Plötzliches Glück - hältst du zu mir?

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VERRÄTERISCHE VERSUCHUNG

Schwanger! Fassungslos starrt Kim auf den verräterischen Teststreifen. Ihre Gedanken rasen. Warum hat sie den Test ausgerechnet jetzt gemacht, statt sich auf die alles entscheidende Präsentation vor millionenschweren Investoren zu konzentrieren? Wie soll sie die nächste Stunde bloß überstehen? Doch als Kim mit eiserner Beherrschung den Konferenzsaal betritt, entdeckt sie sofort: der brasilianischen Tycoon Diego Pereira ist ungeladen erschienen - ihr Noch-Ehemann und Vater ihres Kindes! Mit brennenden Blicken sieht er sie an, als kenne er längst ihr Geheimnis …

IN JENER VERBOTENEN NACHT

Schwanger! Laurens Herzschlag setzt aus. Es gibt nur einen, der als Vater infrage kommt - und das ist nicht ihr verstorbener Mann, den alle für einen Helden halten. Es ist sein bester Freund: Paolo Donatelli! Lange hatte sie versucht, ihn aus ihren Träumen zu verbannen. Vergeblich. In jener Nacht nach Ryans Tod hatte sie sich wie eine Ertrinkende an ihn geklammert und sich der Leidenschaft hingegeben. Nun will Lauren vor der Schande nach Italien fliehen, doch Paolo folgt ihr - entschlossen, sie in seiner Villa festzuhalten, bis ein wichtiger Punkt geklärt ist …

NUR MUT - SAG NICHT NEIN

Verführerisch wie die Sünde pur und ein kleines bisschen beschwipst betritt die schöne Olivia das Büro ihres attraktiven Chefs Lewis Altman. Vorbei die Zeit der grauen Maus, sie will LEBEN! Und außerdem will sie jetzt wissen, ob sie sich die starke sexuelle Anziehungskraft zwischen ihnen nur eingebildet hat oder ob Lewis sie wirklich begehrt. Und dann, als er auf ihre Verführungskünste eingeht, sie in die Arme reißt und ihren sinnlichen Körper mit glühenden Küssen bedeckt, bekommt Olivia die Antwort auf ihre Frage: Lewis ist verrückt nach ihr! Es wird eine rauschende Nacht - die allerdings Folgen hat, mit denen weder Olivia noch Lewis gerechnet haben: Olivia ist schwanger...

ZU SPÄT: ICH LIEBE DICH!

Es ist nur eine Nacht, die Amy und Jake miteinander verbringen, nachdem sie sich bei einer Taufe zufällig kennen gelernt haben. Aber was für eine! Zärtliche Umarmungen, Begehren, das Erfüllung verlangt, und ihre Herzen im völligen Gleichklang - so kommt es ihnen jedenfalls vor. Und Amy weiß auch, wie man dieses Gefühl nennt, nämlich Liebe. Aber instinktiv spürt sie, dass Jake davon nichts hören will, und deshalb macht sie das einzig Richtige: Am nächsten Morgen ist die Sache vorbei. Und an ihrem Entschluss, Jake zu vergessen, ändert sich auch nichts, als sie bemerkt, dass sie schwanger ist. Denn lieber gar keinen Mann, als einen, der sich zu einer Beziehung gezwungen sieht! Doch dann erfährt Jake über gemeinsame Freunde zufällig von Amys kleinem Geheimnis. Und er, der nie heiraten, nie eine Familie haben wollte, muss jetzt eine Entscheidung fällen...

MEIN BABY!

Seit ihrer Teenagerzeit schwärmt Andie Summer für den Filmproduzenten Adam Munroe, der vor dem tragischen Tod ihrer bildschönen Mutter ständiger Gast in ihrem Haus war. Jahre später folgt sie seiner Einladung zu einer exklusiven Party - noch immer schlägt ihr Herz für diesen charmanten Mann. Und endlich erfüllen sich ihre heimlichen Träume: Sie wird Adams Geliebte! Doch die schönste Nacht ihres Lebens hat Folgen - Andie ist schwanger. Hals über Kopf flüchtet sie nach Mallorca, denn Adam soll niemals erfahren, dass sie ein Kind erwartet. Ein Happy End für ihre Liebe scheint ausgeschlossen zu sein - Andie glaubt, dass Adam ihre Mutter nie vergessen hat...


  • Erscheinungstag 10.11.2016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733774721
  • Seitenanzahl 720
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Tara Pammi, Dani Collins, Miranda Lee, Liz Fielding, Carole Mortimer

Plötzliches Glück - hältst du zu mir?

IMPRESSUM

JULIA erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: 040/60 09 09-361
Fax: 040/60 09 09-469
E-Mail: info@cora.de

© 2013 by Tara Pammi
Originaltitel: „A Touch Of Temptation“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
in der Reihe: MODERN ROMANCE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA
Band 2171 - 2015 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg
Übersetzung: Anike Pahl

Fotos: Mosuno / Stocksy, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 03/2015 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733701512

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

 

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1. KAPITEL

Kimberly Stanton starrte auf das weiße Plastikstäbchen, das auf dem glänzenden Rand des Marmorwaschbeckens lag. Der Schock saß ihr tief in den Knochen und drang ihr langsam ins Bewusstsein. In dem zartlila Waschraum zwischen weichen Handtüchern und duftenden Rosenschalen wirkte das Stäbchen wie ein gefährlicher Fremdkörper.

Die Minuten zogen sich wie eine Ewigkeit dahin, und das Stimmengemurmel hinter der geschlossenen Tür verursachte ein hohles Echo.

Ihr Herz schlug immer schneller und lauter, und in ihrer Magengegend meldete sich ein stechender Schmerz. Sie klammerte sich hilfesuchend an den kalten Stein der Ablage, als sie merkte, wie ihre Knie allmählich nachgaben.

Das Wort, vor dem sie sich am meisten gefürchtet hatte, erschien im Sichtfenster: schwanger!

Da gab es keinen Irrtum mehr, keine ungenaue Farbe oder ein missverstandenes Symbol. Nein, schwanger bedeutete schwanger.

Klar und deutlich.

Das Herz schlug ihr bis zum Hals, und ihre Knie zitterten. Sie stützte sich auf den Waschtisch, beugte sich weit vor und rang nach Luft, während ihr Puls ohrenbetäubend in ihrem Kopf hämmerte.

Dieser eine kleine Fehler – den sie ja praktisch zweimal begangen hatte – sollte sie also für den Rest ihres Lebens heimsuchen? Aber manche Dinge ließen sich eben nicht ändern. Dummheit wurde bestraft, genau wie Naivität.

Mit letzter Kraft drehte sie an dem glänzenden Chromwasserhahn und hielt dann beide Hände unter das eiskalte Wasser.

Einatmen, ausatmen! sagte sie sich immer wieder – womöglich hätte sie es sonst einfach vergessen. Wasser abschalten! Ein Papiertuch zum Trocknen

Erschrocken zuckte sie zusammen, als ihr Blick plötzlich in den Spiegel fiel. Ihre Haut war bleich und fahl, und unter den Augen zeichneten sich tiefdunkle Schatten ab. Außerdem wirkte sie fast unnatürlich dünn, und ihre Wangenknochen traten sichtbar hervor. Sie sah aus, als stünde sie am Rand eines Nervenzusammenbruchs, und vielleicht entsprach das sogar der Realität. Allerdings war dies der denkbar schlechteste Zeitpunkt, um die Nerven zu verlieren. Der Zusammenbruch würde also warten müssen.

Mit den Zeigefingern massierte sie ihre pochenden Schläfen. Jetzt war keine Zeit, um sich mit diesem Problem auseinanderzusetzen. Sie musste es ausblenden und später wieder hervorholen … sobald sie allein war und einigermaßen logisch denken konnte.

Mit klarem Kopf werde ich die Situation schon wieder in den Griff bekommen! Schließlich habe ich reichlich Erfahrung darin, mit schmerzhaften Schockzuständen umzugehen.

Allerdings fragte Kimberly sich ernsthaft, weshalb sie ausgerechnet heute diesen Test hatte machen müssen, nachdem er schon seit einer Woche in ihrer Handtasche lag. Das passte nicht zu ihrem rationalen Naturell. In letzter Zeit verlor sie häufiger die Übersicht, das durfte keinesfalls zur Gewohnheit werden!

Mit zitternden Händen frischte sie ihr Make-up auf und strich dann ein paar Mal über den glatten Stoff ihres Outfits. Diese Geste beruhigte sie etwas, und sie war bereit, sich wieder unter ihre Gäste zu mischen: ein paar ausgewählte Investoren, die sich für Kimberlys Web-Startup The Daily Help interessierten.

Sie musste ihre Präsentation halten und anschließend den Finanzplan für die nächsten fünf Jahre erläutern. Es musste ihr einfach gelingen, sie dazu zu bewegen, in das neue Unternehmen zu investieren – auch wenn Startups zurzeit wie Pilze aus dem Boden schossen.

Am wichtigsten war: Die Investoren durften sich auf keinen Fall durch den kürzlich veröffentlichten Skandal – der Kim selbst, ihre Zwillingsschwester Olivia Stanton und den bekannten Alexander King betraf – negativ beeinflussen lassen. Dass die potenziellen Anleger Kims Einladung trotz dieser Ereignisse gefolgt waren, wertete sie als gutes Zeichen.

Ein letztes Mal rückte sie ihren Blazer zurecht und verließ auf wackligen Beinen den Waschraum. Den Schwangerschaftstest warf sie in den Müll.

Im Flur bog Kim um die nächste Ecke und besorgte sich als Erstes ein Glas Wasser. Dann nickte sie lächelnd einem alten Freund aus Harvard zu.

Es war eine gute Entscheidung gewesen, den Konferenzsaal in einem der nobelsten Hotels von Manhattan zu buchen, auch wenn ihr sparsamer Finanzmanager wegen dieser kostspieligen Ausgabe die Stirn gerunzelt hatte. Doch Kim glaubte kaum, dass sie in den weitläufigen Kellerräumen, die ihrem Unternehmen als Heimat dienten, die Chance gehabt hätte, Investoren eine goldene Zukunft zu prophezeien.

Sie warf einen Blick auf die elegante Armbanduhr – ein Geschenk ihres Vaters zum Harvard-Abschluss – und gab anschließend allen Anwesenden zu verstehen, dass sie gleich mit der Präsentation beginnen würde.

Dabei hätte sie diesen Augenblick gern länger hinausgezögert. Denn nach getaner Arbeit wäre sie gleich wieder allein mit ihren Gedanken, und dann ließ sich ihr akutes Problem nicht mehr verdrängen.

Gegen Ende des Vortrags passierte es. Kim kam ohne erfindlichen Grund aus dem Konzept und sah sich hektisch um. Was hat meine Aufmerksamkeit abgelenkt? Ein Flüstern der Zuhörer? Ein fragender Gesichtsausdruck oder die Erinnerung an die entsetzlichen Minuten im Waschraum?

Um etwas Zeit zu gewinnen, räusperte sie sich und trank mit einem entschuldigenden Lächeln einen Schluck Wasser. Schnell fand sie zu ihrer alten Form zurück und beendete die Präsentation mit Bravour. Nachdem das Oberlicht wieder eingeschaltet war, atmete sie erleichtert auf und stellte sich den zahlreichen Fragen ihrer Gäste.

Mit den ersten Tagesordnungspunkten hatte sie gerechnet und sich dementsprechend vorbereitet. Sorgfältig dosierte sie die Zusatzinformationen und belegte jede einzelne mit diversen Grafiken und Statistiken, um die Entscheidungsfreudigkeit ihrer Investoren in spe bestmöglich anzufeuern.

Kim sprühte regelrecht vor Adrenalin und Tatendrang. Ihre harte Arbeit zahlte sich endlich aus, und sie freute sich auf weitere Erfolge und Herausforderungen. Dann fiel ihr Blick auf ihn, und es traf sie wie ein Blitzschlag. Er war also der Grund für ihre plötzliche Konzentrationsschwäche gewesen.

Diego Pereira. Der Mann, der sie verführt und ohne einen Blick zurück im Stich gelassen hatte. Der Mann, dessen Baby sie unter dem Herzen trug.

Wie versteinert blieb sie auf ihrem Podium stehen und hatte den Eindruck, ein Abgrund würde sich direkt vor ihr auftun. Jedes Mal, wenn Diego in ihr Leben trat, schien sie ihren gesunden Menschenverstand abzulegen.

Instinktiv presste sie eine Hand auf ihren Bauch und spürte – ohne ihn weiter anzusehen –, wie Diego sie anstarrte. Sie brachte es nicht über sich, ihm in die mysteriösen, goldenen Augen zu sehen. Niemals würde sie ihm verzeihen, dass er wieder und wieder mit ihren Gefühlen spielte.

Also blickte sie entschlossen geradeaus und widmete sich den Fragen ihrer Zuhörer. Es wurde eine höchst anstrengende halbe Stunde, aber Kim schlug sich wacker. Die ganze Zeit über war ihr bewusst, wie gespannt Diego auf den Moment wartete, in dem sie sich vor versammelter Mannschaft blamierte und die Fassung verlor.

Wenigstens machte er es ihr leicht, ihn vorübergehend zu ignorieren, denn er blieb schweigend in der letzten Reihe sitzen.

Wenige Minuten nach ihrem Schlusswort verließ sie eilig den Konferenzsaal, ohne Diego eines einzigen Blickes zu würdigen. Warum war er überhaupt hier? Welches grausame Schicksal führte ihn ausgerechnet an dem Tag hierher, an dem sie erfahren hatte, dass sie schwanger war?

Regungslos beobachtete Diego Pereira Kim, die energisch die Tür des Raums hinter sich schloss. Sie wirkte nervös, und das gefiel ihm. Immerhin zeigte es deutlich, dass er ihr nicht gleichgültig war.

Dann blätterte er ihre Mappe durch und musste zugeben, dass ihr Geschäftsmodell ihn zutiefst beeindruckte. Obwohl ihr professionelles Auftreten ihn kaum überraschte, schließlich hatte er sie als ausgesprochen gewissenhaft und zuverlässig kennengelernt … zumindest in beruflicher Hinsicht.

Ihr heutiger Vortrag war innovativ, sehr spezifisch und außergewöhnlich interessant gewesen. In nur drei Jahren hatte sie die simple Idee einer Ratgeberkolumne zu einem exklusiven Informationswebportal weiterentwickelt – mit mehr als einer Million Mitgliedern und noch einmal einer knappen Million Anwärtern in der Warteschleife dieser Mitgliederliste. Ihre Firma hatte großes Potenzial.

Er schloss die Augen und dachte an ihr reizvolles Erscheinungsbild: ein schwarzer Hosenanzug, der ihre langen Beine betonte, und eine ebenfalls höchst elegante Seidenbluse. Nur war dieses Bild meilenweit von der Frau entfernt, die noch vor wenigen Wochen in seinen Armen voller Erregung um Gnade gefleht hatte.

Während er ihrer souveränen Präsentation gefolgt war, hatte er ganz vergessen, was ihn eigentlich nach New York geführt hatte. Ihre sichtbare Reaktion auf seine Anwesenheit hatte ihn völlig von seinen ursprünglichen Plänen abgelenkt.

Ganz kurz war sie ins Wanken geraten, hatte sich aber schnell wieder gefangen und ihre Präsentation durchgezogen. Sie war eben stark, stolz und ungewöhnlich … diese Frau, die er damals geheiratet hatte.

Außerdem war sie wunderschön, intelligent, kultiviert und eine brillante Geschäftsfrau. Die Perfektion in Person, gleichzeitig konnte sie kalt wie ein Stein sein.

Für Diego selbst war es höchste Zeit, weiterzuziehen und dieses Kapitel endlich hinter sich zu lassen. Allerdings hatte ihn Kims Nervosität berührt und seine bittere Feindseligkeit etwas besänftigt.

Mit dem Fahrstuhl fuhr er in den zehnten Stock und schloss dort mit der goldenen Schlüsselkarte, die er einem Pagen gegen ein großzügiges Trinkgeld abgeschwatzt hatte, Kims Suite auf.

Leise zog er die Tür hinter sich wieder ins Schloss und atmete den sanften Lilienduft ein, an den er sich noch gut erinnerte. Er holte so tief Luft, wie er konnte, um die Erinnerung an Kims Sinnlichkeit wachzurufen. Sein ganzer Körper erbebte vor Genuss, und Diego kam sich wie ein Junkie vor, der nicht genug von seiner Droge bekommen konnte.

Neugierig sah er sich in der Suite um, die mit Luxusmöbeln aus Mahagoni und hellem Leder eingerichtet war. Auf dem Tisch in der Sitzecke lag ein Stapel mit Mappen, daneben stand Kims hochmoderner Laptop. Die schlichte schwarze Designerhandtasche hatte sie achtlos aufs Sofa geworfen.

Die Räumlichkeiten wirkten genauso makellos wie ihre Bewohnerin: erstklassig, exklusiv und ohne das geringste Anzeichen von Wärme.

Hinter ihm wurde eine Tür geöffnet, und er drehte sich auf dem Absatz um. Kim stand vor ihm und wankte leicht, als sie ihn entdeckte. Ihre glänzenden Lippen bebten, und sie hielt eine Hand an ihren Bauch gepresst. Mit der anderen fuhr sie sich über die bleiche Stirn.

Den Blazer hatte sie schon abgelegt und die Ärmel ihrer weißen Bluse hochgekrempelt. Er starrte ihre schlanken, gebräunten Unterarme an. Noch vor wenigen Wochen waren sie um seinen Nacken geschlungen gewesen … An einem Handgelenk funkelte ihre kostbare Uhr, am anderen ein goldenes Armband, das zu ihrer feinen Kette passte. Das winzige Amulett dieser Kette ruhte im Schatten zwischen ihren festen Brüsten.

Diego schluckte und zwang sich, ihr ins Gesicht zu sehen. Die Erinnerung daran, wie Kim unter seinen Berührungen in Ekstase geraten war, wühlte ihn auf. Die Erinnerung an ihre weiche, duftende Haut und an den schweißtreibenden Sex … Und in ihren schokoladenbraunen Augen entdeckte er dieselbe Leidenschaft, die gerade seinen eigenen Verstand vernebelte.

Sie lehnte sich erschöpft gegen den Türrahmen, und er war mit einem Satz bei ihr.

„Geht es dir nicht gut, beldade?“ Normalerweise achtete seine kleine Schönheit auf ein perfektes Erscheinungsbild, aber im Moment schien sie völlig neben der Spur zu sein.

Sie rückte von ihm ab und nestelte nervös am Revers ihrer Bluse herum. Noch eine ungewohnte Geste, die ihm verriet, dass hier irgendetwas im Busch war.

