Heirate niemals einen sexy Playboy!

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Fassungslos erfährt Rose vom Letzten Willen ihres Vaters: Damit sie und ihre Schwestern ihr Zuhause nicht verlieren, muss sie heiraten! Nur wen? Verzweifelt schlägt sie ihrem attraktiven Nachbarn Lincoln Garrison einen Deal vor: Sie überlässt ihm ein begehrtes Stück Land als Gegenleistung für eine Ehe auf dem Papier. Überraschend sagt Lincoln Ja – unter einer Bedingung: Er wohnt während der Ehe auf Zeit bei ihr! Ungewollt fühlt sie sich bald immer mehr von ihm angezogen. Doch sie muss ihm widerstehen! Er gilt als unverbesserlicher Playboy …


  • Erscheinungstag 04.02.2025
  • Bandnummer 032025
  • ISBN / Artikelnummer 0800250003
  • Seitenanzahl 144

Leseprobe

PROLOG

Garrison Downs, Juni

Rose starrte George Harrington an, der hinter dem Schreibtisch auf dem breiten Stuhl ihres Vaters saß, und es kostete sie all ihre Willenskraft, nicht aufzustehen und ihn anzuschreien, er solle dort sofort verschwinden.

Das hatte ihr alter Familienanwalt nämlich nicht verdient. Immerhin hatte er sie vorher um Erlaubnis gebeten, dort Platz nehmen zu dürfen, denn von dort aus hatte er den Rest des Raums gut im Blick.

Aber es fühlte sich trotzdem wie ein Sakrileg an.

Sie blickte aus den Terrassentüren hinaus auf die grünen Eukalyptusbäume, die goldenen Gräser und die rote Erde in der Ferne. Zu gern hätte sie sich umgedreht und Tillys Hand ergriffen, um sich zu beruhigen, doch sie hatte Angst, dann sofort in Tränen auszubrechen. Also konzentrierte sie sich auf ihre Atmung und schickte Tilly im Stillen all die positiven, aufmunternden Schwesterngrüße, die sie aufbringen konnte.

Im vergangenen Monat hatten sie und ihre beiden Schwestern den schockierenden, unerwarteten Tod ihres Vaters und die darauffolgende gigantische Trauerwelle inklusive eines pompösen Staatsbegräbnisses verkraften müssen. Holt Waverly war eine nationale Ikone gewesen, eine Legende, und jeder wollte diesen Ruhm für sich beanspruchen und hatte eine Geschichte über ihn zu erzählen.

Es war eine unfassbar anstrengende Zeit gewesen, und Rose hatte es kaum geschafft, in ihrer Trauerrede all das zu sagen, was richtig und angemessen war. Permanent waren Kameras auf sie gerichtet gewesen, man hatte ihr zahlreiche Mikrofone unter die Nase gehalten und ihr endlos Fragen zugerufen.

„Der Tod Ihres Vaters muss ein Schock gewesen sein. Was bedeutet das jetzt für Garrison Downs?“

„Sie vermissen ihn wohl sehr, oder?“

Idiotische Fragen und Kommentare, aber Rose hatte sich zusammengerissen. Eine hässliche Szene auf der eigenen Trauerfeier hätte Holt nicht gerade stolz gemacht. Und sie wollte ihren Vater stolz machen, um jeden Preis, auch wenn es sie umbringen würde.

So wie sie Tillys Anwesenheit auf dem Sofa hinter sich spürte, so nahm sie auch Eves Präsenz über den großen Bildschirm im Büro wahr, weil die zweitälteste der Schwestern per Videokonferenz aus London zugeschaltet war.

Ein bitteres Lächeln umspielte Roses Lippen. Eve war in den vergangenen Monaten nicht nach Hause gekommen. Nicht einmal zur Beerdigung. Rose hatte sich damit abgefunden, nie zu erfahren, was damals zwischen Eve und ihrem Vater vorgefallen war …

Es war besser, auch jetzt nicht daran zu denken.

Sobald die Testamentseröffnung beendet wäre, könnte Rose sich endlich auf den Weg machen und sich vergewissern, dass der Zaun in Devil’s Bend repariert war, dass Jaspers geschwollene Fessel wieder in Ordnung war und ob Aaron, ihr Vorarbeiter, den von ihr aufgestellten Dienstplan für die Bohrungen im Griff hatte.

