Doppeltes Spiel mit der Liebe

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Er hatte auf sie gewartet. Hatte sich nach ihr gesehnt. Und nun würde er sie haben. Plötzlich Milliardärin! Terri ist fassungslos: Ihr leiblicher Vater hat ihr ein Hotelimperium hinterlassen! Nun muss sie mit seinem ausgesprochen attraktiven jungen Geschäftspartner zusammenarbeiten. Sie kann nicht anders, als sich in Cooper Hayes und seine strahlend blauen Augen zu verlieben. Doch Cooper scheint ein doppeltes Spiel zu spielen: In der Nacht küsst er sie heiß und leidenschaftlich über den Dächern von Las Vegas. Und am Tag zieht er alle Register, um Terri aus dem Unternehmen zu drängen …


  • Erscheinungstag 22.01.2019
  • Bandnummer 2064
  • ISBN / Artikelnummer 9783733724757
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Das ist keine verdammte Seifenoper!“ Cooper Hayes rammte beide Hände in die Hosentaschen und musterte den Mann ihm gegenüber verdrossen. „Wie zum Teufel konnte das passieren? Unbekannte Erben tauchen doch nicht einfach so zu einer Testamentseröffnung auf!“

„Bisher ist ja nur der Name aufgetaucht“, erinnerte Dave Carey ihn vorsichtig.

Das stimmte, war jedoch kaum ein Trost. Dave war seit Collegezeiten sein bester Freund und Vertrauter. Er war immer vernünftig und logisch, bewahrte stets einen kühlen Kopf, was ihm, Cooper, manchmal schon auf die Nerven ging. Wie jetzt zum Beispiel.

„Aber das reicht doch, oder etwa nicht? Ich meine, es gibt sie tatsächlich. Sie hat einen Namen.“ Grimmig setzte er hinzu: „Ihr gehört die Hälfte meines Unternehmens. Und als ob das noch nicht genug wäre, wissen wir absolut nichts über sie.“

Hier, in seinem Büro auf der zwanzigsten Etage des StarFire-Hotels, konnte Cooper seinen Frust frei herauslassen. In Gegenwart des Aufsichtsrates und des Heers an Firmenanwälten hatte er seine Überraschung und seinen Zorn bei der Verlesung des Testaments von Jacob Evans verbergen müssen.

Die Atmosphäre seines Büros mit den großen Fenstern, den dicken Teppichen und den luxuriösen Möbeln half ihm für gewöhnlich, seine Ruhe wiederzufinden. Dieser Raum erinnerte ihn daran, wie weit das Unternehmen unter seiner Führung gediehen war. Dazu gehörte auch der Blick auf die Gemälde der berühmten Hayes-Hotels an den Wänden. Sein Vater und Jacob hatten die Firma gemeinsam aus der Taufe gehoben, aber er war es, der sie zu ihrem heutigen Erfolg geführt hatte.

Im Moment fiel es ihm schwer, Trost in seiner Arbeit – seiner Welt – zu finden, da die Grundfesten derart erschüttert worden waren.

Cooper begriff immer noch nicht so recht, was passiert war. Er hatte sein ganzes Leben lang alles gut geplant. Auf Hayes-Corporation hatte er ein Anrecht seit seiner Geburt, und er bereitete sich seit Jahren darauf vor, die Führung des Unternehmens zu übernehmen. Ihm war es zu verdanken, dass der Name der Hotels inzwischen gleichbedeutend war mit Luxus.

Es gab Hayes-Hotels – allesamt Fünf-Sterne-Häuser – überall auf der Welt, aber der Hauptsitz war hier im StarFire in Las Vegas. Das StarFire war das Aushängeschild der Hotelkette. Das Gebäude war im Laufe der Jahre grundlegend renoviert worden. Es nahm einen beeindruckenden Platz am berühmten Vegas Strip ein, und nachts strahlte es so hell wie die Sterne, nach denen es benannt war.

Nach dem Tod seines Vaters hatte Cooper dessen Stelle eingenommen. Jacob blieb sein Partner. Da der Mann keine Familie hatte, herrschte stillschweigendes Einverständnis darüber, dass die Firma nach Jacobs Tod vollständig an ihn übergehen würde, sodass er als eine Art Thronfolger aufgebaut worden war.

