In den Armen des sexy Kronprinzen

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Widerwillig engagiert Kronprinz Gabriel Montroy die hübsche PR-Beraterin Lena Rosetti. Sie soll seinen Ruf in der Öffentlichkeit verbessern, denn seine politischen Gegner haben die Presse gegen ihn aufgehetzt. Nichts hat ihn darauf vorbereitet, dass diese fröhliche Miss Sunshine seine eisige Kontrolle gefährden würde! Mehr noch: Sie weckt ein unstillbares Begehren in ihm. Doch kaum gibt der Kronprinz dem nach, bekommen die Boulevardblätter Wind davon. Der Skandal ist perfekt, das Königreich in Gefahr und ihre Liebe zum Scheitern verurteilt …


  • Erscheinungstag 23.12.2025
  • Bandnummer 2733
  • ISBN / Artikelnummer 0800252733
  • Seitenanzahl 144

Leseprobe

Kali Anthony

In den Armen des sexy Kronprinzen

1. KAPITEL

Gabriel Montroy schob einen goldenen Manschettenknopf mit eingraviertem Monogramm in die makellos weiße Hemdmanschette. Steckte ihn fest und zupfte dann erst den einen, dann den anderen Ärmel zurecht.

Sein Blick fiel auf die billigen Boulevardblätter, die achtlos auf dem Couchtisch seines Salons verstreut lagen. Er hatte weder die Zeit noch die Geduld, sie durchzusehen.

„Was schreiben sie heute, Pieter?“

Sein Kammerdiener schnaubte abfällig. „Dasselbe wie immer, Eure Hoheit.“

Das war keine gute Nachricht. Während die seriöse Presse dem Königshaus Montroy noch immer treu blieb, hatte sich der Ton in den Boulevardblättern verändert. Was früher harmlose Übertreibungen gewesen waren, klang inzwischen niederträchtig und besorgniserregend. Lange hatte Gabe mit seinen Eltern darin übereingestimmt, Gerüchte zu ignorieren. Doch in letzter Zeit waren die Reporter dreister geworden und hatten ein Netz aus Lügen gesponnen. So konnte es nicht weitergehen.

Langsam knöpfte er seinen obersten Hemdknopf zu und schlüpfte in die Rolle, die ihm von Geburt an zugedacht war. Pieter reichte ihm eine glänzende Seidenkrawatte.

„Das dunklere Blau heute, Sir. Es steht für Führungsstärke.“

Gabriel hatte kein Interesse an Pieters Farbtheorien. Er war der Kronprinz von Halrovia – eine Position, die Autorität und Zuversicht verlangte. Seine Familie bildete das Fundament des Landes, und er verkörperte dessen Zukunft. Doch die Klatschpresse interessierte sich nur für Gerüchte. Zuerst hatte sie sich auf seine Schwestern gestürzt, nun war er an der Reihe.

Sie nannten ihn den „vorbildlichen Prinzen“. Der spöttische Unterton dieses Titels war nicht zu überhören.

Er brauchte ein neues Image. Während seine Eltern und der königliche Pressesprecher an alten Strategien festhielten, war Gabriel davon überzeugt, dass es an der Zeit war, das Ruder herumzureißen.

Ein Risiko einzugehen.

Allein der Gedanke daran ließ sein Herz schneller schlagen – so, als stürmte er in vollem Sprint auf ein Tor zu, die gegnerische Mannschaft dicht hinter sich …

Er schüttelte die Erinnerung ab, band sich die Krawatte um und rückte den Knoten zurecht – fest, aber nicht zu fest. Trotzdem fühlte sich der Schlips an wie eine Schlinge. Gabriel seufzte lautlos. Es führte zu nichts, sich gegen das Schicksal zu wehren. Seine Zeit als Kapitän der Nationalmannschaft war vorbei – jene unbeschwerte Phase seines Lebens, die er in vollen Zügen genossen hatte. Er war selbstbewusst gewesen, fast unantastbar – bis er jemandem vertraut hatte, der dieses Vertrauen nicht verdient hatte.