Außerdem würde sie herausfinden, ob Ricky und Blue, die neuen Hilfskräfte, es mit ihren nächtlichen Partys nicht übertrieben. Die beiden waren zwar noch jung, aber es gab schon einige Beschwerden und Anrufe von besorgten Müttern, weil sie es zu wild trieben und oftmals mit Mädels aus der Gegend feierten.

Anschließend musste sie sich unbedingt um den liegen gebliebenen Schriftverkehr kümmern, einen Termin mit dem Buchhalter vereinbaren und irgendwann nächste Woche mit Franz Arteta über ihren laufenden Vertrag sprechen … Es gab so viel zu tun. Ihr Vater hatte es immer leicht aussehen lassen, eine riesige Farm wie diese zu führen, aber das war es nicht. Zumindest nicht für sie. Wie, um alles in der Welt, sollte sie in derart große Fußstapfen treten?

Auch daran wollte sie momentan lieber nicht denken.

Erneut richtete sie den Blick nach draußen. Für ihren Geschmack befanden sich viel zu viele Menschen im Raum und George Harringtons Stimme dröhnte ihr in den Ohren.

Es gab Vermächtnisse für verschiedene landwirtschaftliche Organisationen, dazu die von Holt geförderten akademischen und industriellen Forschungsprojekte, eine großzügige Spende für die Kunst – zweifellos zu Ehren von Tilly, was Rose kurz zum Lächeln brachte – und ein dauerhaftes Engagement für den im Namen ihrer Mutter eingerichteten Fonds für die Krebsforschung.

Schließlich hielt George inne und räusperte sich. „Meinen Töchtern hinterlasse ich alles oben Genannte und alle meine weltlichen Besitztümer, die hier nicht aufgeführt sind, einschließlich, aber nicht beschränkt auf die Gesamtheit von Garrison Downs.“

Rose horchte auf. Dies waren die letzten Worte, die ihr Vater je zu ihr sprechen würde. Sie war noch nicht bereit dafür. Er sollte immer noch hier bei ihnen sein, mit ihnen lachen und ihnen in seiner ruhigen, lakonischen Art Ratschläge geben, auf seinem schwarzen Hengst Jasper ausreiten und auf dem Land, das er liebte, bis ins hohe Alter weiterleben.

„Es ist mein Wunsch, dass meine älteste Tochter, Rose Lavigne Waverly, die volle Kontrolle über die Leitung des Anwesens übernimmt. Falls das auch ihr Wunsch ist. Wenn nicht, beuge ich mich ihrer Entscheidung.“

Sie zuckte zusammen. Natürlich hatte sie erwartet, dass sie eines Tages die Leitung des Zuchtbetriebs übernehmen würde. Ihr Vater und ihr Großvater hatten ihr eine tiefe Liebe zu diesem Land vermittelt und sie darauf vorbereitet, irgendwann die Zügel von Garrison Downs in die Hand zu nehmen. Aber doch jetzt noch nicht!

Nervös warf sie ihren Pferdeschwanz über die Schulter.

„Nun …“ Der Anwalt seufzte, blickte über den Rand seiner Lesebrille und dann wieder auf die Papiere vor ihm auf dem Schreibtisch. „Könnten jetzt bitte alle Anwesenden außer der engsten Familie den Raum verlassen?“

Sie atmete vorsichtig aus und beobachtete, wie die Leute nach und nach hinausgingen. Vielleicht hatte ihr Vater ihnen ein letztes persönliches Wort hinterlassen? Eine liebevolle Botschaft, die nur für ihre Ohren bestimmt war?

Der alte George nahm seine Brille ab und rieb sich über die Stirn.

Erwartungsvoll beugte Rose sich vor.

