Mein Herz schlägt viel zu schnell

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Die Männer in dem exklusiven Nachtclub sind hingerissen von der aufregenden Kellnerin Matilda Hayes. Niemand ahnt, dass sie diesen Job nur angenommen hat, um den Marketingkursus, den sie tagsüber besucht, finanzieren zu können. Bisher hat sie jeden Flirtversuch erfolgreich abgeblockt - bis sie eines Abends mit Dominic Drecos ins Gespräch kommt. Seine Ausstrahlung, sein Charme - ein Traummann! Matildas Herz schlägt viel zu schnell, doch noch gelingt es ihr, stark zu bleiben. Aber der elegante Millionär gibt nicht so schnell auf - Abend für Abend sitzt er an der Bar…


  • Erscheinungstag 11.08.2019
  • Bandnummer 1
  • ISBN / Artikelnummer 9783733749897
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Auf diese Art von Club war Dominic Drecos nicht gefasst gewesen. Bisher hatte er die scheinheiligen Geschäftsleute stets verachtet, die ein glückliches Familienleben vorschützten, während sie nach Feierabend Nachtclubs besuchten, in denen sie sich bei sündhaft teuren Getränken an den Körpern schöner, fast nackter junger Frauen weideten. In solchen Clubs verkauften die Frauen ihren Körper gegen verschwenderisch zugesteckte Trinkgelder. Genau wie in diesem Lokal.

Doch er hatte sich dieser Spritztour nicht entziehen können. Sein enorm wichtiger Kunde und dessen Gefolge von zwei Wirtschaftsprüfern und drei Vorstandsvorsitzenden hatten sich nicht davon abbringen lassen.

Sie wollten London bei Nacht erleben, aber damit meinten sie nicht so sehr ein elegantes Restaurant in Knightsbridge und einen anschließenden Bummel über den Piccadilly Circus. Und sie hatten auch keinen kulturellen Theaterabend im Sinn gehabt.

„Wo, zum Teufel, soll ich sie hinführen?“, hatte er seine Sekretärin gereizt gefragt. „Sehe ich wie einer aus, der in solche Clubs geht? Und ehe Sie mir antworten, bedenken Sie, dass es Sie Ihren Job kosten könnte.“ Dabei hatte er seine fünfundfünfzigjährige Sekretärin amüsiert angelächelt. „Eigentlich darf ich ja kaum erwarten, dass Sie mir etwas empfehlen können. Gehen Sie etwa in solche Clubs?“

„Na ja, ich glaube nicht, dass sie Großmütter reinlassen, Mr. Drecks“, hatte Gloria gespielt ernsthaft erwidert. „Aber ich werde mich umhören. Irgendetwas Passendes finde ich schon.“

Er musste es ihr lassen, sie hatte tatsächlich einen Club ausfindig gemacht, in dem keine erotischen Tänze auf dem Tisch oder lebende Tiere in Käfigen vorgeführt wurden.

Wenn er sich jetzt umblickte, das unvermeidliche Glas Champagner in der Hand, war der Club eigentlich gar nicht so übel, abgesehen von der spärlichen Bekleidung der Serviererinnen. Zugegeben, die Beleuchtung war schummrig, aber am Essen hatte er nichts auszusetzen gehabt. Und was machte es schon, wenn die Getränke ein Vermögen kosteten?

Bei dem Geschäft, das er abschließen wollte, ging es um sehr viel Geld, und sein Kunde schien sich gut zu amüsieren.

Außerdem musste Dominic sich eingestehen, dass das Aufgebot attraktiver Serviererinnen, die um sie herumschwirrten, auf seine verbitterte Seele wie Manna wirkte.

Er hatte genug von bedeutungslosen Affären mit Vertreterinnen des anderen Geschlechts. Beim bloßen Gedanken an seine Exfreundin brach ihm selbst jetzt noch der kalte Schweiß aus, obwohl er seit einem halben Jahr glücklicherweise nichts mehr von ihr gehört und gesehen hatte.

Nein! Gespräche. Intime Essen in Restaurants. Theater, Geschenke, das ganze Brimborium des Umwerbens konnten ihm gestohlen bleiben.

Er zwang sich, wieder auf seinen Kunden einzugehen, stellte ihm höflich interessierte Fragen nach seiner Studienzeit in Oxford und sah heimlich auf die Uhr.

