Mit Texanern spielt man nicht!

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Colt Elliott will ihrem hoch verschuldeten Vater helfen? Von wegen! Annabelle ist überzeugt, dass der Millionär einen ganz anderen, perfiden Plan hat: Er möchte das Land ihrer Familie an sich reißen, das ihr Dad ihm als Sicherheit bietet. Das kann Annabelle auf keinen Fall zulassen! Sie will diesem Mr. Elliott anbieten, die Schulden ihres Vaters abzuarbeiten. Allerdings hat sie nicht geahnt, dass ihr berechnender Feind ein sexy Traummann ist! Sein freches Lächeln verrät, wo er sie am liebsten hätte …


  • Erscheinungstag 17.04.2018
  • Bandnummer 2024
  • ISBN / Artikelnummer 9783733720643
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Wie konnte es sein, dass ihr Vater alles verspielt hatte? Wirklich alles bis auf den letzten Cent! Seine Sucht hatte ihn ins Verderben gestürzt. Genauer gesagt: sie alle. Er hatte schon vorher vieles verspielt: den Wagen, seine Altersvorsorge, den Schmuck ihrer Mutter – bis auf ein Teil, das Annabelle versteckt hatte. Aber diesmal war er wirklich zu weit gegangen.

Als ob Annabelle Carter nicht schon genug um die Ohren gehabt hätte! Gemeinsam mit ihren süßen, sechs Monate alten Zwillingen Emily und Lucy war sie nach Stone River, Texas, zurückgekehrt, um einen Neuanfang zu wagen. Eigentlich hatte sie ihren Traum – eine Idee ihrer verstorbenen Mutter – verwirklichen wollen.

Aber nein. Stattdessen saß sie jetzt im Wagen und fuhr zur Nachbarranch, um Schadensbegrenzung zu betreiben. Sie atmete tief durch, als sie in die lange Auffahrt einbog, die von einem makellos weiß gestrichenen Zaun eingefasst war. Das von massiven Steinsäulen getragene Metallschild über der Einfahrt gab einen ersten Vorgeschmack auf den Wohlstand der Besitzer.

Bisher war sie nie auf der Pebblebrook Ranch gewesen. Sie gehörte den Elliotts, einer angesehenen Familie, die definitiv in anderen Kreisen verkehrte als die Carters. Zur Ranch gehörten gut zweitausend Hektar Land mit mehreren Gebäudekomplexen. Jedes einzelne der Wohnhäuser war mehr wert als die ganze Farm der Carters – zu dem Zeitpunkt, als noch Vieh dazugehört hatte. Das hatte ihr Vater auch verspielt. Annabelle war zwei Jahre fort gewesen und hatte in Houston gelebt. In dieser Zeit hatte er absolut alles durchgebracht.

Sie spürte heißen Zorn in sich aufsteigen. Was hätte er getan, wäre sie nicht nach Hause gekommen, um ihre eigenen Wunden zu heilen? Verbittert dachte sie daran, wie ihr Verlobter und ihre Schwester sie hintergangen hatten. Dann der Schock über den Tod der beiden. So viel Schmerz! Annabelle wusste nicht, wie sie damit fertigwerden sollte.

Und nun musste sie sich zu allem Überfluss auch noch mit Colt Elliott herumschlagen. Sie kannte den Mann nicht, hatte aber von den Elliott-Brüdern gehört. Allesamt ausgesprochen sexy und älter als sie. Wenn sie sich recht erinnerte, war Colt ein Zwilling. Waren die Zwillinge die jüngsten der Geschwister?

Nicht, dass es irgendeine Rolle gespielt hätte. Wichtig war nur, dass ihr Vater sich Geld bei Colt Elliott geliehen hatte, um den Kredit bei der Bank zu tilgen. Sonst wäre ihre Farm zwangsversteigert worden, wovon er ihr nichts erzählt hatte. Dass er sich ausgerechnet an Colt Elliott gewandt hatte! Nicht, dass ihm viele Menschen hätten helfen können, aber er hätte zuerst einmal seine Tochter fragen können. Zwar besaß sie nicht so viel Geld, hätte aber lieber Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, bevor sie sich Geld von den Elliotts geliehen hätte.

