Rocker reizt man nicht

– oder –

 

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Sexy. Dominant. Selbstbewusst. Der gefeierte Rocker Ethan Ash ist der feuchte Traum jeder Frau. Aber heute Nacht - nur diese eine Nacht - gehört er ganz allein Ally Douglas. Morgen muss alles vorbei sein, denn ihr Herz ist ihr einmal gebrochen worden und nie wieder ganz geheilt. Während der heißen Stunden mit Ethan vergisst Ally jedoch alle Vorsicht und gibt sich dem attraktiven Rockstar rückhaltlos hin. Als ihr klar wird, dass sie durch ihn endlich wieder Vertrauen lernt, stellt Ally sich aber doch die Frage: Soll sie mit Ethan mehr wagen?


  • Erscheinungstag 06.12.2018
  • Bandnummer 12
  • ISBN / Artikelnummer 9783955769536
  • Seitenanzahl 240
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

In welch fernen Tiefen oder Lüften

brannte das Feuer deiner Augen?

Auf welchen Schwingen steigt er empor?

Welche Hand wagt es, dies Feuer zu nutzen?

William Blake

Das meint sie doch nicht ernst.

Ein letztes Mal starre ich auf das Display. Doch, dieser Tweet existiert tatsächlich. Da steht es. Einhundertvierzig Zeichen, die mir durch Raum und Zeit hindurch einen festen Schlag an den Kopf versetzen.

Ich heirate! @_TheRealTomBanks hat mich gefragt, und ich habe Ja gesagt!!! Bin überglücklich! #verliebt #träumewerdenwahr #fürimmerglücklich

Ich umklammere das Smartphone. Am liebsten würde ich das verdammte Ding wegwerfen. Nur der Gedanke an all die persönlichen Informationen, die ich darauf gespeichert habe, hält mich davon ab. Die Presse würde ausrasten, wenn einer von ihnen mein Handy in der Gosse findet.

Wie schafft sie es, mich jetzt noch fertigzumachen? Es ist drei Monate her, dass wir beschlossen haben, ‚eine Pause zu machen‘!

Aber ist das alles nicht typisch Sienna? Sechs Jahre meines Lebens haben ihr gehört. Ich habe gedacht, ich liebe sie. Und jetzt ist Sienna mit einem anderen Mann verlobt.

Bruchstückhafte Erinnerungen prasseln von allen Seiten auf mich ein wie fliegende Spiegelscherben. Sie bohren sich in meinen Verstand, quälen mich und stechen mit chirurgischer Präzision zu.

Es war ein Albtraum. Und doch war das mein Leben.

Dieser Albtraum ist vorbei. Keine Ahnung, ob ich noch weiß, wie man lebt.

Ich brauche einen Drink. Und irgendwie muss ich Sienna aus dem Kopf bekommen. Da kenne ich den perfekten Weg, wie man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen kann.

Es ist keine von den Bars, in die ich üblicherweise gehen würde. Alles retro, aber auf authentische Art. Scheint so, als sei hier seit Anfang der Neunziger nichts verändert worden. An der Stelle, an der ich mich mit eingezogenem Kopf und aufgestützten Armen an die Bar setze, schält sich das Linoleum vom Tresen.

Bloß keine Aufmerksamkeit erregen.

#fürimmerglücklich, was für ein Scheiß!

Ich bestelle mir ein Bier und bekomme kaum mit, dass der Barkeeper mich erkennt. Ja, daran bin ich gewöhnt. Sienna auch. Das macht es noch schwerer zu glauben, dass sie diese neue Beziehung geheim halten konnte. Nicht nur vor mir, sondern vor der ganzen Welt.

Moment mal: Nein, sie hat es nicht völlig verheimlicht. Nur Freunde. Sie seien einfach nur Freunde, das hat sie mir immer wieder erzählt. Und ich habe es ihr abgekauft.

Hat sie es mit ihm getrieben, während wir noch zusammen waren? Verdammt. War das der Grund, wieso sie Schluss gemacht hat? Mir hat sie erzählt, sie brauche Freiraum, um ihren eigenen Weg zu finden, und das habe ich ihr geglaubt. Freiraum? Ehrlich jetzt?

Nach sechs gemeinsamen Jahren hat sie nicht mal den Anstand, mir ins Gesicht zu sagen, dass sie mit einem anderen zusammen ist?

Mir wird übel.

Generell halte ich nicht viel vom typischen Lifestyle der Rock ’n’ Roller, aber heute will ich mir die Kante geben und mich abschießen.

Irgendwie muss ich Sienna vergessen.

1. KAPITEL

„Komm schon! Das ist die perfekte Gelegenheit, um über Jeremy hinwegzukommen.“

Ich sehe meine Freundin und Mitbewohnerin Eliza entnervt an, aber die Scham ist sofort wieder da, wie immer, wenn sein Name fällt. „Ich bin über ihn hinweg.“

„Wenn das so wäre, hättest du die letzten acht Monate nicht rumgejammert!“

„Ich jammere nicht“, leugne ich und wende mich flehend an Cassie, meine andere Mitbewohnerin.

„Mir ist klar, wieso du denkst, ich würde dich unterstützen, aber mal im Ernst, Ally, du musst da einfach hingehen.“

Mir zieht sich der Magen zusammen. Mein Blick geht zu dem Mann an der Bar.

