Per SMS ins Liebesglück

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In den Träumen von Krankenschwester Beth spielt Dr. Eli Randolph schon lange die Hauptrolle. Der attraktive Arzt ahnt nichts von Beths Sehnsüchten - bis ihre Fantasien durch einen Zufall auf seinem Handy landen! Doch Mister Perfect reagiert anders, als sie erwartet hat …


  • Erscheinungstag 15.07.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733717926
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Schwester Beth Taylor rollte sich im Bett herum und tastete auf dem Nachttisch nach ihrem Handy. Sie blinzelte, als das helle Display ihre müden Augen blendete.

Wer schickte ihr kurz vor Mitternacht eine SMS? Sie hatte gerade zwei Zwölf-Stunden-Dienste auf der Intensivstation hinter sich. Völlig erschöpft war sie nach Hause gekommen, nur noch ins Bett gefallen und sofort eingeschlafen.

Und nun wurde sie von einer SMS geweckt! Die Handynummer war ihr unbekannt. Wenn es irgendeine dumme Werbung war, würde sie anfangen zu schreien.

Sie unterdrückte ein Gähnen, tippte aufs Display und öffnete die Nachricht.

Hallo! Wenn das hier Werbung war, sollte sie sie gleich abonnieren. Beth war plötzlich hellwach und starrte auf das Foto. Wahnsinn.

Noch einmal sah sie auf die Nummer und überlegte krampfhaft, wem sie gehören mochte. Auf jeden Fall niemandem, den sie kannte.

Auch dieses Sixpack hatte sie noch nie persönlich gesehen. Nicht einmal annähernd. Einem nackten männlichen Körper, heiß oder nicht, war sie seit ihrer Trennung von Barry vor einem Jahr außerhalb des Krankenhauses nicht mehr nahegekommen. Und wenn sie ehrlich war, interessierten sie auch weder SMS oder Bilder noch Nacktfotos von ihrem Ex oder sonst einem heißen Typen.

Mit einer Ausnahme.

Leider war der Mann in festen Händen und wusste nicht einmal, dass sie existierte. Trotzdem träumte Beth von Dr. Eli Randolph, seit sie ihn vor einigen Monaten an ihrem ersten Tag am Cravenwood Hospital hatte lächeln sehen.

Sie wusste auch nicht genau, warum er sie so faszinierte. Sicher, er sah toll aus, aber es war mehr als das. Die lebhaften Augen, sein offenes Lachen, wie fürsorglich und freundlich er mit Patienten und Mitarbeitern umging … Und dieses warme, einnehmende Lächeln, das mochte sie sehr.

Aber er hatte eine andere.

Diese Grenze würde sie nie überschreiten. Schließlich hatte sie so etwas am eigenen Leib erfahren. Nein, das konnte sie niemandem antun.

Allerdings durfte ein Mädchen ja wohl noch für jemanden schwärmen, oder? Beth betrachtete das Foto. Vielleicht machte sich eine ihrer Freundinnen einen Spaß mit ihr. Klar, das musste es sein. Sie hatte sich nämlich Anfang der Woche mit ihrer besten Freundin Emily einen Scherz erlaubt, und die nahm nun sicher Rache. Hatte Emily nicht von einer neuen App erzählt, bei der nicht die eigene, sondern eine völlig fremde Nummer angezeigt wurde?

Kurzerhand schickte sie ihrer Freundin eine SMS.

Du bist ja pervers!

Jetzt würde Emily hoffentlich Ruhe geben. Beth legte ihr Handy zurück auf den Nachttisch, kuschelte sich in die Kissen und hoffte auf süße Träume. Wenigstens da durfte sie wilden Sex haben, oder?

Jedenfalls konnte Emily ihr nicht vorwerfen, dass sie öffentlich zeigte, wie verzweifelt sie war. Ihr Leben, insbesondere ihr Liebesleben, war langweilig, langweilig, langweilig. Ihre beste Freundin wusste das und drängte sie, endlich den Mann zu vergessen, der von ihrer Existenz nicht das Mindeste ahnte. Das Dumme war nur, dass es keinen anderen gab, der es mit ihm aufnehmen konnte.

