Die gekaufte Braut des Griechen

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Er sieht aus wie ein griechischer Gott! Atemlos beobachtet Calli den Mann, der die Poolanlage der Villa sanieren wird, in der sie arbeitet. Eigentlich hat sie nach einer desaströsen Affäre der Liebe abgeschworen. Doch Stavros ist zu sexy, um ihm zu widerstehen, und in spätestens zwei Wochen wird er sowieso aus ihrem Leben verschwinden. Also genießt sie seinen heißen Kuss. Ein Fehler? Denn kaum hat Stavros das Projekt abgeschlossen, zeigt er sein wahres Gesicht: Er ist ein Milliardär undercover - und macht ihr ein ungeheuer unmoralisches Angebot …


  • Erscheinungstag 30.01.2018
  • Bandnummer 2320
  • ISBN / Artikelnummer 9783733709914
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Stavros Xenakis warf einen Zwanzigtausend-Euro-Chip in die Mitte des Tisches, an dem er mit seinen Freunden bei einer Pokerrunde saß. Die Befriedigung, die er normalerweise nach einem absolvierten Extremsport-Wettkampf fühlte, wollte sich allerdings nicht einstellen, und das lag keineswegs an den miserablen Karten auf seiner Hand.

Wie üblich hatte sein langjähriger Freund Sebastien Atkinson für die Après-Adrenalin-Unterhaltung gesorgt, damit der Adrenalin-Pegel langsam wieder sank, aber bei diesem Einsatz passten die meisten. Nicht so Antonio Di Marcello und Alejandro Salazar. Die beiden hatten ein ebenso dickes Scheckbuch in der Tasche wie Sebastien und er selbst.

Stavros war kein solcher Snob wie sein Großvater, aber es gab wenige, die er als gleichgestellt betrachtete. Diese drei hier waren es, in ihrer Gesellschaft fühlte er sich wohl. Warum also war er dennoch so rastlos?

Während er an seinem 1946er Macallan nippte, ging er in Gedanken noch einmal die heutige Para-Skiing-Herausforderung durch, die sie gerade hinter sich hatten – auf Skiern einen steilen Abhang hinunterrasen, um dann vom sich öffnenden Fallschirm in die Luft gerissen zu werden. Ein physischer Kraftakt, so wie die vielen anderen, die sie alle bereits absolviert hatten, aber das heute war besonders fordernd gewesen. Doch für Stavros war es eine Art Meditation.

Er hatte damit gerechnet, dass das körperliche Sichverausgaben auch den Frust vertrieben hätte … hatte es aber nicht. Der war mit voller Kraft zurück.

Sebastien musterte ihn über den Tisch hinweg, wollte wahrscheinlich abschätzen, ob er bluffte oder nicht.

„Wie geht’s deiner Frau?“ Zum einen sollte die Frage Sebastien ablenken, zum anderen wunderte Stavros sich noch immer, dass Sebastien jetzt tatsächlich verheiratet war – glücklich verheiratet.

„Sie ist auf jeden Fall angenehmere Gesellschaft als du. Du hast ja heute miserable Laune.“

War das so offensichtlich? Stavros schnitt eine Grimasse. „Ich habe ja auch noch nicht gewonnen.“ Und da er unter Freunden war, gab er den wahren Grund zu. „Mein Großvater droht mir, mich zu enterben, wenn ich nicht bald heirate. Ich würde ihm ja zu gern sagen, er soll zur Hölle fahren, aber …“

„Wegen deiner Mutter verzichtest du darauf“, ergänzte Alejandro.

„Genau.“ Die anderen kannten seine Situation. Wegen seiner Mutter und seinen Schwestern machte Stavros gute Miene zum bösen Spiel. Er konnte sein Erbteil nicht aufgeben, denn das würde sie ihres kosten.

Aber „sesshaft werden“, wie der Alte es nannte? Seit seinem zwölften Lebensjahr versuchte sein Großvater, ihn in eine Schablone zu pressen, und in letzter Zeit kam der Alte immer öfter mit dem Thema Heiraten um die Ecke. Da Stavros das nicht vorhatte, lag er also mal wieder im Clinch mit seinem Großvater. Eigentlich fiel ihm immer eine legitime Ausrede ein, doch diesmal ließen die Ideen auf sich warten, und das nagte an ihm. Vor allem, da sein Großvater die Kontrolle über den Pharmakonzern der Familie als Druckmittel einsetzte.