Jetzt schuldete ihr Vater Colt das Geld statt der Bank. Echt super. Der Kredit war fast getilgt gewesen, aber es hatte einfach nicht mehr gereicht. Ihr Vater hatte auch den letzten Cent noch verspielt. Er war mit Colt übereingekommen, die Schuld innerhalb von drei Monaten zu tilgen. Sollte die letzte Zahlung einen Tag zu spät kommen oder auch nur ein Cent fehlen, gehörte die Farm Colt.

Annabelle war bereit, den Part ihres Vaters zu übernehmen, denn sie weigerte sich, auch noch das Letzte zu verlieren, was ihr geblieben war. Das Zuhause ihrer Kindheit sollte nicht an eine Familie fallen, die sich wahrscheinlich den ganzen Tag mit nichts anderem beschäftigte als damit, Geldbündel zu zählen.

Zwar behauptete Annabelles Vater, Colt habe ihm geholfen, aber sie war skeptisch. Leute wie die Elliotts taten nichts aus reiner Freundlichkeit. In puncto Reichtum und Einfluss waren sie allen anderen hier in der Gegend weit überlegen. Mit ihrem Vieh erwirtschafteten sie Milliardenumsätze. Kein anderes Unternehmen erreichte auch nur annähernd diese Größenordnung. Pebblebrook war eine Art Heiligtum, zu dem Normalsterbliche keinen Zutritt hatten.

Wie auch immer – sie war hier, um herauszufinden, was Colt Elliott wirklich im Schilde führte. Sie vermutete, dass er ihr Land wollte, und das würde sie nicht zulassen. Schließlich hatte sie ihre eigenen Träume: Heirat. Geschwister für ihre Zwillinge. Ihr eigenes Bed and Breakfast. Sie hatte nicht die Absicht, das Dach über ihrem Kopf und damit ihre Zukunft zu verlieren.

Langsam näherte Annabelle sich dem dreistöckigen Haupthaus, das aus Holz und Stein gebaut war. Eine Veranda lief rund um das Erdgeschoss und den ersten Stock. Im zweiten Stock gab es zwei große Balkone. Wahrscheinlich gehörten sie zu den Schlafzimmern. Sie stellte sich vor, wie Colt auf einem dieser Balkone stand und sich wie ein Herrscher an der Weite seines Landes ergötzte.

Plötzlich kam ein Pferd um die Ecke des Stallgebäudes. Annabelle war wie gebannt. Aber es war nicht der schwarze Hengst, der ihre Aufmerksamkeit fesselte.

Was für ein Cowboy! Was für ein Oberkörper! Noch dazu nackt!

Sie mochte einiges an Herzschmerz hinter sich haben, aber sie war nicht tot. Dieser heiße Typ mit seiner gebräunten Haut war eine Augenweide, die wohl jeder Frau das Wasser im Munde hätte zusammenlaufen lassen. Wie viel Arbeit mochte in einem derart perfekten Körper stecken? Arbeit auf einer Ranch war ganz eindeutig …

Annabelle erschrak. Ihr Wagen war gegen etwas geprallt und kam abrupt zum Stehen. Erschrocken umklammerte sie das Lenkrad und schloss die Augen. Sie war abgelenkt gewesen und hatte irgendetwas angefahren … Hoffentlich keinen Menschen! Oder ein Tier!

Zögernd öffnete sie die Augen, sah aber nichts außer dem Stall und weiten Weideflächen … und einem eingeknickten Pfosten, der wohl zum Zaun gehört hatte. Sie war so fasziniert gewesen von diesem optischen Leckerbissen zu Pferde, dass sie gegen den Zaun gefahren war. Nicht die eleganteste Art, sich einzuführen!

Mit zitternden Fingern stellte Annabelle den Motor ab. Glücklicherweise hatte sie die Babys nicht dabei. Plötzlich wurde die Tür neben ihr aufgerissen.