Emily machte sich ihren eigenen Reim darauf, amateurpsychologisch.

„Du suchst dir einen Mann, der unerreichbar ist, weil du das mit Barry noch nicht verkraftet hast“, hatte ihre Freundin gesagt. „Du hast einfach Angst, dich auf einen Mann einzulassen, und wieder verletzt zu werden.“

Großer Irrtum, meine Liebe, dachte Beth. Über Barry war sie längst hinweg. Außerdem wusste sie, dass nicht alle Männer klammheimlich zu ihren Exfreundinnen zurückkehrten, während sie in einer neuen Beziehung waren. Und jeder, der Dr. Eli Randolph kannte, konnte auf den ersten Blick sehen, warum sie sich nach ihm sehnte. Das hatte nichts mit ihrem treulosen Ex zu tun. Dr. Randolph war einfach rattenscharf!

Allerdings sollte sie Emilys Rat vielleicht doch annehmen und ihr Privatleben buchstäblich auf Vordermann bringen. Zum Beispiel mit dem Typen aus der Verwaltung, der sie schon ein paar Mal zum Essen eingeladen hatte. Beth schloss die Augen, sah ein markantes Gesicht mit blauen Augen vor sich, dichtes dunkelbraunes Haar und ein atemberaubendes Lächeln. All das gehörte allerdings nicht dem Verwaltungsangestellten, sondern ihrem Traummann. Dr. Eli Randolph.

Nun hellwach, griff sie wieder nach ihrem Handy, um Emily noch eine SMS zu schicken und ihr mitzuteilen, dass sie ihr auf die Schliche gekommen war.

Wie tief kann man sinken, fragte sich Eli, während er auf die Antwort starrte, die auf seine idiotische, versehentlich abgeschickte SMS hin auf dem Display erschienen war.

Anscheinend tiefer, als er sich vorstellen konnte.

Er rieb sich die müden Augen und schüttelte frustriert den Kopf. Was hatte ihn nur getrieben, ein Foto von seinem nackten Bauch zu machen und es versehentlich an sonst wen zu schicken?

Erst hatte er die Nummer seiner Exfreundin eingegeben, sie dann Ziffer für Ziffer wieder gelöscht, dann erneut getippt, während er sich fragte, was mit ihm los war. Warum konnte er nicht mit einer Frau glücklich sein, die eigentlich ideal für ihn war? Warum törnte ihn das Foto, das Cassidy ihm unerwartet aufs Handy geschickt hatte, nicht so an, wie es eigentlich sollte? Sie war eine wunderschöne Frau. Zornig auf sich, dass er sie nicht lieben konnte, hatte er eine falsche Ziffer getippt, es bemerkt und sie gleich wieder löschen wollen. Dummerweise hatte er danebengegriffen und auf „Senden“ getippt.

Er hatte ein unmögliches Foto an eine völlig fremde Person geschickt, die fast die gleiche Handynummer wie seine perfekte Ex hatte.

Perfekt.

Da war es wieder, dieses Wort. Und heute Nacht schlug es ihm auf den Magen.

Alle sagten ihm ständig, wie glücklich er sein konnte, dass er die perfekte Freundin hätte. Dass Cassidy und er das perfekte Paar wären. Dass sein Leben perfekt sei.

Die perfekte Cassidy …

Vor ein paar Wochen hatte er ihr den Laufpass gegeben.

Und das, nachdem er drei Jahre seines Lebens mit ihr verbracht und sich immer vorgestellt hatte, mit der hübschen blonden Ärztin alt zu werden. Aber als sie vor einiger Zeit anfing, Andeutungen über eine Ehe zu machen, und ihn fragte, warum sie nicht den letzten Schritt auch noch täten, hatte ihn etwas zurückgehalten.

Da ihm nichts Besseres eingefallen war, hatte er als Grund vorgeschoben, dass es im Bett mit ihnen nicht besonders berauschend wäre. Und heute Nacht hatte sie ihm nun ein Foto von sich geschickt, das wohl leidenschaftliche Gefühle in ihm wecken sollte. Gern hätte er etwas empfunden, aber da war nichts. Da er wusste, dass es an ihm lag und nicht an der perfekten Cassidy, hatte er sich gedacht, warum nicht ein bisschen Sexting? Telefonsex per SMS, vielleicht würde ihn das in Stimmung bringen.