Und nun war es anders gekommen.

Cooper sah Dave an, der als sein Assistent fungierte und ihn bei der Umsetzung von Managementaufgaben unterstützte. Sie hatten während der Collegezeit in den Semesterferien in verschiedenen Abteilungen des Unternehmens gearbeitet, um so viel wie möglich über die täglichen Abläufe zu lernen. Als er die Nachfolge seines Vaters antrat, trat auch Dave in das Unternehmen ein. Cooper konnte sich nicht vorstellen, seinen Job ohne die Unterstützung seines Freundes zu machen. Jemanden zu haben, dem er bedingungslos vertrauen konnte, war von unschätzbarem Wert.

Dave saß auf einem der weinroten Ledersessel vor Coopers großem Mahagoni-Schreibtisch. Er trug einen schwarzen Anzug und dazu eine rote Krawatte. Sein blondes Haar war kurz geschnitten, die dunklen Augen wirkten nachdenklich.

„Im Moment wissen wir nicht viel. In ein paar Stunden kann ich dir mehr sagen. Ich habe unsere besten Männer darauf angesetzt.“

„Sehr gut“, murmelte Cooper und versuchte, seine Ungeduld zu zügeln. „Jacob hatte eine Tochter. Eine Tochter, von der niemand etwas wusste. Klingt immer noch wie aus einem billigen Hollywood-Streifen.“ Jacob hatte also doch eine Familie gehabt. Er und die Mutter des Kindes hatten das Mädchen vor fast dreißig Jahren zur Adoption freigegeben. Und dann hatte der Mann bis zu seinem Tod kein verdammtes Wort darüber verloren!

Cooper strich sich durchs Haar. „Man hätte meinen sollen, dass Jacob mich irgendwie vorwarnen würde.“

„Vielleicht hatte er das ja vor“, bemerkte Dave, verstummte aber sofort, als Cooper ihm einen wütenden Blick zuwarf.

„Ich habe ihn mein ganzes Leben lang gekannt“, erinnerte er seinen Freund. „Und in all den fünfunddreißig Jahren hatte er keine fünf Minuten die Gelegenheit, um zu sagen: Weißt du eigentlich schon, dass ich eine Tochter habe?

„Falls du annimmst, dass ich dir das erklären kann, wartest du vergebens.“ Dave zuckte die Achseln. „Ganz offensichtlich hat er nicht erwartet, bei einem absurden Unfall mit seinem Golfwagen umzukommen.“

Das war wohl wahr. Wäre der Wagen nicht einfach weitergerollt, hätte Jacob sich nicht das Genick gebrochen und … Es hätte überhaupt nichts geändert. Jacob war achtzig. Früher oder später wäre das Ende unvermeidlich gewesen.

„Er hat sie zur Adoption freigegeben, ihre Existenz über Jahre ignoriert und hinterlässt ihr dann das halbe Unternehmen?“ Cooper atmete tief durch. „Wer macht denn so etwas?“

Dave schwieg, weil es darauf nichts zu sagen gab. Im Moment gab es nur Fragen. Wer war diese Frau? Wie würde sie reagieren, wenn sie erfuhr, dass sie eine Erbin war? Würde sie ein Mitspracherecht in der Firma erwarten? Der Gedanke ließ ihn erstarren. Unter gar keinen Umständen würde sie sich in Firmenbelange einmischen, ganz gleich, wer auch immer sie sein mochte.

„Okay.“ Er nickte grimmig. „Ich will alles wissen, was es zu wissen gibt über …“ Er warf einen Blick auf die Kopie des Testaments, die vor ihm auf dem Tisch lag. „Über Terri Ferguson. Bis heute Abend. Wo sie zur Schule gegangen ist. Was sie macht. Wen sie kennt. Was sie frühstückt. Einfach alles. Wenn ich mich schon mit ihr abgeben muss, dann möchte ich bestmöglich gerüstet in diesen Kampf gehen.“

„Ich verstehe.“ Dave erhob sich. „Vielleicht haben wir ja Glück. Vielleicht schlägt sie das Erbe aus.“

