Heiße Nächte im Dschungel

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Allein mit dem smarten Dennis McKenna nach einem Flugzeugabsturz im Dschungel Kolumbiens - für Penny ist die Situation äußerst schwierig. Denn zum einen glaubt Dennis, dass Penny eine Diebin ist, und zum anderen ist Penny leidenschaftlich in ihn verliebt …


  • Erscheinungstag 30.06.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733757663
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Ich glaube, das wird Ihnen weiterhelfen“, sagte die junge Bibliothekargehilfin in gebrochenem Englisch und legte einen großen Atlas auf den Tisch.

Penny lächelte ihr dankbar zu und zog sich einen Stuhl heran. Verstohlen blickte sie noch einmal über die Schulter. Außer dem Personal hielt sich niemand in der Präsenzbibliothek auf.

Meine Güte, ich sehe schon Gespenster, dachte Penny. Sie wurde den Gedanken an Dennis McKenna einfach nicht los. Schon seit Langem war er ihr ständig auf den Fersen.

Mehrere Male hatte sie bereits vergeblich versucht, ihn abzuschütteln. Dieser Mann stellte ihre Nerven regelrecht auf die Zerreißprobe. Es fiel ihr schwer, nett und gelassen zu bleiben, während sie verzweifelt versuchte, Kay zu finden, bevor McKenna ihr zuvorkam. Dieses Mal war Kay ihr nur um ein Haar entwischt. Sie hatte sie um drei Tage verpasst.

Penny setzte sich, schlug den Atlas auf und blätterte, bis sie gefunden hatte, was sie suchte: Costa Rica. Mit dem Finger zeichnete sie die kreisförmige Route nach, die Kay genommen hatte: Erst war sie durch die Karibik gereist, dann durch den Süden der USA und schließlich durch Mexiko. Penny war gezwungen, dieser Route zu folgen, doch bisher war es ihr nicht gelungen, den Kreis zu schließen. Wahrscheinlich wusste Kay sogar, dass sie verfolgt wurde, was sie allerdings ganz offensichtlich nicht im Geringsten störte. Sie flog von einem Land ins nächste, als ob Geld überhaupt keine Rolle spielte. So wie Penny ihre Cousine kannte, war dies wahrscheinlich auch der Fall. „Ich tue, was mir gefällt, und nach mir die Sintflut“, das war Kays Devise.

Und ihr, Penny, blieb nichts anderes übrig, als in den sauren Apfel zu beißen und sich an ihre Fersen zu heften. Anfangs war sie nur First Class gereist und hatte in den besten Hotels logiert, aber auf diese Weise war es McKenna ein Leichtes gewesen, sie ausfindig zu machen. Danach war sie in den ärmeren Vierteln der Städte untergetaucht und hatte in schäbigen Hotels übernachtet. Wäre es Penny nicht so wichtig gewesen, Kay zu finden, hätte sie niemals auch nur einen Fuß in solche Spelunken gesetzt.

Nicht dass Penny sich für etwas Besseres hielt als die Menschen, die aus Not gezwungen waren, dort zu wohnen. Sie fand einfach die Atmosphäre deprimierend, denn sie liebte die schönen Dinge des Lebens. Das musste nicht unbedingt Luxus sein, aber etwas, was das Herz erfreute. Sie war bereit, hart dafür zu arbeiten, und das hatte sie bis jetzt auch immer getan.

Und das war auch der Grund für ihre Verfolgungsjagd. Wenn es ihr nicht gelang, ihren Namen reinzuwaschen, wäre alles, wofür sie gearbeitet hatte, umsonst gewesen. Daher gab es für sie nur einen Ausweg: Sie musste Kay finden.

Sie war so nahe dran gewesen. Wenn Kay doch nur etwas länger in San José geblieben wäre. Aber nicht allein deshalb hatte sie ihr Ziel noch nicht erreicht. Sie hatte es einfach nicht geschafft, ihren hartnäckigen Verfolger abzuschütteln. Der bloße Gedanke an Dennis McKenna machte sie wütend. Während Kay sich amüsiert hatte, hatte Penny seinetwegen wertvolle Zeit mit Sightseeingtouren vergeuden müssen, nur um ihn von der richtigen Spur abzulenken.