„Nein, natürlich nicht“, antwortete sie mit einem Schulterzucken. „Wie auch, wenn ich hier von dir überfallen werde?“

Gelassen sah er sie an. „Mein Anblick macht dich doch nicht etwa krank?“

Mit gespreizten Fingerspitzen stützte sie sich auf dem Sideboard ab. „Dein Anblick erinnert mich nur an eine Dummheit, die ich lieber vergessen würde.“

Sein Grinsen war teuflisch. „Selbst die guten Augenblicke, in denen du vor Lust laut aufgeschrien hast?“

Endlich zeigte sich etwas Farbe auf ihren Wangen. Mit steifen Schritten wankte sie auf einen Ledersessel zu und ließ sich hineinfallen. „Warum bist du hergekommen, Diego?“, fragte sie und richtete sich unbeholfen auf. Dann schlug sie die Beine übereinander, was ebenfalls nicht ganz so elegant wirkte wie üblich.

Trotzdem machte sie einen relativ gefestigten Eindruck. Keine Spur mehr von Wut oder Frust. Bei ihrer letzten Begegnung hatte sie noch halbnackt in Diegos Bett gelegen und sich seinen kühlen Vortrag darüber angehört, dass er endgültig fertig mit ihr sei …

Heute warf sie ihm dieses Verhalten nicht einmal vor. Dabei war das Ganze erst einen Monat her. Ihre Gelassenheit brachte ihn allmählich aus der Ruhe. Wie konnte das sein? In ihm war sofort die alte Leidenschaft erwacht, Kim dagegen wirkte fast unbeteiligt.

Er stellte sich breitbeinig direkt vor sie hin, und zwar so, dass Kim zwischen seinen Schenkeln gefangen war. Dann zeigte er auf den Stapel Mappen neben sich. „Dein Angebot klingt brillant.“

„Das musst du mir nicht sagen“, konterte sie wie aus der Pistole geschossen.

Ihr Selbstvertrauen kam kaum überraschend, denn in geschäftlicher Hinsicht war seine Noch-Ehefrau eben absolut unschlagbar. „Ist das die Antwort, die all deine potenziellen Investoren von dir an den Kopf geworfen bekommen?“

Sie schnaubte verächtlich. „Das ist meine Standardantwort für einen Mann, von dem ich weiß, dass er mir vor allem großen Schaden zufügen möchte!“

„Wie kommst du denn darauf? Habe ich das jemals getan?“

„Du hattest deine Rache doch schon, Diego. Obwohl unsere Ehe seit sechs Jahren vorbei ist, hast du mir die Scheidung verweigert, um meine Hochzeit mit Alexander zu verhindern. Vor vier Wochen hast du mich dann verführt und danach fallenlassen wie eine heiße Kartoffel. Reicht dir das noch nicht?“

„Da bin ich mir noch nicht ganz sicher. Immerhin scheint dich das keine Sekunde lang aus dem Konzept gebracht zu haben.“

Der Blick aus ihren tiefbraunen Augen flackerte leicht. „Ich habe meine Schwester und Alex in einen furchtbaren Skandal verwickelt und damit alles in Gefahr gebracht, was Alex wichtig ist.“

„Damit leiden wieder einmal andere, aber nicht du. Ich habe den Eindruck, dich selbst kann rein gar nichts irritieren.“

Sie blickte zur Seite. „Na, schön. Du hast mich gedemütigt, und ich kam mir wie eine Idiotin vor. Besser?“

Tatsächlich hatte er sie leiden sehen wollen, und nun war ihr die innere Wut auch endlich anzumerken. Aber für ihn kam es trotzdem zu spät.

„Vielleicht“, brummte er und streifte sein Jackett ab.

„Was muss ich tun, damit du wieder verschwindest?“, wollte sie wissen. „Damit du mich und meine Firma endgültig in Ruhe lässt?“

„Ich denke, du hast genüg Selbstvertrauen? Befürchtest du etwa, ich könnte deine ehrgeizigen Karrierepläne durchkreuzen?“

„Natürlich, falls du dir fest vornehmen solltest, mir beruflich zu schaden.“ Ihre Stimme klang verzerrt. „Und allein darum geht es dir doch, oder? Jeder, der dich im Leben enttäuscht, wird zur Bestrafung ruiniert. Und nun bin ich eben an der Reihe.“

Sie faltete die Hände im Schoß und schob mit dieser Bewegung unbewusst ihre Brüste ein kleines Stück zusammen. Sofort fiel Diegos Blick auf ihren Ausschnitt, und er kämpfte um Selbstbeherrschung.

„Vor sechs Jahren warst du von dem Gedanken besessen, dich an deinem Vater zu rächen“, fuhr sie fort. „Dir war völlig egal, wem du damit noch schadest. Die feindliche Übernahme seiner kleinen Baufirma kann man wohl als dein Meisterstück bezeichnen. Herzlichen Glückwunsch, du hast sie in ein wahres Imperium verwandelt! Energiegewinnung, Bergbau … Doch wenn man den Medienberichten Glauben schenkt, bist du bloß ein skrupelloser Bastard, der alles und jeden niedertrampelt, der ihm in die Quere kommt – deinen eigenen Vater eingeschlossen.“ Sie stand auf und durchquerte das Zimmer. „Für mich macht es keinen Sinn, unnötige Zeit zu verschwenden, indem wir um den heißen Brei reden. Also, was immer du vorhast, tu es ruhig! Aber ich werde mich nicht kampflos ergeben. Mein Unternehmen …“

„Bedeutet dir einfach alles, richtig? Du bist ein Paradebeispiel für Frauen, die in beruflicher Hinsicht genauso skrupellos agieren können wie Männer“, provozierte er sie.

„Das ist wohl kaum als Kompliment gemeint?“

„Ganz und gar nicht.“

Mit beiden Händen umklammerte Kim die Fensterbank hinter sich. „Wir sind quitt, Diego. Wollen wir es nicht dabei belassen?“

Er kam auf sie zu, und mit jedem Schritt wurde seine Lust auf sie größer. Völlig unmöglich, sich gegen den immensen Sexappeal zu wehren, den sie ausstrahlte. Und wenn er sie in diesem Moment spontan küsste, würde Kim ihn bestimmt nicht wegstoßen. Das sah er an ihrem Blick. Wann immer er sie berührte, hatte er sofort das Gefühl, diese Frau mit Haut und Haaren zu erobern. Ihre Gedanken, ihre Gefühle und ihre ganze Seele.

Frustriert ballte er die Hände zu Fäusten. Denn es würde weder ihm noch ihr in irgendeiner Form nützen, der gemeinsamen Leidenschaft nachzugeben. Und er verachtete sich für den bloßen Impuls, Kim berühren zu wollen. Und dafür, dass er sich nach sechs Jahren wieder mühelos von ihr um den Finger wickeln ließ … genau wie letzten Monat. Nur um am Ende mit einem bestürzenden Brief in den Händen dazustehen …

Nie wieder! Er wollte einen Neuanfang, ohne ständig von den Erinnerungen an diese Frau verfolgt zu werden. Heute war er mit einem bestimmten Plan hergekommen, den er nicht aus den Augen verlieren durfte.

„Ich bin hier, um einen Fehler zu korrigieren“, verkündete er.

Unbewusst griff Kim sich an den Hals. „Einen Fehler?“

Diego legte einige Papiere auf den Tisch, die er in einer Ledermappe unter dem Arm bei sich getragen hatte. „Du musst der Scheidung noch schriftlich zustimmen.“

Kim zuckte unter einem Schmerz zusammen, den sie sich schon sehr lange nicht mehr gestattet hatte. Dabei war dies doch genau das, was sie seit sechs Jahren anstrebte. Sie wollte ihrerseits einen alten Fehler aus dem Weg räumen – einen dummen Traum, der ohnehin nie eine Chance gehabt hatte.

„Mein Personal hat die Kopien, die du in der Villa vorbeigebracht hast, nicht mehr finden können“, erklärte er.

Weil ich die Papiere nach unserer gemeinsamen Nacht zerrissen habe, dachte sie.

Sie hatten sich nicht geliebt, sondern harten, wilden Sex gehabt. Sex aus Rache. Von der Sorte: Sieh dir genau an, was du damals weggeworfen hast! Für eine Frau von überdurchschnittlicher Intelligenz war es schon erstaunlich, dass sie nach all der Zeit wieder auf Diego hereingefallen war.

Mit bebenden Fingern griff sie nach den Dokumenten. Das war es also. Diego würde ihr endgültig den Rücken kehren, und sie musste sich nie wieder mit den Dummheiten auseinandersetzen, die sie im Namen der Liebe begangen hatte. Jetzt war zum Greifen nah, worauf sie so lange gehofft hatte. Und trotzdem brachte sie es nicht über sich, nach einem Stift zu greifen.

„Die hättest du mir auch durch deinen Anwalt zukommen lassen können“, bemerkte sie leise, und ihr Herz wurde schwer. „Dafür hättest du nicht persönlich auftauchen müssen.“

Seine ganze Haltung drückte wieder die alte Überheblichkeit aus, die Kim von Anfang an missfallen hatte. Er kam ihr wie ein blutrünstiger Hai vor, der sie mit regloser Miene umkreiste.

„Und mir die Gelegenheit entgehen lassen, dir von Angesicht zu Angesicht Lebewohl zu sagen?“ Er trat ganz dicht an sie heran. „Was sagt das über uns aus, wenn wir uns nach sechs Jahren wiedersehen und nur wenige Stunden später gemeinsam im Bett landen? Oder eher an der nächstbesten Zimmerwand …“

Ihr Magen überschlug sich fast, und ihre Haut kribbelte. Er hatte recht. Sobald er in ihrer Nähe war, konnte Kim an nichts anderes als Sex denken. Glühend heißen, entfesselten Sex, der den Verstand ausschaltete und den sie später zutiefst bereute.

Aber sie würde eher sterben, bevor sie das zugab. Entschlossen zückte sie einen Kugelschreiber und unterschrieb die erste Seite. Dann sah sie angriffslustig zu ihm hoch. „Bei uns ist das ein reiner Stimulationsreflex, ein Pawlow’scher Reflex, wenn du so willst. Ganz egal, wie viele Jahre vergehen: Sobald ich dich sehe, muss ich an Sex denken. Vielleicht weil du mein erster Mann gewesen bist. Oder weil du deine Sache so verdammt gut machst.“

Mit einem leisen Rascheln fielen die Unterlagen zu Boden, als Diego Kims Handgelenke packte und sie mit einem Ruck an sich zog. „Und der Segeltörn? Die vielen Wochen, die du gemeinsam mit mir verbracht hast? Das war wohl nur die wilde, trotzige Rebellion einer Konsumprinzessin, die ihrem Vater eins auswischen wollte?“

Ein stechender Schmerz regte sich in ihrer Brust, und sie schluckte gegen die aufsteigenden Tränen an. Sie hasste sich für den naiven Glauben von damals. Als hätte er sie wirklich und wahrhaftig geliebt! Und sie hasste sich auch dafür, dass sie vor vier Wochen seinetwegen erneut den Verstand verloren hatte.

Lange war es ihr gelungen, ihre Emotionen in Schach zu halten, doch jetzt drohte Kim buchstäblich an ihnen zu ersticken. Sie krallte sich an seinem Hemd fest und sah ihm tief in die Augen.

„Gut, dass dein Weg dich hierher gebracht hat!“, zischte sie. „Ich habe dir nämlich auch etwas Wichtiges mitzuteilen!“

2. KAPITEL

„Du hast Neuigkeiten für mich?“, wunderte sich Diego und legte seine Hände auf Kims, um ihren Griff zu lockern. „Was gibt es denn so Wichtiges? Hast du dir einen neuen Mann geangelt, nachdem dir deine Schwester den letzten gestohlen hat? Glaubst du, das würde mich interessieren?“

„Ich bin schwanger.“

Er rührte sich nicht … blinzelte nicht einmal. Kein einziger Muskel bewegte sich in seinem Gesicht, und Kim überfiel ein tiefes Gefühl der Genugtuung. Sie hatte ihm diese unerträgliche Überheblichkeit austreiben wollen, und das war ihr auch gelungen. Doch gleich darauf meldete sich ihr schlechtes Gewissen, und sie geriet – im wahrsten Sinne des Wortes – ins Wanken.

Meine Güte, so unverblümt habe ich es gar nicht hinausposaunen wollen! Schließlich wusste sie selbst nicht, wie sie mit der Tatsache umgehen sollte, dass sie ein Kind bekam.

Was sagt das über meinen Charakter aus, wenn der erste Vorteil dieser Schwangerschaft für mich darin besteht, Diego einen gehörigen Schrecken einzujagen? Andererseits war sie ihm nichts schuldig, erst recht nicht, nachdem er sie wie einen Fußabtreter behandelt hatte. Ihr hatte sich gerade eine günstige Gelegenheit geboten, die Neuigkeiten loszuwerden, und für Zweifel war es jetzt ohnehin zu spät. Außerdem machte es ihm vielleicht gar nicht viel aus. Er hatte sich an ihr gerächt, stand nun mit den Scheidungspapieren vor ihr und war drauf und dran, anschließend für immer aus ihrem Leben zu verschwinden.

„Ist es von mir?“, fragte er ruhig.

Jetzt kam es darauf an, dass sie die Fassung behielt. Denn Diego war ein Meister darin, ihre Gedanken zu lesen. „Weshalb sollte ich dir sonst davon erzählen?“

„Du hast wenige Stunden, nachdem wir uns wiederbegegnet sind, mit mir geschlafen“, erwiderte er, und sein Blick wurde kalt. „Dein Bräutigam hat dir einen Schnüffler auf den Hals gehetzt, und deine Zwillingsschwester musste vor dem Traualtar deinen Platz einnehmen. Dir ist demnach einiges zuzutrauen.“ Er machte ein paar Schritte um den Couchtisch herum. „Und gleich nachdem ich dich verlassen hatte, bist du zu ihm zurückgekrochen. Nur hatte er dich schon ausgewechselt, sozusagen als Retourkutsche. Daher frage ich dich noch einmal: Ist dieses Baby von mir?“

„Das stimmt nicht. Alex und ich …“ Völlig überfordert von der Situation brach sie ab, und ihr schlechtes Gewissen lastete schwer auf ihren Schultern. Die Medien, die gesamte Öffentlichkeit und sogar ihr eigener Vater hatten ihre geliebte Schwester verurteilt, obwohl allein Kim für den gesamten Schlamassel verantwortlich war.

Diego wusste genau, was sie getan hatte, während Liv vor Gott und der Welt die Rolle ihrer Zwillingsschwester gespielt hatte. Und natürlich machte es auf ihn den Eindruck, als wäre Kim reumütig zu Alex zurückgegehrt … als wäre sie von einem Bett zum nächsten gehüpft.

Allerdings irrte er sich da gewaltig! Noch bevor Diego seine wahren Motive offengelegt hatte, hatte Kim sich offiziell von Alexander getrennt. Aber das wusste Diego natürlich nicht.

Mit den hochgezogenen Augenbrauen kehrte auch die Arroganz in seine Miene zurück. „Das ist eine einfache Frage, beldade, die nur du mir beantworten kannst.“

„Alex und ich …“, begann sie noch einmal. „Wir …“

„Alles, was ich will, ist dein Ehrenwort. Dein privates Liebesleben interessiert mich nicht.“

Ihr Liebesleben existierte zwar nicht, aber das ging ihn überhaupt nichts an. „Selbstverständlich ist es von dir“, brachte sie schließlich hervor.

Schweigend nickte er und biss die Zähne zusammen.

Das überraschte Kim. Warum glaubte er ihr so einfach? Er hätte jedes Recht, auf einem Vaterschaftstest zu bestehen oder sie eine Lügnerin zu nennen. Damit hatte sie im Grunde auch gerechnet. Seine unterkühlte Selbstbeherrschung machte alles nur noch schlimmer. Normalerweise war sie die Ruhe in Person, aber heute verhielt sie sich regelrecht hysterisch.

„Was ist? Keine Vorwürfe? Willst du nicht auf Beweisen bestehen? Auf einem DNA-Test? Du akzeptierst mein Wort, Diego?“

Anstelle einer Antwort drehte er sich zur Wand um. Dann schloss er die Augen und fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht. Er konnte kaum fassen, wie viele Emotionen in ihm hochkochten.

„DNA-Tests sind etwas für Frauen, die sich mit einer lukrativen Schwangerschaft finanziell absichern wollen. Genau das hat mein Vater jedes Mal meiner Mutter vorgeworfen, wenn sie mit mir vor seiner Tür stand und um Hilfe gebeten hat.“ Seine Stimme klang heiser. „Etwas in dieser Art hast du gar nicht nötig, soweit ich weiß.“

Der Kloß in Kims Hals machte es ihr unmöglich zu sprechen. Eines verstand sie nicht: Diego hätte diese Unterhaltung in eine hässliche Auseinandersetzung verwandeln können, aber das tat er nicht. Er verhielt sich wie ein Ehrenmann, und das machte sie schwach.

Plötzlich spürte sie, dass er dicht hinter ihr stand.

„Du scheinst dir sicher zu sein“, murmelte er.

„Es besteht auch kein Zweifel“, entgegnete sie ruhig. Eigentlich hätte sie ihm die Wahrheit sagen können. Nämlich, dass sie nie mit Alexander geschlafen hatte. Aber das brachte sie dann doch nicht über sich.

„Und was erwartest du jetzt von mir?“, wollte er wissen.

„Ich brauche nichts von dir.“

„Natürlich nicht.“ Er räusperte sich. „Warum erzählst du es mir dann?“

„Soll ich ehrlich sein? Ich habe schlicht nicht nachgedacht und es einfach ausgeplaudert“, gab sie zu. Es war nicht das erste Mal, dass ihr Verstand in Diegos Gegenwart aussetzte. „Du warst unerträglich … hämisch zu mir.“

„Schön zu wissen, dass dich doch etwas aus der Ruhe bringt“, sagte er, und seine Augen leuchteten auf. „Und wenn ich nicht hergekommen wäre, um dir gegenüber hämisch zu sein? Hättest du mich dann angerufen?“

„Diese Frage muss ich nicht beantworten, weil du ja gekommen bist. Außerdem spielt es keine Rolle, Diego. Du warst bereit, unsere gemeinsame Zeit hinter dir zu lassen, und meinen Segen hast du.“

„Erstaunlich, wie selbstverständlich du davon ausgehst, mich treffend einschätzen zu können“, spottete er. „Hast du denn vor vier Wochen gar nichts dazugelernt?“

Auch wenn bei dieser Frage beunruhigende Bilder vor ihrem inneren Auge auftauchten, wollte Kim nicht klein beigeben. „Ständig gehst du Risiken ein, und deine Geschäftspraktiken bewegen sich manchmal in einer rechtlichen Grauzone. Das sind keine Mutmaßungen, das sind Tatsachen. Das Letzte, was du gebrauchen kannst, ist ein Baby. Aber hätte ich dir die Wahrheit verschwiegen, würdest du mich nur noch mehr hassen.“

„Und ich habe tatsächlich für einen Moment geglaubt, du würdest einmal nicht aus rein egoistischen Motiven handeln, sondern zum Wohl deines ungeborenen Kindes.“

Sein schneidender Kommentar verletzte sie, weil er exakt ins Schwarze traf. Sie hätte zuerst an das Baby denken müssen und nicht an ihre eigenen Befindlichkeiten. „Ich will nur noch die Scheidung und dass du aus meinem Leben verschwindest!“

Mit einem ironischen Lachen hob er die Dokumente auf und zerriss sie.

