Bianca Extra Band 151

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VIER PFOTEN UND EIN NEUBEGINN vom RACHEL JOHNS

Gestern noch war Callum verlobt, heute ist er Single. So schnell kann sich alles ändern. Doch schon sucht er nach dem verschwundenen Hund einer Fremden – und es fühlt es sich merkwürdig richtig an, die Tränen der verzweifelten Hundebesitzerin Chelsea zärtlich fortzuküssen …

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  • Erscheinungstag 26.07.2025
  • Bandnummer 151
  • ISBN / Artikelnummer 0802250151
  • Seitenanzahl 432

Leseprobe

Rachael Johns, Kathy Douglass, Melissa McClone, Helen Lacey

BIANCA EXTRA BAND 151

Rachael Johns

1. KAPITEL

„Sie haben Ihr Ziel erreicht“, verkündete Chelsea Porters Navigationsgerät mit tiefer, eintöniger Stimme.

Sie bremste ihren Wagen ab und betrachtete stirnrunzelnd das Schild, das rechts von ihr über einer privaten Brücke hing: Brennerei McKinnel’s – der beste Whiskey in Oregon seit 1977.

Eindeutig kein Wohnhaus. Vielleicht hatte sie Namen und Adresse auf dem Kundenformular falsch gelesen. Also holte sie ihr Handy heraus, rief die E-Mails auf und überprüfte die Daten, die ihr eine Miss Bailey Sawyer gegeben hatte.

Mr. Callum McKinnel und dann eine Adresse, die Chelsea für ein Wohnhaus gehalten hatte, im gut situierten Jewell Rock, doch offensichtlich handelte es sich um die Heimat des bekannten McKinnel’s Whiskeys. Sie trank grundsätzlich nichts, aber ihr Großvater hatte geschworen, dass McKinnel’s der beste Whiskey überhaupt war. Und wie die meisten Familienmitglieder hatte er von dem Zeug genug getrunken, um es wissen zu müssen. Hier in der Gegend lebte niemand, der nicht von der McKinnel-Familie gehört hatte.

Als Chelsea nun über die Brücke starrte, konnte sie nicht fassen, dass sie den Namen nicht erkannt hatte. Etwa vor einem Monat hatte in der Zeitung ein Nachruf auf Conall McKinnel gestanden – er war beinahe vierzig Jahre lang der große Chef der Brennerei gewesen, bis er ganz plötzlich an einem Herzinfarkt verstorben war. Dann gab es noch Lachlan McKinnel – ein mehrfach ausgezeichneter Koch, der außerdem seinen behinderten Sohn allein großzog. Mit Callum – vermutlich ein Bruder von Lachlan – begegnete sie einem lokalen Promi, und ihr krampfte sich der Magen zusammen. So nervös war sie sonst nie, völlig lächerlich.

Hinter Chelsea hupte jemand, darum wurde ihr klar, dass sie mitten auf der Straße angehalten hatte. Sie winkte entschuldigend, bog rechts ab und fuhr über die Brücke auf die Ansammlung rustikal wirkender Gebäude in der Ferne zu. Auf beiden Seiten von ihr glitzerte der See, weshalb es sie fröstelte, sicher war er um diese Jahreszeit eiskalt. Als sie auf der anderen Seite von der Brücke hinunterfuhr, raubte ihr der Anblick den Atem. Das Gebäude war beinahe so lang wie der See, und ihr kam sofort das Wort „malerisch“ in den Sinn. Zwar war die Fassade braun, doch es gab sehr viele Fenster, sodass sie nicht dunkel wirkte. Die Kiefern auf der Rückseite und die makellosen, mit Steinen begrenzten Gartenbeete vor dem Haus erinnerten sie an die Postkarte eines Urlaubsresorts. Wenn in etwa einem Monat der erste Schnee fiel, würde dieser Ort einen ganz eigenen Zauber ausstrahlen.

Wie schade, dass sie keinen Grund hätte, zurückzukehren.

In Chelseas Vorstellung war ein Ort, an dem man Whiskey produzierte, niemals so wunderschön und elegant wie das Gelände und die Gebäude, die sie gerade bewunderte, während sie den Schildern bis zum Parkplatz folgte. Nein, für sie war Alkohol gleichbedeutend mit Streitereien und Geschrei, gelallten Worten, Mundgeruch und Gebeten, dass ihre Eltern sich nicht gegenseitig umbrachten.

Beim Aussteigen atmete Chelsea die frische, kühle Luft ein, in der eine Schnapsnote hing, darum vergaß sie beinahe, den Pralinenstrauß vom Rücksitz zu nehmen. Sie beschloss, sich von der Umgebung nicht ablenken zu lassen, und schritt erhobenen Hauptes auf das Hauptgebäude zu, in dem sich offensichtlich ein Café befand. Schließlich war sie nicht hier, um eine Tour zu machen, zu essen oder die Landschaft zu bewundern, sondern um einem der prominenten McKinnels eine schlechte Nachricht zu überbringen.

Bei diesem Gedanken bekam sie komischerweise das Gefühl, als würde ihr ein Stein im Magen liegen. Warum? Schließlich tat sie das nicht zum ersten Mal. Sie war fest entschlossen, schnell hineinzugehen und wieder herauszukommen, denn egal, wie schön dieser Ort auch war, hier fühlte sie sich unbehaglich. Chelsea drückte die riesige Eingangstür aus Glas auf.

Während der Außenbereich von McKinnel’s ihr den Atem geraubt hatte, erfüllte der Innenbereich ihr Herz mit Wärme, als hätte jemand ihr eine warme Decke umgelegt. Neben zahlreichen herbstlichen Dekoartikeln hingen an den Wänden hunderte Whiskeyflaschen, Familienfotos in Schwarz-Weiß und alte Drucke, auf denen es um Whiskey ging. In einem riesigen Kamin brannte ein Feuer.

Während sie sich mit den Menschen in eine Schlange stellte, die Whiskey kaufen oder verkosten wollten, betrachtete sie die Wand hinter dem Tresen und musste lächeln, als sie einige der vielen Sprüche las, die den Whiskey lobten und mit Kreide auf eine riesige Tafel geschrieben worden waren.

Obwohl sie diese Haltung ganz und gar nicht teilte, gefiel ihr, wie alle Zitate in unterschiedlichen Handschriften geschrieben waren, als hätten viele verschiedene Menschen ihre Meinung notiert.

„Hallo, kann ich Ihnen weiterhelfen?“

Beim Klang dieser tiefen Stimme drehte Chelsea sich um, klammerte sich noch fester an den Strauß und starrte dann auf eine muskulöse Brust. Als sie den Blick hob, sah sie in das Gesicht des vielleicht bestaussehendsten Menschen, der ihr jemals begegnet war. Groß, dunkelhaarig und attraktiv wurde ihm als Beschreibung absolut nicht gerecht. Er war all das und noch mehr, irgendetwas hatte er an sich, das sie nicht genauer bestimmen konnte. Und seine Augen hatten natürlich ihre Lieblingsfarbe: Seegrün. Obwohl er eine schwarze Anzughose und ein hellgraues Hemd mit dem Logo der Brennerei auf der Brust trug, erkannte sie an seiner starken, muskulösen Gestalt und der Narbe direkt über der rechten Augenbraue, dass er nicht sein ganzes Leben hinter dem Schreibtisch verbrachte.

„Suchen Sie ein Geschenk oder …?“ Er brach ab und Chelsea wurde klar, dass sie ihn regelrecht angestarrt hatte.

Schnell überwand sie den eigenartigen Schwindel, der sie überkommen hatte – vielleicht hatte sie sich zu schnell umgedreht –, richtete sich auf und begrüßte ihn möglichst professionell. „Hi. Ich suche Callum McKinnel.“

Ganz sicher handelte es sich nicht um den Mann, der gerade vor ihr stand, denn keine Frau bei klarem Verstand würde jemanden abschießen, der so aussah. Nicht einmal sie selbst.

