Baccara Collection Band 417

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SÜSSE LÜGE - HEISSE LUST von CHARLENE SANDS
Bei der Besichtigung einer Immobilie passiert es: Risk Boone - den April seit einer Liebesnacht nie vergessen hat - stürzt. Als er wieder zu sich kommt, ist sein Gedächtnis weg. Er glaubt, sie wären ein Paar! Soll April lügen und die heiße Lust mit dem sexy Texaner genießen?

WIE EROBERT MAN SEINE EX? von ELLE WRIGHT
Fassungslos sieht Dr. El Jackson, wer in die Notaufnahme gebracht wird: Avery! Obwohl er nicht vergessen kann, wie weh es tat, als sie ihn verließ, wird er alles tun, um ihr zu helfen. Und seine Ex zurückzuerobern? Denn noch immer ist sie die Einzige, die er liebt …

NÄCHTE MIT DEM BRASILIANISCHEN TRAUMMANN von KIMBERLEY TROUTTE
Wie überzeugt man einen brasilianischen Traummann? Chloe setzt alles daran, dass Musiklegende Nicolas Medeiros seine neue Fernsehshow im Luxusresort ihrer Familie dreht. Aber insgeheim hat sie noch einen anderen Plan: eine heiße Nacht mit ihrem Teenager-Schwarm!


  • Erscheinungstag 24.03.2020
  • Bandnummer 417
  • ISBN / Artikelnummer 9783733726621
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Charlene Sands, Elle Wright, Kimberley Troutte

BACCARA COLLECTION BAND 417

CHARLENE SANDS

Süße Lüge - heiße Lust

Allmählich kommt Risk wieder zu sich: Offenbar hat er sich bei der Besichtigung einer Lodge den Kopf gestoßen. Sein Gedächtnis ist weg, doch die Immobilienmaklerin April ist verführerisch vertraut. Als sie wegen eines Sturms in der Lodge übernachten müssen, zieht er April selbstverständlich in seine Arme. Schließlich trägt sie einen Verlobungsring von ihm – oder?

ELLE WRIGHT

Wie erobert man seine Ex?

Er ist zu ihrem Vortrag gekommen! Atemlos entdeckt die schöne TV-Produzentin Avery Montgomery ihren Ex-Freund El in der Menge. Noch immer hat er diese erotische Ausstrahlung, die sie mit Verlangen nach sinnlicher Liebe erfüllt. Aber El ist auch der Grund, warum sie damals Hals über Kopf aus Ann Arbor floh. Sie muss ihm unbedingt widerstehen!

KIMBERLEY TROUTTE

Nächte mit dem brasilianischen Traummann

„Wir können uns die ganze Nacht lieben. Ohne Verpflichtungen.“ Zugegeben, das Angebot, das Musikproduzent Nicolas der hübschen Chloe macht, ist ein bisschen unmoralisch. Aber er findet sie heiß, und wenn er zurück nach Brasilien fliegt, ist sowieso alles vorbei. Unerklärlich nur, warum ihm berührende Lovesongs einfallen, wenn er Chloe in seinen Armen hält …

1. KAPITEL

April war schon immer klar gewesen, dass ihr Glück sie eines Tages verlassen würde. In einer so kleinen Stadt wie Boone Springs konnte sie River „Risk“ Boone nicht für alle Zeiten aus dem Weg gehen.

Aber sie hatte nicht erwartet, dem großen, gut aussehenden Texaner an diesem Morgen in ihrem Immobilienbüro zu begegnen.

Vor Nervosität zog sich ihr Magen zusammen, als April Risk von ihrem Schreibtisch aus betrachtete. Er nahm seinen Hut ab, sodass sie seine hypnotisierenden dunkelbraunen Augen und seine Haut, die immer noch so braun gebrannt war wie zu seinen Rodeo-Zeiten, sehen konnte. Mit seiner lässigen Arbeitskleidung, bestehend aus engen Jeans und einem Hemd, und seinem guten Aussehen zog er alle Blicke auf sich in der Stadt, die seine Vorfahren einst gegründet hatten. Auch ihr hatte er einmal den Kopf verdreht. Einer ihrer größten Fehler.

„Hallo, April.“

Der tiefe Klang seiner Stimme, die unvergleichliche Art, wie er ihren Namen aussprach, so sanft und gleichzeitig selbstbewusst, drang an ihre Ohren. Etwas unsicher erhob sie sich von ihrem Schreibtisch. „Risk, was machst du denn hier?“

Er hob eine Augenbraue, ehe er sie von Kopf bis Fuß betrachtete, ein Schimmer in seinen Augen, als würde er sich an die Nacht erinnern, die sie miteinander verbracht hatten.

Eine sengende Hitze stieg in ihr empor. Sie konnte es nicht fassen, dass Risk es immer noch schaffte, sie so aus dem Konzept zu bringen.

Clovie, ihre Assistentin und gute Freundin, warf ihr vom Nebentisch einen fragenden Blick zu. Sie kannte Aprils Vergangenheit mit Risk.

„Ich bin geschäftlich hier in Boone. Wie ich höre, hast du mit der Sekretärin meines Bruders Mason über das Canyon-Lake-Grundstück gesprochen.“

„Ja, das ist richtig. Sie hatte einige Fragen zur Lodge. Aber das war es auch schon. Ich, ähm, haben wir einen Termin?“

Sie wusste verdammt gut, dass sie keinen Termin hatten. Und sie wusste genauso gut, dass ein Boone keinen Termin brauchte. Warum hatte sie das überhaupt gefragt? Ihre Nerven spielten einfach verrückt. Ein Mitglied der Boone-Familie konnte man nicht einfach ignorieren. Die drei Boone-Brüder waren wohlhabende Viehzüchter und Unternehmer. Ihnen gehörte ein Großteil der Stadt.

„Ist ja auch egal“, sagte sie. „Wenn du Fragen zur Canyon Lake Lodge hast, kann ich dir sicher helfen.“

Er nickte. „Anscheinend hast du großes Interesse an der Lodge geweckt, wir würden nämlich gerne mehr darüber …“ Risk hörte auf zu sprechen.

Oh Gott, er hatte den Schmerz in ihren Augen bemerkt, das Stirnrunzeln, das sie nicht verbergen konnte! Vor zwei Jahren hatten sie eine Nacht zusammen verbracht. April hatte danach nicht mit einem Diamantring und Blumen gerechnet, aber sie hatte erwartet, dass er wenigstens da wäre, wenn sie morgens aufwachte.

„Hör mal, können wir uns irgendwo ungestört unterhalten?“, fragte Risk nach einer Pause.

Clovie sprang sofort ein. „Ich habe die Bankeinzahlung fertig, April. Ich gehe dann schnell rüber.“ Sie stand auf, nahm eine Mappe und schnappte sich ihre Handtasche. „Ich gehe anschließend Mittagessen. Bin in einer guten Stunde wieder da.“

„Okay.“

Und schon hatte Clovie die Tür hinter sich geschlossen.

„Bittet und es wird euch gegeben.“ Der bittere Unterton in Aprils Stimme lenkte Risks Aufmerksamkeit zurück auf sie. Sie war aufgewühlt. Ihn zu sehen, weckte tiefe Gefühle von Schmerz und Verlassenheit in ihr. Was sie am meisten ärgerte, war, dass Risk Boone, der Ex-Rodeo-Champion, sie abserviert hatte wie eines seiner Groupies, während April nach dieser Nacht in Houston an eine echte Verbindung zwischen ihnen geglaubt hatte. Obwohl sie in der Highschool heimlich für ihn geschwärmt hatte, waren die Erinnerungen an die Nacht vor zwei Jahren, in der ein Traum für sie wahr geworden war, mittlerweile schal geworden.

„April, ich bin hier, weil ich mittlerweile für die Immobilienakquisitionen bei Boone Inc. zuständig bin. Meine Brüder möchten das Geschäft ausbauen und planen, ein Hotel zu eröffnen. Ich habe keinen Termin vereinbart, weil ich nicht sicher war, ob du mich empfangen würdest. Ich schulde dir eine Entschuldigung.“

„Du hattest Bedenken, dass ich dich nicht empfangen würde?“

„Dem Klang deiner Stimme nach zu urteilen, liege ich damit auch nicht ganz falsch, oder?“

„Deine Entschuldigung kommt ein bisschen spät, meinst du nicht?“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust, um sich für das zu wappnen, was nun folgen würde. „Ist schon ziemlich lange her.“

„Ich habe in den letzten Jahren viel außerhalb der Stadt gearbeitet. Das ist keine Entschuldigung, sondern einfach die Wahrheit.“ Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Weißt du, es ging mir damals wirklich mies. Ich konnte nicht bleiben. Shannon hatte mich sehr verletzt, und … na ja, ich war nicht bereit für … dich. Ich konnte dir nichts geben. Ich denke, nein, ich weiß, dass ich wie ein Feigling abgehauen bin. Es tut mir leid.“

Ich war nicht bereit für dich. Oh Gott, wie dumm von ihr, zu glauben, dass vertrauliche Gespräche und eine Nacht, in der sie sich mehrfach geliebt hatten, etwas bedeuten würden! Für ihn war sie doch nur ein One-Night-Stand gewesen.

Sie hatte von seiner zweijährigen Beziehung mit der berühmten Schauspielerin Shannon Wilkes gewusst – die Boulevardpresse hatte schließlich das ganze Land über sämtliche Einzelheiten ihrer Beziehung und skandalösen Trennung informiert. Risk war ein Rodeo-Star gewesen, und Shannon hatte einen Golden Globe gewonnen. Sie waren als Traumpaar gefeiert worden, bis Risk bei einem Turnier schwer gestürzt war, sich die Schulter verletzt hatte und seine Rodeo-Karriere beenden musste.

Kurz danach hatte Shannon sich von ihm getrennt und sich einen begehrten Football-Quarterback geschnappt. Was Risk das Herz gebrochen, ihn vor dem ganzen Land bloßgestellt und das Leben, wie er es kannte, zerstört hatte.

Hätte April Risk nur niemals getroffen, als er beim Houston Rodeo als Gast aufgetreten war. Und wäre sie ihm nur später nicht an der Hotelbar begegnet. Wenn er in dieser Nacht nicht so verletzlich und offen und freundlich zu ihr gewesen wäre, hätte sicher ihr gesunder Menschenverstand eingesetzt. Aber sie hatte in dieser Nacht wirklich eine Verbundenheit mit ihm verspürt, und die Art, wie er sie geliebt hatte, hatte sie glauben lassen, dass das Unmögliche wahr werden könnte.

Doch nie und nimmer hatte sie erwartet, dass er am nächsten Morgen einfach verschwunden sein würde – ohne eine Erklärung, ohne eine Notiz zu hinterlassen, ohne sich zu verabschieden. Das hatte der vielleicht besten Nacht ihres Lebens einen bitteren Beigeschmack gegeben.

