Finding us - Befreit

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Die neue sexy Serie der SPIEGEL-Bestsellerautorin von »Calendar Girl«

London weiß, wie sich die große Liebe anfühlt – aber auch, welche Qualen es bedeutet, diese zu verlieren. Als ihr Ehemann stirbt, zerbricht ihre ganze Welt. Um sich vor diesem Schmerz zu schützen, hat sie sich geschworen, ihr Herz nie wieder zu verschenken. Von nun an gibt es für sie nur noch lockere Affären oder heiße One-Night-Stands. Doch dann trifft sie auf den Briten Collier. Sofort fällt ihr sein durchtrainierter Körper und sein sexy Akzent auf. Nur zu gerne würde sich London mit ihm der Lust hingeben. Aber Collier ist nicht bereit, sich mit leidenschaftlichen Momenten zu begnügen. Er will mehr von ihr. Ist Collier der Eine, für den sie ihre eisernen Regeln bricht?

Der zweite Teil der sexy »Finding Us«-Trilogie


  • Erscheinungstag 26.01.2021
  • Bandnummer 2
  • ISBN / Artikelnummer 9783745752021
  • Seitenanzahl 320
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Prolog

London

Das Leben ist nicht fair. Kaum glaubt man an vollkommenes Glück, wird es einem von den Umständen und unvorhersehbaren Unfällen in Fetzen gerissen. Das hier kann nicht mein Leben sein. Unmöglich. So ein Mist stößt guten Menschen nicht zu. Nicht jemandem wie James, einem Mann, der für alles Gute und Richtige auf der Welt steht.

Die Worte, die den Raum erfüllen, können einfach nicht wahr sein. Sogar als der Arzt seine Prognose wiederholt, hört sie sich gedämpft an, gepresst, als stünde er am anderen Ende eines langen, dunklen Tunnels. Das Zimmer um mich herum verschwimmt, als wären die Wände mit einem Mal aus Watte. Keine Ahnung, was oben oder unten ist. Tränen strömen mein Gesicht hinab wie Regentropfen. Sie liefern sich ein Wettrennen, wer am schnellsten unten ist. Dann trifft mich der Ernst dessen, was der Arzt gesagt hat. Mit voller Wucht.

»Was meinen Sie damit, er hat weniger als vierundzwanzig Stunden zu leben?« Meine Stimme klingt hoch und schrill.

»Beruhige dich, Liebling. Wir haben doch gewusst, dass diese Möglichkeit besteht. Meine Leber … Sie ist einfach zu geschädigt, und ohne einen Spender …«

»Nehmen Sie meine!«, schreie ich den Arzt an. Vor langer Zeit habe ich in einer Fernsehserie gesehen, dass ein gesunder Spender drei Viertel seiner Leber spenden und mit nur einem Viertel weiterleben kann. An diesem Pseudowissen halte ich mich jetzt fest wie an einem Talisman.

»London, du bist keine geeignete Spenderin. Das haben wir doch schon alles durchexerziert.« James’ Stimme ist ruhig, gefasst. Ich verstehe nicht, wie er so beherrscht sein kann, denn die Risse in meinem eigenen Panzer haben sich in riesige, klaffende Löcher verwandelt. Dieses Monster in meinem Innern, die wütende, verängstigte, psychotische Ehefrau, drängt mit aller Macht hinaus – bis sich seine kühle Hand um meine legt. »Schau mich an. Das Letzte, was ich in meinem Leben sehe, soll dein schönes Gesicht sein.«

Ich schüttele immer wieder den Kopf. Wenn er mich nicht anschauen kann, kann er mich nicht verlassen. Diese Theorie ist vollkommen lächerlich, aber sie ist alles, was mir bleibt.

Ich höre, wie der Arzt James versichert, wie leid es ihm tut. Er verspricht ihm, dass er der Erste auf der Liste ist, falls noch rechtzeitig eine passende Transplantationsleber hereinkommt.

In mir scheint jedes Nervenende vor Schmerz zu beben, und ich beuge mich vor, um zu beten. Wahrscheinlich ist es eine Todsünde, jemand anderem den Tod zu wünschen, doch für andere kann ich momentan kein Mitgefühl aufbringen.

Gott, bitte sei gnädig und mach, dass mein Mann eine Leber erhält. Ich werde der beste Mensch sein, den du je geschaffen hast. Bitte. Bitte, lass ihn nicht sterben. Ich werde alles tun. Wirklich absolut alles. Nett zu meiner Mutter sein? Klar. Ehrenamtlich arbeiten? Betrachte das schon mal als meinen nächsten Fulltime-Job. Bitte, oh Gott, bitte bring uns eine Leber. Das kannst du doch, oder? Ich weiß, dass du es kannst. Unwürdige Menschen rettest du schließlich andauernd! Bitte, bitte, rette jetzt einfach James. Nimm mich. Aber verschone ihn.

»Nimm einfach mich«, rutscht es mir heraus. Ich habe die Augen fest geschlossen, die Hände zum Gebet gefaltet.

Hauchzart, federleicht liebkost etwas meine Wange. »Meine Geliebte, niemals du. Du bist zu Großem bestimmt. Und das musst du jetzt auch tun. Nicht nur für dich selbst, sondern auch für mich.« Seine Stimme bricht, und ihm rinnt eine Träne die Wange hinab.

Als ich die Liebe meines Lebens weinen sehe, den stärksten Mann, den ich je getroffen habe, breche ich vollends zusammen. Ich zittere am ganzen Körper. Ich stehe unter Schock, und eine eisige Kälte breitet sich auf meiner Haut aus. Eine Kälte, die mir bis ins Mark dringt.

»Komm her.« James schlägt die Decke zurück, damit ich mich zu ihm lege. Wahrscheinlich ist dies das letzte Mal, dass wir uns ein Bett teilen. Ein Krankenhausbett.

Ich schlüpfe darunter, schmiege mich an seine Wärme. »Wie soll ich nur ohne dich weiterleben?« Gedanken an die Zukunft, die wir geplant hatten, an die Kinder, die wir nie haben werden, die Dinge, die wir nie zusammen tun konnten, rinnen mir durch den Kopf wie Sandkörner durch ein Stundenglas. Bedauern zieht uns hinab in einen starken Strudel, aus dem es kein Entrinnen gibt.

»Es wird wie früher sein, als wir nur Freunde waren.« Er lacht, und ich kuschele mich noch näher an ihn.

Es wird nie wieder wie früher sein und nicht mehr wie jetzt. Tief in meinem Innern ist mir das klar, ich beschließe aber, es ihm nicht zu sagen. Er stirbt. Der einzige Mann, den ich jemals lieben werde, stirbt. Er hat nur noch weniger als vierundzwanzig Stunden zu leben.

Oh Gott, Jesus, bitte! Bitte.

»Eines Tages, meine Geliebte, wirst du erkennen, dass das hier so sein sollte. Wir entscheiden nicht selbst. Alles wird für uns entschieden.« James und sein unerschütterlicher Glaube an das Schicksal! Den hat er schon immer gehabt. »Ich war nur ein erster Akt, Süße. Eines Tages wirst du dich wieder verlieben.«

»Nie.« Diese drei Buchstaben pochen durch meinen Körper wie ein einziger, heftiger Herzschlag. Es ist eine Proklamation. Als hätten mein Herz und mein Hirn einen Pakt geschlossen und einen Vertrag unterzeichnet, um den Handel perfekt zu machen. James würde für immer mein Ein und Alles bleiben.

»Oh Sweetie, sag das nicht. Ich würde keinen Frieden finden, wenn ich wüsste, dass du dich selbst quälst. Versprich es mir. Versprich mir, dass du es akzeptierst und nicht davonläufst, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.«

»Wie kannst du das von mir verlangen? Du verlässt mich!« Heftiges Schluchzen schüttelt mich, und ich weine so bitterlich, dass sein Krankenhaushemd schon ganz durchweicht ist.