Ethan ‚Rock Star‘ Ash. Im wahren Leben noch viel heißer als in meiner Vorstellung.

Ich schüttele den Kopf. „Auf keinen Fall. Ich werde kein Wort mit ihm sprechen.“

„Warum nicht?“ Cassie blickt über die Schulter nach hinten, und als sie sich wieder zu uns dreht, sind ihre Wangen gerötet.

„Darum nicht.“ Mein Blick sagt den beiden deutlich, dass sie jetzt lieber nicht mehr widersprechen sollen. „Also, können wir jetzt bitte über etwas anderes reden?“

Ich nehme einen Schluck von meinem Drink, schlage die Beine übereinander und vermeide jeden weiteren Blick zur Bar. „Was gibt’s Neues?“

Ich höre mir an, was sie zu erzählen haben, aber meine Gedanken schweifen bald ab. Ich bin erleichtert, dass sie die Sache mit dem super heißen Rockgott nicht mehr erwähnen. Zumindest vorerst …

„Wir brauchen neue Drinks. Du bist dran, Ally.“

Ich blinzele, als Eliza mich aus meinen Gedanken reißt und mir ihr Glas reicht. Ich runzele die Stirn. „Wird man hier nicht am Tisch bedient?“

„Nein. Freitags nicht.“

Ich verziehe das Gesicht. „Kann mir noch mal jemand sagen, wieso wir ausgerechnet hierhergekommen sind?“

Cassie deutet zu dem Schild an der Wand, und ich brauche gar nicht hinzusehen, um zu wissen, was draufsteht: Happy Hour – von 9 bis 9!

Als Einzige in unserem Trio, die sich Drinks zum vollen Preis in einer anständigen Bar mit professionellen Kellnern leisten kann, verkneife ich es mir, mich zu beschweren. Außerdem ist dieser Laden anscheinend gut genug für Ethan Ash. Allerdings stellt sich die Frage: Was tut er hier?

Er ist allein, schon seit ich vor einer Stunde hergekommen bin. Ist er verabredet? Wurde er versetzt? Das ergibt keinen Sinn. Wer würde ihn versetzen?

Ich habe mir schon zwei Cocktails gegönnt, deshalb ist mein Hüftschwung durch Alkohol gelockert, als ich Drinks holen gehe. Aber ich bin jetzt immun gegen große, dunkelhaarige, gut aussehende Männer. Von denen bin ich durch Jeremy für alle Zeit geheilt. Deshalb gehe ich – in einem großen Bogen, sozusagen in einer anderen Umlaufbahn – an ihm vorbei an die Bar und stütze mich mit den Ellbogen auf den Tresen. Ich bin so weit von ihm weg, dass ich quasi schon in der Küche stehe.

Obwohl mehr als sieben Leute hinter der Bar arbeiten, muss ich ein paar Minuten warten. Aber Geduld ist eine Tugend, deshalb rege ich mich nicht auf. Stattdessen ziehe ich mein Handy aus der Tasche, schaue kurz auf Instagram nach und checke meine E-Mails. Dabei summe ich zum Song, der gerade läuft, ohne es zu merken. Erst als die Stimme des Sängers mir plötzlich ganz nah erscheint und mich mit seltsam perfekter Surround-Qualität einhüllt, blicke ich hoch und sehe, dass er direkt neben mir steht.

Er.

Er mit dem dichten braunen Haar und den meergrünen Augen. Mit der gebräunten Haut und dem unglaublichen Sixpack. Mit der zerrissenen Jeans und dem weiten grauen T-Shirt. Zerzauster Designer-Look. Und sein Duft! Himmlisch.

Mein Körper ist von dem Gesamtpaket so begeistert, dass sich mir der Magen zusammenzieht. Meine Knie fangen zu zittern an, als hätten sie den geheimen Plan, mich noch dichter zu ihm zu bringen.

Nur mein Gesicht folgt noch den Anweisungen meines Gehirns. Entschlossene, unbeeindruckte Miene. Ein Glück.

Ein Lächeln umspielt seine Lippen, während er weiter leise zu dem Popsong vor sich hinsingt. Diese Stimme! Wahnsinn. Innerlich flehe ich darum, dass er nicht mehr aufhört.

„Wie läuft’s?“

Das ist so das absolute Gegenteil von dem, was ich von ihm erwartet hätte. Mein Blick geht zu seinen stoppeligen Wangen. Ich muss leise lachen. „Wie läuft was?“

Sein Lächeln ist einfach entwaffnend, und das weiß er offensichtlich. Natürlich weiß er es. Sein Akzent ist ziemlich ausgeprägt. Ein breites Britisch, das eher nach Midlands klingt als nach Eton. Einfach nur sexy.

„Das Leben. Das Universum. Dein Platz darin.“

„Aha. Astrophysik, ja? Bist du ein Fan von Neil deGrasse Tyson? Dann setz dich doch zu ihm ins Wohnzimmer und diskutier das direkt mit ihm.“

„Soll ich ihn anrufen? Sehen, ob er Zeit hat?“

Ich verdrehe die Augen. „Klar doch. Du hast ihn sicher als Kurzwahl gespeichert.“

Er zieht sein Handy aus der Tasche. Für mich sieht es wie ein iPhone aus, aber es scheint vergoldet zu sein. Als er meinen Blick bemerkt, wirkt er fast verlegen. „Ich bekomme die einfach so geschenkt“, erklärt er.