Als er aufblickte, sah er sie.

Sie stand an seinem Tisch, balancierte geschickt ihr Tablett auf der Hüfte und neigte sich leicht vor. Typischer Trick der Serviererinnen, wie er vorher bereits ironisch bemerkt hatte. Sie beugten sich vor, während sie die Bestellungen aufnahmen, und enthüllten dabei wie zufällig die Ansätze ihrer Brüste, in vielen Fällen Produkte der Schönheitschirurgie, nicht der Natur. Dabei lächelten sie aufreizend, um die Gäste dazu zu bringen, ihr Geld für teuren Champagner zu verschleudern. Und natürlich machten sie bei jeder Flasche, die sie „an den Mann“ brachten, einen gewissen Schnitt.

Diese hier versuchte es mit dem gleichen Trick, dem gleichen Lächeln, der gleichen Kopfhaltung, aber sie war ihm vorher nicht aufgefallen.

Woher war sie aufgetaucht? An ihrem Tisch hatte sie bisher noch nicht bedient, das wusste er genau. Nein, da war eine üppig geformte Brünette mit herausforderndem Blick um sie herumgetänzelt.

„Vielleicht würden die Herren gern unseren Champagner probieren?“, drängte die Blonde jetzt mit rauchiger Stimme.

Es amüsierte und überraschte Dominic selbst ein wenig, dass er sich fragte, was sie ihm sonst noch Interessantes zu bieten haben könnte.

Das wunderte ihn, denn er hatte seit Rosalind ein recht enthaltsames Leben geführt, ohne durch die zahlreichen Damen in Versuchung zu geraten, mit denen er praktisch täglich zusammentraf, durch sein hektisches gesellschaftliches Leben oder die zahllosen Geschäftsverpflichtungen.

Flüchtig musterte sie die Männerrunde und begegnete seinem Blick. Sie schien zu spüren, was er dachte, denn sie sah rasch beiseite und richtete sich etwas auf.

„Vielleicht noch zwei Flaschen?“ Sein Kunde lehnte sich zurück, die Frage kam einer Bestellung gleich. Keiner seiner Gefolgsleute würde es wagen, etwas dagegen einzuwenden, und Dominic, der es gekonnt hätte, nickte nur.

„Warum nicht?“ Es fiel ihm schwer, den Blick von der Blonden abzuwenden.

Sie sah nicht nur gut aus. Attraktive Blondinen gab es wie Sand am Meer. Irgendwie war sie ungewöhnlich, ein wenig exotisch. Ihm fiel auf, dass sie schlanker war als die anderen Serviererinnen im Club. Sie war sehr schmal gebaut, hätte fast jungenhaft gewirkt, wenn da nicht ihr Gesicht gewesen wäre, das unglaublich weiblich wirkte. Es war herzförmig – kurze, gerade Nase und große, eher mandelförmige Augen, deren Farbe Dominic wegen der gedämpften Beleuchtung nicht erkennen konnte –, und wurde von dem erstaunlichsten Haar gerahmt, das er je gesehen hatte. Im Schein der Clubbeleuchtung wirkte es vanillefarben, war ganz glatt und reichte ihr fast bis zur Taille.

Betont locker lehnte er sich im Sessel zurück, um sie besser betrachten zu können. Ihm wurde bewusst, dass er sich auch nicht besser aufführte als die lächerlichen älteren Geschäftsmänner, die er vorhin im Stillen so verächtlich abgetan hatte.

Es entging ihm nicht, dass die Blonde es vermied, in seine Richtung zu blicken. Das irritierte ihn etwas, zum einen, weil er es war, der die Rechnung für den sündhaft teuren und obendrein unnötigen Champagner bezahlen würde, den sie ihnen aufgedrängt hatte, und zum anderen, weil er es gewohnt war, dass Frauen ihn ansahen.

Also erklärte er umgänglich lächelnd: „Das ist der letzte Champagner, Schätzchen. Einige von uns müssen morgen den ganzen Tag arbeiten.“

Er merkte, wie überheblich das klang, doch irgendwie wollte er sie zwingen, ihn anzusehen.