„Alles in Ordnung?“

Der weiche Südstaatenakzent und der Anblick der nackten Brust reichten aus, um ihr für einen Moment die Sprache zu verschlagen. „Mir ist nichts passiert“, erklärte sie schließlich und schwang die Beine aus dem Wagen, um auszusteigen. Der Cowboy wich nicht zurück. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte sie seine Nähe als Ablenkung von ihrem Ex-Verlobten willkommen geheißen, aber jetzt war nicht der Moment für solche Gedanken. Sie erschauerte, als sie sah, wie er sie musterte.

„Das mit dem Zaun tut mir leid.“ Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht. „Ich bezahle die Reparatur.“

Von dem Geld, das ich nicht habe.

„Die Sonne hat mich geblendet“, fuhr sie fort. Unter gar keinen Umständen würde sie zugeben, dass es sein Oberkörper gewesen war, der sie abgelenkt hatte.

„Machen Sie sich keine Gedanken wegen des Zauns.“

Sie registrierte gern getragene Cowboystiefel, eng anliegende Jeans über schmalen Hüften … die von Schweiß glänzende Brust und seinen Stetson. Natürlich schwarz.

„Was führt Sie nach Pebblebrook?“ Fragend sah der Cowboy sie an.

Annabelle atmete tief durch. „Ich möchte Mr. Elliott sprechen. Mein Name ist Annabelle Carter. Ich lebe auf der Ranch nebenan. Ich meine, ich lebe wieder dort – ich war zwei Jahre fort.“

Der Mann lächelte leicht. „Wissen Sie, Mr. Elliott hat gerade zu tun. Kann ich Ihnen irgendwie helfen? Vielleicht mit einem Glas Tee? Sie sehen so aus, als könnten Sie eine Stärkung gebrauchen.“

Eine Teepause mit diesem optischen Leckerbissen wäre sicher verlockend, stand aber heute nicht auf ihrem Plan. Annabelle schluckte. Mr. Elliott hatte zu tun. Natürlich. Wahrscheinlich war er auf der Bank, um sich an seinem Kontostand zu weiden. Ein Mann wie Colt schuftete nicht draußen in der Hitze. Das wäre unter seiner Würde.

„Arbeiten Sie hier?“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust.

Um seine Mundwinkel zuckte es. „Ja, Ma’am.“

„Dann richten Sie Ihrem Boss bitte aus, dass ich mit ihm über die Nachbarfarm sprechen möchte. Genauer gesagt über die Vereinbarung, die er mit meinem Vater getroffen hat. Bitte sagen Sie Mr. Elliott, dass er fortan mit mir zu tun hat. Ich erwarte seinen Besuch in meinem Haus.“

Denn hier würde sie mit Sicherheit kein zweites Mal auftauchen.

Mit dem Finger tippte der Cowboy an die Krempe seines Stetson. „Ich werd’s ihm ausrichten.“ Erneut ließ er den Blick über ihre Figur gleiten und löste prickelnde Schauer in ihr aus. „Sind Sie sicher, dass Sie nichts trinken möchten? Wir könnten uns auf die Veranda setzen.“

„Nein, danke, ich habe keine Zeit.“ Davon abgesehen hatte sie Mühe, den Blick von dieser breiten Brust und dem Tattoo auf seinem rechten Oberarm zu lösen.

„Gibt es sonst noch etwas, das ich ihm sagen soll?“

„Ja“, erwiderte sie, ohne groß nachzudenken. „Richten Sie ihm aus, dass ich nicht so leicht über den Tisch zu ziehen bin wie mein Vater. Er hat vierundzwanzig Stunden Zeit, sich bei mir zu melden.“

Sonst was? Die Frage hing in der Luft, aber da Annabelle nicht wusste, was sie sonst tun würde, beließ sie es dabei. Sie hoffte, einigermaßen cool zu klingen, aber das war irgendwie schwierig in Anbetracht der Tatsache, dass sie gerade eben einen Zaun gerammt hatte.

Interessiert betrachtete der Cowboy den Schaden. Sie wollte gar nicht weiter darüber nachdenken, welche Auswirkungen die Beule auf ihre Versicherungsprämie haben würde.

„Ihr Wagen hat ganz schön was abbekommen, Ma’am.“

Er schob den Stetson ein wenig nach hinten. Das Blau seiner Augen war atemberaubend. Waren alle Cowboys hier so attraktiv, dass sie einen Kalender hätten zieren können? Die Fotoserie hätte sie sich gern übers Bett gehängt.