»Nicht freiwillig, London. Das weißt du. Wenn ich könnte, würde ich mit dir alt und grau werden, genau wie ich es dir an unserem Hochzeitstag vor vier Jahren geschworen habe.« Dieses Bild ruft ganz neue Höllenqualen in mir hervor. Er im schicken Smoking und ich in einem ausladenden, bauschigen Prinzessinnenhochzeitskleid, wie es die Welt noch nicht gesehen hat. Der schönste Tag meines Lebens. »Ich werde dich immer lieben, London. Und eines Tages, in vielen Jahren, wenn ich nur noch eine Erinnerung bin, wird dich auch jemand anders lieben.«

Wir küssen uns ein letztes Mal. Es ist alles und so vieles mehr. Ich versuche, all die verlorenen Küsse eines Lebens hineinzulegen. Lippen an Lippen. Herz an Herz. Seele an Seele.

Als er mich verlässt, spüre ich, wie meine Seele zu winzigen Körnchen Nichts zerfällt.

James hat sich geirrt. Ich werde niemals wieder geliebt werden, denn ich werde nie wieder zulassen, dass ich mich verliebe.

Kapitel 1

London

»Bridge, wir müssen los. Schwing deinen hübschen Hintern hier raus. Wenn ich diese fantastischen Hors d’œuvres verpasse, bist du tot!« Tripps Stimme drang durch die offene Tür. Ich legte noch etwas farblosen Lipgloss auf, warf mein Haar zurück und hastete hinter ihm her.

Er hielt mir die Tür auf, als ich mich unter seinem ausgestreckten Arm hindurchduckte. Sein Eau de Cologne schwebte in der Luft. Am liebsten wäre ich stehen geblieben, um ihn zu umarmen und den berauschenden Duft zu genießen. Ich atmete tief ein, während ich an ihm vorbeilief. Ein heftiger Klaps auf den Po machte mir Beine, und ich rieb mir über die schmerzende Stelle. Das champagnerfarbene Slip-Dress schmiegte sich verführerisch an meine erhitzte Haut.

»Ist das ein Versprechen?«, fragte ich frech.

Er verdrehte die Augen und schob mich mit fester Hand in meinem Rücken in Richtung Aufzug.

»Ich freue mich darauf, dein neuestes Werk zu bewundern.« Tripp lächelte und drückte mich dann an sich. »Ich nehme an, bei diesem Kunden hast du dich für asiatische Akzente entschieden?«

Um meinen Mund zuckte es, denn ich wusste, wie sehr er dieses Spielchen genoss. Ich schüttelte den Kopf, und er runzelte die Stirn.

»Orientalisch?« Er zog die dunklen Augenbrauen hoch und legte grinsend den Kopf zur Seite. »Nein? Hmm.« Er wirkte erstaunt. Tripp Devereaux war ein fantastischer Mann. Groß, dunkel und gut aussehend, eine kleine verlorene Seele, ohne die ich nicht leben konnte, der ich aber auch nicht helfen konnte.

»Hör auf zu raten. Ich finde es nämlich irre aufregend, dein Gesicht zu sehen, wenn alles enthüllt wird.«

Wir erreichten das Haus meines Kunden, parkten in der vornehmen Gegend in der Nähe der Park Avenue. Tripp nahm meine Hand und führte mich den Weg hinauf und in das Gebäude. Beim Eintreten begrüßte uns sanfte Musik.

»London! Die Frau des Abends ist da!«, ertönte eine Stimme quer durch den Raum. Mit ein paar langen Schritten war mein Kunde Maxwell bei mir, legte mir die Hände auf die Schultern und ließ sie an meinen Armen hinabgleiten, bis er meine Hände umfing. Tiefe Dankbarkeit durchflutete mich, badete meine Seele in heilendem Balsam. »Ich möchte dir jemanden vorstellen«, sagte er, wobei seine Stimme eine Oktave tiefer klang.

Vor zwei Wochen war ich gegangen, damit er sich weiterentwickeln und das in Ordnung bringen konnte, was in seinem Leben schiefgelaufen war. Ich ahnte instinktiv, wem er mich vorstellen würde. Er dirigierte mich zu einer hübschen Blondine, deren Blicke aus großen braunen Augen nur auf ihm ruhten. Ich lächelte sie warmherzig an, ohne jede Missgunst. Das war die Frau, die für ihn bestimmt war.

Eine flüchtige Erinnerung an jenen Tag, an dem Maxwell und ich unsere gemeinsame Zeit beendeten, stieg an die Oberfläche empor.

Starke Arme umfingen meine Taille. Sein Kinn ruhte an meinem Hals. Große Hände glitten meinen Rücken hinauf und zogen mich dichter heran. Der Duft seines Aftershaves war berauschend, aber das war nicht der Grund, warum mein Herz einen Satz machte. Es war Dankbarkeit. Die Wertschätzung, die er mir entgegenbrachte, erfüllte meine Seele mit tiefem Frieden. Das Gefühl der Vergebung und die neue Entschlossenheit, das zu kitten, was schiefgegangen war, und sein Herz zu heilen, das alles war überwältigend schön. Ich schloss die Augen und drückte ihn fest an mich, denn mir war klar, dass dies unsere letzte wirkliche Umarmung sein würde.

»Wie kann ich …« Seine Stimme brach, und er sprach nicht weiter.

»Du liebst sie … Du liebst sie sogar sehr«, flüsterte ich dicht an seinem Ohr. Er nickte, und ich konnte spüren, wann es kippte. Es knisterte vor Spannung, als sich seine Seele von meiner löste. Es schmerzte, doch das tut es immer.

»Michele, das ist London Kelley, Designerin und außergewöhnlicher Lifecoach.« Er strahlte. Die Blondine streckte mir die Hand entgegen.

»Nett, Sie kennenzulernen, Michele.« Ich schüttelte ihr die Hand, und die prickelnde Essenz, die unverwechselbar nur in ihrer Seele wohnte, floss durch mich hindurch. Auch sie war dankbar und machte sich keine Sorgen wegen meines Aufenthalts. Manchmal kam es zu Problemen, wenn ich bei einem Kunden einzog, der nicht mit seiner Freundin zusammenlebte. Dann klopfte gern das grünäugige Monster der Eifersucht an die Tür, eine Bitch mit äußerst scharfen Krallen. Erleichtert stellte ich fest, dass Michele nicht der stutenbissige Typ war, und genau genommen waren sie ja auch noch gar nicht zusammen gewesen, während ich hier gewohnt hatte, sonst hätte ich damals nicht mit ihm geschlafen.

»Sie besitzen eine ungeheure Gabe, Ms. Kelley. Wirklich wunderschöne Arbeit«, sagte sie und schaute sich in dem offenen Raum um. Ich hatte warme Erdtöne in die vormals gänzlich schwarz-weiße Wohnung integriert.

Bevor ich vor sechs Wochen in seine Welt getreten war, hatte Max wie ein Junggeselle gelebt. Er war unglücklich gewesen und hatte keine Ahnung gehabt, was er als Nächstes mit seinem Leben anfangen sollte. Er sah gut aus und war extrem erfolgreich; nur Menschen mit sechsstelligem Einkommen konnten sich meine Dienste als Innendesignerin leisten. Trotz seines Erfolges sehnte er sich jedoch verzweifelt nach etwas, was er nicht wirklich benennen konnte. Ich hatte ihn zu dem führen können, wonach sein Herz verlangte.

Ich dachte an den Tag zurück, an dem ich in seine Wohnung gekommen war und mein Gepäck auf dem Bett abgestellt hatte.

»Werden wir miteinander schlafen?«, fragte er unbehaglich.