Noch nie hatte er Fotos von seinem eigenen Körper gemacht. Doch er zog sein Hemd hoch, spannte die Bauchmuskeln an und drückte auf den Auslöser. Eine halbe Stunde saß er dann da, ohne das Bild abzuschicken. Ein ungutes Gefühl hielt ihn davon ab, und es war so ziemlich das gleiche Gefühl, das ihn davon abgehalten hatte, Cassidy einen Antrag zu machen.

Irgendwie konnte er sich Cassidy, so perfekt sie auch war, nicht als Mutter seiner Kinder vorstellen. Genauso wenig wie er sich vorstellen konnte, die nächsten fünfzig Jahre jeden Morgen neben ihr aufzuwachen. Er hatte nicht gelogen, als er von mangelnder Leidenschaft gesprochen hatte. Es funkte absolut nicht zwischen ihnen. Schon so lange nicht mehr, dass er sich fragte, ob es überhaupt jemals anders gewesen war.

Glücklicherweise war er so klug gewesen, nur seinen Bauch abzulichten und nicht sein Gesicht oder die Region noch weiter südlich, wie es beim Sexting üblich war.

Wieder summte sein Handy. Genervt öffnete er die SMS, in der es wahrscheinlich wüste Beschuldigungen hagelte. Verdient hätte er es. Vielleicht sollte er sich einfach entschuldigen und zugeben, das Foto versehentlich abgeschickt zu haben.

Ich weiß übrigens, dass du es bist, Emily. Hast du dir diese App runtergeladen, durch die deine Handynummer in eine andere verwandelt wird? Du brauchst dir aber keine Sorgen zu machen, du hast in diesem Schlafzimmer nichts gestört außer meinem Schlaf.

Wer immer seine SMS bekommen hatte, hielt ihn für jemand anders. Was für ein Glück! Am besten wäre es, gar nicht zu antworten und die Sache auf sich beruhen zu lassen. Trotzdem reizte es ihn zurückzuschreiben.

Wobei hätte ich dich denn unterbrechen sollen?

Er war nicht richtig bei Verstand, dass er jetzt auch noch antwortete. Oder nur wahnsinnig müde. Aber er konnte nicht anders.

Ha, als wüsstest du das nicht längst.

Sag es mir noch mal.

Dr. Eli Randolph an mein Bett gefesselt und meiner Zunge ausgeliefert.

Eli blieb der Mund offen stehen. Er starrte auf die Handynummer. Seine Müdigkeit war schlagartig verschwunden. Wer steckte hinter dieser Nummer?

Was würdest du bei Dr. Randolph mit deiner Zunge anstellen?

Fast hätte er geschrieben bei mir. Er merkte es jedoch zum Glück noch rechtzeitig und änderte es in seinen Namen um.

All das, was jeder Frau bei diesem Mann in den Sinn kommt.

Eli bezweifelte, dass jeder Frau bei ihm erotische Fantasien in den Sinn kamen. Er war ein ganz normaler Kerl, trieb Sport, um sich fit zu halten, und arbeitete hart, um finanziell abgesichert zu sein. Alles in allem hatte er ein gutes Leben. Allerdings konnte er sich nicht erinnern, wann er sich zuletzt heißen sexuellen Fantasien hingegeben hatte. Jeder Frau? Sollte er jetzt einfach nur die Augen schließen und an Sex denken?

Bei Cassidy hatte er an alles Mögliche gedacht: Wie gut sie miteinander auskamen, wie perfekt ihr gemeinsames Leben werden könnte, dass sie ihre guten Gene an ihre Kinder weitergeben würden und so weiter. Aber bestimmt nicht an Sex.

Er war ein Mann. Ab und zu sollte er an Sex denken. Was stimmte mit ihm nicht? Er tippte eine kurze Antwort.

Sag es mir.

Auch wenn es verrückt war, er wollte es wissen. Er wollte an Sex denken, sich normal fühlen statt wie jemand, der nicht in der Lage war, sich einer tollen Frau wie Cassidy hinzugeben.

