arm um die Taille. „Ich bringe Dad nach oben, damit er ein Nickerchen machen kann. Mum, setz du dich doch ins Wohnzimmer und ruh dich ein bisschen aus. Kerry und ich erledigen hier den Rest.“

Moira warf ihnen einen wissenden Blick zu und lächelte verschmitzt. Natürlich dachte sie, Adam würde sie hinausschicken, damit er mit seiner Verlobten allein sein konnte.

Zu Kerrys Erleichterung nahm er die Hand von ihrer Taille, sobald seine Mutter den Raum verlassen hatte.

„Du bist unmöglich“, fuhr sie ihn ärgerlich an.

„Und du bist wunderbar.“ Er schenkte ihr ein strahlendes Lächeln.

Ach, zur Hölle! Sie konnte ihm einfach nicht lange böse sein. Seine Grübchen waren ebenso entwaffnend wie das übermütige Funkeln in seinen tiefblauen Augen.

Aber allmählich wurde sie wirklich nervös wegen der kommenden Nacht. Weil Adam in ihrer Wohnung sein würde. Obwohl sie nicht ihm misstraute.

Sondern vielmehr sich selbst.


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