Riskante Affäre - verräterische Küsse

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Selene weiß genau, wie riskant ihre heimliche Affäre mit Adam Danforth ist! Aber die Leidenschaft in seinen Armen ist stärker als die Feindschaft zwischen ihren Familien - glaubt Selene jedenfalls, bis ein Skandal alles zu zerstören droht…


  • Erscheinungstag 09.08.2015
  • ISBN / Artikelnummer 9783733742737
  • Seitenanzahl 128
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

In dem Coffeeshop herrschte für einen Mittwochnachmittag überraschend reger Betrieb.

Selene Van Gelder blieb im Eingang vom D&D’s stehen, einem exklusiven Kaffeehaus in der historischen Altstadt von Savannah, Georgia. Die Klimaanlage war ein Segen, da auch Anfang September noch drückende Hitze herrschte. Selene holte ein paar Mal tief Luft. Vor lauter Nervosität war ihr schlecht. Was sie tat, war verrückt. Sie sollte nicht hier sein.

Sie hatte sich eingeredet, dass sie heute unbedingt shoppen gehen musste, doch als sie sich vor der eleganten Eingangstür des D&D’s wiederfand, war es an der Zeit, sich selbst einzugestehen, dass sie nach zwei Monaten endlich dem unwiderstehlichen Drang nachgegeben hatte, mehr über Adam Danforth herauszufinden.

Dies also war sein Unternehmen. Zumindest gehört ihm ein Teil davon, dachte sie. Er hatte ihr erzählt, dass sein Cousin und sein ältester Bruder seine Partner waren. Sie atmete tief das reiche Kaffeearoma ein und sah sich neugierig das Interieur an.

Der Coffeeshop war so elegant wie erwartet, trotzdem schien die Atmosphäre warm und einladend. An einer Seite befand sich ein gewaltiger Kamin. Selene fragte sich, wie oft er angesichts des milden Klimas in Savannah tatsächlich benutzt wurde.

Merkwürdig, der Anblick des Kamins beruhigte ihre Nerven. Er erinnerte sie an ihre Jugend, die sie in Internaten in Europa verbracht hatte. Ein prasselndes Feuer war in den frostigen Wintern im Norden des Kontinents eher eine Notwendigkeit als ein Luxus gewesen.

Du bist nicht mehr in Europa, Selene, erinnerte sie sich. Nein, sie war zu Hause – sofern sie Savannah wirklich ihr Zuhause nennen konnte. Die Stadt war ihr so vertraut oder nicht vertraut wie jede andere Stadt in den Staaten. Zumindest hatte sie eine gewisse Beziehung zu diesem Ort, so dürftig sie auch war. Sie war hier an einem heißen Sommerabend geboren worden. Und das Grab ihrer Mutter befand sich hier, unter den großen Eichen auf einem der alten Friedhöfe, auf dem die wichtigen Familien üblicherweise begraben wurden.

Ihre Mutter. Sie seufzte und wünschte, sie hätte die Frau kennengelernt, die ihr das Leben geschenkt hatte. Doch Elisabetta Horne Van Gelder war wenige Stunden nach der Geburt ihres einzigen Kindes gestorben. Sie hatte gerade noch lange genug gelebt, um Selene ihren Namen geben und von dem Mann Abschied nehmen zu können, der sie so innig geliebt hatte. Ob mein Leben heute anders aussehen würde, wenn meine Mutter nicht gestorben wäre? überlegte Selene.

Eine schmerzhafte Überlegung, die sie schnell verdrängte. Sie trat an den Tresen und bestellte einen großen Coffee to go von D&D’s bester Kaffeekomposition aus erlesenen Arabica-Bohnen. Dann sah sie sich in dem Raum mit den Kellnern und den Angestellten um, die die komplizierten Kaffeemaschinen bedienten. Adam konnte sie nirgends entdecken.

Eine Welle der Enttäuschung überkam sie. Sei nicht albern, ermahnte sie sich. Der Mitinhaber des Unternehmens, vor allem ein Unternehmer, der so wohlhabend und erfolgreich war, wie Adam Danforth angeblich sein sollte, würde nicht hinter einer Theke stehen.