Jeden Zentimeter seines aufregenden Körpers verwöhnen, bis er in Ekstase meinen Namen schreit.

Eli musste schlucken. Das war ja völlig verrückt. Er war völlig verrückt. Jetzt dachte er an Sex.

Und welcher Name wäre das?

Du bist heute ein bisschen schwer von Begriff, Em. Mein Name natürlich.

Was ihm auch nicht weiterhalf. Er starrte aufs Display und überlegte, was er antworten sollte. Bevor er sich entschieden hatte, summte das Handy wieder.

Ich will die Frau sein, für die er seiner perfekten Freundin den Laufpass gibt. Ich will, dass er mich in ein wildes, heißes Wochenende mit viel, viel Sex entführt. Unsere Körper schweißnass aneinander. Mein Mund auf seiner Haut. Sein Mund auf meiner. Das hättest du unterbrechen sollen. Aber dann hätte ich deine SMS nicht beantwortet, weil ich gerade sehr beschäftigt gewesen wäre …

Eli wurde warm. Nein, er war nicht der Typ, der auf so etwas abfuhr. Bestimmt nicht. Doch bevor er darüber nachdenken konnte, tippte er:

Dr. Randolph hat keine Freundin.

Auch wenn Cassidy ihm unerwartet ein erotisches Foto geschickt hatte. Er hatte angenommen, die Trennung wäre für sie okay, aber vielleicht hatte er sich geirrt. Dennoch, seine Meinung würde er nicht ändern. Dass ihn der Handy-Chat mit einer Fremden mehr anmachte als seine Exfreundin, sprach Bände.

Oder chattete er vielleicht mit einer Achtzigjährigen? Oder mit einem Mann?

Der Gedanke war wie eine kalte Dusche.

Nein, die Absenderin war eindeutig eine Frau, das sagten ihre Worte. Eine Frau ungefähr in seinem Alter. Da war er sich sicher.

Dr. Randolph und Dr. Qualls sind auseinander? Seit wann? Warum hast du mir nichts davon gesagt? Und du willst meine beste Freundin sein?

Eli wusste, er sollte sein Handy weglegen und nicht mehr antworten. Er war kein Mann, der fremden Frauen SMS schickte. Absolut uncool und nicht sein Stil. Er hatte mit seiner Freundin Schluss gemacht und musste nun herausfinden, was mit ihm nicht stimmte, und nicht merkwürdige SMS mit einer Unbekannten austauschen.

Aber vielleicht war sie gar keine Fremde. Dies war jemand, der ihn und Cassidy kannte. Nur wer?

Seit ein paar Wochen.

Em, wenn das ein dummer Scherz von dir ist, bringe ich dich um.

Warum sollte Em sich einen Spaß über ihn und Cassidy machen? Noch während er das dachte, tippte er automatisch:

Ich bin mir sicher.

Wirklich? Ich habe nichts davon gehört, und du weißt, wie im Krankenhaus getratscht wird.

Er bezweifelte, dass viele dort wussten, dass Cassidy und er sich getrennt hatten. Es war ihm eigentlich egal, aber er war nicht damit hausieren gegangen. Sein Privatleben ging nur ihn etwas an. Und Cassidy hatte es bestimmt auch nicht an die große Glocke gehängt.

Ganz sicher. Sie sind nur noch befreundet.

Dass ich nicht lache, Em. Sie war eindeutig verliebt in ihn. Sie hofft, dass sie ihn wiederbekommt, darum ist sie noch nett zu ihm.

Hatte Cassidy ihm deswegen heute Abend das Foto geschickt? Weil sie sich Hoffnungen machte? Wenn er ehrlich war, so hatte er sich von ihr getrennt, weil ihm noch mehr fehlte als nur die körperliche Anziehung. Cassidy war seine beste Freundin, eine schöne Frau, eine brillante Ärztin mit einem großen Herzen, und er hatte Schluss gemacht, weil ihm das nicht genügte. Er musste verrückt sein.