„Dann müssen Sie nicht weitersuchen. Sie haben mich gefunden.“ Das sexy Lächeln des Mannes gehörte verboten, doch er behielt es auf, als er ihr die Hand entgegenstreckte. „Und wie darf ich Ihnen weiterhelfen?“

Er war doch Callum? Ach, Mist. Chelsea schoss die Hitze in die Wangen, und sie schob den Pralinenstrauß von der rechten Hand in die linke, dann gab sie ihm die Hand und erinnerte sich daran, dass sie beruflich hier war, und nicht, um ihn anzuglotzen.

„Könnten wir uns irgendwo ungestört unterhalten?“, fragte sie und hoffte, dass sie nicht so angespannt klang, wie sie sich fühlte.

Callum hob eine perfekte dunkle Augenbraue und schien leicht amüsiert. „Haben wir denn einen Termin?“

Da schüttelte Chelsea den Kopf und bemühte sich, ihm nicht auf den Mund zu starren, der sogar noch perfekter als seine Augenbrauen schien. Und geradezu danach schrie, geküsst zu werden. „Keinen Termin, aber ich muss mit Ihnen reden. Ich habe eine Nachricht von Bailey, und die möchten Sie vielleicht lieber allein hören.“

Als Chelsea die andere Frau erwähnte, schwand das Lächeln aus Callums Gesicht, und er runzelte die Stirn. „Dann kommen Sie bitte mit.“

Er legte ihr die große Hand in den Rücken, und sie biss sich auf die Lippe, um nicht zu keuchen. Was zur Hölle war denn los mit ihr? Zwischen ihrer Haut und seiner befanden sich mehrere Schichten Stoff, wie würde ihr Körper wohl reagieren, wenn es die nicht gäbe. Während Callum sie über den grob gefliesten Boden führte, atmete sie ein paar Mal tief ein und aus, um ihr Gleichgewicht wiederzufinden. Sie redete sich ein, dass diese eigenartigen Gefühle nur von dem Ort herrührten, an dem sie sich befanden, befürchtete aber, dass dies nicht der Fall war.

„Hier drinnen können wir ungestört sprechen“, erklärte Callum, als er eine Tür öffnete, auf der ein goldenes Schild mit der Aufschrift Direktor – Callum McKinnel hing. Das Schild glänzte noch ganz neu, als wäre es erst kürzlich angebracht worden, und als Chelsea das Büro betrat, schien dies ganz und gar nicht Callums Geschmack zu entsprechen.

Und woher willst du das wissen?

„Setzen Sie sich bitte“, meinte Callum und deutete auf einen glänzenden, dunklen Ledersessel, während er hinter sich die Tür schloss.

„Ich stehe lieber, vielen Dank.“ Die Worte sprudelten aus ihr heraus. „Aber vielleicht möchten Sie sich lieber setzen.“

„So schlimm, ja?“ Callums Ton konnte Chelsea nicht ganz einordnen, doch sie war froh, als er um den riesigen Schreibtisch herumging und sich dort auf einen gemütlichen Bürostuhl mit Lederpolsterung setzte. Dann stützte er die Ellbogen auf den Tisch, faltete die Hände und sah sie erwartungsvoll an.

Schnell atmete Chelsea durch und begann mit ihrer Rede. „Ich komme im Auftrag von Bailey Sawyer.“ Sie räusperte sich und zwang sich, Callum anzusehen, obwohl sie das völlig durcheinanderbrachte. „Bailey erkennt an, dass Sie beide seit fünf Jahren in einer Beziehung sind und viel Zeit und Energie in den anderen investiert haben. Sie hatte mit Ihnen eine wunderbare Zeit, aber leider muss ich Ihnen mitteilen, dass sie nicht mehr die Ehre haben möchte, Ihre Verlobte zu sein. Sie sind für sie eher ein Bruder oder bester Freund, und obwohl Sie zusammen in anderen Lebensbereichen viel Spaß miteinander hatten, ist ihr, was den Sex angeht, die Freude daran verloren gegangen.“

Er machte große Augen, und Chelsea konnte ihn nicht ansehen, ihr stieg die Hitze in die Wangen. Obwohl Chelsea keineswegs prüde war, fühlte sie sich, wenn sie vor Callum McKinnel das S-Wort auch nur erwähnte, wie eine Teenagerin, die gerade im Schlafzimmer ihrer Eltern das Buch Freude am Sex gefunden hatte.

Mann, war das hier heiß. In Gedanken flüchtete sie unter eine kalte Dusche und versuchte, sich an den nächsten Teil ihrer Routine zu erinnern. Bailey Sawyer hatte gutes Geld dafür gezahlt, dass Chelsea es nicht verbockte, mit ihrem langjährigen Freund Schluss zu machen.

Ja, genau! Sie konzentrierte sich. „Sie sind ein toller Mann, aber Bailey ist klar geworden, dass sie einfach nicht ihr Typ sind. Sie glaubt nicht, dass Sie vom Leben dasselbe wollen, und wünscht Ihnen für die Zukunft alles Gute. Sie ist sich sicher, dass Sie für eine andere Frau einmal ein wunderbarer Ehemann sein werden, ist aber nicht mehr bereit, nach ihrer Arbeit erst an zweiter Stelle zu kommen.“

Mit klopfendem Herzen trat Chelsea nun vor und streckte ihm einen Strauß aus den besten belgischen Pralinen entgegen. „Die hier sind von Bailey. Offenbar Ihre Lieblingspralinen.“

Callum funkelte die Pralinen böse an, als wären sie ein angefahrenes Reh, das nach einem Unfall auf die Straße blutete. „Ich fürchte, jetzt nicht mehr.“ Dann blinzelte er und fuhr sich durch die dichten, dunklen Haare. „Entschuldigen Sie bitte … soll das ein Witz sein?“

Callum musterte die Frau auf der anderen Seite seines Schreibtisches und erwartete, dass sie sagte: „Lächeln, Sie sind bei Verstehen Sie Spaß!“, oder wie auch immer solche lächerlichen Sendungen gerade hießen. Sie war beinahe so groß wie er, was bei Frauen selten vorkam, aber was für eine Frau sie doch war. Obwohl sie ihm gerade mitgeteilt hatte, dass seine Verlobung beendet war, und einen schweren Wintermantel trug, bemerkte er gegen seinen Willen, dass sie genau an den richtigen Stellen Kurven hatte. Die karamellblonden Haare hatte sie in einem professionell erscheinenden Knoten hochgesteckt, aber er konnte sich problemlos vorstellen, wie es aussehen würde, wenn sie sie offen trug. Hatte sie ihm überhaupt gesagt, wie sie hieß?

Es fühlte sich wie Stunden an, doch wahrscheinlich dauerte es nicht einmal eine Minute, bis sie antwortete: „Nein, es tut mir sehr leid, aber das ist kein Witz.“

Callum war von der ganzen Situation ziemlich verwirrt und vor den Kopf gestoßen. „Was genau hat meine Beziehung mit Miss Sawyer mit Ihnen zu tun?“

Wieder räusperte sie sich und warf einen Blick zur Tür, als würde sie ihre Flucht planen. „Ich bin Trennungsspezialistin“, erklärte sie, als wäre ihm dieser Beruf nicht fremd.

„Was sind Sie?“ Den verächtlichen Ton konnte Callum sich nicht verkneifen. Vielleicht war das wirklich ein Witz.

„Ich bin Trennungsspezialistin“, wiederholte die Frau. „Ich übernehme die schwierige Aufgabe, für Menschen Beziehungen zu beenden, die es sich selbst nicht zutrauen.“

„Sie meinen, feige Ärsche, die einen leichten Ausweg suchen?“ Bevor sie antworten konnte, schüttelte er den Kopf. „Ich glaub einfach nicht, was aus der Welt geworden ist. Was für Leute tun so etwas? Wer macht so etwas denn bitte beruflich?“

„Na ja.“ Ihr schoss das Blut in die Wangen, und sie senkte den Kopf, sah Callum dann aber wieder an und verschränkte die Arme. „Meine Gründe für meine Berufswahl gehen Sie gar nichts an, Mr. McKinnel. Und nun tut es mir leid, aber ich habe einen weiteren Termin. Auf Wiedersehen.“

Sie wandte sich ab und floh aus dem Raum, bevor er anzweifeln konnte, ob sie tatsächlich noch einen Termin hatte. Callum stand auf und eilte ihr hinterher, wand sich durch die Kunden, die sich durch den Shop drängten, aber sie war schnell, und er sah sie nirgendwo. Leise fluchend trat er gerade rechtzeitig aus der Tür, um ein kleines rotes Auto rückwärts vom Parkplatz fahren zu sehen.