Außerdem, weder sie noch er konnten ein Treffen in der Öffentlichkeit gebrauchen. Zu groß war die Gefahr, dass sie erkannt würden. Wäre das nicht ein schöner Leckerbissen für die Klatschpresse?

Es war Zeit zu gehen. Sie bedauerte schon fast, dass sie überhaupt hierhergekommen war. Hatte sie sich nicht seit Juli immer wieder gesagt, dass sie sich mit Adam nicht einlassen durfte?

Ganz abgesehen davon, dass es schrecklich arrogant von ihr war, überhaupt anzunehmen, dass er noch an ihr interessiert sein könnte. Schließlich hatte sie kein Wort mehr von ihm gehört, seit er ihr am Tag nach der Abendgesellschaft, auf der sie sich kennengelernt hatten, den wunderschönen Blumenstrauß geschickt hatte.

Als sie sich mit dem Kaffee in der Hand umdrehte, wäre sie fast mit einer Blondine in einem engen blauen Hosenanzug zusammengestoßen. Hastig trat sie einen Schritt zur Seite und murmelte: „Entschuldigung.“

Die Frau nahm sie überhaupt nicht zur Kenntnis. „Honey“, sagte sie gerade zu ihrer Begleiterin, einer aufgetakelten Brünetten. „Er ist einfach ein Bild von einem Mann. Der tollste Kerl, den ich seit Jahren gesehen habe. Stell dir eine Mischung aus Josh Hartnett und Tom Cruise vor. Außer, dass Adam einen Meter achtzig groß ist.“ Sie seufzte. „Der würde mir gefallen.“

Adam? Selenes Aufmerksamkeit war geweckt, auch wenn sie das Gefühl beschlich, jeder in dem Coffeeshop merkte, dass sie lauschte.

„Aber nur solange er den Mund nicht aufmacht“, sagte ihre Freundin. „Ich gebe dir recht, dass er toll aussieht, aber der Mann ist todlangweilig. Ich bin einmal mit ihm ausgegangen, vor Jahren, und ich sage dir, schon nach den ersten zwanzig Minuten bin ich vor Langeweile fast umgekommen.“

Die Blondine zuckte mit den Schultern. „Ich finde es nicht unbedingt wichtig, dass ein Mann klug ist“, sagte sie mit einem verschmitzten Lächeln.

„Das ist das Problem.“ Die Brünette, die mit dem fraglichen Mann ausgegangen war, zog ihr Portemonnaie aus der Tasche. „Er ist zu intelligent. Wenn er einmal mit seinen Geistergeschichten und Legenden anfängt, dann bestellt man sich am besten noch einen Drink und holt die Ohrstöpsel raus. Jedes Mal, wenn du meinst, er ist endlich fertig, dann fällt ihm noch etwas anderes ein.“

Selene konnte ihre Belustigung kaum verbergen. Die beiden mussten von ihrem Adam sprechen.

Nein! Nicht ihrem Adam!

Adam Danforth. Sie vermutete, dass seine Begeisterung für die Geschichte und die Legenden der Stadt viele Frauen schrecklich langweilte, aber für jemanden, der mit Freuden tote Sprachen und alte Literatur studiert hatte, konnte es nichts Interessanteres geben.

Sie bahnte sich ihren Weg an wartenden Kunden vorbei zur Tür. Es war gut, dass sie ihn nicht getroffen hatte. Überhaupt war es eine dumme Idee gewesen, hierherzukommen.

Auf dem Weg zur Tür fiel ihr Blick auf ein großes Schwarzes Brett. Neugierig blieb sie stehen. „Frau sucht männlichen Begleiter für gemeinsame Opernbesuche und Frangelico-Cappuccino. Muss kleine kläffende Hunde lieben“, stand auf einem Zettel. Darunter eine Telefonnummer. Auf einen anderen war ein großes Herz gezeichnet: „Elena, willst du mich heiraten?“ Selene lächelte und las weiter. Offensichtlich war dieses Schwarze Brett so etwas wie eine Singlebörse.

Sie las noch einige Botschaften, dann sah sie es.

Für S., mein Blumengartengespenst. Ich welke ohne dich. Ruf mich an. A.

Sie hielt den Atem an, ihr Herzschlag stockte. Blumengartengespenst? Wer noch könnte so etwas schreiben? Und für wen sonst könnte die Botschaft gemeint sein?