Es muss an der langen Enthaltsamkeit liegen, dass ich mich dazu herablasse, die Aufmerksamkeit einer Nachtclubserviererin auf mich lenken zu wollen, dachte er amüsiert.

Doch es funktionierte. Sie blickte ihn an, und ihr war anzumerken, wie schwer es ihr fiel, sich höflich zu geben, obwohl sie ihm liebend gern eine eiskalte Abfuhr erteilt hätte. Wortlos begann sie, die leeren Gläser auf ihr Tablett zu stellen. Als sie nach seinem griff, beugte sie sich leicht vor, so dass sich ihm ein großzügiger Blick auf den Ansatz ihrer Brüste bot, die tatsächlich echt zu sein schienen.

Es klang wie ein tödlich warnendes Zischen, als sie ihm zuflüsterte: „Ich bin nicht Ihr Schätzchen.“ Dann richtete sie sich wieder auf, rang sich ein Lächeln ab und verschwand im Schatten.

Was fiel dem Kerl ein? Nur mühsam schaffte Mattie es, sich nicht anmerken zu lassen, wie wütend sie war.

Natürlich war ihr so etwas schon passiert. Mit gut betuchten Geschäftsleuten, denen die Augen aus dem Kopf fielen und die glaubten, sie könnten sie so vertraulich behandeln.

Doch die Erfahrung hatte sie gelehrt, dass es besser war, solche Typen einfach zu ignorieren. Sie war Serviererin, was immer ihr Aufzug – hochhackige Schuhe, kurze, spärliche Bekleidung, die nur das Nötigste verhüllte – auch signalisieren mochte. Außerdem war ihnen streng verboten, sich mit den Gästen einzulassen.

Doch ihre Kunden waren normalerweise nicht wie dieser Mann. Er hatte etwas an sich, das sie sofort alarmiert hatte, und sein herablassender Ton ihr gegenüber hatte sie – im Gegensatz zu sonst – genervt. Dabei arbeitete sie nun schon fast sieben Monate in diesem Club, lange genug, um mit zwielichtigen Typen fertig zu werden.

Aber zwielichtig hatte er eigentlich nicht gewirkt. Er sah eher zu gut aus. Doch gerade sie sollte wissen, dass auch miese Typen durchaus attraktiv sein konnten.

Mike, der ihre beiden leeren Champagnerflaschen gegen zwei volle austauschte, bemerkte ihre Verstimmung. „Was ist los, Süße?“, fragte er grinsend.

Sie lächelte schwach. „Ach, das Übliche.“

„Aha.“ Verständnisvoll riet er ihr: „Beachte ihn einfach nicht.“ Er reichte ihr saubere Champagnergläser. „Schmutzfink. Wahrscheinlich warten zu Hause eine bedauernswerte Frau und eine Schar Kinder auf ihn.“

„Hör mal, Mike, könnte Jessie den Tisch für mich übernehmen? Ich bin so etwas im Moment einfach nicht gewachsen.“ Ein fürchterlicher Krach mit Frankie, ein Kursprojekt, dessen Termin sie möglicherweise nicht einhalten konnte, waren nicht so problematisch wie die Geduld, die ihr schwierige Gäste abforderten.

„Geht leider nicht.“ Bedauernd sah Mike sie an. „Heute Abend gehts hier rund, und wir haben zwei Mädchen weniger. Nachdem Jackie einfach nach Hause gegangen ist, musstest du den Tisch doch überhaupt erst übernehmen. Dem guten Harry platzt sowieso gleich der Kragen. Wenn dir dein Leben lieb ist, nimm den Typ einfach in Kauf. Er dürfte sowieso bald gehen.“

Leichter gesagt, als getan. Mattie bahnte sich einen Weg zu dem Tisch zurück und zwang sich, locker zu erscheinen. Harry hatte etwas gegen Mädchen, die nicht strahlend und freudig bedienten. Als würde es ihnen Spaß machen, angetrunkenen, reichen Männern Getränke zu bringen, dazu auch noch in einem Aufzug, der förmlich dazu angetan war, anzügliche Bemerkungen herauszufordern.

Manchmal war ihr das alles einfach zu viel.

Doch die Bezahlung war gut. Das durfte sie nicht vergessen.