„Was soll das?“, rief Kim. „Was hast du vor? Sollen wir etwa auf glückliche Familie machen?“

Er trat dicht an sie heran, bis sie die goldenen Flecken in seiner Iris erkennen konnte. „Ich lasse mein Kind nicht im Stich.“

Panisch sprang sie vom Sessel auf. „Du tickst doch nicht mehr ganz richtig! So habe ich mir mein Leben bestimmt nicht vorgestellt, und …“

„Nein, bestimmt hast du eine lange Liste mit Voraussetzungen im Hinterkopf, die erfüllt sein müssen, bevor du dich fortpflanzt“, unterbrach er sie barsch. „Aber diese Entscheidung ist dir nun aus den Händen genommen worden.“

„Stimmt. Aber ich kann immer noch selbst darüber bestimmen, wie ich mit dieser neuen Situation umgehe. Mutter zu werden, ist hart genug. Aber mich regelmäßig mit dir auseinandersetzen zu müssen, würde mich endgültig in den Wahnsinn treiben!“

Allmählich begriff Kim, was es bedeutete, die Verantwortung für dieses ungeborene Wesen zu übernehmen.

„Du willst das Kind nicht?“

„Natürlich nicht. Ich würde sogar sagen, es ist das Schlimmste, was mir je passiert ist!“, erwiderte sie aufgebracht.

Er wirkte geschockt, doch jetzt konnte sie diese Worte nicht mehr zurücknehmen.

„Dieses Baby ist der lebende Beweis für den größten Fehler, den ich jemals begangen habe. Du hast also erreicht, was du wolltest. Du hast mir das Furchtbarste angetan, indem du meinem Leben eine Richtung gegeben hast, die ich nicht länger kontrollieren kann. Und jetzt lass mich bitte mit diesem Elend allein!“

Diego atmete zischend durch die Zähne aus und verpasste dem Boxsack einen weiteren kraftvollen Stoß. Sein rechter Haken war durchaus verbesserungsfähig, und die Schmerzen in seinem Bizeps machten sich wieder bemerkbar. Genau diese Verletzung hatte ihn damals gezwungen, die lukrativen Streetfights aufzugeben. Sie hatte ihn gezwungen, seinen Vater um finanzielle Hilfe zu bitten … weil Diego erst sechzehn und nicht mehr in der Lage gewesen war, für die medizinischen Behandlungen seiner Mutter aufzukommen.

Aber heute würde er nicht aufgeben. Entschlossen atmete er gegen den beißenden Schmerz an und versuchte, die Demütigung von damals zu verdrängen. Die Uhr über ihm an der Wand erinnerte ihn daran, dass er bereits seit zwei Stunden trainierte.

Dicke Schweißtropfen liefen ihm über die Stirn, und er schüttelte wild den Kopf, als sie ihm in den Augen brannten. Sein T-Shirt war klatschnass, und seine Arme waren schwer wie Blei. Doch das Adrenalin schoss weiter durch seine Adern und gab ihm neuen Antrieb. Aber auch die Tatsache, dass er sich beim Boxen körperlich völlig verausgabte, konnte Kims harte Worte nicht aus seinem Kopf löschen.

Bei uns ist das ein reiner Stimulationsreflex, ein Pawlow’scher Reflex, wenn du so willst. Ganz egal, wie viele Jahre vergehen: Sobald ich dich sehe, muss ich an Sex denken. Vielleicht weil du mein erster Mann gewesen bist. Oder weil du deine Sache so verdammt gut machst.

Mit ihrer nervtötenden Logik degradierte diese Frau ihn zu einem instinktgesteuerten Tier! Niemand brachte ihn so sehr auf die Palme wie sie, und ausgerechnet mit ihr bekam er ein Kind!

Er dachte an die Verachtung, die ihm aus ihren haselnussbraunen Augen entgegengesprüht war.

Gerader Schlag nach vorn.

Selbstverständlich ist es von dir.

Rechter Haken.

Es ist das Schlimmste, was mir je passiert ist.

Gerader Schlag.

Dieses Baby ist der lebende Beweis für den größten Fehler, den ich jemals begangen habe.

Noch ein Haken.

Übelkeit stieg in ihm auf, und Diego schluckte mehrmals, bevor er den nächsten Schlag austeilte. Von seinem Vater hatte er genug Zurückweisung erfahren … das reichte für ein ganzes Leben. Und er wollte lieber sterben, als seinem Kind etwas in dieser Art anzutun.

Ein letzter Hieb, dann schüttelte er seine Trainingshandschuhe ab und griff nach der Wasserflasche, die neben ihm auf dem Boden stand. Die Hälfte davon stürzte er in einem Zug hinunter, den Rest ließ er sich über das heiße, verschwitzte Gesicht laufen. Doch auch das eiskalte Wasser schaffte es nicht, Diegos inneres Feuer zu löschen. Denn irgendwie hatte Kim recht. Er wollte kein Vater werden, weil er noch lange nicht bereit dafür war!

Fluchend prügelte er mit nackten Fäusten auf den Boxsack ein, bis seine schmerzenden Finger brandrot wurden. Er war einfach kein guter Mensch – in ihm steckten nur Hass und Eifersucht. Er verfügte über keine einzige positive Charaktereigenschaft, die ihn qualifiziert hätte, die Verantwortung für ein unschuldiges Kind zu übernehmen.

Seinen Weg war er bisher immer sehr bewusst gegangen. Und er hatte sich von seinem Vater alles genommen, was ihm – seiner Meinung nach – als Sohn zustand. Mit Gewalt. Und er würde es heute wieder genauso machen. Er würde sich nehmen, was ihm zustand: sein eigen Fleisch und Blut. Am liebsten hätte er sofort das alleinige Sorgerecht eingeklagt, um Kim anschließend in die Wüste zu schicken.

Aber so tief durfte er nie wieder sinken. Sein Hass hatte ihn schon einmal dazu verleitet, über Leichen zu gehen. Damit hatte er das Leben seines Halbbruders zerstört. Wäre er nicht blind vor Wut auf seinen Vater gewesen, könnte Eduardo …

Ihm wurde plötzlich kalt, und er zitterte. Das durfte mit seinem eigenen Kind nicht geschehen! Diego war zwar von Kim besessen, doch wenn seinem Baby dadurch Schaden widerfuhr, würde er sich das niemals verzeihen. Andererseits rebellierte alles in ihm gegen die Vorstellung, mit Kim an seiner Seite die glückliche Familie zu spielen. Er würde sie jeden Tag sehen und daran erinnert werden, dass er sich hilflos einer übermächtigen Versuchung ausgeliefert hatte.

Trotzdem durfte er sich nicht aus seiner Verantwortung stehlen. Er konnte nicht einfach wieder seiner Wege ziehen und ein Fremder für dieses Kind bleiben.

Das Schicksal gab ihm die Gelegenheit, den grausamen Kreislauf von Vernachlässigung und Misshandlung zu durchbrechen, den Eduardo und er durchgemacht hatten.

Diego seufzte gequält. Er wäre bereit, Berge zu versetzen, um seinem Sohn oder seiner Tochter das zu schenken, was ihm selbst nie vergönnt gewesen war: liebevolle Eltern und ein stabiles Umfeld, um behütet darin aufzuwachsen.

Selbst wenn das bedeutete, sich auf ewig an eine Frau zu binden, die seine finstersten Ängste an die Oberfläche trieb!

3. KAPITEL

Kim zog sich das Satinkissen übers Gesicht und stöhnte auf, während neben ihr das Handy klingelte. Sie war erst um drei Uhr morgens ins Bett gegangen, nachdem sie lange an ihrer Website The Daily Help gearbeitet hatte. Ihre Grafikdesignerin hatte ihr ein paar innovative Ideen vorgeschlagen, die es umzusetzen galt, und für den Bereich Karriereratgeber schrieb Kim jeden Dienstag einen neuen Artikel.

Müde strich sie sich die Haare aus der Stirn und warf einen kurzen Blick auf ihren Wecker. Es war erst sieben, und ihr fehlte schlicht die Energie, den kommenden Tag in Angriff zu nehmen.

Erst beim dritten Anruf, nahm sie ihr Telefon zur Hand.

„Kim, alles okay bei dir?“

Liv. Seit zwei Wochen schon wich sie ihrer Zwillingsschwester ständig aus.

Stöhnend rappelte sich Kim im Bett auf und lehnte ihren Hinterkopf gegen die kühle Wand. „Mir geht es gut. Und ist bei dir und Alex auch alles in Ordnung?“

„Natürlich. Ich bin bloß …“ Dieses Zögern war untypisch für Liv. „Guter Gott, Kim, ist das denn wirklich wahr? Warum hast du mich nicht schon längst eingeweiht?“

Sofort bekam Kim Magenschmerzen. „Wovon sprichst du überhaupt?“

„Na, du hast es immerhin auf alle Titelblätter geschafft. Nicht nur in den Skandalmagazinen so wie ich, sondern sogar in die Wirtschaftsnachrichten im Fernsehen!“

„Wie bitte?“

„Es heißt, du wärst schwanger. Stimmt das etwa?“

Diego. Fassungslos schloss Kim die Augen und rang nach Luft. Jetzt fingen also die ganz schmutzigen Tricks an!

„Ja.“

„Und wann wolltest du mir das sagen? Bist du denn … Ich meine, kommst du damit zurecht? Weiß Diego schon Bescheid? Wie willst du das eigentlich mit deinem Job hinbekommen?“

Lauter berechtigte Fragen, auf die Kim allerdings noch keine Antwort wusste. „Mir geht es gut, Liv. Ich hatte nur noch keine Zeit, mir richtig klarzumachen, was das nun für mich bedeutet. Nach dem nächsten wichtigen Meilenstein für die Firma werde ich in Ruhe eine Liste mit Dingen erstellen, die in dieser neuen Situation zu berücksichtigen sind.“ Sie fasste einen Entschluss. „Anschließend werde ich mich für ein paar Gespräche mit Mommy Mary zusammensetzen.“

„Wer ist das denn?“ Livs trockener Tonfall zeigte Kim deutlich, wie wenig ihre Schwester von dieser nüchternen Herangehensweise hielt.

„Unsere Expertin für alle Themen, die das Mutterwerden und – sein betreffen. Sie gehört schon länger zu meinem Team.“

„Und was willst du mit ihr besprechen?“

„Ich muss doch lernen, eine perfekte Mutter zu werden. Wir beide hatten schließlich nicht gerade das beste Vorbild, oder?“

„Und bis dahin willst du das Thema aufs Abstellgleis schieben?“

Was soll ich denn sonst tun? dachte Kim im Stillen. Mich auf das klamme Gefühl konzentrieren, das mich fast erstickt, wann immer ich an dieses Baby denke?

Es fiel ihr schwer genug, ständig ihrer Finanzmanagerin über den Weg zu laufen, die gerade stolz ihre eigene Schwangerschaft verkündet hatte. Jeden Tag, den die junge Frau freudestrahlend durch die Büroflure ging, fühlte Kim sich, als würde ihr selbst das entscheidende Muttergen fehlen.

„Ich muss meine Ziele im Auge behalten und darf mein Unternehmen nicht leichtfertig aufs Spiel setzen“, verteidigte sie sich.

„Tja, was soll ich dazu noch sagen?“, seufzte Olivia. „Gib mir Bescheid, falls du meine Hilfe benötigst, okay?“

Nach dem Telefonat fühlte Kim sich schlechter als vorher. In letzter Zeit waren ihre Zwillingsschwester und sie oft nicht einer Meinung gewesen. Dabei wollte sich Kim ihrer Schwester zu gern anvertrauen. Denn Livs Liebe war vorurteilsfrei und an keinerlei Bedingungen geknüpft … so wie es nicht nur zwischen Geschwistern, sondern auch zwischen Mutter und Kind sein sollte.

Doch bisher hatte Kim immer die Starke spielen müssen. Das war notwendig gewesen – um ihre Mutter und später auch Liv vor ihrem herrischen Vater zu schützen.

Nein, sie konnte ihre Ängste niemandem anvertrauen. Am allerwenigsten ihrer Zwillingsschwester, der es von Natur aus leicht fiel, Liebe, Fürsorge und Mitgefühl zu entwickeln. Kim war dagegen darauf trainiert, keine Emotionen an sich heranzulassen und ständig Höchstleistungen zu liefern. Damit konnte Liv nicht gut umgehen.

Wie bei allen Dingen im Leben war Kim zielstrebig und erfolgreich dabei vorgegangen, sich emotional unabhängig zu machen. Und jetzt sah es aus, als könnte sie nicht einmal für ihr eigenes Kind etwas empfinden! Denn selbst nach einer vollen Woche fühlte sie nichts als Panik, wenn sie an ihren körperlichen Zustand dachte. Sie hatte ein Vermögen für zahllose Schwangerschaftstests ausgegeben – in der Hoffnung, einer von ihnen würde negativ ausfallen. Und mit jedem positiven Ergebnis war ihr elender zumute gewesen.

Ob ich mich wegen Diego nicht über die Schwangerschaft freue? Immerhin war ihr Verhältnis zueinander nicht das beste. Hatte ihre eigene Mutter sich damals ähnlich gefühlt? Schwanger von einem Tyrannen … Hatte sie aus Angst vor ihrem Mann keine Gefühle für ihre Töchter entwickeln können?

Ohne das Bett zu verlassen, setzte sie ihre Lesebrille auf und schaltete ihr Tablet an. Ihr Herz klopfte heftig, während sie die erste Webseite aufrief: Die schwangere Geschäftsführerin von ‚The Daily Help‘, Kimberly Stanton, hütet ein Geheimnis. Wer ist der Vater ihres Babys?

Zum ersten Mal stand sie nicht wegen ihres beruflichen Erfolgs in den Schlagzeilen. Der Artikel beschäftigte sich hauptsächlich mit der Frage, wie Frauen Kinder und Karriere unter einen Hut bekommen sollten.

Das hat mir gerade noch gefehlt! Mögliche Investoren würden sich unwillkürlich fragen, ob die Firma für Kim weiterhin an erster Stelle stand. Und das nach dem Riesenskandal um Liv und Alex, der bereits für schlechte Publicity gesorgt hatte.

Hektisch stieß sie das Tablet beiseite und sprang aus dem Bett. Dann checkte sie ihren Tagesplaner im Handy. Heute standen Termine mit vier verschiedenen Investoren an, und abends wollte sie noch dringend ihren Businessplan modifizieren. Da blieb keine Zeit, sich auf irgendetwas anderes zu konzentrieren.

Um Diego würde sie sich später kümmern! Mit Sicherheit war er für diesen Medienrummel verantwortlich, denn außer ihm hatte sie sich niemandem anvertraut. Demnach meinte er es wirklich ernst damit, ihr nachhaltig schaden zu wollen.

Später am Nachmittag zerrte Kim sich nach dem letzten erfolglosen Skype-Gespräch mit einem Wunschinvestor das Headset vom Kopf. Keiner der Kandidaten war bereit, in ihr Unternehmen zu investieren. Aber ihre Kosten liefen unaufhörlich weiter: Miete für die neuen Büroräume, Rechnungen für drei hochmoderne Server und vor allem die Zusatzkrankenversicherung, die sie ihren Mitarbeitern für dieses Jahr zugesichert hatte.

Müde rieb sie sich den steifen Nacken. Ihre Vision einer aufstrebenden Firma, ihr Lebenswerk, stand auf der Kippe – nur weil sie Diego gegenüber schwach geworden war. Dabei wusste sie doch, wie viel es zu verlieren gab, wenn man sich nicht fest im Griff hatte!

Sie stand kurz vor einer handfesten Panikattacke. Ihr Herz raste, ihr Mund war trocken, und das Atmen fiel ihr schwer.

„Reiß dich zusammen, Kim!“, ermahnte sie sich. „Es gibt viele Menschen, die sich auf dich verlassen.“

Genau diese Ansprache hatte sie sich selbst schon einmal im Alter von dreizehn Jahren gehalten, nachdem sie über die gepackten Koffer ihrer Mutter gestolpert war. Den schockierenden Abschiedsbrief an ihren Vater würde Kim nie vergessen. Aber sie hatte jene Nacht überlebt, also würde sie auch diese Krise durchstehen.

Wenn sie ihr Unternehmen verlor, blieb ihr allerdings nichts mehr auf dieser Welt. Sie würde in die absolute Bedeutungslosigkeit hinabgleiten – zumindest nach ihrem eigenen Empfinden.

Entschlossen tippte sie Alex’ Nummer in ihr Handy. Mit ihm hatte sie schon oft geschäftliche Pläne besprochen. Er war jemand, dem sie bedingungslos vertraute – und dem sie in den letzten Wochen aus dem Weg gegangen war … Doch jetzt brauchte sie dringend einen objektiven, unvoreingenommenen Rat, und Alex war der Einzige, an den sie sich mit dieser Bitte wenden konnte.

Blankes Entsetzen durchfuhr Diego, als er die Nachrichten auf seinem Minicomputer verfolgte. Offenbar hatten sich unzählige Fotografen und Journalisten vor Kims Apartment in Manhattan versammelt.

Mit der Faust klopfte er gegen die Trennscheibe seiner Limousine und rief dem Fahrer barsch zu, welche Adresse sie als Nächstes ansteuern würden.

Dann konzentrierte er sich wieder auf das Spektakel vor seinen Augen und runzelte die Stirn, als er eine hochgewachsene, dunkle Gestalt in der Menge entdeckte. Diego erkannte den Mann sofort. Ihr Ex war also auch dort! Diego konnte sich gut vorstellen, was für eine Wirkung dieser Umstand auf die Berichterstattung haben würde. Zuerst der Riesenskandal nachdem Liv sich in Kims Exverlobten verliebt hatte, und jetzt das! Ein gefundenes Fressen für die Reporter. Man würde zweifellos daraus schließen, dass Alexander King der Vater von Kims Baby war.

