Vergessene Hochzeit - gefundenes Glück?

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Ich bin mit diesem unglaublich attraktiven Traummann verheiratet? Ein schrecklicher Autounfall hat Brooke das Gedächtnis genommen. Selbst nach einer heißen Liebesnacht in der Toskana könnte sie schwören, es sei ihr erstes Mal mit dem italienischen Milliardär Lorenzo Tassini …


  • Erscheinungstag 18.04.2024
  • ISBN / Artikelnummer 9783751529334
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Millys Herz begann vor Aufregung schneller zu schlagen, als sie Brookes Namen auf ihrem Handy aufleuchten sah. Es war schon eine ganze Weile her, dass sie das letzte Mal etwas von ihrer berühmten Halbschwester gehört hatte.

Wenn Brooke anrief, dann, weil sie Milly brauchte. Und allein diese Gewissheit war Entschädigung genug für Brookes oft kühle und kritische Art. Milly liebte es, gebraucht zu werden. Außerdem war sie tief in ihrem Innersten überzeugt, dass ihre Schwester sie gernhatte.

Warum sonst sollte Brooke ihr so viele private Dinge anvertrauen, wenn sie in Milly nicht im Grunde eine vertrauenswürdige Freundin und Schwester sah? Zumal keine von ihnen einen anderen noch lebenden Verwandten hatte. Es war auch nicht überraschend, dass Brooke sie wieder brauchte. Wegen des Tyrannen, den ihre Schwester unglücklicherweise geheiratet hatte, war ihr Leben ziemlich in Aufruhr. Was für ein Mann musste man sein, um Brooke von ihrer Karriere abhalten zu wollen? Was für ein Mann würde sich nur wegen gemeinen Gerüchten über eine angebliche Affäre von einer so schönen und talentierten Ehefrau wie Brooke scheiden lassen?

„Er hört mir einfach gar nicht zu!“ Brooke hatte geweint, als sie sich Milly anvertraut hatte. „Er hat mich reingelegt, weil er mich loswerden will. Ich bin überzeugt, dass er diesen Mistkerl dafür bezahlt hat, dass er mich in ein Hotelzimmer lockt und hinterher behauptet, Sex mit mir gehabt zu haben!“

„Brooke?“, sagte Milly herzlich, als sie nun den Anruf entgegennahm.

„Du musst für ein paar Tage so tun, als wärst du ich.“

„Ein paar … Tage?“, fragte Milly entsetzt. Das ging weit über alles hinaus, worum ihre Schwester sie bisher gebeten hatte. „Bist du sicher, dass ich das schaffe? Das funktioniert immer nur so lange, bis irgendjemand mich anspricht!“

„Du wirst dich in einem Luxushotel im Herzen Londons verstecken“, sagte Brooke trocken. „Außer mit dem Zimmerservice musst du mit niemandem reden. Du brauchst das Zimmer überhaupt nicht zu verlassen.“

Milly runzelte die Stirn. „Für wie lange genau?“, fragte sie besorgt.

„Fünf oder sechs Tage.“

„Ich kann nicht, Brooke“, protestierte Milly. „Ich habe einen Job, und ich will ihn nicht verlieren.“

„Du bist Kellnerin, keine Neurochirurgin. Zu dieser Jahreszeit findest du überall Arbeit. Und wenn es darum geht, dass ich wieder deine Miete zahle, tue ich das!“

Milly wurde rot. Es stimmte. Sie konnte relativ schnell einen neuen Job finden, und wenn Brooke ihr den Lohnverlust ausglich und die Miete für ihre Einzimmerwohnung abdeckte, hatte Milly keinen Grund, sich zu beschweren. Als sie das letzte Mal Hilfe mit der Miete gebraucht hatte, hatte sie auf dem Sofa eines Bekannten schlafen müssen. Milly verdrängte den Gedanken. Brooke hatte vergessen, ihr das versprochene Geld zu geben, und ihr war es zu peinlich gewesen, sie daran zu erinnern. Milly hob nur ungern die finanziellen Unterschiede zwischen ihr und ihrer Halbschwester hervor. Sie war auch kein bisschen überrascht, dass Brooke sich weigerte, mit ihr zusammen in der Öffentlichkeit gesehen zu werden oder sie auch nur kurz in ihre aufregende Welt einzuladen – außer natürlich, wenn Milly sich als ihr Double verkleidete.