Gabe streifte das Jackett über, trat vor den Spiegel und zog ein letztes Mal an den Ärmeln, bis die Manschetten perfekt saßen. Nach außen hin gab er ein makelloses Bild ab. Er atmete tief durch und dachte wieder an seine sorglosen Jugendjahre zurück. Und an seine eigene Naivität.

„Lies mir ein paar Schlagzeilen vor. Die schlimmsten zuerst.“

Pieter trat an den Couchtisch und blätterte durch die Magazine, mit spitzen Fingern, als fürchtete er, sich zu beschmutzen.

„‚Deuten kleinere Skandale auf größere Geheimnisse hin? Die Nation rätselt …‘“

Skandale entsprangen stets der Fantasie sensationsgieriger Redakteure. Geheimnisse hingegen … Natürlich gab es Geheimnisse. Er trug sie seit seiner Kindheit mit sich herum. Seine Eltern hatten Gabe stets beschützt und dafür gesorgt, dass sie nicht ans Licht kamen – auch, damit sie nicht das Bild der perfekten königlichen Familie beschädigten.

„Das kann kaum die schlimmste Schlagzeile sein.“

„Im Untertitel heißt es, eine Quelle aus dem Palast sei besorgt über die sinkenden Zustimmungswerte und befürchte, dass das Volk bald nach einer Republik verlangen könnte.“

Pieter spuckte das Wort aus, als wäre es eine verdorbene Speise.

„Ich habe einen Plan geschmiedet, damit es nicht zu einem solchen Stimmungsumschwung kommt“, entgegnete Gabe ruhig.

„Dann wünsche ich Ihnen ein erfolgreiches Interview, Sir.“

Er nickte, setzte seine Ohrstöpsel ein und griff nach seinem Handy. Während er sich auf den Weg in sein Büro machte, ließ er sich über eine App noch einmal den Lebenslauf vorlesen, den sein Privatsekretär ihm zugeschickt hatte.

Gabriel brauchte jemanden, der sich um das Bild kümmerte, das die Öffentlichkeit von ihm hatte. Offenbar genügte es nicht, dass er sein Leben ganz dem Dienst an der Krone widmete.

Er verdrängte den aufkommenden Groll und konzentrierte sich auf die Bewerberin, die er gleich treffen würde. Sie war eine Empfehlung seiner Schwester Priscilla und zugleich sein letzter Versuch, nachdem er bereits etliche Kandidaten abgelehnt hatte. Seine Schwester hatte diese junge Frau in den höchsten Tönen gelobt, weil sie sehr erfolgreich das Image der Königsfamilie von Isolobello aufpoliert hatte, in die Cilla in Kürze einheiraten würde.

Allerdings: Gabriel war weniger beeindruckt als seine Schwester. Ja, ihre Referenzen waren beachtlich. Doch einen Universitätsabschluss hatte die Bewerberin nicht.

Genau wie ich.

Er ignorierte die Stimme in seinem Kopf und betrat den Vorraum seines Büros. Außer seinem Privatsekretär Henri war niemand dort.

„Sie ist zu spät“, stellte Gabe fest.

Ein erstes Minus. Wer unpünktlich war, enthüllte damit, dass es ihm an Organisation, Struktur und Rücksichtnahme mangelte, fand er.

„Falls es Sie tröstet, Sir: Sie hat angerufen. Die Sicherheitsleute bestätigten, dass sie soeben …“

Die Tür flog auf, und eine junge Frau in Schwarz und Weiß stürmte herein. Energisch warf sie sich ihre überladene Handtasche über die Schulter, atmete tief durch und strich ihr Jackett glatt. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie nicht allein war – und erstarrte.

Gabriel konnte den Blick nicht von ihr abwenden.

Er war gefesselt von ihren ozeanblauen Augen. Dann nahm er ihren Duft wahr – wie heiße Schokolade mit einem Hauch Gewürz. Plötzlich lief ihm das Wasser im Mund zusammen, ganz so, als wäre sie ein unwiderstehliches Dessert.