„Okay, ich hab’s verstanden.“

Risk atmete erleichtert auf. „Du akzeptierst meine Entschuldigung?“

Wenn er extra hergekommen wäre, um sich zu entschuldigen, hätte es ihr vielleicht etwas bedeutet. Aber so …

„Risk, warum beenden wir das Thema nicht einfach und sprechen nicht weiter über unser Privatleben? Setz dich doch bitte, damit wir zum eigentlichen Grund deines Besuchs kommen können.“ Sie konnte sich diese Stichelei nicht verkneifen. Das hatte er verdient; und seinem Stirnrunzeln nach zu urteilen, hatte sie ins Schwarze getroffen.

„Gut.“

Sie nahmen beide Platz, und April suchte die Akte heraus. Ihr Vertrag mit Mr. Hall, dem Eigentümer der Lodge, lief nur noch einen Monat, und der Verkauf der 5,3 Millionen Dollar teuren Lodge würde ihre mehr schlecht als recht laufende Agentur bis ins nächste Jahr hinein über Wasser halten.

„Diese Immobilie hat viel Potenzial“, erklärte sie.

Er nickte, und sein Blick wanderte durch das Büro. „Ich möchte dir zuerst einmal sagen, dass es mir gefällt, was du aus diesem Büro gemacht hast. So gut hat es hier nie ausgesehen, als es noch der Antiquitätenladen von Perry Bueller war.“

„Ich musste ein wenig modernisieren, aber ich wollte gerne den Charme des alten Ladens bewahren.“

April hatte vor einem Jahr ihr Immobilienbüro in Boone Springs mit dem Ziel eröffnet, die führende Maklerin für hochpreisige Immobilien in der Region zu werden. Sie hatte drei Jahre lang im nahe gelegenen Willow County gearbeitet, um den Maklerjob von der Pike auf zu lernen. Aber als Perry Bueller beschloss, sich zur Ruhe zu setzen und sein Ladengeschäft im Herzen von Boone Springs zu verkaufen, hatte April gewusst, dass es Zeit war, ihren Traum zu verwirklichen. Sie hatte schon immer in ihrer Heimatstadt leben und arbeiten wollen. Sie hatte all ihr Geld zusammengekratzt und sein uriges Antiquitätengeschäft in ein modernes Büro verwandelt.

„Das ist dir sehr gut gelungen, April.“

Risks Kompliment bedeutete ihr viel, denn sie hatte hart gearbeitet, und es war schön, dass jemand das anerkannte. „Vielen Dank.“

Sie reichte ihm die Akte zur Canyon Lake Lodge und zeigte ihm die Fotos. „Wie du siehst, handelt es sich um ein recht großes Grundstück.“

„Liegt ziemlich abgelegen.“

„Ich finde eher, dass es ein lauschiger Ort ist, perfekt für einen Kurzurlaub. Die Lodge liegt in den Bergen, kilometerweit von jeglichem Verkehr und der Stadt entfernt. Sie bietet für jeden genau das Richtige, egal ob man sich zurücklehnen und entspannen oder im Freien aktiv sein möchte. Der See ist wunderschön, und man könnte dort Reitausflüge, Angeln und Bootsfahrten anbieten. Es ist ein perfekter Ort für Urlauber, die die Natur genießen möchten.“

„Hm, die Lodge könnte man wirklich als urig bezeichnen. Beinahe von der Vegetation überwuchert. Und sie sieht so aus, als würde sie bald auseinanderfallen.“

Sie schnappte unwillkürlich nach Luft. „Der Schein kann trügen.“

„Oder genau richtig sein.“

„Es besteht durchaus noch Verhandlungsspielraum. Ich gebe dir gerne das Informationsmaterial mit.“ Sie griff in ihre Schublade und zog eine Mappe heraus. „Lies dir alles in Ruhe durch. Ich bin mir sicher, dass man die Lodge sehr gut vermarkten und viele Gäste anziehen kann.“

Risk nahm die Mappe und blätterte darin herum. „Du hast deine Hausaufgaben gründlich gemacht, hm?“

„Mache ich immer.“

Er sah genau in dem Moment auf, als sie ihn musterte. Ihre Blicke trafen sich. Sofort breitete sich ein Kribbeln in ihrem ganzen Körper aus. Sie war ihm so nahe, dass sie seinen Duft riechen konnte, was Erinnerungen an ihre gemeinsame Nacht in ihr weckte.

„Ich bin beeindruckt“, sagte er mit seinem einzigartigen texanischen Akzent.

Aus ihren Gedanken gerissen, zuckte sie zusammen und rückte verlegen ein paar Unterlagen auf ihrem Schreibtisch zurecht.

„Stört es dich, wenn ich mir diese Infos genauer anschaue?“

„Nein natürlich nicht. Nimm sie mit.“

Er stand auf, und sie tat es ihm nach, um ihn zur Tür zu bringen. Sie stand dicht neben ihm und musste schlucken. „Ich mache mich besser wieder an die Arbeit. Wenn du weitere Fragen hast oder die Lodge besichtigen möchtest, ruf mich einfach an. Die Nummer findest du in der Mappe.“

„Gib mir ein oder zwei Tage. Ich melde mich auf jeden Fall bei dir.“

„Okay, alles klar.“

„Oh, und April?“

Sie blickte in seine Augen, die sie sanft ansahen.

Er schien etwas sagen zu wollen, schüttelte dann aber den Kopf. „Ach, nichts.“

Sie schloss die Tür hinter ihm und atmete erleichtert auf.

Nach zwei Jahren hatte sie endlich wieder mit Risk Boone gesprochen.

Doch weil Boone Inc. ein potenzieller Kunde war, hatte sie die Dinge, die sie ihm nur allzu gerne gesagt hätte, für sich behalten.

Normalerweise ging April unter der Woche nicht aus, aber heute war der Geburtstag ihrer besten Freundin – und zu dieser Party musste sie natürlich gehen. Jenna Mae wurde immerhin dreißig, das musste gefeiert werden. Also zog April ihr kleines Schwarzes an und traf sich mit ihren Freundinnen im Farmhouse Bar and Grill, einer Kneipe, in der auch an Wochentagen immer etwas los war.

April hatte gerade ihre erste Mango-Margarita ausgetrunken, genauso wie die anderen acht Frauen, die mit Jenna feierten. Sie waren bereits eine Stunde in der Bar. Jenna hatte ihre Geschenke ausgepackt und die lustigen Geburtstagskarten laut vorgelesen.

„Mmmh, der ist köstlich“, schwärmte Jenna und nahm noch einen großen Bissen von ihrem Cupcake. „Danke dafür, April. Ich bin froh, dass du hier bist. Es wäre ohne dich nicht dasselbe.“

„Deinen Geburtstag hätte ich um nichts in der Welt verpasst, Jenna. Das weißt du.“

Jenna legte ihren Arm um Aprils Schultern. „Ja, ich weiß. Ich bin einfach nur froh, dass du von Willow wieder hierher zurückgezogen bist.“

„Ich auch.“

„Läuft das Geschäft langsam an?“, fragte Jenna. „Hast du in letzter Zeit irgendwelche großartigen Villen verkauft?“

„Ich wünschte, es wäre so. Im Moment warte ich auf die Rückmeldung von einem potenziellen Kunden zu einem wichtigen Geschäft. Wenn ich den Deal lande, wäre die Agentur bis nächstes Jahr in trockenen Tüchern.“

Die Kellnerin schenkte eine weitere Runde Drinks ein.

„Ich hoffe für dich, dass du das Geschäft abschließen kannst.“

„Allmählich zweifle ich daran“, murmelte April. „Mein Käufer wollte sich eigentlich letzte Woche melden, aber ich habe noch kein Wort von ihm gehört.“

„Warum rufst du ihn nicht an und erinnerst ihn daran?“

„Du hast ja keine Ahnung, von wem ich spreche.“

Jenna Mae zog sie von den anderen weg. „Verrat’s mir.“

„Es ist Risk Boone. Unglaublich, aber so ist es“, flüsterte April ihr ins Ohr.

Jenna wusste alles über Aprils Highschool-Schwarm und ihre gemeinsame Nacht mit Risk, also war es kein Wunder, dass sie die Augen vor Überraschung weit aufriss. „Nein!“

„Doch. Er kam letzte Woche ins Büro. Es war… schräg.“

„Kann ich mir vorstellen. Mann, du warst in der Highschool ziemlich in ihn verknallt. Du hattest schon immer ein Faible für diesen Kerl.“

„Jetzt nicht mehr. Nicht nach … Houston.“

„Wirklich nicht? Ich wollte es ja nicht sagen, aber er sitzt gerade an der Bar.“

Aprils Herz begann zu rasen. Sie stand mit dem Rücken zur Bar, drehte sich nun möglichst unauffällig um und schaute über ihre Schulter. Ja, da war Risk.

„Oh, wow, ich habe ihn noch nie hier gesehen“, meinte Jenna.

„Ich auch nicht“, murmelte April. „Als wir miteinander gesprochen haben, meinte er, dass er in letzter Zeit nicht so oft in Boone Springs sei.“ Sie hatte ein mulmiges Gefühl und wollte schon ihren Blick abwenden, als ihr auffiel, dass Risk sie im Spiegel hinter der Bar musterte. Ihre Blicke trafen sich, und nun schlug ihr Herz noch schneller.

Seine Lippen bewegten sich leicht. Lächelte er sie an?

Oh Mann. Sie starrte noch eine halbe Sekunde zu ihm hinüber und ergriff dann Jennas Arm. „Komm, wir gehen zum Tisch zurück.“

Einige Minuten später hatte April ihren zweiten Drink geleert, während sie mit ihren Freundinnen plauderte. Sie war ein bisschen beschwipst. Je mehr sie darüber nachdachte, dass Risk Boone sie diese Woche nicht zurückgerufen hatte, desto mehr ärgerte sie sich darüber.

„Ich habe ihm zwei Nachrichten wegen der Lodge hinterlassen, aber er hat nicht zurückgerufen“, erklärte sie Clovie und Jenna. Und jetzt saß er selbstgefällig an der Bar und beobachtete jede ihrer Bewegungen. Was sollte das nur?

„Ich werde jetzt mit ihm reden, ob’s ihm passt oder nicht“, sagte sie. Als sie aufstehen wollte, drückten vier Hände sie wieder auf ihren Stuhl, Clovie von rechts und Jenna von links.