Und wo bekam sie schon so viel Geld für Nachtarbeit wie hier? Tagsüber zu arbeiten kam für sie ja nicht infrage. Da besuchte sie ihre Kurse, und in den wenigen freien Stunden, die ihr blieben, musste sie schlafen.

Nicht, dass sie dazu in letzter Zeit viel gekommen war.

Sie dachte an Frankie. Was ihn betraf, so musste sie bald etwas unternehmen. Aber wie meist, sträubte sie sich innerlich gegen die einzig vernünftige Lösung.

Der Gast schien in ein wichtiges Gespräch mit seinen Freunden vertieft zu sein, als sie an seinen Tisch zurückkehrte, und Mattie atmete auf. So warf er ihr nur einen flüchtigen Blick zu, während sie die Flasche öffnete und der Runde erneut Champagner einschenkte.

Dennoch ging der Mann ihr nicht aus dem Kopf. Wiederholt blickte sie zu ihm hinüber, obwohl sie an anderen Tischen bediente. Ihr fiel auf, dass er das Gespräch zu beherrschen schien, selbst wenn er sich zurücklehnte, mit den Fingern ungeduldig auf dem Tisch trommelte und mit der anderen Hand sein Champagnerglas drehte.

Nach und nach begannen Gäste aufzubrechen. Nun würde es nicht mehr lange dauern, bis sie sich aus dem Staub machen konnte. Sie verlor Geld, wenn sie vor dem bitteren Ende zu arbeiten aufhörte, denn dann entgingen ihr die dringend benötigten Trinkgelder von Gästen, die erst in den frühen Morgenstunden auftauchten. Doch sie brauchte ihren Schlaf, die Stunden, in denen sie Kräfte nachtanken konnte. Sicher, sie war noch jung, aber sie war nicht aus Stahl, und sie konnte nicht wie die anderen Serviererinnen bis in die Puppen schlafen.

Unauffällig beobachtete sie, wie der Champagner an dem Tisch langsam zur Neige ging. Jetzt konnte sie nur hoffen, dass die Gruppe nicht noch eine weitere Flasche bestellte, obwohl sie das zusätzliche Geld gebrauchen könnte. Mattie atmete tief durch und ging auf den Tisch zu.

Gleich zu Anfang war allen Mädchen beigebracht worden, auf eine ganz bestimmte Art zu gehen. In ihren dreiundzwanzig Lebensjahren hatte sie sich bis dahin nie überlegt, dass man auf verschiedene Weise gehen konnte, doch sie hatte schnell gelernt. Als sie sich jetzt dem Tisch näherte, wirkte ihr Gang unbewusst aufreizend, besonders weil sie so gertenschlank war.

Genüsslich verfolgte Dominic, wie sie näher kam. Sie war entschlossen, ihn nicht anzusehen, das erkannte er an der Art, wie sie die Gläser auf ihr Tablett stellte. Und sie war auch nicht daran interessiert, dass sie eine weitere Flasche bestellten, obwohl sie sich danach im gleichen rauchig verführerischen Ton wie vorher erkundigte.

„Und wohin soll ich das stecken?“, fragte er gelassen und zwang sie, ihre Aufmerksamkeit auf ihn zu lenken. Er stützte einen Ellenbogen auf den Tisch und hörte seinen Kunden hämisch amüsiert lachen, der die Geldscheine zwischen Dominics Fingern bemerkte.

Mattie hielt ihm die offene Hand hin.

„Sollte man es nicht an eine etwas intimere Stelle stecken?“

„Nein.“ Eisig lächelnd blickte Mattie ihn an und hoffte, dass Harry außer Hörweite war.

„Na gut.“ Dominic gab auf und reichte ihr sein ungewöhnlich großzügiges Trinkgeld.

Das hatte Mattie nicht erwartet. Schließlich war der Mann ein typischer aufdringlicher Gast, der glaubte, sie, eine kleine Nachtclubbedienung, von oben herab behandeln zu können. Irgendwie passte es auch nicht zu ihm, dass er sie so aufrichtig bedauernd anlächelte. Als könnte er ihre Gedanken lesen und wüsste, welchen Eindruck er bei ihr hinterlassen hatte.

Einen Moment lang war Mattie irritiert, dann schloss sie die Finger um das wohlverdiente Geld und ging davon.

