Jana Stieler

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Jana Stieler machte einen Magisterabschluss in Literaturwissenschaft und Öffentlichem Recht. Anfangs fiel es ihr schwer, ihre Berufung zu finden – das Schreiben war letztendlich der Schlüssel dazu, wie sie in ihrem Volontariat bei einer Tageszeitung feststellte. Anschließend arbeitete Jana Stieler einige Jahre als Redakteurin. Heute lebt sie als freie Journalistin und Autorin glücklich zwischen Fiktion und Wirklichkeit mit ihrem Mann und Sohn in Hamburg.

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  • Interview

Wussten Sie von Anfang an, wie sich die Geschichte um Claire und Vivian entwickeln soll oder hat sich das erst beim Schreiben ergeben?

Ich hatte einen groben Handlungsablauf im Kopf und die beiden Frauen ziemlich genau vor Augen. Dann habe ich die beiden Temperamente in das Gerüst gestellt und geschaut, was passiert. In etwa ist es die Geschichte geworden, die ich mir am Anfang vorgestellt habe, an manchen Stellen hat da Zusammentreffen der beiden Frauen aber auch eine echte Eigendynamik entwickelt – und weil ich die beiden mag, habe ich mich gerne überrumpeln lassen.

Was macht Ihnen am meisten Spaß, wenn Sie mit der Arbeit an einem neuen Buch beginnen?

Es ist genau das, was mir – und vielen anderen Autoren, die ich kenne – zugleich am meisten Angst macht: der Blick auf das weiße Blatt. Wer sich davon zu sehr erschrecken lässt, leidet schnell unter einer Schreibblockade. Dabei haben unbeschriebene Blätter ja etwas Wunderbares: Alles ist möglich. Ich kann alles daran setzen, dass dieses Buch mein Bestes wird. Möglicherweise kommt etwas dabei raus, was mich selbst überrascht.

Wer darf Ihre Manuskripte als erstes testlesen?

Mein Mann. Leider hat er nicht immer Lust. Was wiederum meine Schuld ist, weil ich anfangs auf seine Kritik immer etwas empfindlich reagiert habe. Er hat dummerweise einen scharfen Blick und äußert seine Kommentare ziemlich direkt. Und, mal ehrlich, es ist gar nicht so einfach, es nicht persönlich zu nehmen, wenn jemand den eigenen Geschöpfen oder der Lieblingsformulierung an den Kragen geht. Schließlich kommt sie aus meinem Kopf – etwas viel persönlicheres gibt es nicht. Betrachte ich seine Anmerkungen dann mit etwas Abstand, muss ich leider oft zugeben, dass er Recht hat, gerade mit den Dingen, die mich am meisten geärgert haben. Dann setze ich sie natürlich um, denn genau dafür brauchen wir Autoren ja Testleser: Sie sollen uns vor uns selbst schützen.

Bestimmt werden Sie oft in Interviews das Gleiche gefragt. Welche Fragen können sie nicht mehr „lesen“ und welche Frage würden Sie gerne einmal beantworten, die noch nie gestellt wurde?

Ich finde es nicht schlimm, immer mal wieder das Gleiche gefragt zu werden. Wenn man natürlich immer nur die gleiche Standardantwort abspult, wird es schnell langweilig. Aber ich nutze solche Wiederholungen einfach als gute Gelegenheit noch mal darüber nachzudenken. Oft genug stelle ich dann überrascht fest, dass das, was ich immer geantwortet habe, gar nicht mehr zutrifft. Und das kann ja auch ganz spannend sein. Was ich unbedingt mal gefragt werden möchte? Großartig wäre es, wenn mal jemand Anlass hätte zu fragen, wie es sich angefühlt hat, als eines meiner Bücher mit Cate Blanchett in der Hauptrolle verfilmt wurde. Denn die verehre ich als Film-Fan sicher ebenso sehr wie einige meiner literarischen Helden.

Welche Art von Büchern lesen Sie persönlich gerne?

Ich lese meist mehrere Bücher parallel: Ich habe eine Schwäche für alte Reiseberichte und Geschichten über alte Forscher und Entdecker, ich lese gerne Sachbücher zum Thema Hirnforschung und eigentliche jede Art von Romanen. Ich habe schon als Teenager keinen unüberwindbaren Widerspruch darin gesehen, parallel Dostojewski und Barbara Cartland zu verschlingen. Immer wieder lande ich bei Oscar Wilde, den ich für seinen Wortwitz liebe. Aber ich fühle mich auch von Kerstin Gier, J.K. Rowling, Sadie Jones, Elly Griffith und viktorianischen Schauergeschichten bestens unterhalten. Ansonsten fühle ich mich zu Autoren hingezogen, die innerhalb unserer realen Welt mit ihrer absolut eigenen Sprache ein so unvergleichliches eigenständiges Universum erschaffen, dass man den Verfasser nach wenigen Zeilen erkennt – dazu gehören für mich etwa Graham Greene, John Irving, E. M. Forster, Somerset Maugham oder bei den jüngeren zum Beispiel auch Joel Dicker. Sehr viele meiner Lieblingsautoren stammen aus dem britischen Raum. Der gehört übrigens auch zu meinen liebsten Reisezielen – und Schauplätzen für meine Geschichten.

Was bringt Sie persönlich zum Lachen?

Auch das haben bei mir weitgehend die Briten übernommen. Ich mag den typischen trockenen, oft stockfinsteren Humor, der zeigt, dass man sich selbst und das Leben nicht so ernst nimmt. Da liebe ich zum Beispiel John Cleese, überhaupt die Pythons sehr. Aber am liebsten lache ich über meine eigenen Missgeschicke und Unzulänglichkeiten. Und das sind nicht wenige.

Verarbeiten Sie beim Schreiben auch immer ein paar eigene Erlebnisse?

Eigene Erlebnisse so gut wie nie. Manchmal flechte ich kleinere Beobachtungen ein, die ich auf der Straße gemacht habe und dann in der Geschichte weiterspinne. Was ich schon manchmal verwende, sind eigene Gedanken und Gefühle. Zum Beispiel hat Vivian in „Der Stoff, aus dem Träume sind“ einen kleinen Sohn, der kaum älter ist als meiner. Sie klebt jeden Tag ein Foto ihres Sohnes ein und staunt darüber, dass ihr Kind auf jedem Foto so aussieht wie auf dem vom Tag zuvor und die Veränderung vom ersten zum letzten Foto doch so groß ist. Die Idee entspringt einem sentimentalen Mutter-Moment von mir, auch wenn ich sie selbst dann doch nicht umgesetzt habe. Das heißt aber wiederum nicht, dass die Figur auch sonst sehr viel mit mir gemein hätte.