„Warte“, befahl Clovie. „Ich kenne diesen Blick, April. Du musst dich beruhigen. Der Deal ist noch nicht geplatzt. Du könntest ihn einfach taktvoll fragen, ob er sich die Unterlagen schon angesehen hat.“

„Clovie hat recht“, meinte Jenna. „Du bist ein Profi. Verpatz dieses Geschäft nicht, nur weil du gerade sauer auf ihn bist.“

April seufzte und nickte. Sie hatten ja recht. Risk war reich und ein potenzieller guter Kunde, aber er hatte sich ihr gegenüber auch wie Idiot benommen. Doch ihre persönlichen Gefühle für Risk durften ihren Job nicht beeinträchtigen. „Okay, ihr habt recht. Dann mache ich das so.“

„Außerdem solltest du den hier anziehen.“ Jenna zog einen Diamantring von ihrer rechten Hand. „Von nun an bist du verlobt.“

„Ich bin was?“

„Hast schon richtig gehört, du bist verlobt und heiratest bald. Ist nur eine kleine Absicherung für deine Zusammenarbeit mit Risk.“

„Das kann ich nicht machen. Das ist der Ring deiner Großmutter.“

„Es ist für einen guten Zweck. Ich weiß, dass du gut darauf aufpassen wirst.“

„Um Himmels willen, Jenna. Ich kann sicher mit dem Mann auch sprechen, ohne …“

„Ups, sieht so aus, als würde er zu uns kommen“, unterbrach Jenna sie und schob den Ring auf Aprils linken Ringfinger. „Denk dran, du bist ein Profi. Und du bist verlobt“, sagte sie leise.

In Aprils Kopf drehte sich alles, doch schon stand sie Risk gegenüber, und ihre Freundinnen waren plötzlich auf der Tanzfläche verschwunden.

„N’abend“, sagte er so charmant, dass es ihr die Sprache verschlug. Plötzlich wirkte der Ring an ihrem Finger nicht mehr übertrieben. Risk hatte etwas verdammt Attraktives an sich. Diesen Ring zu tragen, könnte sich noch als Segen erweisen. „Können wir kurz reden?“, fragte er.

„Ich, ähm, sicher. Hier?“

Die Musik der Live-Band dröhnte laut in ihren Ohren.

Er schüttelte den Kopf. „Hier drinnen ist es zu laut. Kommst du mit nach draußen?“

Sie musste hören, was er zu sagen hatte, und ein bisschen Privatsphäre war bei einem geschäftlichen Gespräch sicher nicht schlecht. „Ich, ähm, klar.“

Sobald sie einen Fuß nach draußen trat, zitterte sie.

„Verdammt, es ist kalt hier draußen“, bemerkte er.

Sie konnte nicht widersprechen, denn sie hatte ihre Jacke in der Bar gelassen.

„Lass uns zu meinem Auto gehen – da ist es wärmer.“

Sie zögerte. Doch ein Windstoß wirbelte durch ihre Locken und ließ sie bis ins Mark frösteln. Meine Güte, das war doch dumm von ihr, nicht mit Risk allein sein zu wollen! Sie brauchte diesen Deal, davon sollte sie auch kein unorthodoxes Treffen im Auto des Kunden abschrecken.

„Mein Auto steht da drüben.“ Risk nahm ihren Arm und führte sie zu seinem SUV. Er hielt ihr die Tür auf, und sie ließ sich auf dem Beifahrersitz nieder. „Hier, zieh die an“, sagte er und gab ihr eine Schaffelljacke, die auf dem Fahrersitz gelegen hatte.

Sofort wurde ihr wärmer. Die Jacke war kuschelig und so lang, dass sie auch ihre Beine teilweise bedeckte. „Dankeschön.“

Er schloss ihre Tür und stieg dann auf der Fahrerseite ein.

Und April saß, eingemummelt in seine Jacke, ganz nah bei Risk Boone. Sein männlicher Geruch schwebte ihr entgegen, und seine Anwesenheit füllte den engen Raum im Wagen vollkommen aus.

„Du siehst heute Abend sehr hübsch aus, April“, platzte es aus Risk heraus, als er sich zu ihr umdrehte.

„Vielen Dank.“

„Ich hatte nicht damit gerechnet, dich heute Abend zu treffen.“

„Ich auch nicht. Aber du hast mir einen Rückruf versprochen, den ich nie erhalten habe. Was ist passiert? Hattest du mich nicht mehr auf dem Schirm?“

Ganz im Gegenteil. Nachdem er April letzte Woche gesehen hatte, hatte er viel über sie nachgedacht.

Er hatte sie in der Highschool nicht so gut gekannt, aber als er sie beim Rodeo in Houston gesehen hatte, war sie das eine vertraute Gesicht in der Menge, der eine Mensch von Zuhause gewesen, zu dem er eine Verbindung spürte, nachdem sein Leben in tausend Stücke zersprungen war. Und dass er sie abends in der Hotelbar getroffen hatte, war für ihn reines Glück gewesen. Sie hatten stundenlang geredet – und später in seinem Hotelzimmer hatten sie eine verdammt heiße Nacht verbracht.

„Glaub mir, ich hatte dich auf dem Schirm.“

Bei diesem Satz schoss ihr Kopf nach oben. Fragend sah sie ihn an, doch er konnte ihr keine Antwort geben. „Es tut mir leid, dass ich deine Nachrichten ignoriert habe, aber ich hatte keine Zeit, die Unterlagen über die Lodge zu lesen. Ich musste unerwartet die Stadt verlassen. Die Mutter einer Freundin war schwer krank und wollte mich sehen. Das konnte ich nicht ablehnen. Sie war eine wundervolle, sanfte Frau, die mir sehr am Herzen lag.“

„War? Ist sie gestorben?“

Er nickte. „Ja, ich bin noch bis zur Beerdigung in Atlanta geblieben.“

April sah ihn mitfühlend an. „Das tut mir leid.“

Er behielt es für sich, dass es Shannon Wilkes Mutter gewesen war, die gestorben war. Shannon hatte ihn monatelang mit Nachrichten bombardiert, weil ihr Leben ein heilloses Durcheinander war, ihre Karriere brachlag und ihre Mutter krank geworden war.

Mit Shannon hatte Risk jedoch schon vor einiger Zeit abgeschlossen. Obwohl die Narben immer noch da waren, wusste er, dass sie nicht die richtige Frau für ihn war. Doch es hatte ihm leidgetan, dass Shannon ihre Mutter verloren hatte. In den zwei Jahren, in denen er mit Shannon zusammen gewesen war, war Mary für ihn wie eine Mutter gewesen, und sie waren immer gut miteinander ausgekommen. „Ja, es war hart.“

April nickte verständnisvoll.

Nachdem er nach der Nacht in Houston wie ein Feigling abgehauen war, könnte er April keinen Vorwurf machen, wenn sie sich weigern würde, mit ihm zusammenzuarbeiten. Der Verkauf der Lodge war ihr wichtig, und er schuldete ihr zumindest eine Chance. „Hast du übermorgen schon was vor?“, fragte er deshalb.

Sie sah ihn skeptisch an. „Warum?“

„Vielleicht können wir zur Lodge fahren und sie uns ansehen. Ich werde die Unterlagen morgen lesen. Dann kann ich mir ein Bild machen, ob es realisierbar ist.“

Aprils Augen leuchteten auf. „Ja, ich zeige dir gerne die Lodge. Ich plane dich dann für Samstag ein.“

„Okay, gut. Aber jetzt habe ich dich lange genug von deinen Freundinnen ferngehalten. Lass mich dich zurück in die Bar begleiten.“

„Nein, das ist nicht nötig.“ Sie gab ihm seine Jacke zurück. „Trotzdem danke, aber es ist nur ein kurzer Weg. Bis Samstag.“

2. KAPITEL

Risk konnte nicht aufhören, an April zu denken. Sie war einfach wunderschön.

Und verlobt, denn der Ring an ihrem Finger war ihm nicht entgangen.

Er erinnerte sich noch gut an das mollige Mädchen, das sie früher gewesen war, doch als er sie in Houston nach dem Rodeo wieder getroffen hatte, hatten ihr kurviger Körper und ihre hübschen blauen Augen ihn direkt angezogen.

„Risk, du bist heute Morgen ganz in Gedanken versunken.“ Tante Lottie schenkte ihm eine Tasse Kaffee ein. Seitdem seine Tante auf die Rising Springs Ranch zurückgekehrt war, hatte sie sich um ihn und seine beiden Brüder Mason und Lucas gekümmert. Nach dem Tod ihrer Eltern hatte Tante Lottie eine wichtige Rolle in der Familie eingenommen und war mittlerweile für ihn und seine Brüder wie eine Mutter. „Irgendwas ist los. Deine Tante kennt dich doch.“

„Nichts ist los. Ich bin nur über etwas verwirrt.“

Über April. Er hatte sich neulich in der Bar von ihr angezogen gefühlt, genauso wie damals in Houston. Und genau deshalb hatte er sie vorher auch nicht wieder aufgesucht. Es war egoistisch von ihm gewesen, aber er war damals nicht in der Verfassung gewesen, sich mit einer Frau zu beschäftigen, die keine Frau für einen One-Night-Stand war. Sie war klug und aufrichtig und mitfühlend gewesen. Und er war wie ein Feigling abgehauen. Nicht seine glorreichste Tat.

„Möchtest du mir ihren Namen sagen?“, fragte Tante Lottie.

„Ha, guter Versuch, Tante Lottie. Aber es gibt nichts zu berichten.“ Er zwinkerte ihr zu und schenkte ihr sein breitestes Lächeln.

„Ich packe dir einen Korb mit Muffins und ein paar anderen Sachen für deine Tour.“

„Danke dir. Bis zur Canyon Lake Lodge ist es eine lange Fahrt.“

Kurze Zeit später, nachdem er sein Frühstück beendet hatte, hörte er das Klingeln an der Haustür und die Fußschritte der Haushälterin, die die Tür öffnete. Er stand auf, nahm den Korb, den Tante Lottie ihm zurechtgemacht hatte, und ging aus der Küche ins Wohnzimmer, wo April Adams mit einer braunen Aktentasche auf ihn wartete. Ihre lockigen blonden Haare kringelten sich um ihre Schultern, und selbst der dicke Wintermantel, den sie über einer Hose und einem Pullover trug, konnte ihren kurvigen Körper nicht verbergen.

„Morgen, April. Bin sofort fertig.“

Er griff nach seiner Schaffelljacke, die er neulich Abend April geliehen hatte, und führte sie zur Garage, wo er ihr die Beifahrertür seines großen SUVs öffnete. Nachdem sie in den Wagen gestiegen war, reichte er ihr den Korb.

„Was ist das?“

„Meine Tante Lottie hat uns ein Essenspaket für unterwegs gemacht.“

„Das ist sehr lieb von ihr.“

Risk ließ den Motor an und fuhr los. Der Himmel war grau, und leichter Nieselregen tröpfelte auf sie herab. Mit etwas Glück würden sie dem Regen davonfahren und ein paar Kilometer weiter besseres Wetter haben.

Der Regen fiel nun unaufhörlich. War ja klar, dass das Wetter mies sein musste, denn nun hatte April es noch schwerer, Risk die Lodge in einem guten Licht zu präsentieren. Aber sie wollte nicht mehr umkehren. Sie war sich sicher, dass Risk nicht noch einmal mit ihr zur Canyon Lake Lodge fahren würde.