Cooper hätte gelacht, wenn er nicht so wütend gewesen wäre. „Darauf kannst du lange warten. Kein Mensch schlägt ein paar Milliarden Dollar aus.“

Dave nickte. „Ja, das stimmt wohl.“

„Nein, sie wird es nicht ausschlagen“, sagte Cooper mehr zu sich selbst als zu seinem Freund. „Aber sie wird auch nicht einfach aus dem Nichts auftauchen und ein Teil der Firma werden. Es ist mir ganz einerlei, wer sie ist. Vielleicht sollten wir einen Weg finden, sie zu überzeugen, das Geld zu nehmen und zu verschwinden.“

„Wäre einen Versuch wert.“ Dave nickte. „Ich werde unsere Jungs bitten, sich noch mehr ins Zeug zu legen.“

Als sein Freund gegangen war, starrte Cooper auf den Las Vegas Boulevard hinunter, der besser unter dem Namen Vegas Strip bekannt war. Er ließ seine Gedanken schweifen. Er war in diesem Hotel aufgewachsen und lebte in einer der Eigner-Suiten auf der fünfundzwanzigsten Etage. Er kannte jeden Winkel der Stadt und liebte diesen Ort.

Auf den Straßen tummelten sich die Touristen mit Hoffnung im Herzen und Geld in den Taschen. Sie spielten an den Automaten, an den Spieltischen und in den Bingo-Sälen. Jeder träumte davon, reich nach Hause zu gehen.

Wieso sollte Jacobs Tochter anders sein?

Sein Blick glitt über die Hotels der Nachbarschaft. Zum ersten Mal wurde ihm bewusst, dass Vegas tagsüber nichts von dem Zauber hatte, der es in der Dunkelheit erstrahlen ließ. Während des Tages schien die Stadt zu schlafen, doch nachts erwachte sie zum Leben.

Seine Familie lebte bereits seit Jahrzehnten hier. Er hatte das Erbe seines Vaters übernommen und ein weltweites Unternehmen daraus gemacht. Dazu hatte harte Arbeit gehört, Konzentration auf das Wesentliche und eine Vision, der er folgte.

Er wollte verdammt sein, wenn er irgendeine Unbekannte an dieser Party teilhaben ließ!

„Es tut mir leid.“ Terri Ferguson schüttelte den Kopf. Sie hätte sich gern gekniffen, um zu sehen, ob sie wach war oder träumte. Ein Blick in den Pausenraum der Bankangestellten überzeugte sie jedoch, dass alles nur zu real war. Noch vor einer Viertelstunde war sie unten gewesen an ihrem Platz als Kassiererin und hatte Mrs. Francis geholfen, eine Einzahlung zu machen. Und nun saß sie einem sehr pingelig wirkenden Anwalt gegenüber und hörte sich an, was wie ein Märchen klang. Ein Märchen, in dem sie offenbar die Hauptrolle spielte.

„Könnten Sie das bitte wiederholen?“

Maxwell Seaton, der Anwalt, seufzte. „Miss Ferguson, ich habe es Ihnen schon zweimal erklärt. Wie oft noch?“

Terri bemerkte den herablassenden Unterton in der Stimme des älteren Mannes, und sie konnte ihm nicht einmal einen Vorwurf dafür machen. Andererseits, wäre nicht jeder in ihrer gegenwärtigen Situation etwas verwirrt? Das alles ergab keinen Sinn!

Der Tag hatte ganz normal begonnen in Ogden, Utah. Sie war zur Arbeit gegangen, hatte mit ihren Freundinnen gelacht und ihren Platz am Kassentisch der Wasatch Bank im Zentrum von Ogden eingenommen. Ein steter Strom von Stammkunden kam und ging – bis dieser Mann auf sie zutrat und mit wenigen Worten ihre Welt auf den Kopf stellte.

