Die Rückkehr des sizilianischen Millionärs

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Warum ist Matteo ausgerechnet in dem Hotel abgestiegen, in dem sie als Zimmermädchen arbeitet? Bella fühlt sich schwach vor Scham, denn sie weiß, dass der sizilianische Millionär sie für käuflich hält. Und vor Liebe - die sie nur einmal in ihrem Leben erlebt hat: mit Matteo …


  • Erscheinungstag 28.07.2022
  • ISBN / Artikelnummer 9783751515153
  • Seitenanzahl 140
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

„Luka und ich treffen uns heute früh am Flughafen. Kommst du mit?“ Matteo streifte Bella nur mit einem kurzen Blick. Der blaue Fleck auf ihrer Wange ging auf sein Konto und war ihm furchtbar unangenehm.

Bella schaute in die Richtung des Mannes, dem ihr Herz gehörte, seit sie sechzehn war und gemeinsam mit ihrer Freundin Sophie im Brezza Oceana als Zimmermädchen angefangen hatte. Es war noch ungewohnt gewesen, Berufskleidung zu tragen. Außerdem hatte Bella ihre Schulfreunde vermisst. Der einzige Trost war gewesen, dass Sophie und sie in derselben Schicht arbeiteten.

Damals kamen ihnen auf einem der langen Hotelkorridore plötzlich einige von Malvolios Männern entgegen. Darunter auch Matteo Santini und sein Halbbruder Dino. Die Mädchen machten der Gruppe sofort Platz, doch Bella ahnte, was kommen würde.

Sophie würden sie nicht anrühren, denn sie war Malvolios Sohn Luka versprochen. Die Verlobung stand unmittelbar bevor. Luka, der inzwischen in England lebte, würde zu diesem Anlass nach Sizilien kommen.

Bella hingegen war Freiwild. Ihr allein galten die anzüglichen Bemerkungen, denn die jungen Männer wussten, welchem Gewerbe ihre Mutter Maria Gatti nachging.

Doch inzwischen prallten die unverschämten Kommentare an Bella ab.

„He!“ Ungehalten musterte Matteo seine Begleiter. „Lasst sie in Ruhe!“

Seine sonore Samtstimme verzauberte Bella sofort.

Als Dino trotz der Warnung seines Halbbruders weiterpöbelte, stieß der ihn gegen die Wand und raunte Bella zu, schnell das Weite zu suchen.

Er war kein Unbekannter für sie gewesen, denn er hatte regelmäßig das Geld abgeholt, das ihre Mutter für Malvolio angeschafft hatte. Doch seine Stimme hatte Bella noch nie zuvor gehört.

In der vergangenen Nacht hatte Matteo nun mit ihr geschlafen. Ihr erstes Mal …

Sie hatten unter grausamen Umständen zueinandergefunden. Umstände, für die sie selbst nichts konnten.

Die Kleinstadt an der wilden Westküste Siziliens befand sich fest in Malvolios Hand. Die Einwohner hatten alle Angst vor dem grausamen Mann, dem das Hotel und die meisten Geschäfte in der Stadt gehörten. Verbrechen und Korruption zerstörten das Bild der bezaubernden Landschaft. Wer sich Malvolios unerbittlichem Regime widersetzte, schwebte in Lebensgefahr.

Das alles hatten Matteo und Bella einige unvergessliche Stunden lang hinter sich gelassen. Und am Morgen hatte Matteo gefragt, ob Bella Bordo del Cielo mit ihm verlassen würde.

„Ich werde versuchen, da zu sein“, sagte Bella.

„Es ist unsere einzige Chance. Wenn du hierbleibst, darf niemand erfahren, dass ich dich mitnehmen wollte. Wenn Malvolio Wind davon bekommt, dass mir etwas an dir liegt, bist du verloren, Bella.“ Eindringlich schaute Matteo ihr in die Augen.

„Ich habe ja gesagt, ich versuche zu kommen.“ Sie sah zu, wie er sich die Krawatte band. Er trug Designeranzüge aus Mailand und handgefertigte Schuhe. Allein durch sein Outfit hob er sich von den anderen Männern ab.