Sie starrte aus dem Fenster und überlegte, wie sie Risk die Immobilie schmackhaft machen konnte. Die Lodge war seit fünf Monaten bei ihrer Agentur gelistet, und April hatte nur noch einen Monat, um sie zu verkaufen, dann lief ihr Vertrag aus. Die Boones waren die einzigen ernsthaften Interessenten. Irgendwie musste sie das schaffen. Risk war von den Fotos der Lodge nicht sonderlich beeindruckt gewesen, und ihre gemeinsame Vorgeschichte machte eine Zusammenarbeit auch nicht leichter.

„Ist dir kalt?“, fragte er.

„Ein bisschen.“

Er stellte die Heizung an, und schon bald spürte sie wohlige Wärme.

„Besser?“

Sie nickte. „Ja, danke.“

Schweigend fuhren sie noch ein paar Kilometer weiter, dann deutete Risk auf den Korb. „Hast du Lust auf einen von Tante Lotties Muffins?“

„Ja, gerne.“ Sie nahm den Korb auf ihren Schoß und klappte den Deckel zurück. „Oh, wow. Deine Tante Lottie hat uns einen richtig tollen Essenskorb gepackt.“

„Was ist denn alles drin?“

„Acht Muffins, eine Thermoskanne mit Kaffee, Proteinriegel und zwei Äpfel.“

„Sie denkt immer noch, wir wären zwölf.“

„Ist aber doch süß, dass sie sich so sehr um dich kümmert.“

April nahm einen Muffin, machte das Papier ab und gab ihn Risk. Zwar war das irgendwie eine intime Geste, aber so war es einfacher für ihn, den Muffin zu essen. „Bitteschön.“

„Danke.“ Ein paar Bissen später war der Muffin weg.

„Möchtest du noch einen?“

Er nickte. „Einer geht noch. Du solltest aber auch einen essen.“

„Ja, mache ich.“ April nahm einen Bissen von ihrem Muffin. Warm und frisch, mit ganz vielen Cranberrys, hatte der Muffin genau die richtige Mischung aus süß und sauer. „Wirklich sehr lecker.“

„Ist ein altes Familienrezept. Der Kaffee riecht verführerisch.“

„Möchtest du einen Schluck?“

Es regnete jetzt noch stärker, und April hoffte, dass Risk nicht vorschlagen würde, umzukehren.

„Du zuerst“, sagte er. „Der Kaffee wird dich innerlich aufwärmen.“

„Okay. Danke.“

Also schraubte sie die Thermoskanne auf und goss Kaffee in die Tasse. Nachdem sie einen Schluck genommen hatte, reichte sie die Tasse an Risk weiter, wobei sich ihre Finger leicht berührten. „H-hier, bitte.“ Dieser Körperkontakt machte sie nervös. Sie sollte sich beruhigen.

Risk warf einen Blick auf ihre linke Hand. „Wann ist die Hochzeit?“

Ups. Auf solche Fragen war sie nicht vorbereitet. Der Ring hatte ihn doch nur auf Abstand halten sollen. „Äh, wir haben das Datum noch nicht festgelegt.“

„Nein?“

„Nein. So eine Hochzeit muss ja gut geplant werden, und mein Verlobter und ich sind sehr beschäftigt.“

„Hat er auch einen Namen?“

„Jeder hat einen Namen“, sagte sie ausweichend.

Risk kratzte sich am Kinn. „Also, du bist nicht bereit, mir seinen Namen zu sagen? Ist er irgendwie …“

„Er ist unglaublich, okay? Ich habe ihn getroffen, als ich in Willow County lebte. Wir sind sehr glücklich.“

„Bob? Bill? Toby? Oder eher so was wie Hector oder Bubba?“

Bubba? Bei dieser Vorstellung konnte sie ein Lachen nicht unterdrücken. „Risk, was soll das?“

„Ich unterhalte mich nur mit dir. Zur Lodge brauchen wir schließlich eine ganze Weile, vor allem, weil wir wegen des Wetters nicht gut vorankommen.“

„Okay, wenn du so gerne reden möchtest, warum erzählst du mir dann nicht etwas über dein Liebesleben?“

Er grummelte. „Oder mein nicht vorhandenes Liebesleben.“

Das brachte sie dazu, fragend eine Augenbraue zu heben. „Kann ich mir kaum vorstellen.“

„Ist aber so. Nach der Sache mit Shannon bin ich übervorsichtig geworden. Ich glaube nicht, dass ich mich noch einmal fest binden werde.“

„Willst du damit sagen, dass du den Frauen abgeschworen hast?“

Nun sah er zu ihr hinüber, und ihre Blicke trafen sich für einen Moment. „Und wer stellt jetzt neugierige Fragen?“

„Okay, hast recht. Vergiss es einfach.“ Es war nicht fair, Risk solche intimen Fragen zu stellen, da sie ihm noch nicht einmal verraten hatte, seit wann sie „verlobt“ war.

Eine Weile wurde es still im Auto. Dann sagte er: „Also, es ist so, ich habe seit drei Monaten kein Date mehr gehabt. Vielleicht auch länger, hab’s nicht im Kopf.“

„Verstehe. Du bist wahrscheinlich genauso sehr in deiner Arbeit eingespannt, wie ich.“

Risk schüttelte seinen Kopf leicht, fast unauffällig. „Ich versuche, mich in den Job einzuarbeiten. Aber …“

„Was?“ Sie sah ihn fragend an.

„Ach, nichts.“

Sie sagte nichts weiter dazu, denn jeder, der Augen im Kopf hatte, konnte erkennen, dass Risk kein Business-Tycoon wie seine Brüder war. Wenn er das wäre, wäre er kein Rodeo-Reiter geworden.

„Was denkst du über die Lodge?“, fragte sie, um das Gespräch wieder aufs Geschäft zu lenken. Alles, woran sie jetzt denken sollte, war Risk davon zu überzeugen, dass die Lodge eine gute Investition war.

Nachdem sie ungefähr die halbe Strecke hinter sich gebracht hatten, meinte Risk: „Der Sturm lässt nicht wirklich nach. Möchtest du lieber umkehren?“

„Nein“, antwortete April bestimmt. „Ich glaube nicht, dass das nötig ist.“

„Alles klar.“ Risk wollte auch nicht zurückfahren. Er hatte kein Problem damit, bei Regen zu fahren und genoss irgendwie das Abenteuer mit ihr.

Genau in diesem Moment fuhr er in ein riesiges Schlagloch, und der SUV machte einen Satz. Schlamm spritzte an beiden Seiten empor.

Erschrocken hielt April sich am Haltegriff fest.

„Alles okay bei dir?“

Sie antwortete mit einem unsicheren Nicken.

Er griff nach ihrer Hand und drückte sie leicht. „Nichts passiert. Mit dem SUV sollten wir problemlos überall durchkommen.“

Sie zog ihre Hand zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.

Da ihm nichts einfiel, was er noch hätte sagen können, hielt er lieber den Mund. Und er sollte besser auch ganz schnell diese innige Verbindung vergessen, die er zwischen ihnen gespürt hatte, als er vor ein paar Sekunden ihre Hand ergriffen hatte. Sie war hübsch und intelligent, und sie zu berühren, hatte seinen Puls gehörig beschleunigt. Für einen Mann, der schon länger keinen Sex mehr gehabt hatte, war dies ein gefährliches Spiel.

Und den Verlobungsring an ihrem Finger hatte er nicht vergessen. Oh, nein.

Der Regen prasselte gegen die Windschutzscheibe, und er musste sich angestrengt darauf konzentrieren, durch den Sturm zu fahren. Obwohl die Scheibenwischer unaufhörlich arbeiteten, sah er kaum, was vor ihm lag. „Wir müssten bald da sein“, beruhigte er April und bog rechts auf eine von Bäumen gesäumte Straße ab. Aprils Gesicht entspannte sich erleichtert.

Eine Minute später tauchte auf der Straße vor ihm plötzlich ein meterbreiter Riss auf. „Heilige Scheiße!“ Sofort riss er das Lenkrad herum und bremste, schaffte es aber nicht, das Auto rechtzeitig zum Stand zu bringen. Der vordere Teil des SUVs krachte in den mit Schlamm gefüllten Graben. Instinktiv griff er nach April, um sie davor zu bewahren, in die Windschutzscheibe geschleudert zu werden.

„Geht es dir gut?“, fragte er.

„Ich glaube schon.“ Sie war ganz blass geworden. „Was zur Hölle ist das?“

„Offenbar hat der Regen einen Teil der Straße weggeschwemmt. Ich kann es nicht genau sehen, aber ich glaube, wir hängen halb in diesem Graben.“

„Stecken wir fest?“

„Ich fürchte, ja. Mein Navi sagt, dass die Lodge nur noch eine Meile entfernt ist.“

„Meinst du, dass wir irgendwie aus dem Graben kommen können?“

„Nein. Aber wir können auch nicht im Auto bleiben, denn wahrscheinlich wird sich der Riss noch vergrößern und den Wagen weiter hineinziehen. Bitte pack deine Sachen zusammen, April.“

Er musste sie in Sicherheit bringen. Also mussten sie zur Lodge laufen, bevor der Sturm noch schlimmer wurde. „Wir müssen wohl laufen. Ich steige zuerst aus und helfe dir dann. Und wenn wir sicher in der Lodge sind, rufen wir den Notdienst.“

Schnell sammelte er seine Sachen ein und warf sie in einen alten Seesack, der auf dem Rücksitz lag. Als er seine Tür leicht öffnete, riss ein heftiger Windstoß sie sofort auf. Er sprang heraus und landete in tiefem Schlamm, warf die Tasche über seine Schulter, ging um das hintere Ende des Geländewagens und öffnete die Tür für April. „Hast du alles, was du brauchst?“

Sie nickte.

Risk legte seine Hände fest um ihre Taille, hob sie aus dem Auto und ging mit ihr aus dem Graben, bevor er sie absetzte. „Können wir?“

„Ja.“

„Okay, dann lass uns sehen, dass wir schnell hier wegkommen.“ Er nahm ihre Hand, und gemeinsam stapften sie über die überflutete Straße in Richtung der Lodge.

Noch nie in ihrem Leben war April so klatschnass gewesen. Sie war außer Atem, weil sie die Meile zur Lodge gerannt waren, aber sie war gut genug in Form, um mit Risk Schritt zu halten, der ihre Hand fest umklammert hielt. Sie mussten über Schlaglöcher springen und schwimmenden Trümmern ausweichen; und als schließlich die Lodge in ihr Blickfeld kam, war sie unendlich erleichtert.

Schnell liefen sie die breiten Treppen zu der überdachten Veranda herauf. Endlich waren sie nicht mehr im Regen.

Vor der großen Eingangstür fragte Risk: „Hast du den Schlüssel?“

Zitternd vor Kälte öffnete sie ihre Aktentasche, die sie so trocken wie möglich gehalten hatte, und reichte Risk den Schlüssel. „H-hier bitte.“

Er öffnete die Tür und ließ sie dann vorgehen. Da sie schon zweimal hier gewesen war, kannte sie sich ein bisschen aus. Risk folgte ihr, eine tröstliche Präsenz nach der Tortur, die sie gerade durchgemacht hatten. Für einen kurzen Moment, als das Auto in den Graben gekracht war, hatte sie um ihr Leben gefürchtet. Aber Risk war bei ihr gewesen und hatte dafür gesorgt, dass sie sich bald wieder sicher fühlte.