In dem Moment taucht zum Glück einer der Barkeeper auf. „Was darf’s sein?“

„Ein Wodka Gimlet, ein Gin Tonic und ein Prosecco“, sage ich rasch.

Der Mann nickt und geht wieder. Während die Drinks gemixt werden, singt Ethan neben mir mit seiner sanften Karamellstimme weiter leise zu dem Song mit.

„Siehst du?“

Ethan holt mich in die Wirklichkeit zurück. Er hält sein Handy hoch, auf dessen Display ich das Bild des bekanntesten Astrophysikers der Welt sehe.

„Du kennst ihn tatsächlich?“

„Sicher. Vor einem Jahr waren wir zusammen bei einer Charity. Ein sehr netter Kerl.“

Ich ziehe eine Braue hoch. Stehe ich wirklich hier in SoHo und rede mit einem echten Superstar über einen weltberühmten Wissenschaftler? „Ich bin beeindruckt.“

„Ich doch auch. Du bist die erste Frau, die ich in einer Bar treffe, die sich mir gegenüber als Wissenschaftsnerd outet.“

„Willst du damit sagen, ich sei ein Nerd, nur weil ich den bekanntesten Astrophysiker unserer Zeit kenne? Kennt den nicht fast jeder?“

Er zuckt mit den Schultern. „Soweit ich weiß, nicht.“

„Aha, dann ist dein Wissen vielleicht … begrenzt.“

Der Barkeeper kommt mit meinen Drinks zurück, und noch bevor ich ihm meine Kreditkarte reichen kann, schiebt Ethan ‚Heißer als alle anderen‘ Ash ihm seine Karte über den Tresen zu.

„Kann sein.“

Er sieht mir in die Augen, und in meinem Bauch flattern die Schmetterlinge. Es fühlt sich an, als sei ich gerade mit Vollgas über eine Klippe gefahren. Ich befinde mich in freiem Fall.

„Nehmen Sie bitte nicht seine Karte“, sage ich. Meine Stimme klingt kratzig. Ich muss mich zwingen, den Blick zum Kellner hinter dem Tresen zu wenden. „Diese Runde geht auf mich.“

„Du kannst die nächste Runde übernehmen.“ Ethans Tonfall duldet keinen Widerspruch, und der Barkeeper zieht seine Karte durch das Gerät.

„Die nächste Runde?“ Fragend sehe ich ihn an. „Und das heißt …?“

Er beugt sich zu mir. Er riecht einfach fantastisch. Nach Salz und Sand und Sonnenschein. Alles miteinander vermischt.

„Das heißt, dass diese Drinks auf mich gehen.“

Er zieht sich gerade so weit zurück, dass er mich anlächeln kann. Sein Blick trifft meinen, seine grünen Augen sehen in meine blauen. Was für einen Kampf wir hier auch immer ausfechten, ich verliere ihn.

Langsam hebt er die Hand und streicht mir leicht über den Handrücken. Es dauert nur eine Sekunde, aber das reicht. Hitze schießt durch meinen Arm bis in die Fingerspitzen und durch meinen ganzen Körper. Es ist mir peinlich, dass meine Nippel sich aufrichten.

Er bemerkt es, und ich spüre, wie ich rot werde.

„Es war schön, dich kennenzulernen …“

Sein Satz schwebt in der Luft, aber ich bin durcheinander. Merkwürdig, wie mein Körper da eben reagiert hat. Völlig unerwartet.

„Finde ich auch.“ Ich nenne ihm ganz absichtlich keinen Namen, obwohl er mich so ansieht, als wolle er ihn wissen. Mit Namen fangen auch die Probleme an.

Ich bin über Jeremy hinweg. Definitiv.

Sollte ich den jemals wiedersehen, könnte es allerdings trotzdem leicht damit enden, dass ich im Gefängnis lande.

Die Gespenster der Vergangenheit werde ich so schnell nicht loswerden. Was ich durch ihn geworden bin! Es ist noch gar nicht so lange her, dass ich im Spiegel zum letzten Mal die Frau erblickt habe, zu der er mich gemacht hat. Wie sehr ich sie verabscheut habe!

Ich kämpfe gegen ein Zittern an. Diese Frau bin ich nicht mehr. Aber es hat acht lange Monate gedauert, bis ich mich aus dieser Grube herausgekämpft habe. Ein Name wäre ein erster Schritt, um es zu vergessen.

Aber: keine Namen.

Ich hebe die drei Drinks vom Tresen und lächele Ethan ein letztes Mal zu, ohne ihm dabei in die Augen zu sehen. Dann bahne ich mir meinen Weg zurück an den Tisch.

Meine Freundinnen sehen mich groß an. Eliza lächelt wissend, Cassie staunt nur.

„Du hast mit ihm geredet?“ Cassie kann es offensichtlich nicht fassen.