Letzte Nacht hatte er ihr verraten, woher er das Geld für die teure Kleidung hatte. Letzte Nacht hatte er Bella Dinge verraten, die niemals herauskommen durften, sonst wären er und Bella geliefert.

Er zog sein dunkelgraues Jackett über das erstaunlich glatte Hemd. Als er sich ausgezogen hatte, hatte er die Sachen ordentlich über eine Stuhllehne gehängt.

„Ich liebe diese Stoffe.“ Behutsam strich Bella über Sakko und Baumwollhemd, dann über das Seidenfutter des Designeranzugs. Sie war eine begnadete Schneiderin und verstand etwas von Stoffen und Schnitten. Leider hatte sie kaum Gelegenheit, ihr großes Talent zu zeigen. „Ich könnte dir auch Anzüge schneidern“, schlug sie vor.

„Ich lasse einmal im Jahr den besten Herrenausstatter aus Mailand einfliegen“, erzählte Matteo. Er beließ es bei dieser Bemerkung, denn Bellas geschickte Finger hatten etwas noch Interessanteres entdeckt. Erregt stöhnte Matteo auf.

„Komm wieder ins Bett!“ Sehnsüchtig sah Bella ihn an.

„Nein, dafür reicht die Zeit nicht.“ Er fuhr sich durch das pechschwarze Haar, um es zu glätten, und griff nach der Sonnenbrille, die seine ausdrucksvollen dunkelgrauen Augen verbarg, mit denen er Bella beim Liebesspiel so zärtlich angesehen hatte. In den wenigen Stunden, die ihnen vergönnt gewesen waren, hatte Bella den wahren Matteo kennengelernt.

Die Designerklamotten, das kurze Haar, der Dreitagebart waren nur Tarnung. Tarnung, um zu überleben. Doch nun hatte Matteo beschlossen, mit seinem Freund Luka nach London zu gehen, um dort ein neues Leben anzufangen. Und ich soll mitkommen, dachte Bella. Luka hatte sicher auch Sophie gebeten, ihn zu begleiten.

Allerdings hatte Sophie erzählt, ihre Beziehung zu Luka sei beendet. Statt nach London wollte sie noch heute Abend eine neue Bleibe in Rom finden, und Bella sollte mitkommen. Doch wie sollte das gehen? Sie konnte ihre Mutter nicht allein auf Sizilien zurücklassen. Maria war erst vierunddreißig Jahre alt, aber von Krankheit gezeichnet – sie hatte nicht mehr lange zu leben. Matteo hatte vorgeschlagen, dass auch Maria sie nach London begleiten sollte. Er würde sich um Mutter und Tochter kümmern.

Bella saß nackt im zerwühlten Bett und lächelte still vor sich hin.

„Der Flieger geht um neun Uhr“, sagte Matteo, setzte sich zu ihr und schob ihr zärtlich eine lange Strähne hinters Ohr. „Sei bitte pünktlich.“ Er sah ihr tief in die ausdrucksvollen grünen Augen und fürchtete, sie würden schnell ihren Glanz verlieren, wenn Bella den Absprung aus Bordo del Cielo jetzt nicht schaffte. „Wenn du nicht mitkommst, musst du heute Abend für Malvolio in der Bar arbeiten“, sagte er warnend. „Ohne dass ich ein Auge auf dich haben kann. Du weißt, was das für dich bedeutet. Also bitte komm mit nach London. Dort fangen wir ein neues Leben an. Hier gibt es keine Zukunft für uns. Malvolio verlangt, dass ich ab morgen mit allen Leuten abrechne, die im Prozess gegen ihn ausgesagt haben.“

Ein eiskalter Schauer lief Bella über den Rücken. Malvolio, Luka und Sophies Vater Paolo hatten die vergangenen sechs Monate in Untersuchungshaft gesessen. Viele Zeugen hatten beim Prozess gegen Malvolio ausgesagt, in der Hoffnung, er würde den Rest seines Lebens im Gefängnis sitzen. Aber es war ganz anders gekommen. Der Richter hatte ihn freigesprochen, und nun hielt Malvolio in Bordo del Cielo die Zügel wieder fest in Händen.