„Warte hier, ich sehe mal nach, ob wir Strom haben.“

„Sollten wir, denn Mr. Hall lässt den Strom eingeschaltet, damit sich die Interessenten das Haus erleuchtet ansehen können.“

Risk nickte und ging los, während sie, immer noch vor Kälte zitternd, in der Eingangshalle stehen blieb. Sie sah sich in dem Raum um, der von einem raumhohen Kamin dominiert wurde, um den mehrere Sitzgelegenheiten platziert waren. Obwohl der Raum kalt war, bot er immerhin Schutz vor dem draußen tobenden Sturm.

„Sieht so aus, als hätte der Sturm die Stromversorgung unterbrochen“, sagte Risk, als er zurückkam. „Aber hier liegt Feuerholz, das wir anzünden können, um uns warmzuhalten, bis der Sturm aufhört.“

„Das ist eine gute Idee.“

Während er das Feuerholz im Kamin stapelte, zog sie ihren nassen Mantel aus und suchte in ihrer durchnässten Handtasche nach ihrem Handy. Kein Empfang. Wahrscheinlich war es bei Risk nicht anders. Auf einem der Tische entdeckte sie eine Zeitung, rollte sie zusammen und reichte sie Risk „Die kannst du zum Anzünden benutzen.“

„Ja, danke, das müsste gehen.“

„Hast du geprüft, ob du Empfang hast?“

„Direkt, als wir reingekommen sind. Habe keinen. Und du?“ Er hielt ein Feuerzeug an die Zeitung und legte sie unter das Holz.

„Leider nicht.“

Das Holz hatte nun Feuer gefangen. Sofort strahlte der Kamin eine beruhigende Wärme aus. April ging näher an die wohltuenden Flammen heran.

Risk drehte sich zu ihr herum. „Wir sollten unsere nassen Klamotten ausziehen und trocknen.“

Sie blinzelte erstaunt. „Wie stellst du dir das denn vor?“

„Na, einfach ausziehen.“

„Das meinte ich nicht. Ich habe keine Wechselkleidung dabei.“

„Ich auch nicht. Aber es muss Handtücher oder Bettwäsche oder irgendetwas geben, in das wir uns einwickeln können, bis unsere Klamotten wieder trocken sind.“ Er sah sie von oben bis unten an. „Es sei denn, du willst dir eine Lungenentzündung holen.“

Das wollte sie natürlich nicht, aber schon gar nicht wollte sie sich vor ihm ausziehen. Risk bemerkte ihre Verwirrung und schüttelte den Kopf.

„April, du musst dir keine Sorgen wegen mir machen. Dieser Ring an deinem Finger kommt aufs selbe raus wie ein Keuschheitsgürtel. Aber wir werden uns in diesen nassen Klamotten erkälten. Sie zu trocknen, sollte nicht mehr als eine Stunde dauern.“

Sie starrte auf die orange leuchtenden Flammen. Risk hatte recht. Und diese Bemerkung, die er über ihren Verlobungsring gemacht hatte, beruhigte sie. Denn sie war sich sicher, dass er das ernst meinte. „Okay. Mal sehen, ob wir etwas finden, in das wir uns einwickeln können. Hier im Erdgeschoss befinden sich das Hauptschlafzimmer und ein paar andere Räume. Da sollten wir was finden.“

„Klingt gut.“ Risk ging zu dem Tisch, auf den er seinen Seesack gelegt hatte, und nahm eine Taschenlampe heraus. „Die sollten wir nur anmachen, wenn es unbedingt sein muss. Heute Nacht werden wir sie wahrscheinlich noch brauchen.“

„Heute Nacht?“

Risk drehte sich zu ihr und blickte sie an. „Der Sturm nimmt immer mehr zu, und wir stecken hier fest. Ich glaube nicht, dass wir hier heute noch wegkommen.“

Plötzlich ließ sie ein lautes Donnergrollen zusammenzucken. Auf einmal wurde ihr klar, dass sie hier feststeckten. „Glaubst du, dass uns jemand suchen wird?“

Risk zuckte mit den Achseln. „Weiß nicht. Die Leute in der Gegend wissen, dass dieses Haus leer steht. Hier lebt ja seit Jahren niemand mehr, oder?“

Sie nickte.

„Und da es in Strömen regnet und das Auto feststeckt …“

„Was ist mit deiner Familie? Denkst du nicht, dass sie dich vermissen werden?“

Risk lächelte und zeigte dabei diese bezaubernden Grübchen. „Sie wissen, dass ich schlau genug bin, dem Sturm aus dem Weg zu gehen. Und es wäre nicht das erste Mal, dass ich nachts nicht nach Hause komme.“

April biss sich auf die Unterlippe. „Aha“

Also blieb nur noch Clovie. Sie war die einzige, der April von dieser Besichtigung erzählt hatte. Aber sie würde erst am Montagnachmittag wieder im Büro sein.

April war selbst schuld an dieser misslichen Lage. Sie hätte den Termin verschieben sollen, als das Wetter so schlecht wurde, zumindest hätte sie Risk bitten sollen umzukehren, als der Sturm schlimmer wurde. Jetzt musste sie hier die Nacht verbringen … mit ihm. Und bald würden sie beide nackt sein.

„Mach dir keine Sorgen. Wir werden es schaffen. Immerhin haben wir etwas zu essen, dank Tante Lottie.“

„Du hast den Korb mitgenommen?“

„Ja.“ Er zeigte auf seine Tasche. „Lass uns jetzt mal ein paar Decken suchen.“

Sie folgte Risk durch den Flur zu einer großen Doppeltür. „Das ist das Hauptschlafzimmer.“

Schon standen sie in dem Schlafzimmer, in das gerade genug Licht fiel, um darin ein Kingsize-Bett mit dicken Decken zu erkennen. Sie durchstöberten eine Kommode, in der sie wahre Schätze fanden. Zusätzliche Decken, Laken und Kerzen.

Risk schnappte sich zwei der Decken und ein großes Laken. „Das sollte vorerst reichen. Möchtest du dich hier ausziehen? Ich gehe dann in die Halle.“ Er reichte ihr eine Decke, ohne wirklich auf eine Antwort zu warten, und verließ den Raum.

Eilig zog sie sich die nasse Kleidung aus. Schamgefühle waren jetzt fehl am Platz. Allein der Gedanke daran, nachher wieder trockene, warme Kleidung anziehen zu können, einschließlich trockener Unterwäsche, ließ ihr Herz singen.

Sie wickelte sich fest in die große Decke ein, sammelte ihre Kleidungsstücke ein und ging zurück. Risk saß, in seine Decke gewickelt, vor dem Kamin, wo er das Laken so ausgelegt hatte, dass sie sich zwischen die beiden Sofas direkt vor das Feuer setzen konnten. Auf einer Seite des Kamins hatte er seine Kleidung zum Trocknen ausgelegt. Also tat sie es ihm gleich und legte ihre Sachen auf die andere Seite.

Sie nahm vor dem Feuer Platz und ließ die wohltuende Wärme ihre Wirkung tun. „Ah, das tut gut.“

Risk sah zu ihr und lächelte. „Ich muss zugeben, dass dies eine Premiere für mich ist.“

„Ich traue mich gar nicht zu fragen, wovon du redest.“

„Nackt vor einem Feuer mit einer schönen Frau zu sitzen und nicht …“

„Sprich es nicht aus, Risk.“ Sie schüttelte den Kopf.

„Und nichts anderes im Angebot zu haben als Muffins und Proteinriegel.“

Das war garantiert nicht das, was er eigentlich hatte sagen wollen, aber sie lächelte trotzdem. „Ein Proteinriegel klingt tatsächlich ziemlich verführerisch.“

„Dann hole ich sie mal.“

Als er aufstand, rutschte die Decke von seiner Schulter und gewährte einen Blick auf seine breite Brust und seine sehnigen Muskeln. Das Licht des Feuers tauchte sein Gesicht und seinen Oberkörper in warme Farben. Scharf sog sie die Luft ein. Wieso musste dieser Kerl nur so verdammt gut aussehen?

Aber sie hatte ihre Lektion in Bezug auf ihn gelernt. Er konnte noch so gut aussehen, nie würde sie vergessen, wie er sie behandelt hatte. Er hatte noch nicht einmal den Anstand besessen, ihr zu sagen, dass er nicht bereit für eine Beziehung war. Und dass er einfach abgehauen war, hatte sie sehr verletzt.

Als sie sechs Jahre alt gewesen war, hatte ihr Vater sie und ihre Mutter verlassen. Ab diesem Zeitpunkt hatte sie ihren Kummer mit zu viel Essen bewältigt. Obwohl ihr durchaus bewusst war, dass Risks Verhalten damit überhaupt nichts zu tun hatte, hatte sie sich wieder wie das dicke kleine Mädchen gefühlt, das von seinem Vater verlassen worden war, das mollige Mädchen, das für die meisten unsichtbar gewesen war.

Doch heute benahm Risk sich absolut vorbildlich und gab ihr das Gefühl, dass sie bei ihm sicher war – so sicher, wie sich eine Frau nur fühlen konnte, die nackt in eine Decke eingewickelt war und mit einem ebenso spärlich bedeckten Mann vor einem Feuer saß.

Schon kam Risk wieder und stellte den Korb mit dem Essen ab. „Ein Proteinriegel für die Dame.“ Er warf ihn ihr zu, und als sie den Arm reckte, um den Riegel zu fangen, rutschte ihre Decke nach unten, sodass ihre Schultern und ein guter Teil ihres Ausschnitts entblößt wurden.

Oh, Mann.

Risk hob die Brauen. Natürlich hatte er das gesehen.

Tief seufzend lehnte er sich gegen eines der Sofas und biss in seinen Proteinriegel. Kauend betrachtete er eine Weile stumm das Feuer. Dann sagte er: „Wie wär’s, wenn du mir jetzt mal etwas von deinem Verlobten erzählst?“

3. KAPITEL

April schnappte nach Luft. Was sollte das denn jetzt? Hatte er nicht eben noch gesagt, dass ihr Verlobungsring wie ein Keuschheitsgürtel wirkte? Genügte ein Blick auf ihre nackte Schulter, um seine Meinung zu ändern? Nicht mit ihr. „Ich habe eine bessere Idee. Warum erzählst du mir nicht etwas über Shannon Wilkes?“

Risk hörte auf zu kauen und drehte sich zu ihr um. „Warum?“

„Na ja, mein Liebesleben scheint dich ja brennend zu interessieren, aber was ist mit deinem?“

„Ich rede normalerweise nicht darüber.“

„Ach, nein.“

Ihr sarkastischer Ton war ihm offensichtlich nicht entgangen. „Mein Liebesleben ist in der gesamten Boulevardpresse ausgebreitet worden. Von so gut wie jeder Zeitschrift hat mich Shannon mit ihrem neuen Typen angelächelt.“

„Aber das ist nicht deine Version der Geschichte.“

„Die will auch niemand hören.“

„Ich schon.“

Er schüttelte den Kopf und starrte wieder in die Flammen. „Warum sollte ich darüber reden?“

„Um mir dabei zu helfen zu verstehen, was in dieser Nacht passiert ist.“

„Ich hab’s einfach versaut. Es war einfach der falsche Zeitpunkt und der falsche Ort.“

„Das sagtest du bereits. Was ist zwischen dir und Shannon passiert?“

Risk schwieg. Er aß seinen Proteinriegel auf und wandte sein Gesicht den Flammen zu. Auch sie starrte in das flackernde Feuer. Es war friedlich und ruhig, dort zusammenzusitzen, die Wärme in sich aufzunehmen und sich etwas zu entspannen.

