Krönung der Liebe - Krönung des Glücks

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Nie hat Scheich Zakari eine Frau so begehrt wie das Hausmädchen Effie! Sacht will er die unschuldige Schöne verführen. Aber als er sie in seinen Armen hält, entdeckt er ungläubig den Schmuck auf ihrer nackten Haut - einen funkelnden Diamanten, zwei Königreiche wert …


  • Erscheinungstag 27.03.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733776886
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Nur hier konnte er Ruhe finden …

Scheich Zakari Al’Farisi starrte in die flirrende Weite und nahm die Einsamkeit der Azahar-Wüste mit allen Sinnen in sich auf.

Er war ein guter König, ein strenger Herrscher, verfolgte seine Ziele manchmal sogar rücksichtslos und tat, was getan werden musste. Der leichte, bequeme Weg war nie eine Option für Zakari gewesen. Seine Untertanen wussten das und schätzten ihn gerade wegen seiner Stärke und Gradlinigkeit. Er war hochgewachsen, muskulös gebaut – seine Schultern breit genug, um ihre Hoffnungen darauf zu bauen, und seine Arme stark genug, jede Frau zu tragen …

Er galt als Playboy und Womanizer, doch diese kleine Schwäche verzieh man ihm gern, weil es keiner Frau gelang, ihn ernsthaft von seinen Herrscherpflichten abzubringen. Seine Affären waren ihm nicht mehr als der Zeitvertreib und die Ablenkung, die ein schwer arbeitender Mann brauchte, und ebenso flüchtig wie der Wüstensand.

Zakari schaute über den endlos scheinenden goldenen Ozean aus Sandkörnern, dessen Gesicht sich stetig mit dem Wind veränderte, während einzelne Felsen und die eindrucksvolle Gebirgskette am Horizont als einzige Orientierungsmarken stets gleich blieben.

Es war dieses Land, dem eigentlich die Herrscherkrone gebührte. Abweisend, unwirtlich und dennoch faszinierend und wunderschön, nahm es ihn immer wieder gefangen. Es saugte ihn aus, erschöpfte ihn bis an die Grenzen und richtete ihn wieder auf. Es war wie ein Zwang, so oft wie möglich hierher zurückzukehren, um seine innere Stärke zu testen und zu reaktivieren.

Für viele Menschen war die Wüste keine echte Herausforderung mehr. Allradwagen hatten längst die traditionellen Kamele als Transportmittel abgelöst, und für die Jagd wurden moderne Schusswaffen statt Falken verwendet. Doch die Wüste selbst funktionierte nach ihren ureigenen Prinzipien, die immer noch von einigen Menschen respektiert und befolgt wurden. Zakari versuchte, sie mit aller Kraft aufrechtzuerhalten, in ihnen zu leben, fest davon überzeugt, dass sie es waren, die ihn schützten, wenn er sich in diese überwältigende Naturoase zurückzog.

Manchmal erspähte er in der Ferne dunkle Schatten, die sich bewegten, und wusste, dass es sich um Beduinen handelte, die sich mit ihren Kamelen auf einem der alten Handelswege fortbewegten, von denen nur diese Wüstenbewohner wussten. Sie würden nie auf die Idee kommen, seine Privatsphäre zu stören, dennoch tat es gut zu wissen, dass sie ihn aus der Ferne beobachteten, um sicherzugehen, dass mit ihrem König alles in Ordnung war.

Sein Regierungsberater und engster Vertrauter, Hassan, war entsetzt gewesen, als Zakari ihm erklärte, er wolle fürs Erste auf jegliche Begleitung verzichten, um sich ganz auf sich selbst konzentrieren zu können. Und natürlich auf den verschollenen Stefani-Diamanten.

Er musste ihn unbedingt vor Alexandros Karedes finden, der inzwischen statt seines Bruders Sebastian Kronprinz von Aristo war und erst zum König gekrönt werden konnte, wenn er in den Besitz des verschwundenen Juwels gelangte. Aber das durfte nicht passieren. Würde Zakari selbst das fehlende Teil des sagenumwobenen Diamanten in die Hände bekommen, dessen andere Hälfte bereits seine Königskrone zierte, war er der alleinige Herrscher über beide Inseln – Calista und Aristo.