Im Umkleideraum, wo sie sich ihres lächerlichen Aufzugs entledigen, die schmerzenden Füße von den drückenden Stöckeln befreien konnte, schlüpfte sie in vernünftige Jeans und Turnschuhe, die so viel bequemer waren.

„Harry, ich gehe jetzt“, erklärte sie ihrem Chef, nachdem sie sich umgezogen hatte. Er schlenderte durch den Club, um sich zu vergewissern, dass seine Gäste zufrieden waren. Wenn sie Harry nicht gemocht hätte, wäre sie längst nicht so lange geblieben. Zwar kehrte er gern den strengen Lokalbesitzer heraus, aber er mochte die Mädchen, die für ihn arbeiteten, und behandelte sie nett und achtungsvoll.

„Du lässt mich im Stich, Mattie“, murrte er. „Drei Mädchen weniger. Was ist übrigens mit Jackie? Du bist doch für sie eingesprungen. Hat sie dir gesagt, warum sie nach Hause gegangen ist? Einfach zu verschwinden und mich hängen zu lassen.“

„Sie fühlte sich nicht gut. Übermüdet, glaube ich.“ Schwanger, dachte Mattie und fragte sich, wie Harry das aufnehmen würde.

„Willst du nicht noch ein bisschen bleiben, dir ein paar Extradollar verdienen, Mats?“

„Und noch weniger schlafen als jetzt?“

„Lass deine Kurse sausen“, brummelte Harry. „Marketing. Pah! Aber na gut, wenn du dein Diplom hast, oder mit was immer das College dich geködert hat, kannst du wieder hier anfangen und mir helfen, den Club zu schmeißen. Also geh schon. Es ist nicht gut, wenn die Gäste ihr Glamourmädchen in Jeans und Turnschuhen sehen.“

Mattie lachte. „Nein. Besser, sie denken, ich laufe immer nur in knappen Fähnchen und Stöckeln herum.“

Zielstrebig ging sie auf den Clubausgang zu.

Dominic hatte seine Jacke übergezogen und stand neben dem Garderobenraum, wo er die überschwänglichen Dankesbezeigungen seiner Gäste über sich ergehen ließ, die den Abend offensichtlich genossen hatten. Fast hätte er die schlanke Blondine nicht wieder erkannt, die in eine Jacke gehüllt den Club verließ.

Unter normalen Umständen hätte er sich nicht dazu verleiten lassen, ihr zu folgen und sie einzuholen, um mit ihr zu sprechen. Doch im Nachtclub war ihm bewusst geworden, dass es auf der Welt genug lebenslustige Frauen gab, die nichts gegen eine unverbindliche, kurze Affäre hatten. Wunderschöne, unkomplizierte Wesen, denn sonst würden sie bestimmt nicht in so einem Vergnügungspalast arbeiten. Und ganz sicher gehörten sie nicht zu den eingebildeten Damen der Gesellschaft wie seine Exfreundin, die ihn gründlich von jedem Gedanken an eine ernsthafte Beziehung kuriert hatte.

Ungeduldig verabschiedete er sich von seinen Kunden, dabei ließ er die schlanke Gestalt nicht aus den Augen, die die dunkle Straße entlangeilte, auf eine Eckbiegung zu.

Jetzt galt es, schnell zu handeln. Er nahm sich nicht mehr die Zeit, sich zu fragen, was er eigentlich bezweckte, sondern lief ihr einfach nach. Als sie gerade eine Straße überqueren wollte, holte er sie ein und hielt sie am Arm zurück.

Blitzschnell wirbelte Mattie herum. Obwohl es bereits weit nach Mitternacht war, herrschte auf den Straßen noch Hochbetrieb, auch für die Verbrecherwelt. Zu dieser späten Stunde beeilten die Leute sich, Busse oder Taxis zu erwischen. Sie trugen die Brieftaschen etwas zu leichtsinnig in der Tasche, und der erhöhte Alkoholspiegel im Blut machte es ihnen so gut wie unmöglich, einem flüchtenden Räuber nachzuspurten.

„Sie!“ Im ersten Moment sah sie ihn überrascht an, dann kniff sie empört die Augen zusammen.

Eine verständliche Reaktion, dachte Dominic und ließ sie los, dann trat er einen Schritt zurück.