„Es gibt eine Bedingung für das Vermächtnis. Eine, die fest an das Anwesen geknüpft ist, seit es vor Jahren an Ihre Familie übertragen wurde.“ Harrington legte seine Brille auf die Papiere. „Wie Sie sicher wissen, ist die Geschichte von Garrison Downs etwas kompliziert, denn Ihre Ururgroßmutter hat das Land ja 1904 bei einem Pokerspiel von der Familie Garrison gewonnen.“

Das Pokerspiel war zu einer lokalen Legende geworden – eine jener Geschichten über Heldentaten, die immer dann erzählt wurden, wenn das Bier in Strömen floss. Aber es war auch die Ursache für eine Menge Unmut zwischen den Familien Waverly und Garrison.

„Jedes Mal, wenn das Land seitdem vererbt wurde, mussten bestimmte Bedingungen erfüllt werden.“ Harringtons Hände zitterten ein wenig, als er seine Brille wieder aufsetzte und direkt aus dem Testament vorlas. „Jeder männliche Waverly-Erbe, der derzeit lebt, würde natürlich das Anwesen direkt erben.“

„Natürlich“, murmelte Rose verächtlich.

„Aber“, fuhr der Anwalt fort und hob den Zeigefinger. „Sollte es keinen direkten männlichen Erben geben, müssen alle Töchter im heiratsfähigen Alter innerhalb eines Jahres nach der Testamentseröffnung verheiratet werden, um das gesamte Erbe antreten zu können.“

Rose starrte ihn an und versuchte, sich einen Reim auf die Worte zu machen, die sie da gerade gehört hatte.

Auf dem Bildschirm lachte Eve laut los.

„Findest du das etwa witzig?“, fauchte Rose.

„Ich finde es urkomisch, Rose. Ich meine, komm schon, was glaubst du, in welchem Jahrhundert wir leben?“

Eve klang selbstsicher, doch Rose schüttelte irritiert den Kopf. Das musste ein kranker Witz sein.

„Das Land ist zunächst mal an Söhne vererbbar“, erklärte Tilly leise, trotzdem übertönten ihre Worte das aufgeregte Gemurmel der anderen. „Wenn es keinen Sohn gibt, können die Waverly-Frauen erben: du, Eve und ich. Aber nur, wenn wir alle verheiratet sind.“

Rose umklammerte die Armlehnen ihres Stuhls so fest, dass ihre Finger zu schmerzen begannen. Dann sprang sie auf und lief unruhig hin und her. Das konnte doch unmöglich legal sein, nicht in der heutigen Zeit. Oder doch?

„Wieso ist das bisher nie zur Sprache gekommen?“

„Die Waverlys hatten immer mindestens einen fähigen, farmbegeisterten Sohn als Nachkomme“, überlegte Tilly laut. „Bis zu unserer Generation.“

Rose schaute zu ihr. „Und was passiert, wenn wir uns weigern zu heiraten?“

„Wenn die Bedingung nicht erfüllt wird …“, fuhr Harrington fort, „… geht das Land an das derzeitige Oberhaupt der Garrison-Familie zurück. An Clay Garrison.“

Da verlor Rose die Fassung. Denn sie hatte einiges über den alten Clay zu sagen – und noch viel mehr über dessen Sohn Lincoln!

„Das wird nicht passieren“, schaltete Eve sich ein. „Niemals!“

Das konnte Rose nur unterschreiben. Sie presste sich die Handflächen auf die Augen und versuchte, ein verräterisches Herzklopfen zu unterdrücken, während ihr Bilder von Lincoln durch den Kopf gingen.

George Harrington räusperte sich. „Wenn nicht alle vier leiblichen Töchter von Holt Waverly innerhalb von zwölf Monaten nach der Verlesung dieses Dokuments verheiratet sind …“

„Zwölf Monate?“ Roses Stimme klang unnatürlich schrill. „Aber ich kann nicht … Ich meine, keine von uns datet momentan jemanden. Eve? Tilly?“

Tilly schüttelte den Kopf und erstarrte dann. „Wartet mal! Sie sagten: vier Töchter! Wir sind aber nur drei.“

Das Mitleid im Blick des Anwalts war nicht zu übersehen.

Rose wollte auf den Bildschirm schauen, hielt sich aber im letzten Moment zurück. Was hätte das für einen Sinn? Eve ließ sich sowieso nichts anmerken, wie üblich. Also folgte Rose Tillys Blick zu einer schlanken, dunkelhaarigen Frau, die auf dem Polsterstuhl ihrer Mutter saß.