Brooke hatte Milly aufgespürt, als sie achtzehn war und gerade aus einer Pflegefamilie kam. Zwar hatte Milly gewusst, dass sie ein uneheliches Kind war, aber dennoch war sie schockiert über das, was ihre neu entdeckte Halbschwester ihr zu sagen hatte. Schockiert und anfangs abgestoßen von Brookes Ansichten über die Umstände von Millys Geburt. Aber dann hatte Milly langsam die Gefühle ihrer Schwester verstanden und ihr die beleidigenden Worte verziehen.

„Deine Mutter war die Schlampe, die fast die glückliche Ehe meiner Eltern zerstört hätte!“, hatte Brooke scharf gesagt.

Zugegeben, Millys Mutter war die Frau gewesen, die mit einem verheirateten Mann geschlafen und damit dessen Ehefrau und Kind großes Leid zugefügt hatte. Brookes und Millys Vater William Jackson, ein reicher Weinimporteur, hatte eine lang andauernde Affäre mit dem Model Natalia Taylor gehabt und damit gedroht, seine Frau ihretwegen zu verlassen.

William starb an einem Herzinfarkt, als Brooke fünfzehn war und Milly neun. Nur zwei Jahre später starb Natalia bei einem Busunfall. Milly landete daraufhin in der Obhut des Jugendamts, bis sie achtzehn wurde. Beim ersten Treffen waren Brooke und sie erstaunt über die Ähnlichkeit zwischen ihnen. Sie hatten beide das lockige weißblonde Haar und die tiefblauen Augen ihres Vaters geerbt. Milly hatte jedoch einen leichten Höcker auf der Nase, und die Gesichtszüge, die Brooke zu einer Schönheit machten, verwischten bei ihr irgendwie, sodass sie sich eher hübsch als schön nennen würde.

Brooke kam auf die Idee, Milly als ihr Double zu benutzen. So könnte Brooke nicht nur Events vermeiden, die sie langweilig fand, sondern vor allem die Paparazzi täuschen, die ihr auf Schritt und Tritt folgten. Jedoch meinte sie auch, dass Milly ihr nur helfen könnte, wenn sie sich ihre Nase machen ließ. Zunächst lehnte Milly diesen Vorschlag energisch ab. Nicht weil sie ihre alles andere als perfekte Nase liebte, sondern einfach, weil es ihre war und sie an ihre Makel gewöhnt war.

Wegen ihrer Weigerung hatte Brooke einen Riesenstreit mit ihr. Als ihre Halbschwester jeden Kontakt zu ihr abbrach, war Milly am Boden zerstört. Doch sechs Wochen später rief Brooke wieder an. Und Milly war so dankbar, von ihr zu hören, dass sie der Operation zustimmte. In einer Privatklinik wurde ihre Nase verschönert, um Brookes zu ähneln. Als das Ziel erreicht war, vervollständigte ein gekonntes Make-up ihre Verwandlung.

Das erste Mal spielte Milly die Rolle ihrer Schwester, damit Brooke einer langweiligen Wohltätigkeitsveranstaltung entgehen konnte. Trotz des Kleids ihrer Schwester und der Schminke hatte Milly Angst, aufzufliegen. Aber niemand schöpfte Verdacht. Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sich Milly wie jemand, der erfolgreich war. Brookes Dankbarkeit wärmte sie innerlich. Noch besser fühlte sie sich, als sie beim zweiten Mal nur aus einer Limousine steigen und in einen Laden gehen musste, während Brooke meilenweit weg war.