„Ich glaube, er passt auf die Ladefläche meines Trucks.“ Er unterdrückte ein Grinsen. „Soll ich ihn zu Ihnen nach Hause bringen?“

„Ich kann fahren, vielen Dank.“

Schnell setzte sie sich wieder ans Steuer und ließ den Motor an. Der Cowboy schloss die Tür. „Ich bin sicher, Mr. Elliott wird sich noch heute bei Ihnen melden.“

Annabelle nickte und gab Gas. Sofort wich er zurück und gewährte ihr einen letzten flüchtigen Blick auf diesen atemberaubenden Körper, den sie gern ausführlicher studiert hätte.

Sie war enttäuscht, Colt Elliott nicht angetroffen zu haben. Während der Fahrt legte sie sich zurecht, was sie ihm sagen wollte. Sie hatte genug davon, dass das Leben sie um ihre Träume betrog. Das Leben und die Männer.

Er sah dem kleinen roten Wagen nach, bis er am Ende der Auffahrt aus seinem Blickfeld verschwunden war. Annabelle Carter war scharf, keine Frage. Das leuchtend rote Haar und die blitzenden grünen Augen faszinierten ihn mehr, als ihm lieb war.

Als er um die Ecke des Stalls gebogen war, um Lightning in die Box zu bringen, hatte er den roten Wagen kurz wahrgenommen, bevor er auch schon in den Zaun gekracht war.

„Colt?“

Er drehte sich um und sah Josh, einen seiner besten Männer, auf sich zukommen.

„Ist alles in Ordnung?“ Josh war fast vierzig und arbeitete von allen auf der Ranch sicher am härtesten. Colt nickte zum Zaun hinüber. „Das hier hat oberste Priorität. Bitte Ryan, dir zu helfen. Ich bringe Lightning in die Box.“

Fast bedauerte er in diesem Moment, dass er in der vergangenen Woche einen Mann entlassen hatte, aber es war unumgänglich gewesen. Faulheit konnte er nicht akzeptieren. Dafür arbeitete er selbst zu hart. Nur weil sein Bankkonto ein paar Nullen mehr aufwies als das der meisten anderen Menschen, hieß das nicht, dass er nicht mit anpackte.

Josh nickte. „Ist alles in Ordnung mit der Lady?“

Unwillkürlich musste Colt daran denken, wie sie nach „Mr. Elliott“ gefragt hatte. Sie schien keine hohe Meinung von ihm zu haben, und er war nicht bereit gewesen, ihr zu sagen, wer er war, solange er nicht wusste, was sie wollte. Einer der Vorzüge, auf der Ranch mitzuarbeiten, war, dass man ihn für einen schlichten Cowboy halten konnte, auch wenn er der Besitzer war – zusammen mit seinen drei Brüdern.

Er bemühte sich, immer alles unter Kontrolle zu haben. Da er Annabelle in dem Glauben gelassen hatte, er sei einfach nur ein Cowboy, blieb ihm Zeit, sich zu überlegen, wie er mit der Situation umgehen sollte.

Sie sagte, sie sei auf die Ranch zurückgekehrt, und er hatte sehr wohl bemerkt, wie sie dabei seine Brust angestarrt hatte. Vielleicht war ein lockerer Flirt das Gebot der Stunde. Oder sollte er sie gar verführen?

Colt bestieg den Hengst und lenkte ihn zum Stall, während Josh sich das Werkzeug holte, um den Zaun zu reparieren. Okay, Annabelle mochte finanziell vielleicht etwas beschlagener sein als ihr Vater, aber das änderte nichts an den Tatsachen: Die Dokumente, die Neil Carter unterschrieben hatte, ohne sie durchzulesen, waren absolut legal und bindend.

Colt wollte das Land schon seit Jahren haben. Im Vergleich zu seiner war die Farm der Carters mit ihren zweihundert Hektar zwar nicht groß, aber ihm schwebte vor, dort eine Ferienranch einzurichten. Das Haus der Carters war ideal, um Gäste unterzubringen.

