Julia Gold Band 111

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IM BANN DES SPANISCHEN HERZOGS von PENNY JORDAN
Hasserfüllt funkelt Felicity den arroganten Herzog Vidal y Salvadores an. Der stolze Spanier soll dafür büßen, was er ihrer Familie angetan hat! Doch ein Blick in seine glutvollen Augen lässt Felicity erschauern. Erliegt sie Vidals Sex-Appeal? Oder sinnt sie weiter auf Rache?

MIT DIR WIRD EIN MÄRCHEN WAHR von DIANA HAMILTON
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DIE GELIEBTE DES GRIECHISCHEN REEDERS von LYNNE GRAHAM
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  • Erscheinungstag 07.07.2023
  • Bandnummer 111
  • ISBN / Artikelnummer 0838230111
  • Seitenanzahl 448

Leseprobe

Penny Jordan, Diana Hamilton, Lynne Graham

JULIA GOLD BAND 111

1. KAPITEL

„Felicity!“

Die Stimme des dunkelhaarigen, aristokratisch wirkenden Mannes, der aus einer geschätzten Höhe von einem Meter neunzig auf Felicity herabschaute, klang völlig emotionslos. Eine freundliche Begrüßung klang anders. Doch auch ohne die Missbilligung und den deutlichen Widerwillen, der sich auf seinem Gesicht spiegelte, hätte Felicity gewusst, dass Vidal y Salvadores, Herzog von Fuentualba, es niemals gutheißen würde, dass sie es wagte, ihren Fuß auf den Boden seiner Heimat zu setzen. Dass es gewissermaßen auch ihre Heimat war, schien dabei nebensächlich.

Für die Reise nach Spanien hatte sie ihren ganzen Mut zusammennehmen müssen, ein Entschluss, der sie viele schlaflose Nächte gekostet hatte. Aber das würde Vidal natürlich nie erfahren.

Ihr Magen rebellierte, ihr Herz hämmerte, ihr Puls raste. Nicht schon wieder daran denken! Nicht ausgerechnet jetzt, wo sie ihre ganze Kraft brauchte. Weil sie wusste, dass diese Kraft dahinschwinden würde wie Tau in der heißen andalusischen Morgensonne, wenn sie diesen zutiefst beschämenden Erinnerungen freien Lauf ließe.

Plötzlich erschien es Felicity, als ob sie sich noch nie in ihrem ganzen Leben mehr nach der tröstlichen Liebe ihrer Mutter – oder wenigstens nach der aufmunternden Gesellschaft ihrer drei besten Freundinnen – gesehnt hätte. Aber sie war allein. Obwohl ihre Freundinnen zum Glück nicht tot waren wie ihre Mutter, lebten sie doch aus beruflichen Gründen über die ganze Welt verstreut. Nur Felicity selbst war in ihrer Heimatstadt in England geblieben, wo sie als stellvertretende Geschäftsführerin eines großen Touristikunternehmens arbeitete, eine verantwortungsvolle, fordernde Aufgabe.

Und so arbeitsintensiv und kräftezehrend, dass ihr keine Zeit für die Liebe blieb?

Darüber nachzudenken war ungefähr so, wie in einem schmerzenden Zahn herumzubohren. Da war es immer noch besser, sich zu fragen, warum sie die vielen Überstunden, die sie im Lauf des Jahres angesammelt hatte, für die Reise nach Spanien nutzte, obwohl ihre Anwesenheit bei der Testamentseröffnung gar nicht erforderlich war. Und Vidal passte es sowieso nicht, dass sie gekommen war.

Vidal.

Wenn sie bloß vor ihrer eigenen Vergangenheit davonlaufen könnte. Wenn sie bloß nicht durch eine unauslöschliche Scham an ihre Vergangenheit gekettet wäre. Wenn sie bloß … Es gab so viele Wenn-Danns in ihrem Leben – viel zu viele – und die meisten hatte sie Vidal zu verdanken.

Als er durch die Menschenmenge, die sich in der heißen Ankunftshalle des Flughafens staute, noch einen Schritt auf sie zu machte, erstarrte sie. Sie fühlte sich wie gelähmt, und ihr Kopf war so leer, dass sie keinen klaren Gedanken fassen konnte.

Es war sieben Jahre her, seit sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte, trotzdem hatte sie ihn auf Anhieb wiedererkannt. Etwas anderes wäre auch undenkbar gewesen, weil sich seine Gesichtszüge unauslöschlich in ihr Gehirn eingebrannt hatten, ganz zu schweigen von ihrer Seele. So tief und schmerzhaft, dass die Wunden bis heute nicht verheilt waren.

Hör sofort auf, ermahnte sich Felicity. Vidal hatte längst keine Macht mehr über sie, nicht die geringste. Um sich das zu beweisen, war sie schließlich gekommen.

„Es wäre nicht nötig gewesen mich abzuholen“, sagte sie, wobei sie sich zwang, ihm in die Augen zu sehen. In diese topasfarbenen Augen, die damals ihren Stolz und ihre Würde in Fetzen gerissen hatten.

Wieder krampfte sich ihr der Magen schmerzhaft zusammen, während sie beobachtete, wie sich sein fast zu schönes aristokratisches Gesicht hochmütig anspannte. Im Licht der gleißenden Spätnachmittagssonne schaute er mit verächtlich verzogenen Mundwinkeln auf sie herunter. Da Felicity nur knapp ein Meter sechzig war, musste sie den Kopf in den Nacken legen, um seinem Blick zu begegnen.

Sie fühlte sich ausgelaugt von der Reise, und es war so heiß, dass sie gern ihr schulterlanges Haar im Nacken angehoben hätte, um sich etwas Kühlung zu verschaffen, aber sie ließ es lieber. Obwohl sie bereits zu spüren meinte, dass sich die sorgfältig arrangierten Strähnen, die ihr Gesicht umspielten, zu kräuseln begannen. Soviel zu ihren zeitraubenden Anstrengungen, makellos elegant zu erscheinen. Felicity bevorzugte einen lässigen Kleidungsstil und trug ausgewaschene Jeans, die sie mit einem legeren weißen Baumwolltop kombiniert hatte. Ihr leichtes sportliches Sakko, das sie beim Abflug angehabt hatte, befand sich jetzt in ihrer großen Umhängetasche aus Leder.

Vidal runzelte gereizt die Stirn, als er spürte, dass sein Blick unweigerlich von der windzerzausten Sinnlichkeit ihres weizenblonden Haars angezogen wurde. Weil es ihn sofort wieder an diese empörende Begebenheit vor sieben Jahren erinnerte. Damals hatte sie sich, rücklings im Schlafzimmer ihrer Mutter auf deren Bett liegend, mit einem Jüngling vergnügt, als Vidal und ihre Mutter unvermutet hereingeplatzt waren.

Wütend riss Vidal seinen Blick los. Was wollte sie hier? Sie war unerwünscht. Hatte sie das immer noch nicht begriffen? Mit ihren inakzeptablen Moralvorstellungen verstieß sie gegen alles, was ihm heilig war. Oder etwa nicht?

Die Szene, deren unfreiwilliger Zeuge er damals geworden war – eine Sechzehnjährige, die schamlos ihre Sinnlichkeit zur Schau gestellt hatte –, hätte ihn eigentlich abstoßen müssen. Und das war natürlich auch so gewesen, nur dass ihn gleichzeitig dieser messerscharfe Blitz der Begierde getroffen hatte, der ihn zutiefst in seinem Stolz verletzt hatte. Das war eine schmerzhafte Niederlage gewesen.

Zugegeben, sie war ihm damals unter die Haut gegangen, aber er durfte nicht zulassen, dass sie sich wieder in sein Herz stahl.

Ich hätte nicht herkommen dürfen, schoss es Felicity durch den Kopf. Denn immerhin hatte sie ja gewusst, dass sie ihn hier treffen würde. Ebenso wie sie wusste, was er über sie dachte. Aber wie hätte sie darauf verzichten sollen zu kommen? Wie hätte sie sich diese letzte Chance, etwas über ihren Vater zu erfahren, entgehen lassen können?

Im Unterschied zu ihr schien Vidal die Hitze überhaupt nichts auszumachen. Er wirkte makellos in seinem sandfarbenen Anzug und dem hellblauen Hemd. Der Anzug – ein Farbton, der nur Südländern wirklich stand – betonte seine topasgoldenen Augen … Raubtieraugen, bedrohlich, grausam, kalt. Augen, die Felicity seit Jahren in ihren schlimmsten Träumen verfolgten.

Aber sie war fest entschlossen, sich keine Blöße zu geben. Sie würde unter diesem vernichtenden Blick nicht zusammenschrumpfen vor Angst, sie würde sich nicht einschüchtern lassen. Obwohl es zweifellos ein Schock gewesen war, ihm hier so plötzlich und unerwartet gegenüberzustehen. Damit hätte sie zuallerletzt gerechnet.

„Sie haben sich kein bisschen verändert, Vidal“, sagte sie, ihren ganzen Mut zusammennehmend. „Und wie sich unschwer ersehen lässt, ist Ihnen meine schiere Existenz immer noch ein Gräuel. Dabei sind Sie genau genommen ja nicht ganz unschuldig daran, dass es mich gibt. Wenn Sie meine Eltern damals nicht verpetzt hätten …“

„Man hätte ihnen sowieso nie erlaubt zu heiraten.“

Das war die traurige Wahrheit, wie Felicity von ihrer Mutter wusste. Aber klein beigeben würde sie trotzdem nicht.