Adam. Adam hatte sie geschrieben. Für sie, Selene. Nur er kam infrage. Nur sie.

Ihre Hände zitterten, als sie einen Stift und einen Block aus ihrer Tasche holte. Ohne darüber nachzudenken, ob es klug war, was sie gerade tat, nahm sie das kleine Stück Papier von dem Schwarzen Brett und steckte es in die Tasche. Dann schrieb sie auf ihren Block.

Für A. Von deinem Blumengartengespenst: Die wunderschönen Blumen, die du geschickt hast, sind auch verwelkt. Wollen wir uns treffen? S.

Schnell pinnte sie ihre Antwort an das Brett, dann floh sie aus dem Coffeeshop, bevor ihr Verstand siegen konnte. Sie war schon an der nächsten Straßenecke, als sie merkte, dass ihr Handy klingelte.

Sie nahm es aus der Handtasche und klappte es auf. „Hallo?“

„Selene!“ Die Stimme war wohltönend, etwas rau und sprach mit französischem Akzent. „Wie geht es dir, ma petite? Ich bin schrecklich sauer, dass du nicht angerufen hast, um dich nach meinen Hochzeitsplänen zu erkundigen.“

„Guillemette!“ Unbändige Freude durchfuhr sie. Ihre Zimmergenossin auf dem Internat und beste Freundin auf der ganzen Welt war die Tochter einer französischen Adelsfamilie. Willi, wie sie genannt wurde, hatte sich kürzlich mit einem entfernten Verwandten der Königin von England verlobt. „Wie geht es dir?“

„Glänzend, meine liebste Freundin. Aber ich möchte von dir hören.“

Selene zuckte mit den Schultern. „Es gibt nicht viel zu erzählen. Das Leben in den Staaten ist ruhig und langweilig. Der Wahlkampf meines Vaters dümpelt dahin, aber ich schaffe es ganz gut, mich da rauszuhalten. Ich habe keine Lust, Objekt in den Klatschspalten der amerikanischen Presse zu werden.“

„Was? Keine attraktiven Männer? Schande über sie alle!“

Selene zögerte, als sie Adams kantige Gesichtszüge vor ihrem geistigen Auge sah.

„Selene! Es gibt einen Mann! Habe ich recht? Du kannst mir nichts vormachen. Ich bin so etwas wie eine Schwester für dich, und ich kenne dich genau, Schätzchen. Jetzt erzähl schon.“

Selene ging ein paar Schritte weiter in einen kleinen Park etwas abseits von der Straße und setzte sich auf eine einsame Bank. „Es ist nicht direkt eine Beziehung“, sagte sie.

„Ich will alles wissen. Fang ganz von vorn an“, forderte ihre Freundin.

Selene dachte einen Moment nach. „Ganz von vorn? Nun, angefangen hat alles im Juli, etwa fünf Tage nach meiner Ankunft in Savannah. Du erinnerst dich, dass ich auf Bitten meines Vaters nach Hause gekommen bin …?“

„Jetzt mach ein freundlicheres Gesicht, Selene. Wenn du so zu dieser Fundraisingparty gehst, dann fällst du sofort auf, das garantiere ich dir.“ Tadel schwang in John Van Gelders Stimme mit.

„Ich will nicht dorthin, Vater. Ich bin gern bereit, eine Veranstaltung zu besuchen, um deine Kampagne zu unterstützen, aber dies hier dient nur dazu, Abraham Danforth zu bespitzeln. Und das kann ich nicht. Man wird es sofort merken.“ Selene konzentrierte sich darauf, die Falten in ihrem weißen Seidenabendkleid zu glätten, und wich dem Blick ihres Vaters aus. Vielleicht gab er nach.

Doch ihr Vater ignorierte ihre Bedenken. So wie er sie ihr ganzes Leben ignoriert hatte. „Niemand wird Notiz von dir nehmen, wenn du dich unauffällig verhältst. Außerdem kennt dich keiner. Du warst jahrelang in Europa. Ich weiß gar nicht mehr, wann das letzte öffentliche Foto von dir gemacht wurde.“

Sie wusste es aber. Sie war gerade neun Jahre alt gewesen und zu Besuch bei ihrem Vater in Amerika. Überwältigt von allem Neuen, die vertraute Umgebung des exklusiven Schweizer Internats, in dem sie lebte, vermissend, und weitgehend ignoriert von dem einen noch lebenden Elternteil, hatte sie gerade bitterlich geweint, als das Foto geschossen wurde.