Stavros mochte manchmal vielleicht nicht der Wagemutigste sein, aber immerhin hatte er mit seiner Risikobereitschaft „Dynami“ einige der dicksten Aufträge eingefahren. Er war längst bereit, das Ruder des Unternehmens zu übernehmen, Frau und Kinder wären da nur unnötiger Ballast. Sein Großvater jedoch schien genau das für ein Zeichen von „Reife und Verantwortungsbewusstsein“ zu halten.

Er setzte weitere Hunderttausend, obwohl sein Blatt nicht besser geworden war … und verlor den Einsatz.

Sie spielten noch eine Weile weiter, dann fragte Sebastien plötzlich: „Denkt ihr manchmal nicht auch, dass wir viel zu viel Zeit damit verbringen, Geld zu scheffeln und oberflächlichen Vergnügungen nachzujagen, ohne die wirkliche Bedeutung des Lebens zu begreifen?“

„Vier Drinks, und schon fängt er an zu philosophieren.“ Antonio grinste Alejandro an und warf eine Handvoll Chips in die Mitte.

Stavros ging mit und erntete dafür von Sebastien einen kritischen Blick.

„Ich meine das ernst“, setzte Sebastien wieder an. Er war der einzige Selfmade-Milliardär in der Gruppe. Von einer ledigen Mutter aufgezogen, in einem Land, in dem Name und Herkunft mehr galten als das Plus auf dem Bankkonto. Und da er einige Jahre älter war als der Rest, hatte er auch die Rolle des Mentors übernommen. Sie alle hörten ihm zu, wenn er etwas zu sagen hatte. Allerdings riss es ihn manchmal mit, wenn er so richtig in seinem Element war.

„Dort, wo wir angekommen sind, stehen doch nur noch Zahlen auf dem Papier, ohne dass es etwas an unserem Leben ändern würde. Glück kann man nicht kaufen.“

„Es ermöglicht einige sehr angenehme Ersatzbefriedigungen.“ Antonio grinste.

Sebastien verzog den Mund. „Wie deine Autos? Deine Privatinsel, Alejandro? Und du, Stavros, wann nutzt du die riesige Yacht, auf die du so stolz bist? Wir kaufen uns teure Spielzeuge und gehen oft und gerne Risiken ein, aber … verschafft uns das Zufriedenheit? Erfüllt es unsere Seelen?“

„Was schlägst du vor? Sollen wir in ein Kloster eintreten?“, spottete Alejandro, warf eine Karte ab und nahm eine neue. „Wir geben alle weltlichen Besitztümer auf und finden Erleuchtung?“

Sebastien schnaubte. „Ich gehe jede Wette ein … keiner von euch würde zwei Wochen ohne Vermögen und Familiennamen überleben.“

„Könntest du das denn?“, fragte Stavros sofort und warf drei Karten ab. „Willst du freiwillig wieder an den Punkt zurück, bevor du reich warst? Hunger macht auch nicht glücklich. Deshalb bist du heute ja so stinkreich.“

„Um genau zu sein, ich spiele mit dem Gedanken, mit der Hälfte meines Vermögens eine Stiftung zu gründen – einen internationalen Rettungsdienst. Nicht jeder hat Freunde, die ihn aus einem Schneeberg ausgraben.“ Sebastien war der Einzige in der Runde, der lächelte.

Letztes Jahr wäre Sebastien bei einem ihrer Abenteuer fast ums Leben gekommen. Noch heute hatte Stavros Albträume deswegen. Er hatte sich Frostbeulen an den Fingern geholt, als er sich panisch bemüht hatte, Sebastien aus den Schneemassen zu retten, unter denen sein Freund begraben gewesen war. Selbst wenn er jetzt daran dachte, wurde ihm speiübel, und hastig trank er einen Schluck Scotch.

„Ist das dein Ernst?“, entfuhr es Alejandro. „Wie viel ist das? Fünf Milliarden?“

Sebastien zuckte nonchalant mit den Schultern. „Geld kann man nicht mit ins Grab nehmen“, sinnierte er weiter. „Monika ist Feuer und Flamme, aber ich denke noch darüber nach.“ Er beugte sich vor, hatte das gleiche Grinsen auf dem Gesicht stehen wie jedes Mal, wenn er sich die nächste Herausforderung überlegt hatte. „Ich sag euch was … wenn ihr zwei Wochen ohne Kreditkarte überlebt, mache ich es.“

„Und wann soll Stichtag sein? Schließlich haben wir alle Verpflichtungen.“ Alejandro sah zu Stavros, dann zu Antonio.