Das Ganze war ein Traum seines Vaters gewesen. Er wollte Feriengästen das Leben auf einer Ranch nahebringen, aber er war nie über das Planen hinausgekommen. Inzwischen litt Grant Elliott unter Demenz, sodass es Colt überlassen war, die Idee seines Vaters umzusetzen. Und dabei sollte ihm nichts im Wege stehen. Nicht einmal die sexy Ms. Carter.

Nachdem er Sattel und Decke verstaut hatte, machte er sich daran, den Hengst zu striegeln. Plötzlich hatte er einen Geistesblitz. Er würde Annabelle eine Chance geben, die Schuld zu begleichen. Es blieben noch sechs Raten. Nur noch drei Monate standen zwischen ihm und seinem Ziel. Vielleicht war Annabelle daran interessiert, die Schulden abzuarbeiten. Er würde ihr ein Angebot machen, das sie nicht ausschlagen konnte.

Colt klopfte dem Hengst die Flanken. Während er die Arbeit beendete, nahm sein brillanter Plan Form an. Er hatte nicht die Absicht, seine Ansprüche auf das Land wieder aufzugeben. Neil Carter musste seine Lektion lernen. Immerhin schuldete er ihm weit mehr als diese Summe, aber das musste Annabelle nicht wissen.

Eine so schöne Frau hier auf der Ranch zu haben konnte etwas Abwechslung ins Leben bringen. Sie hatte Temperament und Pep, und er bewunderte ihre Entschlossenheit.

Colt pfiff vor sich hin, als er ins Haus ging. Das Hinken, das vom Unfall zurückgeblieben war, störte ihn heute nicht. Manchmal hatte er Schmerzen, aber im Moment waren seine Gedanken woanders …

Er begab sich in sein Schlafzimmer im zweiten Stock, um sich auf ein sehr wichtiges Treffen vorzubereiten. Das Land war bereits seins, nun sollte ihm auch noch die Frau gehören.

Colt Elliott bekam immer, was er wollte.

2. KAPITEL

Der Mann trieb sie in den Wahnsinn!

Zum zweiten Mal an diesem Tag fand sich Annabelle auf dem Anwesen von Colt Elliott ein, obwohl ihr daran gelegen gewesen war, das Treffen bei sich abzuhalten. Schließlich hätte sie in ihrem Haus so etwas wie einen Heimvorteil gehabt. Aber Colts Assistent – oder wer auch immer es gewesen war, der sie angerufen hatte – hatte ihr unmissverständlich klargemacht, dass Colt zwar bereit war, sich mit ihr zu treffen, allerdings auf der Pebblebrook Ranch, und zwar um Punkt sieben Uhr. Sollte sie damit nicht einverstanden sein, hätte sich das Thema erledigt.

Ein schrecklicher Mann! Obwohl sie ihm noch kein einziges Mal begegnet war, hasste sie die Luft, die er atmete.

Wie auch immer. Sie musste es hinter sich bringen. Je eher sie Colt dazu brachte, ihren Vorstellungen zuzustimmen, desto besser. Mit etwas Glück sah er ein, dass diese neue Vereinbarung Vorteile für sie beide brachte. Sie würde nicht eher gehen, als bis sie etwas in der Hand hatte, auf das sie ihre Hoffnung setzen konnte. Schließlich war sie gerade mal vierundzwanzig und wollte nicht vor einem riesigen Scherbenhaufen stehen.

Sie war jetzt Mutter zweier süßer kleiner Zwillingsmädchen. Im Moment kümmerte sich ihr Vater um sie. Er musste den Babysitter spielen, wenn sie wieder einen Job fand. Zwar mochte er verantwortungslos sein, wenn es um Geld ging, nicht jedoch, wenn Kinder betroffen waren. Außerdem konnte sie sich keinen fremden Babysitter leisten – schon gar nicht für zwei Kinder.

Zuerst einmal musste sie die Sache mit diesem Kredit regeln, dann konnte sie sich um einen neuen Job bemühen. Irgendetwas würde sich in der Stadt schon finden. Sie war nicht wählerisch.