„Mit etwas mehr Zeit hätten sie bestimmt einen Weg gefunden.“

Vidal wandte den Blick ab, geplagt von Erinnerungen, die er allzu gern aus seinem Gedächtnis gelöscht hätte. Er konnte es immer noch hören, wie er damals – als Siebenjähriger – seiner Großmutter in aller Unschuld erzählt hatte, dass sich sein Kindermädchen und sein Adoptivonkel Felipe in der Alhambra getroffen hatten. Das war ein schwerer Fehler gewesen, wie er im Nachhinein hatte feststellen müssen, weil dadurch die heimliche Liebelei zwischen Felipe und seinem Au-pair ans Licht gekommen war.

Seine Großmutter hatte den Braten natürlich sofort gerochen. Felipe war der Sohn ihrer besten Freundin, einer Witwe aus verarmtem Adel, den sie nach deren Tod adoptiert und wie einen leiblichen Sohn großgezogen hatte. Deshalb wäre es schlicht undenkbar gewesen, wenn sie Felipe jemals gestattet hätte, unter seinem Stand zu heiraten.

Trotzdem hatte Vidal wegen dieser Sache bis zum heutigen Tag Schuldgefühle, auch wenn er entschlossen war, sich nichts anmerken zu lassen.

„Eine Heirat zwischen den beiden wäre undenkbar gewesen“, wiederholte er kalt.

In Felicity brodelte es. Die medizinische Todesursache bei ihrer Mutter war Herzversagen gewesen, aber wer konnte schon mit Bestimmtheit sagen, dass dieses Herzversagen nicht von einem gebrochenen Herzen herrührte? Ihre Mutter war bei ihrem Tod erst siebenunddreißig Jahre alt gewesen und Felicity mit achtzehn noch fast ein Mädchen, aber jetzt war sie dreiundzwanzig und erwachsen.

War die leichte Röte, die sich auf sein Gesicht legte, womöglich ein Hinweis darauf, dass er sich schuldig fühlte? Ganz sicher nicht. Zu solchen Gefühlen war dieser Mann nicht fähig. Er hatte überhaupt keine Gefühle. Das gestattete ihm seine stolze Herkunft, sein wertvolles blaues Blut nicht, das sich bei einem seiner Vorfahren angeblich mit dem Blut einer maurischen Prinzessin vermischt hatte, die jener hochwohlgeborene Kastilier – und Erzfeind der Familie der maurischen Prinzessin – begehrt hatte. Deshalb hatte er sie ihrer Familie kurzerhand geraubt und mit nach Hause genommen. Wenig später war die Unglückliche schwanger geworden und hatte einen Sohn zur Welt gebracht, den der kastilische Herzog seiner rechtmäßigen Ehefrau übergeben hatte. Die arme Prinzessin war vor Kummer über den Verlust ihres Kindes gestorben.

Als Felicity diese Geschichte zum ersten Mal gehört hatte, waren ihr prompt die Ähnlichkeiten mit dem gegenwärtigen Herzog aufgefallen. Beide Männer fanden es völlig legitim, die Gefühle ihrer Mitmenschen mit Füßen zu treten. Sie gingen in ihrer Selbstherrlichkeit davon aus, dass ihre vornehme Abstammung ihnen das Recht gab, sich rücksichtslos über die Interessen anderer hinwegzusetzen. Sie verurteilten andere Menschen, ohne diesen die Möglichkeit zur Verteidigung zu geben. Sie maßten sich Rechte an, die ihnen nicht zustanden, so wie Vidal es sich angemaßt hatte, ihr, Felicity, den Kontakt zu ihrem Vater zu verweigern, nur weil sie in seinen Augen nicht gut genug war, um zur Familie zu gehören.

Mein Vater. Felicity ließ sich die beiden Worte auf der Zunge zergehen. Die Intimität, die darin mitschwang, hatte etwas Schwindelerregendes. Felicity hatte in ihrem Leben viel Zeit damit verbracht, sich ihren Vater auszumalen und sich vorzustellen, wie es wohl sein mochte, ihn eines Tages kennenzulernen. Zuhause in ihrer kleinen Eigentumswohnung hatte sie noch heute einen Karton mit Briefen, die sie ihrem Vater im Lauf ihres Lebens geschrieben, aber nie abgeschickt hatte. Briefe, die sie vor ihrer Mutter versteckt hatte, aus Angst ihr wehzutun. Briefe, die nicht für ihren Adressaten bestimmt gewesen waren – bis auf diesen einen Brief.

Vidal hatte verhindert, dass sie ihren Vater kennenlernte. Während ihr Vater am Ende seines Lebens zumindest versucht hatte, etwas wiedergutzumachen, indem er ihr sein Haus vererbt hatte.

„Weshalb sind Sie gekommen, Felicity?“

Felicity hob trotzig das Kinn.

„Das wissen Sie. Ich bin wegen meinem Erbe hier.“

Während sie sprach, spürte Felicity, wie wieder dieses unangenehme Gefühl in ihr aufstieg, das Ergebnis der Zurückweisung durch die Familie ihres Vaters war. Und Vidal war für sie die personifizierte Zurückweisung. Vidal, der sie durch das, was er getan hatte, viel mehr verletzt hatte als ihr Vater selbst.

Vidal. Felicity drängte die Gefühle zurück, die sie zu überwältigen drohten. In Wahrheit war sie nicht wegen des materiellen Nutzens gekommen, den sie aus dem Testament ihres Vaters zog, sondern um ihren Triumph auszukosten. Obwohl sie das natürlich nie zugeben würde.

„Das wäre nicht nötig gewesen, Felicity. Soweit ich weiß, haben Ihnen meine Anwälte mitgeteilt, dass Ihre Anwesenheit entbehrlich ist.“

„So entbehrlich wie ich und meine Mutter Ihrer Meinung nach im Leben meines Vaters waren. Wie arrogant muss man eigentlich sein, um sich das Recht anzumaßen, so etwas zu entscheiden? Aber Sie sind es ja gewohnt, Entscheidungen für andere zu treffen. Sie halten sich für wertvoller als andere Menschen, aber das ist ein großer Irrtum. In Wirklichkeit sind Sie nämlich trotz Ihrer vornehmen Herkunft weniger wert als der ärmste Bettler auf Granadas Straßen. Sie bilden sich ein, etwas Besseres zu sein, dabei sind Sie eine armselige Figur. Weil Sie nämlich unfähig sind, Mitgefühl oder Verständnis zu haben. Sie wissen offenbar nicht einmal, was es heißt, ein Mensch zu sein.“

Vidal spürte, dass ihm vor Wut alles Blut aus dem Gesicht wich. Was nahm sie sich heraus? Wie konnte ausgerechnet sie es wagen, ihn so unflätig zu beschimpfen?

„Sie haben doch überhaupt keine Ahnung“, knurrte er wütend.

„Und ob ich eine Ahnung habe. Ich weiß nämlich einiges von Ihnen“, konterte Felicity. „Weil Sie riesige Ländereien in Spanien und in Südamerika besitzen, führen Sie sich auf wie ein Feudalherr und erwarten, dass die ganze Welt nach Ihrer Pfeife tanzt. Genau genommen habe ich es doch Ihnen zu verdanken, dass ich meinen Vater nie kennenlernen durfte.“

„Und jetzt sind Sie gekommen, um sich zu rächen?“

„Ich will keine Rache“, erwiderte Felicity. „Aber Ihre Strafe bekommen Sie trotzdem. Ihr Charakter wird nämlich verhindern, dass Sie wahre Liebe kennenlernen werden. Sie werden nie erfahren, wie es sich anfühlt, glücklich zu sein, weil Sie dazu gar nicht fähig sind. Das ist meine Rache. Sie sind unfähig zu lieben, und deshalb werden Sie auch nie geliebt werden. Doch das Schlimmste ist, dass Sie nicht einmal merken werden, was Ihnen fehlt.“

Sein langes Schweigen wäre auch ohne den verächtlichen Blick, den er ihr zuwarf, schlimm genug gewesen. Aber sie war nicht ihre sanfte, verletzliche Mutter.

„Hat Ihnen nie jemand gesagt, dass es gefährlich sein kann, solche Prophezeiungen zu machen?“

„Ich fürchte mich nicht. Und vielleicht macht es mir ja auch nichts aus, mir Scherereien einzuhandeln“, erwiderte Felicity. „Außerdem, was kann mir nach allem, was Sie mir angetan haben, schon noch passieren?“

Mehr durfte sie nicht preisgeben, das wusste Felicity. Sie durfte ihm die Wunden nicht zeigen, die er ihr zugefügt hatte. Ihr Leben hatte sich dadurch für immer verändert, und das war allein seine Schuld. Aber jetzt war nicht der richtige Moment, um an ihre Verletzungen zu denken. Und Vidal würde nie mehr darüber erfahren, weil sie ihm diese Genugtuung nicht gönnte.

Vidal bemühte sich ruhig zu bleiben. „Lassen Sie sich eins gesagt sein“, verkündete er grimmig, wobei er jedes Wort sorgfältig abwog. „Falls ich irgendwann heiraten sollte, wird meine Ehefrau mit Sicherheit nicht so sein wie …“

„Ich?“, unterbrach Felicity ihn mit beißendem Hohn.