War es nicht verrückt, dass er sich wünschte, die Unbekannte sehen zu können, die ihm eine SMS nach der anderen schrieb? Einige seiner Freunde hatten über die sozialen Medien eine Partnerin gefunden. Bisher fand er das ziemlich blödsinnig, doch jetzt fragte er sich, ob manche Menschen nicht den Schutz der Anonymität brauchten, um sich aus ihrem Schneckenhaus hervorzuwagen. Allerdings hätte er sich niemals vorstellen können, dass er eine unbekannte Frau faszinierend fand, weil er las, dass sie ihn ans Bett binden und mit der Zunge verwöhnen wollte. Doch so war es.

Wenn sie es schlau anstellt, geht er zu ihr zurück.

Eli schüttelte den Kopf. Keine Chance. Außerdem hatte er bis heute Abend angenommen, dass Cassidy ihn gar nicht wiederhaben wollte. Sie hatte das Ende der Beziehung akzeptiert, so, als wäre sie zu dem gleichen Schluss wie er gekommen. Er schrieb:

Was würdest du tun, um ihn wiederzugewinnen?

Hallooo! Ich hätte ihn niemals verloren!

Eli lachte, ihm gefiel die selbstbewusste Art. Ja, er hätte gern gewusst, wie die Fremde jetzt aussah.

Ich habe ihn doch an mein Bett gefesselt, und er ist mir ausgeliefert.

Wie konnte ich das vergessen?

Eli schloss die Augen und versuchte sich vorzustellen, an ein Bett gefesselt zu sein. Das hatte er noch nie erlebt. Nicht beim Sex und auch in keiner Beziehung hatte er jemals die Kontrolle aus der Hand gegeben. Allerdings hatte es in seinem Leben noch nicht viele Frauen gegeben.

Frage ich mich auch. Em, du weißt genau, wie scharf ich auf Dr. Randolph bin.

Scharf? Auf ihn? Wer war diese Frau? Hatte sie seine Handynummer erkannt und machte sich nun auf seine Kosten einen Spaß mit ihm?

Em. Emily. Wer konnte das sein? Die einzigen Emilys, die er kannte, waren Emily Jacobs, eine temperamentvolle Krankenschwester mit feuerrot gefärbten Haaren, die meistens in der Notaufnahme und gelegentlich auf der Intensivstation arbeitete, und die Emily, die im Chemiekurs an der Highschool hinter ihm gesessen hatte. Letztere hatte er allerdings seit der Schulzeit nicht mehr gesehen. Hinzu kam, dass Cravenwood eine mittelgroße Universitätsstadt war. Wahrscheinlich gab es Hunderte von Emilys in dieser Gegend von Tennessee und vielleicht weitere Emilys am Cravenwood Hospital?

Es reicht jetzt, Em. Du hast deinen Spaß gehabt, und wir beide wissen, dass dieses perfekte Paar weiterhin gemeinsam die körperlichen Freuden genießt.

Bei dem Wort perfekt zuckte Eli zusammen.

Vielleicht hast du recht, und ich muss ihn einfach vergessen. Ich verstehe nur nicht, dass du mir ausgerechnet heute Nacht damit kommst. Du weißt, dass ich gerade zwei Zwölf-Stunden-Dienste hinter mir habe, weil Leah krank geworden ist.

Weil Leah krank geworden ist … Wer auch immer diese Person war, sie arbeitete mit ihm zusammen im Krankenhaus!

Leah Windham?

Kennst du noch eine Leah, die auf der Intensivstation arbeitet? So, jetzt ist es genug. Wir haben beide morgen Frühdienst. Gib deinem tollen Freund einen Kuss und lass mich schlafen. Gute Nacht, Emily.

Gute Nacht.

Wer auch immer sie war.

„Das ist nicht lustig, Em.“ Beth schnappte sich einen Apfel aus dem Obstkorb auf dem Kantinentresen und wünschte, sie könnte ihn zusammenpressen wie einen Antistressball. „Du hast mir doch neulich von dieser App erzählt, die anstatt der eigenen eine fremde Handynummer vortäuscht. Gestern Nacht, das warst du.“

Ihre Freundin, die mit ihr in der Schlange stand, kicherte vergnügt. „Ich wünschte, ich wäre es gewesen, aber ich war’s wirklich nicht.“

Das behauptete sie steif und fest, seit Beth ihr am Morgen von den SMS erzählt hatte. Von Emilys Freund Eddie konnte das Foto nicht sein, der war anders gebaut. Aber Emily hätte das Bild aus dem Internet herunterladen können. Beth traute ihr solche Streiche jederzeit zu.