»Ich bin kein Luxuscallgirl, Max.«

»Nein, nein. Dafür habe ich Sie auch nicht gehalten. Ich habe nur … Sie ziehen hier ein und senden Signale aus, dass Sie sich von mir angezogen fühlen.« Unruhig trat er von einem Fuß auf den anderen. »Keine Ahnung, ich hab einfach …«

Ich unterbrach ihn. »Verstehe. Und ja, ich finde Sie auf körperlicher Ebene in der Tat attraktiv. Wer weiß, vielleicht könnte man diesen Umstand während unserer gemeinsamen Zeit nutzen.« Ich zuckte mit den Schultern und fuhr mit dem Auspacken fort. »Meine Methoden sind unkonventionell. Das wird Ihnen gegen Ende meines Aufenthalts einleuchten.«

Jetzt beobachtete ich, wie Max die zierliche Blondine an sich drückte. Mein Herz barst fast vor Freude, dass er sich dem einen öffnen konnte, das ihm Glück und Erfüllung brachte. Michele schaute ihn bewundernd an. Er brauchte diese Frau genauso wie den nächsten Atemzug.

»Ich kann dir nicht genug danken, London«, sagte er und presste die hübsche Frau noch fester an sich.

»Was soll ich sagen? Ich bin eben gut in meinem Job.« Ich zwinkerte und entschuldigte mich, um mich ins Partygetümmel zu werfen.

Tripp stand am Büfett und belud sich den Teller mit Krabbenküchlein und luftigen, mit Käse gefüllten Blätterteighäppchen. Ich stibitzte mir eines von seinem Teller und steckte es mir in den Mund. Die klebrige Mischung aus Käse und Spinat schmeckte warm und salzig. Er reichte mir ein Glas Weißwein, das hervorragend zu den Häppchen passte. Durch seinen Job als Barkeeper in einem Gourmetrestaurant in Downtown New York hatte sich Tripp unglaubliche Kenntnisse angeeignet. Instinktiv wusste er, welcher Wein sich perfekt für welche Mahlzeit eignete.

Ein paar Sekunden lang aßen wir in kameradschaftlichem Schweigen. »Also? Was hältst du davon?«, fragte ich.

Er runzelte die Stirn und sah sich im Zimmer um. »Könnte besser sein.« Seine Stimme klang ernst und eine Spur gelangweilt. Doch die Andeutung eines Lächelns, das seine hübschen Lippen umspielte, zeigte mir, dass er mich nur necken wollte. Ich versetzte ihm einen Stoß gegen die Schulter, und er lachte. »Echt jetzt, Bridge.« Tripp nannte mich immer so. Der Kosename stammte aus dem Reim London Bridge is falling down – die London Bridge stürzt ein. Als wir uns vor Jahren kennenlernten, war ich diejenige gewesen, die dabei war zusammenzubrechen. »Du bist der Wahnsinn. Du hast eine langweilige Junggesellenbude in ein Zuhause verwandelt, in eine Wohnung, in die ein Mann auch mal eine Frau einladen kann.«

»Das war ja schließlich auch der Plan.« Ich blickte zu Maxwell und Michele hinüber. Sogar die Kombination ihrer Namen war schmalzig-zuckersüß. »Er brauchte sie.« Ich deutete auf das Paar. Tripp musterte die beiden und nickte.

»Die komplette Neugestaltung des Hauses war aber auch kein Fehler. Mir gefallen diese riesigen Plüschsofas mit den vielen Kissen. Und das Bett, das im Hauptschlafzimmer steht? Das ist der Hammer. Wo hast du es gefunden?«, wollte er wissen.

»Er brauchte einen Ort, an dem er mit seiner weiblichen Seite in Berührung kommen kann.« Zärtlich ließ ich die Fingerspitzen über die Couchkissen wandern und führte ihn ins Schlafzimmer. Dort angekommen klopfte ich auf die Matratze, und Tripp setzte sich neben mich. Dann ließen wir uns Händchen haltend nach hinten fallen. »Das gigantische Bett sollte sein Ego stärken, ihn spüren lassen, dass er eine Frau braucht, mit der er es teilen kann. Allein in ihm zu liegen hätte sich für ihn bedrückend und einsam angefühlt.«

Wir sahen einander an. »Bridge, ich wollte tatsächlich wissen, woher du das Bett hast. Nicht dein Psychogeschwätz über seine innersten Wünsche und Befindlichkeiten.« Er schnitt eine Grimasse. »So viele Infos will ich über ihn gar nicht bekommen, erst recht nicht, wenn ich mit dir auf seinem Bett liege.« Er schob sich auf mich und setzte sich rittlings auf meine Hüften. Dann liebkoste er meinen Hals und küsste mich auf die Wange. »Das hier hast du großartig gemacht«, erklärte er sanft und zog mich hoch, sodass ich saß. Ich griff nach seinen ausgestreckten Händen. »Komm, genießen wir die Früchte deiner Arbeit. In zwei Tagen ziehst du bei deinem nächsten Kunden ein, und ich möchte die Zeit mit meiner Kleinen auskosten.« Ich schenkte ihm ein breites Lächeln, und er führte mich wieder ins Partygetümmel zurück.

Collier

Mein Magen knurrte laut und vernehmlich, als mir eine atemberaubende dunkelhaarige Schönheit auf der anderen Seite des Zimmers ins Auge fiel. Sie tänzelte, nein, eigentlich glitt sie vom Schlafzimmer in die Küche, wo sie an der Bar stehen blieb. Ich sah, wie sie lachte. Ihre überwältigend kristallblauen Augen funkelten vor Freude, während sie einen Mann unterhakte. Mit zarten Händen strich sie über ihre Hüften, dann zog sie sich den schmalen Träger ihres kaum vorhandenen Kleides an der Schulter zurecht. Sie schob sich das lange schwarze Haar auf eine Seite und ließ die Finger durch die schimmernden Locken gleiten, während sie an der Bar auf einen Drink wartete.

Sie raubte mir den Atem.

Zierlich und schmal und doch mit perfekter Sanduhrfigur. Ihre runden Brüste waren nicht riesig, für ihre schlanke Gestalt aber dennoch groß. Unwillkürlich ballte sich meine Hand zur Faust, als ich mir vorstellte, diese herrlichen Halbmonde zu kneten, sodass ihre Nippel meine Handflächen streiften.

Ich schüttelte den Kopf. Dass ich diese Frau, eine Fremde, auf Anhieb dermaßen begehrte, war verwirrend. Seit der Katastrophe mit meiner Frau – die seit fünf Jahren meine Exfrau war – hatte ich mich von niemandem mehr dermaßen angezogen gefühlt.

»Gefällt dir der Anblick, Collier?« Mein Geschäftspartner und bester Kumpel deutete auf die Frau, die ich beobachtete oder besser: mit meinen Blicken stalkte.

»Wer ist sie?«

»Das ist London Kelley. Sie ist der Grund, warum wir uns alle hier versammelt haben«, antwortete er spöttisch.

»Die Innendesignerin?«

»Genau die. Ich habe mal mit ihr zu Abend gegessen, als sie bei Maxwell wohnte«, meinte er.

»Sie hat hier gewohnt?«

Er nickte.

»Aber ich dachte, er hätte sich in sie verliebt.« Ich deutete auf die hübsche Blondine, die sich an Maxwells Seite schmiegte.

»Stimmt auch. Er hatte keine Beziehung mit London; sie hat einfach nur hier gelebt, während sie für ihn arbeitete. Das gehört zu ihrem Konzept. Und sie ist heiß begehrt«, fuhr er fort.

Meine Blicke wanderten über ihre Kurven. »Darauf möchte ich wetten.«

Er klopfte mir auf den Rücken. »Doch nicht so. Du lieber Himmel! Sie ist die gefragteste Innendesignerin in ganz New York City. Jeder will sich sein Heim von ihr neu gestalten lassen. Ihre Warteliste ist bestimmt eine Meile lang, dabei verlangt sie von ihren Kunden durchaus ein hübsches Sümmchen. In sechs Wochen wird sie auch meine Wohnung renovieren.« Sein britischer Akzent und perfektes Englisch waren wohltuend in einer Stadt, in der Umgangssprache und schlechte Syntax an der Tagesordnung zu sein schienen.