„Ganz recht. Kein Mann wünscht sich nämlich ein Flittchen zur Ehefrau.“

In seinem Ton schwang kalte Wut mit. Aber Felicity ließ sich nicht einschüchtern, sondern verspürte sogar fast so etwas wie Hochstimmung. Und Erregung. Sie hatte Lust, ihn so lange zu reizen, bis er die Kontrolle verlor. Ein Schauer rieselte ihr über den Rücken. Vidal war ein temperamentvoller Südländer, der sich allerdings erstaunlich gut im Griff hatte. Die Frau, der es gelang, ihn aus der Reserve zu locken, würde genauso temperamentvoll sein müssen wie er. Und im Bett würde er …

Völlig schockiert rief Felicity sich zur Ordnung. Ihr brannten die Wangen. Wie kam sie dazu, so etwas zu denken?

„Aber was soll’s“, sagte er kalt. „Auf jeden Fall wäre es nicht nötig gewesen zu kommen.“

„Sie meinen, es passt Ihnen nicht, dass ich hier bin“, stellte Felicity klar. „Nur falls es Ihnen entgangen sein sollte: Ich bin nicht mehr sechzehn, und niemand kann mir vorschreiben, was ich zu tun oder zu lassen habe. So, und jetzt bitte ich Sie, mich zu entschuldigen, ich will nämlich in mein Hotel. Die Fahrt zum Flughafen hätten Sie sich sparen können. Ich finde meinen Weg auch allein“, erklärte sie entschieden. „Wir haben nichts zu bereden, was nicht bis zur Testamentseröffnung morgen warten könnte.“

Als sie an ihm vorbeigehen wollte, streckte er blitzschnell die Hand nach ihr aus und hielt sie fest. Felicity sah, wie sich seine sehnigen sonnengebräunten Finger um ihren Unterarm schlossen. Felicity spürte, wie ihre Haut unter seiner Berührung heiß wurde und anfing zu kribbeln. Ihr Puls begann zu rasen.

„Lassen Sie mich los“, fauchte sie, aber sie erntete nur einen finsteren Blick.

„Ich wüsste nicht, was ich lieber täte, glauben Sie mir. Leider besteht meine Mutter darauf, dass Sie bei uns wohnen. Deshalb fürchte ich, dass ich Ihnen diesen Gefallen nicht tun kann.“

„Wie bitte?“ Sie schaute ihn ungläubig an.

„Sie ist extra von unserem Landsitz in die Stadt gekommen, um Sie kennenzulernen.“

„Um mich kennenzulernen?“ Felicity warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Soll das ein Witz sein? Nachdem sich Ihre Familie dreiundzwanzig Jahre lang geweigert hat, meine Existenz zur Kenntnis zu nehmen?“

Vidal verzog keine Miene. „Sie hätten sich vorher überlegen sollen, was passiert, wenn Sie hier auftauchen. Aber Besonnenheit scheint nicht Ihre Stärke zu sein.“

Felicity hätte ihm am liebsten die Augen ausgekratzt, aber sie wagte nicht einmal, ihn anzusehen. Weil klar war, wo-rauf er anspielte.

„Ich habe aber kein Bedürfnis danach, Ihre Mutter kennenzulernen. Ich habe mir ein Hotelzimmer …“

„Wir werden es stornieren.“

Nein, das konnte sie nicht … und sie würde es auch nicht tun. Sie spürte Panik in sich aufsteigen. Felicity wollte widersprechen, doch es war zu spät. Er hatte ihr bereits eine Hand unter den Ellbogen geschoben und lotste sie zum Ausgang. Eine plötzliche Bewegung in der Menschenmenge brachte sie noch enger an seine Seite. Als ihr Schenkel für einen flüchtigen Moment in Tuchfühlung mit seinem harten muskulösen Bein kam, spürte sie die Hitze, die sein Körper abstrahlte. Schlagartig wurde ihr Mund trocken. Ihr Herz hämmerte, während sie von quälenden Erinnerungen heimgesucht wurde.

Nachdem sie die Ankunftshalle verlassen hatten, gingen sie durch die heiße Sonne in Richtung Parkplatz. Felicitys Gesicht glühte.

„Sie sollten eine Kopfbedeckung tragen“, brummte Vidal, während er sie ärgerlich musterte. „Ihre helle Haut ist viel zu empfindlich für die starke Sonne.“

Felicitys Wangen glühten noch mehr – was nicht allein von der Hitze kam. „Mein Hut ist im Koffer“, gab sie zurück. „Ich konnte schließlich nicht ahnen, dass man mich kidnappt und zwingt, erst in einer heißen Halle herumzustehen und dann in glühender Hitze einen Parkplatz zu überqueren. Mein Plan war eigentlich, mit einem Taxi auf direktem Weg zum Hotel zu fahren, was einen Hut entbehrlich gemacht hätte.“

„Das Herumstehen haben Sie ganz allein sich selbst zu verdanken, weil Sie ja unbedingt sofort Streit anfangen mussten … da drüben steht mein Wagen.“

So ein arroganter Vollidiot. Typisch, dass er ihr die Schuld gab. Als er eine Bewegung machte, als wolle er ihr die Hand auf den Rücken legen, machte sie einen geschmeidigen Ausfallschritt zur Seite. Sie musste unbedingt jeden Körperkontakt vermeiden.

Ihm war ihr hastiges Ausweichen natürlich nicht entgangen. Als sie den verächtlichen Blick sah, mit dem er sie streifte, krampfte sich ihr Magen schmerzhaft zusammen.

„Jetzt spielen Sie bloß nicht das Rührmichnichtan, es wirkt lächerlich“, knurrte er.

Sie war empört. Wie konnte er es wagen, so mit ihr zu reden?

„Ich spiele gar nichts.“

„Ihre Glaubwürdigkeit in Sachen Keuschheit ist nicht allzu hoch, das wissen Sie genauso gut wie ich“, erwiderte Vidal bissig.

Ihr wurde die Brust eng, vor Wut und Schmerz, vermischt mit einem Gefühl von Verlust und Traurigkeit.

Es war einmal – vor sehr langer Zeit – ein Mädchen gewesen, das sich zum ersten Mal in seinem Leben unsterblich verliebt hatte, und zwar in einen erwachsenen Mann, in dem es alles gesehen hatte, wonach sich sein romantisches Teenagerherz gesehnt hatte. An diesem Mann hatten sich sämtliche unschuldigen sinnlichen Fantasien entzündet, die die gerade aufblühende Sexualität des Mädchens entfacht hatte. Und dieses Mädchen war sie, Felicity, gewesen. Allein bei der Erinnerung erschauerte sie.

Einem nochmaligen Erschauern folgte eine Panikattacke. Es musste etwas mit der Hitze zu tun haben, bestimmt nicht mit Vidal. Es konnte, es durfte nicht Vidal sein, der dieses innere Beben in ihr auslöste, das sie bis in ihre Grundfesten hinein zu erschüttern schien. Es war eine Art körperlicher Verwirrung, eine Fehlreaktion, sonst nichts, ein verdrehter Ausdruck des Abscheus, den sie ihm entgegenbrachte. Sie erschauerte vor Widerwillen, gewiss nicht vor Erregung oder weil sie sich nach der Berührung dieses Mannes sehnte, der ein Urbild von einem Mann war und bestimmt mit traumwandlerischer Sicherheit wusste, wonach sich eine Frau sehnte. Nein, dass sie Vidal begehrte, war schlicht unmöglich.

Weil sie so heftiges Herzklopfen hatte – vor Wut natürlich –, war Felicity stehen geblieben, um tief durchzuatmen. Dabei nahm sie die magische Atmosphäre der Stadt in sich auf und vergaß für einen Moment die Feindseligkeit, die Vidal in ihr auslöste. Die heiße Stadtluft war von Benzingestank erfüllt, aber darunter glaubte Felicity die Düfte des alten Orients wahrzunehmen, ein Gemisch aus sinnlich auserlesenen Parfüms und exotischen Gewürzen. Und wenn sie die Augen schloss, vermeinte sie fast das melodische Plätschern von Springbrunnen zu hören und die schimmernden Stoffe zu sehen, die vor langer Zeit mit Karawanen über die Seidenstraße nach Granada transportiert worden waren. Die historische Vergangenheit der Stadt war in ihrer Fantasie zum Greifen nah.

„Da steht mein Auto.“

Unsanft holte Vidals schroffe Stimme Felicity in die Wirklichkeit zurück. Diesmal schaffte sie es nicht mehr, der männlichen Hand auszuweichen. Diese Hand legte sich jetzt auf ihren Rücken, und es fühlte sich an, als würde sie ihr die Haut versengen. Es war fast, als ob Vidal ihr sein Brandzeichen aufdrückte.

Nein! Sie bekam schlagartig Kopfschmerzen, ihr Herz begann wieder zu hämmern, gepeinigt von widerstreitenden Gefühlen. Sie musste sich zusammenreißen, koste es, was es wolle.

Das Auto, auf das er gedeutet hatte, war sehr groß, sehr glänzend und tiefschwarz – eine dieser Unmengen Sprit fressenden Luxuskarossen, in denen sich reiche, einflussreiche Leute durch London kutschieren ließen.