Dann konnte er endlich das Vermächtnis von König Christos erfüllen.

Der hatte vor mehr als dreißig Jahren das damals noch vereinigte Königreich Adamas regiert. Eine unerbittliche Fehde zwischen seinen Kindern, Anya und Aegeus, und die schwelende Unruhe im Volk hatten jedoch dem alten König schwer zu schaffen gemacht.

Deshalb hatte er sich schweren Herzens dazu entschlossen, Adamas zu teilen, ebenso wie das Symbol für das vereinte Inselreich, den Stefani-Diamanten, der das Herzstück der gemeinsamen Krone gewesen war.

Calista vererbte er seiner Tochter Anya, Aristo seinem Sohn Aegeus. Zudem bekam jeder von ihnen eine Hälfte des Diamanten, der fortan die jeweilige Herrscherkrone zierte.

Das Leben ging weiter, die Zeiten veränderten Land und Leute, wie der Wind den Wüstensand …

Fünf Jahre war es bereits her, dass seine Stiefmutter, Königin Anya, zusammen mit seinem Vater tödlich verunglückte und Zakari den Thron von Calista bestiegen hatte. Und jetzt, nach König Aegeus’ unerwartetem Tod, war die Zeit reif für einen Machtwechsel, der beide Inseln betraf, denn ohne die in Aristo verschwundene Hälfte des Stefani-Diamanten konnte dort keine Krönung stattfinden.

Prinz Alex und das gesamte Königshaus Karedes hatten zwar versucht, das Geheimnis um den verschollenen Stein zu bewahren, aber das war natürlich unmöglich gewesen.

Brütend saß Zakari im heißen Wüstensand und versuchte, sich auf die Lösung zu konzentrieren, nachdem er sich schon tagelang … nein, bereits seit Wochen ohne Ergebnis das Hirn zermartert hatte. Aber auch weitere Stunden verbissener Grübelei brachten ihn seinem Ziel nicht näher.

Er seufzte. Inzwischen war Zakari sogar froh, dem Drängen seines Leibdieners nachgegeben zu haben, wenigstens in der zweiten Woche der selbstgewählten Klausur seine Haushälterin einfliegen zu lassen. Wenn er nach Sonnenuntergang in sein Zelt zurückkehrte, sollte Christobel ihn bereits dort erwarten. Sie war ein hübsches, williges Ding und würde in der Nacht für seine Entspannung sorgen, damit er sich tagsüber voll und ganz darauf konzentrieren konnte, die Zukunft seines Volkes zu sichern.

Zakari schloss die Augen und dachte an die Menschen, die er vor dem verschwenderisch-dekadenten Lebensstil der Nachbarinsel schützen wollte, ebenso wie die Diamantminen, auf die das Königreich Aristo nur zu gern die gierigen Finger gelegt hätte.

Der Wind frischte auf, und eine unvorhergesehene Bö trieb ihm heißen Sand ins Gesicht, doch Zakari blieb davon unbeeindruckt sitzen.

Nicht mehr lange, und er würde Rache dafür üben können, was Aegeus seiner Schwester Anya – Zakaris geliebter Stiefmutter – vor vielen Jahren angetan hatte …

Um seine herben Lippen geisterte ein Lächeln. Zakari hatte das Gefühl, die Vergeltung sei so nah, dass er sogar glaubte, sie bereits schmecken zu können.

Effie reckte nervös den Hals, um einen letzten, sehnsüchtigen Blick auf den Palast erhaschen zu können, ehe der Helikopter sich in die Lüfte hob.

Es war später Nachmittag, und dies war ihr erster Flug in einem Hubschrauber. Doch es war nicht die Angst vorm Fliegen, die sie zittern ließ, sondern das, was sie erwartete, wenn sie ihren Zielort erreichte. Die letzten Stunden hatte sie an nichts anderes denken können.

Es fing bereits am Vormittag mit dem Getuschel um Christobel an, die offenbar Hals über Kopf mit ihrem Geliebten davongelaufen war. In den zwei Jahren, die Effie im Palast arbeitete, hatte sie Christobel als junge Frau kennengelernt, die zwar außerordentlich hübsch war, aber ansonsten weder durch besonders hohen Arbeitseinsatz noch durch Fleiß auffiel. Warum ausgerechnet sie die persönliche Hauswirtschafterin des Königs war, konnte Effie sich beim besten Willen nicht erklären.