Auch hatte es sie sehr viel Zeit gekostet, all die Leute aufzuspüren, mit denen Kay zusammen gewesen war. Schließlich hatte sie heute Morgen durch einen Telefonanruf erfahren, dass Kay, nachdem sie sich kurze Zeit in Caracas aufgehalten hatte, bereits nach Medellín weitergeflogen war.

Ein Schatten lag plötzlich auf Pennys zartem Gesicht. Ihr blondes Haar fiel nach vorn, während sie den Finger über die Landkarte gleiten ließ und die Umrisse der kolumbianischen Stadt nachzeichnete. Pennys sanft geschwungene Lippen waren angespannt, und mit ihren großen, blauen Augen blickte sie sorgenvoll auf die Karte. Die Stadt war Hunderte von Meilen entfernt. Zum ersten Mal fühlte Penny einen Anflug von Verzweiflung in sich, und ein dicker Kloß schnürte ihr die Kehle zu. Doch dann riss sie sich zusammen. Sie war keineswegs so schwach, wie es vielleicht den Anschein hatte. Hinter ihrem zerbrechlich wirkenden Äußeren verbarg sich eine Frau mit eisernem Willen. Auch verfügte sie über einen scharfen Sinn für Taktik, der ihr in ihrem Beruf und auch bei ihrem jetzigen Vorhaben von Nutzen war. Sie war nur müde und erschöpft nach all den anstrengenden Reisen.

Das Geräusch eines Stuhls, der zurückgeschoben wurde, riss Penny aus ihren Gedanken. Sie sah auf und erstarrte.

Dennis McKennas große, kräftige Gestalt, seine breiten Schultern und seine überwältigende Ausstrahlungskraft waren unverkennbar. Schon bei ihrer ersten Begegnung mit diesem Mann war Penny klar geworden, dass er ein Mensch war, der sich selbst und sein Leben im Griff hatte.

Gleichzeitig musste sie sich allerdings eingestehen, dass sie noch nie zuvor einem derart attraktiven Mann begegnet war. Er war ein dunkler Typ mit schönem, dunkelbraunem Haar, braunen Augen und einem männlich-sinnlichen Mund, den er in diesem Moment zu einem eisigen Lächeln verzog.

„Mr. McKenna“, grüßte Penny gezwungen höflich, konnte dabei aber die Abneigung, die sie für ihn empfand, nicht verbergen.

„Miss Emerson“, erwiderte Dennis McKenna sanft. Dann schob er seinen Stuhl ein wenig seitwärts, um seine langen Beine übereinanderschlagen zu können. Er wirkte völlig entspannt.

Pennys Nervosität legte sich etwas. Sie fasste sich ein Herz und fragte laut: „Wie lange soll diese Jagd eigentlich noch weitergehen, Mr. McKenna?“

„Bis Sie einen Fehler machen“, entgegnete er ruhig. „Aber als Jagd würde ich mein Auftauchen eigentlich nicht bezeichnen, sondern eher als regelmäßige Erinnerung, damit Sie mir nicht entwischen“, fügte er in warnendem Unterton hinzu.

Penny biss die Zähne zusammen. Am liebsten hätte sie ihm die Augen ausgekratzt. Der unverhohlene Spott in seinem Blick reizte sie bis aufs Blut.

„Ich habe nichts getan, um mich vor irgendjemandem verstecken zu müssen“, antwortete sie dennoch gefasst. „Ich sage es Ihnen nun ein für alle Mal: Ich habe die Jadefigur nicht gestohlen!“

Dennis McKenna hob die Brauen. „Und Sie wissen nicht zufällig, wo sie ist?“

Pennys Wangen glühten. Sie hasste es, lügen zu müssen, aber in ihrer Lage blieb ihr nichts anderes übrig. „Nein, das weiß ich nicht“, antwortete sie bestimmt, was mehr oder weniger sogar der Wahrheit entsprach. Im Augenblick wusste sie tatsächlich nicht, wo genau sich die Figur befand.

Dennis McKennas verächtlicher Blick verriet, dass er ihr nicht glaubte.