„Scheiße.“ Callum suchte nach seinem Schlüssel und rannte, ohne weiter nachzudenken, hinters Haus zu seinem Auto. Er fragte sich zwar, was eigentlich mit ihm los war, konnte sich aber nicht bremsen, startete seinen SUV und raste ihr mit quietschenden Reifen hinterher. Er holte sie ein, als sie gerade auf die Straße in Richtung Bend abbog, der Stadt, die Jewell Rock am nächsten lag.

Während er ihr folgte, rief er über die Freisprechanlage seine Schwester an und sagte ihr, dass er kurzfristig wegmusste. Sophie wünschte ihm nur viel Spaß auf seinem geheimnisvollen Rendezvous.

Da musste Callum bitter lachen. Wenn sie doch wüsste, was er tatsächlich vorhatte. „Danke, Sophie, du hast was gut bei mir“, verabschiedete er sich, als die Ampel vor ihm auf Gelb schaltete. Die Trennungsfrau fuhr über die Kreuzung, und da Callum fest entschlossen war, sie nicht zu verlieren, ging er aufs Gas und schaffte es gerade noch rechtzeitig.

Als sie über den Ortsrand hinaus auf die Autobahn nach Bend fuhren, warf Callum einen Blick auf die Tankanzeige. Glücklicherweise zeigte sie praktisch voll an. Er rief Bailey an, um sicherzustellen, dass er da gerade keine Verrückte verfolgte.

Normalerweise ging Bailey immer ans Telefon, aber heute meldete sich sofort die Mailbox.

„Bailey, was ist bitte los, verdammt nochmal? Ruf mich an.“

Während er dem kleinen roten Auto folgte, inzwischen wieder auf der Landstraße nach Bend, kam ihm ein Gedanke. Was sollte er seiner Mutter erzählen, wenn seine Beziehung mit Bailey tatsächlich am Ende war? Sie hatte sich so sehr gefreut, als er und die Tochter ihrer besten Freundin ihre Verlobung bekannt gegeben hatten … So kurz nach dem Tod ihres Mannes würde sie diese Neuigkeit am Boden zerstören.

Etwa drei Minuten später bog die Trennungsfrau in die Auffahrt eines kleinen Hauses, das so aussah, als hätte es dringend eine Renovierung nötig.

Callum parkte davor auf der Straße. Sollte er sie jetzt ansprechen oder warten, bis sie mit dem nächsten glücklichen Empfänger ihrer „Arbeit“ fertig war? Er beobachtete sie kurz, aber dann sah er, wie sie die Tür aufschloss und direkt reinging. Sie musste hier wohnen.

Also dann … Er stieg aus dem SUV und schloss ab, bereitete sich gedanklich darauf vor, eine genauere Erklärung von ihr einzufordern. Aber seine Aufregung legte sich, sobald er an ihre Schwelle trat. Während sie ihm die Trennungsrede gehalten hatte, war irgendein Dreckskerl in ihr Haus eingebrochen. Jemand hatte die Glasscheiben ihrer Tür zerschlagen.

Mitten in dem Trümmerfeld stand sie, beugte sich hinunter, schnappte sich eine Blumenvase und drehte sich blitzschnell um. Wie eine Waffe streckte sie sie ihm entgegen. „Stehen bleiben!“

Callum erstarrte und hob die Hände in die Luft.

Da erkannte sie ihn. „Sie! Was machen Sie denn hier?“

„Ich … äh …“ Zum ersten Mal in seinem Leben fehlten ihm die Worte. Jetzt schien nicht der richtige Augenblick, um es ihr heimzuzahlen.

„Ist auch egal.“ Sie schüttelte den Kopf, warf die Vase aufs Sofa und rannte durch den Flur, wobei sie immer wieder „Muffin, Muffin!“ rief.

Callum trat ein und überblickte das Chaos. Er kramte sein Handy raus und wollte schon die Polizei rufen, als sie zurückkehrte.

„Muffin ist weg.“ Ihre Wangen waren tränenüberströmt.

„Was?“

„Mein Hund“, schluchzte sie und raste an ihm vorbei wieder nach draußen. „Muffin! Muffin!“ Diesen Namen rief sie wieder und wieder, während sie hektisch den Vorgarten absuchte.

Callum trat wieder vor die Tür. Was hatte er sich da wieder eingebrockt? Wenn er vernünftig wäre, würde er sich wieder in seinen SUV setzen und auf dem Rückweg zur Brennerei die Polizei anrufen. Aber welcher Mann würde eine Frau in einer solchen Situation allein lassen?

„Hey!“, rief er, weil er noch immer keine Ahnung hatte, wie sie hieß. „Wie sieht Muffin aus? Ich helfe Ihnen suchen.“

Kurz hielt sie inne und musterte ihn, als wüsste sie nicht, ob er es ernst meinte, dann sagte sie: „Er ist ein goldfarbener Cocker Spaniel. Ungefähr so groß“, sie hob die Hand etwa auf Kniehöhe. „Er trägt ein rotes Halsband mit einer goldenen Marke in Herzform und hat sehr flauschiges Fell.“

„Okay. Verstanden.“ Callum steckte sein Telefon wieder in die Tasche. „Ich fahre eine kurze Runde, warum fragen Sie nicht bei den Nachbarn nach, ob jemand ihn gesehen hat?“ Anscheinend machte sie sich mehr Sorgen um den Hund als um das Haus, darum beschloss er, sich auch zunächst auf den Köter zu konzentrieren.

„Vielen Dank.“ Ihre Stimme klang erstickt, und sie raste auf das Nachbarhaus rechts von ihr zu.

Callum joggte zurück zu seinem SUV, stieg ein und schüttelte den Kopf. Als er an diesem Morgen aufgewacht war, war er verlobt gewesen und hatte eine Hochzeit geplant. Nun war er anscheinend wieder Single und suchte nach dem Hund einer Fremden. Welcher Wahnsinn würde ihn als Nächstes erwarten?

2. KAPITEL

„Haben Sie ihn gefunden?“, fragte Chelsea, als Callum eine halbe Stunde später aus dem SUV stieg, den er hinter ihrem Auto geparkt hatte.

Er schüttelte den Kopf. „Nein, tut mir leid.“ Das schien er ernst zu meinen, darum spürte sie einen Stich im Herzen, weil sie ihn abserviert hatte, ohne danach bei ihm zu bleiben und ihm Unterstützung zu bieten. Zu den Dienstleistungen der Trennungsfrau gehörte es, die Abservierten noch zu betreuen, darum verbrachte sie mit ihnen häufig noch bis zu eine Stunde, nachdem sie den Hauptteil ihrer Arbeit erledigt hatte. Wie ihre alte Freundin Rosie oft sagte, lag Chelseas Talent in der Kunst, Leute abzuservieren und ihnen zuzuhören. Aber was Callum anging, war sie total unprofessionell gewesen. Es hatte sie verwirrt, mit ihm in seinem engen Büro allein zu sein.

Und jetzt half er stattdessen ihr.

„Sie haben ihn wohl auch nicht gefunden“, stellte er fest, als er auf sie zuging.

Chelsea schüttelte den Kopf und schniefte, weil ihr wieder Tränen in die Augen schossen. Sie hasste es zu weinen und tat es äußerst selten. Aber auf der Welt gab es nur eine Sache, die ihr wirklich wichtig war, und das war Muffin. Wie sollte sie überleben, falls er nicht zurückkam?

„Bringen wir Sie mal nach drinnen“, schlug Callum vor. Und bevor Chelsea klar wurde, was passierte, legte er ihr den Arm um die Schultern und schob sie auf die Haustür zu. Er war so warm, so fest und obwohl es verrückt war, hätte sie sich am liebsten bei ihm angelehnt, darum entzog sie sich ihm schnell und ging hinein, spürte aber, dass er ihr folgte. Chelsea war sich unsicher, warum er noch da war, hatte aber keinen Kopf dafür, darüber nachzugrübeln. Beim ersten Eintreffen war ihr das Chaos kaum aufgefallen – sie hatte sich zu sehr auf Muffin konzentriert – aber jetzt erkannte sie ihr Zuhause beinahe nicht wieder. Ihr gesamter Besitz war auf dem Boden verstreut worden.