Seit Christobels Flucht am späten Morgen bemerkt worden war, tuschelten und kicherten die anderen Angestellten hinter vorgehaltener Hand. Doch dann kam die Nachricht, dass König Zakari ausgerechnet heute seine Haushälterin in der Wüste erwartete, und eine hektische Suche nach einem adäquaten Ersatz begann. Wie sich herausstellte, hatten zwei der älteren weiblichen Bediensteten ihre freien Tage, eine andere war schwanger, eine weitere hatte ein krankes Kind zu Hause, sodass die Wahl zu Effies Entsetzen schließlich auf sie fiel.

Da ihre Mutter tot war und sie auch keine weiteren Verwandten in Calista hatte, die auf sie angewiesen sein könnten, gab es keinen Grund, warum sie unbedingt in Calista bleiben müsste. Außer vielleicht ein Mangel an Erfahrung im direkten Umgang mit Mitgliedern des Königshauses.

Effie war eines der Dienstmädchen im niedrigsten Rang, und ihre Aufgaben führten sie nur selten in den offiziellen Teil des Palastes.

„Für unseren König ist kein Aufwand zu groß“, erklärte ihr die alte Fatma streng. „In der Zeit, die du bei ihm in der Wüste verbringst, bist du Tag und Nacht im Dienst, hast du verstanden?“

„Natürlich.“

„Der König wünschte für die erste Woche keinen Kontakt zum Palast und keine Dienstboten um sich. Angesichts der angespannten Lage im Land wollte er eine Zeit der Ruhe und Besinnung haben. Für die zweite Woche war geplant, dass Christobel ihm die Mahlzeiten bereitet und sich um alles Weitere kümmert …“

Effie wusste sehr wohl um die augenblickliche Nervosität und Unsicherheit innerhalb der Bevölkerung und verstand den Wunsch ihres Herrschers.

Seit König Aegeus’ Tod munkelte man von einem Skandal, der mit dem Königshaus in Aristo in Zusammenhang stand. Aber auch in Calista hatten sich in der letzten Zeit zumindest mittlere Dramen im Umfeld des Palastes abgespielt. König Zakaris Braut, die ihm von Kindesbeinen an versprochen war, heiratete zu aller Entsetzen überraschend seinen Bruder, Prinz Aarif, während ein anderer Bruder, Prinz Kaliq, sich ein ehemaliges Stallmädchen als Frau fürs Leben auserkor.

Fatma hat recht, dachte Effie in einem Anflug von Mitgefühl, König Zakari war wirklich in keiner beneidenswerten Lage.

„Wie gesagt, er verlangt strikte Abgeschiedenheit ohne die geringste Störung. Also komm nicht auf die Idee, zu versuchen, seine Meinung zu ändern, wenn du dort bist.“

„Und was ist, wenn der König krank werden sollte?“, fragte Effie ängstlich.

Die alte Dienstbotin seufzte. „Das ist natürlich ein Risiko, aber König Zakari kennt die Gefahren und Tücken der Wüste besser als jeder andere. Er wird schon selbst wissen, was in einem solchen Fall zu tun ist. Momentan will er eben allein in der Einöde sein, und was der König will, das bekommt er …“

Fatma bedachte die junge Palastangestellte mit einem schwachen Lächeln. Kompromiss war jedenfalls ein Wort, das im Sprachgebrauch ihres Herrschers nicht vorkam. „Nächste Woche wirst du vom gleichen Helikopter wieder abgeholt, der dich heute hinfliegt. Bis dahin gibt es nur den König und dich in der Wüste.“

„Ich verspreche, hart zu arbeiten.“

„Und erspar ihm dein Geschnatter!“

„Er wird nicht einmal bemerken, dass ich da bin“, versicherte Effie.

Mit gewohnter Strenge, aber gemildert durch aufrichtige Besorgnis, schaute Fatma in Effies hübsches Gesicht mit den klaren blauen Augen. Ein schlichtes Oval, umrahmt von dunklen tanzenden Locken.