„Wer sind Sie?“, fragte Tilly und klang dabei nicht unfreundlich. Aber Tilly war von Natur aus immer freundlich – eine der Eigenschaften, die sie alle an ihr liebten.

Die unbekannte Frau schluckte und stand unsicher auf. „Ana.“

„Mit wem sprichst du, Tilly?“, fragte Eve. „Ich kann nichts sehen.“

Der Stuhl ihres Vaters quietschte, als George sich hinter dem Schreibtisch aufrichtete und Ana die Hand hinstreckte. „Komm nach vorn, Mädchen.“

Ana machte einen zögerlichen Schritt vorwärts. „Anastasia, das hier ist Matilda Waverly“, stellte er vor. „Das da ist Rose. Und oben auf dem Bildschirm siehst du Evelyn. Mädels, dies ist Anastasia Horvath.“

Die fremde junge Frau hob die Hand zu einem zögerlichen Winken und sagte: „Hallo.“

Alle Härchen auf Roses Armen stellten sich auf. Vier Töchter …? Nein, das konnte nicht sein!

„Ana ist die Tochter eures Vaters“, erklärte der Anwalt. „Eure Halbschwester. Und deshalb steht ihr nach dem Willen des alten Herrn ein gleichwertiger Anteil am Erbe zu. Unter den gleichen Bedingungen.“

Die Stille, die sich anschließend über den Raum senkte, war erdrückend. Eine Halbschwester bedeutete … dass ihr Vater eine Affäre gehabt hatte?

Halbschwester!

Der Raum drehte sich um Rose. Sie hatte gewusst, dass es in der Ehe ihrer Eltern auch schwierige Momente gegeben hatte, aber ihr Vater hatte seine Frau geliebt. Er hatte sie angebetet. Er hätte niemals …

Aber Anastasias Augen waren von dem gleichen strahlenden Blau wie ihre eigenen, wie Tillys und wie Eves. Wie die von Holt selbst. Und George wusste sicherlich, wovon er redete. Er kannte die Wahrheit und würde niemals zulassen, dass eine Betrügerin einen Teil von Holt Waverlys Erbe für sich beanspruchte.

George ließ sich auf die Armlehne des Samtsofas sinken und sagte: „Rose, Eve und Matilda, euch bleiben immer noch die Treuhandfonds eurer Mutter.“ Er seufzte tief auf. „Sie sind nicht an die Bedingungen des Testaments geknüpft. Macht euch also keine Gedanken darüber. Aber das Land selbst, die Station Garrison Downs und all ihre Besitztümer, werden der Familie Garrison gehören – es sei denn, ihr alle vier heiratet innerhalb der nächsten zwölf Monate.“

Sogar von Ana wurde erwartet, dass sie diese lächerliche Last trug? Obwohl sie bisher nicht an ihrer aller Leben hatte teilhaben dürfen? Rose war fassungslos.

In ihrem Kopf setzten sich die Teile eines riesigen Puzzles zusammen und ergaben ein Bild, das sie nicht sehen wollte.

„Rose?“, begann Tilly, doch Rose schnitt ihr mit einer Handbewegung das Wort ab.

„Warte mal!“ Sie wandte sich dem Bildschirm zu. „Evie, wusstest du das etwa? Ist das der Grund, warum …?“

„Ich muss los“, unterbrach Eve sie, bevor sie die Verbindung abrupt beendete. Rose starrte auf den leeren Bildschirm und in ihrer Brust klopfte ihr Herz immer schneller. Evie hatte von der Affäre ihres Vaters gewusst!

Oh, Evie, das hättest du nicht allein ertragen müssen!

Sie ballte die Hände so fest zu Fäusten, dass sie zu zittern begann. Wie konnte er es wagen? Wie konnte ihr Vater es wagen, ihnen eine Schwester vorzuenthalten?