„Er hat mit mir geredet.“ Ich schiebe ihnen die Drinks über den Tisch zu und blicke schuldbewusst zurück zur Bar. Er spricht schon mit jemand anderem. Einem Mann. Ist das derjenige, mit dem er hier verabredet ist? Mein Herz wird mir schwer. Bedeutet das, dass er jetzt bald geht?

„Er ist heiß“, stellt Eliza fest. „Warum in aller Welt also sitzt du noch hier bei uns rum?“

Ich gehe nicht auf diese Frage ein, sondern wechsle das Thema und rede mit Cassie über die Situation in ihrem Job, ohne auf Elizas vielsagende Blicke zu achten oder darauf, dass sie mich unter dem Tisch immer wieder mit dem Fuß anstößt.

Allerdings trinke ich schneller von meinem Drink. Will ich mir Nachschub holen? Oder brauche ich bloß etwas, um wieder abzukühlen?

Leider klappt das nicht. Mein Körper ist erfüllt von einem sinnlichen Verlangen, das ich schon ewig nicht mehr gespürt habe. Zwischen den Schenkeln wird mir heiß, und ich gerate in Versuchung, etwas wirklich Dummes zu tun. Etwas, das ich seit einer Ewigkeit nicht mehr gemacht habe.

Wie von selbst und ohne meine Erlaubnis richtet mein Blick sich wieder auf ihn. Er lehnt an der Bar und wirkt so cool und lässig. Noch immer spricht er mit dem Mann, aber sein Blick ist dabei auf mich gerichtet.

Und er versucht nicht, das zu verbergen.

Ein erregendes Kribbeln läuft mir den Rücken hinab.

Ich bin so kurz davor, der Versuchung nachzugeben – und das wäre fatal. Oh, in gewisser Weise wäre es wirklich gut, aber … nein. Es wäre definitiv schlecht.

„Okay, Ladys“, sage ich leise, schiebe mein fast leeres Glas zur Seite und stehe gleichzeitig auf. „Ich gehe jetzt nach Hause.“

„Was?“ Eliza verzieht das Gesicht. „Allein? Jetzt? Es ist doch noch so früh!“

„Ich weiß.“ Ich zucke mit den Schultern. „Aber wenn ich jetzt nicht gehe, werde ich das wahrscheinlich mein Leben lang bereuen.“

Ich zwinkere, damit sie verstehen, was ich meine, und werfe ihnen zum Abschied Luftküsse zu. Meine Beine zittern immer noch leicht, während ich mir meinen Weg durch die Bar bahne.

Mein Körper scheint gegen meinen Entschluss zu rebellieren. Er versucht, mich dazu zu bringen, es mir doch noch anders zu überlegen. Aber ich bleibe standhaft.

Als ich aus der klimatisierten Bar nach draußen trete, trifft mich die feuchte und warme Nachtluft wie ein Schlag. Aber das ist nichts im Vergleich mit der fiebrigen Hitze, die in meinem Inneren tobt. Ich hebe die Hand und winke einem Taxi, doch es fährt an mir vorbei.

„Verdammt.“

Ich gehe den Fußweg entlang und blicke die Straße auf der Suche nach einem weiteren Taxi auf und ab.

„Hey.“

Obwohl wir nicht viele Worte miteinander gewechselt haben, hat seine Stimme sich schon fest eingeprägt. Ich erkenne sie sofort, noch bevor ich mich umdrehe.

„Oh, hey.“ Das Herz hämmert mir in der Brust.

„Du gehst schon?“

Als ich meine Brauen zusammenziehe, spüre ich, wie sich über meiner Nase eine kleine Falte bildet. „Wenn man’s genau nimmt, bin ich bereits gegangen.“

„Stimmt. Und wo willst du hin?“

„Nach Hause“, sage ich entschlossen, aber automatisch fange ich an, mir tausend neue Möglichkeiten zu überlegen. „Allein.“

Das ist ein klares Stopp, und er lacht leise.

„Wie wär’s mit einem letzten Drink?“

Ein letzter Drink. Mit Ethan ‚Alle meine Träume gehen in Erfüllung‘ Ash. Und was dann? Ich laufe schon jetzt Gefahr, ihn anzuflehen, mit mir nach Hause zu kommen. Und ich schätze, er wäre umwerfend im Bett. Ein guter Lover ist eine Sache, aber Chemie lässt sich nicht vortäuschen. Dieses Knistern zwischen uns ist im Moment so stark, dass ich fast hier und jetzt einen Orgasmus bekomme.

Und will ich nicht genau das? Habe ich das nicht verdient?

Seit Jeremy hat es niemanden gegeben, und ich sehne mich nach dem, was Ethan Ash mir wahrscheinlich geben kann. Aber was dann? Bin ich wirklich bereit dafür? Woher weiß man, wann man bereit ist?

Langsam schüttele ich den Kopf, ohne seinen Blick zu erwidern. „Ich halte das für keine gute Idee.“ Diese Worte zu sprechen fällt mir schwer, als hätte ich den Mund voller Honig.

„Los, komm. Lebe gefährlich.“

Sein Zwinkern ist Verführung pur.

„Bist du gefährlich?“, frage ich.

„Für dich? Könnte sein.“

Autos fahren an uns vorbei, und Leute gehen um uns herum. Trotzdem gibt es in diesem Moment nur ihn und mich. Die Luft um uns scheint zu vibrieren vor Erwartungsfreude und Verlangen.