Der Anwalt nahm die Brille ab, zog ein Taschentuch hervor und putzte sie umständlich. „Wie ich Ihnen bereits erklärt habe, Miss Ferguson, vertrete ich die Seite Ihres biologischen Vaters.“

„Mein Vater“, flüsterte sie. Das Wort fühlte sich ungewohnt an. Sie war in dem Wissen aufgewachsen, adoptiert worden zu sein. Ihre Eltern hatten ihr immer die Wahrheit gesagt, dass sie sie ausgewählt hatten, weil sie sich auf den ersten Blick in sie verliebt hatten. Sie hatten sie ermutigt, nach ihren leiblichen Eltern zu suchen, als sie achtzehn war, aber Terri war nicht neugierig auf sie gewesen. Wieso auch? Was spielte es für eine Rolle, wo sie herkam? Wichtig war doch nur, wo sie war.

Außerdem hatte sie ihre Mutter und ihren Vater nicht verletzen wollen. Dann war ihr Vater gestorben, und ihre Mutter war nach Süd-Utah gezogen, um bei ihrer Schwester zu leben. Terri war zu sehr mit dem College und allem anderen beschäftigt, um sich Gedanken über die Verbindung zu einer Familie zu machen, die sie nicht kannte.

Und eben diese Verbindung tauchte nun plötzlich in ihrem Leben auf.

„Ja, Ihr Vater. Jacob Evans.“ Der Anwalt setzte die Brille wieder auf. „Er ist vor Kurzem gestorben, und ich bin hier, um Sie darüber zu informieren, dass Sie die einzige Begünstigte in seinem Testament sind.“

Es war absurd. Wieso sollte der Mann ihr etwas vermachen? Sie hatte keinerlei Beziehung zu ihm, abgesehen davon, dass er ihr Erzeuger war. Wenn er wusste, wer sie war, wieso hatte er sich dann die ganzen Jahre nie bei ihr gemeldet? Das waren Fragen, auf die sie wohl nie eine Antwort erhalten würde.

„Gut. Okay. Ich habe also ein Hotel geerbt?“ Sie atmete tief durch und hielt abwehrend eine Hand hoch, bevor er etwas sagen konnte. „Es tut mir leid. Normalerweise bin ich nicht so langsam von Begriff. Wirklich. Aber das Ganze ist … irgendwie bizarr.“

Zum ersten Mal huschte so etwas wie ein Lächeln über die Züge des Mannes.

„Ich kann gut verstehen, wie unerwartet das alles für Sie ist.“

Unerwartet ist ein gutes Wort, absurd träfe es genauer.“ Sie nippte an ihrem Wasser.

„Wahrscheinlich.“ Erneut ein Lächeln. „Miss Ferguson, Ihr Vater war einer der beiden Partner der Hayes-Corporation.“

„Hm …“ Das sagte ihr absolut nichts.

Er seufzte. „Die Hayes-Corporation besitzt mehr als zweitausend Hotels weltweit.“

„Zweitausend?“ Terri hörte selbst, dass ihre Stimme sich hysterisch hob. Furchtbar. Aber im Ernst? Zweitausend Hotels? Sie musste sich verhört haben. Ihr Magen schien sich zu drehen. Sie atmete tief durch, um sich zu beruhigen.

Im Hintergrund waren die üblichen Geräusche zu hören – Menschen arbeiteten, redeten, lachten, lebten ein ganz normales Leben. Und hier oben? Terri versuchte, klar zu denken. Versuchte, sich zu erinnern, wer sie war und wo sie war. Aber ihr Verstand war offenbar der Meinung, für einen Tag genug Informationen erhalten zu haben, und hatte sich abgeschaltet.

Mr. Seaton legte eine Hand auf den Stapel Unterlagen, der vor ihm auf dem Tisch ruhte, und musterte sie aufmerksam. Sein Ausdruck der Ungeduld war verflogen. Vielleicht begriff er endlich, was für ein Schock das für sie war.