Wütend lief sie zur Tür. Wenn sie nicht sofort hier rauskam, würde sie explodieren, und das hatte niemand in diesem Raum verdient. „Ich habe keine Zeit für so was. Immerhin muss ich eine Farm leiten. Ana wird ja vermutlich sowieso eine Weile hierbleiben, oder?“

Anschließend bat sie ihre Haushälterin Lindy, die gelbe Suite für Anastasia herzurichten. Danach stürmte sie nach draußen, um endlich wieder Luft zu bekommen!

1. KAPITEL

Rose betrat Holts Büro, nahm den Kalender von der Wand und zählte die Tage bis zu dem großen roten X im Juni. Jetzt waren es nur noch neunzig Tage.

Neunzig Tage! Was, zur Hölle …?

Sie blätterte zurück und zählte erneut. Warum hatte sie die Sache so lange aus den Augen verloren? Tilly hatte ihren Henri geheiratet und war nun eine echte Prinzessin, die ihr neues Leben liebte. Evie war glücklich mit ihrem Nate und erwartete ein Baby. Und Anastasia hatte ihrem besten und ältesten Freund das Jawort gegeben. Und sie wirkte so verliebt in ihren Connor, dass es beinah wehtat.

All ihre Schwestern hatten in den vergangenen Monaten die Bedingungen dieses dummen Vermächtnisses erfüllt. Nur Rose war noch übrig. Wenn sie ihre Schwestern nicht im Stich lassen und ihr Zuhause nicht verlieren wollte, musste sie dringend heiraten.

Allein der Gedanke, Garrison Downs zu verlieren … Sie griff nach ihrem Pferdeschwanz und ihre Finger zitterten. Das durfte sie nicht zulassen.

Sie starrte den Kalender an. „Drei Monate“, flüsterte sie. Nichts war unmöglich. Resigniert zuckte sie die Schultern und schluckte. „Ein Kinderspiel.“

„Redest du wieder mit dir selbst, Rose?“

Eve schlenderte in all ihrer mütterlichen Zufriedenheit ins Büro und Rose hätte sie am liebsten sofort umarmt. „Auf diese Weise spreche ich wenigstens mit einem vernünftigen Menschen.“ Mit dem Kinn wies sie auf Evies prächtigen Babybauch. „Sobald du meine Nichte zur Welt bringst, habe ich endlich noch eine Ansprechpartnerin.“

Ihre Schwester lachte, wurde dann aber ernst, als ihr Blick auf den Kalender fiel. „Du brauchst nicht zu heiraten. Das weißt du doch, oder?“

Es war typisch für Evie, gleich zur Sache zu kommen. Und natürlich musste Rose heiraten. Das war das einzig Ehrenhafte. Jetzt, da Evie endlich wieder in Garrison Downs zu Hause war … nachdem es so lange gedauert hatte, sie zurückzulocken.

Rose streckte die Hand aus und strich mit dem Finger über das große rote X. „Aber ich glaube, ich werde es tun.“ Sie würde tun, was immer nötig war, um Garrison Downs zu behalten.

„Du hattest in den letzten neun Monaten kein einziges Date. Deine ganze Zeit verbringst du mit Rindern und Viehzüchtern. Du kannst ja wohl schlecht Aaron heiraten“, warf Eve ironisch ein und wartete gespannt auf die Einwände ihrer Schwester gegen eine Heirat mit Garrison Downs’ Vorarbeiter.

„Warum eigentlich nicht?“, murmelte Rose.

„Er ist fünfzehn Jahre älter als du!“

„Na und?“

„Ich habe ihn und Lindy neulich gesehen und die beiden wirkten ziemlich vertraut miteinander.“

Zwischen Aaron und der Haushälterin bahnte sich also eine kleine Romanze an …

Aaron war sowieso nur ihr Plan B. Und er konnte genauso gut durch Johnno oder Nick oder einen der anderen Mitarbeiter ersetzt werden. Nur, wer, in aller Welt, war dann ihr Plan A?

Rose verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich gegen den Schreibtisch, während der Gedanke, der in den letzten Monaten in ihrem Kopf Gestalt angenommen hatte, wie ein Blitz aus heiterem Himmel in ihrem Bewusstsein auftauchte. „Lincoln Garrison.“ Als sie seinen Namen aussprach, durchströmte sie eine Energie, die ihr eine große Last von den Schultern nahm.