„Ich kann das nicht, Bella. Deshalb muss ich von hier verschwinden. Du musst mitkommen, sonst blüht dir das gleiche Schicksal wie deiner Mutter.“

Natürlich wusste Bella nur zu genau, worauf Matteo anspielte. Er musste gar nicht deutlicher werden. „Ich weiß“, sagte sie leise.

„Gut. Übrigens habe ich noch nie für Sex bezahlt, das musst du mir glauben.“ Da er jedoch wusste, wie dringend Bella Geld brauchte, zog er ein Bündel Scheine aus der Brieftasche und legte es neben Bella auf das Bett. „Das ist nicht für die Nacht, die du mit mir verbracht hast, sondern für deine Zukunft. Du kannst es auch deiner Mutter geben, falls sie uns nicht begleiten will“, fügte er großzügig hinzu.

Bella konnte es kaum glauben. Sie war jetzt achtzehn Jahre alt und seit einer halben Ewigkeit in Matteo Santini verliebt. Nun saß ihr Traummann neben ihr auf dem Bett und bot ihr an, ein neues Leben mit ihm zu beginnen. Bella wagte kaum, an ihr Glück zu glauben.

Zärtlich zog Matteo sie an sich und versprach: „Ich bin immer für dich da.“ Dieses Versprechen besiegelte er mit einem innigen Kuss, der Bella mit Zuversicht erfüllte. Hätte Matteo nicht unter Zeitdruck gestanden, sie hätten sich erneut geliebt. Der Kuss verriet, wie sehr sie sich beide danach sehnten.

Schließlich lehnte Matteo sich zurück und sah Bella tief in die glücklich schimmernden Augen. „Schlaf bloß nicht wieder ein, wenn ich weg bin“, warnte er lächelnd.

„Keine Sorge.“ Bella erwiderte das Lächeln. „Musst du wirklich schon los?“ Sie wünschte, er könnte noch bei ihr bleiben. Ohne ihn fühlte sie sich verloren. Außerdem hatte sie Angst, er könnte es sich anders überlegen, sobald er das Zimmer verließ.

„Ja, leider.“

„Was hält Luka denn davon?“, fragte Bella. „Er redet dir bestimmt aus, uns mitzunehmen.“

„Luka erfährt es erst, wenn du an meiner Seite stehst, Bella. Es ist meine Sache. Was geht es ihn an, wen ich mitnehme? Sollte er doch dagegen sein, fliegen wir eben nicht mit ihm nach London, sondern ohne ihn nach Rom. Hier können wir jedenfalls nicht bleiben. Wenn deine Mutter nicht mitkommen will, dann ist das eben so. Wenigstens hat sie eine Wahl.“

Bella nickte und gab Matteo einen Kuss. Wie erhofft wurde daraus mehr, denn Matteo schob sich auf sie. Hingerissen schob sie die Hände durch sein noch feuchtes Haar und gab sich ganz dem sinnlichen Zauber hin, noch einmal eins mit Matteo zu werden.

Matteo konnte der Verlockung nicht widerstehen. Die Nacht mit Bella war so erregend und erfüllend gewesen, er musste einfach mehr davon haben.

Geschickt brachte er Bella fast zum Höhepunkt, hielt sie dann aber hin, um den Orgasmus für sie noch überwältigender zu machen. Ihr sehnsüchtiges Stöhnen machte ihn an, der Druck seiner Finger wurde stärker. Doch das reichte Bella nicht.

„Ich will dich richtig spüren, Matteo. Tief in mir.“ Sie stöhnte und bog sich ihm fordernd entgegen.