Sie lächelte verkrampft. „Haben Sie nichts Besseres zu tun, als mir nachzuspionieren? Können Sie es sich überhaupt leisten, so lange von Ihrer Arbeit wegzubleiben? Ich hoffe nur, Sie haben Leute, auf die Sie sich verlassen können.“

„Oh ja, die habe ich. Um mein Geschäft brauche ich mir keine Gedanken zu machen. Ich sorge mich eher um meinen Großvater. In unserer Familie herrscht fester Zusammenhalt. Einer für alle und alle für einen, danach leben wir. Ich liebe und verehre meinen Großvater und werde ich nicht zulassen, dass man seine Gutmütigkeit ausnützt.“

Penny begriff sofort, worauf er anspielte. „Ich mag ihn auch, und was Ihre letzte Bemerkung angeht, bin ich vollkommen Ihrer Meinung.“

Dennis McKenna lachte zynisch auf. „Sie reden den Leuten wohl immer nach dem Mund, wie?“

Penny zuckte die Schultern. Was sie gesagt hatte, stimmte. Sie hatte den alten Mann wirklich sehr gern.

Dennis’ Blick fiel auf den Atlas. „Wo wollen Sie denn hin?“

Penny erschrak. Sie hatte völlig vergessen, dass das Buch noch aufgeschlagen war. Schnell wollte sie es zuklappen, doch Dennis kam ihr zuvor und drehte es herum, sodass er die Landkarte genau sehen konnte. Es war eine Karte von Mexiko, Zentralamerika und den Karibischen Inseln.

Ein spöttisches Lächeln umspielte seinen Mund. „Und wo geht die Reise diesmal hin? In der Karibik sind Sie wie ein Vogel von einer Insel auf die nächste gehüpft. Sie scheinen es wohl nirgendwo lange auszuhalten.“

Penny blitzte ihn zornig an, doch sie beherrschte sich. „Das ist ein freies Land, und ich kann herumreisen, so viel ich will!“

„Sicher, da haben Sie recht. Aber Unterkunft und Verpflegung sind nicht frei. Ihr rasanter Abstieg vom Fünf-Sterne-Hotel zu schäbigen Hinterhofzimmern ist mir keineswegs entgangen. Schon ein bisschen knapp bei Kasse, stimmt’s? Diebe kommen niemals weit, das müssten Sie eigentlich wissen.“

„Ich bin keine Diebin“, protestierte Penny.

„Aber nur, weil ich es bisher noch nicht beweisen konnte. Wenn Ihnen das Geld ausgegangen ist, werden Sie auf Ihre letzte Reserve zurückgreifen müssen, und dann, meine liebe Penny, habe ich Sie!“

Penny kochte innerlich vor Wut. Was dieser Kerl sich erlaubte, ging entschieden zu weit. „Sie sind ein Unmensch!“, herrschte sie ihn an.

„Und was sind Ihrer Meinung nach Diebe? Sie erwarten doch nicht etwa, dass ich Mitleid mit Ihnen habe. Es macht mir nichts aus zu sehen, wie Sie in der Gosse landen, denn dort gehören Sie hin.“

Penny bebte vor Wut, als sie aufstand. „Sie haben unrecht. Und selbst wenn Sie mich in die Knie zwingen, ich werde wieder aufstehen.“

Dennis lächelte. „Nicht, wenn ich die Sache persönlich in die Hand nehme. Wenn das Gesetz versagt, dann gibt es andere Mittel und Wege, Sie fertigzumachen. Sie werden es nicht schaffen, Penny, darauf gebe ich Ihnen Brief und Siegel.“

Penny starrte ihn schweigend an. Sie wusste, dass er keine leeren Worte machte. Er würde nicht eher ruhen, bis er sie hinter Gittern sah. Dass sie nicht in der Notlage war, in der er sie vermutete, spielte dabei keine Rolle. Allein seine Drohung ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren.

