Khalid verließ gerade sein Büro und ging den Flur entlang, als er plötzlich glockenhelles Gelächter hörte. Irritiert blieb er stehen und warf einen Blick in den Raum, aus dem die Geräusche kamen.
Unzählige Frauen saßen darin und unterhielten sich angeregt. In ihren farbenfrohen, traditionellen Gewändern wirkten sie wie ein Schwarm bunter Vögel. Anhand der Kleidung erkannte Khalid ebenfalls, dass sie von weither aus den Bergen angereist waren.
Die Gruppe hatte sich um mehrere Tabletts mit süßen Pasteten und dampfendem Tee geschart. Sein Blick blieb an einer Gestalt in bernsteinfarbener Seide hängen. Stürmisches Verlangen überfiel ihn bei der Erinnerung an die letzte Nacht, als er diese reizenden Kurven eng an seinem Körper gespürt hatte.
Maggie sprach Arabisch, etwas umständlich, aber trotzdem fließend.
„Ein Glück für mich, dass Sie Geduld mit meinen spärlichen Versuchen haben, Ihre Sprache zu erlernen.“
Wieder kicherten die Frauen vergnügt und überschlugen sich förmlich mit Komplimenten darüber, wie schnell ihre Königliche Hoheit dazulernen würde. Khalid war wie vom Donner gerührt. Zwar hatte er gewusst, dass Maggie gute Fortschritte mit ihrem Sprachunterricht machte – der Privatlehrer zahlte sich wahrlich aus –, aber so sicher hatte er sie bisher nie reden hören.
„Es ist mir wichtig, Ihre Sprache zu kennen“, erklärte sie den Frauen. „Shajehar ist jetzt meine Heimat. Außerdem möchte ich eines Tages gern an der Universität studieren. Und dafür muss ich natürlich die Seminare verstehen können.“
Daraufhin überschütteten die Besucherinnen Maggie förmlich mit ihren Fragen. Durfte eine Frau wirklich an der Universität studieren? Galt das etwa für alle Frauen?
Maggie beantwortete die Fragen mithilfe einer Vertreterin der Bildungsbehörde, die neben ihr stand. Sie berichtete sogar von neuen Stipendien für Anwärter, die weit außerhalb der Städte lebten. Über eben diese Stipendien hatte sie schon vor wenigen Wochen mit Khalid gesprochen.
„Auf diese Weise können Ihre Kinder eines Tages in der Stadt studieren“, fuhr sie fort. „Aber zuerst müssen sie die Schule abschließen, die für sie gebaut werden wird.“
Eifrig diskutierten die Anwesenden über die Einwände, die ihre Männer gegen diese neuen Pläne haben könnten. Offenbar war es alles andere als selbstverständlich, dass sie ihren Töchtern erlaubten, sich unterrichten zu lassen.
In diesem Moment hob Maggie den Blick und bemerkte Khalid, der sie schweigend beobachtete. Flammende Röte überzog ihre Wangen, und mit einem Mal erstarben die Gespräche. Alle Blicke waren auf Khalid gerichtet.
Hastig wandte er sich ab. Ihm war gar nicht klar gewesen, wie die Besucherinnen auf seine Anwesenheit reagieren würden. Ganz offensichtlich waren sie durchweg erschrocken und eingeschüchtert.
Es war schade, dass diese Besprechung schon zu einem Ende kam. Mit ihrem informellen Austausch hatte Maggie weit mehr erreicht und erfahren als Khalid, der nur offizielle Wege beschritten hatte, um die Dorfbewohner aus den Berggebieten dazu zu bewegen, die neuen Schulen zu unterstützen.
Am meisten beschäftigte ihn allerdings die Art, wie sich ihre Miene verändert hatte, sobald sie ihn erblickte. Jetzt glich ihr Gesicht einer zurückhaltenden Maske und entbehrte jeder Begeisterung, die Khalid noch wenige Momente zuvor hingerissen beobachtet hatte.
Mit anderen strahlte und lachte sie, aber niemals mit ihm. Das ärgerte Khalid zutiefst. Er war es leid, ständig ausgeschlossen und wie ein Fremder behandelt zu werden – außer im Bett. Nur dort schien sie lebendig zu werden und verwandelte sich in seinen Armen zu einer leidenschaftlichen Verführerin. Obwohl sie in letzter Zeit auch in dieser Hinsicht an Spontanität verloren hatte.
Sie schien völlig in ihre Mitarbeit an der Schulreform vertieft zu sein. Auch Khalid stürzte sich in die Arbeit, nachdem der Umgang mit Maggie immer spärlicher und anstrengender wurde.
Früher wäre ihm das sogar äußerst recht gewesen, dass eine Frau nicht klammerte. Seit der Beziehung zu Shahina war er ein Einzelgänger ohne jegliche emotionale Verpflichtungen gewesen. Aber inzwischen hatte sich etwas verändert.