Was zum Teufel ist los mit mir?

„Oh … ich … ich …“ Die Frau blickte verwirrt von ihm zu Henri und wieder zurück.

„Eure Hoheit“, sagte Henri. „Ms. Lena Rosetti.“

Ms. Rosetti fing sich augenblicklich und sank in einen tiefen, makellosen Knicks. „Eure Hoheit.“

Sein Körper reagierte mit einer Heftigkeit, als hätte man ihm einen Schlag in die Magengrube versetzt. Nur seiner jahrelangen Ausbildung in Etikette war es zu verdanken, dass man ihm äußerlich nichts anmerkte.

Langsam gewann er seine Fassung zurück und unterzog sie einer genaueren Musterung. Sie trug einen schlichten schwarzen Anzug von der Stange, dazu flache Schuhe – unauffällig, aber ordentlich. Und trotzdem fühlte er sich wie eine Stimmgabel, die jemand zum Schwingen gebracht hatte. Sein ganzer Körper vibrierte.

„Wir haben ein Problem.“ Die Worte rutschten ihm heraus, ehe er auch nur einen klaren Gedanken fassen konnte. Ihre weichen, rosafarbenen Lippen formten ein perfektes „O“. Sie hob die Hand, als wollte sie sich eine Haarsträhne zurückstreichen, besann sich dann, zog etwas aus ihrer Tasche und hielt es hoch.

„Mir ist ein Absatz abgebrochen.“

Ihre Stimme war warm und sanft, beinahe wie ein Streicheln. Der melodische Klang verriet ihre Herkunft: Isolobello. Dort lebte seine Schwester Cilla jetzt, die bald Prinz Caspar heiraten würde. Er hatte um ihre Hand angehalten.

Glücklicherweise schien Ms. Rosetti nichts von dem Aufruhr zu bemerken, der in ihm tobte. Oder davon, dass er mit „Problem“ etwas ganz anderes gemeint hatte als ihre Verspätung.

Nämlich seine Reaktion auf diese Frau …

Erst jetzt fiel sein Blick auf das, was sie in der Hand hielt: ein Stiletto aus schwarzem Lackleder. Der Absatz war tatsächlich abgebrochen. Es war ein Schuh, der die Waden einer Frau auf höchst ablenkende Weise betonen konnte. Ein Mann würde eine Frau eher bitten, diese Schuhe anzubehalten, statt sie auszuziehen.

Er lockerte unwillkürlich seine Krawatte. Die Luft war plötzlich zu warm. Vielleicht sollte Henri die Klimaanlage prüfen lassen.

Ein Hauch von Farbe stieg ihr in die Wangen. Hatte sie etwas in seinem Gesicht gesehen? Eine Spur des Verlangens, das er verspürt hatte?

Er musste sich zusammenreißen. Seit Wochen hatte es in seinem angespannten, durchorganisierten Leben keinen Ausgleich gegeben – keinen Raum für … Nähe.

Gabriel dachte an die diskreten Begegnungen hinter verschlossenen Türen, die er sich manchmal organisierte. Doch selbst diese hatte er eingeschränkt. Nach der letzten Enttäuschung hatte er sich geschworen, nie mehr eine Frau dem grellen Licht der Öffentlichkeit auszusetzen – außer, er hatte vor, sie zu heiraten.

„Packen Sie den Schuh weg, Ms. Rosetti. Kommen wir zur Sache. Ich erwarte Pünktlichkeit – von meinen Mitarbeitern ebenso wie von mir selbst.“

„Aber wegen des Schuhs war ich ja zu spät. Ich bin auf dem Kopfsteinpflaster umgeknickt und musste erst Ersatz kaufen.“

Sie senkte den Blick auf ihre Füße. Sein Blick folgte unwillkürlich. Ihre Knöchel waren schmal – so zierlich, dass er sie vermutlich mühelos mit einer Hand umfassen könnte.

Reiß dich zusammen!