Die Stimme ihres Vaters drang zu Selene durch und brachte sie zurück ins Hier und Jetzt. „Außerdem ist es kein Spionieren. Ich will nur, dass du die Ohren offen hältst für alles, was ich über die Danforth-Kampagne wissen sollte. Danforth kann nicht so sauber sein, wie er den Anschein erweckt.“

„Er ist es auch nicht“, hob sie hervor, „aber er ist ehrlich, was seine Fehler betrifft …“

„Richtig.“ Ihr Vater grinste spöttisch. „Jeder weiß, dass er gezwungenermaßen seine uneheliche vietnamesische Tochter im Schoß der Familie willkommen geheißen hat, aber er hat es geschafft, die Geschichte zu Gold zu machen. Und bevor du nach Hause gekommen bist, gab es viel Wirbel um die Leiche der Tochter seine Haushälterin, die auf dem Dachboden seines Hauses gefunden wurde. Die Geschichte hätte seinem Ansehen geschadet, wenn die Behörden nicht geschworen hätten, dass er nichts mit der Sache zu tun hatte.“ Er schnaubte. „Ich wünschte, ich hätte seinen PR-Berater.“

Selene seufzte. Ihre Argumente stießen auf taube Ohren, und wenig später saß sie schon im Wagen und befand sich auf dem Weg zu der politischen Fundraisingparty. Schön, dachte sie rebellisch. Du kannst mich zwingen teilzunehmen, Vater, aber du kannst mich nicht zwingen zu spionieren.

Die Abendgesellschaft fand in dem historischen Twin Oaks Hotel in der Altstadt von Savannah statt. Selene traf mit einer Gruppe weiterer Gäste ein und überblickte schnell prüfend den Ballsaal. Wunderschöne breite Terrassentüren öffneten sich zu einer herrlichen Parkanlage auf der Rückseite des Hotels. Auf der glänzenden Tanzfläche bewegten sich elegante Tänzer. Andere Gäste saßen an Tischen, die im ganzen Saal verteilt standen.

Ganz in Ruhe ging sie in die Richtung der Türen am anderen Ende des Raumes. Draußen würde es heiß sein, doch das war gut. Niemand sonst war so verrückt, sich bei der schwülen Luft auf die Terrasse zu begeben. Sie würde zehn Minuten bleiben und dann gehen.

Okay, Vater. Ich war beim Fundraising, aber ich habe nichts gehört. Tut mir leid.

Sie hatte gerade auf einer Steinbank abseits der Türen zum Ballsaal Platz genommen, als eine tiefe, männliche Stimme sagte: „Sie sind kein Gespenst, oder?“

Sie drehte sich mit einem verwirrten Lachen um. „Sie scheinen enttäuscht zu sein.“

Ein Mann tauchte aus dem Schatten auf. Er trug einen eleganten dunklen Anzug, dazu ein ebenso elegantes dunkles kragenloses Hemd. Seine schwarzen Haare glänzten im Mondlicht. Ihr erster Gedanke war, dass er für einen Amerikaner auffallend gut gekleidet war.

Er sagte: „Ich bin enttäuscht. Ich habe Sie vor wenigen Minuten in Ihrem weißen Kleid durch den Park huschen sehen und war sicher, dass Sie der Geist von Twin Oaks sind.“

„Tut mir leid.“ Sie zuckte lächelnd mit den Schultern. „Ich bin ein ganz gewöhnlicher Sterblicher aus Fleisch und Blut.“

„Ein ‚ganz gewöhnlicher‘ würde ich auf keinen Fall sagen“, sagte der Mann.

In seiner Stimme schwang Wärme und Bewunderung mit, und sie war froh, dass es dunkel war, denn sie spürte, wie sie rot wurde. Sie hatte noch nie gut flirten können, und dieser Small Talk zwischen Mann und Frau lag ihr auch nicht. Ihre Lehrer im Fach „Gutes Benehmen“ waren an ihren kommunikativen Fähigkeiten verzweifelt. Ihre Rettung war immer gewesen, dass sie wie eine Göttin tanzte.