Mir läuft ein Schauer über den Rücken, aber es hat nichts Düsteres oder Bedrohliches. Es ist prickelnde Begierde. Oh, verdammt, ich bin geliefert.

„Ist das nicht ein guter Grund, auf Abstand zu gehen?“ Mein Verstand macht einen letzten kläglichen Versuch, bei meinem Entschluss zu bleiben.

„Kommt drauf an.“

Fast unmerklich kommt er näher. Ich nehme seinen männlichen Duft wahr, atme ihn tief ein. „Worauf?“

Dann tut er es wieder. Es ist nur eine ganz sachte Berührung an meinem Handrücken, aber diesmal länger. Ich kann den Kontakt auskosten. Die Lust durchströmt meinen Körper. Ich fühle mich lebendig.

„Ob es dir gefällt, gefährlich zu leben.“

„Eher nicht“, antworte ich schnell und lächele leicht angespannt.

„Das überrascht mich.“

„Wieso? Du weißt doch gar nichts über mich.“

Er lässt die Hand sinken. Sobald ich ihn nicht mehr spüre, fühle ich mich einsam.

„Wirklich nicht?“

„Woher willst du mich kennen? Wir haben uns gerade erst getroffen.“

„Hmm …“

Schon bei diesem leisen, knurrenden Laut bekomme ich eine Gänsehaut.

„Ich weiß, dass du die schönsten Haare hast, die ich je gesehen habe.“

Der Spruch ist für mich nicht neu. Wieso glauben Männer, mir Komplimente für meine Haare machen zu müssen? Mein Haar ist eher auffallend als schön, aber ich habe schon vor Langem aufgehört, wegen meiner rostroten Mähne verlegen zu sein. Während meiner Zeit auf der Highschool kam es mir zwar wie ein Fluch vor. Blass, mit Sommersprossen auf der Nase und rotem Haar – da standen Spott und Hohn für mich auf der Tagesordnung. Und es hat Jahre gedauert, doch mittlerweile habe ich mit meiner hellen Haut, meinen Kurven und meinem rostroten Haar meinen Frieden geschlossen.

Ja, ich kenne den Spruch, aber noch nie zuvor hat es mir deswegen im Magen gekribbelt. Bisher habe ich den Männern nie geglaubt, auch nicht, wenn sie mir erzählt haben, sie würden meine sinnlichen Kurven und Grübchen lieben.

Schmeichelei lässt sich kinderleicht ignorieren! Aber bei Ethans Blick und seinem Tonfall ist es mir unmöglich, das zu tun.

„An deinen Augen kann ich genau ablesen, was du empfindest. Und deine Haut schimmert wie Meeresperlen.“

Mein Lachen klingt heiser vor Verlangen. „Das ist alles unglaublich kitschig.“

Die Wahrheit ist: Es ist ganz und gar nicht kitschig. Vielleicht liegt es daran, dass er die Texte zu ein paar der weltbesten Liebeslieder geschrieben und gesungen hat. Ich kann das nicht einfach ignorieren. Nur bei diesem Mann klingen solche Worte, als habe noch niemand vor ihm sie jemals gesagt.

Er fällt in mein Lachen ein, und ich lächele, während ich innerlich bereits seinem Flirten erliege. Ich bin bereit, gefährlich zu leben.

„Selbst, wenn es stimmt?“

Mir stockt der Atem, und ich wende den Blick ab. Dabei sehe ich direkt in die neugierigen Augen einer Frau, die nur wenige Meter entfernt steht. Sie beobachtet uns und umklammert ihr Handy.

Seltsam, wie schnell ich vergessen habe, dass Ethan Ash ein Star ist. Mir wird heiß, und meine Wangen werden rot.

Sein Blick folgt meinem, und er durchschaut die Situation sofort.

Etwas drängender legt er mir eine Hand ins Kreuz und führt mich ein Stück weiter.

„Und?“

„Und was?“

Ich werfe einen Blick über die Schulter. Die Frau steht immer noch da, das Handy in der Hand. Für Ethan ist das sicher nichts Neues, aber mich nervt es. Ich will nicht ständig beobachtet und angestarrt werden. Wie kommen die Leute darauf, sie hätten das Recht, in das Leben anderer einzudringen, wann immer es ihnen passt? Das wäre nichts für mich. Nein, danke!

„Lust auf einen Ausflug auf die andere, wilde Seite?“

„Ich …“ Ich sehe Ethan in die Augen und stolpere fast. Mein Gleichgewicht und meine gesamte geordnete Welt geraten ins Wanken. „Ich bin mir nicht ganz sicher.“

Ich sehe weg.

„Wie wär’s, wenn wir mit deinem Namen anfangen? Und alles Weitere kannst du dir bei einem Drink in aller Ruhe überlegen.“

„Ich …“

Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Das ist mir sicher in meinem ganzen Leben noch nie passiert. Bei dieser Erkenntnis muss ich lächeln. „Ich glaube, das könnte mir gefallen.“

Sein strahlendes Lächeln erhellt und wärmt auch den hintersten Winkel meiner kleinen Welt.