„Zeig mir doch die Nachrichten“, meinte Emily, als sie sich an einen Tisch in der Kantine setzten. Viel Zeit blieb ihnen wahrscheinlich nicht. Beth wunderte sich sowieso, dass Emily die Notaufnahme verlassen konnte. Oft genug kam es vor, dass ihre Mittagspause ausfallen musste.

„Du kennst sie doch. Gib es endlich zu.“

Emily schüttelte den Kopf. „Ich war es nicht, Ehrenwort.“ Theatralisch legte sie die Hand aufs Herz. „Hoffentlich hast du nichts Verfängliches gesagt.“

„Du weißt genau, was ich gesagt habe und über wen.“

Ihre Freundin riss die Augen auf. Sie senkte die Stimme. „Du hast diesem mysteriösen Menschen gegenüber zugegeben, dass du auf Dr. Randolph stehst?“ Sie formte den Namen lautlos mit den Lippen, falls jemand in der Nähe die Ohren spitzte. „Und du hast seinen Namen genannt?“

Emily starrte sie schockiert an, und Beth zog sich der Magen zusammen. Auch wenn ihre Freundin manchmal am örtlichen Theater mitwirkte, das war wohl doch nicht gespielt.

Sie versuchte ihre Gefühle zu verbergen, biss in den Apfel und kaute langsam. Dann zuckte sie mit den Schultern. „Ich habe keine Lust, noch länger darüber zu reden.“

„Ich schon.“ Emilys Augen leuchteten aufgeregt. „Ich möchte wissen, mit wem du gechattet hast, weil ich an dem Abend auf jeden Fall mit Eddie beschäftigt war.“

Jetzt kamen Beth allmählich Zweifel. „Dann werden wir es ja nie erfahren, oder?“

„Klar werden wir.“

Beth starrte ihre Freundin an. „Und wie?“

„Hallo?“ Emily schnipste mit den Fingern vor ihrem Gesicht herum. „Ich hätte dich für schlauer gehalten.“

Da begriff Beth. „Das mache ich auf gar keinen Fall! Ich rufe nicht diese Nummer an.“

Emily streckte die Hand aus. „Na schön. Gib mir dein Handy.“

„Vergiss es.“ Der Druck im Magen verstärkte sich. „Wenn du es nicht gewesen bist, möchte ich lieber nicht wissen, wer hinter mein größtes Geheimnis gekommen ist. Oh, Em, das ist so peinlich!“

„Wieso denn? Was macht es schon, wenn jemand erfährt, dass du auf ihn stehst? Schließlich ist er ein echt heißer Typ.“

Unwillkürlich wurde Beth rot.

„Und er ist wieder zu haben, wenn er und Dr. Qualls sich getrennt haben.“ Emily zwinkerte ihr zu. „Wenn du mich fragst, solltest du ihm sagen, dass du ihn attraktiv findest.“

Beth’ Verstand setzte jedes Mal aus, wenn sie diesen Mann nur von Weitem sah. Wie sollte sie ihm da so etwas ins Gesicht sagen? „Ich weiß nicht, ob sie sich wirklich getrennt haben. Aber selbst wenn, werden sie wahrscheinlich bald wieder ein Paar sein.“

„Frag ihn. Du kannst nicht jeden Mann danach beurteilen, was Barry getan hat.“

Beth schüttelte den Kopf, als würde das Barry Neal für immer daraus vertreiben.

„Ehrlich gesagt, du hast ein echtes Problem.“ Emily sah sie ernst an.

Das wusste Beth selbst.

„Du lässt es zu, dass dein blöder Ex deine Einstellung und dein Verhalten zu allen anderen Männern bestimmt. Und nun verknallst du dich in einen, den du unter allen Umständen meidest. Wenn er auch nur in deine Nähe kommt, sieht man von dir nur noch rauchende Sohlen.“ Emily seufzte enttäuscht. „Ich denke, diese ganze Sache mit Eli ist nur ein weiterer Versuch, irgendwelchen möglichen Dates aus dem Weg zu gehen.“

„Mag sein.“

„Du bist ja verrückt.“

Da sie einer fremden Person verraten hatte, dass sie wie ein dummes Schulmädchen für Dr. Randolph schwärmte, konnte sie ihrer Freundin nur zustimmen. Sie war wirklich verrückt.