„Linc Garrison?“ Evie klappte die Kinnlade herunter. „Bist du verrückt?“

Mit viel Mühe rang Rose um Selbstbeherrschung. Sie musste die Dinge vernünftig und geschäftsmäßig angehen. Die Verbindung mit Lincoln würde die Zukunft von Garrison Downs sichern. Und darüber hinaus würde sie ein weiteres Ziel erreichen. Wenn sie sich besser kennenlernten und im Idealfall Freunde wurden, konnten sie endlich die lächerliche Fehde zwischen ihren Familien beenden.

Die Viehzuchtfarmen im südaustralischen Outback waren riesig und sehr isoliert. Hier draußen sollten Nachbarn an einem Strang ziehen. Es wäre sowohl im Interesse von Garrison Downs und Kalku Hills als auch im Interesse des ganzen Bezirks, wenn Rose und Lincoln lernen könnten, erfolgreich zusammenzuarbeiten.

Und obwohl sie es niemals laut aussprechen würde, nicht einmal unter Androhung von Folter, fragte sie sich insgeheim, ob die Waverlys den Garrisons nicht eine Art Wiedergutmachung schuldeten. Die Art und Weise, wie Louisa May die Farm damals erworben hatte, und die Gerüchte, dass Louisa May Waverly Cordelia Garrison um das Land betrogen hatte – eventuell war da ja etwas dran.

Schon vierzig Minuten später landete sie den Hubschrauber auf einer der Koppeln von Kalku Hills, genau wie Lincoln sie in seiner E-Mail angewiesen hatte. Sie bemerkte seine blaue Cessna, die auf der Landebahn zu ihrer Linken stand, und eine Armee von Schmetterlingen flatterte in ihrem Bauch herum.

Rose riss sich zusammen. Sie hatte keinen Grund, nervös zu sein. Schließlich präsentierte sie heute lediglich eine Geschäftsidee. Mehr nicht. Also, cool bleiben!

Als ob ihre Gedanken ihn herbeigezaubert hätten, erschien Lincoln auf der Veranda des Anwesens, um sie zu begrüßen. Ein Riese von einem Mann und sehr muskulös. Mit verschränkten Armen lehnte er sich gegen einen Verandapfosten, und sie atmete langsam ein und aus, bis ihr Herzschlag sich etwas beruhigte.

Lincolns Bewegungen wirkten beinah träge, so als ob er alle Zeit der Welt hätte. Heute trug er eine Anzughose und ein Businesshemd, und sie dankte im Geiste ihrer Schwester Evie, die darauf bestanden hatte, dass sie statt Arbeitskleidung einen schwarzen Rock und eine hellblaue Bluse anzog.

Ihre schwarzen Pumps waren sofort mit rotem Staub bedeckt, als sie auf den Boden sprang. Egal, dieses Land war ihre Heimat, und sie liebte es – dreckig und staubig.

Genau deswegen war sie hier: um einen Geschäftsvorschlag zu besprechen, der recht unkonventionell, aber dafür praktisch und solide war.

Entschlossen marschierte sie auf das Hauptgebäude und den dort wartenden Mann zu, dessen Haar im Sonnenlicht golden schimmerte. Das Wohnhaus in Kalku Hills bestand aus Sandstein und war auf seine eigene Art wunderschön, aber nicht ganz so riesig und luxuriös wie das Anwesen in Garrison Downs. Es gab keine bewässerten Gärten, keinen Pool und keinen Schnickschnack. Nachdem Clays Frau, Lincolns Mutter, die Familie vor zwanzig Jahren verlassen hatte, schien Komfort für die Garrison-Männer keine große Rolle mehr zu spielen.

„Schön, dich zu sehen, Rose“, begrüßte Lincoln sie mit tiefer Stimme.

Er hielt ihr die Hand hin, und Roses Mund wurde trocken, als sie sich berührten. Diese unmittelbare körperliche Reaktion zeigte sich immer, wenn sie ihm zu nahe kam, so als ob die Zeit zugleich schneller und langsamer verging. „Hallo, Lincoln.“

Er ließ sie nicht sofort los und betrachtete eingehend ihr Gesicht, was sie verunsicherte. Zweifellos bemerkte er die dunklen Ringe unter ihren Augen und die Tatsache, dass sie kein Make-up trug. Lincoln war immerhin mit einigen der schönsten Frauen Australiens ausgegangen. Ihm wurde nachgesagt, dass er sehr anspruchsvoll war, aber nie lange an einer Beziehung festhielt.