Vielleicht war es doch an der Zeit, eine der Frauen anzurufen, mit denen er früher gelegentlich die Abende verbracht hatte, ganz ohne gegenseitige Erwartungen und Verpflichtungen. Es war zeitweise reizvoll gewesen. Doch heute ließ ihn der Gedanke kalt.

Erst jetzt realisierte er, was ihre Worte implizierten. Hatte sie sich verletzt? Was tat er hier eigentlich?

„Brauchen Sie medizinische Hilfe?“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, danke, Sir.“

Etwas an der Art, wie sie „Sir“ sagte, gefiel ihm. Es war nicht ungewöhnlich, jeder Angestellte nannte ihn so. Und doch … Wie würde es erst klingen, wenn sie seinen Namen sagte?

Gabriel … Gabe.

Genug! Hör auf zu fantasieren.

Er suchte eine PR-Beraterin, keine Geliebte.

„Folgen Sie mir.“

Er wandte sich ab und ging voraus, bemüht, das Prickeln in seinem Nacken zu ignorieren, das ihre Nähe in ihm auslöste.

„Bitte, nehmen Sie Platz“, sagte er und setzte sich hinter seinen Schreibtisch.

Die Hände auf der Tischplatte verschränkt, musterte er sie durchdringend. Dieser Blick war normalerweise besonders hartnäckigen Gesprächspartnern vorbehalten. Diesmal ging es um etwas anderes. Sollte diese Frau künftig sein Image managen, würde sie zwangsläufig Dinge über ihn erfahren, die nicht nach außen dringen durften.

War sie die Richtige für diese heikle Aufgabe?

„Ein Hinweis vorab: Ich schätze Pünktlichkeit.“

„Aber…“

Er hob die Hand. Sie schwieg sofort.

„… und gute Vorbereitung.“

„Das tue ich auch“, gab sie rasch zurück. Sofort röteten sich ihre Wangen noch ein wenig mehr – so, als ob ihr gerade bewusst wurde, dass ihre spontane Erwiderung unangemessen gewesen war. Verlegen strich sie ihr Jackett glatt.

„Ich bin ein fairer Arbeitgeber. Aber ich habe hohe Erwartungen.“

Sie nickte knapp. „Ich verstehe.“

„Gut. Dann fangen wir an. Ich habe ein paar Fragen.“

So viele Fragen.

Ihr Empfehlungsschreiben mochte ausgezeichnet sein, aber für die Position, auf die sie sich bewarb, schien sie unterqualifiziert.

„Ich nehme an, Sie haben die Stellenausschreibung gelesen?“

„Selbstverständlich. Ich hätte allerdings auch eine Frage, wenn Sie erlauben?“

Überrascht hob er eine Braue. Glaubte sie wirklich, die Richtung vorgeben zu können? Ihre selbstbewusste Art ließ sein Herz schneller schlagen, als wäre er gerade einen Sprint gelaufen.

„Nur zu“, erwiderte er trocken.

Unbeeindruckt wühlte sie in ihrer Tasche, zog ein Tablet hervor, blätterte durch einige Seiten und reichte es ihm schließlich über den Schreibtisch.

„Ich denke, das ist der Mann, den die Welt sehen sollte. Meine Frage ist: Wo ist dieser Mann?“

Gabriels Blick glitt über die Bilder. Sein Herz setzte einen Schlag lang aus. Es waren Aufnahmen aus seiner Jugend – seine späten Teenagerjahre, seine frühen Zwanziger. Der Weltmeisterpokal in seinen Händen, gold-blaues Konfetti, das auf ihn herabregnete. Ein anderes Bild zeigt ihn, wie er eine Gala verließ. Sein Lächeln wirkte aufrichtig, obwohl es nur für die Kameras bestimmt gewesen war. An seinem Arm: eine Frau, jung, hübsch, elegant.

Diese Frau hatte mehr von ihm gewollt, als er ihr geben konnte. Sie war die Tochter eines Aristokraten, ihre Familie hatte auf eine royale Hochzeit spekuliert. Und er? Hatte sich von dieser Frau gewünscht, dass sie ihn vor allem als Mensch sah, nicht nur als Kronprinz …

Schon in der Schule war es schwer für ihn gewesen. Man hatte ihn lange für faul gehalten, so lange, bis er es selbst geglaubt hatte. Wie sollte jemand wie er einmal ein guter König werden? Den Erwartungen seiner Eltern konnte er nie gerecht werden.