„Ich habe keine Ahnung, wonach die gesucht haben“, meinte sie und betrachtete das Chaos.

Callum kam hinter ihr herein. „Vielleicht waren es bloß Kinder, aber wir sollten auf jeden Fall die Polizei rufen, bevor Sie irgendetwas anrühren.“

„Ich muss wegen Muffin Zettel machen und sie in der Umgebung aufhängen.“ Sie schaute zu ihrem kleinen Schreibtisch und brach in Tränen aus. Er war umgeworfen worden, ihr Laptop in zwei Teile zerbrochen, und ihr Drucker war völlig zerstört.

Callum fluchte, dann war er bei ihr. „Bitte schön.“ Er hielt ihr ein blütenweißes Stofftaschentuch hin. Überrascht nahm sie es an.

„Vielen Dank“, flüsterte sie und wischte sich die Augen ab.

Als ob er ihre Gedanken lesen könnte, sagte er: „Meine Mom zwingt mich, das dabeizuhaben. Sie meint, man weiß nie, wann man es braucht.“

Beinahe lächelte Chelsea. „Ich heiße übrigens Chelsea Porter. Und bitte danken Sie Ihrer Mom von mir.“

„Das mache ich. Ich würde Ihnen ja sagen, wie ich heiße, aber ich glaube, das wissen Sie schon. Kann ich Ihnen was zu trinken holen?“

Sollte nicht eigentlich sie ihm etwas zu trinken anbieten? Sie schüttelte den Kopf. „Danke, aber im Augenblick will ich einfach nur Muffin finden.“

„Ich weiß, Sie machen sich Sorgen um Ihren Hund“, meinte Callum leise und verständnisvoll. „Darum rufe ich jetzt die Polizei und helfe Ihnen dabei zu überlegen, was Sie wegen Muffin unternehmen können.“

Chelsea schniefte und sah ihm in die Augen. Mein Gott, er war zum Anbeißen, aber eigentlich kannte sie ihn gar nicht. „Sie sind sehr nett zu mir, wenn man bedenkt … wenn man bedenkt, was ich Ihnen angetan habe.“

Er zuckte mit den Achseln. „Ich habe zwei kleine Schwestern. Mit hysterischen Frauen komme ich klar.“

Komisch, seine jetzige Ex-Verlobte erwähnte er gar nicht. „Ich garantiere Ihnen, normalerweise bin ich nicht so.“

Callum grinste leicht, und darum musste sie auch lächeln. „Außerdem würde meine Mom mir den Hintern versohlen, wenn ich Sie mit der ganzen Sache hier allein lasse.“

„Ihre Mutter gefällt mir.“

„Sie ist in Ordnung. Aber wenn es Ihnen lieber ist, könnte ich eine Freundin anrufen, damit Sie bei Ihnen bleibt.“

In Wahrheit hatte Chelsea seit ihrem Umzug nach Bend noch keine echten Freunde gefunden. Bekannte, ja, aber niemanden, den sie in einem Notfall anrufen würde. Der Einbruch hatte sie aufgewühlt. „Ich wohne noch nicht lange genug hier, um viele Freunde zu haben.“ Dann fügte sie hinzu: „Aber Sie müssen nicht den Babysitter spielen. Ich bin schon groß.“

„Sie sind wirklich groß!“, bestätigte er. „Ich kenne nur wenige Frauen, die mir ohne Absätze bis zum Kinn reichen.“

Er hatte bemerkt, dass sie flache Schuhe trug? Das beeindruckte sie und schmeichelte ihr auch ein wenig. Obwohl das lächerlich war. Callum war gerade von seiner Verlobten abserviert worden, und im Augenblick konzentrierte sich Chelsea ganz darauf, Muffin zu finden. Wieder bekam sie Herzrasen, schluckte es aber herunter und bemühte sich, einen neuen Anflug von Tränen zu unterdrücken.

„Aber Sie sollten das hier nicht allein bewältigen müssen“, fuhr Callum fort und hatte hoffentlich keine Ahnung von ihren Gedanken. „Ich rufe die Polizei, und dann planen wir gemeinsam die nächsten Schritte.“ Ohne ein weiteres Wort ging er wieder hinaus, und dann hörte sie seine verboten sexy Stimme, als er telefonierte.

Seufzend ließ Chelsea sich aufs Sofa fallen, sie konnte einfach nicht glauben, was passiert war. Es fühlte sich unwirklich an – dass Callum, den sie gerade erst kennengelernt hatte, hier war und ihr half, Muffin aber nicht da war und ihr schmerzlich fehlte. Seit sie ihn vor drei Jahren aus einem Tierheim geholt hatte, war er ihr immer, ohne Ausnahme, an der Tür entgegengekommen. Die alte Weisheit, dass niemand einen so sehr liebte wie ein Hund, stimmte.

Sie hatte sich bemüht, aus diesem Haus ein Zuhause mit schöner Einrichtung zu machen, aber ohne Muffin fühlte es sich leer an.

„Ein Streifenwagen kommt so schnell wie möglich“, sagte Callum und kehrte ins Wohnzimmer zurück.

„Ach, vielen Dank.“

Er setzte sich ans andere Ende des Sofas, und ihr wurde ganz anders, weil sie sich so nahe waren. In ihrem Haus war kein Mann mehr gewesen seit … Eigentlich seit sie nach Bend gezogen war.

„Also gut, die Polizei hat vorgeschlagen, dass Sie eine Liste mit allen Sachen machen, die gestohlen wurden, bevor sie kommen“, fuhr Callum fort und schien von der Nähe zu ihr überhaupt nicht beeinträchtigt zu sein. „Sie sollen möglichst nichts bewegen oder berühren. Ich rufe in der Zeit die örtlichen Tierärzte und Tierheime an und gebe Muffins Beschreibung durch. Haben Sie ein Foto von ihm?“

„Äh …“ Sie nickte und sah sich in dem Chaos um, holte aber schließlich ihr Handy raus. „Hier“, meinte sie kurz darauf. Sie suchte ein Foto heraus, auf dem Muffin in der Tür stand und auf die Straße hinaussah. Einer der seltenen Augenblicke, in denen ihr hyperaktiver Hund einmal ruhig stehen geblieben war.

„Der ist aber süß.“ Callum nahm ihr Telefon, um sich das Foto anzusehen, und dabei berührten sich ihre Hände. Da kribbelte es bei Chelsea tief im Bauch, doch sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.

„Das ist er.“ Sie seufzte. „Also, dann schreibe ich mal die Liste.“

Als Erstes rief Callum eine örtliche Sicherheitsfirma an und bat sie, so bald wie möglich bei Chelsea vorbeizukommen, um ihre Fenster zu reparieren und die Schlösser auszutauschen. Hoffentlich hatte sie eine Versicherung für solche Fälle, aber falls nicht, übernahm er die Rechnung – das wäre seine gute Tat für diesen Tag. Anschließend rief er alle Tierheime und Tierkliniken an, die er in der Umgebung von Bend finden konnte, und hinterließ seine Handynummer als Kontakt, denn er kannte Chelseas nicht. Außerdem nahm er an, dass ihre Kontaktdaten in Muffins Halsband standen, wenn ihn also jemand fand, würde man sich wahrscheinlich sowieso bei ihr melden.

Als er den letzten Anruf beendete, hielt ein Streifenwagen am Bordstein. Callum steckte das Handy ein und ging den Polizisten entgegen.

„Haben Sie einen Einbruch gemeldet?“, fragte Polizist Nummer eins.

„Ja, das war ich.“

„Sie wohnen hier?“, fragte der jüngere der beiden Männer.

„Nein.“ Callum erklärte alles, als er sie durch den kargen Vorgarten zum Haus führte. „Das Haus gehört Chelsea Porter. Sie ist eine …“ Was bitte war sie denn, außer der Frau, die ihn bei der Arbeit besucht und ihm eine Hiobsbotschaft überbracht hatte? Oder was sich wie eine Hiobsbotschaft anfühlen sollte, nach dem ersten Schock aber nur noch Ärger in ihm auslöste. Auf Bailey, nicht auf Chelsea. „Sie ist eine Freundin“, schloss er.