„Dies sind turbulente Zeiten, Effie. Unser König wird viel Weisheit brauchen, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. So gering dir deine Rolle dabei vorkommen mag, unterschätze sie nicht. Unsere Aufgabe ist es, alles von ihm fernzuhalten, was seine Konzentration stören könnte, und für eine Atmosphäre zu sorgen, in der er sich absolut entspannen kann.“

Effie schien noch ganz erschlagen von dieser ernsten Ansprache, da klatschte Fatma auch schon in die Hände und gebot, ihr zu folgen.

„So, wir haben keine Zeit zu verlieren. Christobel hätte seit über einer halben Stunde auf dem Weg sein sollen.“

„Aber ich muss doch noch packen …“

„Dazu ist keine Zeit.“ Die alte Dienerin scheuchte Effie durch die langen Korridore, wobei sie Christobels bereits gepackten türkisfarbenen Rollkoffer hinter sich herzog. „Du wirst mit Christobels Sachen zurechtkommen müssen.“

Effie versuchte anzumerken, dass sie deutlich üppiger als ihre gertenschlanke Kollegin war, doch ihr Protest wurde einfach zur Seite gewischt. „Das ist egal. Der Wind nimmt zu. Wenn der Helikopter nicht gleich startet, werdet ihr heute womöglich gar nicht mehr fliegen können. Und einen König lässt man nicht warten!“

Die gepflegten grünen Rasenflächen um den Palast, der am Rande der Wüste lag, waren das einzige sichtbare Zeichen für Zakaris immensen Reichtum.

Gerade die auf der Rückseite liegenden Räume, in denen Effie meist zu tun hatte, boten atemberaubende Ausblicke über das saftige Grün hinweg, hinaus in die Weite der Wüste. Eine Sicht, die sie immer wieder faszinierte. Aber von oben betrachtet, wie jetzt aus dem Helikopter, war es noch etwas ganz anderes. Ihre Magennerven flatterten, teils vor Nervosität, teils vor unbestimmter Vorfreude.

Von allen Angehörigen des Königshauses, angefangen bei den Prinzen, bis hin zu ihren zahlreichen Cousins, war es immer Zakari gewesen, der Effies Fantasie am meisten gereizt und beschäftigt hatte. Ab und zu erspähte sie ihn während ihres Arbeitstages im Palast, und ganz gleich, ob er eine prunkvolle Uniform oder arabische Gewänder trug, in ihren Augen sah er immer spektakulär aus. Aber nie besser als in moderner europäischer Kleidung.

Wie ein richtiger Filmstar. Und wenn er lächelte …

Natürlich hatte sein Lächeln nicht ihr gegolten. Aber eines Morgens, als sie mit einem Stapel frischer Bettwäsche auf dem Arm durch die endlosen Gänge des Palastes zu den entlegenen Gästeschlafräumen eilte, um sie für die bevorstehende Hochzeit von Prinz Kaliq vorzubereiten, kam König Zakari ihr an der Seite seines Bruders entgegen. Erschrocken hatte Effie sich dicht an die Wand gedrückt.

Kaliq, der bis zu seiner Verlobung als notorischer Playboy galt, musste irgendetwas Witziges erzählt haben, weil sich Zakaris harte Züge plötzlich in einem breiten Lächeln entspannten, das Effie derart den Atem raubte, dass sie sogar vergaß, den Blick zu senken und in den obligatorischen Hofknicks zu versinken.

Nicht, dass ihr König es überhaupt bemerkt hätte.

Aber nach diesem kleinen Zwischenfall konnte Effie endlich verstehen, woher sein Ruf als Womanizer rührte. In ihrem Fall hatte es nur eines Lächelns bedurft, um ihr Herz zu gewinnen. Und nun würde sie eine ganze Woche mit ihm verbringen. In der Wüste mit einem launischen, strengen Gebieter allein zu sein, wäre bestimmt nicht nach jedermanns Geschmack, doch Effie nahm ihre Arbeit sehr ernst, und hier bot sich ihr die einmalige Chance, genau dies zu beweisen. Indem sie den König, den sie anbetete, entlastete, half sie indirekt sogar noch dem Volk von Calista.