„Was, zum Teufel, soll das? Steigen sie mir nach?“ Bisher hatte sie ihn nur sitzend gesehen. Nun stellte sie fest, dass er ein Hüne war. Sicher weit über einen Meter achtzig groß. Er überragte sie um einiges, und mit einem Meter siebzig war sie nicht gerade eine Zwergin. Auch kräftemäßig musste er ihr weit überlegen sein, wie sie jetzt aus der Nähe feststellte. Sie spürte, dass sich unter der gut geschnittenen Jacke ein athletischer Körper verbarg.

„Wenn ich Harry davon erzähle, reißt er Ihnen den Kopf ab!“ Ihr war klar, dass keiner, nicht mal einer von Harrys schlagkräftigen Rausschmeißern, diesem Mann den Kopf abreißen könnte. Und er schien das auch zu wissen, denn er sah sie ungläubig an.

„Ich nehme Trinkgelder von Gästen an, Mister, aber mehr läuft da nicht.“ Im Weitergehen drehte sie sich kurz um und stellte fest, dass er ihr wieder folgte. Aber „folgen“ war wohl nicht die richtige Bezeichnung, er fiel einfach neben ihr in Schritt, so dass sie die Straße gemeinsam überquerten. Auf der anderen Seite blieb Mattie stehen und blickte ihn wütend an.

„Typen wie Sie kenne ich!“, schleuderte sie ihm entgegen. „Und ich darf Ihnen verraten, dass ich sie widerlich finde.“

„Typen wie mich?“ Amüsiert stellte Dominic fest, dass die hitzige Blondine ihn gar nicht zu Wort kommen ließ. Empört stand sie da, die Hände in die Jackentaschen geschoben, und zog jetzt eine Hand heraus, um sich das ungewöhnlich blonde Haar aus dem Gesicht zu streichen.

Er war ihr nachgegangen, weil etwas an ihr ihn berührt hatte. Sehr berührt sogar. Und er hatte sich bei ihr für sein unmögliches Verhalten im Club entschuldigen wollen, das sie zu recht angewidert hatte.

Doch ihr scharfer Angriff hatte ihn herausgefordert, und er verlor die Beherrschung, um die es auch sonst nicht immer zum Besten bestellt war.

„Typen wie mich?“, fuhr er sie in einem Ton an, der schon so manchen mächtigen Geschäftskonkurrenten hatte Deckung suchen lassen. Bei ihr schien seine heftige Reaktion jedoch keinerlei Wirkung zu zeigen.

„Ja, Typen wie Sie!“ Es erstaunte Mattie selbst, dass ihr die Sache Spaß zu machen begann. Der erste Schock, den Typ aus dem Club plötzlich vor sich zu haben, die Furcht, er könnte sie aus einem ganz bestimmten Grund verfolgen, hatten sich gelegt. Dieser Mann mochte ein lästiger, arroganter, aufgeblasener Kerl sein, aber er würde sie nicht in eine dunkle Gasse schieben, um sie zu überfallen.

Also brauchte sie sich keinen Zwang anzutun und konnte ihn anschreien. Das tat ihr sogar richtig gut. So hatte sie ihrem Herzen lange nicht mehr Luft gemacht, obwohl sich in ihr viel aufgestaut hatte. Statt sich in ihrem Privatleben von Frankie King alles gefallen zu lassen, hätte sie ihm gehörig die Meinung sagen müssen. Endlich konnte sie bei diesem Mann einmal richtig Dampf ablassen, obwohl ihr Zorn den Falschen traf.

„Traurige Versager mit zu viel Geld, die sich am Anblick hübscher junger Frauen aufheizen. O ja, ich kenne euch Typen. Wir alle kennen euch. Ihr wollt nichts von einem, nur gaffen, der Fantasie mal so richtig die Zügel schießen lassen, um dann wieder brav nach Hause zu euren bedauernswerten Frauen und Kindern zurückzukehren!“

„Wie bitte?“ Dominic musste sich eingestehen, dass er mit so einem Gegenangriff nicht gerechnet hatte. Wütend sah sie ihn an, die schönen Züge verächtlich verzogen …, und er begann schallend zu lachen.

Zornig drehte sie sich um und ging davon, obwohl sie wusste, dass er sie erneut einholen würde.