Sie räusperte sich. „Das mit dem Geist haben Sie sich ausgedacht, oder?“

„Absolut nicht. Darf ich mich zu Ihnen setzen?“

Als sie nickte, schwang er sich rittlings auf die Bank und sah sie freundlich an. „Vor über hundert Jahren wurde eine junge Frau aus der Suite ihrer Familie gekidnappt und von einem Schurken in der zweiten Etage des Hotels missbraucht. Sie hat sich aus dem Fenster gestürzt und kam ums Leben. Es wird erzählt, dass man sie in klaren Nächten durch die Gärten wandeln sehen kann, um ihre verlorene Jungfräulichkeit weinend.“

Selene war fasziniert. „Und gibt es irgendetwas, was den Wahrheitsgehalt der Geschichte untermauert?“

Er nickte. „In den Aufzeichnungen des Hotels sind ihr Name und der Tag ihres Todes vermerkt, was durch die amerikanischen Volkszählungsunterlagen von damals bestätigt worden ist. Sie ist auf einem der hiesigen Friedhöfe begraben.“

„Kennen Sie jemanden, der sie schon einmal gesehen hat?“ Sie warf einen Blick um sich, nicht aus Angst, sondern aus Neugier.

„Mein Urgroßvater väterlicherseits soll sie gesehen haben. Er war in den vierziger Jahren hier auf einem Ball und ist in den Garten gegangen, um auf ein Mädchen zu warten, das sich dort mit ihm treffen wollte. Er hörte die Stimme einer Frau hinter sich, doch als er sich umdrehte, sah er klar und deutlich etwas, was er als den ‚Schatten eines jungen Mädchens‘ beschrieb.“

„Schatten ist in der Mythologie ein Wort für Geist“, überlegte Selene.

„Genau.“ Ihr Erzähler nickte, seine tiefe Stimme klang aufgeregt. „Er hat die ganze Geschichte aufgeschrieben, mit vielen Details, und sie steht noch heute in unserer Familienbibliothek. Es war nur eine von etwa einem Dutzend angeblicher Begegnungen mit der jungen Dame.“

„Kein Wunder, dass Sie enttäuscht waren.“

Er lächelte und zeigte dabei seine strahlend weißen Zähne. „Könnte ich vielleicht die Worte zurücknehmen? Ich bin normalerweise nicht so uncharmant.“

Sie war wie verzaubert. „Schon vergessen.“

Er mimte Erleichterung. Dann neigte er den Kopf zur Seite und betrachtete sie. „Diese Geschichte scheint Sie gar nicht zu ängstigen.“

„Sie haben gesagt, sie sei traurig, nicht gefährlich“, bemerkte sie. „In Bayern gibt es ein Schloss, in das Sie mich weder mit Geld noch guten Worten bekommen könnten. Der Geist, der dort spukt, kam ums Leben, als er seine Familie vor den Kriegern eines benachbarten Königreichs verteidigte. Er hat schon mehrere Besucher durch die Hallen gejagt. Eine Frau ist die Treppe hinuntergefallen und hat sich den Knöchel gebrochen. Und sie schwört, dass sie gestoßen wurde.“

Er nickte. „Solche rachsüchtigen Geister sind häufig anzutreffen.“ Nachdenklich fügte er hinzu: „Sie sprechen nicht mit deutschem Akzent, aber ich könnte wetten, Sie haben eine lange Zeit in Europa verbracht.“

Sie lächelte. „Die Wette haben Sie gewonnen. Ich habe meine Jugend in der Schweiz verbracht, bevor ich nach England an die Universität ging.“

„Sie sind Engländerin?“

„Nein, ich bin Amerikanerin“, sagte sie. „Obwohl ich nur fünf Tage zu Hause war.“

Sein Lächeln war breit und strahlend, seine Augen zu dunkel, um die Farbe im Mondlicht zu erkennen, aber sein Interesse an ihr war nicht zu übersehen. „Und Sie bleiben länger?“

„Ja.“ Sie erwiderte das Lächeln. Sollte sie je zuvor einen Mann mit solch einem Charisma kennengelernt haben, so konnte sie sich nicht erinnern.