Doch Matteo setzte sein erregendes Fingerspiel fort. „Dafür haben wir jetzt keine Zeit“, entgegnete er atemlos. Er hatte sowieso nur vorgehabt, neue Sehnsucht in Bella zu wecken, damit sie auch wirklich zum Flughafen kam. Außerdem sollte seine Hand nach Bellas erregendem Duft riechen.

Natürlich versuchte Bella trotzdem, ihn umzustimmen. Doch Matteo gab nicht nach. Stattdessen erhöhte er das Tempo, bis Bella ihre Schenkel zusammenpresste und auf dem Höhepunkt der Lust aufschrie. Matteo fing den Schrei mit heißen Lippen auf. Dann richtete er sich auf und wartete, bis die Wogen der Ekstase verebbt waren und Bella die Augen aufschlug. Er liebte diesen zufriedenen Ausdruck ihrer wunderschönen grünen Augen. In diesem Moment gehörte sie ganz ihm. Oder spielt sie mir was vor? dachte er gleich darauf. Das Leben auf Sizilien hatte ihn gelehrt, niemandem zu vertrauen. Selbst seinem besten Kumpel Luka vertraute er nicht hundertprozentig.

„Enttäusch mich nicht, Bella!“, flüsterte er ihr daher zu.

„Versprochen“, wisperte sie zurück.

„Dann sehen wir uns nachher?“, fragte er sicherheitshalber nach.

Nach kaum merklichem Zögern nickte sie.

„Mach nicht alles kaputt, was gerade erst begonnen hat“, beschwor er sie eindringlich. „Wenn du heute nicht mit mir abfliegst, ist es aus zwischen uns. Das musst du wissen.“

Ja, das wusste sie. Er lässt mal wieder den unerbittlichen Macho heraushängen, dachte Bella. Inzwischen wusste sie jedoch, dass unter der rauen Schale ein empfindsames Herz schlug.

Nach einem letzten Blick auf die schöne Bella, die noch ganz unter dem Eindruck des eben erlebten Höhepunkts stand, zog Matteo die Tür hinter sich zu.

Wie gern hätte Bella die zurückliegenden Stunden der Leidenschaft noch einmal in aller Ruhe Revue passieren lassen. Wie gern hätte sie einfach nur verträumt dagelegen und die nach Sex duftende Luft im Raum eingesogen. Wie gern hätte sie noch ein wenig geschlummert und wäre dann mit der Erinnerung an die heiße Nacht mit Matteo aufgewacht. Doch das musste warten. Fürs Erste musste dieses Erlebnis fest in ihrem Herzen verschlossen bleiben. Jetzt blieb ihr keine Zeit, in Erinnerungen zu schwelgen.

Also sprang Bella aus dem Bett, duschte und schlüpfte wieder in das aufreizende schwarze Kleid, das sie am Abend zuvor getragen hatte. Es roch nach dem billigen Parfüm, das Matteo zuwider gewesen war. Die Netzstrümpfe und Strapse stopfte Bella in die Handtasche. Dann tat sie das, was von ihr erwartet wurde, packte die Alkoholfläschchen und die Nusstüten aus der Minibar ein, griff nach dem Geldbündel, das noch auf dem Bett lag, steckte einige Geldscheine in die Handtasche, andere in den BH und den Rest …

Den Rest drehte sie zu einem Röhrchen zusammen, zog die Gummiabsätze von den gefährlich hohen Stilettos und versteckte das Geld im Hohlraum, bevor sie die Gummiabsätze wieder an den Schuhen befestigte und sie anzog.

Bella ließ einen letzten wehmütigen Blick durchs Zimmer gleiten, dann schloss sie die Tür hinter sich. Dabei erinnerte sie sich, wie verängstigt sie vor dem Betreten des Hotelzimmers gewesen war. Matteo hatte ihr eine Ohrfeige verpasst, und ihre Wange hatte noch geschmerzt. Bella hatte vor Wut geweint. Das alles war jetzt vergeben und vergessen. Ein wehmütiges Lächeln umspielte ihre sinnlichen Lippen.