Als sie durch die Tür traten, stand Chelsea im Chaos ihres Wohnzimmers, ein Notizbuch in der Hand, den Stift im Mund, die Stirn gerunzelt. Selbst in diesem Augenblick war sie einfach hinreißend, und dass Callum überhaupt solche Gedanken hegte, ließ ihn überlegen, ob er Bailey vielleicht etwas schuldete. Er liebte sie zwar – sie kannten sich seit frühester Kindheit und hatten viel Spaß zusammen –, konnte aber nicht leugnen, dass er sich verlobt hatte, um seinem Vater zu beweisen, dass er sesshaft werden konnte. Und weil er eine Familie wollte und traditionell eingestellt war. Callum glaubte nicht an die Art Liebe, von der seine Mom und Schwestern ständig schwärmten, aber er glaubte an eine Beziehung, die funktionieren konnte, wenn man hart daran arbeitete.

„Verdammt, was für ein Chaos“, kommentierte der jüngere Polizist, und drückte damit aus, was Callum dachte.

Chelsea sah hoch und nahm den Stift aus dem Mund.

„Guten Tag. Ich bin Sergeant Moore und das ist Officer Fernandez. Sie sind sicher Chelsea“, begrüßte sie der ältere Beamte. „Es tut mir leid, was Ihnen widerfahren ist, und ich weiß, dass sie wahrscheinlich so schnell wie möglich aufräumen wollen, darum …“

„Eigentlich ist mir das Chaos hier scheißegal“, unterbrach Chelsea ihn. „Fragen Sie mich, was Sie fragen müssen, und dann sagen Sie mir, dass Sie mir helfen werden, meinen Hund zu finden.“

„Ihr Hund ist weg?“, fragte Sergeant Moore.

Chelsea nickte.

„Und …“ Officer Fernandez deutete auf das Notizbuch in ihrer Hand. „Ist das eine Liste der Sachen, die gestohlen wurden?“

„Genau das ist das Komische.“ Chelsea warf einen Blick ins Notizbuch, als hätte sie vergessen, dass sie es in der Hand hielt. „Ich glaube, es ist nichts gestohlen worden.“

Officer Fernandez runzelte die Stirn. „Außer dem Hund?“

Schockiert sah Chelsea ihn an. „Glauben Sie, dass man Muffin gestohlen hat? Ich dachte, dass er vielleicht Angst bekommen hat und weggerannt ist.“

Sie ließ sich aufs Sofa sinken, und Callum durchquerte automatisch den Raum und setzte sich zu ihr. Den jungen Polizisten funkelte er böse an.

Der Ältere lächelte Chelsea mitfühlend an. „Ziehen wir keine voreiligen Schlüsse. Ich stelle Ihnen ein paar Fragen, und dann sehen wir weiter.“

„In Ordnung“, flüsterte Chelsea mit bebender Stimme.

Der Sergeant ging die üblichen Fragen durch. Callum bemerkte, dass Chelsea sich immer weiter aufregte, weil die Fragen sich immer wieder wiederholten. Als sie den Beamten ihren Beruf nannte, schienen die beiden verwirrt.

Chelsea erklärte es. „Ich trenne mich von den Partnern anderer Leute, telefonisch, per Mail oder persönlich, damit sie es nicht selbst tun müssen. Aber ich weiß wirklich nicht, was mein Beruf hiermit zu tun hat.“

„Hm …“ Sergeant Moore überlegte. „Könnte es sein, dass einer der Männer, denen Sie die Trennung überbracht haben, Ihnen das übel nimmt?“

„Erstens serviere ich nicht bloß Männer ab“, erklärte Chelsea mit einem Funkeln in den Augen, „und zweitens mache ich meine Arbeit gut. Also nein, diese Möglichkeit ist sehr unwahrscheinlich. Sind wir hier bald fertig? Während wir hier herumsitzen, sucht niemand nach meinem Hund. Was genau werden Sie tun, um Muffin zu finden? Können Sie ihn als vermisst melden?“

Officer Fernandez grinste und antwortete herablassend. „Verschwundene Hunde gehören eigentlich nicht in unseren Aufgabenbereich. Darum schlage ich vor …“

„Aber ...“, unterbrach ihn sein Vorgesetzter, „da Muffin vielleicht gestohlen wurde, liegt er sehr wohl in unserem Aufgabenbereich. Ich versichere Ihnen, dass wir unser Bestes geben, um ihn zu finden, Ihnen zurückzubringen und der ganzen Sache auf den Grund zu gehen.“ Er deutete auf das Chaos.

„Vielen Dank“, meinte Chelsea und stand auf. Sie brachte die beiden Männer an die Tür und schnappte sich eine Baseballkappe von einem Haken im Flur. Die zog sie auf und wollte schon zur Tür hinaus, als sie sich plötzlich an Callum zu erinnern schien.

„Und auch Ihnen vielen Dank für alles, Callum“, sagte sie. „Es war sehr großzügig, dass Sie mir geholfen haben, und wenn ich irgendwann etwas für Sie tun kann, um es zu erwidern …“

„Schon in Ordnung.“ Callum winkte ab. „Wollen Sie noch einmal nach Muffin suchen?“ Dumme Frage.

„Ja. Ich will das Viertel noch einmal gründlich zu Fuß durchkämmen, bevor es dunkel wird.“

„Ich würde Ihnen ja meine Hilfe anbieten“, meinte Callum, „aber jemand sollte hierbleiben und auf die Sicherheitsleute warten.“

Siewirkte mutlos, an ihr unsicheres Haus hatte sie offensichtlich gar nicht mehr gedacht. „Ach so. Nein, das müssen Sie nicht“, widersprach sie schnell. „Sie haben mir schon genug geholfen.“

Ja, verdammt, das hatte er, und warum er ihr das Angebot machte, konnte er selbst nicht ganz erklären, trotzdem konnte er nicht einfach gehen. Er hatte noch niemanden gesehen, der wegen eines Hundes so aufgewühlt war wie Chelsea. Sie sollte das Haus in diesem Zustand wirklich nicht unbewacht lassen, sonst käme vielleicht jemand vorbei und würde es plündern. „Mein Gewissen sagt etwas anderes. Und jetzt los, suchen Sie Muffin. Außer Sie vertrauen mir nicht.“

„Ich vertraue niemandem, aber die Sachen in diesem Haus sind mir auch nicht besonders wichtig.“ Mit diesen Worten drehte sie sich auf dem Absatz um und eilte die Treppe vor der Tür hinunter. Beim Anblick ihres süßen Arsches in der engen Anzughose regte sich bei Callum etwas.

Als er allein war und erneut fluchte, weil ihm das Blut in den Adern kochte, rief er seine Schwester an und sagte ihr, dass er länger unterwegs sein würde als gedacht.

Plötzlich war sein Leben sehr kompliziert geworden.

3. KAPITEL

Callum sah auf die Armbanduhr und hoffte, dass die Sicherheitsfirma bald kommen würde, dann betrachtete er noch einmal das Chaos in dem kleinen Haus. Die Polizisten hatten alles Nötige getan, darum konnte er mit dem Aufräumen beginnen, ohne Beweise zu vernichten. Ihm gehörte das Haus zwar nicht, doch er war nie der Typ gewesen, der herumsaß und Däumchen drehte. Callum schob die Hemdsärmel hoch und beschloss, zuerst die Glassplitter und andere beschädigte Gegenstände aufzusammeln.

In einer Küchenschublade fand er Plastikmülltüten, in einem Schrank im Flur einen Staubsauger. In aller Ruhe ging er durchs Haus und sammelte die Einzelteile auf, mit denen man nichts mehr anfangen konnte. Auf dem Küchentisch lagen einige Puzzleteile. Als er den Blick senkte, fand er Hunderte kleine Teile auf dem Boden verstreut. Es dauerte eine Weile, bis er alle wieder in die Schachtel geräumt hatte, hoffentlich hatte er keins übersehen. Als Nächstes stellte er die Möbel wieder auf, die bei dem Einbruch umgeworfen worden waren, und legte die Einzelteile ihres Computers zurück auf den Schreibtisch. Dabei fiel sein Blick auf ein Foto, und ihm fiel etwas auf. Das einzige Foto, das Chelsea aufgestellt hatte, zeigte einen alten Mann, der in einem abgewetzten Sessel saß, und ein Mädchen im Teenageralter, das hinter ihm stand und ihm die Arme um den Hals schlang.