„Sobald Sie diese Papiere unterschrieben haben, ist es offiziell“, sagte er. „Dann gehört Ihnen der Anteil Ihres Vaters an einem sehr erfolgreichen Unternehmen.“

Sie legte den Kopf schräg und fragte ruhig: „Wie erfolgreich?“

Um Seatons Mundwinkel zuckte es leicht. „Sehr. Sie, Miss Ferguson, sind jetzt eine extrem vermögende Frau.“

Vermögend. Erfolgreich. Absurd. Aber gut. Sie hatte gerade die Stromrechnung bekommen, und ihr Wagen brauchte neue Bremsbeläge. Da der Winter vor der Tür stand, wollte sie die Fenster neu isolieren und …

Instinktiv griff sie nach den Papieren, zog die Hand jedoch wieder zurück. „Ich würde gern meinen eigenen Anwalt bitten, sich diese Unterlagen anzusehen, bevor ich unterschreibe.“ Genau gesagt war es der Anwalt ihres verstorbenen Vaters, doch das spielte keine Rolle.

„Sehr klug.“ Seaton erhob sich und schloss seine schwarze Ledertasche. „Ihr neuer Partner Mr. Cooper Hayes hält sich in der Zentrale des Unternehmens in Las Vegas auf. Er würde sich dort gern so schnell wie möglich mit Ihnen treffen.“

„Cooper Hayes.“ Sie sollte sich den Namen wohl aufschreiben.

„Ja. Sie finden seine Kontaktdaten in den Unterlagen. Die Zentrale der Hayes-Corporation befindet sich im StarFire. Das ist ein Hotel mit einem Casino.“

StarFire. Natürlich hatte sie den Namen schon mal gehört. Hatte Fotos davon in Zeitschriften gesehen. Wenn sie jetzt darüber nachdachte, hatte sie auch Fotos von Cooper Hayes gesehen. Vor ihrem geistigen Auge erschien er auf einem Foto mit irgendeinem Prominenten, Cooper war sehr groß und sah ungemein gut aus. Seine Augen hatten so blau gestrahlt, dass sie getönte Kontaktlinsen vermutete.

Und er war nun ihr Partner! Die Vorstellung, ins StarFire zu gehen und Cooper Hayes auf seinem eigenen Terrain zu treffen, war Furcht einflößend, aber es ließ sich wohl nicht umgehen. Schließlich gehörte ihr jetzt die Hälfte des Unternehmens. Vor Schock stieg ein Lachen in ihr auf, das sie rasch unterdrückte. Gestern hätte sie sich nicht einmal eine Übernachtung im StarFire leisten können, nun war sie Mitbesitzerin des Hotels.

Es wurde immer unfassbarer.

„Okay, danke.“ Sie warf einen Blick auf die Papiere, rührte sie jedoch nicht an.

„Miss Ferguson.“ Der Anwalt wartete, bis sie ihn ansah. „Ich weiß, das ist alles neu und etwas überwältigend für Sie …“

„Etwas?“ Terri lachte hysterisch, fasste sich aber sofort wieder.

Er fuhr ruhig fort: „Sobald Sie sich an die Situation gewöhnt haben, werden Sie mit Ihrem neuen Leben gut zurechtkommen.“

„Glauben Sie?“

„Ja, bestimmt. Ich habe Ihnen meine Karte zu den Unterlagen gelegt. Falls Sie irgendwelche Fragen oder Probleme haben, können Sie mich gern anrufen.“

„Danke.“

Er öffnete abrupt die Tür, und Jan Belling wäre fast hereingefallen.

Ihre Kollegin fing sich rasch wieder und schenkte dem Anwalt ein strahlendes Lächeln. „Hi, tut mir leid.“

„Alles in Ordnung.“ Seaton nickte ihr, Terri, noch einmal kurz zu und ging.

Jan schloss die Tür hinter ihm und eilte zu ihr an den Tisch. Mit ihrer schwarzen Igelfrisur und den flaschengrünen Augen sah sie wie ein Pixie aus.

„Gott, war das peinlich.“ Jan seufzte.