Nathaniel Walker war mein bester Kumpel und gleichzeitig mein Halbbruder. Wir hatten dieselbe Mutter, aber verschiedene Väter. Vor fünf Jahren ließen wir unsere Eltern und unser altes Leben in England hinter uns, um hier in New York die Kanzlei Stone, Walker & Associates zu gründen. Unsere Kanzlei rühmte sich namhafter Kunden wie Gates. Wir kümmerten uns um alles von extrem öffentlichen Promitrennungen über Unterschlagungsdelikte in Millionenhöhe bis hin zu den juristischen Feinheiten bei größeren Unternehmenskäufen. Unsere Topklienten waren bekannt aus Film und Fernsehen und saßen auf den Ledersitzen der Hochhausbüros rund um den Globus.

»Sie zieht also dann bei dir ein, oder?«

Nathaniel nickte. »Das gehört zum Vertrag.« Er nippte an seinem Wein.

»Hat sie etwa kein eigenes Zuhause?« Vor Entsetzen war meine Stimme lauter geworden.

Schallend lachte Nathaniel. »Nein, du Idiot. Sie besitzt ihr eigenes kleines Vermögen. Ihr Honorar für die vier Wochen, die sie bei mir wohnt, beträgt 100.000 Dollar.« Erstaunt riss ich die Augen auf. »Und darin sind die eigentlichen Renovierungskosten noch gar nicht enthalten.«

»Interessant. Und natürlich nimmst du all ihre Dienstleistungen mit Freude in Anspruch und zahlst auch noch dafür. Aber eigentlich bist doch du der Meister in diesem Spiel, lieber Bruder. Wie soll das funktionieren?«

Er verdrehte die Augen und seufzte. »Sie wird nicht das Bett mit mir teilen. Na ja, vielleicht ja doch.« Er grinste und wackelte mit den Augenbrauen.

Ich schauderte. Bei der Vorstellung von ihm zusammen mit sexy London verging mir beinahe der Appetit. Dann sah ich erneut zu ihr in der gegenüberliegenden Ecke des Raumes hinüber. Wieder kam ich mir wie ausgehungert vor, fast schon am Verhungern. Sie schaute mich an. Unsere Blicke trafen sich, versanken ineinander. Ihre leuchtenden graublauen Augen schienen mich zu sich zu rufen. Ich machte mich auf den Weg zu ihr, ging um andere Gäste herum, den Blick weiterhin unverwandt auf sie gerichtet. Ich bewegte mich wie in Trance, als flösse mein Körper durchs Zimmer, als trotze er jeglicher Schwerkraft, nur um zu ihr zu gelangen.

Sowie ich ihr die Hand entgegenstreckte, erschien ein breites Lächeln auf ihrem zarten Gesicht, das sie nur noch schöner machte. Sie ergriff sie, und sofort sprühten und knisterten die Funken zwischen uns. Ich hob ihre Hand an meine Lippen, um sie zu küssen. Sie roch nach Zimt, und am liebsten hätte ich meine Zunge über ihr Handgelenk gleiten lassen, um das würzige Aroma auch zu schmecken.

»Kennen wir uns?«, fragte sie über den Partylärm hinweg. Wobei ich eigentlich nichts anderes mehr hörte als ihre leisen Worte. »Sie kommen mir bekannt vor.«

Ich schüttelte den Kopf. »An Sie würde ich mich erinnern.« Noch ein Handkuss. »Collier Stone. Freut mich, Sie kennenzulernen.« Ich hatte das starke Verlangen, ihre Hand festzuhalten, aber das wäre ihr vielleicht unangenehm gewesen. Doch kaum dass ich ihre Hand losließ, vermisste ich sofort ihre Wärme.

»Sie kommen aus England?« Sie lächelte, und ihr Gesicht leuchtete auf. Ein bezaubernder Anblick, bei dem es sich sogleich anerkennend in meiner unteren Region regte.

»Bekenne mich schuldig. Obwohl mein Kumpel und ich die Queen schon vor fünf Jahren verlassen haben. Doch ich schaff’s einfach nicht, diesen Akzent loszuwerden, um mich euch Yankees anzupassen.«

»Man sollte sich niemals für einen anderen verbiegen. So wie Sie sind, sind Sie perfekt.«

Ihre Worte trafen mich mitten ins Herz. Meine Ex war immer anderer Meinung gewesen. Sie hatte damals alles an mir ändern wollen.

»Tut mir leid. Plötzlich wirken Sie so traurig.« Sie legte mir die Hand an die Wange und strich mir mit dem Daumen über den Wangenknochen, während sie mit ihren unergründlichen Augen forschend in meine sah. In den ihren wechselten sich graue Strudel mit blauen ab, um sodann gleich wieder die grauen hervorzubringen.

Ich hätte eine Ewigkeit damit verbringen können, in diese Augen zu blicken, um herauszufinden, welche Farbe sie denn nun tatsächlich hatten. Die Frau ließ die Hand sinken, und auf einmal fühlte ich mich ganz leer. Ich wollte diese Hände auf mir spüren. Ich blinzelte, und schon zog der große Mann, in dessen Begleitung ich sie eben gesehen hatte, sie wieder an sich.

»Bereit, nach Hause zu gehen, Bridge?« Er gab ihr einen Kuss auf die Schläfe. Sofort flammte Eifersucht in mir auf. Sie strich ihm sanft über die Brust und nickte. »Ich hole deine Jacke, Süße.« Er wandte sich um und ging davon, ohne dass wir uns einander hatten vorstellen können. Das ärgerte mich.

»Ihr Mann?« Der Blick hinunter auf ihre linke Hand war offensichtlich. Kein Ring funkelte mich von dort aus an. Ich sah nur lange, zarte Finger mit goldlackierten Nägeln.

»Nein«, antwortete sie knapp.

»Freund? Wichtiger Gefährte vielleicht?« Meine Stimme klang eine Spur entnervt, aber sofort hatte ich mich wieder im Griff.

»Tripp ist mir definitiv wichtig«, antwortete sie vage.

»Tripp wird gleich die schönste Frau in ganz New York mit nach Hause nehmen.« Der Mann legte London den Arm um die Schultern und zog sie an sich. Ihre schlanken Arme schlangen sich um seine Taille. Ich wünschte, ich hätte sie so gut gekannt, dass es mein Körper gewesen wäre, an den sie sich so eng drückte. Er sah mich an, checkte mich ab, angefangen von meinem aschblonden Haar bis zu den Herrenschuhen mit Flügelspitze. »Mmmh-hmm, es sei denn, du hast vor, James Bond hier flachzulegen.« Unverhohlen musterte er mich erneut von Kopf bis Fuß.

»Ich denke darüber nach«, antwortete sie frech und biss sich auf die Unterlippe. Jetzt betrachtete sie mich ebenfalls, wobei sie nachdenklich den Kopf zur Seite neigte.

Beim Anblick ihrer glänzenden Lippen, die unter dem Druck ihrer Zähne ein noch tieferes Rot angenommen hatten, stellte ich mir vor, wie sie vor mir kniete, den Kopf gerade im richtigen Winkel geneigt, damit ich immer und immer wieder mit meinem Schwanz in ihren Mund abtauchen konnte. Ich holte tief Luft, um mich zu beruhigen, und schaute sie an. Sie würde die Begierde in meinen Augen sehen; ich hatte nicht die Absicht, sie vor ihr zu verbergen. Zur Hölle mit der Vernunft. Ich wollte diese Frau.