Verrückt nach einem Mann, der gar nicht wusste, dass es sie gab.

Eli hatte ständig an den Chat gestern Nacht denken müssen. Er war sogar so weit gegangen, im Internet nach Hinweisen auf die Handynummer zu suchen. Vergeblich, da sie nirgendwo öffentlich vermerkt war.

Die SMS-Nachrichten gingen ihm einfach nicht aus dem Sinn.

Besonders in Momenten wie diesen, wenn er in den Gesichtern zu lesen versuchte, ob ein bestimmter Blick, eine bestimmte Miene ihm verriet, dass er die geheimnisvolle Fremde der letzten Nacht vor sich hatte. Was erwartete er eigentlich? Dass die Wahrheit in scharlachroten Lettern auf ihrer Stirn stand?

Eli kombinierte messerscharf, dass sie auf der Intensivstation arbeiten musste, weil sie den Nachtdienst für Leah Windham übernommen hatte. Wahrscheinlich war sie Krankenschwester, was dazu passen würde, dass sie mit Emily Jacobs befreundet war.

Mit etwas Geduld und unauffälligen Nachfragen, welche Schwester letzte Nacht Dienst gehabt hatte, sollte er spätestens am Abend Genaueres wissen.

Normalerweise war er im Job tiefenentspannt und Geduld eine seiner Stärken. Aber heute fühlte er sich seltsam unruhig. Er wollte wissen, mit wem er gechattet hatte. Ob er Emily Jacobs direkt fragte, welche ihrer Freundinnen für ihn schwärmte? Nein, entschied er. Die kesse Krankenschwester würde ihn zum Teufel schicken.

„Dr. Randolph?“ Eine attraktive Mittfünfzigerin hielt ihn auf dem Weg zum Fahrstuhl auf. „Wir erwarten eine Patientin mit Lungenembolie auf der Intensivstation. Sie möchten sie sich bitte ansehen. In einer halben Stunde müsste sie hier sein.“

„Danke, Ruth“, sagte er zu der Schwester und warf einen Blick auf seine Uhr. Besser war es, einen Happen zu essen, solange er noch hier war. Dann würde die Patientin wohl auf der Station sein und er konnte sie sich ansehen, bevor seine Nachmittagssprechstunden anfingen.

Und vielleicht, vielleicht würde er auf der Intensivstation einen Blick auf die Frau von heute Nacht werfen können, denn, wer immer sie auch war, sein Interesse war erwacht.

2. KAPITEL

„Nicht hinsehen, aber rate mal, wer gerade in die Kantine kommt.“

Noch bevor ihre Freundin ein Wort gesagt hatte, wusste Beth genau, wer hereingekommen war, während Emily und sie ihr Mittagessen aßen. Ihr Dr.-Randolph-Radar hatte losgepiept. Und wie! Piep. Piep. Piep. Es war völlig absurd, aber all ihre Sinne waren auf diesen Mann ausgerichtet. Wann immer er in ihre Nähe kam, stand sie unter Starkstrom.

Ihre Hände schwitzten, sie brachte kein Wort mehr hervor. Ihr Stammhirn übernahm das Kommando und löste den Fluchtreflex aus.

Deswegen hatte sie ihre Vorgesetzte gebeten, dass sie keine von Dr. Randolphs Patienten betreuen musste. Bestimmt fand Stationsschwester Rogers ihre Bitte merkwürdig. Sie hatte jedoch keine Fragen gestellt, und ihr mitfühlender Blick zeigte, dass sie tun würde, was möglich war. So begegnete Beth ihm nur noch ab und zu, wenn sie es schaffte, ihm bei seinen Visiten aus dem Weg zu gehen.