„Ich kann einfach nicht glauben, dass du gelauscht hast!“

„Und ich kann nicht glauben, dass es dich überrascht. Außerdem habe ich nicht viel gehört. Die Tür ist zu dick.“ Jan holte tief Luft. „Was ist passiert? Wer war der Mann und wieso wollte er dich sprechen?“

Terri lachte, da die Anspannung der letzten Viertelstunde allmählich verflog. Jan war ihre beste Freundin und der einzige Mensch, der ihr helfen konnte, das alles zu verstehen. „Wo wir gerade beim Thema Nicht-Glauben sind …“

„Teste mich …“

Terri schüttelte benommen den Kopf. „Ich würde dir ja gern alles erzählen, aber ich muss wieder an die Arbeit gehen.“

„Vergiss es. Der Boss sagt, du kannst die Pause so lange ausdehnen, wie du möchtest. Im Moment ist sowieso nichts zu tun, also rede.“

Terri drehte die Wasserflasche zwischen ihren Händen, während sie ihrer Freundin alle erstaunlichen Details erzählte. Und je länger sie sprach, desto absurder erschien ihr alles. Total verrückt. Unmöglich. Vielleicht hatten sich bei ihr ein paar Schrauben gelockert.

„Das ist ja wie im Märchen“, erklärte Jan spontan, als sie endlich fertig war.

„Das dachte ich auch“, bemerkte Terri trocken. „Verwandle ich mich wieder in einen Kürbis, wenn die Uhr zwölf schlägt?“

„Nicht Cinderella war der Kürbis, sondern ihre Kutsche.“ Jan lachte. „Und das hier scheint real zu sein, ganz gleich, wie merkwürdig es klingt. Das ist doch Wahnsinn, Terri! Du bist reich! Unfassbar reich!“

„Oh Gott!“ Terri drückte sich eine Hand auf den Magen, um ihn zu beruhigen. Sie hatte noch nie viel Geld gehabt. Ihre Adoptivmutter war Lehrerin gewesen, ihr Adoptivvater betrieb ein Restaurant. Sie hatten ein gutes Auskommen gehabt, doch ihre Autos behielten sie oft zehn Jahre lang, und für einen Urlaub mussten sie sparen.

Natürlich fuhr sie gelegentlich nach Idaho, um Lose für die Lotterie zu kaufen – wer träumte nicht davon, mit einem Schlag reich zu sein? Aber dass es nun tatsächlich so war, das war schon irgendwie beängstigend.

Jan griff nach ihrer Hand. „Wieso feierst du nicht? Oh. Warte. Tut mir leid. Ich bin doch manchmal wirklich ein Idiot. Es geht darum, dass du gerade vom Tod deines biologischen Vaters gehört hast, oder?“

„Es scheint absurd, um jemanden zu trauern, den man nie kennengelernt hat, aber ja, das spielt wohl auch eine Rolle.“ Hinter dem ganzen Segen stand eben auch eine traurige Tatsache. Terri fragte sich, wie ihr Vater gewesen sein mochte. Wenn er gewusst hatte, wer sie war und wo, wieso hatte er dann nie Kontakt zu ihr aufgenommen? Weshalb hatte er sie zur Alleinerbin gemacht? Das würde ihr vermutlich ewig ein Rätsel bleiben.

Jan trank einen Schluck von Terris Wasser. „Hast du wirklich keine Ahnung gehabt, wer dein biologischer Vater war?“

„Nicht die geringste. Und nun habe ich all diese Fragen und keine Chance, eine Antwort zu erhalten. Und … Ich weiß auch nicht. Es ist alles so unwirklich.“

„Ja, das verstehe ich. Immerhin weißt du jetzt, dass er an dich gedacht hat. Er hat dich nicht vergessen. Und letztlich wollte er, dass alles an dich geht, was ihm gehörte.“

„Hm, ja, stimmt. Also gut. Kein Selbstmitleid! Aber etwas Panik ist doch erlaubt, oder?“

„Natürlich. Das StarFire?“ Jan grinste. „Das ist ein absoluter Nobelschuppen.“

„Ich weiß.“ Terri versuchte, ihre flatternden Nerven in den Griff zu bekommen. Plötzlich sah sie ganz neue Möglichkeiten vor sich. Sie hatte einen guten, wenn auch vielleicht nicht sehr fordernden Job, doch nun hatte sie eine Chance für mehr. Gut, sie musste viel lernen, aber dieses neue Leben könnte aufregend sein.