Nervös strich Annabelle das grüne Sommerkleid glatt und atmete tief durch. Ihre innere Anspannung ließ nicht nach. Dennoch gab sie sich einen Ruck und klingelte. Mit angehaltenem Atem wartete sie darauf, in die Höhle des Löwen eingelassen zu werden.

Das Haus war so riesig, dass es schon etwas Furchteinflößendes hatte – genau wie die hölzerne Brücke, die über einen Bach zwischen Auffahrt und Haus führte.

Der Mann saß förmlich in einer Burg, umgeben von einem Burggraben, und hielt Hof. Insgeheim wünschte sie sich, jemand würde ihn einmal von seinem hohen Thron herunterholen. Annabelle schluckte. Offensichtlich hatte sich ein riesiger Haufen ungesunder Aggressionen in ihr aufgestaut, die alle den Namen Colt Elliott trugen.

Dazu kam noch der Zorn auf ihren Vater, der sie überhaupt erst in diese Situation gebracht hatte. Glücklicherweise hatte er ihr versichert, er habe sich das Ganze schriftlich geben lassen und es sei von einem Notar beglaubigt worden. Nur gut, dass er die Vereinbarung nicht auf althergebrachte Weise mit einem Handschlag besiegelt hatte. Annabelle vertraute Colt Elliott gerade einmal so weit, wie sie ihren Kühlschrank werfen konnte, und keinen Millimeter weiter.

Die Doppeltür ging auf, und ein älterer Mann stand vor ihr. „Kommen Sie herein, Ms. Carter. Mr. Elliott erwartet Sie.“

Sie trat über die Schwelle – und musste einen Aufschrei unterdrücken. Wenn sie schon das Äußere des Hauses beeindruckend gefunden hatte, dann war das Innere es umso mehr. Der Eingangsbereich gewährte einen Blick bis hinauf in den zweiten Stock. Beide Etagen verfügten über einen offenen Gang, der von der einen Seite zur anderen reichte, sodass man von oben das ganze Foyer überblicken konnte.

Annabelle hatte das Gefühl, dass Colt gern von oben auf die Menschen herabsah, um sie kleinzumachen. Nun gut, er mochte ihren Vater ausgenutzt haben, aber jetzt hatte er es mit ihr zu tun. Sie wollte ganz genau wissen, wieso er ihrem Vater das Geld geliehen hatte. So etwas tat niemand einfach nur, um nett zu sein.

„Ich bin Charlie.“ Der ältere Mann verbeugte sich leicht. „Wenn Sie mir bitte folgen würden, ich bringe Sie zu Mr. Elliott.“

Annabelle fuhr fort, die Schönheit des Hauses in sich aufzunehmen, und bemühte sich, nicht neidisch zu sein. Das beruhigende Geräusch plätschernden Wassers zog ihre Aufmerksamkeit auf sich, als sie am Wohnbereich vorbeikam. Wer, um alles in der Welt, hatte einen Wasserfall in seiner Wohnung? Natürlich. Menschen, die Geldzählen zu ihrem Hobby gemacht hatten.

Annabelle unterdrückte ihren Frust. Es ging jetzt um Wichtigeres. Was hatte es für einen Sinn, über den Reichtum dieser Familie nachzudenken, wenn sie gerade alles verloren hatte? Aber sie hatte ein klares Bild von ihrer Zukunft. Sobald sie die Probleme ihres Vaters gelöst hatte, wollte sie neu durchstarten. Es ging jetzt nicht mehr länger nur um sie selbst, sondern auch um ihre beiden süßen kleinen Mädchen.

Charlie führte sie durch ein wahres Labyrinth, und sie fragte sich, ob sie je wieder den Weg hinaus finden würde. Endlich blieb er vor einer großen Tür stehen und klopfte kurz an, bevor er sie aufzog.

„Sir, Ms. Carter ist hier.“ Charlie trat mit einer leichten Verbeugung zurück, um wieder im Labyrinth der Gänge zu verschwinden.

Annabelle drückte die Schultern durch und betrat ein geräumiges Büro. Eine ganze Wand wurde von Fenstern eingenommen, die einen Blick über das Land gewährten. Suchend sah Annabelle sich um.

„Sie!“, entfuhr es ihr, als sie den Cowboy vom Morgen entdeckte.