Dann kam die Diagnose: Legasthenie. Seine Eltern reagierten mit Schweigen. Kein Trost, keine Unterstützung. Nur die Strategie der Vertuschung. Selbstverständlich durfte niemand davon erfahren, nicht in einem Haus wie dem ihren. Doch er vertraute sich dem Mädchen an, das er für seine Partnerin hielt. Ein Fehler: Als die Beziehung zerbrach, weinte sie erst, dann drohte sie ihm: Sie würde jedem erzählen, dass er als König ungeeignet sei, weil er nicht richtig lesen konnte.

Hatten sie und ihre Familie gehofft, sie würde einmal die Königin an seiner Seite werden? Wollten sie Druck ausüben, damit er die Trennung rückgängig machte? Er war sich nicht sicher. Das Königshaus nahm die Drohungen ernst, und die Konsequenzen waren beträchtlich. Gabriel verzichtete fortan auf das Leben, das er geliebt hatte, zugunsten eines Lebens aus Pflichtgefühl. Niemand sollte sein Engagement für das Königshaus ernsthaft in Abrede stellen können. Er verbrachte all seine Zeit damit, von seinem Vater zu lernen, wie man ein König war.

Seitdem war er der „vorbildliche Prinz“.

Doch all das ging Ms. Rosetti nichts an.

Er schob ihr das Tablet zurück. „Er ist erwachsen geworden“, erwiderte er knapp. „Nun zu meinen Fragen.“

Zeit, wieder die Kontrolle zu übernehmen. Doch sie ließ sich nicht einschüchtern. Richtete sich auf, zupfte ihr Jackett zurecht, hob das Kinn. Kampfbereit. Er musste zugeben: Er bewunderte ihre Entschlossenheit.

„Sie haben keinen Universitätsabschluss in Marketing oder PR. Und dennoch erwarten Sie von mir, dass ich Ihnen anvertraue, was manche als Zukunft meiner Familie betrachten.“

Lena regte sich nicht. Nur ein feines Schlucken, das er an ihrem Hals wahrnahm, verriet ihre Anspannung.

„Was macht Sie besser als andere Bewerber mit formaler Ausbildung?“

Lenas Herz schlug so heftig, dass sie es gegen ihre Rippen pochen spürte. Mit feuchten Händen umklammerte sie die Handtasche auf ihrem Schoß. Warum um Himmels willen hatte sie ihn mit Fotos aus seiner Jugend konfrontiert? Und warum zum Teufel hatte sie ihm ihren Schuh gezeigt?

Zu ihrer Verteidigung musste sie sich eingestehen: Die Begegnung mit Prinz Gabriel hatte sie überwältigt. In Wirklichkeit sah er noch umwerfender aus als auf den Fotos, die sie gesehen hatte. Er war beinahe übernatürlich schön – auf eine Weise, die ihren sonst so klaren Verstand völlig aus der Bahn warf. Wenn Götter unter Menschen wandelten, dann sahen sie vermutlich aus wie Gabriel Montroy.

Doch sie musste sich daran erinnern: Er war kein Gott. Sondern ein Mann. Ein Mann, der anscheinend „erwachsen geworden“ war, der „Pünktlichkeit schätzte“ – und der sich offenbar keinen Deut um einen abgebrochenen Absatz kümmerte. Das war ihr klar geworden, als er sie mit seinem intensiven Blick geradezu durchbohrt hatte.

Und da war noch etwas gewesen. In seinen Augen. Ein Ausdruck, der ihr durch Mark und Bein gegangen war.

Verachtung.

Lena kannte diesen Blick. Sie hatte ihn ihr ganzes Leben lang gesehen – besonders in ihrer Heimat Isolobello. Dreiundzwanzig Jahre stille Missbilligung, wie man sie all jenen entgegenbrachte, die ohne „richtigen“ Vater aufwuchsen.