„Dann lass uns gehen.“

2. KAPITEL

Wir betreten die super exklusive Bar, und bei dem Empfang, der uns bereitet wird, würde sicher auch die Queen von England neidisch werden. In der Bar vorhin konnte man bei all den Neonlichtern und bei der lauten Musik leicht vergessen, wie berühmt Ethan Ash ist. Natürlich ist er auch einzigartig, anders als alle anderen und etwas ganz Besonderes, aber diese Qualitäten besitzt er unabhängig von seinem Ruhm.

Hier kann man nicht mehr ignorieren, dass er ein Star ist. Er wird so ehrerbietig behandelt wie der Erlöser höchstpersönlich. Und ein bisschen von diesem Glanz fällt auch auf mich als seine Begleitung ab.

Denn dass ich seine Begleiterin bin, ist für jeden offensichtlich. Er hat die ganze Zeit über seine Hand auf meiner Schulter und bleibt dicht bei mir, während wir uns unseren Weg durch die Bar bahnen. Ich mag es, ihn dicht bei mir zu haben.

Er ist so nahe, dass ich seinen Duft rieche und seine Wärme spüre.

So nah, dass ich herumfantasieren kann, wie es sein könnte – oder sein wird – seinen Körper überall zu berühren. Ihn zu küssen und zu schmecken.

Ich unterdrücke ein Aufstöhnen und senke den Kopf ein bisschen, damit man mir nicht ansieht, welche Lust da gerade durch meinen Körper strömt. Das Verlangen kommt völlig unerwartet, und trotzdem habe ich nichts dagegen. Nach Jeremy habe ich nicht gewusst, ob ich überhaupt je wieder etwas empfinden kann.

„Hier?“ Mit einem Nicken deutet er auf eine gemütliche Nische.

Jede Zelle in meinem Körper ist hellwach. Überdeutlich spüre ich Ethans Nähe, meinen eigenen Körper. Ich weiß nicht, ob ich die Intimität dieser Sitznische aushalten kann.

Trotzdem nicke ich langsam und schiebe mich vor ihm auf die Sitzbank. „Kommst du oft her?“

Er schüttelt den Kopf. „Nein, das hier ist nicht wirklich meine Szene.“

„Wie interessant. Es ist absolut meine Szene.“ Ich zwinkere ihm zu. „Jedenfalls eher als die Bar, in der wir eben waren.“

„Ja, da hast du ein bisschen wie ein Fisch auf dem Trockenen gewirkt.“

„Wirklich?“ Ich ziehe die Nase kraus. „Wieso sagst du das?“

Er zieht eine Schulter hoch. „Gin Tonic?“

Es dauert einen Moment, bis mir klar wird, dass das eine Frage ist. Er will wissen, was ich trinke. Und dann begreife ich, dass er meinen Lieblingsdrink kennt. „Woher …“

„Du hast eben direkt vor meinen Augen einen bestellt.“

„Aber auch einen Prosecco und einen Wodka Gimlet.“

„Die hast du aber an deine beiden Freundinnen weitergereicht.“

Die Gewissheit, dass er mich beobachtet hat, lässt mich am ganzen Körper wohlig erschauern. Ich bin sicher, dass er das weiß, denn sein Lächeln zeigt mir, dass er genau dasselbe Prickeln fühlt wie ich. Die Glut zwischen uns ist fast greifbar.

„Das stimmt.“ Verschwörerisch beuge ich mich zu ihm. „Du bist doch kein Stalker, oder?“

Sein Lachen klingt himmlisch in meinen Ohren. „Bis vor ungefähr einer Stunde war ich das zumindest noch nicht.“

Das Prickeln wird immer stärker. Seine Komplimente verfehlen ihre Wirkung bei mir nicht. Ich glaube nicht, dass ich leicht zu beeindrucken bin – danke dafür, Jeremy –, aber ich merke, dass ich ihm gegenüber weich werde.

Die Neugier in mir ist fast so stark wie das Verlangen. Ich beuge mich noch näher zu ihm. „Also“, flüstere ich, „wie heißt du?“

Eine Sekunde lang geht er mir auf den Leim. Überrascht sieht er mich an, dann lacht er schallend los.

„Was denn?“ Ich spiele das Spiel weiter. Aus großen Augen sehe ich ihn verständnislos an. „Was ist daran so witzig?“

Er wird wieder ernst. „Gar nichts.“ Er räuspert sich. „Ich bin … Christopher Smith.“

Das Lächeln kann ich nicht unterdrücken. „Freut mich, dich kennenzulernen, Christopher Smith.“

Wie oft mag Ethan Ash von Mädchen angemacht werden, denen es nur um seinen Ruhm als Rockstar geht? Ist er deshalb vielleicht gegenüber Frauen zum Zyniker geworden? Oder hält er sich für Gottes Geschenk an die Frauen? Was mich betrifft, werde ich ihn schlecht vom Gegenteil überzeugen können. Falls Gott den Frauen einen Mann schenken wollte, der nur zum Vergnügen da ist, dann wäre es genau dieser Kerl an meiner Seite.

Moment mal. Er ist heiß und hat die Stimme eines heiseren Erzengels, aber vielleicht ist er entsetzlich im Bett!