„Mit Umweltschutz haben Sie wohl nicht viel am Hut?“, stichelte Felicity, während Vidal ihr die Beifahrertür aufhielt. Ohne zu antworten, nahm er ihr ihren kleinen Koffer ab und deponierte ihn auf den Rücksitz.

Nachdem sie eingestiegen war, schlug er ihre Tür zu, dann ging er um das Auto herum, öffnete die Fahrertür und setzte sich hinters Steuer.

Wurmte ihn ihre Bemerkung? Hoffentlich. Er konnte sich gar nicht genug über sie ärgern. Sie wollte ein Stachel in seinem Fleisch sein, eine Erinnerung an das, was er ihr angetan hatte, etwas, das er nie vergaß.

Ihm wäre es natürlich lieber gewesen, sie hier nicht sehen zu müssen. Das wusste sie. Er hätte es vorgezogen, seine Anwälte mit der Angelegenheit zu betrauen, und Schluss. Aber sie hatte einfach kommen müssen. Aus Trotz? Bestimmt nicht! Ihr ging es nur um das Erbe ihres Vaters, nicht um Rache.

Schließlich hatte sie hier in diesem Land zumindest einen Teil ihrer Wurzeln.

Granada, Heimat der letzten maurischen Herrscher des Emirats Granada, mit der Alhambra, einem Bauwerk von erhabener Schönheit, von dem ihre Mutter mit leuchtenden Augen erzählt hatte, war auch ein Stück von ihr.

„Hast du sie mit meinem Vater besichtigt?“, hatte Felicity gefragt.

„Ja“, hatte ihre Mutter geantwortet. „Ich war mit Vidal dort, und dann haben wir deinen Vater getroffen. Es war ein herrlicher Sommertag. Irgendwann werden wir zusammen hinfahren“, hatte ihre Mutter ihr versprochen. Aber dazu war es nie gekommen, und jetzt war sie allein hier.

Durch die dunkel getönten Scheiben schaute Felicity auf die Stadt, die sich vor ihnen ausbreitete, mit dem Albaicín, dem alten maurischen Viertel auf einem der drei Bergrücken, über die sich Granada erstreckte, und der Alhambra. Ganz in der Nähe befand sich das mittelalterliche jüdische Viertel. Aber Felicity war nicht im Mindesten überrascht, als Vidal in eine mit imposanten Gebäuden gesäumte Straße abbog, die nach der maurischen Kapitulation der Stadt unter dem katholischen Königspaar Isabella und Ferdinand erbaut worden waren. Beeindruckende Renaissancebauwerke, die von Reichtum und Macht kündeten, aber mit ihrer wuchtigen Form die Sonne aussperrten und tiefe Schatten warfen.

Es hätte für Felicity vielleicht Anlass zur Verwunderung sein können, dass Vidal seinen Wagen eigenhändig lenkte, aber sie war nicht erstaunt, als er abbremste und durch ein schweres, mit Eisen beschlagenes Tor fuhr. Dieser Stadtteil mit seinem Flair von Arroganz und schwelgerischem Reichtum passte perfekt zu dem Mann und seiner makellosen Erscheinung.

Felicity schaute sich in dem sonnenüberfluteten Innenhof um, dessen streng geometrische Architektur ein ungewöhnliches Stilempfinden ausdrückte.

Inmitten des Innenhofs lag das Wohnhaus, das bei genauerer Betrachtung eher ein Palast war. Rechterhand sah Felicity einen überdachten Bogengang, durch den man in ein parkähnliches Areal gelangte. Mehr konnte Felicity nicht erkennen, bevor Vidal den Wagen vor einem eleganten Treppenaufgang zum Stehen brachte. Die schwere, eisenbeschlagene Eingangstür ähnelte vom Stil her dem Portal, durch das sie eben gekommen waren. Das mittlere Stockwerk des dreistöckigen Bauwerks hatte eine umlaufende überdachte, reich verzierte Balustrade, und alle Fensterläden der auf den Innenhof hinausgehenden Fenster waren zum Schutz vor den glühenden Strahlen der Spätnachmittagssonne geschlossen.

Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, musste Felicity zugeben, dass sie sich nicht nur von Berufs wegen aufgefordert fühlte, jede Einzelheit in ihrer Umgebung genauestens zu registrieren. Schon als Teenager hatte sie gierig alles in sich aufgesogen, was sie über Vidals Familiengeschichte in die Finger bekommen konnte … und über die Familiengeschichte ihres Vaters.

„Hat es Sie nie gestört, dass dieses Haus dem Besitz eines muslimischen Herrschers entstammt, den Ihre Vorfahren ermorden ließen?“, provozierte sie Vidal jetzt, fest entschlossen, sich von all der Pracht um sie herum nicht blenden zu lassen.

„So sind eben die Spielregeln: Der Sieger bekommt alles. Meine Vorfahren gingen aus der Schlacht gegen das Heer von Boabdil – Muhammad XII – als Sieger hervor. Dieser palacio war ein Dankgeschenk von Königin Isabella, aber keinesfalls verbunden mit der Aufforderung, irgendwen zu verfolgen und zu ermorden. Ganz im Gegenteil, es gab sogar ein Dekret, das den Muslimen der Stadt Religionsfreiheit garantierte.“

„Das später zurückgenommen wurde“, erinnerte Felicity in scharfem Ton. „Genauso wie Ihr Vorfahr das Versprechen gebrochen hat, das er der muslimischen Prinzessin gab, die er entführt hatte.“

„Ich kann Ihnen nur raten, in Zukunft etwas sorgfältiger zu recherchieren und keine unbewiesenen Behauptungen in die Welt zu setzen.“

Bevor sie etwas erwidern konnte, stieg Vidal aus und umrundete so eilig den Wagen, dass Felicity keine Zeit blieb, die Beifahrertür eigenhändig zu öffnen. Sie revanchierte sich, indem sie seine ausgestreckte Hand übersah und schnell ausstieg, wobei sie sich noch einmal ermahnte, angesichts ihrer Umgebung auf keinen Fall vor Ehrfurcht im Erdboden zu versinken. Stattdessen dachte sie wieder an ihre Mutter. Hatte sie sich von all dem hier eingeschüchtert gefühlt? Ihre Mutter hatte ihrer eigenen Aussage nach eine wunderschöne Zeit in Spanien verlebt, obwohl ihr das Land am Ende Unglück gebracht hatte.

Hatte sich ihre Mutter hier in diesem Haus in Vidals Adop-tivonkel – ihren Vater – verliebt? Felicity wusste es nicht. Vielleicht war sie dem attraktiven Spanier ja zum ersten Mal in diesem Innenhof begegnet. Attraktiv war ihr Vater tatsächlich gewesen, aber leider nicht stark genug, um seine Liebe zu beschützen. Das rief sich Felicity jetzt noch einmal nachdrücklich in Erinnerung, um der Gefahr vorzubeugen, dass sie sich in hoffnungslos romantischen Träumereien verlor.

Sie wusste, dass ihre Mutter nur kurz hier in Granada gewesen war. Den größten Teil ihres Arbeitsaufenthalts in Spanien hatte sie auf dem Landgut verbracht, dem Hauptwohnsitz von Vidals Eltern.

Als Felicity daran dachte, wie sehr ihre Mutter gelitten hatte, war ihr, als würde ihr Herz von einer eisernen Faust zusammengepresst. Und an diesem Leid war Vidal zweifellos nicht unschuldig gewesen. Abrupt wandte sich Felicity ab … und keuchte erschrocken, als sie auf dem glatten Kopfsteinpflaster mit dem Absatz ins Rutschen kam.

Vidal reagierte, indem er sie an den Unterarmen packte und festhielt. Noch ehe sie sich losreißen konnte, gab er sie auch schon wieder frei und musterte sie angewidert. Prompt wurde sie von einer Mischung aus Wut und Demütigung überschwemmt, aber sie konnte nicht mehr tun, als ihm den Rücken zuzudrehen.

Felicity folgte ihm ins Haus, in eine kühle Eingangshalle mit einem beeindruckend gestalteten Treppenaufgang aus glänzendem dunklen Holz. Reglos verharrte sie einen Moment, um die strenge Pracht in sich aufzunehmen.

Über die weißen Wände erstreckte sich eine lange Ahnengalerie spanischer Aristokraten, entweder in Uniform oder hochherrschaftlich aufgeputzt, die aus schweren goldenen Bilderrahmen ernst auf Felicity herabschauten. Auf keinem einzigen Gesicht lag auch nur ein angedeutetes Lächeln. Alle Ahnen blickten mit einem Ausdruck von Arroganz und Widerwillen auf die Welt. Wie ihr Nachkomme, der sich offensichtlich vorgenommen hatte, ihnen – wahrscheinlich nicht nur in dieser Hinsicht – nachzueifern.

In diesem Moment öffnete sich auf der anderen Seite eine Tür, und Felicity sah eine kleine mollige Frau mittleren Alters mit wachen dunklen Augen herankommen. Sie wirkte so bestimmt und selbstbewusst, dass Felicity sie ungeachtet ihrer schlichten Kleidung im ersten Moment für Vidals Mutter hielt.