„Sie fahren zu dieser späten Stunde doch nicht etwa mit der U-Bahn nach Hause?“, fragte er, als er sah, wohin sie ging.

„Verschwinden Sie … Sie Lüstling.“

Das konnte er nicht auf sich sitzen lassen. Er verstellte ihr den Weg und beobachtete, wie sie mit sich kämpfte, ob sie einfach um ihn herumgehen sollte, dann schien sie zu erkennen, dass es ihr nicht gelingen würde.

„Ich denke nicht daran“, sagte er kalt.

„Sie belästigen mich, und wenn Sie nicht sofort verschwinden, schreie ich so laut, dass die Polizisten im Umkreis von sechs Kilometern angerast kommen, um zu sehen, was los ist!“

„Ist das wieder so eine Drohung wie die mit Harry – wer immer das sein mag –, dass ich Sie verfolgt hätte und dass er einen seiner Muskelmänner schickt, um mir eine Lektion zu erteilen?“

„Gehen Sie mir aus dem Weg.“ Mattie fiel es schwer zu atmen. Der Mann überragte sie um einiges, und seine überschatteten Züge wirkten hart und entschlossen.

„Ich mag es nicht, ‚Lüstling‘ genannt zu werden.“

„Es ist mir egal, was Sie mögen oder nicht.“ Dennoch fühlte sie sich wegen der Beleidigung, die sie ihm an den Kopf geworfen hatte, etwas schuldbewusst. Dann sagte sie sich, dass sie nur einen gut aussehenden Kerl mit einer schmutzigen Fantasie vor sich hatte. Warum hätte er sie sonst bis zur Untergrundbahn verfolgen sollen?

„Für Sie sind also alle Männer, die Sie in Ihrem Club sehen, Lüstlinge?“

„Hören Sie, ich will nach Hause. Es ist spät, und ich habe es nicht nötig, meine Zeit damit zu vergeuden, mich mit Ihnen auseinanderzusetzen. Also lassen Sie mich in Ruhe.“

„Warum nehmen Sie sich nicht ein Taxi nach Hause?“

„Es geht Sie zwar nichts an, aber diesen Luxus kann ich mir nicht leisten. Wenn ich mit dem Taxi hierhin und dorthin kutschieren könnte, würde ich wohl kaum in einem Nachtclub arbeiten.“

„Wir sind nicht hier oder dort, sondern mitten in der Nacht mitten in London, und in der U-Bahn ist man nicht sicher.“ Das glaubte er jedenfalls. Natürlich nahm er selbst nur höchst selten die Untergrundbahn. Er hatte einen Chauffeur, so dass er auf dem Rücksitz arbeiten konnte, und wenn er auf George verzichtete, fuhr er selbst.

„Sie müssen’s ja wissen“, höhnte die Blonde, die zu spüren schien, was er dachte. „Wann sind Sie denn das letzte Mal mit der U-Bahn gefahren?“

Sie lachte verächtlich, und die Vernunft riet Dominic, sie in Ruhe zu lassen.

„Zufällig will ich auch gerade zur U-Bahn“, hörte er sich sagen.

„Sie lügen.“

„Ich bin also ein Lügner und Lüstling?“

Sekundenlang sah sie ihn schweigend an, dann ging sie um ihn herum und schritt entschlossen auf den beleuchteten Eingang der U-Bahn-Station zu.

Wieder fiel Dominic neben ihr in Schritt.

Warum, zum Teufel, tue ich das? fragte er sich. Es sollte ihm doch gleichgültig sein, was eine Nachtclubserviererin von ihm dachte, mochte sie noch so aufregend aussehen. Mit vierunddreißig sollte er über so etwas eigentlich erhaben sein.

Dennoch ging er weiter neben ihr her, obwohl er spürte, wie wütend sie war. Aus dem Augenwinkel registrierte er ihre stolze Kopfhaltung, die Art, wie sie die Hände fest in die Jackentaschen geschoben hatte, die abgetragene Umhängetasche, die sie locker über der Schulter trug.

„Leben Sie wohl.“ Mattie drehte sich zu ihm um, sobald sie an der Station angekommen waren, die zu dieser frühen Morgenstunde wie eine Geisterstadt anmutete.