„Und was ist, wenn er jetzt Single ist?“, fragte Emily. „Was unternimmst du dann?“

Beth verzog das Gesicht. „Hätte ich dir bloß niemals erzählt, dass ich ihn toll finde.“

„Du findest ihn mehr als nur toll. Ich kenne dich seit dem College, weiß von deinen beiden festen Beziehungen, und ich weiß auch, wie du warst, ehe Barry dir den Schlag deines Lebens versetzt hat.“

Muss sie denn unbedingt von Barry reden, dachte Beth gereizt. Der war ihr völlig egal, aber sie ärgerte sich immer noch über ihre eigene Dummheit.

„Mir kannst du nichts vormachen. Ich sehe doch, wie du den Mann anschaust“, betonte Emily und musterte Eli ungeniert. „Bei dem Mistkerl, der dich für seine Ex verlassen hat, haben deine Augen nie so geleuchtet. Barry kann Eli nicht das Wasser reichen.“

Da hatte Emily recht. Barry hatte mit seiner Ex geschlafen, noch während er mit ihr zusammen war. Männer.

„Also, was ist? Schnappst du ihn dir? Du brauchst ihm nur zu sagen, was für ein heißer Typ er ist.“

„Hör auf mit dem Quatsch, Em. Und starr ihn nicht so an!“ Allerdings konnte sie selbst den Blick nicht von ihm losreißen. Was war nur an Eli, dass sie so reagierte? Abgesehen davon, dass er brillant war, atemberaubend gut aussah und das wundervollste Lächeln hatte? „Ich arbeite schon seit Monaten mit ihm zusammen und bezweifle ernsthaft, dass er auch nur meinen Namen kennt. Ich würde mich blamieren und ziemlich dumm dastehen.“

„Du stehst noch dümmer da, wenn eine klügere Frau als du die Gunst der Stunde nutzt. Dann kannst du ihn nur noch aus der Ferne anschmachten, während er eine Neue hat, nur weil du zu feige bist, dir den Mann deiner Träume zu angeln.“

Autsch. Emily nahm wirklich kein Blatt vor den Mund.

„Aus der Ferne anschmachten ist doch gut“, sagte Beth. Da bekam sie wenigstens keine Atemprobleme. Außerdem schien sie bei ihm keinen Eindruck hinterlassen zu haben. Sie hatte schon bei der ersten Begegnung Herzklopfen gehabt, er aber anscheinend nicht.

„Es ist bescheuert, wenn du mich fragst“, stichelte Emily.

Okay, Emily hatte recht. Das musste sie ihr aber nicht unbedingt sagen, um nicht noch Wasser auf ihre Mühlen zu gießen. Doch es stimmte: Wenn der Traumprinz einen nicht wahrnahm, hörte man deswegen ja nicht auf, sich nach ihm zu sehnen.

„Wenn du ihm nicht irgendwie klarmachst, dass du interessiert bist, nehme ich weiter an, dass er nur eine Ausrede für dich ist, nicht wieder etwas mit einem Mann anzufangen.“

„Aber das stimmt nicht. Der Mann ist wundervoll. Das hast du doch selbst zugegeben.“

„Dann beweise es.“

Beweisen? Wie stellte Emily sich das denn vor? Dass sie zu ihm ging und ihm anbot, ihn von oben bis unten mit dem Mund zu verwöhnen? Weil sie Tag und Nacht an ihn denken musste?

„Sieh mal.“ Beth deutete in Elis Richtung. Er war nicht allein. Eine hinreißende Blondine mit freundlichen blauen Augen und einem strahlenden Lächeln stand nun bei ihm. „Dr. Qualls macht ihm schöne Augen.“ Jetzt legte sie ihm auch noch besitzergreifend die Hand auf den Arm. Heiße Eifersucht durchfuhr Beth, auch wenn sie kein Recht dazu hatte. „Ich glaube nicht, dass sie Schluss gemacht haben.“

Autor

Janice Lynn

Janice Lynn hat einen Master in Krankenpflege von der Vanderbilt Universität und arbeitet in einer Familienpraxis. Sie lebt mit ihrem Ehemann, ihren 4 Kindern, einem Jack-Russell-Terrier und jeder Menge namenloser Wollmäuse zusammen, die von Anbeginn ihrer Autorenkarriere bei ihr eingezogen sind.

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