Selbstvergessen hatten Matteo und sie getanzt und versucht, alles nachzuholen, was sie so lange versäumt hatten. Wie sehr hatte sie sich vor dem ersten Abend als Prostituierte gefürchtet. Wie unvergleichlich schön war die Nacht mit Matteo gewesen …

Bella nahm den Fahrstuhl nach unten und betrat die Bar. Der Geruch abgestandenen Biers stieg ihr sofort in die Nase. Vor wenigen Stunden hatte Malvolio in der Bar seinen Freispruch gefeiert.

„Wie war’s?“, fragte Gina. Die Frage bezog sich auf Bellas Nacht mit Matteo.

Bella schwieg. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.

„Hoffentlich hat er dich großzügig bezahlt“, sagte Gina. „Schließlich warst du die ganze Nacht mit ihm zusammen.“

„Malvolio hat das doch übernommen“, sagte Bella, zuckte die Schultern und wandte sich ab.

„Moment mal! Soll das heißen, Matteo hat dir kein Trinkgeld gegeben?“ Gina musterte sie scharf. „Das Trinkgeld wird unter allen Kolleginnen aufgeteilt.“ Erwartungsvoll streckte sie eine Hand aus.

Also öffnete Bella die Handtasche und zog die beiden Geldscheine hervor, die sie dort untergebracht hatte.

„Ist das alles?“

Wortlos öffnete Bella erneut die Handtasche und übergab Gina die Fläschchen aus der Minibar. „Hier.“ Erneut wandte sie sich zum Gehen.

Wütend zog Gina sie an den Haaren zurück und drückte Bella an die Wand. „Mich hintergehst du nicht!“, zischte Gina aufgebracht und zog triumphierend die Banknoten aus dem BH, bevor sie Bella wieder losließ.

Erst in diesem Moment wurde Bella richtig bewusst, worauf sie sich fast eingelassen hätte.

Gina tat, als wäre nichts geschehen, und drückte Bella einige Geldscheine in die Hand. „Dein Anteil. Wir sehen uns heute Abend.“

Ganz sicher nicht, dachte Bella, behielt das aber wohlweislich für sich und machte sich gespielt lässig auf den Nachhauseweg. Sie ging am Strand entlang, sah zu, wie die Fischer ihren Fang anlandeten, und schlug den Pfad zu einer versteckt liegenden kleinen Bucht ein. Am liebsten hätte sie sich ein letztes Mal ins erfrischende Meer gestürzt, bevor sie Bordo del Cielo endgültig den Rücken kehrte. Doch dazu fehlte ihr die Zeit. Außerdem machte es ohne Sophie sowieso keinen Spaß. Ihre beste Freundin war bereits abgereist, Malvolio war zurückgekehrt, und es gab hier keine Zukunft mehr für sie.

Bella wusste, dass sie sich völlig unauffällig verhalten musste, sonst würde noch jemand merken, was sie vorhatte. Niemand durfte wissen, dass sie und ihre Mutter die Insel verlassen würden.

An der Ecke der Straße, in der Maria und sie wohnten, standen einige Touristen. Offensichtlich hatten sie eine feuchtfröhliche Nacht hinter sich und stierten Bella an.

Bella ignorierte sie. Maria hätte es auch getan. Sie war stolz auf ihre Mutter. Auch auf die Tricks, die sie ihr beigebracht hatte. Gina hatte ja keine Ahnung … Ein schadenfrohes Lächeln huschte über Bellas Gesicht, als sie durch den Vorgarten zur Haustür schlenderte. Die unglaublich hohen Absätze – die zu ihrem neuen Beruf gehörten – waren ungewohnt. Immer wieder knickte Bella um. Ein Grund mehr, diesen Beruf umgehend wieder an den Nagel zu hängen. Maria hatte es das Herz gebrochen, als sie am Abend zuvor gesehen hatte, wie Bella sich bereit machte, in die Fußstapfen ihrer Mutter zu treten. Gleich würde sie Maria von Matteos Einladung erzählen, ihn nach London zu begleiten. Sie freute sich schon auf ihren erleichterten Gesichtsausdruck.