Zum ersten Mal sah sie ihn bei Licht. Bis jetzt hatte sie ihn für einen gut aussehenden Typ gehalten, ähnlich dem, der jetzt vermutlich mit einer leeren Whiskyflasche neben sich auf dem abgewetzten Wohnzimmersofa auf sie wartete und seinen Rausch ausschlief. Doch nun wurde ihr bewusst, dass dieser Fremde mehr als gut aussehend war.

Dieser Mann, der es nicht einmal für nötig gehalten hatte, sich vorzustellen – über solche Feinheiten war er natürlich erhaben, erst recht, da er nur Spaß bei einer Frau suchte, die leicht zu haben war –, sah einfach atemberaubend aus.

Leicht olivfarbene Haut, kurzes dunkles Haar, Augen so dunkel wie die Nacht und Züge, so vollkommen, dass sie von einem Meister geschaffen zu sein schienen.

„An welcher Haltestelle steigen Sie aus?“

„Nicht an Ihrer“, erwiderte Mattie übertrieben liebenswürdig und wandte sich ab, um Münzen in den Fahrkartenautomaten zu werfen. Sie achtete stets darauf, das Wechselgeld griffbereit zu halten, wenn sie zur Station kam. Erst lange in der Tasche suchen zu müssen konnte gefährlich werden.

„Woher wollen Sie das wissen?“

„Weil ich Augen im Kopf habe.“ Bedeutsam ließ sie den Blick über seine elegante Kleidung, die handgearbeiteten Schuhe, die goldene Uhr an seinem Handgelenk gleiten.

„Ich bringe Sie nach Hause“, erklärte er sachlich. Etwas an dieser Frau brachte ihn dazu, sich um ihre Sicherheit zu sorgen – vielleicht ihre rebellische Art. „Wir steigen also doch beide an derselben Station aus. Und, keine Sorge, ich werde Sie nicht belästigen.“

„Ich brauche keine Begleitung.“

Grüne Augen. Das klarste Grün, das er je gesehen hatte. Bei der schummrigen Beleuchtung im Nachtclub hatte er sie nur undeutlich sehen können. Jetzt sah er, dass sie mandelförmige Augen hatte, Sommersprossen auf der Nase und einen vollen Mund, den sie gerade abschätzig verzog.

„Der Bahnsteig dürfte menschenleer sein. Oder vielleicht auch nicht. Vielleicht treiben sich dort Drogensüchtige und Betrunkene herum, die nur darauf warten, zu Ihnen ins Abteil zu steigen. Habe ich recht?“

„Ich finde es rührend, dass Sie sich so um mein Wohlergehen sorgen, aber ich fahre diese Strecke nachts viermal in der Woche. Da wage ich zu behaupten, dass ich gut auf mich aufpassen kann.“ Wieder betrachtete sie ihn verächtlich. „Wahrscheinlich sogar besser als Sie auf sich.“

„Sie stempeln mich schon wieder ab?“

„Hören Sie, es ist spät“, erklärte Mattie vorsichtig und zwang sich, seinem Blick standzuhalten. „Es hat mir nicht gefallen, wie Sie mich im Club angesehen haben, und noch weniger, dass Sie mir nachgestiegen sind. Deutlicher kann ich mich wohl kaum ausdrücken. Ich brauche meinen Schlaf, wenn ich morgen durchhalten will.“

„Sicher können Sie doch den ganzen Tag schlafen.“ Forschend betrachtete er ihre Züge, und sie spürte, dass ihr ganz gegen ihre Gewohnheit das Blut ins Gesicht schoss.

„Ich habe viel zu tun“, erwiderte sie abwehrend. „In dieser Welt kommt man nicht weit, wenn man nachts arbeitet und den Tag verschläft, falls Ihnen das noch nicht aufgefallen sein sollte. Und jetzt verschwinden Sie.“

Autor

Cathy Williams

Cathy Willams glaubt fest daran, dass man praktisch alles erreichen kann, wenn man nur lang und hart genug dafür arbeitet. Sie selbst ist das beste Beispiel: Bevor sie vor elf Jahren ihre erste Romance schrieb, wusste sie nur wenig über deren Inhalte und fast nichts über die verschiedenen Schreibtechniken. Aber...

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