»Also, ich wüsste ganz sicher, was ich mit diesem Knackarsch treiben würde.« Tripp grinste. Obwohl er attraktiv war, konnte ich ihm durchaus widerstehen. Meine Tanzkarte war ziemlich voll … und zwar ausschließlich mit Frauen. Und nun, da ich sichergehen konnte, dass die Frau nicht gebunden war, schoss in Nullkommanichts ein einziger Name an die Spitze dieser Liste: London Kelley.

»Dafür sollte ich mich wohl bedanken.«

»Wie ich feststelle, haben Sie sich schon mit meinem Bruder bekannt gemacht«, unterbrach Nathaniels Stimme das Blickduell zwischen London und mir. Dann streckte er Londons »wichtigem Gefährten« die Hand entgegen, obwohl ich keine Ahnung hatte, wie wichtig er wohl sein konnte, wenn er Männer Frauen vorzog. Doch vielleicht war er auch auf kein Geschlecht festgelegt.

»Noch nicht. Collier Stone.« Auch ich hielt nun Tripp die Hand hin, und er schüttelte sie flüchtig, als wäre er in Eile.

»Tripp Devereaux. Und Sie sind?« Tripps Stimme klang heiser und deutlich tiefer, während er Nathaniel offen anstarrte.

Mein Bruder grinste, ließ sich auf Tripps vielsagenden Ton ein. »Nathaniel Walker. Nett, Sie kennenzulernen, Kumpel. London, es ist immer wieder ein Vergnügen, dich zu sehen.« Er umarmte sie. Mistkerl.

»Heiße Engländer? Träume ich etwa, Bridge? Denn ich habe das Gefühl, gestorben und jetzt im Himmel zu sein.« Tripps Blick schien uns mit Vergnügen auszuziehen.

Wir lachten alle, doch ich wandte meine Augen nicht von London ab. Nathaniel und Tripp unterhielten sich über einen gemeinsamen Bekannten namens Hank. Ich umfasste Londons Handgelenk und führte sie zur Seite. »Scheint, als ob Ihr Gefährte und mein Bruder sich ganz gut verstünden.« Ich lachte und ergriff dann ihre Hand. Sie fühlte sich warm und weich an.

»Nate arbeitet für meine Schwester. Er hat sie sogar mal eine halbe Sekunde lang gedatet«, erklärte sie.

»Dann arbeitet Ihre Schwester auch mit mir. Ich bin der ›Stone‹ in Stone, Walker & Associates.« Ich lächelte und berührte sie gezielt am Unterarm. Ich konnte einfach nicht widerstehen. Die Haut, der Körper und das Wesen dieser Frau verlangten meine ganze Aufmerksamkeit. Ich musste ihr einfach nahe sein, wollte sie unbedingt halten.

Sie schnappte nach Luft. »Sind Sie beide ein Paar?« Ich deutete mit dem Kopf auf Tripp und Nathaniel.

»Nicht wirklich, aber ohne ihn könnte ich nicht leben.« Ihr Blick wurde glasig.

Meine Hoffnung sank. Ich fragte mich, ob die beiden vielleicht doch irgend so eine verquere New-Age-Beziehung hatten. Wobei ich ihr daraus keinen Vorwurf gemacht hätte. Seit meiner Trennung von Claire war ich mit mehr Frauen ins Bett gestiegen, als ich jemals zugegeben hätte. Doch auch zig Frauen zu vögeln konnte nicht ungeschehen machen, was meine Ex mir angetan hatte. Leider.

»Er ist nicht mein Liebhaber, falls Sie das wissen wollten.« Das Funkeln war wieder da. Eine Unterhaltung mit ihr ähnelte einem Pingpongmatch. Gerade wenn man dachte, man hätte einen Punkt gemacht, peitschte sie den Ball zurück wie ein Geschoss. »Tripp, ich bin so weit.« Er nickte.

Sie lächelte mich an. »Begleiten Sie mich nach draußen?«, fragte sie dann.

»Es wäre mir eine Ehre.« Sie schritt neben mir her, ihre Hand in meiner Armbeuge. Fühlte sich gut an, irgendwie richtig. Ich führte sie durch den Raum.

Kurz blieb sie bei Maxwell und seiner Freundin stehen, um sich von ihnen zu verabschieden. Beide umarmten sie, danach legte sie die Hand wieder auf meinen Unterarm. So fuhren wir mit dem Aufzug hinunter und traten auf den Bürgersteig hinaus. Dort wartete eine schwarze Limousine.

Tripp folgte uns schweigend, ohne unseren gemeinsamen Augenblick zu stören. Jetzt umrundete er uns und sprang ins Auto. Sie wandte sich um und sah mich an.

»Werde ich Sie wiedersehen?«, fragte ich.

»Wenn Sie wollen«, flüsterte sie und reckte sich nach oben. Ihre Lippen streiften über meine, während sie die Hand in meinen Nacken legte. Ihre Finger vergruben sich in meinem Haar und kitzelten mich am Haaransatz.

Erschrocken öffnete ich den Mund, und rasch ließ sie ihre zarte, pinkfarbene Zunge hineingleiten, wo sie mit meiner verschmolz. London schmeckte nach kühlem Weißwein, und ich wollte unbedingt von ihr trinken. Zum Teufel, ich wollte sie verschlingen. Dann begannen die Neuronen in meinem Hirn endlich wieder zu feuern, und ich übernahm die Führung. Ich presste ihren Körper fest an meinen und erwiderte den Kuss.

Sie stöhnte, und ich saugte ihre Zunge in meinen Mund. Dann knabberte ich an ihren vollen Lippen. Meine Hände fuhren in ihr seidiges Haar und fanden ihren Nacken. Ich umfasste ihn, zog sie noch dichter an mich und intensivierte den Kuss.

Allumfassende Lust durchströmte mich. Wild und verzweifelt versuchte ich London für mich zu beanspruchen, hier, auf offener Straße, mitten in New York City. Ich ließ meine Hand über ihren Rücken gleiten und legte sie auf ihren sanft gerundeten Po.

Sie wollte sich mir entziehen, doch ich umschloss ihren süßen Hintern und rieb meine Erektion an ihr, wohl wissend, dass sie sie an der richtigen Stelle spürte. London stöhnte. Ihr Interesse war neu entfacht, und sie umfasste mein Gesicht mit beiden Händen und verschlang mich förmlich.

»Nehmt euch ein Zimmer, ihr beiden! Mein Gott, Bridge, am liebsten würde ich mir bei dieser Show einen runterholen«, erklang Tripps erstickte Stimme hinter London.

Wir lösten uns voneinander, beide mit verblüfften Gesichtern. Sie berührte ihre geschwollenen Lippen, und ihre Pupillen weiteten sich vor Überraschung. Sie war wunderschön, überschäumend vor Lebendigkeit und einfach überirdisch. Sie ging zum Auto hinüber und stieg ohne ein Wort ein.

Ich hatte gerade den besten Kuss meines Lebens mit der geheimnisvollsten und ungewöhnlichsten Frau geteilt, die ich je getroffen hatte. Und sie wollte einfach so verschwinden? Zum Teufel, nein! Das durfte ich nicht zulassen. Was hatte ich nur für ein Problem mit den Frauen? Anscheinend vermasselte ich es immer wieder.

»London, warten Sie. Es tut mir leid«, sagte ich, als sie die Wagentür schloss.

Sie lächelte so bezaubernd, dass ich beinahe auf der Stelle auf dem Asphalt zerschmolzen wäre. »Das muss es nicht. Ich freue mich schon sehr darauf, Sie wiederzusehen.«

»Kriege ich Ihre Nummer?« Ich wünschte mir sehnlichst einen Beweis für ihr Interesse.

Ihre Lippen zuckten, und sie zog ihre perfekt geformte Augenbraue in die Höhe. »Wenn es so sein soll, werden Sie mich schon finden.« Ihre Limousine fuhr davon. Sie finden. In einer Stadt mit mehr als acht Millionen Menschen wollte sie von mir gefunden werden. Angesichts dieser Herausforderung wurde mein Grinsen breiter. Die Jagd war eröffnet.