Doch die Vorfreude wich Entsetzen, als Bella das Haus betrat. Im Flur herrschte ein heilloses Durcheinander. Der Tisch war umgestoßen, die Vase mit Gartenblumen lag zerschmettert am Boden, direkt neben Maria.

„Mama!“ Außer sich vor Sorge kniete Bella neben ihrer blutüberströmten Mutter. Was hatte Malvolio ihr angetan? Und warum? Hatte er von Bellas Fluchtabsichten erfahren?

„Ich bin gestürzt“, flüsterte Maria undeutlich.

„Warst du betrunken?“ Maria hatte ihr doch versprochen, nicht mehr zu trinken.

„Nein.“

Erst auf den zweiten Blick bemerkte Bella, dass eine Gesichtshälfte herunterhing, auch der Arm wirkte seltsam schlaff. Ein Schlaganfall! Maria hatte mit vierunddreißig Jahren einen Schlaganfall erlitten!

„Ich rufe den Notarzt.“ Bella versuchte, ganz ruhig zu bleiben, erledigte das Telefonat und hüllte ihre Mutter dann in eine Decke.

Wenig später traf der Arzt ein und bestellte sofort einen Krankenwagen. Fünfundzwanzig Minuten vor neun raste der Rettungswagen mit Maria durch die Stadt zum Krankenhaus. Der Flughafen lag in entgegengesetzter Richtung. Bellas Traum zerplatzte wie eine Seifenblase.

Beruhigend streichelte Bella ihrer Mutter die Hand und versuchte, die Tränen zurückzudrängen. Aus der Traum von einem neuen Leben mit Matteo. Ungeduldig wartete er nun vermutlich am Flughafen auf sie.

Genauso war es. Wie gebannt blickte Matteo auf die Flughafentür, durch die Bella nun jede Minute hereinschweben würde.

„Wir sollten langsam zum Gate gehen“, sagte Luka schließlich.

„Noch einen Moment“, bat Matteo.

„Die anderen Passagiere gehen aber schon an Bord“, gab Luka zu bedenken.

„Lass mich noch mal kurz telefonieren.“ Matteo wählte Marias Nummer. Die hatte er schon lange, denn er rief immer an, bevor er das Geld für Malvolio abholte.

Neue Hoffnung keimte in ihm auf, als niemand den Hörer abnahm. Sie sind auf dem Weg, dachte Matteo. Doch zwanzig Minuten später zerstob diese Hoffnung.

„Letzter Aufruf“, sagte Luka nervös.

Widerstrebend folgte Matteo seinem Freund ins Flugzeug.

„Bist du schon mal geflogen?“, fragte Luka, als sie sich anschnallten. Matteo wirkte immer so überlegen, so weltgewandt. Allerdings hatte er ihn noch nie außerhalb von Bordo del Cielo erlebt. Matteo wirkte plötzlich sehr angespannt.

„Nein.“ Matteo lehnte sich zurück, als das Flugzeug auf der Startbahn Fahrt aufnahm und sich schließlich in die Lüfte erhob. Erleichtert atmete er auf. Nun hatte er Sizilien endgültig den Rücken gekehrt. Das war die einzige Möglichkeit gewesen, nicht zum Auftragsmörder zu werden. Denn genau diese Rolle hatte Malvolio für ihn vorgesehen.

1. KAPITEL

Fünf Jahre später …

Bella Gatti!

Alles sträubte sich in Matteo, als er diesen Namen hörte – und das geschah oft an diesem Abend. Der Name der Frau, die er so geliebt und die ihn so tief enttäuscht hatte, schien ihn zu verfolgen. Schweigend ließ er die Tischgespräche bei der Verlobungsparty seines besten Freundes Luka über sich ergehen, die in Lukas Luxus-Penthouse über den Dächern von Rom gefeiert wurde. Anspielungen auf seine dunkle Vergangenheit auf Sizilien überhörte er geflissentlich.