Diego knirschte mit den Zähnen. Diese Entwicklung hatte er nicht im Sinn gehabt, als er durch einen Strohmann mit Kims Schwangerschaft an die Presse getreten war.

Ohne zu zögern, bahnte sich Alexander King seinen Weg durch die Menschenmenge und verschwand in dem Apartmentgebäude. Vor Eifersucht bekam Diego kaum noch Luft. Er schaltete sein Tablet ab und kniff gequält die Augen zusammen.

Dann dachte er an Eduardo. Nein, noch einmal durfte er nicht zulassen, dass seine Obsession anderen schadete. Hier ging es nicht um das, wozu Kim ihn trieb. Hier ging es einzig und allein um das Wohl ihres gemeinsamen Kindes.

Kim trank einen Schluck Wasser, während Alex telefonierte. Leider hatte sie unterschätzt, wie viel Aufsehen sein Besuch bei ihr erregen würde. Kein Wunder, schließlich war es Freitagabend, und damit sah es aus, als wäre dieser Termin rein privater Natur.

Es hatte sie große Überwindung gekostet, Alex ihr Angebot zu schicken und ihn ganz offiziell um finanzielle Hilfe zu bitten. Bizarrerweise hatte das Gerücht um ihre Schwangerschaft das Interesse an ihrer Webseite in die Höhe schnellen lassen. Damit ließen sich zwar massenweise neue Mitglieder werben, aber eben leider keine zuversichtlichen Investoren.

Außerdem wartete die Öffentlichkeit dringend auf eine Stellungnahme von ihr. Am meisten interessierte die Leute, wer der Vater ihres Kindes war. Sogar die Mutmaßung einer heimlichen Hochzeit, die weit in der Vergangenheit lag, stand im Raum. Diese Spekulationen hatten bereits begonnen, nachdem Alexander und Liv so spontan geheiratet hatten.

Alex steckte sein Mobiltelefon wieder ein und drehte sich zu Kim um. „Es tut mir wirklich leid, Kim. Du weißt, wie sehr ich deinem geschäftlichen Spürsinn traue. Aber so brillant deine Pläne und Prognosen auch sind, ich kann momentan nicht einsteigen.“

Ihr drehte sich der Magen um, doch sie nickte tapfer. Schließlich hatte sie schon mit dem Schlimmsten gerechnet.

Mühsam blinzelte sie gegen die Tränen an, während er freundschaftlich einen Arm um sie legte. „Bei allem, was da draußen gerade vor sich geht, bin ich … Auch wenn ich es nicht gern zugebe, würde unsere Zusammenarbeit unter den gegebenen Umständen deiner Glaubwürdigkeit nur noch mehr schaden.“

Sie nickte noch einmal. Sein Argument war überzeugend. „Ich weiß. Und ich möchte mich für alles entschuldigen. Besonders dafür, dass Liv und du meinetwegen ständig Ärger und Sorgen habt. Wenn ich könnte, würde ich die Zeit zurückdrehen und alles anders machen.“ Lächelnd korrigierte sie sich. „Bis auf den Teil, der meine Schwester und dich zusammengebracht hat.“

Er lachte. „Du musst dies alles nicht allein stemmen. Komm doch einfach eine Weile mit zu …“

„Sie ist nicht allein“, unterbrach ihn eine harte Stimme. „Und Sie sollten es sich zweimal überlegen, bevor Sie meine Frau wieder anfassen!“

Erschrocken fuhr Kim herum. Mit finsterer Miene stand Diego in der Tür zu ihrem Apartment und starrte sie beide herausfordernd an. Neben ihr drehte sich jetzt auch Alex in aller Seelenruhe um. Genau wie sie wusste er, wer den Medien die Nachricht von ihrer Schwangerschaft verraten hatte. Aber als der Gentleman, der er war, hatte er es vermieden, Kim deswegen aufdringliche Fragen zu stellen.

„Lass das, Diego!“, warnte sie. „Sonst werde ich ewig bereuen, dir jemals begegnet zu sein.“

Schulterzuckend richtete er sich zu seiner vollen Größe auf. „Tust du das nicht schon längst? Und willst du deinem Ex nicht deinen Ehemann vorstellen, beldade?“

Mit ruhigen Schritten ging Alex auf Diego zu und blieb direkt neben ihm stehen. Kim stockte der Atem, während sich die beiden Männer stumm in die Augen sahen.

„Ruf mich jederzeit an, wenn du meine Hilfe brauchst“, sagte Alex zum Abschied.

Dann verschwand er und schloss leise die Tür hinter sich.

„Was soll das ganze Theater?“, fragte Kim. „Du benimmst dich wie ein Höhlenmensch.“

„Ich begreife deine Beziehung zu diesem Mann nicht.“

Sie kniff die Augen zusammen. „Jetzt lenk nicht ab! Was wolltest du denn gerade eben machen? Dir mit den Fäusten gegen die Brust trommeln und mich an den Haaren aus der Wohnung zerren, falls Alex dir den Rang streitig macht?“

Diego musste grinsen. „So was habe ich zwar noch nie gemacht, aber wenn mich jemand dazu bringen könnte, dann bist du es.“

Mit offenem Mund starrte sie ihn an, und er wurde plötzlich ernst.

„Du liebst es wohl, mir ständig meine schäbige Kindheit unter die Nase zu reiben, was? Ich schäme mich nicht dafür, dass mein Leben auf den Straßen von Rio de Janeiro begonnen hat oder dass ich meine Fäuste zum Überleben einsetzen musste.“

Das ließ Kim nicht auf sich sitzen. „Es hat überhaupt nichts mit deiner Kindheit zu tun, sondern nur damit, wie du dich hier und heute aufführst!“

„Okay, vermutlich liegst du da richtig. Und ich hätte wohl damit rechnen sollen, dass du dich mit Problemen sofort an ihn wendest.“

„Und mir kommt es vor, als wäre es deine Mission, mich persönlich zu ruinieren. Aber glaubst du wirklich, ich bitte ausgerechnet den Mann um Hilfe, den ich mit dir betrogen habe? Klingt das nicht etwas absurd?“ Andererseits hatte sie ja genau das getan!

Nachdenklich betrachtete er sie. Ihr langärmeliges weißes Oberteil war figurbetont und trotzdem bequem, und die enge, blaue Jeans betonte ihre langen, schlanken Beine. Das relativ kurze Haar hatte sie mit einer Spange zurückgesteckt, und ein paar lose Strähnen fielen ihr noch auf die Wangen.

Diego glaubte ihr, dass er der Vater ihres Kindes war. Sie hätte nichts davon, ihn anzulügen – ganz im Gegenteil. Allerdings begriff er nicht, wie sie immer noch mit Alexander befreundet sein konnte, nachdem dieser inzwischen glücklich mit ihrer Zwillingsschwester verheiratet war. Das kam ihm einfach merkwürdig vor.

Trauerte Kim Alex nach? Immerhin schien sie ihn für den Helden zu halten, der sie aus dieser misslichen Lage befreien konnte … auch wenn sie es nicht direkt zugab.

„Ich erwarte zumindest von dir, dass du es ruhiger angehen lässt“, begann er mit strenger Stimme. „Und ich erwarte auch, dass du auf meine Anrufe reagierst. Du kannst doch nicht weiterhin sechzehn Stunden am Tag arbeiten!“ Sie sah unheimlich abgekämpft aus, deshalb sprach er etwas sanfter weiter. „Man sieht dir die Erschöpfung deutlich an.“

„Wessen Schuld ist das wohl? Ich bemühe mich um Schadensbegrenzung, nachdem du mich mit deinen schmutzigen Tricks erst in Schwierigkeiten gebracht hast.“

„Du hast keine Ahnung, wie unfair ich wirklich kämpfen kann, wenn ich etwas durchsetzen möchte. Aber ich wollte dich ganz sicher nicht in die Arme deines Exverlobten treiben.“

„Vorsicht, Diego! Du klingst beinahe eifersüchtig. Dabei weiß ich genau, dass du dich einen feuchten Kehricht um mich scherst.“

„Vergiss nicht, ich bin ein unzivilisierter Straßenschläger. Ein brasilianischer Junge von der Straße. Selbstverständlich bin ich eifersüchtig.“

Sie rieb sich die klammen Handflächen an ihrer Jeans trocken. Es stimmte. Eine Woche, bevor sie ihn verlassen hatte, war ihr der Begriff herausgerutscht. Dabei interessierte es sie gar nicht, wo er herkam. Im Grunde störte sie bloß, dass er ein Problem damit zu haben schien.

„Warum denn? Selbst du müsstest sehen, wie sehr Alex meine Schwester liebt.“

„Und das macht dich nicht fertig?“

„Ich freue mich unheimlich für die beiden. Wenn es ein Gutes gibt, das aus dem ganzen Schlamassel mit uns entstanden ist, ist es die Liebe zwischen Liv und Alex.“

„Das soll das einzig Gute sein? Demnach kannst du dich immer noch nicht mit deiner Schwangerschaft anfreunden?“ Sein Blick fiel automatisch auf ihren flachen Bauch.

„Entschuldige, wenn ich dich nicht mit perfekt ausgeprägten Mutterinstinkten beeindrucken kann!“

„Du könntest schon ein bisschen weicher und zugänglicher werden. Immer nur zu arbeiten und dem süßen Leben auszuweichen, macht niemanden glücklich, Kimberly.“

„Tja, kaum zu glauben, was mir das süße Leben eingebrockt hat!“ Sie atmete tief ein und merkte selbst, wie ausgelaugt sie war. Und jetzt zwang Diego sie auch noch, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, dem sie bisher erfolgreich ausgewichen war. „Wir können kein normales Gespräch führen, ohne uns dabei an die Kehle zu springen, Diego. Was glaubst du, welche Auswirkungen das auf ein kleines Kind hätte?“

Ohne den Blick von ihrem Gesicht abzuwenden, griff er nach ihren Händen und zog leicht daran. Er führte sie zu der Couch im Wohnzimmer und setzte sich dann selbst auf den Sessel gegenüber. „Noch willst du dieses Baby nicht bekommen. Aber du denkst doch hoffentlich nicht ernsthaft über einen Abbruch nach, oder?“, fragte er vorsichtig.

Kim rang die Hände im Schoß und schüttelte vehement den Kopf. Dies war die einzige Entscheidung in Bezug auf das Baby, die ihr bisher leicht gefallen war.

„Gut. Und ganz egal, wie sehr du dir wünschst, ich würde einfach verschwinden … das wird nicht passieren. Wir werden uns als Mutter und Vater um das Kleine kümmern. Und glaub mir, beldade, das ist weitaus mehr, als viele andere Kinder haben.“

Hat er recht damit? überlegte sie. Wäre ihre Mutter damals nicht bei Nacht und Nebel verschwunden … Oder hätte sie doch wenigstens ihre Töchter mitgenommen …

Wäre mein Leben dann heute anders, vielleicht sogar besser? Nein, es hatte keinen Zweck, sich eine andere Vergangenheit vorzustellen. Schwäche führte unweigerlich zu unerträglichem Schmerz. Das hatte Kim mehrfach in ihrem Leben zu spüren bekommen. Genau darum durfte sie sich auch keine Schwäche mehr gestatten.

„Warum bist du auf Alexander eifersüchtig?“

Missmutig verzog er die Lippen. „Er genießt dein Vertrauen und ich nicht. Nachdem ich mich aus der Gosse hochgearbeitet habe, ist es mir zur Gewohnheit geworden, jeden meiner Rivalen zu hassen. Und Alexander King besitzt nun einmal, was ich begehre.“

Sein offenes Geständnis überraschte sie. „Du möchtest, dass ich dir vertraue?“ Sie stöhnte auf. „Dann hör doch erst mal auf, mir ständig Schwierigkeiten zu machen, und lass uns gemeinsam eine vernünftige Lösung finden!“

Er beugte sich vor und stützte die Ellenbogen auf die Knie. „Ist es nicht äußerst interessant, wie unverkennbar du mit zweierlei Maß misst? Steckt deine Firma in der Krise, bedeutet das gleich, ich würde dein Leben ruinieren. Aber als ich deine Hochzeit verhindert habe, hast du kaum ein Wort darüber verloren. Also, hat Alexander King nun zugestimmt, dein Unternehmen und damit deine gesamte Existenz zu retten?“

Es kränkte sie, wie mühelos er durchschaute, dass sie ihre Firma als ultimativen Lebensinhalt betrachtete. „Nein.“

„Weil du ihm den Laufpass gegeben hast? Merkst du eigentlich, dass du bei deinen Männern ziemlich schnell einen schlechten Eindruck hinterlässt?“

„Nicht jeder ist so rachsüchtig wie du“, konterte sie.

Er pfiff abfällig durch die Zähne. „Und wieso hat Mr King es jetzt abgelehnt, den Ritter für dich zu spielen?“

„Weil mein Image gefährlich auf der Kippe steht – dank deiner Tricks und meiner eigenen Dummheit. Das Konzept meines Unternehmens fußt auf der Idee einer Expertenplattform, die Frauen mit Rat und Informationen über Themen des täglichen Lebens versorgt: Gesundheit, Karriere, Familie bis hin zu Politik, Finanzen oder Sex. Die Betonung liegt dabei auf Experten. Und auch wenn es unfair ist: Eine Frau, die ihr Privatleben nicht geregelt bekommt, kann wohl kaum als Schirmherrin einer solchen Ratgeberseite überzeugen. Selbst wenn sich nichts an meiner Intelligenz oder meiner Art zu denken geändert hat, seit ich von meiner Schwangerschaft weiß. Ich bin zurzeit schlicht kein gutes Vorbild, und eine Zusammenarbeit mit Alex würde diesen Eindruck nur verschlimmern.“

„Aber irgendwann wären die Neuigkeiten doch sowieso ans Licht gekommen“, verteidigte er sich. „Ich habe den Vorgang lediglich beschleunigt.“

Damit lag er nicht ganz falsch. Spätestens in einigen Monaten hätte Kim sich mit dieser Tatsache öffentlich auseinandersetzen müssen. Und je eher sie einen Weg fand, die neue Lebenssituation ihren beruflichen Zielen anzupassen, desto besser war es.

Sie brauchte immer noch dringend einen solventen Investor. Und sie machte sich im Gegensatz zum Rest der Welt auch keine ernsthaften Sorgen um die Zukunft ihrer Idee, weil sie wusste, dass sie die notwendige Arbeit dafür mit links erledigen konnte – mit oder ohne Kind.

Vor der Schwangerschaft selbst hatte sie zwar ziemlichen Respekt, aber auch das würde sie erfolgreich meistern. So wie alles in ihrem bisherigen Leben. Mit einer guten Vorbereitung und reichlich harter Arbeit würde sie auch eine ganz passable Mutter abgeben. Für Zweifel war jetzt jedenfalls kein Platz!

„Was sollte diese ganze Aktion überhaupt, Diego? Würde es dir besser gehen, wenn ich dich um Hilfe anflehe? Wenn ich dir Geld aus dem Kreuz leiere, weil ich ein Kind von dir erwarte?“

„Ja.“

Seine Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. „Meine Absicht war, alle anderen Investoren zu verschrecken, damit dir nichts anderes übrig bleibt, als dich an mich zu wenden.“

„Wozu das Ganze?“

„Es scheint, als wäre dies der einzige Weg, um deine Aufmerksamkeit zu erregen – indem ich deine Karrierepläne durchkreuze.“

Trotz ihrer Müdigkeit wurde Kim ärgerlich. „Ständig soll ich mich für meinen Ehrgeiz und meinen Erfolg rechtfertigen. Dabei hast du mich vor sechs Jahren doch genau deshalb geheiratet, oder etwa nicht? Weil ich klug war und feste Ziele vorweisen konnte. Und jetzt verlangst du plötzlich, dass ich mich in ein Muttertier verwandle? Anscheinend bist du derjenige, der mit zweierlei Maß misst.“

Der Gedanke an ihre Hochzeit brachte ihn aus dem Takt. Verlegen rieb er sich den Nacken. „Willst du wirklich über unsere Vergangenheit reden, beldade?“

Er wollte nicht länger mit ihr streiten. Ihre Erschöpfung war nicht zu übersehen, und er verstand nicht, warum sie es sich derart schwer machte. Wenn sie es nicht schaffte, es langsamer angehen zu lassen, würde er ihr eben dabei helfen müssen. Schließlich ging es hier nicht nur um ihre eigene Gesundheit!

Diego stand auf und setzte sich neben sie auf das Sofa, doch Kim rückte, soweit es ging, von ihm ab. Seufzend presste er sich die Fingerspitzen an die Schläfen. Es schien, als könnten sie entweder diskutieren oder gleich übereinander herfallen, ein normaler Umgang war unmöglich.

„Ich verlange doch gar nicht, dass du deine Arbeit aufgibst. Du sollst lediglich akzeptieren, dass deine Schwangerschaft es notwendig macht, die eigene Lebensweise zu überdenken.“

Sie zog die Knie an und schlang beide Arme um ihre Beine. „Was genau soll das bedeuten? Willst du jetzt als Nächstes die halbe Welt zu einer Babyparty einladen?“

„Du hast doch kaum Freunde, und mit deiner Schwester sprichst du fast nie, wen sollte ich da wohl einladen? Du bist ein Workaholic und lebst hier in einer isolierten Festung. Das kann ohnehin nicht so weitergehen.“

„Was willst du eigentlich von mir?“, unterbrach sie ihn gereizt.

Diego seufzte noch einmal. „Ich werde in dein Unternehmen einsteigen.“

Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an und schüttelte den Kopf. „Das nehme ich nicht an.“

„Du wirst es annehmen müssen. Die Dinge liegen anders als noch vor einer Woche.“

„Weil du sie zu deinen Gunsten manipuliert hast!“

„Nur auf diese Weise bringt man es im Leben zu etwas“, stellte er mit einem Grinsen klar. „Jetzt habe ich dich am Haken, oder etwa nicht?“

„Und was genau versprichst du dir davon?“

„Ach, sieh uns nur an, beldade! Wir sind wie ein altes Ehepaar, wo einer die Gedanken des anderen lesen kann. Wenn das keine wahre Liebe ist, was dann?“

„Schluss mit dem Quatsch, Diego! Warum willst du investieren?“

„Vielleicht weil ich nicht erleben möchte, dass all deine harte Arbeit umsonst war? Oder weil ich meiner Ehefrau unter die Arme greifen möchte?“

Kim hatte das Gefühl, ihr würde ein Stück Eis den Rücken hinuntergleiten. Früher hatte sie sich tatsächlich gewünscht, er würde sie aufrichtig lieben und unterstützen. Aber das war ein alberner Irrtum gewesen, und jetzt machte Diego sich auch noch auf ihre Kosten lustig!