Sie überlegte fieberhaft. Sicher war es klüger, McKenna weiterhin in dem Glauben zu lassen, sie säße in der Klemme. Sie setzte sich wieder hin und lächelte ihn eisig an. „Wissen Sie was? Ich hasse Sie.“

„Das ist mir völlig gleichgültig“, erwiderte er unbeeindruckt. „Geben Sie mir die Jadefigur, und Sie sind Ihre Probleme los.“

Penny grübelte weiter. Je weniger Dennis McKenna von ihr wusste, desto besser. Wenn er sich nur auf ihre Person konzentrierte, würde er Kay nicht finden. „Ich habe sie nicht“, sagte sie schließlich. „Sie haben meine Zimmer oft genug durchsuchen lassen, um das zu wissen. Ihre Männer folgen mir ja wie ein Schatten.“

„Ich will eben stets im Bilde sein, wo Sie sind und was Sie gerade tun. Ich finde alles an Ihnen faszinierend, Penny Emerson.“

„Auch ich habe meine Rechte“, wies Penny ihn zurecht. „Was Sie tun, ist reine Schikane.“

„Dann gehen Sie doch zur Polizei und beschweren Sie sich, meine Liebe“, erwiderte er gelassen und nahm mit Befriedigung wahr, wie Penny erbittert die Lippen zusammenpresste. „Nein? Warum wundert mich das nicht?“ Dennis stand auf und baute sich in voller Größe vor ihr auf. „Falls Sie Ihre Meinung ändern sollten, finden Sie mich im Holiday Inn. Bis später, Penny.“

Erst nachdem Dennis McKenna gegangen war, merkte Penny, dass sie am ganzen Körper zitterte. Zum Teufel mit Kay und ihrer krankhaften Eifersucht! Nur sie hatte Penny in diese prekäre Lage gebracht.

Bereits vom ersten Tag an, als Penny zu ihrer Tante und ihrem Onkel gezogen war, da ihre eigenen Eltern ums Leben gekommen waren, hatte Kay Penny gehasst. Sie hatte die Liebe ihrer Eltern nicht mit einem anderen Kind teilen wollen. Aus Eifersucht hatte sie sich immer wieder mit kleinen, aber unauffälligen Gemeinheiten an ihrer Cousine zu rächen versucht. Nicht selten war wie zufällig ein Lieblingskleid oder Lieblingsspielzeug Pennys beschädigt worden, ohne dass man Kay hatte nachweisen können, dass sie es gewesen war. Ihre Tricks waren stets so raffiniert gewesen, dass ihre Eltern nie hatten sicher sein können, dass sie absichtlich etwas beschädigt hatte. Penny aber hatte es gewusst, doch sie hatte ihre Cousine niemals verraten, und dafür hatte Kay sie umso mehr gehasst.

Als sie Teenager gewesen waren, war Kay neidisch auf Penny gewesen, weil diese bei den Jungen mehr Chancen gehabt hatte als sie. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit hatte sie Lügen über Penny verbreitet, um ihr die Freunde auszuspannen. Irgendwie hatte sich Penny jedoch stets verpflichtet gefühlt, ihre Cousine in Schutz zu nehmen. Um sie vor der Strafe ihrer Eltern zu schützen, hatte sie sie niemals verraten. Und dafür hatte Kay Penny noch mehr gehasst. Kay tat Penny leid. Ohne diese krankhafte Eifersucht hätten sie sicher Freundinnen sein können.

Später dann, als Kay von zu Hause fortgegangen war, um Karriere als Model zu machen, hatten sich die Spannungen zwischen den beiden etwas gelöst, und als sie schließlich einen reichen Amerikaner heiratete und in die Vereinigten Staaten zog, hatte Penny geglaubt, die Probleme mit Kay hätten nun endlich ein Ende.

Während dieser Zeit war Penny auf die Universität gegangen und hatte ihren Abschluss gemacht. Sie wollte Karriere auf einem Gebiet machen, das sie schon immer brennend interessiert hatte: die Welt der Antiquitäten. So erlernte sie ihr Handwerk in einem weltbekannten Unternehmen und wurde schließlich selbstständig. Heute, mit sechsundzwanzig Jahren, reiste sie viel herum, um verborgene Kostbarkeiten ausfindig zu machen, die sie dann bei ihrem festen Kundenstamm an den Mann brachte.