Kapitel 2

London

Colliers heiseres Stöhnen war voller Lust. »Heiliger Shit! Das ist so … ah … gut, London.« Fieberheiß strich sein Atem über die empfindliche Haut meines Halses. »Liebes, nur noch ein wenig …« Sein ganzer Körper war hart und angespannt. Die Beine waren mit meinen verschlungen, während meine Hand ihn streichelte, hoch und runter, fester und fester. Ich spürte nicht nur, wie sein Höhepunkt nahte, sondern auch die reine Ekstase, die mir entgegenbrandete und meine Erregung immer mehr anfeuerte. Auf dem Gipfel der Leidenschaft immer noch in der Lage zu sein, die Wonne des anderen zu spüren und zu genießen, machte mein Geschenk erträglich. Ja sogar schön.

Die Umgebung verschwamm. Erbebte. »Fuck, Bridge! Ja, ja …«, erklang die Stimme meines besten Freundes, während sein Lusterguss meine Hand benetzte. Mein Körper antwortete auf sein Verlangen mit einem euphorischen Adrenalinrausch. Dann dämmerte es mir langsam, was gerade geschehen war.

Nicht schon wieder.

Tripps Atem ging stoßweise an meinem Nacken. Er beschrieb einen Pfad aus Küssen bis hin zu meinem Mund. Seine Lippen bedeckten meine, und einen kurzen Augenblick lang ließ ich es zu, genoss die Sanftheit seines Kusses. Dann kehrte ich in die Wirklichkeit zurück, und damit einher kamen Verärgerung und Wut. Ich stieß ihn heftig von mir, sodass er beinahe vom Bett fiel.

»Was zum Teufel, Tripp!«, rief ich. »Gar nicht cool!« Meine nackten Füße trafen auf den Holzboden meiner Wohnung, und ich stapfte auf den kalten Dielen zum Bad hinüber.

»Komm schon, Bridge. Ich brauchte dich!« Seine Stimme klang wie die eines verletzten Welpen.

Ich wusch mir am Waschbecken die Spuren seiner Erleichterung von den Händen und beäugte mich dann kritisch im Spiegel. Nur ein Wunder hätte mein zerzaustes Haar jetzt noch bändigen können. Ich hatte rosige Wangen, weil ich mir vorgestellt hatte, diesen privaten Augenblick mit Collier, nicht mit Tripp zu haben. Meine Pupillen waren geweitet, so schwarz vor Lust auf den Engländer, dass ich das Blau meiner Iris kaum mehr erkennen konnte.

»Bist du wütend?« Tripps Stimme klang nun kleinlaut und war mir sofort verhasst. Er lehnte am Türrahmen, und sein fantastisch aussehendes Gesicht wirkte niedergeschlagen. Ich würde mich nicht in die Riege der Menschen einreihen, die ihn erst vögelten und dann fallen ließen wie eine heiße Kartoffel.

»Ja.« Ich schaute ihm in die Augen, damit er merkte, wie wütend ich war. Er wirkte abgespannt und schüchtern. »Und, wie war es?« Meine Lippen zuckten, und ich musste grinsen.

Auch er verzog die modelmäßigen Züge zu einem breiten Grinsen. Auf ein so wunderbares Wesen konnte man nur schwer dauerhaft sauer sein. Mein bester Freund war schön. Innerlich und äußerlich, obwohl er dieser Einschätzung vermutlich widersprochen hätte. Sein dunkler Teint, die fein gemeißelten Gesichtszüge und die hellen Augen machten ihn zum perfekten Playboy, und diesem Titel wurde er auch gerecht. Tripp war der Inbegriff eines Dandys, wobei er Männer und Frauen gleichermaßen liebte.

Wenn ich nach Hause kam, um mir Ruhe von meinen Kunden zu gönnen, lag er häufig mit irgendeiner Partybegleitung irgendwo herum und wirkte frisch gevögelt. Ich hatte schon vor langer Zeit aufgehört, ihn nach den Namen zu fragen. Die Betreffenden wurden nur selten auf eine zweite Runde mit Tripp eingeladen.

Aber eigentlich war ich in vielerlei Hinsicht auch nicht besser. Ich nahm mir mein Vergnügen, wann und wo ich wollte. Auch meine »Spielpartner« wechselten häufig. Beziehungen im herkömmlichen Sinne waren nicht mein Ding. Nur Tripp war eine Ausnahme. Er war der einzige beständige Mann in meinem Leben – abgesehen von meinem Vater und meinem Bruder Rio.

»Bridge, Baby, manchmal kann ich eben einfach nicht die Finger von dir lassen.« Er warf mir einen neckenden Blick zu und musterte mich auf seine typische Art bedächtig von Kopf bis Fuß. Meine Nippel wurden unter meinem kurzen Hemdchen ganz hart, allerdings eher aufgrund der Gefühle, die mir kräftig und wild entgegenschossen, und nicht, weil ich mich so zu ihm hingezogen fühlte.

»Tripp«, sagte ich warnend. »Wir hatten früher ja durchaus unseren Spaß, aber …«

»Ich weiß, ich weiß. Wir sind Freunde. Beste Freunde. Aber manchmal kann ich einfach nicht anders. Du bist so verdammt heiß.« Er kam zu mir, legte mir den Arm um die Taille und zog mich an sich, sodass mein Rücken an den starken Muskeln seiner nackten Brust ruhte. Er atmete den Duft meines Haares ein. »Du duftest so gut.« Er liebkoste meinen Nacken, dann ließ er die Hände an meiner Taille hinauf und über meine Brüste gleiten, nahm jede fest in eine Hand. »Und dein Körper ist so fucking unglaublich.« Er kniff durch den dünnen Stoff in meine Brustwarzen, und ich stieß ihn von mir, schüttelte den Kopf.

»Wir wissen doch beide, dass das nie funktionieren wird. Wir haben beide unsere Probleme …« Er nickte, denn das war ihm klar.

»Ich will das, was wir haben, nicht vermasseln. Aber das hält mich nicht davon ab, dich vögeln zu wollen.« Der Mann war überaus aufrichtig.

Alle paar Monate machte er mir irgendwelche sexuellen Avancen. Wir hatten früher wirklich oft Sex gehabt. Es war phänomenal gewesen. Wir passten im Bett hervorragend zusammen. Doch mit dem Alltag kamen wir nicht klar. Jedes einzelne Mal, nachdem wir miteinander geschlafen hatten, hatten wir uns hinterher ein Stück weit voneinander entfernt. Es hatte unsere entspannte Freundschaft oft monatelang belastet. Das Problem schien darin zu bestehen, dass wir einander zwar liebten, aber nicht verliebt ineinander waren.

Tripp und ich wollten mit anderen Leuten zusammen sein. Monogamie stand nicht zur Debatte. Das hatten wir gemeinsam. Also einigten wir uns darauf, auf Sex miteinander zu verzichten und uns auf unsere aufrichtige, gegenseitige Liebe zu konzentrieren. Unsere Beste-Freunde-Liebe.

Richtige Partnerschaften, die ein Leben lang hielten, schlossen Sex mit anderen aus. Tripp und ich wollten beides, die lebenslange Freundschaft und die Abwechslung im Bett. Eine wahre Romanze und innige Beziehung hatte ich ein einziges Mal gehabt. Danach nie wieder.

»Und wo wohnst du diesen Monat?«, wechselte er nun das Thema.

»Mein nächster Kunde ist Dylan Matthews. Ein erfolgreicher Investmentbanker.«

Tripp tat, als müsste er gähnen. »Laaaaaaangweilig!« Sein Grinsen war ansteckend, und ich stimmte in sein Lachen mit ein.