Gleich nach der Landung warf der Pilot Effie und ihren Koffer förmlich aus dem Helikopter, um sofort wieder zu starten, ehe es noch stürmischer wurde. Die heiße Wüstenluft war so trocken, dass es richtig schmerzte, als Effie ihre Lungen mit einem tiefen Atemzug füllte. Der leichte Schal über Mund und Nase, den sie wegen des feinen Sandes trug, der durch den warmen Wind aufgewirbelt wurde, bot leider keinen Schutz für ihre Augen.

Also beugte sie den Kopf so tief wie möglich und rannte unter den Rotorblättern weg, bis sie sich einigermaßen sicher fühlte. Schon der kurze Sprint in der sengenden Hitze hatte sie völlig erschöpft. Auch nachdem der Helikopter in den Himmel aufgestiegen war, legte sich der Sand, den er noch zusätzlich aufgewirbelt hatte, kaum, weil der Wind immer stärker wurde. Wie betäubt nahm Effie die endlose Weite in sich auf, die nur am Horizont von einer ockerfarbenen Gebirgskette begrenzt wurde.

Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie einsam und weit weg von jeglicher Zivilisation sie die nächsten Tage leben würde.

Aufgewachsen in einem der ärmeren Viertel von Calista, hatte sie den größten Teil ihres Lebens damit zugebracht, ihre kränkliche Mutter zu pflegen. Allein deshalb war sie niemand, der Arbeit und Verantwortung scheute, doch als sie König Zakaris Zelt betrachtete, das trotz seiner imposanten Größe wie ein winziges Sandkorn in der weiten Wüste wirkte, klopfte ihr Herz aus Angst vor dem Unbekannten bis zum Hals.

Man hatte ihr gesagt, dass er meist am Morgen verschwinde und irgendwann gegen Abend zurückkehre, also erwartete sie nicht, persönlich von ihm begrüßt zu werden. Wenn er sich an seine Gewohnheit hielt, hatte sie noch ein, zwei Stunden, um hier alles zu erkunden.

Am besten, ich fange gleich an, sagte sie sich und versuchte, einen Plan zu fassen. Bis König Zakari zurückkam, wollte sie sich mit allen Gegebenheiten vertraut gemacht haben. Schnell fand sie heraus, dass die Räder von Christobels Koffer im Sand blockierten, also hob sie das schwere Gepäckstück an und schleppte es zu ihrer neuen Bleibe.

Unter ihren Achseln bildeten sich feuchte Flecken, und ihr Gesicht brannte. Am besten, sie gönnte sich zuallererst einen erfrischenden Schluck Wasser … aber dann würde sie gleich loslegen! Im Zelt war es dunkel und angenehm kühl, stellte Effie fest, als sie die Stoffbahn am Eingang zurückschlug. Vorsichtig trat sie ein und zog ihre Schuhe aus. Ihre Augen brauchten einen Moment, um sich ans Dämmerlicht zu gewöhnen. Das Heulen des Windes hörte sich richtig unheimlich an, während sie den Koffer abstellte und umherging, um alles zu inspizieren.

Der Boden war komplett mit dicken Teppichen ausgelegt, die sich weich und angenehm unter ihren nackten Füßen anfühlten. Sie ließen das Zeltinnere weniger kahl wirken, und machten es trotz der beeindruckenden Größe irgendwie gemütlich, fast intim. Dazu trugen auch die niedrigen ornamentierten Tische bei, um die dicke Samt- und Satinkissen in allen Regenbogenfarben drapiert waren.

Am liebsten hätte Effie sich einfach auf den weichen Berg fallen lassen. Doch, wie sie schnell sah, gab es eine Menge für sie zu tun! Überall standen hübsche, juwelenbesetzte Teller, Platten und Krüge herum, alle überzogen mit einer feinen Schicht Sand, der durch unsichtbare Ritzen ins Zelt gedrungen sein musste.

In der Küchenecke stellte Effie mit Erleichterung fest, dass der Wohlstand des Königs ihm glücklicherweise erlaubte, auch mitten in der Wüste nicht auf einen Eisschrank mit angeschlossenem Dispenser zu verzichten, aus dem sie sich ein Glas kaltes Wasser genehmigte. Mit einer weiteren Portion Wasser kühlte sie sich Handgelenke und Gesicht.