„Klar, verständlich. Räumt erst alle möglichen Hindernisse aus dem Weg und wartet auf den Startschuss von mir. Und dann folgen zwei Wochen in der realen Welt.“

„Du riskierst also die Hälfte deines Vermögens für eine so alberne Wette?“, hakte Alejandro ungläubig nach.

„Wenn ihr eure liebsten Spielzeuge als Einsatz bringt.“ Sebastien nickte gelassen. „Ich sage euch, wann es losgeht.“

Die drei anderen Männer grinsten zuversichtlich.

„Ein Kinderspiel.“ Stavros freute sich schon darauf, zwei Wochen Ruhe vor seinem Großvater zu haben. „Die Wette gilt. Ich mache mit.“

1. KAPITEL

Viereinhalb Monate später …

In einer elfenbeinfarbenen aufblasbaren Muschel trieb sie im Pool in der Sonne, ihr Einteiler mit dem geometrischen Muster in Pink und Grün ein starker Kontrast zu ihrer gebräunten Haut. Ihr schwarzes Haar hing ins Wasser. Sie hatte eine Sonnenbrille aufgesetzt und die Fußnägel knallrot lackiert.

Sie schlief.

Stavros musterte ihre perfekte Figur ausgiebig, Verlangen regte sich. Er malte sich aus, wie er ins Wasser tauchen und sie aus ihrer Muschelschale in seine Arme drehen würde, sie entführen würde wie ein Gott der Mythen eine Nymphe entführte, und wie er sie dann auf der Korbliege lieben würde, vom künstlichen Wasserfall vor neugierigen Blicken geschützt. Das Plätschern des Wasserfalls war auch der einzige Laut in dem von hohen Mauern umschlossenen Innenhof. Die fallenden Tropfen blendeten jedes andere Geräusch aus.

Leise stellte Stavros die Werkzeugkiste ab, dazu Vorschlaghammer, Schaufeln, Klebekomponenten, dann riskierte er noch einen langen Blick. So ein Job als Poolboy war vielleicht doch nicht so schlecht, auch wenn er gestern Abend noch in dem winzigen Ein-Zimmer-Apartment – ohne Klimaanlage! – gestanden und Sebastien laut verflucht hatte.

Seine zweiwöchige Herausforderung hatte begonnen. Sein Zuhause für diese Zeit lag direkt über einer Kaffeerösterei, und noch hatte er nicht entschieden, was schlimmer war – Fenster geöffnet oder geschlossen. Der Geruch war in beiden Fällen penetrant. Beim Prüfen seiner Ausstattung hatte er es auf jeden Fall offen gelassen.

Zumindest war er durch Antonio vorgewarnt gewesen. Da Antonio nach Mailand geschickt worden war, hatte Stavros bereits vermutet, dass er nach Griechenland „versetzt“ werden würde, und ja, hier war er also.

Immerhin verschaffte ihm diese Wette eine Auszeit. Ihm war gleich, ob er dabei seine Yacht verlor, und wenn Sebastien seine großzügige Geste wahrmachen wollte, dann konnte er das auch ohne ihn tun.

Stavros war inzwischen von so vielen Klippen und aus so vielen Flugzeugen gesprungen, da hätte es ein Leichtes sein müssen, den Fuß von der Fähre auf die Insel seiner Geburt zu setzen. Doch er hatte gezögert … und war sich wie ein Feigling vorgekommen. Er hatte sich zwingen müssen, von Bord zu gehen und zu dem Apartment zu laufen, in dem er ein prähistorisches Mobiltelefon und ein Bündel Bargeld – zweihundert Euro – vorgefunden hatte, genau wie Antonio damals. Doch während Antonio mit Blaumann und klobigen Arbeitsschuhen ausgestattet worden war, waren Stavros Surf-Shorts und Badelatschen zur Verfügung gestellt worden.

Zwei Wochen ohne Vermögen und den bekannten Namen war eine Sache, aber dass er auch seine Würde am Empfang hatte abgeben müssen …! Dieser Aufzug war schlicht geschmacklos – gelb-weiß gestreifte Shorts und kanariengelbe T-Shirts. Den griechischen Schriftzug auf dem T-Shirt las Stavros ebenso flüssig wie jedes englische Wort: Zante Pool Reinigung. Sebastien hatte wirklich Nerven! Stavros als Poolboy?