Dann drehte ich das Wasser an, zog mich aus und stieg unter die Dusche. Tripp setzte sich auf den Waschtisch und beobachtete mich. Er hatte mich häufiger nackt gesehen, als ich mich erinnern konnte. Ich kannte bei ihm keine Scham. »Und was ist mit Null-null-sieben von gestern Abend?«

»Collier Stone?« Meine Stimme klang selbst in meinen eigenen Ohren sinnlich. »Ihn glaubte ich heute Morgen zu beglücken, als du meine erotischen Träume so rüde unterbrochen hast.«

»Tatsächlich? Interessant. Du hast von einem Mann geträumt?«

»Ja. Und jetzt tu nicht so überrascht. Gelegentlich hab auch ich feuchte Träume.« Nicht wirklich. Normalerweise schlief ich wie ein Stein, ein traumloser Stein.

»Seit wann? Du hast mir noch nie von solchen Träumen erzählt. Ich erinnere mich sogar daran, dass du mal behauptet hast, gar nicht zu träumen.«

Dieser Kerl hatte ein Bombengedächtnis. Wie anstrengend. Nie konnte man ihm etwas vormachen. »Das ist lächerlich. Jeder träumt, Tripp.«

»Ja, aber du kannst dich an deine Träume nie erinnern. Und jetzt träumst du von einem Mann, den du erst gestern Abend kennengelernt hast – und geküsst hast, wie ich hinzufügen möchte. Das ging ein wenig schnell, selbst für deine Verhältnisse.« Er lachte laut genug, dass ich es über das Rauschen des Wassers hinweg hören konnte.

Er hatte recht. Collier gestern Abend zu küssen war eine ungewöhnliche Reaktion, selbst für mich. Normalerweise kannte ich gegenüber Männern, die ich begehrte, keinerlei Befangenheit, ging aber im Allgemeinen nicht so aggressiv vor. Doch gestern Abend auf dem Bürgersteig hatte ich den Mann förmlich verschlungen, kaum dass ich ihn kennengelernt hatte. Und er schmeckte so gut. Alles an diesem Mann war üppig und vollmundig, wie ein edler Cabernet.

»Ich war total stolz auf dich … und erregt. Deswegen musstest du mir auch einen runterholen – ich brauchte das.« Er hob die Arme in die Höhe und wackelte mit den Händen. »Übrigens danke dafür.«

»Ich hoffe, du hast es genossen, denn noch mal mache ich das nicht.« Kaum hatte ich das Wasser abgedreht, öffnete er die Tür und breitete ein Handtuch für mich aus. Ich machte einen Schritt auf ihn zu, und er wickelte es mir um den Körper, zog mich in seine Arme.

»Du denkst also darüber nach, deine übliche Routine zu ändern?«, fragte Tripp, während ich ein weiteres Handtuch um mein feuchtes Haar schlang.

»Inwiefern?«

»Na ja, so langsam wird es vielleicht Zeit, einen Mann in dein Leben zu lassen.«

Ich zuckte mit den Schultern und zog das Handtuch um meinen Kopf enger, um die Feuchtigkeit aus den Haaren zu bekommen. »Du weißt doch, dass ich es gut finde, so wie es ist. Ich brauche keinen Mann, um glücklich zu sein. Ich habe mein Leben im Griff und was noch wichtiger ist: auch mein Herz.« Tripps Frage schlug eine Saite in mir an, die schon lange nicht mehr zum Schwingen gebracht worden war. Seit James’ Tod hatte ich hart daran gearbeitet, die Einzelteile meiner zerbrochenen Seele wieder zusammenzufügen. Im Großen und Ganzen hatte ich damit Erfolg gehabt. Was ich körperlich brauchte, holte ich mir von den Männern, mit denen ich gelegentlich schlief, und emotionale Nähe bekam ich von Tripp. »Außerdem habe ich doch dich. Wozu brauche ich da noch jemand anderen?«

Tripp lächelte breit, rubbelte noch einmal mit dem Handtuch über meinen Kopf und zog es dann herunter. Er schob mir das nasse Haar hinter die Ohren, glitt mit seinen Fingern über meinen Kopf. »Und du wirst mich immer haben.« Er lehnte die Stirn an meine. Tief sahen wir uns in die Augen. »Du weißt, dass ich dich liebe, oder?« Seine Stimme klang süß und zärtlich. Er versuchte wiedergutzumachen, dass er mich heute Morgen übervorteilt hatte. Das war eine alte Gewohnheit von ihm, die sich in vielen Jahren von Versuch und Irrtum schon abgenutzt hatte. Wenn Tripp irgendetwas tat, was mich verärgerte, musste er sofort unsere Verbindung wiederherstellen und sich meiner Liebe versichern. Seine verdammte Bitch von einer Mutter hatte ihn so lange gequält, bis er geglaubt hatte, nicht liebenswert zu sein. »Mehr als jeden anderen?«

»Mehr als jeden anderen«, versicherte ich ihm. Er gab mir einen Klaps auf meinen vom Handtuch verdeckten Po. »Autsch!«, rief ich gespielt aus.

»Gut. Und jetzt komm in die Gänge. Wir haben einen ganzen Tag zusammen, und ich will keine Minute davon verschwenden.«

Ich hörte, wie die Dusche wieder eingeschaltet wurde, als ich meinen begehbaren Kleiderschrank betrat. Meine Beziehung zu Tripp war unkonventionell, aber ich würde sie nicht ändern.

Unwillkürlich musste ich wieder an den vergangenen Abend denken, als ich Collier geküsst hatte. Mich überlief ein wohliger Schauer. Allein die Erinnerung an die Berührung seiner Lippen und an seinen Körper, der sich an mich presste, ließen meine Nervenenden erbeben. Ich konnte mir vorstellen, wie er mir das Gefühl gab, wieder vollständig zu sein. Es war schon ein paar Wochen her, seit ich das letzte Mal mit einem Mann zusammen gewesen war. Kurz fragte ich mich, wie lange er wohl brauchen würde, um mich zu finden. Würde er überhaupt nach mir suchen? Ich hatte das untrügliche Gefühl, dass er es würde. Dieser Kuss war gelinde gesagt denkwürdig gewesen.

Collier

London Kelley. Mir ging diese verdammte Sahneschnitte einfach nicht aus dem Sinn. Während der folgenden grauenhaften Woche stand mir immer wieder ihr Bild vor Augen. Tagelang hatte ich mich mit einem Promidebakel herumschlagen müssen: Einer unserer Rockstars hatte eine Suite in einem New Yorker Hotel zerstört. Offenbar hielten es vollkommen durchgeknallte, bekiffte Rockstars für witzig, auf einem Flachbildschirm die Treppen eines eleganten, zweistöckigen Penthouses in Downtown Manhattan hinunterzuschlittern. Die gleichen Typen begleiteten irgendwelche spärlich bekleideten Groupies durch die Hotellobby, um sie anschließend in aller Öffentlichkeit im Aufzug zu vögeln. Jedes Bandmitglied wurde wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses und Vandalismus festgenommen, nachdem der Hotelportier ihretwegen die Cops gerufen hatte. Natürlich einigten wir uns auf einen außergerichtlichen Vergleich und zahlten dem Hotel ein hübsches Sümmchen, was mir jede Menge Papierkram bescherte, der Kanzlei dafür aber ein kleines Vermögen einbrachte. Die ganze Arbeit erinnerte mich daran, dass ich unbedingt eine Assistentin brauchte.

Als es leise an meine Bürotür klopfte, hob ich den Kopf. Dort stand Nathaniel. Er hatte bereits den Mantel an, wollte also offenbar Feierabend machen. »Cheerio, Kumpel.«

»Hey, Nathaniel, du musst mir einen Gefallen tun.«

Er kam ins Büro und setzte sich in einen der exklusiven Ledersessel. »Alles, was du willst, alter Knabe.«

»So alt bin ich doch noch gar nicht!« Seit unserer Kindheit beklagte er sich darüber, dass er jünger war. Nun, da wir erwachsen waren, erinnerte er mich ebenfalls täglich an diese Tatsache, obwohl er damit im Augenblick vielleicht sogar auf besondere Weise ins Schwarze traf, denn in letzter Zeit fühlte ich mich manchmal deutlich älter als meine dreißig Jahre.