Seine Freundin, mit der er bereits unfassbare drei Monate zusammen war, hatte ihn zur Feier begleitet. Sie waren extra aus London eingeflogen.

Natürlich wusste Matteo, dass Lukas Verlobung mit Sophie nur eine Farce war. Er wünschte, er wäre Lukas Einladung nicht gefolgt. Aber er war nun mal hier. Hoffentlich war diese Scharade bald zu Ende.

Sophie Durante war vor einigen Tagen in Lukas Londoner Büro aufgetaucht und hatte verlangt, dass Luka nun mit ihr Verlobung feiern sollte. Natürlich nur zum Schein, damit ihr Vater Paolo Durante, dem man gerade aus humanitären Gründen die restliche Haftstrafe erlassen hatte, beruhigt sterben konnte, weil er seine Tochter bei Luka in den besten Händen wusste.

Matteo hätte seinem besten Kumpel natürlich von diesem Possenspiel abgeraten. Doch Luka hatte ihn vor vollendete Tatsachen gestellt.

Der schwer kranke Paolo hatte nur ein Thema: Sizilien. Genauer gesagt, die Westküste der Insel und die Menschen, die er dort gekannt hatte. Immer wieder hatte Matteo versucht, das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. Er sprach gern über die Arbeit, die ihn ausfüllte. Ihr galt seine ganze Leidenschaft, nicht Shandy, dem Mädchen an seiner Seite. Matteo hatte sich einen ausgezeichneten Ruf erarbeitet und wurde in der Geschäftswelt sehr geschätzt. Innerhalb von fünf Jahren hatte er sich bis zur Spitze hochgearbeitet. Nichts erinnerte mehr an seine kriminelle Vergangenheit auf Sizilien. Und niemand könnte ihn dazu bewegen, an diese Vergangenheit je wieder anzuknüpfen.

„Wann fliegst du denn nun nach Dubai?“, fragte Luka unvermittelt.

„Am kommenden Sonntag. Es sei denn, du benötigst den Firmenjet selbst, Luka.“ Fragend schaute er seinen Freund an.

Matteos anzüglicher Unterton missfiel Luka. Offensichtlich war Matteo überzeugt, dass Sophie sich nicht mit dem Verlobungsring an ihrem Finger zufriedengeben würde. Er nahm Sophie die rührende Geschichte nicht ab, die sie um das Schicksal ihres Vaters gewoben hatte. Aber Matteo war sowieso der misstrauischste Mensch, den er kannte.

„Sonntag?“ Shandy horchte auf. „Hast du nicht gesagt, der Termin sei noch offen?“

„Ja, aber jetzt steht er fest“, teilte er Shandy knapp mit. Shandy bildete sich ein, sie würde ihn auf dieser Geschäftsreise begleiten. Offensichtlich machte auch sie sich Hoffnungen auf einen Verlobungsring. Auch in den Kurztrip nach Rom interpretierte sie viel zu viel hinein.

„Wo seid ihr hier in Rom abgestiegen?“, fragte Paolo interessiert.

„Im Fiscella“, antwortete Matteo.

„Es ist sehr romantisch“, sagte Shandy und klimperte mit den Wimpern.

Matteo überging die Bemerkung. „Luka und ich wollen das Hotel vielleicht erwerben“, verriet er. „Allerdings müsste es gründlich renoviert werden. Ich will mir einen genauen Überblick verschaffen, bevor wir uns entscheiden, ob wir in Verhandlungen treten wollen.“

„Arbeitet Bella nicht im Fiscella?“ Fragend musterte Paolo seine Tochter.

Autor

Carol Marinelli
<p>Carol Marinelli wurde in England geboren. Gemeinsam mit ihren schottischen Eltern und den beiden Schwestern verbrachte sie viele glückliche Sommermonate in den Highlands. Nach der Schule besuchte Carol einen Sekretärinnenkurs und lernte dabei vor allem eines: Dass sie nie im Leben Sekretärin werden wollte! Also machte sie eine Ausbildung zur...
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