„Das ist nicht witzig“, murmelte sie. Ihre Wangen liefen vor Aufregung rot an. „Was willst du?“ Sie betonte jedes einzelne Wort.

„Wir werden eine funktionierende Ehe führen – für immer!“

Augenblicklich fühlte sich ihr gesamter Körper wie Eis an. Das konnte kaum sein Ernst sein!

„Allmählich verstehe ich“, stieß sie hervor. „Niemand darf dir etwas abschlagen oder dich zurückweisen, ohne dass du dich dafür rächst. Aber ich stelle keine Aufgabe dar, an der du gescheitert bist, und die du nun auf Biegen und Brechen in ein Erfolgserlebnis verwandeln musst.“

„Damit wir uns richtig verstehen, princesa …“, begann er und wurde sehr ernst. „Ich kann mir auch etwas Schöneres vorstellen, als mich mit dir ein Leben lang herumzuschlagen. Aber ich werde dieses Opfer gern bringen, um meinem Kind eine vielversprechende Zukunft zu garantieren. Nur darum geht es. Ich nehme meine Rolle als Elternteil ausgesprochen ernst, und dasselbe erwarte ich auch von dir.“

Ihr wurde speiübel bei dem Gedanken an ein gemeinsames Familienleben. Diego machte sich doch gar nichts aus ihr! Vor sechs Jahren war sie für ihn eine Trophäe gewesen, mit der er vor seinem Vater angeben konnte. Der ultimative Schlussstrich, den er unter seine deprimierende Kindheit ziehen wollte. Und heute interessierte ihn an ihr einzig die Tatsache, dass sie die Mutter seines ungeborenen Kindes war.

Das sollte ihr eigentlich nicht wehtun, trotzdem litt sie Höllenqualen. Und dieser Schmerz wurde von dem Schuldgefühl begleitet, das sie jedes Mal überfiel, wenn sie an ihr namenloses Baby dachte.

Ich muss tun, was für meine Tochter oder meinen Sohn das Beste ist! nahm sie sich vor. Ob sie nun Mutter werden wollte oder nicht … auch wenn es ihr nicht gelingen sollte, etwas für dieses neue, unbekannte Wesen zu empfinden. All das war vorerst egal. Bedingungslose Liebe hatte sie selbst nie erfahren, außer vielleicht von ihrer Zwillingsschwester. Aber Kim verstand etwas von Verantwortung und dem dringenden Wunsch, sich für jemand anderen stark zu machen.

„Du möchtest wirklich das Kind vorschieben, um mir mein Leben zur Hölle zu machen?“

„Am liebsten würde ich das Kapitel mit dir so schnell wie möglich abschließen“, gab er unumwunden zu. „Ich bereue es zutiefst, jemals mit dir geschlafen zu haben. Aber was wir getan haben, ist nicht ohne Konsequenzen geblieben. Und dieses Kind verdient einen zuverlässigen Vater. Keinen Erzeuger, der ab und zu an Geburtstagen vorbeischaut. Es verdient auch eine liebevolle Mutter und eine stabile Familiensituation. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um ihm zu geben, was ich selbst niemals bekommen habe.“

Sie schluckte und fühlte sich innerlich leer. Und sie nahm ihm jedes einzelne Wort ab, denn er hatte ähnlich schlechte Erfahrungen gemacht wie sie. Seine unerschütterliche Entschlossenheit war ihm deutlich anzusehen. Warum hatte er damals nicht genauso um ihre Beziehung gekämpft?

„Aber um das zu erreichen, müssen wir doch keine Ehe führen. Wir könnten ein gemeinsames Sorgerecht vereinbaren.“

„Mein Kind soll nicht wie ein Spielball zwischen zwei Parteien aufgerieben werden. Es verdient eine richtige Familie, und die wird es auch bekommen.“

Es dauerte eine Weile, bis diese Idee in Kims Verstand Gestalt annahm. „Ich werde aber nicht mit dir schlafen.“

Er lachte – etwas zu laut für ihren Geschmack! „Du befürchtest wohl, mir irgendwann nicht mehr widerstehen zu können, was? Keine Sorge, Kim, ich habe meine Lektion gelernt. Mit manchen Dingen handelt man sich nur Ärger ein.“

„Dann sind wir wenigstens in diesem Punkt einer Meinung“, murmelte sie und sah zu Boden. Ihr Herz klopfte so heftig, dass es wehtat. Anscheinend hatte Diego kein echtes Interesse mehr an ihr, nachdem sein Rachedurst gestillt war. Warum verletzt mich das so?

„Das ergibt eine sexlose, lebenslange Ehe mit einem Mann, der mich hasst. Und dem obendrein noch der Löwenanteil meiner Firma gehört und der mir für den Rest meines Lebens an den Kopf werfen wird, was für eine schreckliche Mutter ich bin. Klingt nach einem perfekten Happy End.“

„Happy End? Darauf hast du es abgesehen, princesa? Davon verstehst du doch überhaupt nichts. Bei all deinem Ehrgeiz fehlt dir jeglicher Sinn für Romantik.“ Er rückte näher an sie heran. „Zum letzten Mal: Dein Unternehmen ist für mich nur Mittel zum Zweck. Und ich verlange nicht mehr, als dass du für unser Kind dein Bestes gibst. Was den Sex betrifft … darüber können wir ja in ein paar Jahren neu verhandeln. Oder was meinst du?“, schloss er lächelnd.

„Klingt ganz nach einem Belohnungssystem. Ehefrauen werden für vorbildliches Verhalten mit Sex belohnt.“

Sein Lächeln wurde breiter, und auf seinen Wangen zeigten sich kleine Grübchen, die bei jedem anderen Mann möglicherweise lächerlich gewirkt hätten – nicht aber bei Diegos maskulinen Gesichtszügen! Kim stockte der Atem. Diese Grübchen hatte sie immer geliebt.

„Meinetwegen betrachte das Ganze ruhig als eine geschäftliche Transaktion. Wenn du ein braves, kleines Frauchen bist, bekommst du so viel Sex, wie du willst.“

4. KAPITEL

Ratlos betrachtete Kim sich in der gläsernen Zwischentür, die zu den Fahrstühlen ihres Apartments führte. Leider gehörte sie nicht zu den schönen Schwangeren, von denen Mommy Mary gesprochen hatte. Sie hatte weder einen Nestbautrieb noch leuchtende Augen oder reine Haut. Kim war von schöner Haut meilenweit entfernt! Ihr war ständig übel, sie fühlte sich ausgelaugt und hatte obendrein Ausschlag. Ganz abgesehen von den Stimmungsschwankungen, die sich anfühlten, als hätte man eine Überdosis falscher Antidepressiva eingenommen.

Sie verspürte auch nicht den geringsten Drang, sich mit irgendwem über Babythemen zu unterhalten, sondern war froh über ihre Neunzig-Stunden-Woche im Büro. Ihre einzigen Sorgenkinder waren im Augenblick die PR-Strategie bezüglich des neuen Investors und die Expansion ihrer Firma.

Zwei Tage nachdem Diego ihr wieder über den Weg gelaufen war, hatten sich ihre Anwälte zusammengetan und einen Vertrag aufgesetzt. Jetzt standen Kim plötzlich zwei Millionen Dollar zur Verfügung – viel mehr, als sie sich in ihren kühnsten Träumen erhofft hatte. Sie hätte vor Freude platzen müssen. Ihre berufliche Zukunft war gesichert, und heute Abend würde sie den begehrtesten Preis ihrer Branche als Unternehmerin des Jahres entgegennehmen.

Trotz allem schaffte sie es nicht, sich Diego aus dem Kopf zu schlagen. Es war wie eine Neuauflage ihrer ersten Trennung vor sechs Jahren. Damals war sie mit gebrochenem Herzen nach New York zurückgekehrt und hatte sich rund um die Uhr gefragt, wann er sie anrufen oder ihr sogar nachreisen würde.

Jetzt, einen Monat nachdem er erneut in ihr Leben getreten war, hatte er sie wieder so weit … Sie war zu einer sensiblen Traumtänzerin geworden, und das passte ihr überhaupt nicht.

Vielleicht hätte sie Livs Angebot annehmen sollen, mit ihr und Alex gemeinsam zur Preisverleihung zu fahren. Allerdings ging sie Liv und ihren wohlmeinenden Fragen immer noch aus dem Weg, daher traute Kim sich auch nicht zu, einen ganzen Abend an der Seite ihrer Zwillingsschwester zu verbringen.

Da Kim seit jeher lange Arbeitstage pflegte, blieb ihr keine Zeit, Freundschaften aufrechtzuerhalten oder eigenen Hobbys nachzugehen. So hatte sie es sich ausgesucht, und sie liebte ihren Job mehr als alles andere. Nur die Aussicht, die Abende allein zu Hause verbringen zu müssen, störte sie dann und wann.

Im Fahrstuhl lehnte sie kurz die Stirn an das kühle Spiegelglas und bereitete sich innerlich darauf vor, sich endlich mit ihrer Schwangerschaft auseinanderzusetzen, nachdem sie die Firma erfolgreich aus der Krise gesteuert hatte.

Was würde sie darum geben, eine positive Beziehung zu diesem Kind aufbauen zu können! Für den Anfang reichte ja schon, wenn die Übelkeit etwas abklang. Der Rest kam dann bestimmt von selbst.

In der Lobby bat sie den Portier, ihr ein Taxi zu rufen. Doch als sie auf den Bürgersteig hinaustrat, stand anstelle eines Taxis eine schwarze Limousine vor ihr am Straßenrand. Und plötzlich tauchte Diego hinter ihr auf.

„Bist du bereit?“

Er schob eine Hand unter ihren Arm, und seine Körperwärme beruhigte sie seltsamerweise. Doch dieser Effekt wurde sofort wieder aufgehoben, als sie seinen maskulinen Duft einatmete, der sie an ekstatische, intime Begegnungen erinnerte …

Im Handumdrehen fühlte sie sich nicht mehr so einsam wie noch vor einer Minute. Die frische Luft tat ihr gut, und das flaue Gefühl im Magen machte einem aufgeregten Kribbeln Platz.

In dem grauen Armani-Anzug und mit zurückgekämmten Haaren sah er unfassbar sexy aus. Wie ein moderner Mafioso … Oder spielten lediglich ihre Hormone verrückt? In diesem Outfit und mit dem markanten Profil passte er perfekt in das abendliche New York, und Kim ertappte sich dabei, dass sie sich auf die gemeinsamen Stunden mit ihm freute.

„Vorsicht, minha pequena“, flüsterte er ihr zu und hauchte ihr dabei seinen warmen Atem in den Nacken. „Ich weiß, diese hohen Absätze gehören zu deinem Image, aber trotzdem musst du ab sofort gut auf dich achtgeben.“

Sein kräftiger Arm stützte sie, und Kim spürte wieder die aufregende Wärme, die von Diego ausging. Sie liebte es, wenn er sie meine Kleine nannte. Und nachdem sie sich knapp eine Woche nicht gesehen hatten, befürchtete sie bereits, er hätte es sich mit ihnen anders überlegt.

Habe ich mich etwa schon mit dem Gedanken angefreundet, seine Ehefrau zu sein?

Sobald sie ihre Balance wiedergefunden hatte, ließ er sie los. Sie war fast ein wenig enttäuscht, weil sie glaubte, dass er sie nicht länger anfassen wollte als nötig.

„Was machst du hier?“, fragte sie.

„Ich gehe natürlich mit dir zusammen zur Preisverleihung.“

Sie erstarrte und unterdrückte gleichzeitig die Begeisterung, die ganz langsam in ihr Gestalt annahm und sie zu überwältigen drohte. Was bedeutet diese übertriebene Reaktion? Bin ich es einfach nicht mehr gewohnt, mit einem Mann auszugehen? Aber dies war nicht irgendein Mann, es war Diego!

„Warum?“

„Um mitzuerleben, wie die Welt meine Frau auf Händen trägt und sich vor ihrer Brillanz verneigt.“

„Ja, genau“, antwortete sie ironisch. „Wo kommst du eigentlich grade her?“, fügte sie mit einem Blick auf den Hauseingang hinter sich hinzu.

„Aus dem Penthouse.“

„Dem Penthouse? Was hast du denn da zu suchen gehabt?“ Sofort bereute sie diese neugierige Frage. Eventuell hatte er eine Frau besucht. Und im Grunde wollte sie lieber nicht wissen, was Diego in seiner Freizeit trieb. Schließlich hatte sie sich in den letzten Jahren regelrecht verkniffen, Details über sein Privatleben im Internet auszuspionieren.

„Ich ziehe gerade ein“, erklärte er. „Genau wie du. Es wird unser Zuhause sein, bis wir etwas Passenderes gefunden haben.“

„Du bist nach New York gezogen?“ Das ging ihr dann doch ein bisschen zu schnell, gleichzeitig mischte sich Hoffnung in Kims Panik vor der Zukunft.

„Was glaubst du wohl?“

Spielerisch zupfte er an ihrem Umhang, den sie sich um die nackten Schultern geschlungen hatte. Und für Kim verschwand in diesem Moment der Rest der Welt. Sie sah nur noch Diego vor sich und spürte seine warmen Fingerspitzen an ihrem Nacken.

Mit der Zunge fuhr sie sich über die trockenen Lippen. „Immer wenn du in meiner Nähe bist, lässt mich mein angeblich so brillanter Verstand im Stich“, gestand sie heiser.

Er warf den Kopf zurück und lachte laut. Es war ein volles, herzhaftes Lachen, das auch sie zum Lächeln brachte. Und wieder einmal war sie erschlagen von der männlichen Schönheit dieses atemberaubenden Traummanns! Er hatte etwas an sich, das sofort ihre primitivsten Urinstinkte ansprach. Eine höchst gefährliche Gabe!

„Heute Abend wollen wir aber, dass du einen klaren Kopf hast. Richtig?“

Kim blickte in die Ferne. „Willst du wirklich genau hier leben?“

Das amüsierte Funkeln verschwand aus seinen Augen. „Ach, du dachtest wohl, ich würde nicht zurückkommen?“

„Beim letzten Mal bist du es auch nicht. Aber jetzt hast du ja einen wichtigen Grund, der dich herführt.“ Mit diesem spitzen Kommentar zerstörte sie die prickelnde Stimmung zwischen ihnen endgültig.

„Wirfst du mir irgendetwas Bestimmtes vor, pequena?“

Hastig schüttelte sie den Kopf. Sie war zu feige, um sich von ihm die ungeschminkte Wahrheit anzuhören. Nämlich dass sie ihm vor sechs Jahren nicht wichtig genug gewesen war.

Das Gespräch war beendet, und Diego schob sie sanft auf die wartende Limousine zu. Hinten im Wagen spiegelte sich ihr Gesicht in der Fensterscheibe, und Kim erschrak. Sie musste dringend zum Friseur. Ihr akkurater Schnitt war herausgewachsen, und die längeren Haarsträhnen umschmeichelten schon ihr Gesicht. Und trotz ihres dezenten Make-ups sah man ihr an, wie erschöpft sie war.

Verlegen drückte sie sich tiefer in den weichen Ledersitz und hielt ihren Umhang mit beiden Händen vor der Brust zusammen.

Ich hätte mir etwas anderes anziehen sollen! ärgerte sie sich. Ihr Abendkleid schmiegte sich entschieden zu eng an ihren Körper, und die Korsage machte ihre Oberweite ein bis zwei Nummern größer. Oder lag das etwa an der Schwangerschaft?

Bloß nicht daran denken! An diesem Abend fühlte sich irgendwie alles falsch an. Da Diego sie zudem ununterbrochen anstarrte, überlegte Kim fieberhaft, wie sie ein unverfängliches Gespräch beginnen konnte.

„Ist meine Aufmachung so in Ordnung?“

„Wie bitte?“

„Das ist eine einfache Frage, Diego.“

„Seit wann brauchst du die Rückversicherung anderer Menschen? Du bist doch grundsätzlich in allem unfehlbar.“

„Tja, da irrst du dich. Es gibt viele Situationen, in denen ich am liebsten alles hinschmeißen würde“, erwiderte sie und überraschte sich mit diesem Geständnis selbst. „Und diese Schwangerschaft hat auch ein paar Begleiterscheinungen: Stimmungsschwankungen und Übelkeit, zum Beispiel. Da machst du es mir nicht gerade leichter, wenn du ständig …“

Er brachte sie zum Schweigen, indem er ihre Hand in seine nahm und fest drückte. „Sag mir, wie ich dir helfen kann!“

Diese tröstende Geste ließ sie ein paar Mal schwer schlucken. „Für den Anfang könntest du mir verraten, wie ich aussehe.“

Gehorsam lehnte er sich zurück. „Okay, dann nimm mal den Umhang ab!“ Als sie zögerte, packte er selbst beherzt zu. „Willst du jetzt meine Meinung hören oder nicht?“

Nachdem er den Umhang heruntergezogen hatte, verstummte Diego und ließ seinen Blick langsam an dem schulterfreien, cremefarbenen Seidenkleid hinuntergleiten. Es war eng und betonte jede einzelne ihrer aufregenden Kurven.

Kim hielt den Atem an. Nach einer Ewigkeit war er mit seiner Musterung endlich bei ihren eleganten Prada-Pumps angekommen.

Diego räusperte sich. „Du siehst anders aus als sonst“, kommentierte er schließlich.

„Wie meinst du das denn?“

„Was wird das hier, minha esposa? Fishing for compliments?

„Vielleicht. Und hör auf, mich ständig als deine Ehefrau zu bezeichnen!“ Nervös zupfte sie an ihrem Kleid herum. „Das bin ich gar nicht. Mir wäre viel lieber …“

„Würdest du dich in deinen normalen Sachen wohler fühlen? In einem Kostüm, das die Botschaft aussendet: Beachte zuerst meinen Geist und nicht meine Brüste?“

„Ich muss mein Image dringend aufpolieren und dafür härter als jeder Mann arbeiten, um mir denselben Respekt zu verdienen. In der Geschäftswelt ist leider nicht jeder so überzeugt von meinen Fähigkeiten wie du. Darum will ich mich auch für dein Vertrauen in mich bedanken, ganz ehrlich.“

Er zuckte die Schultern. „Nur ein Idiot würde an dem Erfolg deiner Firma zweifeln. Oder daran, dass du trotz aller Widrigkeiten in der Lage bist, sie weiter auszubauen.“ Er musterte sie noch einmal in aller Ruhe. „Aber eines muss ich dir mal sagen: Ganz egal, ob du deine geliebten Jeans oder dein Businesskostüm trägst – oder ein aufregendes Kleid wie dieses –, du siehst unheimlich heiß aus.“

Verständnislos starrte sie ihn an, während er seinen Tablet-PC zückte. Warum sagte er solche Dinge, wenn er doch gar nicht vorhatte, wieder mit ihr im Bett zu landen? Irgendwie hatte er sich verändert. Damals hatte sie einen leidenschaftlichen, einundzwanzigjährigen Mann geheiratet, dessen Hass ebenso rasant entflammt war wie seine Liebe. Ständig waren seine glühenden Emotionen dicht unter der Oberfläche sichtbar gewesen, und es hatte nur einen winzigen Auslöser gebraucht, um sie mit gigantischer Energie zu entladen. Er hatte nach Erfolg gestrebt und alles und jeden niedergewalzt, der ihm dabei in die Quere gekommen war.