»Aber du benimmst dich so. Wann hast du das letzte Mal so richtig herumgevögelt oder warst auf einer Sauftour?«

»Ersteres geht dich nichts an, und Letzteres, nun ja, einen schönen Abend mit meinen Kumpels könnte ich schon brauchen, okay?«

»Dieses Wochenende. Wir rufen ein paar Leute an, vielleicht laden wir ein paar Frauen ein, und lassen es uns gut gehen. Ich möchte dich einem Bekannten von mir vorstellen, Hank Jensen. Er ist mit einer Klientin von uns zusammen. Erinnerst du dich noch an Aspen Reynolds?« Sein hellbraunes Haar fiel ihm in die Stirn, während er mit den Augenbrauen wackelte und grinste.

»Du bist unverbesserlich. Aber wo wir gerade von Frauen sprechen: Ich würde gern London Kelley kontaktieren.« Ich raschelte mit den Papieren auf meinem Schreibtisch und bemühte mich, so lässig wie möglich zu wirken.

»Dir gefällt Ms. Kelley, ja?« Mit unübersehbarem Grinsen zog er sein Handy hervor. Dann nahm er sich einen Notizzettel und einen Stift und schrieb ihre Telefonnummer darauf, ebenso wie ihre Adresse. »Ruf einfach hier an, und die Sache ist geritzt! Dann hast du sie.«

»Danke, Partner. Ich glaube, das mache ich. Die Frau hat was.«

»Na ja, sie ist ein echter Knaller«, antwortete er. »Hervorragende Wahl. Weißt du, Aspen Reynolds ist übrigens ihre Schwester. Wenn das mit dem Anruf nicht funktioniert, könnte ich vielleicht ein Treffen mit Hank und Aspen arrangieren, bei dem sie ihre Schwester mitbringen soll.« Mit diesen Worten stand er auf und salutierte. Dann verließ er mein Büro.

Ich starrte die Telefonnummer auf dem Notizzettel an. Eine gute Wahl, in der Tat. Ich überflog die Nummer, dann wählte ich sie. Eine tiefe männliche Stimme hob bereits beim zweiten Läuten ab. »Hallo?« Das überraschte mich, denn ich hatte geglaubt, London sei ungebunden. Es war natürlich absolut möglich, sogar verdammt wahrscheinlich, dass es einen Mann in ihrem Leben gab.

»Hallo. Ja, ich wollte eigentlich Ms. Kelley sprechen.« Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass es sechs Uhr abends war. Eine absolut respektable Zeit für einen Anruf.

»Sie ist bei einem Kunden. Spricht da ihr James Bond?«, fragte der Mann. Jetzt erkannte ich die Stimme. Es war Tripp Devereaux.

»Wie bitte?«, fragte ich verwirrt.

»Sie sind doch der Brite, den wir bei der Maxwell-Party letzte Woche kennengelernt haben, oder? Der, der meiner Kleinen die Zunge in den Hals gesteckt hat, wenn ich mich recht entsinne?« Seine Stimme klang belustigt, trotzdem irritierte mich sein Tonfall. Ich hatte plötzlich das Bedürfnis, es ihm zu erklären.

»Tripp, sie hat deutlich gemacht, dass Sie beide kein Paar sind. Tut mir leid, wenn ich das missverstanden habe, Kumpel.« Der Bleistift in meiner Hand wäre beinahe entzweigebrochen.

Hatte sie mich belogen? Warum sollte sie mich an der Nase herumführen, wenn sie in einer Beziehung war? Vielleicht wollte sie ihn ja eifersüchtig machen?

Am anderen Ende der Leitung lachte Tripp aus vollem Halse. »Wir sind kein Paar.« Seine Stimme klang immer noch amüsiert, was mich umso wütender werden ließ. »London hat’s nicht so mit diesem Paardings, Mr. Bond.«

»Ich heiße Collier, Tripp. Was meinen Sie damit, London hat’s nicht so mit diesem Paardings?«

»Sie hat keine Beziehungen und lässt sich auch auf keine ein. Sie zieht es vor, keine feste Bindung einzugehen.«

»Verstehe. Wann ist sie wieder zu Hause?« Es war mir schleierhaft, was er damit meinte. Ich war weit davon entfernt, diese Frau zu verstehen. Die wenigen Infos, die ich über Ms. Kelley aufgeschnappt hatte, gaben mir lediglich eine Idee davon, wie komplex sie war.

»Keine Ahnung. Sie haben die Nummer ihrer Wohnung und ihres Büros gewählt. Wenn sie aber bei einem Kunden ist, weiß ich nie so genau, wann sie nach Hause zurückkehrt. Wenn Sie möchten, können Sie mir Ihre Nummer geben. Ich hinterlasse ihr dann eine Nachricht.«

Ich ratterte meine Handynummer herunter und legte auf. Was für ein komischer Kerl, dieser Tripp. Warum ging er an ihr Telefon, wenn sie nicht zu Hause war? Lebte er mit ihr zusammen? Alles an dieser Frau war ein Geheimnis, und ich wurde immer entschlossener, es zu lösen.

London

»Süße, ich sehe doch, wie du leidest.« Die Sehnsucht in seinem Blick würde niemals gestillt werden.

»James, ich finde nur … Das alles ist so unfair. Wir hatten nicht genug Zeit …«

»London, du musst jetzt stark sein. Ich weiß, dass du das kannst. Es wird dir wieder gut gehen. Und eines Tages wird unsere gemeinsame Zeit eine wunderschöne Erinnerung für dich sein.«

»Nein, ich werde niemals über dich hinwegkommen.«

Bevor er die Mundwinkel zu einem Lächeln verzog, konnte ich es schon in seinen Augen sehen. »Sweetie, es ist nicht fair, einem anderen deine Liebe vorzuenthalten. Ich wünsche mir etwas anderes für dich.«

»Aber es ist wahr. Du hast mich für alle anderen ruiniert. Ich wünschte …«

»Pssst, London, verschwende nicht Wünsche auf etwas, was nicht sein kann. Eines Tages wird jemand anders dich lieben.«

»London, haben Sie Hunger?«, drang Dylans Stimme durch meine Erinnerungen.

Mein neuester Kunde war der perfekte Gentleman und Gastgeber. Und, wie Tripp erwartet hatte, langweilig. Als Investmentbanker führte er kein besonders spannendes, sondern eher ein ruhiges, alltägliches Leben. In seiner Welt gab es wenig Unterhaltung.

Ich lächelte in mich hinein. Dieser Auftrag würde jede Menge Spaß machen. Der Mann brauchte etwas Aufregung in seinem Leben, und um ihm die zu verschaffen, war ich genau die richtige Frau. Er hatte ja keine Ahnung, worauf er sich da eingelassen hatte, aber er würde jede einzelne Minute genießen, sobald ich seine reservierte Art erst einmal geknackt hatte.

»Ich habe gefragt, ob Sie Hunger haben.« Dylan lächelte breit, als er mich auf dem Bett in seinem Gästezimmer sitzen sah.

»Sorry, Sie haben mich beim Tagträumen erwischt. Ja, ich bin am Verhungern. Woran hatten Sie denn gedacht?« Ich stand auf und warf einen letzten Blick auf die Zeitschrift, die ich gelesen hatte, bis die Erinnerungen mich überfallen hatten. Heute wollte ich nicht mehr an James denken. Es wurde Zeit, sich ein wenig zu amüsieren.

Autor

Audrey Carlan
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