„Es gibt nicht viel zu erzählen“, sagte Risk schließlich leise. „Sie hat mich fallen lassen, und das war nicht schön.“

Überrascht, dass er doch noch etwas gesagt hatte, schürzte April ihre Lippen und hörte zu.

„Ich habe Shannon bei einem Wohltätigkeitsbankett getroffen. Sie wusste, wie man die Menschen um den Finger wickelt und hat es anscheinend auch bei mir geschafft. Ich war ihr regelrecht verfallen, war auf dem Höhepunkt meiner Karriere, gewann Rodeo für Rodeo, und wir waren wie eine Art Traumpaar. Shannon genoss die Publicity. Aber für mich zählte nur die Herausforderung des Rodeos, dort wollte ich der Beste sein. Wenn wir irgendwo zusammen unterwegs waren, tauchte plötzlich ein Rudel Reporter auf, die Fotos machten und neugierige Fragen stellten. Und dann fand ich heraus, dass Shannons PR-Manager das alles arrangiert hatte.“

„Das war nicht das Leben, das du dir erträumt hattest, oder?“, fragte April.

„Ich bin ein Boone – eine Stadt wurde nach meiner Familie benannt –, aber ich habe das nie zur Schau gestellt oder den Leuten unter die Nase gerieben. Ich habe nie eine große Sache daraus gemacht. Ob du’s glaubst oder nicht, ich mag es nicht, in der Öffentlichkeit zu stehen. Aber wir haben uns geliebt. Wir waren zwei Jahre zusammen, und ich war bereit, den nächsten Schritt zu gehen.“

Sie flüsterte: „zu heiraten.“

„Ja“, gab er zu. „Aber dann war meine Karriere plötzlich am Ende, als ich stürzte und mir die Schulter verletzte. Dass ich nicht mehr das tun konnte, was ich liebte, hat mich zur Verzweiflung getrieben. Aber noch schlimmer war, dass Shannon mich unmittelbar danach verlassen hat. Und als ob ich nie existiert hätte, war sie kurze Zeit später mit Todd Alden zusammen, dem NFL-Quarterback, und ihre Fotos tauchten in allen Magazinen auf.“

„Das ist echt mies“, meinte April.

„So habe ich herausgefunden, dass Shannon mich nur benutzt hat, um ihre Bekanntheit zu steigern.“

„Das muss ziemlich wehgetan haben.“

Sein Stolz ließ es nicht zu, dass er das zugab, aber für einen Moment sah sie den Schmerz in seinen Augen.

„Ich bin über sie hinweg. Shannon war nicht die Richtige für mich. Unsere Leben sind zu verschieden, und ich habe das hinter mir gelassen. Aber ich werde es niemals wieder zulassen, dass mich jemand zum Narren hält. Weißt du, an diesem Tag in Houston wollte ich überhaupt nicht mehr als Gast an diesem Rodeo teilnehmen. Aber dann sah ich dich – und du hast mich angelächelt, und ich habe mich direkt zehnmal besser gefühlt. Du hast mich an Zuhause erinnert, und genau das habe ich in diesem Moment gebraucht.“

„Wenn nicht ich, wäre es irgendeine andere Frau gewesen.“

„Nein“, behauptete er felsenfest. „Ich hatte nicht damit gerechnet, in dieser Nacht mein Bett mit einer Frau zu teilen, aber du warst so warm und lebendig und hast mich zum Lachen gebracht und mir dabei geholfen, einen Moment lang die Dinge zu vergessen, die mich verfolgten.“

„Ich war also eine Ablenkung.“

Er seufzte und wandte sich ab, warf einen Blick aus dem regennassen Fenster. „Möchtest du wissen, was ich wirklich gedacht habe?“

Er machte eine Pause, und Aprils Herz schlug schneller. War sie bereit das zu hören? „Ja, bitte.“

„Ich dachte, dass du süß und voller Hingabe bist. Eine Frau, die nicht hungert, um spindeldürr zu sein. Ich habe deine Kurven und dein Selbstvertrauen und deine Leidenschaft geliebt. Es war erfrischend und …“

„Und was?“

„Verdammt heiß, April.“ Er warf erneut einen Blick auf ihren Verlobungsring. „Aber am Morgen hatte ich Bedenken. Nicht wegen dir, sondern wegen mir. Ich war damals zu keiner Beziehung bereit. Das war dir gegenüber nicht fair, das weiß ich, aber ich konnte mich so schnell, nachdem ich verlassen worden war, nicht wieder binden. Das hätte ich dir sagen sollen, bevor ich dich mit in mein Hotelzimmer genommen habe. Ich hätte ehrlich sein sollen. Ich wusste, dass du die Art von Frau bist, die viel mehr verdient. Also bin ich abgehauen und habe mir geschworen, dich anzurufen und es wiedergutzumachen.“

„Das hast du aber nie gemacht.“

„Nein. Ich hätte es tun sollen, aber ich habe es nicht getan. Es tut mir leid. Jetzt kennst du meine Geschichte mit Shannon Wilkes. Mehr gibt’s nicht zu erzählen.“

Okay. Das erklärte zwar seine Beziehung zu dem Filmstar, aber April konnte ihm trotzdem nicht verzeihen, dass er sie nach einer unglaublichen Nacht voller atemberaubendem Sex ohne ein Wort verlassen hatte. Ja, er hatte sich entschuldigt, aber April war nicht bereit, ihm einfach so zu vergeben. Er hatte sie sehr verletzt, und es hatte lange gedauert, bis sie sich davon erholt hatte und über dieses Gefühl, verlassen worden zu sein, hinweggekommen war.

„Du hättest dich bei mir melden sollen. Mir alles erklären sollen. Es ging mir nicht gut, als ich dieses Hotelzimmer verlassen habe. Du willst gar nicht wissen, was ich über dich gedacht habe.“

Risk sah zu Boden. „Oh Mann, April, das habe ich verdient. Was soll ich sagen?“

Sie zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Es ist vorbei und erledigt.“ Zumindest hatte sie ihm gesagt, wie sie sich gefühlt hatte. Das war immerhin etwas. Er würde es nicht zulassen, dass eine Frau ihn noch einmal zum Narren hielt? Hah, als ob es ihr anders ginge. Kein Mann würde sie jemals wieder zum Narren halten – und sie würde sich nie wieder verletzen lassen.

Das hatten sie und Risk Boone gemeinsam.

Eine halbe Stunde später bemerkte April: „Unsere Kleidung ist trocken. Sollen wir uns anziehen und dann mal ein wenig umsehen?“

„Meinetwegen gerne. Das Feuer geht sowieso gleich aus.“

„Draußen im Holzschuppen liegt noch trockenes Holz“, erklärte sie. „Ich gehe wieder ins Schlafzimmer, um mich umzuziehen.“ Sie nahm ihre kuschelig warmen Klamotten und freute sich schon darauf, sie wieder anzuziehen. Es war merkwürdig, mit Risk allein vor einem Feuer zu sitzen und zu wissen, dass beide nackt unter ihren Decken waren.

Kurze Zeit später machte sie sich in ihrer trockenen Kleidung auf die Suche nach Risk und fand ihn, ebenfalls angezogen, wie er die Kücheneinrichtung überprüfte.

„Also, verhungern werden wir nicht“, meinte Risk. Sie mochte es, wie sein nun trockenes Haar ihm ins Gesicht fiel. Er strich es sich unbewusst zurück. Bei dieser Bewegung ertappte sie sich dabei, dass sie ihn anstarrte.

„Ähm, was?“

Risk hatte die Speisekammer geplündert. „Ich hab eine Tüte Kartoffelchips und Erdnussbutter gefunden. Und wir haben immer noch die Muffins und Äpfel aus dem Korb.“

„Na immerhin, das ist doch was.“

Risk drehte den Wasserhahn auf und ließ eine Weile das Wasser laufen. Dann spülte er die Thermoskanne aus, füllte sie mit Wasser und reichte sie ihr. „Hier, trink etwas.“

Sie trank einen großen Schluck Wasser und reichte die Thermoskanne dann an Risk zurück, der seinen Durst ebenfalls stillte. Der Gedanke daran, dass sie sich eine Thermoskanne teilten, schien nicht mehr sonderbar. Es war fast so, als wären sie auf einer Art Überlebenscamp.

April zeigte Risk die Küche, wobei deutlich wurde, dass einige Schränke renoviert werden mussten. Ein paar waren kurz davor, aus den Angeln zu fallen. Aber das war schnell zu beheben. Die Küche war zwar veraltet, aber die Grundelemente absolut in Ordnung.

„Die Küche hat Potenzial, sie ist groß und geräumig, was sehr praktisch ist, wenn man für viele Gäste kochen muss“, erklärte sie, nun wieder im Maklermodus.

Risk verschränkte die Arme vor der Brust. „Aber dieser ganze Raum müsste renoviert werden – und hier ist nicht gerade wenig zu tun.“

„Aber es wäre deine Entscheidung, wie du sie herrichtest. Du könntest sie rustikal gestalten oder topmodern.“

Risk runzelte die Stirn. „Magst du diese Lodge wirklich oder willst du sie nur in ein gutes Licht stellen, um sie zu verkaufen?“

„Beides. Ich liebe dieses Gebäude. Ich sehe, was hier alles möglich ist. Und ich bin davon überzeugt, dass die Lodge eine gute Investition für eure Firma ist, Risk. Wirklich. Möchtest du jetzt den Rest sehen?“ Sie wies zur Treppe.

„Klar, ist ja nicht so, als hätten wir sonst was zu tun.“

Ihm die Lodge während eines Sturms zu zeigen, war sicher nicht der beste Weg, um einen potenziellen Käufer von den Vorteilen der Immobilie zu überzeugen. Oben entdeckten sie, dass in drei der Räume das Dach undicht war und machten sich schnell daran, Schüsseln und Vasen zu finden, um das Wasser aufzufangen.

Zwanzig Minuten später stiegen sie die Treppe wieder hinunter. Das Feuer war zur Glut heruntergebrannt und erwärmte den Raum kaum noch. Beide froren. „Du sagtest, dass draußen ein Holzschuppen ist?“, fragte Risk.