Colt hatte recht gehabt. Sie war genauso atemberaubend wie in seiner Erinnerung. Das leuchtend rote Haar. Die großen grünen Augen. Ein schlichtes Make-up. Ein grünes Kleid, das sie sicher praktisch fand – er hingegen verführerisch. Wie lange würde er brauchen, jeden dieser winzigen Knöpfe zu öffnen?

„Sie haben gelogen!“, beschuldigte sie ihn, ohne auch nur einen Schritt näher zu kommen.

Colt lehnte sich gegen den Schreibtisch, der bereits seinem Vater und seinem Großvater gehört hatte. „Ich habe nicht gelogen“, widersprach er. „Ich habe gesagt, Mr. Elliott habe zu tun. Und das stimmte. Ich hatte gerade den Hengst bewegt und musste ihn striegeln und füttern.“

Ihm entging nicht, wie sie ihn musterte. Sollte sie nur. Wenn sich alles entwickelte wie geplant, dann hatte sie noch mehr als genug Gelegenheit, ihn nicht nur mit Blicken zu erkunden.

„Wieso wollten Sie mich sprechen?“ Er war neugierig, wie sie ihre Probleme lösen wollte. Dann konnte er ihr seinen eigenen Plan präsentieren.

„Im Hemd hätte ich Sie kaum wiedererkannt.“

Aha. Ms. Annabelle zeigt ihre Krallen. Das mochte er an einer Frau, besonders wenn sie diese Krallen in seinen Rücken drückte. Aber im Moment sollten Worte ihm genügen.

„Falls Sie möchten, dass ich es ausziehe, will ich das gern tun.“

Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Das Einzige, was mich interessiert, ist die Vereinbarung, die Sie mit meinem Vater getroffen haben.“

„Nicht meine erste Wahl bei der Begegnung mit einer schönen Frau.“ Colt richtete sich auf. Wenn es denn sein musste, war er bereit, zuerst einmal diesen Punkt abzuhaken. „Die Vereinbarung ist simpel, wie er Ihnen sicher erzählt hat. Ich habe seinen Kredit getilgt, und nun schuldet er mir das Geld. Er muss noch sechs Raten zahlen. Ich berechne keine Zinsen.“

„Wie nett von Ihnen“, bemerkte sie trocken.

Colt zuckte die Schultern. „Das fand ich auch.“

Annabelle trat auf ihn zu – so nah, dass er die verschiedenen Grüntöne ihrer Iris erkennen konnte. Ein Grün, in dem ein Mann sich verlieren konnte. Nicht er, aber jeder andere. Colt hatte nur rein physische Beziehungen, nicht mehr.

„Von jetzt an haben Sie es mit mir zu tun.“

Oh, das wollte er doch hoffen!

„Ich werde die Zahlungen übernehmen, aber dafür müssten Sie mir ein paar Wochen Zeit geben, bis ich einiges geregelt habe. Ich habe im Moment keinen Job, da ich früher als erwartet nach Stone River zurückgekehrt bin.“ Ihr Blick war traurig. „Unsere Ersparnisse sind … Aber das muss Sie nicht interessieren. Ich habe heute Nachmittag schon ein paar Telefonate geführt und bin sicher, bald einen Job zu bekommen.“

Sie hätte ihm nicht besser in die Hände spielen können. Er wollte ihr gerade seinen brillanten Plan erklären, als sie die Hand hob.

„Falls Sie mir zu Anfang zwei Wochen Aufschub geben können, zahle ich Ihnen gern Zinsen – auch wenn die nicht vereinbart waren.“ Annabelle presste die Lippen aufeinander. „Ich habe Pläne für meine Zukunft, Sie dürfen also sicher sein, dass ich die ganze Sache nicht mehr als nötig in die Länge ziehen möchte.“

Colt bewunderte ihre Entschlossenheit. Schließlich wusste er nur zu gut, wie es war, sich ein Ziel zu stecken und darauf hinzuarbeiten. Er hatte sein ganzes Leben lang nichts anderes getan. Der Traum von der Ferienranch, den er mit seinem Vater teilte, war nur das letzte Puzzleteil, das ihm noch fehlte.