Es entstand ein kurzer Moment des Schweigens, während sie sich in die Augen blickten. Selene nahm die surrenden Insekten um sich herum wahr und die leisen Klänge der Orchestermusik, die aus dem Ballsaal zu ihnen schwebten.

„Mein Blumengartengespenst“, sagte er mit belegter Stimme. Er stand auf und bot ihr seine Hand. „Möchten Sie tanzen?“

Als Antwort legte Selene ihre Hand in seine. Sie spürte die Kraft in seinen Fingern, als er sie hochzog, die festen Muskeln in seinen Armen, als er sie um sie legte, das warme Versprechen seines starken Körpers so nah an ihrem. Schmetterlinge flatterten in ihrem Bauch und ließen ihre Hand in seiner zittern.

„Ist Ihnen kalt?“ Seine Stimme war ein Grummeln in seiner Brust, sein Atem bewegte ihre seidigen Haare an ihren Schläfen. Sie merkte, dass sie nur ihren Kopf drehen und das Kinn heben müsste, und seine Lippen lägen auf ihren.

Es kostete sie große Willenskraft, genau das nicht zu tun.

„Es war einfach himmlisch“, erzählte sie Guillemette. „Wir haben fast eine Stunde lang getanzt. Wir haben geredet. Er liebt Folklore, Geister, die Geschichte seiner Heimat und all das. Er war einfach faszinierend. Und attraktiv und so süß …“

„Jetzt sag schon, wer ist es? Und was ist seitdem passiert?“, drängte Guillemette. „Du hast gesagt, dass das vor zwei Monaten war.“

„Das war es. Seitdem ist nichts passiert.“

„Was? Warum?“ Ihre Freundin fiel ins Französische, und wenn Selene nicht so durcheinander wäre, dann hätte sie gelacht.

„Willi“, sagte sie, „willst du nicht wissen, wie er heißt?“

„Oui.“ Zweifel schwang in der Stimme ihre Freundin mit.

„Adam Danforth.“

„Und wer ist Adam Danforth?“

„Sein Vater kandidiert gegen meinen Vater für das Amt des Senators“, erklärte Selene. „Mein Vater rastet aus, wenn ich mich mit dem Sohn seines Rivalen einlasse.“

„Warum?“ Guillemette schien das ganz locker zu sehen.

„Weil …“ Sie zögerte, war auf die Frage nicht vorbereitet gewesen. „Weil er ein Konkurrent ist. Meinem Vater bedeutet die politische Karriere alles. Er sucht unentwegt nach einer Leiche im Keller der Danforth-Familie, die er an die Öffentlichkeit zerren kann. Er ist nicht – er ist nicht immer sehr nett.“ Es fiel ihr schwer, dies einzugestehen.

Guillemettes Schweigen sprach Bände. Schließlich sagte sie: „Weiß dieser Adam, wer du bist?“

„O ja. Er hat mir am nächsten Tag Blumen geschickt.“ Bei dem Gedanken daran musste sie lächeln. „Einen wunderschönen Strauß mit einem Dank für den Abend.“

„Und du …“

„Ich habe ihm natürlich auch ein schriftliches Dankeschön geschickt. Aber du musst doch einsehen, dass ich ihn nicht wiedersehen kann.“

„Ganz und gar nicht“, entgegnete ihre Freundin hitzig. „Selene, es gibt keinen einzigen vernünftigen Grund, warum dein Vater etwas dagegen haben sollte, dass du mit diesem Mann ausgehst. Wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert und nicht im Mittelalter.“

„Sie führen nicht gerade einen freundlichen Konkurrenzkampf“, ging Selene in die Defensive. „So einfach ist das nicht, Willi.“

„Die guten Dinge im Leben bekommt man nie so leicht.“ Guillemette blieb stur. „Sieh mich doch an. Ich musste vor der Queen bestehen.“

Selene lachte. „Erzähl mir davon. Ich sterbe vor Neugier. Hast du den Hofknicks richtig hinbekommen? Wie sieht ihre Krone aus? Musstest du ihre Hand küssen?“

Lea würde ihn umbringen, wenn er schon wieder zu spät zum Lunch kam. Der Gedanke an das Funkeln in den Augen seiner zierlichen Halbschwester ließ Adam Danforth lächeln, als er mit den wöchentlichen Gehaltsschecks in das D&D’s stürmte. Er reichte die Umschläge dem Manager des Kaffeehauses, checkte seine Post und Mails, dann stürmte er schon wieder hinaus.