Milly hatte festgestellt, dass es ihr Spaß machte, teure Sachen anzuziehen und jemanden zu spielen, der sie nicht war. Und vor Brooke hatte es in ihrem Leben nur sehr wenig Spaß gegeben.

Jetzt, da Brooke mit ihrer zerbrochenen Ehe fertigwerden musste, sollte sie zweifellos noch mehr für ihre Schwester tun. „Wo bist du, während ich in diesem Hotel sitze?“, fragte Milly neugierig.

„Ich mache einen sehr diskreten kleinen Urlaub, deshalb brauche ich deinen Reisepass. Ich wage es nicht, mit meinem eigenen zu reisen.“

Das mit dem Reisepass ließ Milly die Stirn runzeln, aber die Idee des Urlaubs brachte sie zum Lächeln. Urlaub war genau das, was ihre arme Schwester in dieser stressigen Phase ihres Lebens brauchte. Ihr das zu verweigern, wäre völlig selbstsüchtig gewesen. „Okay, ich tue es.“

„Du kannst nur eine kleine Tasche mitbringen. Ich habe einen Koffer für dich gepackt. Du kannst im Auto meine Sachen anziehen“, sagte Brooke. „Und ich schminke dich auf dem Weg. Darin bin ich besser als du.“

Nachdem Brooke mit ihr vereinbart hatte, sie abzuholen, brachte Milly ihr Haar in Ordnung und warf ihren Reisepass, frische Unterwäsche, ein paar Bücher und ihr Strickzeug in eine Tasche, bevor sie nach draußen ging. Es war richtiges Schmuddelwetter. Sie spannte ihren Regenschirm auf, um ihr Haar zu schützen. Brookes Frisur saß immer perfekt, ohne die Spur einer Locke.

Zuerst ging Milly jedoch noch die Straße hinunter, um ihren Job als Kellnerin im Café zu kündigen. Als Grund nannte sie einen Notfall in der Familie.

Als sie Brooke durch die Scheibe der Limousine sah, stellte Milly fest, wie fantastisch ihre Schwester in ihrer schwarzen Jacke, dem roten Etuikleid und den sehr hohen Stilettos wieder einmal aussah.

„Schnell, steig ein!“, fuhr Brooke sie an. „Wir dürfen nicht zusammen gesehen werden!“

„Was ist mit dem Chauffeur?“, fragte Milly, als sich die hintere Tür schloss.

„Ich bezahle ihn gut, damit er schweigt.“ Brooke klappte die Trennwand zwischen den Vorder- und Rücksitzen zu. „Jetzt hilf mir aus diesem Kleid heraus … Ach ja, vergiss nicht, dass ich auch deinen Pass brauche.“

„Mit meinem Pass zu reisen ist bestimmt illegal“, meinte Milly nervös. „Musst du ihn dir unbedingt ausleihen?“

Brooke blickte sie wütend an. „Ich habe keine andere Wahl. Wenn ich unter meinem eigenen Namen reise, wird man mich aufspüren. Als Milly Taylor bin ich ein Niemand, und niemand interessiert sich für mich oder dafür, wohin ich fliege.“

Milly reichte ihr den Reisepass, dann half sie ihrer Schwester aus dem engen Kleid.

„Da sehe ich dich mal zwei Monate nicht, und schon verwandelst du dich in die hässliche Schwester!“, beschwerte sich Brooke. Sie packte Millys Hand und blickte missbilligend auf die nicht lackierten und verhältnismäßig kurzen Fingernägel. „Ich bin immer perfekt gepflegt. Halt sie versteckt, wenn du eincheckst, und lass eine Maniküre aufs Zimmer kommen, bevor du wieder auscheckst!“, befahl sie ungeduldig.