Was allerdings ein Irrtum war, wie sich gleich herausstellte, als Vidal verkündete: „Das ist Rosa, meine Haushälterin. Sie wird Ihnen Ihr Zimmer zeigen.“

Die Frau kam näher und taxierte Felicity eingehend, bevor sie sich wieder Vidal zuwandte und auf Spanisch sagte: „Während die Mutter eine Taube war, hat die Tochter den Blick eines ungezähmten Falken, der immun gegen Verlockungen ist.“

Wieder stieg ohnmächtige Wut in Felicity auf.

„Ich spreche Spanisch“, erklärte sie streitlustig. Sie zitterte fast vor Wut. „Und ich wüsste beim besten Willen nicht, welchen Verlockungen ich in diesem Haus erliegen sollte.“

Sie registrierte gerade noch das feindselige Aufblitzen in Vidals Augen, bevor sie sich abwandte und schnurstracks auf die Treppe zuging. Dabei überließ sie es Rosa, ihr zu folgen.

2. KAPITEL

Auf dem Treppenabsatz zum ersten Stock brach Rosa das Schweigen und vergewisserte sich in scharfem Ton: „Sie sprechen Spanisch?“

„Sicher, warum nicht?“, gab Felicity genauso scharf zurück. „Ich kann mir schon denken, dass das Vidal nicht passt, aber zum Glück stand es nicht in seiner Macht, mich daran zu hindern, die Muttersprache meines Vaters zu lernen.“

„Na, von Ihren Eltern haben Sie Ihr Temperament jedenfalls nicht geerbt“, stellte Rosa trocken fest. „Vidal gegenüber sollten Sie es allerdings etwas zügeln.“

Felicity, die schon weitergegangen war, blieb wieder stehen und fuhr empört herum. „Niemand hier hat mir vorzuschreiben, wie ich mich zu verhalten habe“, stellte sie vehement klar.

Aus dem Augenwinkel nahm sie unten in der Halle eine Bewegung wahr. Als Felicity genauer hinblickte, sah sie Vidal immer noch dort stehen und zu ihnen hinaufschauen. Aus seiner finsteren Miene glaubte sie schließen zu können, dass er ihre Worte gehört hatte. Wahrscheinlich würde er ihr gern sonst etwas vorschreiben, so wie er ihr vor Jahren vorgeschrieben hatte, dass sie es ja nicht wagen sollte, erneut Kontakt zu ihrem Vater aufzunehmen.

„Felicity, Liebes, bitte versprich mir, dass du deinem Vater nicht noch einmal schreibst“, hatte ihre Mutter nach Vidals Abreise mit Tränen in den Augen inständig gebeten.

Natürlich hatte Felicity es versprochen. Sie hatte ihrer Mutter schließlich keinen Kummer machen wollen, dafür hatte sie sie viel zu sehr geliebt, besonders nachdem …

Nein! Sie würde nicht daran denken, sie wollte nicht schon wieder in dieser Hölle brennender Scham schmoren. Ihre Mutter hatte damals natürlich sofort geahnt, was passiert war und dass sie, Felicity, an der kompromittierenden Situation unschuldig war …

Im Lauf der Jahre war Felicity natürlich klar geworden, dass ihr Vater jederzeit Kontakt mit ihr hätte aufnehmen können, wenn er es nur gewollt hätte. Dass er es trotzdem nie getan hatte, sprach wahrscheinlich für sich. Aber sie war nicht das einzige Kind auf der Welt, das von seinem Vater abgelehnt wurde. Nach dem Tod ihrer Mutter hatte sie sich bemüht, die ganze Sache hinter sich zu lassen. Sie war zu dem Schluss gelangt, dass sie besser daran tat, sich an ihre schöne Kindheit, an ihre liebevolle Mutter zu erinnern, statt immer wieder an den Vater zu denken, der sie nicht gewollt hatte.

Sie würde nie erfahren, warum ihr Vater am Ende seine Meinung doch noch geändert hatte. Und ebenso wenig würde sie erfahren, ob es Schuldgefühle oder das Bedauern über verpasste Gelegenheiten gewesen waren, die ihn zu seinem Schritt veranlasst hatten. Doch ganz egal, wie es sich auch verhalten mochte, auf jeden Fall war sie fest entschlossen zu verhindern, sich von Vidal weiterhin vorschreiben zu lassen, was sie zu tun und zu lassen hatte.

Vidal beobachtete immer noch von der Eingangshalle aus, wie Felicity die Treppe nach oben ging. Wenn es irgendetwas gab, worauf er wirklich stolz war, dann darauf, dass er sich in jeder Lebenslage unter Kontrolle hatte. Selbstbeherrschung war eine Disziplin, in der er es im Lauf der Zeit zu einer wahren Meisterschaft gebracht hatte. Und trotzdem schaffte er es jetzt nicht, seinen Blick von Felicitys wohlgeformten Beinen loszureißen.

Mit sechzehn waren diese Beine lang und schlaksig gewesen, wie die Beine eines Fohlens. Sie war ein Mädchen auf der Schwelle zum Frausein gewesen, mit kecken kleinen Brüsten, die sich unter ihren dünnen T-Shirt abgezeichnet hatten. Obwohl sie ihm die naive Unschuld vorgespielt hatte, einschließlich verstohlener Blicke aus dem Augenwinkel, bei denen sie, wenn sie ertappt worden war, schamhaft errötet war, hatte er doch sehr schnell begriffen, dass sie sich in Wahrheit einen Spaß daraus gemacht hatte, Männern den Kopf zu verdrehen. War sie von Natur aus so? Oder lag es daran, dass sie keinen Vater hatte, der sie in ihre Schranken wies?

Bei diesem Gedanken erwachte prompt sein schlechtes Gewissen, das er nie losgeworden war. Wenn er bloß damals nichts gesagt hätte! Dass er seiner Großmutter in aller Unschuld von der Begegnung zwischen Felipe und seinem Au-pair in der Alhambra erzählt hatte, hatten alle Beteiligten – bis auf seine Großmutter natürlich – teuer bezahlen müssen.

Unvorstellbar, dass die verwitwete Duchess ihrem Adoptivsohn jemals gestattet hätte, eine andere Frau zu heiraten als jene, die sie für ihn ausgesucht hatte. Und diese Frau wäre selbstredend in keinem Fall ein Kindermädchen gewesen.

Im zarten Alter von sieben Jahren war ihm das alles natürlich nicht klar gewesen, doch nachdem das sanfte englische Au-pair-Mädchen, an dem er so gehangen hatte, nach England zurückgeschickt worden war, hatte er sich seinen eigenen Reim auf die Geschichte gemacht. Heute wusste er, dass weder Annabel noch Felipe stark genug gewesen waren, um seiner Großmutter die Stirn zu bieten. Vor allem aber hatte bei ihrer erzwungenen Trennung niemand geahnt, dass sich aus ihrer Liebe Konsequenzen ergeben könnten. Konsequenzen in Gestalt eines Kindes, dessen Name und bloße Existenz von seiner Großmutter mit einem Schweigegebot belegt worden war, an dem unter keinen Umständen gerüttelt werden durfte. Außer natürlich von ihr selbst, aber dann nur, um ihren Adoptivsohn an die Schande zu erinnern, die er über die Familie gebracht hatte.

Wie bestätigt sich seine Großmutter in ihrem abschätzigen Urteil fühlen würde, wenn sie wüsste, was aus Felipes Tochter geworden war!

Dabei hatte ihm Annabel wirklich leidgetan, als sie beide an jenem Abend vor über sieben Jahren Felicity in dieser empörenden Situation angetroffen hatten. Natürlich war Annabel entsetzt gewesen, ihre Tochter mit einem betrunkenen Jüngling in ihrem Schlafzimmer auf ihrem Bett vorzufinden, während unten im Haus eine Horde Halbwüchsiger eine wilde Party gefeiert hatte.

Vidal schloss gepeinigt die Augen. Es gab einige Dinge in seinem Leben, an die er sich lieber nicht erinnerte. Zum Beispiel daran, dass er aus Naivität sein Kindermädchen und seinen Adoptivonkel ins Unglück gestürzt hatte. Oder an den Moment, als seine Mutter ihm behutsam beizubringen versucht hatte, dass sein Vater bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen war. Und an jenen Abend, an dem er Felicity auf dem Bett ihrer Mutter liegen gesehen hatte, mit diesem angetrunkenen Burschen über sich, der sich eine dicke Strähne ihres weizenblonden Haars um die Hand gewickelt hatte. Während sie triumphierend in seine, Vidals, Richtung geschaut hatte.

Vidal wurde die Brust so eng, dass er tief durchatmen musste. Er war dreiundzwanzig gewesen – kein Junge mehr, sondern ein Mann – und bestürzt über die sinnliche Faszination, die dieses sechzehnjährige Mädchen auf ihn ausgeübt hatte. Abgestoßen von seinem eigenen Begehren, gepeinigt von seinem Gewissen, das ihn daran erinnert hatte, dass ein sechzehnjähriges Mädchen immer noch ein Mädchen und ein Mann von dreiundzwanzig ein Mann war. Die sieben Jahre Altersunterschied waren die tiefe Kluft zwischen Kindheit und Erwachsensein, eine rote Linie, die zu überschreiten unverzeihlich wäre. Die Unschuld einer Sechzehnjährigen war schützenswert und unantastbar.