Er blickte auf seine Uhr. Er könnte es schaffen. Er hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, sich einmal in der Woche mit seiner neu entdeckten Schwester zu treffen, damit sie sich daran gewöhnte, Teil des großen und lauten Danforth Clans zu …

Sie war weg! Er traute seinen Augen nicht. Nachdem er die Notiz an das Schwarze Brett gehängt hatte, hatte er wochenlang mehrmals täglich einen Blick auf die Anschlagtafel geworfen. Doch als die Tage vergingen, und er nichts von Selene Van Gelder hörte, waren seine gespannte Erwartung und Hoffnung geschrumpft und schließlich gestorben.

Er hatte es aufgegeben, eine Frau zu finden, die ihn so mochte, wie er war – ein etwas verschrobener Mann, der gern über Historie und Geistergeschichten sprach. Es hatte ihm nie an Frauen gemangelt, aber keine von ihnen wollte wirklich ihn. Sie hatten es auf das Ansehen seiner Familie abgesehen, auf sein Geld, einige sogar auf seinen Körper, wogegen er ehrlich gesagt nichts einzuwenden hatte – aber keine hatte ihn auf intellektueller Ebene gereizt.

Und dann hatte er Selene kennengelernt.

Er hatte sich über seinen Fehler an dem Abend des Fundraisings amüsiert und anfänglich vermutet, dass sie ihn wunderlich und genauso langweilig finden würde wie alle anderen Frauen auch. Die Geistergeschichte hatte er eigentlich nur erzählt, um sie loszuwerden, und nicht, weil er glaubte, sie könnte wirklich interessiert sein.

Es war eine Technik, die er über die Jahre perfektioniert hatte, seit er zufällig gehört hatte, wie Angela DuFrayne sich über ihn lustig machte. Er hatte tatsächlich davon geträumt, Angela zu heiraten, bis er feststellte, dass er für sie nichts weiter als ein Goldesel war. Und ein langweiliger dazu. Ich sollte ihr eines Tages danken, dachte er verbittert. Sie hatte ihn gelehrt, was Frauen wirklich von ihm dachten. Mittlerweile fand er ein fast perverses Vergnügen daran, die glasigen Augen einer Frau zu sehen, wenn sie glaubte, eine Eroberung gemacht zu haben. Er hatte wirklich einen kranken Sinn für Humor.

Aber Selene war anders. Er hatte sie noch nie bei Tageslicht gesehen, deshalb wusste er nicht, ob sie wirklich dunkelblaue Augen hatte, wie er meinte. Sie war hübsch, verhielt sich betont zurückhaltend und besaß einen überraschend herrlichen Sinn für Humor. Ihre Nase war schmal und gerade, die Lippen voll und geschwungen wie die einer Puppe, und sie hatte ein unglaublich süßes kleines Grübchen mitten auf dem Kinn. Ihr herzförmiges Gesicht wurde unterstrichen von den hochgesteckten Haaren. Ihre schönen großen Augen hatten ihn aufmerksam betrachtet, und innerhalb kürzester Zeit hatte er vergessen, dass er der langweilige alte Adam war.

Sie hatten sich unterhalten und getanzt.

Und dann hatte er nach ihrem Namen gefragt.

„Van Gelder? Verwandt mit John?“ Er hatte seinen Schock nicht verbergen können. Diese wunderschöne junge Frau war verwandt mit diesem … diesem miesen Kerl?

Sie hob das Kinn, und ihre Ohrringe und ihre Kette funkelten im Mondlicht. „Seine Tochter.“

Autor

Anne Marie Winston

Anne Marie Winston lebt im ländlichen Pennsylvania und war früher Lehrerin. Doch als sie wegen ihrer Kinder zu Hause blieb, wusste sie eines Tages, dass es an der Zeit war, etwas Neues zu probieren.

1989 fing sie an, ihre erste Romance zu schreiben, und 1991 verkaufte sie ihr erstes Manuskript...

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