Auf diese Weise lernte sie auch Jonas Hamilton kennen, auf einem Antiquitätenverkaufsmarkt in Martinique. Sie entdeckten viele gemeinsame Interessen und waren sich trotz des gewaltigen Altersunterschiedes auf Anhieb sympathisch. Jonas lud Penny sogar zu sich nach Hause auf die Insel Grand Cayman ein. So wurden sie Freunde, und aus gegenseitiger Achtung entwickelte sich aufrichtige Zuneigung. Penny liebte es, den interessanten Geschichten des alten Mannes zu lauschen, und half ihm dafür, seine Antiquitätensammlung fachmännisch zu katalogisieren.

Dann aber, vor einem Monat, änderte sich alles schlagartig. Jonas Hamilton bekam schwere gesundheitliche Probleme und musste in die Staaten reisen, um einige wichtige Tests vornehmen zu lassen. Penny war froh, für ihn das Haus hüten zu können, bis ein Verwandter käme.

Dann aber trat Kay plötzlich wieder in ihr Leben. Sie hatte absichtlich einen Tag gewählt, an dem Penny allein zu Hause war. Penny war gerade von Einkäufen in der Stadt zurückgekehrt, als kurz darauf ein Taxi vor Jonas’ Haus hielt. Sie hatte gleich ein ungutes Gefühl, als sie Kay aus dem Wagen steigen sah.

„Also warst du es doch!“, rief Kay, als sie schließlich bei Penny ankam. „Ich dachte, ich träumte, als ich dich auf dem Markt sah. Ich muss ihr nachfahren und sehen, ob sie es wirklich ist, habe ich zu Marty gesagt.“

„Marty? Bist du denn nicht mehr mit Bob zusammen?“, fragte Penny überrascht.

„Ach, der!“ Kay machte eine wegwerfende Handbewegung. „Vor einem Jahr haben wir vereinbart, dass jeder seiner eigenen Wege geht. Das war die beste Idee, die ich jemals hatte, das kannst du mir glauben. Stell dir vor, jetzt habe ich Geld wie Heu. Ich hatte ja keine Ahnung, wie reich Bob ist! Er hat mich nie über seine Vermögensverhältnisse aufgeklärt. Aber ich habe dafür gesorgt, dass ich bekomme, was mir zusteht.“

Penny war fassungslos. „Deswegen hast du ihn geheiratet? Nur wegen seines Geldes?“

Kay sah sie geringschätzig an. „Weshalb sonst?“

„Und dann hast du dir diesen Marty geangelt?“

„Himmel, Penny, sei doch nicht so spießig. Warum soll man sich mit nur einem Mann begnügen, wenn so viele herumlaufen? Ich habe Marty vor einer Woche kernen gelernt. Wir haben eine Menge gemeinsamer Interessen.“

Das konnte Penny sich vorstellen. „Na, dann lasst euch durch mich nicht länger aufhalten“, sagte sie, ohne ihre Missbilligung zu verbergen.

Kay kniff ihre katzenhaften Augen zusammen, wie sie es früher immer getan hatte, wenn sie etwas im Schilde führte. „Du könntest mich wenigstens zu einer Tasse Kaffee einladen.“

Penny sträubte sich dagegen und machte Kay darauf aufmerksam, dass dies nicht ihr eigenes Haus sei.

„Was anderes hätte ich auch nicht erwartet“, bemerkte Kay gehässig. „Ein Mädchen wie du wird sich wohl kaum einen so reichen Mann angeln. Aber sicher hätte der Besitzer nichts dagegen, wenn du deiner Cousine eine Tasse Kaffee anbieten würdest.“

Penny ließ sich von Kays Worten nicht beeindrucken. Am schnellsten werde ich sie wieder los, wenn ich nachgebe, dachte sie. „Also gut“, willigte sie schließlich ein und führte Kay ins Wohnzimmer.

Eine Stunde später bestellte Kay sich ein Taxi und fuhr weg. Erst geraume Zeit später bemerkte Penny, dass die Tür der Glasvitrine offen stand. Entsetzt stellte sie fest, dass eine kleine Jadefigur fehlte. Da wurde ihr sofort klar, warum Kay sich so überfreundlich verabschiedet hatte. Aus reiner Boshaftigkeit hatte sie die Figur gestohlen, und sie, Penny, musste nun die Konsequenzen tragen.