„Tut mir leid.“ Milly wies lieber nicht darauf hin, dass sie sich eine professionelle Nagelpflege nicht leisten konnte. Für Brooke waren teure Schönheitsbehandlungen unverzichtbar, und sie dachte niemals an die Kosten. „Wann wirst du zurück sein?“

„Verdammt, du nimmst wieder zu, oder?“ Frustriert drängte Brooke sie, einzuatmen, damit sie den Reißverschluss des Kleids hochziehen konnte.

Milly war von Natur aus kurvenreicher und fast drei Zentimeter kleiner als Brooke. Sie antwortete nicht. Sie wusste, dass sie kein Übergewicht hatte. Aber seit sie Brooke kennengelernt hatte, hatte sie trotzdem fast sechs Kilo abgenommen, damit sie besser in die Sachen ihrer Schwester passte.

Neben ihr zog Brooke Jeans und ein langes Top an, band ihr Haar zusammen und versteckte es unter einer Mütze. Dann nahm sie Reinigungstücher aus ihrer Tasche und begann, ihr Make-up abzuwischen.

„Als wären wir Spioninnen“, sagte Milly belustigt.

„Sei nicht so kindisch!“, brauste Brooke auf. „Von diesem Urlaub hängt viel ab. Ich treffe mich mit jemandem, der mich vielleicht für eine Filmrolle vorschlägt. Du brauchst meine Ringe … um Himmels willen, verlier sie nicht! Ich muss sie vielleicht irgendwann verkaufen.“ Brooke zog ihren Ehe- und den Verlobungsring ab und gab sie Milly. „Dieser Mistkerl Lorenzo! Er hätte mir einfach so ein paar Millionen Pfund auszahlen können, aber er hält sich genau an den Ehevertrag. Ich bekomme nicht einen Penny, der mir nicht zusteht.“

Enttäuscht über die schlechte Laune ihrer Schwester, steckte sich Milly die Ringe an und schob ihre Füße in die Stilettos. Brooke reichte ihr Handtasche und Jacke. „Meinst du, wir könnten nach deiner Rückkehr einen Abend zusammen verbringen?“, fragte Milly zögernd.

„Warum sollte ich das tun wollen?“

„Es ist eine Ewigkeit her, dass wir uns richtig getroffen haben“, erklärte Milly ruhig. „Ich würde mich wirklich freuen, und vielleicht fühlst du dich besser, wenn du Dinge mit mir durchsprichst.“

„Ich fühle mich prima.“ Brooke klappte die Trennwand auf und griff nach ihrem Schminkkoffer, bevor sie das Gespräch kurz unterbrach, um dem Chauffeur zu sagen, er solle schneller fahren. Sie wolle nicht spät für ihren Flug einchecken. „Als ich nach dir gesucht habe, war ich neugierig auf dich. Aber ich bin nicht mehr neugierig. Und ich bin sehr gut zu dir gewesen. Ich habe dich schick gemacht, dein Gesicht verschönern lassen. Was kannst du noch von mir verlangen? Es ist ja nicht so, als könnten wir jemals Freundinnen sein. Nicht, wenn deine Mutter mit meinem Vater geschlafen hat, während er mit meiner Mutter verheiratet war. Weißt du, dass meine arme Mutter versucht hat, sich wegen der Affäre der beiden umzubringen?“

Bei dieser neuen Enthüllung wurde Milly blass. „Es tut mir so leid, Brooke, aber ich habe gehofft, dass wir mit der Zeit über die Vergangenheit hinwegkommen. Immerhin sind wir trotz allem Schwestern.“

Brooke hob Millys Kinn an, um mit dem Konturenstift ihre Lippen nachzuziehen. „Lächle … ja, perfekt. Es gibt kein Hinwegkommen über die Tatsache, dass deine Mutter mit meinem Vater geschlafen hat. Und ich habe grundsätzlich keine Freundinnen. Freundinnen lassen mich sowieso bloß im Stich und reden hinter meinem Rücken.“

„Das würde ich niemals tun!“, protestierte Milly.