Mit dem Uralt-Handy hatte er Fotos geschossen und sie an Antonio und Alejandro geschickt, darunter der Text: Ist das ernst gemeint?

Ja, war es wohl. Antonio hatte bei der Herausforderung seinen Sohn entdeckt. Welche Überraschung stand Stavros also bevor? Ein Kind, von dem er nichts wusste, sicher nicht. Mit zwölf war er von der Insel nach Amerika geholt worden, und zu dem Zeitpunkt hatte er gerade einen ersten Kuss gewagt. Von da an allerdings war Risikobereitschaft zu seinem zweiten Vornamen geworden. Seine Unschuld hatte er mit vierzehn mit einer älteren Schülerin der Privatschule, die er besuchte, verloren. Sie hatte dunklen Eyeliner und roten Lippenstift bevorzugt – und Jungs, die wissbegierig lernen wollten, wie man einer Frau Vergnügen bereitete. Ganz besonders hatte sie rebellische Jungs gemocht, und zu denen gehörte er auf jeden Fall.

Ein Jahr später hatte er die Sekretärin seines Großvaters verführt sowie die Nanny seiner jüngsten Schwester. Stolz war er nicht darauf, aber er bereute es auch nicht. In jenen Tagen war Sex eines von den wenigen Dingen gewesen, die ihn glücklich gemacht hatten.

Eine heiße Affäre mit der Frau dort in der Muschel würde die nächsten vierzehn Tage jedenfalls sehr viel erträglicher machen.

Erneut meldete sich Ärger an. Bei diesen zwei Wochen ging es nicht nur einfach darum, wie Otto Normalverbraucher zu leben. Sebastien hatte ihm eine Nachricht hinterlassen:

Vielleicht erinnerst du dich noch an unser Gespräch letztes Jahr, als ich mich von dem Lawinenunglück erholte. Du hattest einen ganz exquisiten Scotch geöffnet, dafür möchte ich dir nochmals danken.

Damals hast du mir erzählt, dass deine Entschlossenheit, mich aus dem Schnee auszugraben, daher rührte, dass du deinen Vater verloren hast. Du hast mir auch anvertraut, wie sehr du es deinem Großvater verübelst, dass er dich nach New York geholt und dir einen amerikanischen Namen aufgezwungen hat. Ich vermute, du wolltest mir damit sagen, dass du nicht wirklich Lust hast, sein Erbe zu sein.

Damals hatte Sebastien ihn kritisiert, keine Wertschätzung für Familie und Tradition zu besitzen, schließlich hatte Sebastien das nie gekannt. In der Notiz hieß es weiter:

Deshalb erfülle ich dir heute deinen Wunsch. Für zwei Wochen existiert Steve Michaels mit all seinem Geld und Einfluss nicht mehr. Du bist Stavros Xenakis und arbeitest als Poolboy für Zante Pool Reinigung. Melde dich morgen früh um sechs im Laden, liegt gleich am Ende der Straße.

Antonio hat die zwei Wochen überstanden, ohne dass seine Tarnung aufgeflogen ist, so habe ich ein Drittel der fünf Milliarden für den Rettungsdienst festgeschrieben. Sieh zu, dass dir das auch gelingt, Stavros. Du könntest damit Leben retten. Und nutze die Zeit, um Frieden mit deiner Vergangenheit zu schließen.

Sebastien

Stavros war noch lange wach geblieben, teils wegen des Jetlags, hauptsächlich aber, weil er hin und her überlegte, wie er sich aus der Wette herauswinden konnte. Außerdem war es viel zu heiß zum Schlafen, und so wälzte er sich auf dem schmalen Bett hin und her. Nur sein eigenes Ehrempfinden ließ ihn schließlich die Situation akzeptieren und noch ein paar Stunden Schlaf finden.

Früher als nötig hatten die ihm direkt ins Gesicht scheinenden ersten Sonnenstrahlen ihn dann geweckt, und bei den vorbeirumpelnden Lastern brauchte man ohnehin keinen Wecker. Mit Abscheu hatte er staubtrockenes Müsli hinuntergewürgt – Milch musste er erst noch besorgen – und sich auf dem Weg zur „Arbeit“ einen Kaffee to go gekauft.