Selbst heute, nach so vielen Jahren, konnte er immer noch den Zorn spüren, von dem er an diesem Abend überschwemmt worden war. Ein schwarz lodernder Zorn, der jetzt durch Felicitys Anwesenheit neu entfacht worden war.

Vidal bewegte die verspannten Schultern. Je schneller die Sache vorbei war und Felicity im Flugzeug Richtung Heimat saß, desto besser.

Kurz vor seinem Tod hatte Felipe Vidal gegenüber erwähnt, wie schlecht er sich fühlte wegen der Sache, die er als sein größtes Versagen betrachtete. Vidal hatte die Gelegenheit genutzt, um seinem Adoptivonkel den Gedanken nahezulegen, dass es ja eine Form von Wiedergutmachung sein könnte, wenn er seine Tochter als Erbin einsetzte. Obwohl Vidal das natürlich nicht für Felicity getan hatte, sondern weil ihm daran gelegen war, dass Felipe seinen Seelenfrieden fand.

Oben im Gästezimmer schaute Felicity sich um. Der hohe große Raum war mit wertvollen Antiquitäten ausgestattet, auf deren blank polierten Oberflächen sich die Sonnenstrahlen brachen, die durch die hohen französischen Fenster ins Zimmer fielen. Beim Näherkommen sah Felicity, dass es keine Fenster, sondern Balkontüren waren, die auf einen mit arabesken Verzierungen geschmückten schmiedeeisernen Balkon führten.

Von hier aus blickte man auf einen klassisch maurischen Innenhofgarten hinunter, der von einem schmalen, mit Wasser gefüllten Kanal in zwei gleich große Hälften geteilt wurde. Zu beiden Seiten des Kanals gab es von Kletterrosen umrankte Bogengänge. Daneben waren weiße Lilien in Senkbeete eingelassen, deren Blüten sich auf Höhe der Wege befanden, sodass sie wie Blumenteppiche wirkten. Die abwechselnd blau und weiß verlegten Fliesen auf den Gehwegen unterstrichen die strenge Symmetrie der Anlage. Entlang der Außenmauern wuchsen Bäume, wahrscheinlich Obstbäume, wie Felicity vermutete. Jenseits der Bogengänge war der Garten in vier Flächen unterteilt, die ebenfalls mit Blumen bepflanzt waren, während sich unter dem Balkon, auf dem Felicity stand, ein kleiner eleganter Pavillon im Halbschatten lag.

Felicity schloss die Augen. Dieser Garten kam ihr seltsam bekannt vor. Das lag bestimmt daran, dass ihre Mutter ihn ihr in allen Einzelheiten beschrieben, sogar Fotos davon gezeigt hatte. In alten Zeiten war er allein den weiblichen Mitgliedern der maurischen Familie, für die das Haus erbaut worden war, vorbehalten gewesen. Ob dies das Zimmer war, das ihre Mutter bewohnt hatte? Wahrscheinlich nicht. Felicity erinnerte sich dunkel, von einer Kindersuite im obersten Stockwerk gehört zu haben, die sich ihre Mutter mit Vidal geteilt hatte.

Sie wandte sich wieder um und schaute ins Zimmer, in dem die Farben Dunkelblau und Elfenbein dominierten. Die Vorhänge waren aus schwerem dunkelblauen Brokat, demselben Stoff, mit dem auch die beiden Sessel neben dem Kamin bezogen waren. Auf dem Bett lag eine elfenbeinfarbene Tagesdecke mit dunkelblauen Streifen sowie ebenfalls dunkelblaue, mit Quasten verzierten Brokatkissen. Die Holzdielen glänzten im Licht, und der antike Orientteppich, in dem sich die Farben des Zimmers wiederfanden, war so weich, dass Felicity es kaum wagte, ihren Fuß darauf zu setzen.

Diese orientalische Üppigkeit strahlte etwas so ganz anderes aus als ihr schnörkellos eingerichtetes Apartment in England. Und doch war auch das hier ein Teil von ihr, der Teil, den sie von ihrem Vater geerbt hatte. Wenn ihr Vater stärker gewesen wäre, wäre Felicity vertraut mit diesem Haus und seiner Geschichte aufgewachsen, ganz selbstverständlich wie auch Vidal.

Vidal, den sie mit jeder Faser ihres Herzens verabscheute. Ihre Verachtung für ihn war grenzenlos. Ihr Vater hatte in dieser Familie keine Stimme gehabt, er war fremdbestimmt gewesen. Man hatte ihn gezwungen, die Frau, die er liebte, ebenso aufzugeben wie seine Tochter. Man hatte ihn gezwungen, sich von ihnen abzuwenden. Außerdem war es nicht ihr Vater gewesen, der ihr den Kontakt untersagt hatte. Das war Vidals Werk gewesen. Ihr Vater hatte sie nie in ihrem Stolz gekränkt, und er hatte ihr auch keine tiefe Wunde geschlagen, indem er sie falsch eingeschätzt hatte. Aber Vidal.

Hier in diesem Haus waren Entscheidungen gefällt worden. Entscheidungen, die auf ihre Eltern und sie selbst schlimme Auswirkungen gehabt hatten. Von hier war ihre Mutter weggeschickt worden. Hier hatte man ihrer Mutter gesagt, dass der Mann, den sie liebte, einer Frau versprochen war, die seine Adoptivmutter für ihn ausgesucht hatte. Ob Felipe diese Frau liebte, war dabei nebensächlich gewesen.

Es war gerade noch Zeit gewesen für eine leidenschaftliche Umarmung, bevor die beiden Liebenden auseinandergerissen worden waren.

„Er hat mich geliebt, aber seine Adoptivfamilie hat er auch geliebt, und vor allem war er dankbar, was es ihm unmöglich machte, sich den Ansprüchen zu entziehen, die an ihn gestellt wurden“, hatte ihre Mutter auf ihre sanfte Art erklärt, als Felicity irgendwann wissen wollte, warum ihr Vater ihrer Mutter nicht einfach nachgereist sei.

Ihre arme Mutter. Sie hatte einen Mann geliebt, der zu schwach gewesen war, um seine Liebe zu beschützen, und sie hatte den Preis dafür bezahlen müssen. Felicity war wild entschlossen zu verhindern, dass sie ein ähnliches Schicksal ereilte. Sie würde sich nie verlieben, weil die Liebe einen verletzlich machte. Immerhin hatte sie bereits erfahren, wie sich das anfühlte, auch wenn ihre Gefühle für Vidal kaum mehr gewesen waren als die verwirrten Träumereien einer naiven Sechzehnjährigen.

Entschlossen verdrängte sie die quälenden Gedanken, während ihr Blick auf ihren kleinen Übernachtungskoffer fiel. Ihre Mutter hatte ihr einiges erzählt von der traditionellen Lebensart dieser aristokratischen hochfahrenden Familie, deren Oberhaupt jetzt Vidal war. Er hatte gesagt, dass sie auf Wunsch seiner Mutter hier war. Bedeutete das, dass Felicity sie kennenlernen würde? Würde sie ihr womöglich beim Abendessen vorgestellt werden?

In diesem Moment klopfte es an der Tür. Auf ihre Aufforderung hin trat die Haushälterin ein, mit einem Glas Wein und einer kleinen Auswahl Tapas. Felicity bedankte sich und wollte wissen, wann es Abendessen gäbe.

„Vidal wünscht kein Abendessen, er ist beschäftigt“, fertigte Rosa Felicity unfreundlich auf Spanisch ab. „Aber falls Sie später noch Hunger haben, können Sie jederzeit etwas bekommen. Sagen Sie einfach Bescheid.“

Felicity konnte spüren, dass ihr Gesicht anfing zu brennen. Rosas Schroffheit war verletzend, aber zweifellos befolgte die Haushälterin nur Vidals Anweisungen.

„Ich verspüre ebenso wenig Lust, mit Vidal zu Abend zu essen“, brach es aus ihr heraus. „Doch da ich auf Wunsch seiner Mutter hier bin, dachte ich, dass ich vielleicht mit ihr zu Abend esse.“

„Die Duchess ist nicht da“, gab Rosa kurz angebunden zurück, während sie das Tablett abstellte, bevor sie sich mit mürrisch zusammengekniffenem Mund wieder zur Tür umwandte. Ehe Felicity mehr fragen konnte, war sie auch schon verschwunden.

Was bedeutete das jetzt wieder? Dass seine Mutter überhaupt nicht daran interessiert war sie kennenzulernen und Vidal sie belogen hatte? Aber warum hätte er das tun sollen?

Plötzlich sehnte sie sich danach, zu Hause zu sein … und noch mehr sehnte sie sich nach ihrer Mutter. Überschwemmt von Traurigkeit ließ Felicity sich auf der Bettkante nieder.

Sie hatte eine glückliche Kindheit gehabt, und dafür würde sie ihrer Mutter immer dankbar sein. Durch die großzügige Hinterlassenschaft einer entfernten Tante, die Felicity nie kennengelernt hatte, war es ihrer Mutter möglich geworden, ein hübsches Haus auf dem Land zu kaufen, in dem sogar ihre Großeltern noch Platz gefunden hatten. Da Letztere darauf bestanden hatten, Miete zu bezahlen, hatte ihre Mutter nicht einmal mehr arbeiten müssen, sodass sie mehr Zeit für Felicity gehabt hatte.