Callum nahm das Foto zur Hand und betrachtete es genauer. Es war eindeutig Chelsea, und obwohl sie den Mund zu einem riesigen Grinsen verzogen hatte, reichte es nicht bis an ihre Augen – in ihrem Blick lagen Angst und Unruhe, genau wie heute. Er fragte sich, welche Geschichte wohl dahintersteckte. Warum hatte sie keine anderen Fotos? War dieser Mann ihr einziger Verwandter?

Ein Klopfen an der Tür riss Callum aus den Gedanken. „Hallo? Jemand zu Hause?“

„Ja. Kommen Sie rein“, rief er, stellte das gerahmte Foto wieder auf den Schreibtisch und wandte sich zur Tür. Nach einer kurzen Begrüßung wies er den Sicherheitsmenschen an, alle Türschlösser auszutauschen, die zerbrochenen Scheiben zu ersetzen und außerdem zusätzlich ordentliche Schlösser an den Fenstern anzubringen. Bisher konnten selbst kleine Kinder durch sie einsteigen, und aus irgendeinem Grund gefiel Callum, da er Chelseas Beruf kannte, der Gedanke nicht, dass sie in einem unsicheren Haus wohnte. Er konnte sich durchaus vorstellen, dass es Männer gab, die nach einer solchen Zurückweisung die Dinge in die eigene Hand nehmen wollten.

Der Sicherheitsmensch machte sich sofort an die Arbeit, und obwohl er dabei vor sich hin pfiff, arbeitete er schnell und effizient, was Callum gefiel.

Er selbst räumte weiter auf und überlegte, dass seine Mutter und Bailey das sicher gut fänden. Bailey. Allmählich fragte Callum sich ernsthaft, ob sie ihm einen Gefallen getan hatte. Sie hatte recht – im Augenblick hatte er nicht die Zeit, um ihr zu geben, was sie wollte, weil er seine gesamte Energie in den Neustart der Brennerei stecken musste.

Trotzdem hätte er sich gewünscht, dass sie den Anstand gehabt hätte, es ihm ins Gesicht zu sagen.

Bei diesem Gedanken musste Callum seufzen. Sein Dad hatte ihnen überzeugend vorgemacht, alles wäre in Ordnung. Die McKinnel’s Brennerei stand zwar nicht vor dem Aus, aber es war kurz vor zwölf. Für Callum lag das darin begründet, dass sein Vater sich weigerte, mit der Zeit zu gehen, obwohl überall um sie herum Kleinbrennereien wie Pilze aus dem Boden schossen. Jedes Mal, wenn er dieses Problem zu Lebzeiten seines Vater angesprochen hatte, jedes Mal, wenn er eine neue Idee vorgeschlagen hatte, um die Einnahmen zu erhöhen, hatte Conall sie abfällig beiseitege-wischt und seinen Sohn daran erinnert, dass er die Leitung innehatte.

Manchmal konnte Callum selbst nicht glauben, dass er nicht schon vor Jahren alles hingeschmissen und das Familienunternehmen verlassen hatte, aber in Wahrheit liebte er die Brennerei fast so sehr wie Conall.

Wenn du mich doch hättest helfen lassen, Dad. Wenn du mir nur die Chance gegeben hättest, mich zu beweisen.

Aber außer für seine Frau war Conall McKinnel ein unnachgiebiger, beinahe unnahbarer Mann gewesen, solange Callum sich erinnern konnte.

„Ich bin so weit fertig“, verkündete der Sicherheitsmensch und stand plötzlich neben ihm im Wohnzimmer, in einer Hand ein Bund glänzender neuer Schlüssel.

„Danke“, meinte Callum und holte sein Portemonnaie heraus. „Was bin ich Ihnen schuldig?“

Der Mann nannte eine Summe, die ihm exorbitant erschien, trotzdem zückte er ohne Nachfragen seine Kreditkarte. „Können Sie mir für die Versicherung eine Quittung ausstellen?“

Kurz darauf saß der Mann in seinem Wagen, hupte zum Abschied noch einmal und fuhr davon. Wieder war Callum allein im Haus dieser Fremden. Chelsea war inzwischen einige Stunden unterwegs, was wahrscheinlich bedeutete, dass sie ihren Köter nicht gefunden hatte, aber sie wollte doch sicher nicht die ganze Nacht lang suchen.

Darum beschloss er, sie suchen zu gehen. Callum nahm sich ein Stück Papier und schrieb seine Handynummer auf, falls sie zurückkam, bevor er sie fand, und ins Haus wollte, dann befestigte er es an der Haustür. Er schloss ab und joggte zu seinem SUV.

Langsam fuhr Callum durch die Straßen in der Umgebung, fing sich ab und zu misstrauische Blicke der Anwohner ein, die sich fragten, warum dieser Fremde in der Nachbarschaft Patrouille fuhr, aber er wollte nur die faszinierende Chelsea Porter finden. Bei diesem Gedanken schoss ihm das Blut nach unten, was ihn aus dem Gleichgewicht brachte. Er hatte kein Interesse daran, jemanden aufzureißen. Er wollte Chelsea einfach sicher nach Hause bringen, damit er mit seinem Leben weitermachen konnte.

Schließlich sah er sie und atmete unwillkürlich erleichtert aus. Miss Porter war verdammt sexy, und er konnte nichts dagegen tun, dass ihm das Blut in den Ohren rauschte. Beruhig dich, wies er sich zurecht, als er mit dem SUV an den Straßenrand fuhr und das Fenster aufmachte.

„Chelsea!“

Sie drehte sich um und blinzelte ihn verwirrt an, als hätte sie jeden anderen erwartet. Ihre Augen waren rot unterlaufen, und der Mascara lief ihr über die Wangen. Bei diesem Anblick krampfte sich ihm das Herz zusammen.

„Sie haben neue Schlösser im Haus“, erklärte er und hoffte, dass das ihre Laune verbessern würde. Das tat es nicht. Wieder blinzelte sie verwirrt. „Soll ich Sie nach Hause fahren? Es wird langsam dunkel.“

Chelsea schüttelte den Kopf, wobei ihr ein paar goldene Strähnen, die sich aus dem Pferdeschwanz gelöst hatten, übers Gesicht fielen. „Ich kann nicht. Muffin ist irgendwo hier draußen. Ganz allein. Er braucht mich.“

Ihre Verzweiflung machte Callum deutlich, dass sie den Hund wahrscheinlich mehr brauchte als er sie. Was sollte er jetzt tun?

„Wie wäre es, wenn Sie einsteigen …“ Er beugte sich zur Seite und machte die Beifahrertür auf. „Und ich Sie noch ein wenig herumfahre.“ Vielleicht konnte er sie, wenn sie erst einmal in seinem SUV saß, davon überzeugen, nach Hause zu fahren und Feierabend zu machen.

Sie musterte ihn skeptisch, stieg aber seufzend in seinen Wagen. „Warum sind Sie so nett zu mir?“, fragte sie, zog sich den Gurt über die Brüste und schnallte sich an. „Nach allem, was ich Ihnen heute angetan habe?“

„Das war nichts Persönliches. Außerdem bin ich ein netter Typ“, antwortete er, obwohl die Gedanken, die er gerade zu ihren Brüsten hegte, diese Behauptung widerlegten.

Chelsea zuckte mit den Achseln, als würde sie an das Märchen vom netten Typen nicht glauben – schlaues Mädchen –, aber wenigstens saß sie im Auto.

Als Callum den Wagen wieder auf die Straße lenkte, bemühte er sich um etwas Small Talk. „Seit wann wohnen Sie in Bend?“

„Erst gut ein Jahr“, antwortete Chelsea, als wäre das Gespräch damit beendet, aber scheißegal, er spielte hier den Chauffeur und wollte aus irgendeinem Grund mehr wissen.