Ionnes, sein Chef, hatte ihm dann ein Clipboard mit dem Auftrag und eine Landkarte in die Hand gedrückt. Dann hatte er ihm einen Schlüssel vor die Nase gehalten, auf den Pick-up mit Material und Werkzeug gezeigt und ihn gewarnt, alles Notwendige vor Ort zu entladen, da ihm der Truck ab morgen nicht mehr zur Verfügung stand.

Zu gern hätte Stavros sich da schon ein Flugticket nach Hause besorgt, aber seine Kreditkarte lag, wie verlangt, in New York. Nun, seit der Universitätszeit hatte er viele von Sebastiens Herausforderungen gemeistert, und keine davon hatte ihn umgebracht, oder?

Dennoch wurde ihm die Kehle eng, als er, der Straßenkarte folgend, zu der Adresse fuhr. Die Hügel und Kurven kannte er nur zu gut, sie waren in seine Erinnerung gebrannt, auch wenn er das letzte Mal vor achtzehn Jahren hier gewesen war. Vielleicht ging es hier gar nicht darum, dem eigenen Tod zu trotzen, sondern dem Verlust seines Vaters und den düsteren Erinnerungen, sich den Veränderungen an dem Heim zu stellen, in dem sie gelebt hatten, bis das Kentern eines Bootes ihrer aller Leben abrupt und für immer geändert hatte.

Die Villa war gut gepflegt, wenn auch bescheiden im Vergleich zu seiner jetzigen Bleibe. Für seine Mutter war es damals das Traumhaus gewesen. Sie war ein einfaches Mädchen aus einem Fischerdorf hier auf der Insel gewesen, hatte darauf bestanden, dass ihr Mann dieses Haus als Basis nutzte, um bei seiner Familie Entspannung zu finden. Ihrer Meinung nach war er ein Workaholic gewesen, der die eigene Familie aus den Augen verlor, weil er zu viel Zeit in Amerika verbrachte, um sich um das Familienunternehmen drüben zu kümmern.

Schon damals war die Villa nicht neu gewesen, vieles hatte repariert und erneuert werden müssen. Stavros hatte den Auftrag vom Vater erhalten, die Auffahrt neu zu pflastern, während sich die Mädchen zusammen mit der Mutter des Gartens angenommen hatten. Inzwischen rankte sich die Bougainvillea wuchernd über die weißen Hauswände.

Die Erinnerungen waren so schmerzhaft, dass Stavros minutenlang im Truck sitzen blieb und am liebsten den Rückwärtsgang eingelegt hätte. Aber wohin sollte er? Zurück zu seinem Großvater, um sich von dem kritischen Blick sezieren zu lassen, weil sein Vater nicht mehr da war, um das Erbe anzutreten?

Stavros verfluchte Sebastien laut und überflog den Arbeitsauftrag. Nein, er sollte nicht den Pool reinigen, sondern zerbrochene Fliesen austauschen. Déjà-vu mit Pflasterarbeiten! Die Herrin des Hauses würde ihn einweisen.

Er schnaubte angewidert. Er hasste es, wenn jemand ihm sagte, was er zu tun hatte!

Da keine Reaktion erfolgte, als er an der Haustür klingelte, ließ er sich durch das Gartentor ein und ging die Stufen in den Seitenhof mit Blick aufs Meer hinunter. Die schlafende Venus in ihrer Muschel bemerkte seine Ankunft nicht.

Noch ein Blick über ihren Astralkörper, dann ging er in die Hocke, schöpfte Wasser mit der hohlen Hand und spritzte sie nass.

Die kalten Tropfen auf ihrem Gesicht rissen Calli unsanft aus ihrem Schlaf. Abrupt setzte sie sich auf, brachte damit die Muschel ins Schwanken und landete mit wedelnden Armen im Pool. Uuh, das war kalt!

Ophelia!

Calli stieß sich vom Beckenboden ab und tauchte prustend auf. „Du hast Hausarrest. Geh sofort in dein Zimmer!“

Doch die Gestalt, die sich jetzt am Poolrand aufrichtete, war nicht Ophelia, sondern ein Krieger, beeindruckend groß. Mit der Sonne im Rücken wirkte er selbst in den Shorts und dem gelben T-Shirt einschüchternd. Mit etwas Fantasie könnte man seinen Aufzug sogar für eine goldene Rüstung halten, einzig dazu gemacht, die Breite seiner Schultern und seine muskulösen Beine zu betonen.