Ihre Mutter hatte alle Fragen, die Felicity über ihren Vater gestellt hatte, bereitwillig beantwortet und stets liebevoll und ohne Bitterkeit über ihn gesprochen. Und auch für Vidals Verhalten hatte sie immer Verständnis gezeigt.

„Du darfst ihn nicht verurteilen, Liebes“, hatte sie erklärt. „Er konnte nichts dafür. Er war doch noch ein kleiner Junge, fast genauso alt wie du jetzt. Er konnte unmöglich ahnen, was passieren würde.“

Ihre geliebte Mutter war so sanft gewesen und grundsätzlich bereit, allen Menschen zu verzeihen, selbst wenn sie ihr noch so wehgetan hatten.

Jahrelang hatte ihre Argumentation Felicity zufriedengestellt, erst durch ihre persönliche Erfahrung mit Vidal hatte sie ihre Meinung schnell und gründlich geändert. Nach seiner anfänglichen Freundlichkeit war sein Verhalten kurz darauf ins Gegenteil umgeschlagen. Ganz plötzlich war er unnahbar geworden, was keinen anderen Schluss zuließ, als dass seine Freundlichkeit nur gespielt gewesen war und er sie in Wirklichkeit nicht mochte.

Dabei hatte sie sich auf den ersten Blick hoffnungslos in ihn verliebt. In dem Moment, in dem sie beobachtet hatte, wie er mit grandioser Lässigkeit aus seiner Luxuslimousine gestiegen war, war sie verloren gewesen.

Peinlich berührt hob Felicity leicht eine Schulter. Sinnlos, die Augen davor zu verschließen, dass sie eine Jungfrau mit abgelaufenem Verfallsdatum war. Vor dieser unangenehmen Wahrheit gab es kein Entkommen, auch wenn sie sich noch so abgeklärt und weltgewandt gab.

Was stimmte nicht mit ihr? Sie war längst erwachsen und lebte doch sexuell enthaltsam wie eine Nonne. Dafür hatte sie sich irgendwann entschieden und es bis heute dabei belassen. Na und? War es denn wirklich so schlimm, dass sie es bis heute nicht geschafft hatte, einen Mann kennenzulernen, mit dem es ihr möglich war, die Vergangenheit hinter sich zu lassen? Sollte sie sich vielleicht selbst bemitleiden? Bestimmt nicht! Felicity wusste sehr gut, dass sie im Vergleich zu vielen anderen Menschen eine privilegierte Kindheit aufgrund ihrer wunderbaren Mutter gehabt hatte.

Das Haus, in dem sie gelebt hatte, hatte sie verkauft, als nach ihren Großeltern auch noch ihre Mutter gestorben war. Für sie allein war es zu groß gewesen, sodass sie sich darin irgendwie verloren gefühlt hatte. Jetzt wohnte sie in einer hübschen Eigentumswohnung in einem georgianischen Town-house und war mit ihrem Leben zufrieden. Sie hatte einen Beruf, der sie ausfüllte, und einen netten Freundeskreis.

Ein kurzes Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. Nachdem sie „Herein“ gerufen hatte, stand sie auf, in der Annahme, Rosa zu sehen, aber es war Vidal. Er trug jetzt eine Chino und ein Freizeithemd. Offenbar hatte er geduscht, auf jeden Fall war sein Haar nass. Als sie es sah, stockte ihr der Atem. Sein Anblick löste eine wahre Erinnerungsflut aus, die ihr extremes Unbehagen bereitete.

Damals war Vidal auch in ein Schlafzimmer gekommen … in das Schlafzimmer ihrer Mutter …

Nein! Nicht schon wieder, auf gar keinen Fall! Sie musste sich auf die Gegenwart konzentrieren und die Vergangenheit hinter sich lassen. Sie war diejenige, der man Unrecht getan hatte, und sie hatte sich nichts vorzuwerfen.

Sie nahm sich zusammen und ging gleich zum Angriff über, indem sie fragte: „Sagten Sie nicht, dass ich auf den Wunsch Ihrer Mutter hier bin? Das war ja offensichtlich eine Lüge, weil Ihre Mutter überhaupt nicht da ist.“

„Sie besucht eine kranke Freundin. Ich habe es vorhin erst von Rosa erfahren.“

„Von Rosa? Sie brauchen eine Haushälterin, damit sie Ihnen sagt, wo sich Ihre Mutter aufhält? Typisch, dass Sie sogar dafür Dienstboten brauchen.“

„Nur zu Ihrer Information, Rosa ist kein Dienstbote, sondern eine Hausangestellte. Und wie ich die Kommunikation mit meiner Mutter gestalte, geht nur mich etwas an.“

„Aber ja“, erwiderte Felicity wütend. „Und die Kommunikation zwischen mir und meinem Vater ging auch nur Sie etwas an, richtig? Die haben Sie ja auch gestaltet. Sie waren sich nicht mal zu schade, extra nach England zu fliegen, um jeden Kontakt zwischen mir und meinem Vater zu unterbinden.“

„Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Ihre Mutter wusste, dass es nicht in Ihrem Interesse liegt, wenn Sie Felipe weiterhin schreiben.“

„Ach, dann war das alles nur zu meinem eigenen Besten, ja?“ In Felicitys Stimme schwang Sarkasmus mit, als sie sich daran erinnerte, wie gedemütigt sie sich damals gefühlt hatte. Er war arrogant und grausam. „Sie hatten absolut kein Recht, mich davon abzuhalten, mit meinem Vater Kontakt aufzunehmen.“

Ihre Augen fingen an zu brennen. Tränen! Oh, bitte nicht … sie durfte nie vor diesem Mann weinen. Sie durfte keine Schwäche zeigen.

„Aber Sie haben ja keine Ahnung! Was wissen Sie schon von Liebe … wie es ist, jemanden zu lieben?“, schleuderte Felicity ihm in wütender Empörung entgegen. „Sie haben doch keinen Schimmer, was das überhaupt ist: Liebe!“ Die Worte brachen aus ihr heraus.

„Aber Sie wissen es, ja? Ausgerechnet Sie … Sie …“

Obwohl er seinen Satz nicht beendete, wusste Felicity genau, worauf er hinauswollte.

Fast augenblicklich wurde sie von Panik und Schmerz überschwemmt.

„Wagen Sie es nicht, mich anzufassen“, warnte sie ihn und wich einen Schritt zurück.

„Schon gut, Felicity, ich glaube Ihnen sowieso kein Wort“, sagte er kalt. „Sie können mir nichts vormachen.“

Verzweifelt versuchte sie, nicht die Kontrolle über sich selbst zu verlieren.

Die Erinnerungen kamen so gefährlich nah, dass sie kaum mehr auseinanderhalten konnte, was Gegenwart und was Vergangenheit war. Ihr Herz hämmerte wie verrückt, während sie plötzlich wieder sechzehn und hilflos den verwirrenden und verbotenen Gefühlen ausgeliefert war.

„Ich weiß genau, was Sie denken“, entgegnete sie verzweifelt, „aber Sie irren sich. Ich will Sie nicht. Ich habe Sie nie gewollt.“

„Gewollt?“

Die Stille im Zimmer war wie die Ruhe vor dem Sturm. Es schien, als ob Felicity mit jeder Faser ihres Körpers wüsste, dass es unmöglich war, der Gefahr zu entkommen.

„Gewollt?“, wiederholte Vidal gefährlich sanft. „Wie gewollt? So vielleicht?“

So bedeutete, dass er sie an sich riss und festhielt, wobei sie zwischen ihm und der Wand in ihrem Rücken eingeklemmt war. Er presste sie derart intim an seinen Körper, dass es ihr erschien, als ob sie unter dem muskulösen Fleisch jeden einzelnen Knochen, jeden harten Muskelstrang spüren könnte.

Felicitys Herz raste.

Vidal war schmerzlich bewusst, dass er das Falsche tat, aber er war machtlos dagegen. Tausend und mehr Nächte, in denen er im Traum von der verbotenen Frucht gekostet hatte, schwächten seine Selbstkontrolle. Hinzu kam, dass sie heute nicht mehr sechzehn und so auch nicht mehr tabu war, obwohl ihn der Gedanke, dass er sie nach allem, was er von ihr wusste, immer noch begehrte, zutiefst beschämte.

Die sechzehnjährige Naive mit den unschuldigen Augen war nur ein Produkt seiner Fantasie gewesen. In all den Nächten, in denen er sich schlaflos und gepeinigt vor Verlangen in seinem Bett herumgewälzt hatte, war sie alles andere als keusch und unschuldig gewesen.

Ihr Herz hämmerte an seiner Brust, er konnte ihre warmen weichen Brüste spüren, die er gegen seinen Brustkorb presste – diese Brüste, die zu entblößen er sich damals so gewünscht hatte. Er hatte sich danach gesehnt, die harten Brustwarzen mit Fingerspitzen, Lippen, Zähnen und Zunge zu liebkosen, bis Felicity sich ihm vor Verlangen entgegenwölbte.

Nein! Er musste sofort aufhören.

Vidal wollte sie eigentlich loslassen, aber Felicity erschauerte so heftig, dass er mitten in der Bewegung innehielt. Er suchte ihren Blick, zwang sie, ihm in die Augen zu sehen.

So aus der Nähe war seine Iris nicht einfarbig, sondern es vermischten sich mehrere Farben zu einem faszinierenden Topasgold.