Dieser Gedanke lässt mich die Stirn runzeln. Gibt es dazu nicht irgendeine Faustregel? Dass die gut aussehenden Männer sich nicht anstrengen müssen, und deshalb nie lernen, gut beim Sex zu sein? Soll ich diese Theorie mal mit Ethan ‚Ein Blick und dein Höschen wird feucht‘ Ash testen?

Ich rutsche ein bisschen auf meinem Platz hin und her. Unsere Knie berühren sich unter dem Tisch, und ich schnappe nach Luft. Offenbar ist die Entscheidung gefallen.

Er bemerkt die unbewusste Bewegung, und sein Lächeln bekommt einen sinnlichen Ausdruck. „Bist du nervös?“

Keine Ahnung, ob ich nervös oder überrascht bin. Ich bin auf den Zug aufgesprungen, und jetzt werde ich mitgerissen. Mein eigener Körper gehorcht mir nicht mehr. „Vielleicht.“

Ohne den Blick von meinen Augen abzuwenden, hebt er eine Hand. „Meinetwegen?“

Kopfschüttelnd beiße ich mir auf die Lippe. Er mustert mein Gesicht, als sei es ein Kontinent, den er zu erobern habe. Er betrachtet eindringlich jedes Detail.

Das Gefühl der Vertrautheit ist überwältigend und zugleich bizarr. Ich sitze mit einem echten Rockstar in einer Bar. Das alles sollte mir fremd vorkommen, aber seltsamerweise fühlt es sich absolut richtig an.

„Wie lautet denn nun dein Name?“

„Ally.“

„Ally.“ Er spricht es aus, als würde er die beiden Silben wie einen guten Wein verkosten. Sein Akzent ist noch heißer, wenn er meinen Namen ausspricht. Das A klingt bei ihm wie ein Seufzen … „Ist das eine Abkürzung?“

Ich nicke.

„Soll ich raten?“

Ich lächele und blicke auf, als die Kellnerin an unseren Tisch kommt. Das hellblonde Haar hat sie zu einem Zopf geflochten, der ihren Kopf wie eine Krone umringt.

„Guten Abend, hier sind die Speisekarten.“ Sie legt zwei dunkle Mappen auf den Tisch. „Darf ich euch schon was zu trinken bringen?“

Ethan wendet sich der Kellnerin zu, bestellt ein Bier und einen Gin Tonic und dazu auch noch ein paar Zwiebelringe.

Auch im Profil sieht er faszinierend aus. Erst jetzt bemerke ich den kleinen Höcker auf seinem Nasenrücken. Irgendwann in seinem Leben hat er sich die Nase gebrochen. War es ein Unfall? Oder ist es bei einem Kampf passiert?

Ich bekomme eine Gänsehaut bei der Vorstellung, dass sexy Ethan Ash sich mit jemandem einen Faustkampf geliefert hat. Er wäre sicher ein guter Kämpfer. Nicht unüberlegt aggressiv, aber er wüsste sicher, sich zu verteidigen.

Wow! Ich habe gar nicht gewusst, dass ich so etwas anziehend finde.

„Alexandra?“, fragt er, nachdem er sich wieder zu mir umgedreht hat.

Zuerst begreife ich gar nicht, was er da sagt, dann wird mir klar, dass er versucht, meinen vollständigen Namen zu erraten. „Nein.“

„Hmm …“ Es klingt wie ein tiefes Knurren.

Lieber Himmel, hilf mir, ich bin bereit zu sündigen!

Unter dem Tisch finden seine Finger mein Knie, und er streicht darüber wie über die Saiten einer Gitarre. Sachte streifen seine Fingerkuppen meine Haut. Mein Atem geht schwer.

„Werden Fehlversuche bestraft?“

„Auf jeden Fall.“

„Und wie sieht diese Strafe aus?“

Ich neige den Kopf zur Seite. Das Ganze macht mir Spaß. Gleichzeitig erfüllt mich die Lust wie schwerer Sirup.

„Immer, wenn du falsch rätst“, sage ich nach kurzem Schweigen, „darf ich dich fragen, was ich will.“

Er zieht die Brauen hoch. „Klingt fair. Einverstanden. Also, was willst du wissen?“

Schwierige Frage. Was will ich wissen? „Wie wär’s mit ,alles‘?“

Er lacht. „Alles, das könnte eine Weile dauern. Da müsste ich dir über achtundzwanzig Jahre berichten.“

„Fangen wir mit dem Grund an, wieso du hier in New York bist.“

„Ein Auftritt. Und eine Aufnahme.“

„Für ein Album?“

Er schüttelt den Kopf und beugt sich vor, sodass seine Worte wie ein Flüstern über meine Wange streichen. „Das ist schon die nächste Frage.“

„Wie unfair!“

Ich hebe die Hand, um ihm spielerisch gegen die Brust zu stoßen, aber in dem Moment, in dem meine Finger seine warme, kraftvolle Brust berühren, lasse ich die Hand dort liegen, sehe ihm in die Augen und habe das Gefühl, tief darin zu versinken. Ohne Aussicht auf Rettung.