Kim verstand diesen bedingungslosen Ehrgeiz sehr gut. Aber dieser Mann hier, der heute Abend neben ihr saß, strahlte eine kontrollierte Ruhe aus, die ihr fremd war. Man spürte nicht mehr sofort, was ihn bewegte, es sei denn, er sprach es von sich aus an.

Sie hatte mit neugierigen Fragen bezüglich ihrer Schwangerschaft gerechnet, doch Diego hielt sich zurück. Sie war auch darauf gefasst gewesen, dass er sich vielleicht nie wieder blicken ließ, aber auch das war ein Irrtum gewesen. Stattdessen zog er einfach nach New York, um es ernsthaft mit ihr zu versuchen.

Durfte sie ihm seine zivilisierte Fassade abkaufen? Wenn sie es tat, könnte er zum nächsten vernichtenden Schlag gegen sie ausholen, und den würde sie bestimmt nicht unbeschadet überstehen.

„Warum hast du dich eigentlich für dieses Kleid entschieden?“, erkundigte er sich und legte seinen Computer wieder beiseite.

„Eine Freundin hat es entworfen. Ich wollte ihr einen Gefallen tun, indem ich es heute trage. Allerdings hat sie mich ausgetrickst und es erst vor einer Stunde liefern lassen. Wahrscheinlich weil sie genau wusste, dass ich es sonst niemals angezogen hätte.“

„Kluge Frau, deine Freundin. Sie hat verstanden, dass du nur dann etwas für andere Menschen tust, wenn man dich manipuliert.“

Da habe ich ihm ja eine bravouröse Vorlage geliefert. „Willst du auf diese Weise eine positive Atmosphäre für unser Kind herstellen? Indem du mich provozierst und Spitzen auf mich abfeuerst? Diese Art von Ehe kenne ich nämlich schon, schließlich bin ich aus einer solchen hervorgegangen. Und glaub mir, das verdirbt die Kinder auf ewig!“

Damit lehnte sie sich beleidigt zurück und fühlte sich verletzlicher als jemals zuvor. Wie hatte sie bloß an einen Waffenstillstand glauben können? Sechs Jahre Trennung reichten eben nicht aus, die Wut abzukühlen, die zwischen ihnen herrschte. Oder die magnetische Anziehungskraft …

„Ich hatte … ich habe wirklich die Absicht, dafür zu sorgen, dass unsere Beziehung funktioniert“, erklärte er tonlos.

Sein seltsamer Blick verunsicherte sie noch mehr.

„Du machst es mir schwer, mich in deiner Gegenwart zu benehmen“, fügte er leise hinzu.

„Wovon redest du da?“

Er zeigte auf sein Tablet. „Ich habe gerade deine Presseerklärung gesehen.“

„Und?“

„Den wichtigsten Teil hast du ausgelassen. Wieder einmal.“

„Ich habe keine Ahnung, was du meinst. Mein Statement war kurz und prägnant. Ich habe mich eng an den Vertrag gehalten, den deine Anwälte aufgesetzt haben. Aber ich weigere mich entschieden, mein Privatleben in der Öffentlichkeit breitzutreten.“

„Dein Privatleben gehört nicht länger dir allein“, bemerkte er, als der Wagen zum Stehen kam.

Draußen hörte man den Lärm der Menge, die sich vor dem Plaza Hotel versammelt hatte. Doch bevor Kim ihren Umhang überwerfen konnte, präsentierte Diego ihr eine kleine schwarze Ringschachtel.

Sie schluckte.

Beinahe feierlich holte er den Ring hervor und steckte ihn an ihren zitternden Finger.

Mit gemischten Gefühlen betrachtete sie das schmale, exquisit gearbeitete Stück aus Weißgold und den riesigen, glitzernden Diamanten. „Ich möchte ihn nicht tragen. Mir ist auch nicht ganz klar, was du damit erreichen willst.“

„Er soll die üblen Spekulationen über dich und mein Kind beenden.“

Ein plausibles Argument, dem Kim wenig entgegenzusetzen hatte.

„Habe ich dir von dem ersten Mal erzählt, als meine Mutter mich zu meinem Vater brachte?“, fragte er unvermittelt. Als Kim stumm den Kopf schüttelte, fuhr er fort. „Ich war sechs, und wir mussten drei Stunden vor seinem Haus warten, damit er uns überhaupt empfing. Ein Jahr später ging sie wieder mit mir hin. Jedes Jahr zerrte sie mich wieder vor seine Haustür, in der Hoffnung, er würde mich als seinen Sohn akzeptieren. Ich bin mit den beleidigenden Rufen der Nachbarn aufgewachsen. Bastard, Erbschleicher, und das waren noch die harmloseren. Meine Mutter wünschte sich eben ein anderes Leben für mich, ein besseres. Aber mir war das egal. Ich hatte nicht das Gefühl, er würde mir etwas schulden. Bis sie irgendwann im Krankenhaus landete.“

Kim war sprachlos. Nicht einmal vor sechs Jahren hatte sie es geschafft, Diego dazu zu bringen, von seiner Kindheit zu sprechen. Offenbar hatte er jeden Grund, seinen Vater leidenschaftlich zu hassen. „Wie alt warst du da?“

Sein Kopf schoss hoch, als hätte er vorübergehend vergessen, dass er nicht allein war. „Sechzehn. Von Jahr zu Jahr war sie schwächer geworden, weil die harte Arbeit und das schlechte Essen sie zermürbt hatten. Irgendwann konnten wir ihre Behandlung nicht mehr bezahlen, und ich musste ihr fest versprechen, mich von den Straßengangs fernzuhalten. Dort hätte ich nämlich noch Geld besorgen können. Also habe ich mich an meinen Vater gewandt – zum ersten Mal allein.“

Allmählich bekam Kim ein fürchterlich schlechtes Gewissen, weil sie diesen alten Mistkerl – Diegos Vater – indirekt in Schutz genommen hatte.

„Ich bin zum Hauptbüro seiner Baufirma gegangen und habe ihn angefleht, die medizinischen Kosten für meine Mutter zu übernehmen. Ich habe ihm versprochen, für den Rest meines Lebens für ihn arbeiten. Doch er ließ mich durch seinen Bodyguard brutal vor die Tür setzen. Kurz darauf ist sie gestorben, und ich habe mir geschworen, dass ich meinem Vater irgendwann alles nehmen würde! Ich habe keine Ruhe gegeben, bis sein Lebenswerk zerstört war.“

„Diego, woher hätte ich denn wissen sollen …“

„Ich habe dich um wenig gebeten und werde auch nie mehr von dir verlangen. Aber was unser Kind betrifft, habe ich eine ganz klare Einstellung. Ich werde mich niemals wieder um meine Rechte betrügen lassen.“ Er hob die Schultern und hatte sich offenbar wieder voll unter Kontrolle. „Dieses Baby soll als meines anerkannt werden. Und das hättest du im Rahmen deiner Presseerklärung formulieren können, hast es jedoch nicht getan. Darum machen wir es jetzt auf meine Weise.“

Er stieg aus und half Kim danach galant aus der Limousine. Ihre Hand ließ er nicht mehr los, bis sie den roten Teppich des New Yorker Plaza Hotels hinter sich gelassen hatten.

Obwohl Kim stocksteif neben ihm herschritt, genoss Diego die Wirkung, die sie als Paar auf die neugierige Gästeschar machten. Und dieses enge, trägerlose Designerstück war mit Abstand das aufregendste Kleid, das er jemals gesehen hatte. Der Rückenausschnitt saß tief, und wann immer er konnte, legte Diego seine warme Hand dort an Kims nackte Haut.

Sein Verlangen wuchs stetig, seit sie in die Limousine gestiegen waren. Allmählich verabschiedete sich sein klarer Verstand. Es war schon schwer genug, ihr zu widerstehen, wenn sie in Jeans oder Kostüm vor ihm stand. Aber dieser Aufzug raubte ihm endgültig die Beherrschung! Kims Haut fühlte sich sinnlich und seidig an. Die frostige Geschäftsfrauenfassade hatte er ihr sowieso nie wirklich abgenommen. Vielleicht weil er die heiße Leidenschaft kannte, die sich hinter dem perfekten Äußeren verbarg.

Zu spät merkte er, dass sein Blick viel zu lange an dem tropfenförmigen Diamantanhänger gehangen hatte, der zwischen ihren herrlichen Brüsten ruhte. Diego schluckte trocken und drehte schnell den Kopf zur Seite.

Um sie herum wurde das Getöse immer lauter. Sie wurden von Blitzlichtern geblendet, und man stellte ihnen ununterbrochen Fragen, die sie unbeantwortet ließen.

Kim hatte der Presse bisher vieles verschwiegen, aber Diego war wild entschlossen, diesen Fehler zu korrigieren. Es war naiv von ihm gewesen zu glauben, dass sie anstandslos seine Erwartungen erfüllen würde.

Zum Glück hatte er ein Leben lang gelernt, unerbittlich um das zu kämpfen, was er erreichen wollte. Angefangen beim Nötigsten: einem Dach über dem Kopf und Essen auf dem Tisch. Er hatte für seine Mutter kämpfen müssen, für sich selbst … und jetzt würde er es für sein ungeborenes Kind tun.

Die Journalisten waren wie die Bluthunde hinter ihnen her und ganz wild darauf, einen Makel an der perfekten Kimberly Stanton aufzudecken. Und vermutlich hätte Diego die Meute gewähren lassen, würde nicht gleichzeitig sein eigenes Ansehen auf dem Spiel stehen.

„Miss Stanton, stimmt es, dass Sie während Ihrer Verlobung mit dem Ehemann Ihrer Zwillingsschwester schon längst verheiratet waren?“

„Wer ist der Kindsvater?“

„Sind Sie jetzt mit Mr Pereira liiert?“

Als er merkte, wie Kim neben ihm strauchelte, blieb er stehen und hielt sie fest. Hatte sie etwa nicht mit diesem Ansturm gerechnet? Unterschätzt, wie gnadenlos die Medienvertreter einer heißen Story über den vermeintlichen Fall einer Erfolgsunternehmerin nachjagen würden?

„Es heißt Mrs Pereira!“, bellte er in die Mikrofone, die ihm entgegengestreckt wurden. Dann drehte er sich lächelnd zu Kim um und küsste sie mitten in ihr überraschtes Gesicht. „Wir sind überglücklich, nun endlich unser Leben zu zweit zu beginnen und freuen uns wahnsinnig auf unseren Nachwuchs.“

Wie erwartet tobte die Menge vor Begeisterung und Neugier. „Dann sind Sie beide also verheiratet?“

„Und nach sechs Jahren wiedervereint“, bestätigte er.

Vor allen Kameraobjektiven zog Diego Kim in seine Arme, und sie fühlte sich mittlerweile wie eine Zeitbombe, die jeden Augenblick explodieren konnte.

„Meine Frau hat es tief bereut, mich seinerzeit verlassen zu haben, und kam am Abend ihrer angeblichen Trauung zu mir. Wir hatten uns bis zuletzt nicht scheiden lassen, daher war die Verlobung mit Alexander King eher eine Farce. Dafür gab es Gründe, die jetzt keine Rolle mehr spielen“, erklärte er mit einem rätselhaften Grinsen.

„Sind Sie jetzt wieder glücklich miteinander?“

„Unbeschreiblich glücklich sogar“, antwortete Diego voller Überzeugung. „Als wären wir nie voneinander getrennt gewesen.“

Kims Gesicht verlor sichtlich an Farbe. „Bastard“, zischte sie ihm lautlos zu.

Doch er zog sie ungerührt die Treppe hinauf und ließ die aufgeregten Journalisten hinter sich. Der Weg zur eigentlichen Preisverleihung blieb ihnen glücklicherweise versperrt.

Meine Ehefrau! Das klang für Diegos Geschmack einfach wunderbar. Auf diesen Moment hatte er lange gewartet. Endlich musste Kim akzeptieren, dass sie beide ein Paar waren. Zugegeben, er hatte sein Ziel sechs Jahre zu spät und auch nur durch ziemlich faule Tricks erreicht, doch das schmälerte seinen Triumph kaum. Schon vor langer Zeit hatte er gelernt, dass es ihn nirgendwohin brachte, ausschließlich mit fairen Mitteln in die Schlacht zu ziehen. Damit holte man sich nichts im Leben – außer einem zerschundenen Körper und einem gebrochenen Herzen.

5. KAPITEL

Es war der schlimmste Abend, den Kim bisher erlebt hatte. Dabei hatte sie sich ehrlich darauf gefreut.

Die Preisverleihung fand im riesigen Bankettsaal des Plaza Hotels statt. Das Essen war einfach köstlich, und sie schüttelte die Hände der bedeutendsten Zugpferde der Branche. Doch gleichzeitig war Kim ständig auf der Flucht – vor allem vor Liv. Sie wollte ihrer Zwillingsschwester keine Fragen beantworten müssen.

Außerdem setzte ihr die bittere Ironie in Diegos Worten, mit denen er gerade ihre angebliche Liebe beschrieben hatte, fürchterlich zu. In einem anderen Leben hätte sie sich über ein solches öffentliches Statement unendlich gefreut, aber unter diesen Umständen war es die pure Hölle.

Diego war es gelungen, vor jedermann als Ritter in schimmernder Rüstung dazustehen. Dieselben Leute, die ihn noch vor wenigen Tagen wegen seiner skrupellosen Geschäftsgebaren als Monster bezeichnet hatten, lobten ihn an diesem Abend in den Himmel. Dabei hatte er gerade erst die Spielschulden eines Mannes ausgenutzt, um sich eine Insel vor der brasilianischen Küste unter den Nagel zu reißen. Ein ökologisches Paradies, das er sicherlich mit dem Bau zahlreicher Minen ausbeuten wollte.

Kim taten die Lippen weh, da sie seit über einer Stunde mit einem verkrampften Lächeln Glückwünsche entgegengenommen hatte. Sie wusste nicht, was sie mehr störte: Diegos charmante Gelassenheit und seine aufdringlich anzüglichen Blicke in ihre Richtung oder die beleidigende Begeisterung dieser fremden Menschen darüber, dass sie endlich in den Hafen ihrer ursprünglichen Ehe zurückgefunden hatte.

Es schien, als würde jedermann glauben, Diegos Präsenz in ihrem Leben könne ihren beruflichen Fähigkeiten auf die Sprünge helfen. Was für ein kranker Witz war das denn? Eine Schwangerschaft allein zu meistern, traute man ihr offenbar nicht zu. Aber mit einem starken Mann an ihrer Seite wurde sie als Geschäftsfrau wieder voll akzeptiert.

Nachdem die Verleihung vorüber war, und Kim ihre Rede gehalten hatte, wollte sie nur noch nach Hause. Am liebsten zuerst in die heiße Badewanne und anschließend mit einem Kreuzworträtsel und einem Tee ins Bett. Doch ihre Höllenqualen waren leider noch nicht vorüber.

Unerbittlich zog Diego sie auf die Tanzfläche und ließ dort seine Hüften kreisen, bis Kim nichts mehr um sich herum wahrnahm außer ihm. Seit einer Ewigkeit achtete er auf körperlichen Abstand zwischen ihnen, daher überwältigte sie diese plötzliche Nähe zu ihm. Eine erotische Sinneserfahrung, die sie längst verloren geglaubt hatte. Sie hatte Diegos sanften, frischen Duft vermisst, und sein kraftvoller Körper war der schönste, der ihr je unter die Augen gekommen war.

Bilder von früher erwachten nach und nach in Kims Bewusstsein: seine muskulösen Schenkel zwischen ihren, die breite Brust, gespreizte Finger auf ihrer nackten Haut … Es wäre leicht, jetzt innerlich dahinzuschmelzen, aber das wollte sie sich auf keinen Fall gestatten. Schließlich war dies alles nur Show. Er spielte den Medien etwas vor, weil er einen ganz bestimmten Plan verfolgte.

Neugierig sah er sie an. „Genießt du diesen Abend denn nicht? Du wirkst viel zu ernst.“

„In meinem ganzen Leben bin ich noch nie derart tief enttäuscht worden“, murmelte sie mit Grabesstimme. „Ich kann kaum glauben, dass man dich auf einen Thron hebt, nur weil du mich unter die Haube bekommen hast.“

Sein dreistes Grinsen machte sie noch wütender.

„Als ich dich von deiner eigenen Hochzeit entführt habe, warst du nicht annähernd so sauer.“

„Mich stört es einfach, dass ich öffentlich wie eine inkompetente Idiotin dargestellt werde, die ohne Mann nur noch halb so viel wert ist“, presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

„Du meinst, dir missfällt die Illusion, dass du dich vor Gott und der Welt ernsthaft verliebt hast?“, korrigierte er sie amüsiert. „Du hast deinen Investor, die Reputation deiner Firma ist wiederhergestellt, und du genießt meine vollste Unterstützung bei deinem Mutterglück. Was willst du mehr?“

Wie er es ausdrückte, klang es, als wäre sie ein selbstsüchtiges und undankbares Biest. Ihr Problem war allerdings, dass sie nicht mit dem Tempo zurechtkam, in dem ihr die Dinge aus den Händen glitten. Diego nahm ihr nach und nach alles weg, was sie zum Überleben brauchte. Wenn sie nicht aufpasste, hätte er sie in kürzester Zeit in die Knie gezwungen.