Irgendwie wusste sie, dass Vidal sie gleich küssen, dass sie innerhalb von Sekunden die kalte unversöhnliche Dominanz dieser scharf konturierten Lippen spüren würde.

Ihre eigenen Lippen öffneten sich, um zu protestieren, während zugleich …

Während sie zugleich spürte, dass ihre Brustwarzen hart wurden. Felicity erschauerte in seinen Armen, als ihr zu ihrer größten Schande klar wurde, dass die Signale, die ihr Körper aussandte, nichts, aber auch gar nichts mit Zurückweisung zu tun hatten. Stattdessen schoss heißes Verlangen durch ihre Adern, das ihre Selbstkontrolle lahmlegte.

Vidals leicht nach Pfefferminz riechender reiner Atem streifte ihre Haut. Und ihre Sinne erhaschten noch etwas anderes, etwas Primitives, Ursprüngliches, das brandgefährlich war für eine Frau, deren eben erst erwachte Sinnlichkeit mit Macht an die Oberfläche drängte.

Er presste sein Mund auf ihrem. Der Druck dieser männlichen Lippen versetzte ihre Sinne in Verzückung, bevor in den unteren Regionen ihres Körpers die Lust explodierte.

Felicity kämpfte einen aussichtslosen Kampf. In ihrer Kehle vibrierte ein hilfloses Stöhnen. Natürlich war es ein Laut des Protests, daran konnte es keinen Zweifel geben. Auch wenn ihre Ohren ihn als einen schockierend lüsternen Laut des Einverständnisses und der Begierde interpretierten. Einer Begierde, die sich verstärkte, als Vidal sie noch fester an sich presste, während seine Zunge die Tiefen ihrer Mundhöhle erforschte. Mittlerweile brannte sie lichterloh vor Verlangen.

Vidal erzitterte unter der Wucht seines Begehrens. Je wütender er versuchte, die Situation in den Griff zu bekommen, desto mehr wuchs in ihm ein Gefühl der Hilflosigkeit, das seinen Glauben an sich selbst zerstörte.

Vor seinem geistigen Auge sah Vidal sie so, wie er sie sich mit jeder Faser seines Körpers erträumte: nackt und mehr als gewillt, die Leidenschaft zu stillen, die sie in ihm geweckt hatte. Ihre weiße Haut würde schimmern wie Perlmutt, und im Kontrast dazu die hart gewordenen dunklen Brustwarzen, die sich nach seiner Berührung sehnten.

Draußen war es dämmrig geworden. Als im Garten unter ihnen die Beleuchtung aufflammte, ließ Vidal Felicity abrupt los und verfluchte sich in Gedanken.

Nachdem Felicity höchst unsanft in die Realität zurückkatapultiert worden war, erschauerte sie, angewidert von sich selbst. Noch ehe es ihr gelungen war, ihre Fassung wiederzufinden oder gar Vidal die Meinung zu sagen, ergriff er das Wort. Ganz selbstverständlich und so distanziert, als ob nichts passiert wäre.

„Ich wollte nur Bescheid sagen, dass der Termin mit dem Anwalt morgen früh um zehn ist. Rosa wird Ihnen das Frühstück aufs Zimmer bringen. Zu dem Vorfall eben kann ich nur sagen, dass jeder Annäherungsversuch Ihrerseits auch in Zukunft zum Scheitern verurteilt sein wird.“ Er verzog verächtlich den Mund und warf ihr einen kalten Blick zu. „Dinge aus zweiter Hand haben mich noch nie interessiert.“

Dinge aus zweiter Hand.

Felicity zitterte vor Empörung. „Das waren doch Sie, der damit angefangen hat, nicht ich! Und … und außerdem haben Sie ein völlig falsches Bild von mir, und zwar schon immer. Was Sie damals gesehen haben …“

„Ich weiß genau, was ich damals gesehen habe. Ich sah ein kleines Flittchen, ein halbes Kind noch, das auf dem Bett seiner Mutter lag und es sichtlich genoss, sich von einem angetrunkenen Widerling begrapschen zu lassen.“

„Raus!“, schrie Felicity. „Auf der Stelle raus hier!“

Er wandte sich um und schlenderte seelenruhig aus dem Zimmer.

Sobald sie sich wieder bewegen konnte, rannte Felicity stolpernd zur Tür und drehte den Schlüssel im Schloss um, wobei ihr Tränen der Wut und der Scham übers Gesicht strömten.

3. KAPITEL

Felicity sank in einen Sessel und schlug sich die Hände vors Gesicht.

Alles fiel ihr wieder ein: Dass Vidal den Brief an ihren Vater abgefangen hatte, hatte sie schrecklich verletzt. Sie hätte es nie für möglich gehalten, dass er so etwas tun könnte. Und als sich dann auch noch sein Verhalten ihr gegenüber so dramatisch verändert hatte, war für sie die Ablehnung durch die Familie ihres Vaters ganz real geworden.

Am Vorabend seiner Abreise hatte Vidal ihre Mutter nach London zum Essen eingeladen, was Felicity auf die Idee gebracht hatte, dass sie an diesem Abend ja – es war gerade Schuljahresende gewesen – eine kleine Party veranstalten könnte. Zu vorgerückter Stunde waren dann aber noch mehr Leute von ihrer Schule aufgetaucht, die nicht eingeladen und – weit schlimmer noch – bereits ziemlich angetrunken gewesen waren.

Felicity hatte versucht, sie zum Gehen zu bewegen, aber niemand hatte auf sie gehört. Der Anführer des wilden Haufens war Rory gewesen, ein Schürzenjäger, der in der Footballmannschaft der Schule mitgespielt hatte. Rory hatte sich mit einem Mädchen, das Felicity noch nie gesehen hatte, zu ihrem Entsetzen ins Schlafzimmer ihrer Mutter verdrückt. Sie war ihnen gefolgt und hatte protestiert, was zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen ihr und Rory geführt hatte, in deren Verlauf sich das Mädchen unbemerkt davongemacht hatte. Rory, der wütend gewesen war, dass Felicity ihm den Spaß verdorben hatte, hatte sie gepackt und aufs Bett geworfen, um sich an ihr schadlos zu halten.

In diesem Moment war ihre Mutter aufgetaucht und hatte dem bösen Spuk ein Ende bereitet. Felicitys anfängliche Erleichterung war in Erschrecken umgeschlagen, als sie Vidals Gesicht gesehen hatte, der hinter ihrer Mutter auf der Schwelle zu ihrem Schlafzimmer gestanden hatte. Rory hatte es offenbar ebenfalls mit der Angst zu tun bekommen, weil er angefangen hatte zu stottern: „Das … das war nicht meine Idee … da steht sie nämlich voll drauf, da können Sie jeden fragen, so mannstoll wie sie ist.“

Felicity konnte noch heute spüren, wie starr sie vor Entsetzen geworden war. Sie hatte keinen Ton herausgebracht, sondern war gelähmt vor Scham liegen geblieben, während Vidal Rory am Schlafittchen vom Bett und nach unten gezerrt hatte.

Noch heute hallte das fassungslose „Oh, Felicity …“, ihrer Mutter in ihren Ohren nach.

Am nächsten Tag hatte sie ihrer Mutter natürlich erzählt, was passiert war, aber da war Vidal bereits auf dem Rückflug nach Spanien gewesen, und der Schmerz, den Felicity beim Anblick des Abscheus in seinen Augen empfunden hatte, hatte sich in Ablehnung und Wut verwandelt.

Nach diesem Vorfall hatte sie zusammen mit ihren drei besten Freundinnen die Schule gewechselt, ein Schritt, der es ihr erleichtert hatte, die ganze Sache so weit wie möglich zu vergessen. Aber damals hatte Felicity sich geschworen, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit ihre Mutter immer stolz auf sie sein konnte. Außerdem war sie fest entschlossen gewesen, nie wieder zuzulassen, dass ein Mann sie so anschaute, wie Vidal sie an jenem Abend angeschaut hatte.

Unten im Erdgeschoss stand Vidal reglos mit zusammengepressten Lippen in der Bibliothek und starrte ins Nirgendwo. In den hohen Bücherregalen an den Wänden reihten sich ledergebundene Bücher mit Goldprägung, und in der Luft hing ein Geruch nach Leder und vergilbtem Papier.

Noch nie zuvor in seinem Leben hatte Vidal so eine leidenschaftliche Wut verspürt wie vor ein paar Minuten bei dem Zusammenstoß mit Felicity. Noch nie war er so nah daran gewesen sich zu vergessen.

Wenn sich die Gartenbeleuchtung nicht eingeschaltet hätte …

Vidal schloss die Augen, öffne...

Autor

Penny Jordan

Am 31. Dezember 2011 starb unsere Erfolgsautorin Penny Jordan nach langer Krankheit im Alter von 65 Jahren. Penny Jordan galt als eine der größten Romance Autorinnen weltweit. Insgesamt verkaufte sie über 100 Millionen Bücher in über 25 Sprachen, die auf den Bestsellerlisten der Länder regelmäßig vertreten waren. 2011 wurde sie...

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Lynne Graham ist eine populäre Autorin aus Nord-Irland. Seit 1987 hat sie über 60 Romances geschrieben, die auf vielen Bestseller-Listen stehen.

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