„Ja, auf der rechten Seite des Hauses.“

„Gut. Dann hole ich das Feuerholz für heute Abend.“

„Jetzt?“

„Besser jetzt, solange noch Tageslicht ist, als später.“

April biss sich auf die Lippe. Der Sturm war heftig. Er hatte nicht nachgelassen. „Es regnet gerade wirklich stark.“

„Kein Problem. Ich bin in fünf Minuten zurück. Warum stellst du uns nicht ein Abendessen zusammen, während ich das Holz hole?“

Sie starrte ihn an und schüttelte den Kopf. „Oh sicher, wenn du zurückkommst, wird ein Fünf-Gänge-Menü auf dich warten.“

Er lächelte. „Weniger hatte ich auch nicht erwartet.“

Risk warf sich seine Schaffelljacke über und zog den Hut tief in die Stirn. Als er die Tür öffnete, blies ein Windstoß in den Raum und drückte ihn zurück. Er kämpfte gegen den Sturm an, trat nach draußen und zog die Tür hinter sich zu.

Regen prasselte auf den Boden, als er zum Schuppen rannte. Der gesamte Vorgarten war überflutet und voller Schlamm. Glücklicherweise fand er den Schuppen direkt und sah sich in dem dämmrigen Raum um. Nur noch zwei kleine Stapel Holz lagen an der Rückwand, aber das war besser als nichts. Es sollte ausreichen, um sie während der Nacht warm zu halten.

Er nahm den ersten Stapel Feuerholz, kämpfte sich zurück zum Eingang der Lodge und ließ das Holz direkt vor der Haustür fallen. Dann holte er tief Luft und machte sich auf den Weg, um das restliche Holz zu holen. Die Bäume schwankten bedrohlich in dem starken Wind, und er beeilte sich noch mehr, um in den Schuppen zu gelangen. Dort angekommen, bündelte er das letzte Holz und rannte los. Er war fast vor der Lodge, als etwas Lautes hinter ihm knallte. Gerade noch rechtzeitig drehte er sich um, um zu sehen, wie ein dicker Ast von einem Mesquite-Baum brach. Er duckte sich, war aber nicht schnell genug.

Der Ast traf ihn am Kopf und seine Knie gaben unter ihm nach, bevor alles schwarz wurde.

April strich Erdnussbutter auf die übrig gebliebenen Muffins, legte die Tüte mit den Kartoffelchips dazu und platzierte daneben zwei rote Äpfel zum Nachtisch auf dem Küchentisch. „Ist doch ein Festmahl, oder?“, murmelte sie.

Sie fühlte sich unwohl, weil ihr Handy keinen Empfang hatte und sie weder nachsehen konnte, wie das Wetter sich entwickelte, noch ihren Lieben Bescheid geben konnte, wo sie war. Aber sie wollte auch nicht, dass jemand sich durch diesen Sturm kämpfen musste, um sie zu retten. Einen so schlimmen Sturm hatte sie noch nie erlebt. Die Rollläden klapperten laut, der Wind wehte unbarmherzig, der Boden war überflutet.

Obwohl sie es sich nicht gerne eingestand, hatte sie gemerkt, dass Risk diese alte Lodge nicht gefiel. Er betrachtete sie als eine schlechte Investition, während ihrer Meinung nach nur oberflächliche Reparaturen und ein bisschen liebevolle Pflege nötig waren. Was bedeutete, dass sie diesen Tag und die Nacht zusammen überstehen mussten und ihr das überhaupt nichts einbrachte. Alles umsonst.

Sie starrte eine Weile aus dem Fenster und beobachtete den nicht enden wollenden Regen. Fünf Minuten waren vergangen. Und Risk war immer noch da draußen. Ein Stöhnen ertönte vom Eingang, ein leises Stöhnen, wahrscheinlich war es der Wind. Doch ihre Instinkte sagten etwas anderes, und sie rannte zur Haustür.

Und da stand Risk. Er konnte sich kaum aufrecht halten, schwankte, und Blut tropfte von seinem Kopf.

„Risk! Mein Gott, was ist passiert?“ Verwirrt starrte er sie an und sackte in ihre Arme. Sie hatte gerade genug Kraft, ihn aufzufangen und ins Haus zu ziehen. Kein Wort kam über seine Lippen, sodass sie befürchtete, er stünde unter Schock. In diesem Moment traf sie schnell die Entscheidung, ihn ins Hauptschlafzimmer zu bringen. Er brauchte Pflege, und dieser Raum war leichter zu heizen und hatte ein großes, bequemes Bett. „Bleib wach, Risk. Schlaf nicht ein.“

Langsam führte sie ihn den Flur hinunter zum Schlafzimmer. Er war völlig durchnässt, seine Jacke und seine Hose waren schmutzig. „Kannst du stehen, während ich dir die nassen Sachen ausziehe?“

Er nickte kaum wahrnehmbar. Sie musste sich beeilen. Zwar musste sie auf die Wunde an seinem Kopf achten, aber sie durfte ihn nicht in der nassen Kleidung hier sitzen lassen. Sie zog zuerst seine Jacke und dann sein Hemd aus. „Okay, jetzt setzen wir dich aufs Bett.“ Er schwankte, und sie packte ihn so gut sie konnte, um ihn vor dem Fallen zu bewahren, und drückte ihn dann auf das Bett. Schnell zog sie ihm die Stiefel aus, öffnete den Reißverschluss seiner Jeans und zog sie ihm über die Füße. Risk fing an zu zittern, daher wickelte sie ihn schnell in eine Decke. Sie hoffte, dass er keinen Schock erlitten hatte.

„Ich bin gleich wieder da“, flüsterte sie und rannte ins Bad, schnappte sich dort alle Handtücher und eilte zurück zu Risk. Mit zitternden Händen tupfte sie das Blut von seiner Stirn, damit sie das Ausmaß seiner Verletzung sehen konnte. Der Schnitt sah nicht tief aus, aber sie war natürlich keine Krankenschwester, also hatte sie nicht wirklich Ahnung, wie ernst es war. Sie bemerkte, dass sich unter der Verletzung schon eine große Beule bildete. Irgendetwas musste ihn sehr hart getroffen haben.

Während sie weiter tupfte, stöhnte er. Dann öffnete er langsam seine Augen. Das war sicher gut.

„Risk, kannst du mich hören?“, fragte sie bewusst laut. Er nickte und schloss seine Augen direkt wieder.

Ihr Herz raste. Sie konnte es nicht ertragen, jemanden verletzt zu sehen, schon gar nicht jemanden, der ihr etwas bedeutete.

Risk bedeutete ihr etwas?

Nein, sie hatte nur Mitleid. Er brauchte Hilfe, und sie war für ihn da.

„Mach dir keine Sorgen. Es geht dir schon bald wieder gut.“

Sie war sich sicher, dass sie ihn nicht einschlafen lassen durfte, weil er wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung hatte. Sie würde den Rest des Tages und die Nacht über auf ihn aufpassen müssen. Sie konnte das schaffen. Sie musste.

Der Raum war eisig. Sogar unter der Decke zitterte Risk. Sie musste ihn mit einem Feuer aufwärmen. Vorhin hatte sie aus dem Augenwinkel Holz auf dem Boden neben der Haustür gesehen. Also lief sie schnell dorthin und fand das Feuerholz, das Risk dort abgelegt haben musste. Sie schleppte die Scheite alle ins Schlafzimmer, suchte nach einer Zeitschrift, die sie zum Anzünden verwenden konnte und schnappte sich das Feuerzeug.

„Bist du wach?“, rief sie laut und warf die Holzscheite in den Kamin.

Seine Augen öffneten sich wieder. Gott sei Dank.

Endlich hatte sie es geschafft, das Feuer anzuzünden und stapelte einen Teil des Holzes darauf.

Dann ging sie zurück zu Risk, um seine Wunde zu untersuchen. Sie hatte aufgehört zu bluten, wofür sie unendlich dankbar war. Er sah jedoch etwas weggetreten aus, so verletzlich und verwirrt.

„Du blutest nicht mehr, aber ich muss deinen Kopf mit diesem sauberen Handtuch umwickeln, nur für den Fall, dass die Blutung wieder einsetzt. Lass es mich wissen, wenn es wehtut.“

Sie faltete das Handtuch längs zusammen und wickelte es um seinen Kopf, um die Wunde zu bedecken. „So. Wie fühlst du dich, Risk?“

„Wer bist du? Und … warum nennst du mich Risk?“

4. KAPITEL

April starrte ihn an. Eine Sekunde lang dachte sie, er würde scherzen. Aber dann setzte ihr gesunder Menschenverstand ein. Er war gar nicht in der Verfassung zu scherzen, nicht nach dem Schlag gegen seinen Kopf. Selbst der beste Schauspieler könnte diesen Grad der Verwirrung nicht spielen. „Was meinst du damit?“

„Du sagst immer Risk zu mir.“

„Ja, das ist dein Name. Risk Boone. Erinnerst du dich nicht?“

Er schien sein Gehirn zu durchforschen, und der leere Ausdruck in seinem Gesicht beunruhigte sie wirklich.

„Nein. Ich kann mich an nichts erinnern.“

„Du kannst dich an nichts erinnern?“, wiederholte sie und schluckte schwer.

Er dachte ein paar Sekunden darüber nach und schien verwirrt zu sein. „Noch nicht mal an mich, nein.“

Oh, Mann, wenn das wahr war, wäre diese Situation noch schlimmer als gedacht. Konnte er wirklich eine Amnesie haben? Der heftige Schlag auf seinem Kopf hätte das bewirken können, aber wie lange würde sein Gedächtnisverlust anhalten? Und was sollte sie dagegen tun?

„Was ist mit mir passiert?“

„Du bist im Sturm raus gegangen, um Feuerholz zu holen. Ich glaube, ein Ast ist von einem Baum abgebrochen und hat dich getroffen.“

Er nahm das in sich auf und schien sich überhaupt nicht daran zu erinnern. „Was für ein Name ist Risk überhaupt?“, murmelte er.

Vielleicht würde es ein paar Erinnerungen wecken, wenn sie mit ihm über sein Leben sprach. „Das ist nicht wirklich dein Name. Dein richtiger Name ist River Boone. Und die meisten Leute, die dich nicht sehr gut kennen, glauben, dass du den Namen Risk hast, weil du beim Rodeoreiten viele Risiken eingegangen bist. Denn dafür warst du bekannt. Aber die Wahrheit ist, dass dein kleiner Bruder Lucas deinen Namen River als Baby nicht aussprechen konnte. Es kam immer wie Risker heraus. Der Name ist geblieben, und bald haben dich alle Risk genannt.“

Das hatte er ihr erzählt, als sie die Nacht mit ihm in Houston verbracht hatte.