Zuerst war sie vor Schreck wie gelähmt. Dann aber begann sie, fieberhaft zu überlegen. Kay hatte etwas von einem Flug erwähnt, den sie noch erreichen wollte, aber sie hatte nicht gesagt, wann sie fliegen würde. In Windeseile schnappte Penny Geldbörse und Autoschlüssel und setzte sich in den Wagen.

Den Mercedes, der ihr in der Einfahrt entgegenkam, als sie gerade losfahren wollte, nahm sie kaum wahr. Wie im Traum wich sie ihm aus und fuhr in Richtung Flughafen weiter. Nur ein Gedanke beherrschte sie: rechtzeitig einzutreffen.

Dort angekommen, hetzte sie in die Eingangshalle und erkundigte sich am erstbesten Schalter nach Kay. Tatsächlich erfuhr sie, dass eine Kay Templeton einen Flug gebucht hatte. Im gleichen Augenblick wurden die Passagiere dieses Fluges auch schon aufgerufen. Sofort stürmte Penny los, drängelte sich durch die Menschenmenge, und gerade, als sie den Flugsteig erreichte, sah sie Kay zusammen mit einem Mann durchgehen. Sie versuchte ihr zu folgen, aber man ließ sie natürlich nicht durch. Verzweifelt musste sie mit ansehen, wie das Flugzeug sich in Bewegung setzte. Und in dem Moment, als die Maschine abhob, spürte sie, wie sich zwei kräftige Hände auf ihre Schultern legten.

Dies war also ihre erste Begegnung mit Dennis McKenna, Jonas Hamiltons Enkel, gewesen. Er war der Fahrer des Mercedes gewesen, mit dem sie in der Einfahrt beinahe zusammengestoßen wäre. Nachdem er das Fehlen der Jadefigur bemerkt hatte, war er Penny sofort gefolgt.

Was danach kam, erschien Penny wie ein Albtraum. Dennis McKenna ließ sie wegen Diebstahls verhaften, doch da man ihr die Tat nicht nachweisen konnte, wurde sie wieder freigelassen. Dennis jedoch sagte ihr ins Gesicht, er wisse, dass sie die Figur gestohlen, sie versteckt und versucht habe, die Insel zu verlassen.

Penny stritt alles ab, war aber nicht imstande, ihre Cousine zu verraten. Vielleicht war es verrückt, aber Pennys Liebe zu ihrer Tante und ihrem Onkel machten es ihr unmöglich, die Wahrheit zu sagen. Das Einzige, woran sie unentwegt dachte, war, dass sie Kay finden und die Jadefigur dem Eigentümer zurückbringen musste. Dabei hatte sie jedoch nicht mit Kays unberechenbarer Reisewut und Dennis McKennas unerbittlichem Verfolgungsgeist gerechnet.

Jonas Hamilton hatte ihr viel von ihm erzählt. Dennis war ein Computergenie und hatte ein Elektronikimperium geschaffen, das mit den besten der Welt konkurrierte. Penny hatte erwartet, ihn eines Tages kennenzulernen, aber niemals auf eine solche Weise. Dennis war auf die Insel seines Großvaters gekommen, um nach dem Rechten zu sehen, während dieser im Krankenhaus lag. Nach dem Diebstahl der Figur hatte er sich sofort an Pennys Fersen geheftet. Er hatte sogar Leute auf sie angesetzt, die sie auf Schritt und Tritt verfolgten.

Penny hielt es auf jeden Fall für besser, ihm nichts von Kay zu erzählen. Jonas Hamilton hätte sie wahrscheinlich die Wahrheit gesagt, nicht aber Dennis McKenna. Diese Genugtuung sollte er nicht haben. Sie selbst würde die Figur wiederfinden und Jonas zurückgeben, das hatte sie sich geschworen.