„Du hast es bisher nicht getan“, räumte Brooke widerwillig ein. „Und du bist sehr nützlich für mich gewesen. Aber wir haben nichts gemeinsam, Milly. Du bist arm und ungebildet. Du könntest nicht einmal anständig reden, wenn ich dich nicht zur Sprecherziehung geschickt hätte. Du strickst und gehst in Büchereien. Worüber sollten wir uns unterhalten? Ich würde mich nach fünf Minuten mit dir zu Tode langweilen.“

Milly erstarrte und schimpfte sich eine Idiotin, weil sie sich so hatte ausnutzen lassen. Zu lange hatte sie vor Brookes Kälte ihr gegenüber die Augen verschlossen. Sie hatte gehofft, Brooke würde sie schließlich als ihre Schwester akzeptieren und die Sünden ihrer Elternteile hinter sich lassen. Jetzt erkannte Milly zum ersten Mal an, dass Brooke noch genauso wütend und verbittert über die Affäre ihres gemeinsamen Vaters war, wie sie es damals gewesen war, als sie sich kennengelernt hatten.

Brooke stellte den Schminkkoffer weg und sagte dem Chauffeur wieder, dass er schneller fahren solle, diesmal in scharfem Ton.

Der Regen war so stark geworden, dass Wasser die Fenster hinunterströmte und die Sicht schlecht war.

„Noch einmal springe ich nicht für dich ein, Brooke. Das ist das letzte Mal“, sagte Milly ruhig, aber bestimmt. „Ich wünschte, ich hätte niemals damit angefangen.“

„Oh, um Himmels willen, warum musst du gerade jetzt schwierig werden?“, fragte Brooke wutentbrannt.

„Ich bin nicht schwierig, und ich habe nicht vor, dich im Stich zu lassen. Wenn diese Sache vorbei ist, werde ich dich jedoch nicht noch einmal doubeln.“

Brooke ließ ihr charmantes Lächeln aufblitzen und drückte Millys Hand. „Es tut mir leid, wenn ich kurz angebunden war. Wir sind fast bei deinem Hotel. Pass auf, dass du nicht in irgendwelche Gespräche mit den Angestellten gerätst. Ich plaudere niemals mit dem Personal.“

Milly ließ sich von diesem falschen Lächeln nicht täuschen. Auch nicht von der Entschuldigung. Sie konnte erkennen, dass Brooke nur Angst hatte, Milly würde sie in letzter Minute hängenlassen. Das Fehlen von echten Gefühlen bei ihrer Schwester, die ihr inzwischen viel bedeutete, machte sie traurig.

Plötzlich trat der Chauffeur voll auf die Bremse. Milly blickte hinaus auf den Verkehr. Ein großer Lastwagen überfuhr eine rote Ampel und kam auf die Limousine zu. Milly stockte der Atem vor Angst.

Brooke schrie den Chauffeur an. Milly versuchte, nach ihrer Hand zu greifen, aber ihre Schwester kreischte wie verrückt. Milly konnte sie nicht erreichen. Der Aufprall erschütterte ihren ganzen Körper. Dann wurde der Schmerz so unvorstellbar stark, dass sie das Bewusstsein verlor. Brooke … Brooke, wollte sie entsetzt schreien. Denn ihre Schwester hatte sich nicht wieder angeschnallt, nachdem sie sich umgezogen hatte …

Lorenzo Tassini, Spitzenprivatbankier und berühmtes Finanzgenie, hatte an diesem Morgen ungewöhnlich gute Laune. Und dafür gab es einen Grund: Seine künftige Ex-Frau hatte heute früh endlich die Scheidungspapiere unterschrieben.