„Oh.“ Nichts von dem, was sie gesagt hatte, schien ihm vertraut zu sein, und er runzelte die Stirn. „Wie heißt du?“

„Ich bin … ich bin April Adams.“

„Sollte ich dich kennen?“

„Ähm, ja. Aber mach dir darum jetzt keine Gedanken. Lass mich dir von deiner Familie erzählen. Vielleicht erinnerst du dich dann an etwas.“

„Du hast gesagt, dass ich einen Bruder habe.“

„Ja, du hast sogar zwei Brüder, Mason und Lucas. Ihr lebt alle auf der Rising Springs Ranch in Boone Springs.“

Er schüttelte leicht den Kopf. Offensichtlich erkannte er die Namen nicht.

„Die Erinnerung wird sicher bald wiederkommen“, versicherte sie ihm und hoffte, dass das wirklich der Fall war.

Ihn so schwach, verletzlich und verwirrt zu sehen, rührte etwas in ihrem viel zu weichen Herzen.

„Ich hole dir etwas Wasser. Du musst was trinken.“

„Geh nicht“, flehte er. Die Verzweiflung in seiner Stimme ließ sie erstarren. „Bleib hier.“

Sie sah den Schmerz in seinem Gesicht und die Angst in seinen Augen. Er wollte nicht allein sein, und das konnte sie ihm nicht verübeln. Er wusste nicht, wer er war. Er wusste nicht, was mit ihm passiert war. Sich an nichts mehr erinnern zu können, musste schrecklich sein. „Okay“, sagte sie. „Ich bleibe bei dir.“

Also blieb April bei ihm und erzählte ihm, wie schlimm der Sturm war und wie sie sich in der Lodge in Sicherheit gebracht hatten. Aber er döste immer wieder ein, obwohl sie sich sehr bemühte, ihn zu beschäftigen. Als das Feuer heruntergebrannt war, wurde der Raum immer kälter und sie krabbelte schließlich zu ihm unter die Decke, um sich warm zu halten.

Er drehte sich zu ihr um.

„Es ist wichtig, dass du noch eine Weile wach bleibst“, flüsterte sie und streichelte seine Wange. „Bitte, Risk.“

Ihr Diamantring glitzerte im letzten Feuerlicht, und er ergriff ihre Hand. Plötzlich schien er wach, und ein warmes Leuchten trat in seine Augen. So lebendig hatte sie ihn nicht erlebt, seit sie ihn vor der Lodge gefunden hatte. „April, wir sind verlobt?“

Sie lag mit ihm im Bett und hatte seine Wunden versorgt. Da konnte man so etwas schon annehmen, aber als sie ihren Mund öffnete, um ihm zu sagen, wie die Situation wirklich war, presste er seine Lippen auf ihre Handfläche, und die Süße seines warmen Kusses machte es ihr unmöglich, ihm die Wahrheit zu sagen.

Sie hätte ihre Hand wegziehen und aus dem Bett klettern sollen, aber das Leuchten in seinem Gesicht, die Erleichterung in seinen Augen hielten sie auf. Es war, als hätte er endlich etwas über sich entdeckt – seine Verbindung zu ihr –, und sie konnte seine Hoffnung nicht zerstören. „Risk.“

„Ich mag es, wie du meinen Namen sagst.“ Er lächelte.

„Es ist wichtig, dass du heute Nacht wach bleibst, denn du könntest eine Gehirnerschütterung haben. Du hast einen harten Schlag auf den Kopf abbekommen.“

„Erzähl mir davon. Mein Kopf pocht ziemlich heftig.“

Erschrocken sah sie auf. „Wie kann ich dir helfen?“

„Bleib hier und rede mit mir.“

„Das mache ich.“

„Gut“, sagte er und schloss die Augen.

„Aber du musst wach bleiben.“

Er bemühte sich sichtlich, seine Augen wieder zu öffnen. „Dann erzähl mir mehr über mein Leben, über uns.“

Oh, Mann, das hatte sie nicht erwartet, aber hatte sie eine Wahl? War es so schrecklich, ihn für kurze Zeit in dem Glauben zu lassen, dass sie verlobt waren? Das würde ihn beruhigen. Sie würde ihm später die Wahrheit sagen, sobald er sich besser fühlte. Im Moment musste sie ihn davon abhalten, einzudösen.

Daher begann sie, ihm etwas über sein Leben zu erzählen, zumindest über die Dinge, die sie wusste. Sie erzählte ihm von seinen Brüdern und der Ranch, auf der sie lebten, von der Stadt und den Menschen. So hielt sie einen ständigen Informationsfluss aufrecht und versuchte, ihn nicht mit Details zu überladen, sondern ihm ein Bild von Boone Springs zu vermitteln.

„Kommt dir irgendetwas davon bekannt vor?“, fragte sie, obwohl sie die Antwort bereits kannte. Sie hatte ein wachsames Auge auf Risk geworfen, während sie gesprochen hatte, und es war kein einziger Funke des Erkennens in seinem Gesicht zu sehen gewesen. Als er seinen Kopf leicht schüttelte, war sie daher nicht überrascht.

„Lass mich kurz nach deiner Wunde sehen“, bat sie und stand aus dem Bett auf. Vorsichtig wickelte sie den provisorischen Verband auf und bemerkte, dass die Beule an seinem Kopf nicht kleiner geworden war. „Fühlst du dich etwas besser?“

„Mein Kopf tut immer noch ein bisschen weh, aber dem Rest von mir geht es gut.“

Sie war nur Zentimeter von seinem Gesicht entfernt, und als sie ihn ansah, stahl sich ein kleines Lächeln auf seine Lippen und sie begriff, was er damit sagen wollte. Als sie ihn vorhin verletzt aufgefunden hatte, hatte das starke Gefühle in ihr ausgelöst. Sie hatte sich Sorgen um ihn gemacht und hatte sich natürlich um ihn gekümmert. Er war kein Fremder, sondern ein Mann, den sie vielleicht geliebt hätte, wenn die Umstände anders gewesen wären. Was er ihr vor Jahren angetan hatte, war schlimm, aber ihn verletzt zu sehen, schmerzte dennoch.

Risk hat Amnesie, sagte sie sich. Doch trotzdem reagierte sie körperlich auf ihn, spürte ein Prickeln von Kopf bis Fuß, und ihre feste Entschlossenheit wankte. Dass er sie so anlächelte, schwächte ihre Verteidigung. Und als er sanft ihre Arme streichelte und sie näher an sich zog, protestierte sie nicht und wich nicht vor ihm zurück.

Und dann spürte sie seine Lippen auf ihren, sanft, zärtlich, und er küsste sie, als würde er herausfinden wollen, ob er sich an etwas erinnerte. Er war so zärtlich, so vorsichtig, und seine federleichten Küsse verzauberten sie. Ihr Körper erwachte, als sie die süße Berührung seiner Lippen spürte.

Sie musste ihn wachhalten – und auf jeden Fall war er das im Moment. Aber sie sollte ihn jetzt bremsen und ihm alles erklären. Ihm die Wahrheit sagen, um zu verhindern, dass er weitermachte. Doch die Worte kamen nicht. Wie konnten sie auch, wenn Risk sie auf diese Weise küsste? Jeder Kuss ließ ihr Vorhaben ein wenig mehr dahinschmelzen. Sie hatte noch nie einen Mann wie Risk getroffen und noch niemals für jemanden so empfunden wie für ihn.

„Du bist unglaublich“, murmelte er zwischen zwei Küssen.

„Erinnerst du dich jetzt an etwas?“, flüsterte sie.

„Nein, aber eines weiß ich. Das hier fühlt sich richtig an.“ Er gab ihr einen weiteren wunderschönen Kuss.

„Risk, vielleicht sollten wir das nicht tun“, sagte sie leise zwischen seinen Küssen.

„Meinem Kopf geht es von Minute zu Minute besser. Hast du nicht gesagt, dass ich wachbleiben muss?“ Er küsste ihren Hals und wanderte dann langsam mit seinen Lippen zu ihrem Mund. Sie war hin- und hergerissen, durcheinander und fühlte sich hilflos, da sie es nicht über sich brachte, ihm die Wahrheit zu sagen.

„Stimmt, ja, aber … du erinnerst dich nicht an mich.“

„Du machst dir um mich Sorgen und pflegst mich. Und ich denke, ich kenne dich. Irgendwie fühle ich mich mit dir verbunden“, sagte er und nahm ihr Gesicht in seine Hände. Seine Augen leuchteten und, verdammt, er sah jetzt wieder wie Risk aus, sogar mit dem Verband um den Kopf. „Auf jeden Fall reagiere ich auf dich.“

Er gab ihr einen atemberaubenden Kuss auf den Mund und hielt dann inne. „Oder haben wir das noch nie getan?“

„Äh, doch“, flüsterte sie. „Wir haben das schon mal gemacht.“

„Ich brauche dich, April. Ich brauche diese Verbindung.“

Seine Worte berührten sie tief in ihrer Seele. Sie hatte noch nie auf einen Mann so reagiert wie auf ihn. Dieser Risk war aufrichtig, authentisch und süß. Dieser Risk brauchte mehr als Sex, er brauchte Zuneigung, eine Brücke zu seiner Vergangenheit. Und heute war sie das.

Aber konnte sie ihre eigene Vergangenheit unberücksichtigt lassen? Er hatte sie sehr verletzt und sich erst viel zu spät bei ihr entschuldigt. Ihr Gehirn sagte nein, aber ihr Körper prickelte überall, und ihr großes offenes Herz sagte ja, ja, ja.

Aber sie würde dieses Mal vorsichtig sein, da ihr klar war, dass sie keine großen Erwartungen haben durfte. Konnte sie die Frau sein, die nur diese eine Nacht mit ihm verbrachte? Konnte sie diese Maskerade noch eine Weile aufrechterhalten? Die ganze Zeit wissend, dass sie sich morgen der Wahrheit stellen musste?

Sie beantwortete sich selbst die Frage, indem sie ihren Mund auf seinen drückte.

Risk berührte ihr Gesicht und strich eine Locke von ihrer Wange. „Du bist süß und wunderschön, April. Ich bin froh, dass du hier bei mir bist.“

„Ich bin auch froh, dass ich hier bei dir bin“, sagte sie leise.

Er küsste die Worte von ihrem Mund. „Nicht mehr reden.“

Autor

Elle Wright
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Charlene Sands

Alles begann damit, dass der Vater von Charlene Sands, ihr als Kind die schönsten, brillantesten und fantastischsten Geschichten erzählte. Er erfand Geschichten von plündernden Piraten, mächtigen Königen und Sagen von Helden und Rittern. In diesen Erzählungen war Charlene immer die Prinzessin, Königin oder Heldin um die gekämpft oder die gerettet...

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Kimberley Troutte

Kimberley Troutte ist eine mehrfach ausgezeichnete Bestsellerautorin. Sie wurde für den RITA Award nominiert und rangiert regelmäßig unter den Top 100 der New York Times und USA Today.

Die Schriftstellerin lebt im Süden von Kalifornien, zusammen mit ihrem Ehemann, zwei Söhnen, einer Wildkatze, einer alten Schlange, einem Leguan und verschiedenen...

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