Was, zum Teufel, tat sie hier? Einen Moment lang war sie versucht, das Projekt abzubrechen und unverrichteter Dinge nach Garrison Downs zurückzukehren. Eine Frau wie sie würde niemals einen Mann wie ihn in Versuchung führen können.

Andererseits war Lincoln Garrison kein Idiot, auch wenn er ein freizügiger Playboy sein mochte. Er würde ein gutes Geschäft erkennen, wenn es sich ihm bot. Und obwohl er so heiß wie die Sünde war, war dies bloß ein Geschäftstreffen, mehr nicht.

„Ich freue mich wirklich, Rose.“

Sie rollte mit den Augen. Diesem Mann lag das Flirten einfach im Blut. Und obwohl sie weder blond noch vollbusig war, warf Lincoln ihr jedes Mal, wenn sie sich begegneten, einen dieser anerkennenden Blicke zu, die er nur für sie aufzusparen schien. Genau wie jetzt.

Eine Frage hatte sie immer geplagt. Es war schon eine Ewigkeit her, dass Lincoln sie um ein Date gebeten hatte. Natürlich hatte sie abgelehnt, aber was wäre gewesen, wenn sie Ja gesagt hätte?

Sie sah zu Boden und ihr Puls ging augenblicklich schneller. Vielleicht …

Entschlossen drückte sie die Schultern durch und räusperte sich. „Tja, gleichfalls.“

Seine verführerischen Lippen verzogen sich zu einem noch breiteren Lächeln, und sie musste sich beherrschen, um nicht zu stöhnen. Es wäre so viel einfacher, wenn er aussehen würde wie … ein normaler Mann!

„Gut schaust du aus.“ Langsam ließ er den Blick hinunter zu ihren Beinen wandern. „Du hast dich schick gemacht.“

„Dies ist eine geschäftliche Besprechung“, erwiderte sie kühl und ließ sich von ihm zum Haus und ins Arbeitszimmer führen. „Da ziehe ich natürlich keine Arbeitssachen, sondern etwas Ordentliches an.“

Gespannt wartete sie darauf, dass er etwas Schmeichelhaftes wie Du siehst doch immer gut aus erwiderte. Doch er blieb stumm.

„Denn ich möchte, dass du dem Vorschlag zustimmst, den ich dir machen werde“, fügte sie erklärend hinzu.

Mit einem Grinsen nahm er hinter dem Schreibtisch Platz und bot ihr einen Stuhl davor an. „Mein Ruf eilt mir voraus, was? Zeig mir ein Paar hübsche Beine und ich bin Wachs in deinen Händen!“

Er fand ihre Beine schön? Allmählich fiel es Rose immer schwerer, sich zu konzentrieren.

Als der Tee serviert wurde, hob er seine Tasse zum Mund und sah sie über den Rand hinweg an. „Ich war überrascht, als du um ein Treffen gebeten hast. Es geht also um einen Vorschlag?“

„Ja, genau.“ Sie nippte an ihrem Tee und stellte die Tasse anschließend auf den Schreibtisch. „Ich bin gekommen, um dich zu fragen, ob du mich heiraten willst, Lincoln.“

Seine dunkelblonden Augenbrauen schossen in die Höhe. „Wie bitte?“

Lincoln Garrison war selten um Worte verlegen. Doch jetzt starrte er in das hübsche Gesicht von Rose Waverly und wusste nicht, was er sagen sollte. 

Ihm fielen eine Menge Dinge ein, die er gern tun würde. Nummer eins auf dieser Liste war, um den Schreibtisch herumzulaufen, sie in die Arme zu ziehen und sie zu küssen, bis keiner von beiden mehr klar denken konnte. Das war allerdings nichts Neues. Immer wenn er sie sah, verspürte er diesen Drang!