In ein paar Wochen würde er von einer Ehefrau befreit sein, die gelogen, herumgeschlafen und für peinliche Schlagzeilen in den Medien gesorgt hatte. Brooke hoffte, sich durch ihre traurige Berühmtheit eine Karriere als Schauspielerin aufbauen zu können. Zwar verachtete Lorenzo sie, aber er machte sich vor allem selbst Vorwürfe, weil er sie überhaupt geheiratet hatte. Im Nachhinein konnte er den Wahnsinn kaum verstehen, der ihn geritten haben musste, als er Brooke Jackson kennengelernt hatte. Ihre Schönheit hatte ihn fasziniert, aber die zwei Jahre mit ihr waren geprägt gewesen von Wut, Reue und Verbitterung. Ihm war schnell klar geworden, dass sich sein Traum, mit einer Ehefrau ein glückliches Privatleben zu führen, nicht erfüllen würde. Nicht mit einer Frau, die kein Interesse daran hatte, ein Zuhause zu schaffen oder Kinder zu bekommen oder irgendwo anders als in einem Nachtklub Zeit mit ihm zu verbringen.

Wobei, was wusste er schon, wie man ein glückliches Privatleben führte? Oder auch nur darüber, eine Familie zu haben? Schließlich war er in einem straff reglementierten italienischen Palazzo aufgewachsen, mit einem Vater, den seine akademischen Triumphe mehr interessierten als das Glück seines Sohnes. Strenge Kindermädchen und Hauslehrer hatten Lorenzo dazu erzogen, in die Fußstapfen seiner Vorfahren zu treten und den Profit an die erste Stelle zu setzen. Sein Traum von einem normaleren Leben in einem behaglichen Zuhause war zerstört worden, als Brooke ihn zum ersten Mal betrogen hatte.

Lorenzo war gerade auf dem Weg nach draußen, um etwas zu Mittag zu essen, als die Polizei anrief. Er erstarrte. Er wurde informiert, dass ein entsetzlicher Unfall geschehen war. Der Fahrer war tot, einer seiner Angestellten. Die andere Insassin war tot. Welche andere Insassin? fragte Lorenzo sich vage, völlig geschockt von dem, was er da hörte. Seine Frau war schwer verletzt, und man riet ihm, so schnell wie möglich ins Krankenhaus zu kommen. Wie betäubt dachte er, dass er später die Familie des Fahrers besuchen sollte, um ihr sein Beileid auszusprechen.

Seine Frau? Schwer verletzt? Die Bezeichnung erschütterte ihn bis ins Mark, hatte er doch bereits aufgehört, sich als Ehemann zu sehen. Aber dies war ein Notfall, und er war Brookes einziger Angehöriger. Wenn sie verletzt war, war sie seine Verantwortung. Kein anständiger Mensch würde das anders sehen, sagte er sich grimmig. Ohne Zögern fuhr Lorenzo sofort zum Krankenhaus. Die Gefühle und der Respekt für seine Frau waren schon lange abhandengekommen, doch er hätte ihr niemals etwas Böses gewünscht.

Im Krankenhaus wurde Lorenzo von einem Polizeibeamten empfangen. Der Mann wollte wissen, was Lorenzo über die andere Frau wusste, die bei dem Unfall gestorben war. Dem Reisepass nach, der gefunden worden war, war ihr Name Milly Taylor. Lorenzo hatte noch nie von ihr gehört. Die Polizei schien zu glauben, dass Brooke den Chauffeur hatte anhalten lassen, um die fremde Frau mitzunehmen, damit diese nicht vom Regen durchnässt wurde. Lorenzo konnte sich nicht vorstellen, dass Brooke so etwas getan hätte. Er äußerte die Vermutung, dass die Unbekannte vielleicht eine von Brookes Visagistinnen oder Stylistinnen gewesen war.