Oh, sie hatte einen Vater gehabt. Einen mächtigen. Einen abwesenden. Einen Mann, dessen Name nicht genannt werden durfte. Die Abmachung war klar gewesen: Er hielt ihre Mutter über Jahre hinweg in einem komfortablen Lebensstil – als Geliebte, nicht als Partnerin. Diese zweite Familie – seine illegitime Familie – war sein Geheimnis geblieben.

Bis er vor drei Monaten plötzlich gestorben war und Lena und ihre Mutter mittellos zurückgelassen hatte. Ein Halbbruder, den sie nie zuvor getroffen hatte, war unangekündigt vor ihrer Tür erschienen – mit der Botschaft, „die Party“ sei vorbei. Ihre Mutter dürfe den Schmuck und die Geschenke behalten, mehr nicht. Im Testament: kein Wort. Für seine rechtmäßige Familie hatte Lena nie existiert.

Seitdem lag eine schwere Last auf ihr. Dieser Job war nicht nur ein beruflicher Neuanfang. Er war eine Überlebensstrategie. Ihre gesamte Zukunft und die ihrer Familie stand auf dem Spiel: Ihr jüngerer Bruder brauchte eine Ausbildung, ihre Mutter ein Zuhause. Und sie? Sie durfte sich jetzt keine Fehler erlauben.

„Ich hatte gehofft, meine Referenzen sprächen für sich. Jeder Arbeitgeber, für den ich tätig war, konnte aufgrund meines Engagements Erfolge verzeichnen.“

Gabriel verengte die Augen. „Mag sein. Aber Ihre Karriere begann nicht in diesem Bereich. Es wirkt, als wären Sie zufällig in diese Rolle hineingerutscht.“

„Bereit zu sein, ist alles.“

Ein Leitsatz, der ihr schon immer Kraft gegeben hatte. Besonders, wenn sie an ihre Mutter dachte, die Lena am liebsten an den nächstbesten reichen Mann verheiratet hätte, damit ihre Familie finanziell abgesichert war. Doch Lena wollte mehr.

„Aber Sie haben recht“, fuhr sie fort. „Mein erster Job hatte mit PR nichts zu tun. Ich war neunzehn und Kellnerin in einem kleinen Café. Mein Chef bat mich, ein paar Fotos für Social Media zu machen. Es wurde ein voller Erfolg. Kurz darauf war das Café überfüllt mit Kunden, die den besonderen Vibe des Lokals erleben wollten.“

Sie lächelte leicht bei der Erinnerung. Damals war sie stolz gewesen. Ihr abwesender Vater hatte ihre Mutter und die Familie finanziell unterstützt, sie hätte nicht arbeiten müssen. Doch ihr eigenes Geld zu verdienen und Erfolg zu haben war ihr wichtig. Die Posts für das Café waren der erste Schritt in die berufliche Unabhängigkeit gewesen – ein kleiner, aber wichtiger Sieg.

Skeptisch zog Gabriel eine seiner dunklen Brauen hoch, die einen reizvollen Kontrast zu seinem goldblonden Haar bildeten.

„Und doch würden Sie – falls Sie das Interview bestehen – weit mehr managen als nur meine … Vibes.“

Image. Vibes. Für Lena war es eins. Doch sie wusste, wann sie besser schwieg.

„Meinen nächsten Job habe ich gezielt ausgewählt.“ Sie richtete sich auf. „Ein Blumen- und Geschenkeladen, der lokale Kunsthandwerker unterstützt. Meine Beiträge sorgten für so viel Aufmerksamkeit, dass Ihre Schwester persönlich vorbeikam.“

Gabriels Miene verriet nichts. „Ich nehme an, Sie sprechen von Prinzessin Priscilla?“

„Natürlich, Eure Hoheit.“

Hitze stieg ihr in den Nacken. Das Etikett ihres ungeliebten schwarzen Blazers kratzte unangenehm. Instinktiv zupfte sie daran – ohne großen Effekt.