Seine Augen konnte sie nicht sehen, aber sie fühlte seinen durchdringenden Blick auf sich liegen. Es raubte ihr den Atem, ließ Hitze in ihr aufsteigen, dabei trat sie doch Wasser im kalten Pool. Die Hitze, die sie aus Selbstschutz zu unterdrücken gelernt hatte, ließ sich diesmal nicht eindämmen, und das beunruhigte sie. Er hypnotisierte sie mit seinem Blick, hielt sie gefangen, konservierte die sexuelle Faszination wie in Bernstein, dazu bestimmt, für immer zu überdauern.

„Gern, wenn Sie mir den Weg zeigen.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust, und nur eine Braue hob sich über amüsiert funkelnden Augen.

Plötzlich fühlte sie sich verwundbar. Nicht wirklich bedroht, zumindest nicht körperlich, aber auf einer tieferen Ebene, dort, wo ihr gebrochenes Herz sicher verstaut war, damit niemand mehr daranreichen konnte. Sie wischte sich das Wasser aus den Augen, blinzelte, um ihn genauer erkennen zu können, versuchte herauszufinden, weshalb er eine solche Wirkung auf sie haben sollte. Das Logo der Pool-Reinigungsfirma prangte auf seinem T-Shirt, aber den Mann hatte sie noch nie gesehen. „Ich habe Sie nicht kommen hören.“

„Offensichtlich nicht. Schlafmangel?“

„Richtig.“ Zu spät ging ihr auf, dass Ophelia sie unmöglich aufgeweckt haben konnte. Calli war im Pool eingeschlafen, weil sie erst im Morgengrauen zurückgekommen war, nachdem sie Ophelia in Athen bei den Großeltern mütterlicherseits abgesetzt hatte. Die halbe Nacht hatte sie hinter dem Steuer gesessen und war schon eingedöst, als sie auf die Fähre gewartet hatte.

Takis war nicht hier. Niemand war hier, nur sie und dieser riesige Kerl.

„Ich bin fast die ganze Nacht durchgefahren. Ich wollte die Arbeiter nicht verpassen, wenn ich drinnen eingeschlafen wäre. Wo ist Ionnes?“

„Hat mir den Auftrag übergeben und gesagt, ich habe zwei Wochen dafür.“

„Ja. Dann findet hier eine Party statt.“ Die Unruhe in ihr wollte sich nicht legen, wuchs im Gegenteil noch an, als sie aus dem Pool stieg und der Schatten des Fremden auf sie fiel. Er hatte den dünnen Bademantel von der Liege genommen und hielt ihn ihr hin wie ein Gentleman, damit sie hineinschlüpfen konnte.

Der Mann war kein Gentleman. Sie wusste nicht, wer oder was er war, aber sie hatte das bestimmte Gefühl, dass er jemand war. Kein Normalsterblicher wie sie.

Es kostete Mühe, die nassen Arme durch die Ärmel zu schieben. Oh, warum war es nicht ein dicker Frotteebademantel? Dieser Bademantel hier war ein Geburtstagsgeschenk von Ophelia, und Calli war begeistert gewesen über dieses so extrem feminine Teil, aber … mit nicht mehr als einem einzigen kleinen Haken auf Bauchnabelhöhe als Verschluss regte dieses durchsichtige Etwas die Fantasie wohl eher an, als dass es viel verbarg.

Und natürlich fiel es dem Poolboy auf, so unverschämt, wie er den Blick von Kopf bis Fuß über sie wandern ließ. Es war nicht das erste Mal, dass ein Mann sie genauestens musterte, aber die Männer hier wussten, sie war nicht interessiert. Oder zumindest unnahbar. Bei Touristen tat sie immer so, als spräche sie nur Griechisch und würde nichts verstehen. Auf jeden Fall war es ihr immer ein Leichtes, Männer abzuwehren. Heute jedoch nicht. Sie konnte seinen Blick regelrecht fühlen. Sie sagte sich, dass es die Wassertropfen waren, die ihr über die Haut liefen … aber Wassertropfen brachten sie normalerweise nicht derart durcheinander. Sie fühlte sich seltsam hilflos. Warum? Sie war längst gegen Männerblicke immun.