„Und er gehört dir!“

„Na ja, zur Hälfte, um genau zu sein.“ Terri erhob sich abrupt. „Wie soll aus einer Kassiererin eine Managerin werden?“

„Im Ernst?“ Jan sah sie fassungslos an. „Du machst mich wahnsinnig, wenn du jetzt anfängst, Zweifel an dir zu haben. Du bist smart und du bist gut mit Menschen. Du kannst alles erreichen, was du möchtest.“

Terri lächelte. „Danke.“

„Keine Ursache.“

„Ich weiß doch überhaupt nicht, wo ich anfangen soll, Jan.“

„Mit einem Anwalt.“ Jan erhob sich ebenfalls. „Dies ist deine große Chance, aus der Bank herauszukommen und einen Job zu finden, der dir wirklich Spaß macht. Greif zu!“

Jan hatte natürlich recht. Terri hatte die Stelle bei der Bank nur angenommen, weil sie Arbeit brauchte. Es war keineswegs ihr Traumjob. Eigentlich hatte sie gar nicht gewusst, was sie wollte. Je länger sie bei der Bank blieb, desto größer wurde die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihren Frieden mit der Situation machte und nicht mehr nach etwas anderem suchte.

Sie hatte immer getan, was von ihr erwartet wurde, in der Schule wie bei der Arbeit. Vielleicht gab das Schicksal ihr jetzt eine einmalige Gelegenheit, aus dem Raster auszubrechen und herauszufinden, was ihr wirklich lag. Sie musste diese Chance nutzen.

„Dein neuer Partner erwartet dich in Vegas. Du musst dir alles durch den Kopf gehen lassen, bevor du dich mit ihm triffst.“

Terri war nicht feige, war es nie gewesen. Natürlich hatte sie noch nie vor einer solchen Herausforderung gestanden, doch sie würde sich ihr stellen.

Oder?

Sie war immer das brave Mädchen. Die gute Tochter. Die verantwortungsbewusste Frau. Sie hatte Träume vom Reisen gehabt, hatte es aber akzeptiert, dass sie für die Verwirklichung dieser Träume jahrelang würde sparen müssen. Nun plötzlich stand die Welt ihr offen. Sie wäre verrückt, das nicht zu nutzen.

„Du hast recht.“ Sie nickte. „Ich werde mit Mike reden und ihm sagen, dass ich mir freinehmen muss.“

Jan grinste. „Wenn du mit dem Direktor sprichst, kannst du ihm auch gleich beichten, dass du nicht zurückkommst.“

Terri lachte. „Die Dinge ändern sich, ja. Aber ich bin nicht bereit, mein altes Leben sofort abzuhaken.“

„Ich glaube, das hat schon jemand anders für dich getan“, bemerkte Jan, als sie den Aufenthaltsraum verließen.

„Ich hasse es, wenn du recht hast.“

Jan legte ihr eine Hand auf den Arm. „Terri, du machst dich verrückt, und das ist vollkommen überflüssig. Cooper Hayes braucht dich nicht, um das Unternehmen zu leiten. Aber du bist seine neue Partnerin, ob es ihm nun gefällt oder nicht. Du hast jetzt ein Wörtchen mitzureden.“

Stimmt, dachte sie, und ihre Gedanken überschlugen sich wieder. Sie hatte zwar keine Ahnung, wie man ein Hotel führte, aber sie war schon oft genug in einem Hotel gewesen, um zu wissen, was ihr gefiel und was nicht. Das war ja vielleicht nicht ganz unwichtig. Ihr Dad hatte jahrzehntelang ein Restaurant betrieben, und sie hatte als Teenager dort gearbeitet. Von ihm hatte sie gelernt, dass es im Dienstleistungsbereich das Wichtigste war, den Kunden glücklich zu machen. Es klang so leicht, aber zu viele Menschen verstanden das nicht.

„Greif zu, Terri!“, wiederholte Jan. „Eine solche Chance bekommst du kein zweites Mal. Und falls du Unterstützung brauchst – ich bin nur einen Flug weit entfernt.“

Terri lachte. „Vegas, ich komme!“

Vier Tage später stand Terri in Las Vegas in der opulenten Lobby des StarFire Hotels. Die dunkelblauen Fliesen auf dem Boden glitzerten, als wäre Sternenglanz in ihnen gefangen. Die hohe Decke war dem Himmel nachempfunden – mit blinkenden Sternen und Meteoriten, die einen goldenen Schweif hinter sich herzogen. Es wirkte so realistisch, dass Terri fast geglaubt hätte, es sei Nacht und sie stünde draußen, wären da nicht die Geräusche der vielen Gäste um sie herum gewesen.