Cilla, wie Lena sie nannte, war herzlich gewesen, unkompliziert. Schon bei der ersten Begegnung hatte sie darauf bestanden, auf Förmlichkeiten zu verzichten. Eine Freundschaft hatte sich entwickelt – ehrlich, ungezwungen. Als Lena von ihrer beruflichen Veränderung sprach, bot Cilla ihr eine Stelle im Palast von Isolobello an – als Junior-Mitarbeiterin für Social Media und PR.

„Möchten Sie Ihr Jackett ablegen, Ms. Rosetti?“ Gabriels Stimme klang tief und samtig, wie die heiße Schokolade, die sie sich ab und zu gönnte. „Auch wenn dies eine professionelle Umgebung ist: Ein Jackett ist nicht unbedingt erforderlich.“

Sie glaubte ihm kein Wort. Alles an ihm wirkte so perfekt, sein maßgeschneiderter Anzug, sein durchtrainierter Körper …

Durchtrainierter Körper? Wo kam dieser Gedanke plötzlich her?

„Danke, nein. I–ich … ich fühle mich sehr wohl.“

Gelogen. In Wahrheit wollte sie das Jackett nicht ausziehen, weil er dann den riesigen Kaffeefleck auf ihrer weißen Bluse gesehen hätte. Ein Missgeschick – das Ergebnis von Müdigkeit, Aufregung und zu viel Kaffee. Der Beweis ihrer Tollpatschigkeit.

Du bist so anmutig wie ein Elefant im Porzellanladen, pflegte ihre Mutter stets zu sagen.

Lena atmete tief durch. Jetzt war nicht die Zeit für Selbstzweifel. Sie musste seine Fragen beantworten, denn sie brauchte diesen Job. Sie atmete tief durch, um sich zu sammeln.

„Sir, Sie haben meinen fehlenden Universitätsabschluss angesprochen. Ich bin mir der Vorzüge einer formalen Ausbildung sehr wohl bewusst.“ Mehr als das: Sie hatte sich danach gesehnt. Sie wollte nicht das gleiche Schicksal erleiden wie ihre schöne, aber ungebildete Mutter. Deshalb hatte sie sich um einen Studienplatz in Marketing und PR beworben. Mit Erfolg. Sie hatte ihr Studium geliebt, doch nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters konnte sie es nicht mehr finanzieren.

„Die Aufgabe, die Sie mir hier anvertrauen wollen, erfordert Kreativität und ein tiefes Verständnis für das Publikum, das Sie erreichen möchten. Und ich gehöre zu diesem Publikum. Im Prinzip wollen Sie also mit jemandem wie mir in Verbindung treten.“

Prinz Gabriel legte den Kopf leicht schräg und verengte die Augen. Lena fühlte sich von seinem Blick wie festgenagelt.

„Will ich das, Ms. Rosetti?“

Lena erstarrte. Hatte sie das gerade tatsächlich gesagt? Dass er mit ihr in Verbindung treten wollte? Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Die Wahrheit war: Sie hatte überhaupt nichts gedacht. Alles an ihm wirkte so durchdacht, so geplant, dass er sie völlig aus dem Konzept brachte. Seine blaue Krawatte: farblich abgestimmt auf seine ebenso kühlen, blauen Augen, für die die Montroy-Familie weltweit bekannt war. Sein Hemd: wie ihres weiß, aber makellos, ohne einen einzigen Fleck, akkurat gebügelt. Keine einzige Falte. Natürlich nicht.

Aber sie durfte sich nicht einschüchtern lassen. Sie brauchte diesen Job. Sie wollte nicht leben wie ihre Mutter. Sie wollte auch keine Ehe mit einem reichen Mann, der sie nur ihres Alters, ihres Aussehens und ihrer verfluchten Jungfräulichkeit wegen wollte.

Sie schauderte bei dem Gedanken, doch sie riss sich zusammen.

„Das stand in Ihrer Stellenausschreibung. Dass Sie eine Verbindung zu jüngeren Menschen aufbauen wollen. Und ich bin jung …“

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