Aber der Mann sah wirklich umwerfend aus. Dass sie jetzt vor ihm stand, machte ihn nicht weniger einschüchternd. Er war groß und muskulös. Und als sie sein Gesicht richtig erkennen konnte, schnappte sie leise nach Luft. Ein leichter Bartschatten lag auf Kinn und Wangen, das Haar hatte er nur mit den Fingern gekämmt, aber sein Gesicht … wie von einem Bildhauer gemeißelt, absolut perfekt. Doch es war nicht die klassische Schönheit, die ihr den Atem raubte, sondern der wilde Stolz in seinen Augen und die pure Männlichkeit, die er ausstrahlte.

Verlangen glomm in dem dunklen Braun auf, als ihre Blicke aufeinandertrafen. Die unerschütterliche Gewissheit, dass er sie haben konnte. Weil er wusste, dass sie auf ihn reagierte? Ein überhebliches Grinsen zuckte in seinen Mundwinkeln. „Sie brauchen mir nur zu sagen, was Sie wünschen. Ich stehe ganz zu Ihrer Verfügung.“

Bitte, er muss denken, es wäre die Kälte, die mich erschauern lässt und meine Brustwarzen zusammenzieht. Doch das lag an ihm. Sie wusste es, und er wusste es, und es ängstigte sie halb zu Tode. Automatisch trat sie einen Schritt zurück und wäre fast im Pool gelandet, wenn er sie nicht blitzschnell beim Arm festgehalten hätte.

Eine ritterliche, hilfreiche Geste, dennoch zitterte sie. Was, zum Teufel, war los mit ihr? „Danke, aber Sie können mich jetzt wieder loslassen.“

„Wenn es das ist, was Sie wünschen …“ Er ließ sie los und hielt beide Hände vor sich hoch. „Vorsicht.“

Das war keine Warnung vor den rutschigen Pool-Fliesen. In ihrem Magen flatterte es, ihr Puls raste, und sie ballte die Hände an den Seiten zu Fäusten. „Sie haben einen Akzent.“ Ein guter Vorwand, um Distanz zu schaffen. „Woher kommen Sie?“

Seine Meine wurde völlig ausdruckslos. Damit würde er jede Pokerrunde gewinnen. „Ich wurde hier geboren, habe aber lange im Ausland gelebt, seit meinem zwölften Lebensjahr. Ich heiße übrigens Stavros. Ich arbeite hier nur eine Zeitlang als Aushilfe.“

„Stavros also.“ Vielleicht wäre ihr aufgefallen, dass er seinen Nachnamen nicht genannt hatte, wenn sie in dem Moment nicht seinen Akzent ausgemacht hätte. „Sie sind Amerikaner!“ Eiseskälte kroch ihr ins Mark. Oh nein, nie wieder! Kam absolut nicht infrage, ganz gleich, wie gut er aussehen mochte!

Als hätte er die Anklage in ihrer Stimme gehört, warf er den Kopf zurück. „Ich bin Grieche.“

Sie wusste, dass sie voreingenommen war. Es war nicht einmal ein richtiges Vorurteil. Sie unterhielt sich gern mit den amerikanischen Touristen, und sie wollte unbedingt nach Amerika gehen. Nach New York.

Nein, ihre Antipathie beschränkte sich auf angeblich anständige Männer gleich welcher Nationalität, die sich einbildeten, die hiesigen Frauen wären Spielzeug, mit denen man sich eine Weile amüsieren konnte, bis es langweilig wurde. Das hatte Calli bereits hinter sich, die Wunden waren noch immer nicht verheilt. Der Mann, der ihr das angetan hatte, war Amerikaner gewesen. Und deshalb machte sie diesen Amerikaner hier irgendwie dafür verantwortlich.

„Sie haben den Auftrag, den Pool wieder in Ordnung zu bringen. Dafür bleiben Ihnen zwei Wochen.“ Ihren Ton hatte das Leben mit seinen härtesten Schlägen geschärft. „Sie sollten sich besser an die Arbeit machen.“

Autor

Dani Collins

Dani Collins verliebte sich in der High School nicht nur in ihren späteren Ehemann Doug, sondern auch in ihren ersten Liebesroman! Sie erinnert sich heute immer noch an den atemberaubend schönen Kuss der Helden. Damals wurde ihr klar, dass sie selbst diese Art von Büchern schreiben möchte. Mit 21 verfasste...

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