Dann starrte sie fasziniert ins Kühlschrankinnere. Selbst wenn der Helikopter erst in einem Jahr wiederkäme, würden sie nicht verhungern müssen!

Gleich hinter der Küche befand sich offenbar das Dienstbotenquartier. Kleine, durch Stoffvorhänge abgeteilte Nischen, die alles boten, was man brauchte – ein schlichtes, aber bequem wirkendes Bett und eine Truhe für ihre Garderobe.

Effie war überwältigt. Wenn König Zakari tatsächlich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang in der Wüste unterwegs war und sie das Zelt in Ordnung gebracht hatte – was ihr inzwischen, verglichen mit der Arbeit im Palast, wie ein Klacks erschien – konnte sie die Woche in der Wüste fast wie einen Urlaub betrachten! Ein ganz neues und völlig ungewohntes Gefühl, auf das sie sich sehr freute.

Lächelnd schleppte Effie Christobels Gepäck in ihre Bettnische und packte als Erstes ihr Putzzeug aus, das sie noch in aller Eile zusammengerafft und obenauf in den Koffer gestopft hatte. Am besten, sie fing mit König Zakaris Schlafzimmer an … neue Laken aufziehen, das Bett machen und dann einen würzigen Tee kochen. Wenn er von seinem Wüstenausflug heimkam, sollte er es nicht bedauern müssen, sie statt Christobel hier zu haben. Schnell würde er sehen, dass sie härter und besser arbeiten konnte als seine bisherige Haushälterin …

Zakari wurde zunehmend ungeduldiger. Er wusste, dass Christobel längst hier war, doch warum kam sie nicht gleich zu ihm?

Genervt von dem immer stärker werdenden Wind, war er früher als gewohnt zurückgekehrt, und gönnte sich genussvoll ein entspannendes Bad, dankbar dafür, dass seine Stellung und sein Reichtum ihm einen derartigen Luxus ermöglichten. Das war es, was die Wüste einen lehrte, dachte er versonnen, sie machte einem wieder die kleinen Freuden des Lebens bewusst, die man ansonsten für selbstverständlich nahm.

Zum Beispiel Sex, was für Zakari allerdings nicht unter kleiner Freude rangierte. Er rauchte nicht, er trank nicht und verachtete jede Art von Glücksspiel. Sein sportgestählter Körper war in fantastischer Kondition, und außer seiner Liebe zu Pferden und seiner Begeisterung fürs Polospiel gab es nur noch eine weitere Passion: Frauen – sie waren seine einzige Schwäche.

Und ein kalkulierter, sicherer Gewinn, anders als beim Pokern. Da Zakari in seiner Stellung als König naturgemäß das beste Blatt in der Hand hielt, konnte er gar nicht verlieren. Er war und würde immer der Gewinner sein.

Eine einzige Frau war seinem Charme nicht erlegen – Prinzessin Kalila Zadar, die sein Vater lange als passende Braut für ihn angesehen hatte. Da auch die Bevölkerung der Ansicht war, dass sich ihr König mit siebenunddreißig Jahren durchaus im richtigen Alter befand, sich zu verheiraten und Thronerben zu zeugen, hatte er dem Druck nachgegeben und Hassan beauftragt, alles für die lang erwartete königliche Hochzeit in die Wege zu leiten und vorzubereiten.

Er selbst musste sich um den verschwundenen Stefani-Diamanten kümmern, deshalb sandte er seinen Bruder, Scheich Aarif, nach Zaraq – dem kleinen Königreich, das an Hadiya, die ursprüngliche Heimat der Al’Farisis, grenzte –, um seine Braut nach Calista zu holen. Doch Aarif und Kalila verliebten sich gegen ihren Willen Hals über Kopf ineinander. Zunächst versuchten sie erfolglos, ihre Gefühle zu verdrängen. Als Aarif seinem Bruder dann schließlich gestand, dass er dessen Braut liebe, reagierte Zakari anders als erwartet.