„Und wo waren Sie früher zu Hause?“

Da murmelte sie den Namen irgendeines Vorortes von Portland, sah aber weiter die ganze Zeit aus dem Fenster.

„Und weshalb hat es Sie nach Bend verschlagen? Die Familie? Die Liebe?“ Im Haus hatte es keinerlei Anzeichen gegeben, und er hoffte tatsächlich, dass es keinen Freund gab. Was für ein lächerlicher Gedanke. Schließlich wollte er diese Rolle ja nicht übernehmen.

Böse funkelte Chelsea ihn an und atmete schwer durch die Nase. „Wollen Sie mich ausfragen, oder was?“ Selbst mit den blutunterlaufenen Augen und dem verschmierten Mascara, vor allem mit dem genervten Ton war sie umwerfend. Schlicht und einfach die atemberaubendste Frau, die er je gesehen hatte.

Er grinste leicht. „Tut mir leid. Sie müssen mir gar nichts sagen.“

Chelsea seufzte und verschränkte die Arme vor ihren prallen Titten. „Mein Großvater – der einzige Verwandte, der mir je etwas bedeutet hat – ist vor vierzehn Monaten gestorben, und ich brauchte einen Ortswechsel. Ich hatte keinen Freund, einen totlangweiligen Job, keine Familie, darum gab es für mich keinen Grund, in Portland zu bleiben. Ich beschloss, mich ins Auto zu setzen und so lange zu fahren, bis mir etwas sagt, dass ich anhalten und dortbleiben soll. Irgendwas an Bend hat mich gerührt. Außerdem habe ich herausgefunden, dass Muffin es mit Roadtrips nicht so hat.“

Callum lachte. Obwohl sie offensichtlich aufgewühlt war, behielt sie ihren Humor.

„Sie haben wahrscheinlich ihr ganzes Leben lang in dieser Gegend gewohnt“, vermutete sie und machte damit klar, dass sie nicht mehr über sich sprechen wollte.

„Yep. In Jewell Rock geboren und aufgewachsen. Vor Kurzem habe ich mit dem Gedanken gespielt, die Flügel etwas auszubreiten, aber dann ist mein Dad gestorben, und, na ja, jetzt brauchen Sie mich zu Hause. In der Brennerei.“ Genau das hatte er sich immer gewünscht – aber er hatte nicht gewollt, dass dafür sein Vater unter der Erde liegen musste.

„Wollten Sie und Miss Sawyer wegziehen?“

Tatsächlich hatte er nur Chelsea gestanden, dass er darüber nachdachte, das Familienunternehmen zu verlassen. Bei diesem Gedanken lagen ihm die Schuldgefühle schwer im Magen. „Wir haben darüber gesprochen“, log er.

Kurz herrschte Stille im Wagen, während sie die Umgebung absuchten, dann näherten sie sich einem bekannten Fast-Food-Hähnchen-Restaurant. Callum hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen und vermutete, dass es ihr ähnlich ging.

Wortlos bog er in den Drive-in ein.

„Hey, was machen Sie?“, rief sie aus.

„Ich bestelle uns Abendessen. Was wollen Sie?“

Chelsea wollte einfach nur ihren Hund zurück und dachte eigentlich auch, dass sie das eindeutig klargemacht hatte, aber als Callum vom Essen sprach, wurde ihr leicht schwindelig. Vielleicht brauchte sie etwas. Oder vielleicht kam der Schwindel daher, dass sie sich mit dem über eins achtzig großen, sexy McKinnel auf beengtem Raum befand. So oder so bat sie um ein Sandwich, Hähnchen-Nuggets und eine Portion Pommes. Callum bestellte dasselbe, plus eine Portion Coleslaw. Die Teenagerin hinter dem Lautsprecher, die ihre Bestellung aufnahm, kicherte lächerlich, als sie seine tiefe, sexy Stimme hörte.

„Hat Ihnen Ihre Mom gesagt, dass Sie bei jeder Mahlzeit Gemüse essen sollen?“, neckte Chelsea ihn, als sie auf ihr Essen warteten. Wie er einige Male seine Mutter erwähnt hatte, fand sie irgendwie süß.

„So was in der Art.“ Beinahe lächelte er, und da erbebte sie innerlich und wandte den Blick ab. Als sie aus dem Fenster sah, wurde ihr klar, dass sie kurz nicht an Muffin gedacht hatte. Für einen Moment lang hatte Callum sie von ihrer Angst abgelenkt.

Als ihre Bestellung fertig war, nahm Callum sie entgegen und gab sie Chelsea. Der Duft nach heißen, fettigen Leckereien zog durchs Auto. Chelsea aß nur selten etwas von auswärts – weil sie es sich über Jahre nicht hatte leisten können, war daraus eine Gewohnheit geworden.

„Ich gebe Ihnen was zur Rechnung dazu“, meinte sie, als sie wieder in der Gegenwart ankam und ihr klar wurde, dass sie im Auto eines Fremden saß – genauer gesagt im Auto des Ex einer Kundin – und dieser gerade für ihr Abendessen gezahlt hatte.

Er winkte ab und fuhr vom Parkplatz des Restaurants hinunter.

„Wenn Sie möchten, können wir kurz anhalten, damit Sie was essen können“, schlug Chelsea vor.

„Oder wir fahren zu Ihnen nach Hause und essen dort.“ Der Gedanke, mit einem Typen in ihrem Haus zu Abend zu essen, war so eigenartig, dass er sie nervös machte.

„Aber wir haben Muffin noch nicht gefunden.“ Dass sie so verzweifelt klang, hasste sie, konnte es aber nicht ändern.

„Hör zu, Chels“, meinte Callum und wandte sich ihr zu, bis ihr von seinem Blick aus tiefgrünen Augen ganz heiß wurde. Aber vielleicht lag es einfach daran, dass er ihr einen Spitznamen gegeben hatte, als wären sie Freunde und hätten sich nicht gerade erst kennen gelernt. Nie hätte sie es zugegeben, aber das gefiel ihr. „Ich weiß, dass Sie sich um Muffin sorgen, aber wir haben beide alles abgesucht. Ich habe jedes Tierheim in einem Umkreis von 500 Kilometern um Bend angerufen. Ich glaube, es ist Zeit, Feierabend zu machen. Was, wenn Muffin nach Hause kommt, und Sie sind nicht da?“

Und mit dieser einfachen Frage hatte er sie überzeugt. „In Ordnung.“ Sie nickte und gab sich geschlagen. „Wenn Sie mich nach Hause bringen könnten, wäre das fantastisch.“

Callum schenkte ihr ein freundliches Lächeln und fuhr in ihre Richtung. Je näher sie ihrem Haus kamen, desto nervöser wurde Chelsea. Nicht, weil sie vielleicht Muffin nie wieder finden würde, sondern nervös, weil Callum McKinnel in ihr Haus kommen würde. Klar, er hatte hier vorhin eine ganze Weile verbracht, aber das hier kam dem Gefühl eines Dates näher als alles, was sie in den letzten Monaten erlebt hatte.

Mach dich nicht lächerlich, kommentierte eine innere Stimme. Der Mann ist gerade von seiner Langzeitverlobten abserviert worden.

Eigentlich hast du ihn abserviert, widersprach eine andere Stimme, doch Chelsea verschloss vor beiden die Ohren. Außerdem würde er sicher nur kurz bleiben.

Zehn Minuten später parkte Callum zum dritten Mal an diesem Tag in ihrer Einfahrt. Chelsea stieg aus dem Wagen, trug ihr Essen bis zur Haustür und versuchte, ruhig, kühl und souverän zu wirken. Callum kam ihr hinterher, und sie erinnerte sich erst, als sie die Notiz las, die er an ihrer Tür befestigt hatte, dass er die neuen Schlüssel für ihr Haus hatte. Schnell drehte sie sich um und knallte beinahe in ihn hinein.

„Tschuldigung“, murmelte sie, als er die Arme ausstreckte und sie festhielt.

„Kein Problem.“ Wieder dieses Lächeln. Mal abgesehen von der Tatsache, dass Callum der Ex einer Kundin war, spielte er als McKinnel in einer völlig anderen Liga als sie.