An den Wänden hingen in Goldrahmen gefasste Gemälde. Ober servierten den Gästen, die zum Check-in anstanden, Champagner. Der Geräuschpegel war beachtlich, denn gleich von der Lobby aus ging es ins Casino. Automaten piepten und schepperten in allen Tönen, während Hunderte von Gästen ihr Glück versuchten.

Terri drehte sich langsam um. Sie entdeckte einen Geschenke-Shop, Hinweise auf Restaurants und Bars und noch mehr Menschen. Das Hotel schien sich endlos auszudehnen. Von außen wirkte es schon beeindruckend, aber hier drinnen war es, als befände man sich in einer anderen Welt.

Eine Welt, zu der sie jetzt gehörte.

Bei diesem Gedanken musste sie lächeln, gleichzeitig biss sie sich nervös auf die Unterlippe. Sie hatte sich noch nicht mit ihrem neuen Partner in Verbindung gesetzt, aber sie hatte ein Zimmer reserviert, also stellte sie sich am Ende der Schlange an und nahm ein Glas Champagner vom Ober entgegen.

Sie wollte etwas Zeit für sich haben, um sich in aller Ruhe umsehen zu können. Sie wollte ein Gespür für ihr neues Leben entwickeln. Oder zumindest die Möglichkeiten ausloten.

Das war sie sich und ihren Eltern schuldig. Sie hatten sie zu einer starken, selbstbewussten Person erzogen. Hatten sie aufs College geschickt und sie ermutigt, das Richtige für sich zu finden. Wie sollte sie dies alles hier ignorieren, ohne wenigstens versucht zu haben, ob es für sie funktionieren könnte?

Und irgendwie war sie es auch ihrem biologischen Vater schuldig. Sie hatte ihn nicht gekannt, aber er hatte ihren Weg offensichtlich verfolgt. Er hatte ihr alles hinterlassen, also war sie jetzt dafür verantwortlich, oder?

Die Schlange bewegte sich schnell weiter. Schon nach wenigen Minuten war die Reihe an ihr. Sie reichte dem Angestellten ihren Führerschein. Der Mann war jung und begrüßte sie mit einem freundlichen Lächeln. Das Namensschild verriet, dass er Brent hieß.

„Ist das Ihr erster Besuch im StarFire?“, erkundigte er sich.

Terri grinste. „Woran haben Sie das gemerkt?“

Er zwinkerte ihr zu. „Sie sehen immer an die Decke.“

„Schuldig.“ Terri nippte am Champagner. „Sie ist wunderschön.“

„Find ich auch.“ Er machte ein paar Eingaben im PC, hielt dann aber abrupt inne und starrte sie an, als hätte sie drei Köpfe. „Terri Ferguson?“

„Ja, stimmt.“ Sie versuchte, einen Blick auf den Bildschirm zu erhaschen. „Sie haben meine Reservierung bekommen, oder?“

„Ja, Ma’am.“

Das klang so zackig wie ein Gruß beim Militär. Das leicht flirtende Lächeln war verschwunden. Brent war jetzt ganz professionell.

„Wir haben Sie schon erwartet, Ma’am.“

Seit wann war sie Ma’am? „Sie haben mich erwartet?“, wiederholte Terri verblüfft. Sie hatte gehofft, unter dem Radar zu bleiben, wenn sie hierherkam, aber die Hoffnung war wohl naiv gewesen.

„Ihre Suite ist bereit, Miss Ferguson.“

„Ich habe keine Suite reserviert.“

Autor

Maureen Child
<p>Da Maureen Child Zeit ihres Lebens in Südkalifornien gelebt hat, fällt es ihr schwer zu glauben, dass es tatsächlich Herbst und Winter gibt. Seit dem Erscheinen ihres ersten Buches hat sie 40 weitere Liebesromane veröffentlicht und findet das Schreiben jeder neuen Romance genauso aufregend wie beim ersten Mal. Ihre liebste...
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