Darf ich ihm gehören? - 8. Kapitel

8. KAPITEL

Am Freitag hatte Ronni zwar eigentlich Bereitschaftsdienst, aber es gelang ihr, Marty zu einem Tausch zu überreden.

     Sie und Ryan gingen in das beste Steak-Restaurant der Stadt, wo sie sich ein luxuriöses Filet Mignon gönnten.

     Es war ein herrlich romantischer Abend, genau wie Ronni es sich gewünscht hatte, lange gemeinsame Stunden zum Reden und Lachen und Lieben.

     Sie wachte auf, als Ryan sie verließ. Zärtlich küsste er sie, bevor er zur Tür hinausschlüpfte. Eine Weile lag sie allein im Dunkeln, dann setzte sie sich auf und machte das Licht an.

     Es war ein so schöner Abend gewesen. Aber von Zukunft war nicht die Rede gewesen. Und auch nicht von Liebe.

     Selber schuld, dachte Ronni. Du hättest ja was sagen können.

     Doch sie hatte nichts gesagt.

     Falls sie tatsächlich schwanger sein sollte, dann würde Ryan sie heiraten, weil er seine Verantwortung ernst nahm. Aber eben dies war es, was ihr zu schaffen machte. Wenn Ryan sie auf Grund ihrer Schwangerschaft heiratete, würde sie niemals mit Sicherheit wissen, ob er wirklich eine Ehe mit ihr wollte, oder ob er sich ihr lediglich wegen des Kindes verpflichtet fühlte.

     Ronni schien sich der Magen zusammenzuschnüren – buchstäblich …

     Unvermittelt fuhr sie kerzengerade auf, schluckte und stöhnte: „Oh, nein …“

     Noch gerade rechtzeitig erreichte sie die Toilette, um dort ihr Filet wieder von sich zu geben. Nachdem der Brechreiz endlich nachgelassen hatte, richtete Ronni sich mühsam auf, putzte die Zähne und wusch sich mit kaltem Wasser das Gesicht.

     Am nächsten Morgen auf dem Weg in die Praxis besorgte sie sich einen Schwangerschaftstest.

     Um zwei holte sie Drew ab, und bis halb drei hatten sie vor dem Supermarkt alles aufgebaut, wo sie bis fünf Uhr blieben, sodass Drew eine zusätzliche halbe Stunde Zeit hatte.

     Ein älterer Mann stellte einen Scheck über fünfzig Dollar aus, und zusammen mit den übrigen Spenden kamen sie dadurch auf weit über hundert Dollar nur für diesen einen Tag.

     Auf der Rückfahrt meinte Ronni: „Siehst du, du hast dein Wochenziel heute schon erreicht. Also kannst du es dir leisten, morgen zu Pizza Pete zu gehen.“

     Drew warf ihr einen missmutigen Blick zu. „Ich bin immer noch hinterher wegen letzter Woche.“

     Allmählich wurde Ronni ärgerlich. „Ach, komm. Du wolltest fünfzig Dollar pro Tag schaffen, und mit Morgen wären das zweihundert gewesen. Aber du hast ja heute schon hundertsiebenundneunzig gesammelt. Das sind nur drei Dollar weniger, als du geplant hast.“

     „Aber ich könnte noch weiter kommen.“

     „Na gut, dann schmoll ruhig. Das hilft bestimmt.“

     Die Schultern hochgezogen und das Kinn vorgereckt murrte er: „Du verstehst das nicht.“

     „Klar verstehe ich“, gab sie sogleich zurück. „Es geht nicht alles nach deinem Willen, und das passt dir nicht.“

     „Das hier ist aber wichtig. Zu Pizza Pete kann ich jeden Tag gehen.“

     „Nein, kannst du nicht. Ihr geht nur einmal im Monat, mit der ganzen Familie, und das ist etwas Besonderes. Als ich klein war, hätte ich sonst was darum gegeben, wenn ich eine Familie gehabt hätte, die mich zu einem Ort wie Pizza Pete mitgenommen hätte.“

     „Ich hasse es, wenn Erwachsene anfangen, davon zu erzählen, wie sie als Kinder waren. Das ist lange her und hat nichts mit mir zu tun.“

     „Fein. Du kennst deine Möglichkeiten. Wenn du morgen wirklich lieber Geld sammeln willst, als den Tag mit deiner Familie zu verbringen, dann sag deinem Vater Bescheid, und wir fahren morgen hin.“

     „Ich hab das doch schon hundert Mal gesagt. Es muss eine Überraschung werden.“

     „Muss es nicht. Du willst, dass es eine Überraschung ist.“

     „Ach, du verstehst das nicht.“

     „Du wiederholst dich. Und ich denke, du solltest es jetzt gut sein lassen, denn du wirst deinen Willen nicht durchsetzen. Dabei bleibt’s.“

     Der Junge stieß einen langen, tief verletzten Seufzer aus und schwieg einige Minuten lang wütend. Doch schließlich richtete er sich auf.

     „Okay. Du hast recht. Wir haben heute hundertzwölf Dollar und dreiunddreißig Cents gekriegt, und das ist echt gut.“

     „Ganz bestimmt.“

     „Also höre ich am besten auf, böse auf dich zu sein.“

     „Gut.“

     Er sah sie halb von der Seite her an. „Hattest du gestern einen schönen Abend mit meinem Dad?“

     „Er hat es euch erzählt?“

     „Ich hab gehört, wie er’s Großmutter gesagt hat.“

     Ronni konnte sich Lilys missbilligende Reaktion lebhaft vorstellen.

     „Und?“, bohrte Drew nach.

     „Ja, es war ein sehr schöner Abend.“

     „Das ist gut.“ Drew klang höchst befriedigt, was Ronni unwillkürlich ein Lächeln entlockte. „Bei uns gibt’s heute Abend Hackbraten. Magst du Hackbraten?“

     „Oh, nein, nicht schon wieder.“

     „Ronni, ich kann sie dazu bringen, dass sie dich einlädt.“

     „Du bist gut erzogen, Drew. Und ich bin sicher, du hast gelernt, dass du deine Großmutter vorher fragen musst, bevor du jemanden einlädst.“

     „Aber du bist doch nicht bloß irgendjemand.“

     „Ich nehme an, das war ein Kompliment. Vielen Dank.“

     „Ich kann sie fragen, ehrlich …“

     „Ich glaube, ich habe mich deutlich genug ausgedrückt. Heute nicht. Und in Zukunft möchte ich, dass du mit deiner Großmutter sprichst, bevor du mich zum Essen einlädst. Klar?“

     „Ach … Na gut.“

     Ronni bog in ihre Straße ein und fuhr die Einfahrt hinauf.

     „Aber du kommst doch noch kurz mit rein, ja? Du kommst doch immer rein, um Griff und Lizzy hallo zu sagen.“

     Drew zuliebe schaute sie schnell bei den Kindern hinein. Doch mit Lily war es wie gewohnt nicht mehr als ein höfliches Hallo und ein frostiges Lächeln. Und obwohl es im ganzen Haus verheißungsvoll nach Hackbraten duftete, wurde Ronni von ihr keineswegs gebeten, zum Essen zu bleiben.

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