Auf dem Weg dorthin hatte es einige Rückschläge gegeben. Natürlich hatte Colt nicht erwartet, dass sein Vater an Demenz erkranken und eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung brauchen würde. Ebenso wenig hatte er damit gerechnet, sich einen Hüftknochen zu brechen, während er dabei half, einen Stall zu reparieren, nachdem ein Tornado im vergangenen Jahr über das Land gefegt war. Seine Brüder hatten ihm sofort vorgehalten, er brauche keinen Finger zu rühren, weil sie Kräfte dafür eingestellt hatten, aber Colt liebte körperliche Arbeit – genauso wie diese Ranch. Und er war nicht bereit, sich von irgendjemandem – nicht einmal von seiner sexy Nachbarin – daran hindern zu lassen, seine Pläne voranzutreiben.

„Hier ist der Deal.“ Er trat einen Schritt auf sie zu, und sie hob den Kopf, sodass ihre Blicke sich trafen. „Sie zahlen pünktlich auf die Minute, so wie ich es mit Ihrem Vater vereinbart habe. Zahlen Sie zu spät, gehört das Land mir.“

Es würde letztlich ohnehin ihm gehören, aber sollte sie einen Zahlungstermin versäumen, erreichte er sein Ziel noch früher.

„Bis gestern Abend hatte ich keine Ahnung von diesem Deal. Ich bin noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden wieder hier. Ich brauche ein wenig Zeit, um einen Job zu finden, bevor die erste Rate fällig wird. Es kann doch nicht sein, dass Sie derart hartherzig sind.“

Für einen Moment verspürte er so etwas wie Mitleid, aber er wollte ihr ja die Hand zur Hilfe reichen – ob sie sie annahm oder nicht, war dann ihre Sache. Auf jeden Fall war er letztlich der Sieger.

„Durchaus nicht.“ Er schenkte ihr ein Lächeln, das schon manche Frau hatte niederknien lassen – im wahrsten Sinne des Wortes. „Ich habe einen Job für Sie. Direkt hier auf Pebblebrook.“

Einen Moment herrschte Schweigen, während er auf ihre Antwort wartete. Sie wussten beide, dass er alle Trümpfe in der Hand hatte. In ihr arbeitete es sichtlich, als sie ihn mit wütenden Blicken maß. Ihr Widerstand war unglaublich sexy.

Ob sie nun zustimmte oder nicht – er würde diese Frau in seinem Bett haben. Im Geiste sah er vor sich, wie sich das rote Haar über seine dunkelblauen Laken ergoss. Aber die Verführung musste erst einmal warten. So lange, bis Annabelle nicht mehr drohte, ihn mit Blicken zu durchbohren.

„Ich möchte nicht mal wissen, welche Position Sie mir zugedacht haben.“

Colt lachte. Bei ihrer bissigen Bemerkung fühlte er sich so lebendig wie schon seit Langem nicht mehr. „Ich mag Sie.“

„Und ich hasse Sie.“

Er zuckte die Schultern. „Sie sind das Ying zu meinem Yang. Klingt doch ganz so, als würden wir uns im Stall perfekt ergänzen.“

„Im Stall?“ Sie hob eine Braue.

„Mir fehlt gerade ein Cowboy, und Sie brauchen einen Job. Sie können morgen anfangen. Ihren Lohn verrechne ich mit dem Kredit.“

Annabelle schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht Vollzeit arbeiten, weil ich noch andere Verpflichtungen habe. Der Job muss mir Flexibilität garantieren.“

„Wie ich das sehe, haben Sie keine Wahl. Falls diese anderen Aufgaben Sie stören, sollten Sie sie schnellstmöglich aufgeben.“

„Das geht nicht. Ich bin bereit, hier zu arbeiten, aber Sie müssen akzeptieren, dass ich auch andere Verpflichtungen habe. Ich kann immer nur ein paar Stunden am Stück arbeiten.“

Colt überlegte. An sich war es nicht seine Art, sich auf solche Vorstellungen einzulassen, aber er musste zugeben, dass die neue Nachbarin ihm gefiel.

„Also gut. Ich hole Sie morgen früh um sieben ab.“

Autor

Jules Bennett
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