Ob der Unfall wohl die Schuld seines Fahrers gewesen? Und damit seine Schuld? Schließlich hatte er Brooke weiterhin den Luxus einer Limousine mit Chauffeur erlaubt. Obwohl der Ehevertrag, der sein Vermögen schützte, unanfechtbar war, hatte sich Lorenzo großzügig gezeigt. Er hatte Brooke bereits ein Penthouse geschenkt. Und sie durfte das Auto mit dem Chauffeur nutzen, bis sie offiziell aus Madrigal Court, seinem Landsitz, ausgezogen war. Brooke hatte den Umzug hinausgezögert, weil es ihr gut passte, Hausangestellte zu haben, die sie nicht bezahlen musste und die all die Dinge für sie erledigten, die sie nicht selbst machen wollte. Madre di Dio … Über was für einen Unsinn dachte er denn in einem solch ernsten Moment nach?

Der Polizeibeamte versicherte ihm, dass der Unfall nicht die Schuld seines Chauffeurs gewesen war. Ein Lastwagenfahrer war falsch abgebogen, war im dichten Verkehr in Panik geraten und hatte eine rote Ampel überfahren.

Brooke hatte eine schwere Kopfverletzung. Der Neurochirurg, der sie gleich operieren würde, warnte Lorenzo, dass sie vielleicht nicht überleben würde. Lorenzo ging die ganze Nacht in einem Wartezimmer auf und ab und grübelte über alles, was man ihm mitgeteilt hatte. Brooke hatte Gesichtsverletzungen. Als er sie vor der Operation kurz zu sehen bekommen hatte, war sie nicht zu erkennen gewesen. Er litt mit ihr, denn er kannte keine andere Frau, der ihr Aussehen so wichtig war. Von Scham und Frustration überfallen, versprach er sich, sie von den allerbesten Schönheitschirurgen behandeln zu lassen. Solange sie am Leben war, würde er sich um sie kümmern, als wäre sie noch immer seine geliebte Ehefrau. Das war seine Pflicht und Schuldigkeit.

Als Lorenzo erfuhr, dass Brooke die Operation überlebt hatte, atmete er wieder etwas freier. Sie lag im Koma. Niemand konnte voraussagen, wann sie daraus erwachen und wie sie dann sein würde. Kopfverletzungen wie die ihre sorgten oft für weitere Komplikationen. Selbst wenn sie sich erholte, könnte sie in mancher Hinsicht anders sein, warnte ihn der erschöpfte Chirurg. Außerdem stand Brooke vor einem sehr langen Genesungsprozess.

Eine Krankenschwester gab Lorenzo Brookes persönliche Dinge. Er entdeckte den Verlobungsring, den großen Solitär, und den dazu passenden Ehering. Ihm wurde klar, dass er am Scheideweg stand, und nicht auf dem Weg zur Freiheit, wie er erwartet hatte. Brooke war seine Ehefrau, und er würde sich um sie kümmern und sie unterstützen.

Er würde die Scheidung auf Eis legen, bis sie auf dem Weg der Besserung und imstande war, wieder selbst ihre Wünsche zu äußern.

2. KAPITEL

Die Frau im Bett trieb schwerelos in einem Kokon dahin. Nur in seltsamen, unterbrochenen Momenten kam sie wieder zu Bewusstsein.

Sie hörte Stimmen, aber sie erkannte sie nicht. Sie hörte Geräusche wie Klingeln, Summer und Piepser, aber die erkannte sie auch nicht. Und sie konnte sich nicht bewegen, ganz egal, wie sehr sie sich anstrengte. Weder wollten sich ihre Finger rühren, noch ihre Augen sich öffnen. Ihr Körper fühlte sich bleischwer an. Und dann hörte sie die eine Stimme, und obwohl sie die auch nicht erkannte, klammerte sie sich an sie, als wäre sie ein Rettungsanker.

Autor

Lynne Graham
Lynne Graham ist eine populäre Autorin aus Nord-Irland. Seit 1987 hat sie über 60 Romances geschrieben, die auf vielen Bestseller-Listen stehen.

Bereits im Alter von 15 Jahren schrieb sie ihren ersten Liebesroman, leider wurde er abgelehnt. Nachdem sie wegen ihres Babys zu Hause blieb, begann sie erneut mit dem...
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