Sie hatten sich einmal geküsst. Vor sieben Jahren. Und das hatte eine immense Wirkung auf ihn gehabt. Entschlossen hatte er sich gegen die ungewohnten Sehnsüchte gewehrt, gegen die schlaflosen Nächte und das brennende Bedürfnis, Rose näherzukommen. Am Ende hatte er sie dennoch um ein Date gebeten. Es war ihm egal gewesen, dass sie eine Waverly und er ein Garrison war, und hätte auch nicht gedacht, dass es ihr etwas ausmachte.

Welch ein Irrtum!

„Es tut mir leid, Lincoln, ich kann meine Familie nicht derart verletzen. Bitte frag mich nicht noch einmal!“, hatte sie seine Bitte abgeschmettert.

Danach hatte er sich einer Reihe von anderen Frauen zugewandt, immer in der Hoffnung, eine zu finden, die sein Blut genauso in Wallung brachte wie Rose. Er hatte ausgiebig gefeiert und sein Playboy-Image gepflegt, das ihm die Boulevardpresse relativ schnell verpasst hatte. Damals hatte ihn das amüsiert. Später nervte es nur noch, dass die meisten Leute ihn als oberflächlich und vergnügungssüchtig abstempelten.

Rose tat das bestimmt auch. Und jetzt bat sie ihn, sie zu heiraten? Welch ein Irrsinn!

Er runzelte die Stirn. „Hast du mich gerade gebeten, dich zu heiraten?“

Sie nickte, gelassen und beherrscht wie immer.

Darum ließ er sich seine Verwirrung nicht anmerken. „Warum?“

Weshalb sollte sie ihm plötzlich einen Antrag machen? Denn während er sie all die Jahre nicht aus dem Kopf bekommen konnte, hing sie ganz sicher nicht an ihm. Leider!

Sie schluckte, faltete die Hände in ihrem Schoß, und nun fiel ihm auf, wie blass sie war. Außerdem hatte sie abgenommen, seit er sie vor neun Monaten auf Holts Beerdigung das letzte Mal gesehen hatte. Passte sie gut genug auf sich auf? Damit sie sich auf der Farm nicht halb zu Tode schuftete?

Er hatte die jüngste Pressemitteilung der Familie gelesen, in der ihre Halbschwester Anastasia Horvath in der Familie willkommen geheißen wurde. Holts jüngste Tochter, die er mit einer Frau bekommen hatte, die nicht seine Ehefrau gewesen war. Diese Nachricht hatte Lincoln erschüttert. Sie hatte den ganzen Bezirk in Aufruhr gebracht, wenn nicht sogar das ganze Land.

Rose hatte in den letzten Monaten eine Menge durchmachen müssen. Es schmerzte ihn, sie so müde und erschöpft zu sehen.

„Lincoln, ich werde dich nun in ein streng gehütetes Geheimnis einweihen“, begann sie.

Er konnte sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen. „Ich weiß, dass die Beziehung zwischen unseren Familien nicht immer die beste war.“

„Eine echte Untertreibung, aber alte Konflikte sollten irgendwann überwunden werden. Und ich denke, wir müssen irgendwo anfangen.“

Neugierig beugte er sich vor. „Indem wir beide heiraten?“

Nur für einen Moment ruhte ihr Blick auf seinen breiten Schultern und sie befeuchtete sich die Lippen. Sofort pulsierte Verlangen durch seine Adern.

„Ich sollte klarstellen, dass ich mit Ehe eine für beide Seiten vorteilhafte Geschäftsvereinbarung meine. Eine vorübergehende Vereinbarung. Eine Hochzeit auf dem Papier.“

Irritiert lehnte er sich wieder auf seinem Stuhl zurück. „Sprich weiter!“

„Was ich dir jetzt sagen werde, Lincoln, ist streng vertraulich.“

„Warum solltest du mir vertrauen?“

Einen Moment lang starrte sie ihn stumm an. „Manchmal muss man sich eben bewusst dafür entscheiden, das Beste in den Menschen zu sehen. Wir beide müssen die Fehde zwischen Holt und Clay nicht fortsetzen. Ich hoffe sogar sehr, dass wir es nicht tun werden.“

Autor