Chelsea schluckte ein enttäuschtes Stöhnen hinunter, als er sie losließ. Dann ging er an ihr vorbei und schloss die Tür zu ihrem Haus auf. Von seiner Berührung völlig betört ließ sie sich von ihm hineingeleiten und ihn die Führung übernehmen.

„Sollen wir in der Küche essen oder lieber auf der Couch?“, fragte Callum und schloss die Tür.

Im Haus war es still, was Chelsea an Muffins Abwesenheit erinnerte, doch ihr entging nicht, in welchem Zustand sich alles befand. Alles war sauber und aufgeräumt, sodass kaum Spuren des Einbruchs blieben. „Haben Sie das gemacht?“ Ungläubig schaute sie sich um und wandte sich dann Callum zu.

Dieser nickte und zuckte mit den Achseln. „Irgendwas musste ich ja machen, während ich auf die Sicherheitsfirma gewartet habe.“

Nein, eigentlich musste er das nicht. Er war ihr absolut nichts schuldig, aber aus irgendeinem ihr unbekannten Grund hatte er sich ihr zuliebe beinahe überschlagen. Diese Bailey Sawyer war echt nicht ganz richtig im Kopf. Völlig egal, ob Callum nicht der Beste in der Kiste war. Er war freundlich und dachte mit, außerdem war er viel heißer als die Sonne, und diese Eigenschaften sollte man bei einem Mann nicht verachten. Sie konnte nichts anderes sagen als: „Vielen Dank.“

„Gern geschehen.“

Chelsea wandte den Blick ab, weil sie sein betörendes Lächeln nicht mehr ertrug. „Essen wir im Wohnzimmer. Da ist es gemütlicher.“

Callum ging ihr bis zum Sofa hinterher und setzte sich neben sie, als sie das Essen verteilte. „Darf ich Ihnen was zu trinken bringen? Ich habe Sprudel oder Cola.“

„Dann nehme ich eine Cola, danke.“ Wieder lächelte er und biss dann in sein Sandwich. Noch nie hatte sie etwas gesehen, das derart sexy war. Vielleicht bin ich diejenige, die nicht ganz richtig im Kopf ist? Mit diesem Gedanken verzog sie sich in die Küche und wünschte sich, noch weiter weg zu sein, damit sie mehr Zeit hätte, um sich zusammenzureißen.

Chelsea machte den Kühlschrank auf, holte zwei Dosen Cola heraus und drückte sich eine gegen die Stirn, glücklicherweise hatte Callum ihr den Rücken zugewandt. Von der Küche aus konnte sie sehen, wie er sich auf dem Sofa zurücklehnte, als wäre es das Normalste der Welt. Sie schüttelte den Kopf – war das hier irgendein komischer Traum? Ein Albtraum? Doch als sie sich kniff, um das zu überprüfen, brachte der Schmerz sie wieder zum Handeln, und sie brachte die zwei Dosen und zwei Gläser zu ihm. Niemand in ihrer Familie hatte jemals Limonade aus Gläsern getrunken – außer wenn sie mit etwas Stärkerem gemixt wurde, was meistens der Fall war – aber Callum hatte eine Mom, die ihn dazu zwang, ein Stofftaschentuch mitzunehmen, darum schienen ihr die Gläser notwendig.

„Danke“, meinte er, als sie eine Dose aufmachte und ihm das Glas eingoss. Chelsea bemühte sich, ihn nicht lüstern anzustarren, als er das genannte Glas an den Mund führte und einen Schluck trank, wobei die starken Muskeln an seinem Hals hervortraten.

Okay, bleib realistisch. Sie goss Cola in das andere Glas und exte ungefähr die Hälfte auf einmal. Die Schmetterlinge in ihrem Bauch vertrieben ihr den Appetit. Chelsea zermarterte sich das Hirn, was sie sagen könnte, und erinnerte sich dann daran, wie sie aus seinem Büro geflüchtet war, ohne ihre vollständige Dienstleistung anzubieten.

„Das mit heute Morgen tut mir leid“, sagte sie.

Callum zog die Augenbrauen hoch. „Dass Sie mich abserviert haben?“

Sie schüttelte den Kopf. „Normalerweise bleibe ich, nachdem ich jemandem die Nachricht überbracht habe, noch bei ihm, um zu reden und sicherzustellen, dass es ihm gut geht.“

„Als guten Kundendienst? Das gefällt mir. Und warum haben Sie das heute Morgen nicht getan?“

So wie er mit ihr sprach, wie er sie ansah, bekam sie das Gefühl, dass er den Grund kannte, und ihr schoss das Blut in die Wangen. „Ich … weiß es … nicht genau.“

„Schon gut“, winkte er lachend ab. „Ich rede sowieso nicht viel, und wahrscheinlich hat Bailey mir einen Gefallen getan.“

„Echt?“

„Klar, ich will mit keiner Frau zusammen sein, die in mir nicht den Richtigen sieht.“

Callum schien es leicht zu nehmen, trotzdem vermutete sie hinter seinen Worten verborgenen Schmerz.

„Dieses Trennungsgeschäft, ist das echt Ihre Arbeit?“

Überraschenderweise hörte sie keinerlei Abscheu mehr, wie es vorhin noch der Fall gewesen war.

„Ja. Bis vor Kurzem habe ich auch als Kellnerin gearbeitet. Aber ich hätte entweder noch jemanden einstellen müssen, um einige Trennungen zu übernehmen, oder den anderen Job aufgeben. Dafür habe ich mich dann entschieden.“

Callum machte große Augen. „Bitte entschuldigen Sie, aber ich bin überrascht, dass es so eine lukrative Arbeit ist, sich von den Partnern anderer Leute zu trennen.“

Da musste sie lachen. „Lukrativ würde ich es nicht nennen, aber ich bin stolz darauf, und mein guter Ruf spricht sich herum.“

„Wie viele solcher Aufträge haben Sie pro Tag?“

Schnell rechnete Chelsea nach. „Ein oder zwei Trennungen mit persönlichen Treffen pro Woche – das mache ich nur für Kunden in Bend und Umgebung, aber ich arbeite auch viel online. E-Mails und Ähnliches. Dann noch Anrufe, um mit den Verlassenen noch einmal zu sprechen.“

„Man lernt doch nie aus.“ Callum steckte eine Pommes in den Mund, und sie aß auch eine. Dann fragte er: „Wie genau sind Sie auf diese Arbeit gekommen?“

Chelsea atmete tief durch und überraschte sich selbst, als sie ihm die Wahrheit sagte. „Meine beste Freundin Rosie aus Portland hat es mir vorgeschlagen. Bei mir ist es so, dass ich keine Beziehung lange durchhalte. Aber wir schaffen es immer, befreundet zu bleiben. In diesem Jahr war ich schon auf fünf Hochzeiten von Ex-Freunden. Jedenfalls hat Rosie einmal gewitzelt, dass ich die Königin der Trennungen wäre und das als Beruf machen könnte, und dann hat mich eine Freundin von ihr tatsächlich gefragt, ob ich es machen könnte. Das war nur ein Gefallen, aber es ist gut gelaufen, und dann hat mich noch jemand gefragt. Und …“

„Der Rest ist Geschichte, wie man so schön sagt?“

Lächelnd nickte Chelsea. „Ja. Zugegeben, das ist kein gewöhnlicher Beruf, aber ich glaube wirklich, dass ich eine notwendige Dienstleistu...

Autor

Kathy Douglass
Als Tochter lesebegeisterter Eltern ist Kathy Douglass mit Büchern aufgewachsen und hat schon früh eins nach dem anderen verschlungen. Dann studierte sie Jura und tauschte Liebesgeschichten gegen Gesetzestexte ein. Nach der Geburt ihrer zwei Kinder wurde aus der Liebe zum Lesen eine Liebe zum Schreiben. Jetzt schreibt Kathy die Kleinstadt-Romances,...
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Melissa Mc Clone
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Helen Lacey
<p>Als Helen Lacey ein kleines Mädchen war, gehörten „Black Beauty“ und „Unsere kleine Farm“ zu ihren Lieblingsbüchern. Diese Klassiker haben sie im Alter von sieben Jahren dazu inspiriert, ihr erstes Buch zu schreiben – eine Geschichte über ein Mädchen und sein Pferd. Heute genießt Helen Lacey es, für Harlequin zu...
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