Penny biss sich auf die Unterlippe. Es hatte wenig Sinn, in San José zu bleiben. Sie musste so schnell wie möglich nach Medellín. Das hieß, sie brauchte ein Flugzeug, das sie dorthin brachte. Natürlich durfte es kein Linienflug sein. Sie musste eine kleine Maschine chartern, ein Privatflugzeug vielleicht. Zunächst aber galt es, ihre Verfolger abschütteln.

Penny nahm ihre Tasche und verließ die Bibliothek. Draußen sah sie sich suchend nach einem Verfolger um. Ein Mann vor einer Hofeinfahrt auf der anderen Straßenseite fiel ihr auf. Er machte einen sehr desinteressierten Eindruck, und als er merkte, dass Penny ihn ansah, wich er ihrem Blick aus. Das musste er sein.

Penny schlenderte die Straße entlang, blieb gelegentlich vor einem Schaufenster stehen und sah sich regelmäßig nach dem Mann um. Er verfolgte sie tatsächlich. Kurz entschlossen steuerte sie auf den Marktplatz zu. In der Menschenmenge würde es ein Leichtes sein, den Verfolger abzuschütteln. Von einem sicheren Winkel aus beobachtete sie mit Genugtuung, wie der Mann sich suchend umblickte. Als er sich wieder in die Menge mischte, winkte sie ein Taxi herbei und verschwand.

2. KAPITEL

Penny schloss ihren Koffer und packte noch die letzten Kleinigkeiten in ihre Umhängetasche. Obwohl es erst sechs Uhr morgens war, war es bereits ziemlich heiß. Penny blickte auf die Uhr. Wenn sie die Maschine nicht verpassen wollte, musste sie sich beeilen.

Die Fluggesellschaft, die sie für ihre Weiterreise ausfindig gemacht hatte, setzte ihre Flugzeuge gewöhnlich nur zum Transport von Frachtgut ein, aber gelegentlich wurden auch Passagiere mitgenommen – gegen Entgelt, verstand sich.

Sie warf einen Blick in den Spiegel. Ihre Kleidung – Jeans, ein ärmelloses T-Shirt und knöchelhohe Stiefel, die sie in einem Armeeshop erstanden hatte, war robust und äußerst bequem. Ihre gute Kleidung hatte sie in Miami zurückgelassen, als sie angefangen hatte, in heruntergekommenen Hotels zu übernachten. So, wie sie jetzt aussah, würde sie in der Menge nicht auffallen, und das war schließlich das Wichtigste.

Das lange, blonde Haar hatte sie zu einem Zopf geflochten und hochgebunden. Trotz der legeren Kleidung waren ihre wohlgeformten Hüften und vollen Brüste nicht zu übersehen. Zuletzt zog sich Penny noch ein riesiges, kakifarbenes Hemd über. Fertig. Sie legte einen Briefumschlag mit der Zimmermiete auf den Nachttisch, nahm ihr Gepäck und verließ den Raum.

Penny eilte zum Flugplatz. Bisher war alles reibungslos verlaufen. Jetzt wurde sie bereits erwartet und rasch ins Flugzeug geschoben. Wenige Minuten später erhob sich die kleine Maschine in die Luft, und Penny blickte gebannt aus dem Fenster. Kein Verfolger war auszumachen. Penny lehnte sich in ihrem Sitz zurück und versuchte sich zu entspannen.

„Sie dürfen jetzt den Gurt lösen.“

Der Klang der Stimme aus dem Cockpit traf sie wie ein Schlag. Fassungslos starrte Penny den Mann an, der vor der Tür des Cockpits stand.

„Sie! Aber wie …?“

Ihr Erzfeind kam durch den engen Gang auf sie zu und nahm neben ihr Platz. Er trug ebenfalls Jeans und ein blaues Jeanshemd, dessen aufgerollte Ärmel seine kräftigen, sonnengebräunten Unterarme freigaben. Am linken Handgelenk blitzte eine goldene Rolex-Uhr.

„Ich engagiere keine Dummköpfe, Miss Emerson“, entgegnete er gelassen. „Während Sie sich schon freuten, Louie hinters Licht geführt zu haben, behielt Ambrose Sie ständig im Auge.“

Wie hatte sie nur so naiv sein können? „Scheren Sie sich zum Teufel!“, zischte sie erbost.