Er war irgendwie sogar erleichtert und froh darüber gewesen, seinen eher schwermütigen Bruder endlich einmal glücklich zu sehen. Kalila hätte zwar eine perfekte Königin abgegeben, aber als er sie nach all den Jahren wiedersah, hatte er nicht einen Funken Begehren verspürt. Höchstens eine Spur Neid auf eine derart liebevolle und enge Beziehung, wie Aarif und Kalila sie jetzt führten. Je selbst so etwas zu erleben, hielt Zakari für eher unwahrscheinlich. Für ihn war die Ehe nicht eine Sache des Herzens, sondern des Verstandes und der Tradition. Er war immerhin der König!

Aber heute Nacht wollte er nur Mann sein.

Zakari hatte sich seit Tagen nicht rasiert. Das tat er nie, wenn er in der Wüste war. Christobel brauchte er nicht zu beeindrucken.

Als er vorhin den Helikopter gehört hatte, war Zakari aus der Wanne gestiegen, hatte nach einem Handtuch gegriffen und war nackt durch sein Wüstenheim gewandert. Dabei trocknete er sich ab und fühlte sich ausgesprochen wohl in seiner Haut. Nachdem der Hubschrauber endlich gelandet gewesen war, schaute er kurz aus dem Zelt. Der aufziehende Sandsturm trübte die Sicht, doch sobald Zakari Christobels türkisfarbenen Koffer erspähte, verhärtete sich sein Körper in Erwartung des bevorstehenden Abends.

Zufrieden zog er sich in sein Schlafgemach zurück. Ein König lief nicht hinaus und begrüßte seine Haushälterin. Sie würde sehr bald zu ihm kommen …

Kurzfristig überlegte er, sich anzuziehen, ließ es dann aber. Warum auch? Eine Woche lang hatte er keinen Sex gehabt, und jetzt, da die Erfüllung so nah war, drohte sein Verlangen ihn zu überwältigen. Christobel würde ihn wenigstens nicht mit sinnlosem Geschnatter belästigen wie viele ihrer Geschlechtsgenossinnen oder ein romantisches Techtelmechtel erwarten. Sie wusste genau, warum sie hier war.

Zakari schloss die Augen und lächelte in sich hinein … wie sie ihn anlächeln würde, wenn sie eintrat und ihn so hier liegen sah …

Während er an ihre magischen Hände und weichen Lippen dachte, beschleunigte sich sein Pulsschlag. Er hörte sie im Zelt umhergehen, spürte, wie sein Mund trocken wurde, und wartete fast atemlos auf ihren Eintritt. Dann endlich …

Effie war fest davon ausgegangen, König Zakari sei noch draußen in der Wüste. Als sie zu seinem Schlafgemach ging, galten ihre Aufmerksamkeit und ihre Gedanken allein der wundervollen Umgebung. Sie konnte es kaum fassen, hier mitten in der Wüste ein ähnlich prachtvolles Interieur vorzufinden wie im Palast.

Doch als Effie eintrat, stockte ihr der Atem.

Er ist schön …

Das war ihr erster Gedanke, als sie seinen kraftvollen, nackten Körper sah. Selbst die üppige, mit Juwelen besetzte Bettstatt mit den seidenen Laken und Kissen konnte da nicht mithalten. Das schwarze Haar war noch feucht vom Baden, unter der bronzefarbenen Haut zeichneten sich die wohldefinierten Muskeln ab. Seine Augen waren geschlossen, lange dichte Wimpern warfen dunkle Schatten auf hohe Wangenknochen.

Effie ließ ihre Augen langsam und fasziniert weiterwandern …

Breite Schultern, lange, muskulöse Arme, eine kräftige Brust, die in den flachen Bauch überging. Ein Bein hatte er angewinkelt, das andere lang ausgestreckt. Und dann sah Effie etwas, was sie nie hätte sehen sollen!

Wäre sie Kammerjungfer gewesen, hätte ihr so etwas vielleicht schon zuvor passieren können, aber dann hätte sie sicher ein Handtuch parat gehabt und hochgehalten oder einfach den Blick abgewendet. Doch in dieser Hinsicht fehlte ihr jede Erfahrung.

Das faszinierende Bild, das sich ihr bot, war das Erotischste, was sie in ihrem ganzen Leben gesehen hatte. Effie wusste, dass sie sich lautlos und dezent hätte zurückziehen müssen, doch ihr Körper wollte ihr nicht gehorchen.

Autor

Carol Marinelli
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