„Diese scheinheilige Glückseligkeit in unserer Beziehung ist wirklich überflüssig. Du tust ja fast so, als wären Romeo und Julia wiedervereint worden.“

„Findest du? Hast du mal darüber nachgedacht, welche Auswirkungen der Rummel um dich auf das Leben deiner Schwester hat? Dass auch sie permanent von den Medien belagert wird, weil man glaubt, ihr Ehemann hätte dich geschwängert?“

Daran hatte sie tatsächlich nicht gedacht. „Liv kannte immer die Wahrheit.“

„Und das bedeutet automatisch, dass sie den ganzen Stress lässig wegsteckt? Dass es ihr nicht wehtut und auch keinen Schatten auf ihre junge Ehe wirft? Was ist mit Alexander? Du bist sofort zu ihm gerannt, als du Hilfe brauchtest. Auch sein Ansehen leidet unter deinen Spontanaktionen. Willst du beide unnötigerweise weiter belasten, weil es dir gegen den Strich geht, dass du jetzt offiziell an mich gebunden bist?“

Damit hatte er ihre Schuldgefühle geweckt, und Kim sah betreten zur Seite. Lieber Himmel, jedes einzelne seiner Worte traf genau ins Schwarze! Sie war Liv bewusst aus dem Weg gegangen, um ihr nicht Rede und Antwort stehen zu müssen.

„In deiner üblichen egoistischen Art hast du an niemanden außer dir selbst gedacht, oder?“, schloss er. „Nicht einmal an mich.“

„Woher sollte ich wissen, wie du dich fühlst? Bis vor ein paar Stunden hatte ich noch keine Ahnung davon, wie dein Vater dich früher behandelt hat oder wie deine Mutter ums Leben gekommen ist. Du hast mir nie etwas über dich erzählt. Seit wir damals auf diesem Schiff gewesen sind, hast du mich ständig im Unklaren gelassen …“

Er schüttelte den Kopf. „Dein Problem ist, du kannst mit deiner neuen Lebenssituation nicht umgehen. Alles, was eine normale Frau glücklich machen würde, versetzt dich offenbar in Panik.“

„Selbst schuld, wenn du jemals geglaubt hast, ich wäre eine normale Frau“, giftete sie zurück.

„Das habe ich nicht, zu keinem einzigen Zeitpunkt. Aber egal, was du im Herzen bist, du versteckst das alles sowieso hinter einer perfekten Fassade.“

Das ließ sich nicht leugnen, und Kim schnitt eine Grimasse. Sie durfte schlicht nicht zulassen, dass diese Ehe oder auch Diego selbst ihr etwas bedeuteten. Wenn sie das tat, würde sie mit Sicherheit daran zerbrechen.

„Bedeutet das, du hast es auf keine perfekte Ehefrau abgesehen?“, fragte sie spitz.

„Nicht ich bin von Perfektion besessen, sondern du.“

„Nur weil du es mittlerweile zu Reichtum gebracht und einen gewissen Status erreicht hast. Du hast dir selbst, deinem Vater und dem Rest der Welt etwas bewiesen, darum brauchst du keine Vorzeigeehefrau mehr – anders als noch vor sechs Jahren!“

Seine Hand wanderte von ihrem Rücken hinauf in ihren Nacken, und Diego fluchte leise. „Du willst nicht einmal meinen Ring tragen. Du wolltest nicht öffentlich zugeben, dass dein Baby von mir ist. Obwohl ich dieser Ehe eine Chance geben will, erklärst du mir den Krieg. Deine langen Arbeitstage und dein fehlendes Sozialleben haben offensichtlich mittlerweile deinen Verstand getrübt und deine Erinnerungen verfälscht.“

Die nächsten Worte flüsterte er ihr ins Ohr. „Ich war nicht derjenige, der abgehauen ist. Bei unserer Hochzeit wusstest du genau, wo ich herkomme. Aber nachdem wir das Schiff verlassen hatten, nachdem dir die wahre Bedeutung meiner Wurzeln klar geworden ist, wolltest du mich nicht mehr. Also wage es ja nicht, mich für unsere Vergangenheit verantwortlich zu machen!“

Nach diesen Worten ließ er sie einfach auf der Tanzfläche stehen. Er musste allein sein, bevor er eine Dummheit beging. Bevor er Kim entweder besinnungslos küsste oder seine Faust in die nächstbeste Wand rammte!

Vor einem Monat war sie seelenruhig in ihr eigenes Leben zurückgekehrt, nachdem er sie verlassen hatte, und hatte sich gleich wieder ihrem Ex an den Hals geworfen. Nichts berührte sie. Weder die Tatsache, dass Diego nach all den Jahren zu ihr zurückgekehrt war, noch die bevorstehende Geburt ihres gemeinsamen Kindes. Wie konnte sie es da wagen, ihm die Schuld am Scheitern ihrer Beziehung zuzuschieben?

Trotz allem hatte er die tiefe Traurigkeit in ihren schönen Augen gesehen, als sie sich selbst als Vorzeigeehefrau bezeichnet hatte.

Gerade als er den Saal verlassen wollte, tippte ihm jemand von hinten auf die Schulter, und er fuhr herum. Es war Olivia King, die ihn freundlich anstrahlte.

Sie trug ein rotes knielanges Cocktailkleid, und um ihren Hals hing eine schwere Rubinkette. Im Gegensatz zu ihrer Schwester trug Liv die Haare nicht streng und kurz, sondern offen und wild.

„Hallo, Diego“, sagte sie zögernd.

Fragend hob er die Augenbrauen, denn auf eine formlose Ansprache wie diese war er nicht vorbereitet gewesen.

„Entschuldige, dass ich dich so einfach überfalle, aber ich wollte diese einmalige Gelegenheit nutzen. Immerhin bist du der Vater meiner Nichte oder meines Neffen.“ Ihr Lächeln wurde noch strahlender. „Und mir bleiben nur wenige Sekunden, bevor Alexander herkommt und mir den Kopf abreißt, weil ich mich eingemischt habe.“

Verwirrt schüttelte Diego ihre Hand, die sie ihm entgegenstreckte. Kim trug ihre Manieren wie ein Schutzschild vor sich her, wie eine Rüstung, die niemand durchdringen konnte. Liv dagegen überwältigte ihr Gegenüber mit entwaffnender Offenheit. Man konnte praktisch jede ihrer Emotionen in ihrem Gesicht ablesen.

Ihre braunen Augen waren Kims sehr ähnlich und hatten dennoch einen völlig anderen Ausdruck. Das fand er besonders irritierend, denn sie übten nicht die geringste Anziehungskraft auf ihn aus.

Er runzelte die Stirn. „Wo wollen Sie sich einmischen, Mrs King?“

Sie zwinkerte ihm zu. „Nenn mich bitte Liv! Ich wollte mich unbedingt mit dir unterhalten. Alle reden über diese Presseerklärung, in der Kim sich ziemlich bedeckt gehalten hat.“

„Scheint, als wäre ich das schmutzige, kleine Geheimnis deiner superperfekten Schwester.“

Automatisch ließ er seinen Blick auf der Suche nach Kim durch den Raum schweifen und entdeckte sie sofort. Sie stand an einem der Tische und unterhielt sich mit Alexander. Die beiden passten wirklich ausgezeichnet zusammen. Sie waren sich in vielen Punkten vollkommen einig, und trotzdem hatte Alexander King einen handfesten Skandal in Kauf genommen, um Olivia für sich zu erobern.

„Du bist schon lange kein Geheimnis mehr“, konterte Liv und winkte ab.

Diego konzentrierte sich wieder auf sie. „Es ist zermürbend, darauf zu warten, dass deine Schwester das Richtige tut.“

„Meine Schwester …“ Sie zögerte und wählte ihre nächsten Worte sorgfältig. „Sie behält ihre Gefühle und Ängste lieber für sich.“

„Demnach hat sie tatsächlich welche unter dieser brillanten Oberfläche?“

Seinen Sarkasmus ignorierte Liv geflissentlich. „Kim musste für meine Mutter und mich immer die Starke spielen. Das war der einzige Weg für uns alle, den Alltag heil zu überstehen. Der einzige Weg, wie sie mich schützen konnte.“

„Vor wem?“, fragte er, bevor er sich auf die Zunge beißen konnte. Was geht mich das alles eigentlich an? „Weißt du was? Mich interessiert bloß, dass sie jetzt für unser Kind das Richtige tut.“

Olivia nickte. „Ich wollte dir ja auch nur sagen, wie sehr ich mich freue, dass du und Kim es zusammen versuchen wollt.“

„Wenn Blicke töten könnten“, murmelte Diego. „Dein Mann feuert quer durch den Raum Blitze auf mich ab. Ich glaube, er kann mich nicht ausstehen.“

„Ach, er hat eben einen extrem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.“

„Wirklich? Trotzdem hat er sich mit dir vergnügt und weiterhin vorgegeben, mit Kim verlobt zu sein? Hat sie ohne Gewissensbisse gegen dich ausgetauscht …“

Man sah ihr an, wie ärgerlich sie wurde. „Alexander und Kim … hatten nie eine echte Beziehung miteinander. Noch bevor sie überhaupt von uns wusste – nachdem sie mit dir unterwegs gewesen ist –, hat sie mit Alex Schluss gemacht. Ich meine, sie haben noch nicht einmal miteinander …“

Kim hatte mit Alexander King Schluss gemacht? Wann genau? Diego fühlte sich, als hätte ihm jemand in den Magen geschlagen. „Nicht einmal was, Olivia?“

Doch sie hatte sich wieder gefangen und musterte ihn nun aus schmalen Augen. „Hast du das ernst gemeint, was du vorhin zu den Journalisten gesagt hast? Das mit dem Neuanfang und den Gefühlen?“

„Ja.“

„Alexander und Kim hatten nie eine körperliche Beziehung zueinander“, murmelte sie tonlos.

Für Diego war es, als würde ein Vorhang fallen, der den Blick auf ein besonders begehrenswertes Kunstwerk freigab. Diese neue Information erfüllte ihn mit tiefer, primitiver Befriedigung. Gleichzeitig fragte er sich, warum Kim ihm dieses Detail vorenthalten hatte. Vermutlich weil sie alles in sich verschloss, was ihr Gefühlsleben betraf.

Außerdem hatte er ihr Anlass genug gegeben, ihn als erklärten Feind zu betrachten. Und das musste sich schleunigst ändern, wenn ihre Ehe eine echte Chance bekommen sollte. Plötzlich bemerkte er, wie Olivia sich verkrampfte. Ihr Gesicht wurde schlagartig kreidebleich und war vor Angst verzerrt.

Diego drehte sich in die Richtung um, in die sie blickte, und entdeckte Jeremiah Stanton, der gerade irgendjemandem die Hand schüttelte.

Sofort sah er zu Kim hinüber und bemerkte, dass Alexander bereits mit großen Schritten auf sie beide zukam.

„Olivia? Geht es dir gut?“, erkundigte er sich besorgt.

Sie sah zu ihrem Mann, und ihre Lippen zitterten. „Entschuldige, alte Gewohnheiten legt man schwer ab!“ Dann lehnte sie sich kurz schutzsuchend an seine Schulter und wandte sich anschließend wieder an Diego. „Du musst schnell wieder zurück zu Kim, okay?“

„Wovon sprecht ihr beide da?“

„Mein Vater“, stieß sie hervor. „Ich kenne die Ausmaße seines Zorns besser als jeder andere. Ihm wird es nicht gefallen, was über deine Beziehung zu seiner Supertochter geredet wird.“

„Na, und? Mir gefällt es auch nicht.“

„Du verstehst das nicht. Er wird sie dafür in Stücke reißen. Was immer da zwischen euch vorgeht, versuch heute Abend bitte, gut auf sie aufzupassen!“

Unruhig tigerte Kim in der Ecke des Bankettsaals auf und ab. Sie wollte sich mit Diego aussprechen, andererseits fühlte sie sich einer solchen Konfrontation nicht gewachsen. Egal, sie musste es irgendwie hinter sich bringen.

Leider kam sie nicht weit, denn ihr Vater schnitt ihr den Weg ab. Entsetzt starrte Kim in sein wutverzerrtes Gesicht.

Normalerweise trafen sie sich zweimal pro Woche zum Lunch. Aber in letzter Zeit war er geschäftlich viel unterwegs gewesen, daher hatten sie keinen Kontakt gehabt. Das bedeutete auch, dass die Nachrichten über sie und Diego ihn vermutlich überrumpelt hatten.

Nervös versuchte sie, ihm entgegenzulächeln. Normalerweise richtete sich sein Groll grundsätzlich gegen Liv, doch heute schien das anders zu sein. Er gab Kim nicht einmal den üblichen Begrüßungskuss auf die Wange.

„Hast du deinen gottverdammten Verstand verloren, Kimberly?“, herrschte er sie an. „Nur einen Monat bin ich nicht vor Ort, und du schaffst es, dein gesamtes Leben und sogar deine Firma auf den Kopf zu stellen?“

Sie schnappte nach Luft. „Dad, mir ist klar, wie schrecklich das Ganze klingen muss. Aber ich bin schon längst dabei, Schadensbegrenzung zu betreiben. Tut mir leid, dass du es auf diese Weise erfahren musstest.“

„Ach, tut es das? Mit wem ich auch rede, alle Leute sprechen mich auf diese entwürdigende Geschichte an. Bist du denn wirklich keinen Deut besser als deine nutzlose Schwester?“

„Zum letzten Mal, Dad: Liv hat absolut nichts falsch gemacht. Mir ist klar, dass ich Mist gebaut habe, aber die Wahrheit ist …“

„Du läufst vor deiner eigenen Hochzeit davon“, unterbrach er sie barsch. „Du lässt dich von einem Niemand schwängern und treibst dein Unternehmen fast in den Ruin. Und das nach allem, was du von mir gelernt hast. Damit lieferst du mir den Beweis, dass du derselbe Abschaum bist wie deine Mutter! Dieses Verhalten passt nicht zu der Tochter, die ich erzogen habe und auf die ich immer stolz war.“

Ihr Herz fühlte sich bleischwer an, und Kim griff nach seinen Händen. „Er ist kein Niemand, Dad“, widersprach sie vehement.

„Stimmt das? Ihr habt schon vor sechs Jahren geheiratet? Und er ist der Vater des Kindes?“

Sie nickte. „Ja, Diego ist der Vater, und unsere Ehe ist rechtskräftig.“

„Dann bringst du diesen ganzen Schlamassel am besten umgehend wieder in Ordnung!“

„Das mache ich, versprochen. Sehen wir uns dann, wenn …“

Doch er schüttelte energisch den Kopf. „Ruf mich nicht an, bevor du nicht eine Weile aus den Schlagzeilen verschwunden bist! Wenn du das hier nicht geregelt bekommst, bist du für mich gestorben – genau wie deine Schwester!“

Ohne sich noch einmal nach ihr umzudrehen, verschwand der alte Mann in die entgegengesetzte Richtung, und Kim sackte mit dem Rücken gegen die Wand. Tränen brannten in ihren Augen, was sie vermutlich den verflixten Schwangerschaftshormonen zu verdanken hatte. Denn die Reaktion ihres Vaters kam kaum überraschend. Sie hatte schon unzählige Male ähnliche Szenen erlebt, wenn er sich Liv zur Brust genommen hatte.

Ich habe so viele Menschen enttäuscht, dachte Kim unglücklich. Liv, Alex, meinen Vater und am meisten mich selbst.

Dann entdeckte sie Diego, der in ihrer Nähe stand und ihrem Vater fassungslos hinterherblickte.

Diego war regelrecht sprachlos. Kein Vater sollte seinem Kind derartige Beleidigungen an den Kopf werfen. Am liebsten wäre er Jeremiah Stanton gefolgt und hätte ihm eine gehörige Abreibung verpasst! Aber er hatte seiner Mutter einst versprochen, Probleme nie mehr mit körperlicher Gewalt zu lösen. Darum schluckte er seinen Hass mühsam hinunter.

Kim war offensichtlich am Boden zerstört. Im Gegensatz zu ihrem Gesicht wirkte ihr beiges Kleid fast farbenfroh. In Sekundenschnelle war er bei ihr und legte ihr einen Arm um die Schultern.

„Bist du okay?“

Mit ihren warmen braunen Augen sah sie ihn ruhig an. „Mir geht es gut. So ist mein Vater eben.“

Das konnte er so nicht stehen lassen. „Er hat dich vor allen Leuten zur Schnecke gemacht. Und weswegen? Weil du ein Kind von mir erwartest? Weil du dich einmal nicht hundertprozentig unter Kontrolle gehabt hast? Himmel, du bist fünfundzwanzig und leitest ein eigenes Unternehmen. Willst du mir etwa erzählen, er hat sich schon immer derart aufgeführt?“

„Ja. Aber bisher hat sich sein Terror ausschließlich gegen meine Mutter und später gegen Liv gerichtet.“

Diego stieß zischend Luft aus. „Wieso nicht gegen dich?“

„Ich habe ihm keinen Anlass dazu gegeben, sondern war stets bemüht, unfehlbar zu sein. Ich habe alles getan, was er von mir verlangt hat, und das meistens auch mit Erfolg.“

„Dann bist du gar nicht sauer auf ihn?“

„Ich ärgere mich eher darüber, dass ich ihm einen Grund geliefert habe, auf mich loszugehen. Aber du weißt doch längst, dass ich bereue, was ich mir da vor einem Monat geleistet habe.“

„Warum verteidigst du ihn?“

„Er ist verantwortlich für den Erfolg, den ich bisher gehabt habe. Hätte er mich nicht ständig unter Druck gesetzt, wäre ich heute ein Nichts. Und das ist eben seine Art, mich davor zu bewahren, alles zu ruinieren.“

„Du machst einen einzigen Fehler – wenn man das überhaupt so nennen kann – und dafür darf er dich in Stücke reißen? Begreifst du denn gar nicht …“

„Du übertreibst, Diego.“

Ihre Resignation brachte ihn zur Weißglut. „Ich habe die Angst in Olivias Augen gesehen. Willst du etwa leugnen, dass er auch dafür verantwortlich ist?“

„Nein, will ich nicht. Weißt du, wo sie steckt?“

Er fluchte frustriert. Um ihre Schwester machte sie sich Sorgen, aber nicht um ihren eigenen Stolz. „Alexander ist bei ihr.“

„Ich habe immer mein Bestes gegeben, um sie zu schützen“, sagte sie leise, und es klang wie eine Rechtfertigung. „Das bedeutete, dass ich ständig für Frieden und gute Stimmung sorgen musste, damit er keinen Grund fand auszurasten.“

Warum war es ausgerechnet Kims Aufgabe gewesen, Liv zu beschützen? Diese Frage behielt Diego allerdings lieber für sich.

„Darum musstest du also Miss Perfect werden?“

„Warum klingt das aus deinem Mund so abfällig? Und inwiefern unterscheidest du dich denn von ihm?“

„Dein Vater ist ein Tyrann. Und wenn du mich als Tyrannen bezeichnen willst, habe ich entschieden etwas dagegen.“

„Nein, nein, ich halte dich für keinen Tyrannen“, sagte sie beschwichtigend. „Aber genau wie er erwartest auch du etwas Bestimmtes von mir. Darum hast du mich auch vor sechs Jahren geheiratet. Und darum wollte Alex mit mir vor den Altar treten. Das hatte alles immer mit meinen Leistungen zu tun, die ich allein der strengen Erziehung meines Vaters verdanke.“

Sie klang zutiefst verletzt. Jetzt ergab ihr fanatischer Lebensstil mehr Sinn für Diego. Ihr isoliertes Leben … Mit einem Mal änderte sich seine Perspektive, und es fiel ihm wie Schuppen von den Augen, weshalb Kim zu der Person geworden war, die jetzt vor ihm stand.