Dennis sah sie ungerührt an. „Er folgte Ihnen bis zum Flugplatz und informierte mich dann über Ihr Vorhaben. Es war nicht schwer, mir einen Platz in diesem Flugzeug zu sichern. Obwohl ich zugeben muss, dass Medellín mich überrascht. Ich hätte eher mit Caracas gerechnet.“

Penny zuckte zusammen. „Caracas?“

„Louie hatte in Ihrem Hotel eine sehr interessante Unterhaltung mit der Telefonvermittlung. Sie wählten gestern Morgen eine Nummer in Caracas und wollten mit einem Kay sprechen. Wer ist er?“

Penny wandte sich ab, um Zeit zu gewinnen. Da wurde ihr bewusst, dass Dennis Kay für einen Mann hielt. „Wer … er ist?“, wiederholte sie stockend, um ihre Genugtuung über seinen Irrtum zu verbergen.

„Tun Sie nicht, als wüssten Sie nicht, von wem ich rede“, fuhr Dennis fort. „Er ist Ihr Komplize, nicht wahr? Ihm haben Sie die Figur gegeben. War er auch Ihr Geliebter?“ Penny fuhr empört herum, aber Dennis lächelte nur kalt. „Er hat die Figur genommen und Sie dann im Stich gelassen, habe ich recht?“

Penny befeuchtete ihre Lippen mit der Zunge. „Ich brauche Ihnen gar nichts zu sagen“, erwiderte sie schroff und hoffte dabei insgeheim, dass er seinen Irrtum erst zu spät bemerken würde.

„Er hat Ihnen Honig um den Mund geschmiert, nicht wahr?“, sprach Dennis unbeirrt weiter. „Er hat Sie glauben gemacht, dass er Ihnen treu bleibt. In Wirklichkeit war er nur scharf auf die Figur. Aber die Hölle ist nichts gegen den Zorn einer Frau, nicht wahr, Penny? Darum folgen Sie ihm durch ganz Zentralamerika. Sie wollen Ihren Anteil.“

Die ganze Situation erschien Penny so absurd, dass sie laut zu lachen begann. „Sie sollten Romane schreiben, Mr. McKenna. Damit könnten Sie ein Vermögen verdienen.“

Nun zeichnete sich Ärger auf Dennis’ Zügen ab. „Sie streiten also alles ab?“

„Natürlich, was denn sonst?“, gab sie schnippisch zurück. „Wenn ich etwas zuzugeben hätte, warum sollte ich das ausgerechnet vor Ihnen tun? Sie wollen mich doch nur im Knast sehen.“ Ihr machte es nun beinahe Spaß, Dennis herauszufordern.

„Ihr Komplize hat Sie nur benutzt, oder haben Sie das immer noch nicht begriffen? Er verdient Ihre Loyalität nicht. Manchen Menschen macht es nichts aus, im Gefängnis zu sitzen, aber ich glaube nicht, dass Sie dazugehören. Inzwischen scheinen Sie ja auf den Geschmack gekommen zu sein, was das süße Leben angeht. Teure Kleider, die besten Hotels. Muss doch schlimm sein – der Abstieg von Seide zu Jeans.“

Penny lächelte in sich hinein. Wenn der wüsste, wie sehr er auf dem Holzweg ist, dachte sie. Sicher, sie mochte feine Kleider, aber in Jeans und T-Shirt fühlte sie sich ebenso wohl. Mit dem Gefängnis hatte Dennis allerdings recht. Allein der Gedanke daran jagte ihr kalte Schauer über den Rücken. Trotzdem blieb sie ruhig. „Wollen Sie damit etwa sagen, ich hätte eine Wahl?“

Autor

Amanda Browning
Amanda Browning ist ein überzeugter Single und lebt am Rande der englischen Grafschaft Essex in dem Haus, in dem sie auch aufgewachsen ist. Sie hat engen Kontakt zu ihrer Familie und ist begeisterte Großtante von insgesamt 18 Neffen und Nichten. Ihre absoluten Lieblinge sind die beiden Enkel ihrer Zwillingsschwester.

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