„Alita?“

Wieder schüttele ich den Kopf und zwinge mich zu lächeln. Das ist schwierig, denn das Lächeln muss sich erst seinen Weg durch all das Verlangen bahnen, das mich von innen heraus zerfrisst. „Du nimmst also ein Album auf?“

„So was in der Art.“

„Was soll das denn heißen?“

Er rückte etwas näher zu mir. „Ich probiere herum. Erste Entwürfe.“

„Entwürfe?“

„Du weißt schon … Ich versuche, ein Gespür für neue Sachen zu bekommen. Ich arbeite an ein paar Stücken.“

„Und das machst du im Studio?“

„Manchmal.“ Er zuckt mit den Schultern.

Ich spüre, wie seine Muskeln sich anspannen, und im selben Moment spanne auch ich mich unwillkürlich an.

„Und du hast mir wieder eine Extrafrage untergeschummelt. Glaub bloß nicht, ich merke das nicht.“

„Ich bin sehr durchtrieben.“

„Durchtrieben gefällt mir.“

Er beugt seinen Kopf näher zu mir. Das Atmen fühlt sich an, als würde die Luft in meinen Lungen brennen.

„Alena?“

Als ich diesmal den Kopf schüttele, komme ich ihm dadurch noch näher. Unsere Lippen sind kaum noch einen Zentimeter voneinander entfernt. Meine Hand liegt immer noch an seiner Brust. Meine Finger drücken gegen den weichen Stoff seines T-Shirts. Sein Duft ist nach wie vor berauschend.

„Wie lautet deine Frage?“

Mein Verstand ist wie benebelt. Ich will ihn küssen. Ich sehne mich so sehr nach ihm, dass ich den Kuss fast schon auf den Lippen spüre.

Was, wenn er ein entsetzlicher Küsser ist?

Mein Blick geht zu seinen Lippen. Ich schätze die Möglichkeiten ab.

Nein.

Ist er ganz bestimmt nicht.

Da bin ich sicher.

„Hast du etwa keine mehr?“, zieht er mich auf.

Da ertönt ein Geräusch.

Ich blinzle, als würde ich aus einem Traum aufwachen.

Die Kellnerin hat die Drinks und einen Korb Zwiebelringe auf unseren Tisch gestellt. Wie süß, dass er etwas so Gewöhnliches bestellt. Hätte ich eher damit gerechnet, dass er Hummer und Kaviar kommen lässt?

„Wie ist das, so berühmt zu sein?“

Er wirkt erstaunt. Damit hat er offenbar nicht gerechnet. „Erstaunlich, dass du mich das fragst.“ Nachdenklich saugt er den Schaum von seinem Bier. Das sieht so männlich aus, dass mir die Knie weich werden.

„Tatsächlich?“ Zum Glück klingt meine Stimme völlig normal. „Du bist doch nicht als Berühmtheit geboren. Ist das nicht alles ein bisschen seltsam für dich?“

„Seltsam kann man es nennen, das stimmt.“ Er zuckt mit den Schultern. „Mir fällt das gar nicht mehr so sehr auf. Aber zu Anfang …“

„Da warst du wie alt? Als dein erstes Album rauskam?“

„Am Anfang gab es gar kein Album. Ich hatte großen Erfolg auf YouTube, bevor die Studios bei mir angeklopft haben.“

„Dann machst du das also schon wirklich lange?“

Er greift nach einem Zwiebelring und beißt davon auf. „Ich war sechzehn, als ich in Großbritannien ganz oben in den Charts gelandet bin.“

Ich bin beeindruckt. Er erzählt das alles ohne jede Überheblichkeit. Es sind einfach Tatsachen, die er als Teil seiner Story akzeptiert hat; deshalb spricht er darüber, ohne zu merken, wie außergewöhnlich sein Leben ist.

„Gefällt es dir?“

„Die Musik?“

„Der Ruhm“, korrigiere ich ihn und nehme einen Schluck von meinem Drink.

„Nein, das ist alles Blödsinn.“

Ich lache, denn auf diese Antwort war ich nicht gefasst. „Tatsächlich?“

„Tatsächlich.“ Er lächelt. „Du gewöhnst dich daran, aber zu Anfang kommst du dir wie auf einem anderen Planeten vor. Ich werde nie vergessen, wie ich das erste Mal die Haustür aufgemacht habe und da ein Dutzend Paparazzi stand. Das war verrückt. Ich habe damals noch bei meinen Eltern gelebt. Wir mussten in ein Anwesen umziehen, wo es Sicherheitszäune und Überwachungskameras gibt. Ich begreife immer noch nicht, wie fasziniert die Leute von den winzigsten Dingen in meinem Leben sind. Wie kann man sich derart für das Leben von jemand anderem interessieren? Einmal hat ein Kellner das Besteck, mit dem ich gegessen habe, auf eBay versteigert.“

Leicht angewidert verziehe ich das Gesicht. Wie anstrengend muss es sein, wenn einem die Fans ständig so nahe kommen wollen!

„Aber die Musik …“

Bei seinem Lächeln setzt mein Herz einen Schlag lang aus.

„Dafür lebe ich. Das war schon immer so.“

Autor

Clare Connelly
Clare Connelly liebt Liebesromane – von Jane Austen bis  E L James. Nachdem sie lange erfolgreich Selfpublisherin war, ging 2017 ihr Traum in Erfüllung, als ihr erstes  Buch bei einem Verlag erschien. Seitdem ist sie nicht mehr zu stoppen. Clare liest und schreibt leidenschaftlich gerne, und lebt in einem kleinen...
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