„Mir reicht die ganze Aufregung für heute“, murmelte sie und schob ihre Hand unter seinen Arm. „Können wir einfach gehen?“

Er nickte und führte sie zum Ausgang. Dabei vergewisserte er sich bei jedem zweiten Schritt, ob es ihr gut ging. In diesem sündhaften Kleid sah sie atemberaubend hübsch aus und elegant und graziös, wirkte aber trotzdem gestresst und unsicher.

Er fühlte sich an die Nacht erinnert, als er ihr zum ersten Mal begegnet war. Ein kleines, romantisches Kreuzfahrtschiff … sie hatte ganz allein an Deck gestanden, abseits vom Rest der Fahrgäste. Der Wind hatte mit ihren Haaren gespielt und ihr knielanges grünes Kleid um ihre schlanken Beine geweht.

Ihre Einsamkeit war für Diego greifbar gewesen und hatte tief in ihm schlummernde Instinkte geweckt. Sie schien sich nicht fürs Feiern zu interessieren. Über eine Stunde hatte er sie beobachtet, bevor er zu ihr gegangen war. In jener Nacht hatten sie kaum mehr übereinander erfahren als ihre Vornamen, aber Diego hatte zwei Stunden darauf verwendet, Kim endlich ein kleines Lächeln zu entlocken. Als das endlich geschafft war, waren sein Triumph und seine Freude grenzenlos gewesen. Er hatte sich wie der König der Welt gefühlt.

Seit ihr Vater sie brutal fertiggemacht hatte, wirkte Kim genauso klein und zerbrechlich wie damals auf ihn. Diegos Mitgefühl verdrängte seinen eigenen Groll auf sie und weckte das Begehren, das er bisher erfolgreich unterdrückt hatte. Dabei war er schon fast überzeugt gewesen, endgültig von ihrer verführerischen Anziehungskraft geheilt zu sein. Weit gefehlt! Pure Lust und sogar noch etwas mehr als das schossen wie heiße Lava durch seine Adern.

Am liebsten hätte er Kim bei den schmalen Schultern gepackt und sie geschüttelt, bis sie begriff, dass sie nicht auf die Anerkennung ihres widerwärtigen Vaters angewiesen war. Diego wollte sie küssen, bis die Logik aus ihrem klaren Blick verschwand und dem Verlangen Platz machte, das er früher mit ihr erlebt hatte. Doch das durfte er nicht tun, wenn er seine Sinne beisammenhalten wollte.

Ihm schwante, wie wenig er eigentlich über die Frau wusste, die er vor sechs Jahren spontan geheiratet hatte.

Gab es etwa auch einen triftigen Grund dafür, warum sie ihn damals verlassen hatte? Trug er Mitschuld an der Trennung? Und falls das so war, warum hatte dieses verschlossene Frauenzimmer ihn dann nicht damit konfrontiert?

6. KAPITEL

Kim streckte sich in dem Luxusbett aus, das in Diegos Gästezimmer stand, und warf einen Blick auf den Wecker neben sich. Es war fünf nach sieben. Diegos Haushälterin Anna hatte ihr von einem Pool auf der Terrasse erzählt. Und Kim brannte darauf, nach dem erholsamen Schlaf überschüssige Energie loszuwerden.

Im Ankleidezimmer suchte sie ihren Badeanzug heraus. Obwohl sie gerade erst eingezogen war, hatte Anna schon alle Kisten und Taschen für sie ausgepackt und in die Regale geräumt. Diese Haushälterin war wirklich ein Schatz!

Für den Umzug ins Penthouse hatte Kim extra einen Zeitpunkt gewählt, an dem Diego außer Landes war. Ob er sich darüber freute, dass sie von nun an zusammenlebten? Möglicherweise hatte ja auch er inzwischen seine Meinung geändert. Nach der Preisverleihung hatte sie tagelang auf seinen nächsten hinterhältigen Zug gewartet, doch er hatte sich ihr gegenüber durchweg geduldig und freundlich verhalten.

Sie musste immer wieder daran denken, wie eindringlich Liv sie zum Abschied umarmt hatte, nachdem sie den Ballsaal des Plaza Hotels verlassen hatten. Diego hatte recht. Seit Bekanntwerden ihrer Schwangerschaft hatte Kim mit jeder Handlung, mit jedem einzelnen Wort ausschließlich sich selbst schützen wollen, um vor Diego keine Schwächen zu zeigen. In diesem Zug hatte sie sogar ihre Zwillingsschwester ausgeschlossen, ohne darüber nachzudenken, wie sehr das Liv verletzten musste, die sich natürlich große Sorgen um ihre schwangere Schwester machte.

Wann habe ich aus den Augen verloren, wie es den Menschen um mich herum geht? fragte Kim sich betroffen. Früher hatte sie sich für andere stark gemacht. Neuerdings aber verwandelte sich diese künstliche Stärke in puren Egoismus. Stieß sie Diego von sich, weil er der Einzige war, der sie wirklich durchschaute? Würde sie das gleiche Verhalten an den Tag legen, nachdem ihr Kind auf der Welt war? Stellte sie etwa ihr eigenes Wohlbefinden allem anderen voran, so wie ihre Mutter es getan hatte?

Diese Gedanken machten Kim schwer zu schaffen.

Im Bademantel tappte sie durch den langen Flur und durchquerte am Ende den großen Salon. Hier stützten mehrere verzierte Säulen die hohe Decke. Dieser Raum allein könnte eine ganze Wohnung beherbergen. Unter Kims weichen Hausschuhen glänzte ein weißer Marmorboden, und zwei gläserne Wände boten einen gigantischen Ausblick über Manhattan und den südlichen Bereich vom Central Park. Die Wände waren mit zeitgenössischer Kunst bestückt, und Kim stellte lächelnd fest, dass einige der Künstler brasilianische Wurzeln hatten.

Genau diese Art von extravagantem Luxus hatte sie von einem Emporkömmling wie Diego erwartet, trotzdem war der Stil weit von Prunk und Protz entfernt. Das modern eingerichtete Penthouse hatte Klasse, viel mehr, als man es von einem ehemaligen Straßenkämpfer und Gangmitglied erwartet hätte. Am besten gefiel ihr jedoch die riesige Wohnfläche. Wenn man es nicht gerade darauf anlegte, musste man sich hier nicht zwangsläufig begegnen.

Eigentlich war sie davon ausgegangen, mit Anna allein zu sein. Darum blieb Kim erschrocken stehen, als sie auf den überdachten Teil der Terrasse trat und dort einen Teenager entdeckte – oder besser gesagt einen jungen Mann. Sein ausgeprägter Bizeps war von mehreren bunten Tätowierungen überzogen, die linke Gesichtshälfte mit blauen Flecken übersät, und die Haare hatte er raspelkurz geschoren.

Mit einem frechen Grinsen auf den Lippen hob er zur Begrüßung einen Arm. „Du bist Diegos Frau?“

Seine Lippe war stark geschwollen, und er sprach einen etwas undeutlichen Akzent.

Kim nickte.

„Ich bin Miguel“, fuhr er fort und grinste noch breiter. „Also, falls dich Diego mal langweilt …“ Er zwinkerte und bewegte in eindeutiger Geste die Hüften. „Ruf mich an! Bei mir wirst du’s gut haben.“

Ohne zu blinzeln, starrte sie ihn an. „Freut mich, dich kennenzulernen, Miguel.“ Sie wollte sich nicht anmerken lassen, wie unheimlich ihr diese Begegnung auf der Dachterrasse war, obwohl ihre Gedanken sich wie wild im Kreis drehten. Etwas hilflos sah sie sich auf der Terrasse um.

Es gab einen Grillplatz mit gemütlicher Sitzecke zu ihrer Linken, eine überdachte Bar und bezogene Liegen am Pool. Was sie jedoch am meisten erstaunte, waren die gigantischen Ausmaße des Beckens. Daneben lag noch ein kleiner Whirlpool.

Erst jetzt bemerkte sie Diego, der mit kraftvollen Zügen im Wasser seine Bahnen zog. Sie wollte auf dem Absatz kehrtmachen, doch er kam schon zum Beckenrand geschwommen und wischte sich mit einer Hand das nasse Haar aus der Stirn. Sein braun gebrannter, kraftvoller Oberkörper glitzerte, und der neugierige Blick aus seinen dunklen Augen ging Kim unter die Haut.

„Alles in Ordnung?“, wollte er wissen.

Sie verschränkte die Arme. „Ja, alles bestens. Ich wollte nur …“

„Willst du schwimmen gehen?“

„Wie bitte? Nein, nein, danke.“ Eine Flucht war allerdings zwecklos. Dies war ihre neue Realität. Von nun an würde sie täglich mit Diegos Sexappeal konfrontiert werden, also gewöhnte sie sich besser daran. „Ich wollte tatsächlich schwimmen“, lenkte sie ein und konzentrierte sich darauf, ihm ausschließlich ins Gesicht zu sehen. „Hat Anna dir schon Bescheid gegeben? Ich bin nämlich hochoffiziell bei dir eingezogen, während du unterwegs warst.“

Ohne ihr darauf zu antworten, stemmte er sich hoch und stieg aus dem Becken. Und natürlich war er splitterfasernackt. Kim keuchte und kniff hastig die Augen zu, seinen herrlichen Anblick wurde sie aber trotzdem nicht los. Sofort meldete sich ihre innerste Sehnsucht, und sie presste unbewusst die Schenkel eng aneinander.

„Du kannst deine Augen wieder aufmachen!“, bemerkte er lachend.

Er hatte sich ein weißes Handtuch um die Hüften geknotet und ging auf die Bar zu, um sich ein Wasser einzuschenken. An das Tattoo zwischen seinen Schulterblättern erinnerte sie sich noch gut. Damals hatte sie die Linien oft mit dem Zeigefinger nachgemalt und sie anschließend mit Küssen bedeckt, bis Diego wie wild über sie hergefallen war.

Und nach sechs Jahren überfiel sie noch das gleiche kribbelnde Gefühl wie in jenen Nächten. Bevor sie sich bremsen konnte, war sie schon bei ihm und berührte mit den Fingerspitzen die verblichene Tätowierung.

Diego zuckte zusammen, und die Muskeln auf seinem Rücken bewegten sich unter der gebräunten Haut. Dann drehte er sich um, und Kim zog ihre Hand zurück.

„Dieses Tattoo …“ Sie befeuchtete ihre Lippen. „Den gleichen stilisierten Adler hat auch dieser Teenager auf dem Arm, den ich eben kennengelernt habe.“

Seine Miene wurde düster. „Miguel? Du hast ihn getroffen? Hat er irgendetwas Unpassendes zu dir gesagt?“

„Nicht wirklich“, antwortete sie eilig. „Ich war nur überrascht, weil ich hier draußen niemanden erwartet hatte.“

Lässig ließ er das Handtuch zu Boden fallen und zog sich eine schwarze Trainingshose über. Das gewährte Kim einen kurzen Blick auf seinen knackigen Po und die muskulösen Schenkel. Ihr Herz raste. Jetzt brauchte sie die Abkühlung im Pool noch dringender als vorher!

Als Diego sich ihr wieder zuwandte, riss Kim ihren Blick hastig von seinem Körper los.

„Ich werde eine andere Bleibe für ihn finden“, versprach er. „In den wenigen Stunden, die er hier ist, hat er sich nämlich schon mit Anna angelegt. Darum hat sie wohl vergessen, dich rechtzeitig vorzuwarnen – sie ist stinksauer. Miguel wird dir nichts tun, aber ich kann verstehen, dass dir Jungs wie er unangenehm sind.“

„Habe ich jemals so etwas behauptet?“ Sein indirekter Vorwurf passte ihr ganz und gar nicht. „Ich hätte ihn nicht einmal erwähnt, wenn wir nicht zufällig auf dein Tattoo gekommen wären. Ach, mir war von Anfang an klar, dass wir nicht miteinander auskommen! Bestimmt hast du die besten Absichten, aber du kannst einfach nie …“

„Warte mal!“ Er hielt sie auf, als sie davonstürmen wollte, und sein fester Griff brachte sie kurz aus dem Gleichgewicht. „Ich wollte dich nicht aufregen.“ Er legte eine Hand unter ihr Kinn und sah ihr tief in die Augen. „Dies ist jetzt dein Zuhause, und du sollst dich hier wohlfühlen.“

Darauf wusste Kim nichts zu erwidern, also schwieg sie und genoss das Gefühl der Geborgenheit, das sie bei diesen Worten durchströmte.

„Als unsere Beziehung in die Brüche ging, hatten wir beide Anteil daran“, murmelte er. „Aber dieses Mal geht es nicht allein um uns, wir müssen auch noch an jemand anderen denken. Verstehst du?“

Sie nickte und schluckte ihre Enttäuschung hinunter. Er tat all das nur für sein Kind … „Das ist schon in Ordnung. Wir haben hier ja so viel Platz, dass wir uns nicht zwingend über den Weg laufen müssen, richtig? Ich möchte mich auf jeden Fall für deine Umsicht bedanken. Du hast mich in dieser Schwangerschaft von Anfang an unterstützt. Das war keine Selbstverständlichkeit, und ich habe mich bisher nicht gerade sehr kooperativ verhalten.“

Sein Blick hing an ihren Lippen, und Kim wünschte sich insgeheim, er würde sie einfach küssen. Es war nicht die gleiche kopflose Lust wie noch vor ein paar Wochen, sondern eine leise, brennende Sehnsucht, die sich nicht so leicht beiseitefegen ließ. Und die weitaus mehr Schaden anrichten konnte als reines Verlangen.

Um die Situation zu entschärfen, wechselte sie das Thema. „Was ist eigentlich mit Miguels Gesicht passiert?“

Er zögerte kurz. „Scheint das Ergebnis eines Aufnahmerituals zu sein. Er wollte sich letzte Woche einer Straßengang anschließen, und weil ich zu … beschäftigt war, konnte ich nicht rechtzeitig einschreiten.“

Ihr war sehr wohl bewusst, dass sie diese Beschäftigung war. „Er trägt das gleiche Symbol wie du. Handelt es sich um dieselbe Gang wie bei dir?“

„Ja“, entgegnete er knapp und streifte sich ein weißes T-Shirt über.

Man sah ihm an, wie gern er dieser Unterhaltung ausgewichen wäre, doch das ließ Kim nicht zu. Entschlossen verstellte sie ihm den Weg. „Dann hast du ihn also aus dieser Straßengang herausgeholt?“

„Genau, obwohl er sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt hat.“

„Er wollte nicht mit dir kommen?“

Diego schüttelte den Kopf. „Ich habe ihn gezwungen, das einzige Leben hinter sich zu lassen, das er kennt. Und jetzt muss ich ihn im Auge behalten. Wie ich schon sagte, er wird dir nicht gefährlich werden. Aber auf mich ist er momentan nicht gut zu sprechen.“

Nachdenklich setzte sie sich auf eine der Liegen und schlug die Beine übereinander. „Jetzt ergibt das alles Sinn.“

„Was meinst du damit?“, fragte er und ließ sich auf die Nachbarliege fallen.

„Er hat mir ein ziemlich reizvolles, eindeutiges Angebot gemacht“, teilte sie ihm kokett mit. „Vermutlich nur, um dir eins auszuwischen. Aber einmal abgesehen von seinen Verletzungen sieht er doch ganz annehmbar aus, oder?“

Diese Provokation verfehlte ihre Wirkung nicht. In der nächsten Sekunde saß Diego direkt neben ihr und hüllte sie mit seinem herrlichen Duft ein. „Du hast doch eben gesagt, er hätte nichts weiter gesagt.“ Es klang wie ein Vorwurf.

„Damit meinte ich, er hat nichts Bedrohliches gesagt“, verbesserte sie sich.

„Was genau war es denn?“

Sein Beschützerinstinkt hatte ihr schon früher imponiert, und sie lächelte zufrieden. „Jetzt benimm dich nicht gleich wieder wie ein Höhlenmensch, nur weil er mir ein Kompliment gemacht hat!“

Im Stillen zählte Diego langsam bis zehn. Bei zwei bemerkte er ihr lachendes Gesicht, bei fünf ihre aufreizenden Beine und bei acht das pralle Dekolleté. Sie sah verführerischer aus denn je!

Es würde ihm bestimmt nicht gelingen, diese Tatsache dauerhaft zu ignorieren. Wenn sie hier zusammenlebten, würde es früher oder später wieder im Bett enden!

Er war nach Rio de Janeiro gereist, um seinen Halbbruder Eduardo in der Klinik zu besuchen. Oder zumindest die Hülle, die von dem Jungen noch übrig geblieben war. Obwohl Diego wusste, was ihn dort erwartete, machte ihn jeder Besuch aufs Neue fertig.

Und nun musste er sich auch noch um Miguel kümmern. Er durfte sich im Umgang mit dem Problemteenager keine Fehler leisten. Wie sollte er es parallel dazu schaffen, sein Leben mit Kim aufzubauen und ihr gleichzeitig vom Leib zu bleiben? Was hatte er sich bloß dabei gedacht, sie ins Penthouse zu holen? Jeden Morgen würde er sie sehen, müde und zerzaust, so wie er sie am liebsten mochte. Und dann abends, kurz bevor sie zu Bett ging … Ihr Duft würde jeden Raum erfüllen. Hoffentlich wusste sein Kind einmal zu schätzen, welche Qualen Diego für es auf sich genommen hatte!

„Diego?“

„Erzähl mir jetzt bitte, was genau er zu dir gesagt hat!“, bat er.

„Er wollte, dass ich ihn anrufe, falls ich mich jemals mit dir langweilen sollte.“

„Damit will er mich nur herausfordern“, überlegte er laut. „Nun ja, wenn man bedenkt, wo er herkommt …“

„Aber du hast doch praktisch dieselbe Herkunft und hast mich immer wie eine Prinzessin behandelt“, warf Kim ein.

Autor

Tara Pammi

Tara schreibt sexy Romanzen mit anbetungswürdigen Helden und sexy Heldinnen. Ihre Heldinnen sind manchmal laut und rebellisch und manchmal schüchtern und nerdig, aber jede von ihnen findet ihren perfekten Helden. Denn jede Frau verdient eine Liebesgeschichte!

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