Royale Babys - Prinzessinnen im Glück (5-teilige Serie)

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NUR EINE HEIMLICHE SOMMERROMANZE?

Es ist ein herrlicher warmer Tag, als Prinzessin Pippa am Strand des Inselreichs Chantaine auf den attraktiven Nic Lafitte trifft. Schon einmal haben sie geflirtet - jetzt beginnen sie eine heimliche Sommeraffäre. Mit ungeahnten Folgen für Herz und Krone!

WIE VERFÜHRT MAN EINE PRINZESSIN?

Wie fühlen Sie sich, Prinzessin?" Coco kann die Frage des Reporters nicht beantworten. Zu neu ist für sie, dass sie zur Königsfamilie von Chantaine gehört. Zum Glück ist ein starker Mann an ihrer Seite: Benjamin Garner, der ihr mehr bedeutet als ihr royaler Titel …"

WIE ANGELT MAN SICH EINEN PRINZEN?

Ihr Chef ist ein echter Prinz! Als Sophie ihn auf eine Reise begleitet, um seine adlige Familie kennenzulernen, steht auch ihr Leben plötzlich Kopf. Denn in dem sonnigen Inselreich kommen sich die beiden näher und beginnen eine heimliche Affäre. Doch das ist Sophie nicht genug…

VERLIEBT IN MEINEN BODYGUARD

Treat Walker ist der perfekte Bodyguard! Trotzdem will die alleinerziehende Prinzessin Fredericka nicht Tag und Nacht von ihm bewacht werden - bis sie erkennt, wie wichtig ihm ihr kleiner Sohn ist. Und plötzlich kann sie das aufregende Knistern zwischen ihnen nicht mehr leugnen …

EINE PRINZESSIN UNTERM MISTELZWEIG

Nie hätte er es für möglich gehalten: Die Nanny schenkt seinen Kindern endlich das Lachen zurück! Und auch Gavin glaubt bei jedem Blick in Saras Augen wieder an die Liebe. Bis sein Traum von einer sinnlichen Adventszeit zerplatzt: Ihm wird klar, dass Sara ihn eiskalt belogen hat …


  • Erscheinungstag 06.12.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733738914
  • Seitenanzahl 720
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Leanne Banks

Royale Babys - Prinzessinnen im Glück (5-teilige Serie)

IMPRESSUM

Nur eine heimliche Sommerromanze? erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0
Fax: +49(0) 711/72 52-399
E-Mail: kundenservice@cora.de

© 2012 by Leanne Banks
Originaltitel: „The Princess and the Outlaw“
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANA EXTRA
Band 12 - 2013 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg
Übersetzung: Karin Weiss

Umschlagsmotive: CoffeeAndMilk / iStock, Getty Images_Fomalgaut

Veröffentlicht im ePub Format in 12/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733738983

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

 

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PROLOG

„Was macht Nic Lafitte denn hier?“, rief Bridget aus.

„Angeblich ist er ein wichtiger Sponsor und sehr beliebt“, antwortete Tina leicht verächtlich.

„Dann kennen die Leute ihn nicht“, entgegnete Bridget und stieß Phillipa an, die genauso überrascht war wie ihre Schwestern. „Warum ist er immer da, wo du bist? Vielleicht ist er der Teufel in Menschengestalt und kann überall gleichzeitig sein.“

Phillipa war geneigt, ihr zuzustimmen, denn Nic Lafitte schien eine gewisse Macht über sie zu haben.

Er kam ihr vor wie eine personifizierte Naturgewalt, die sich mit einem verheerenden Orkan vergleichen ließ. In den letzten drei Wochen war sie ihm erfolgreich aus dem Weg gegangen und überzeugt gewesen, dass sie durch die Flucht aus ihrer Heimat Chantaine Zeit zum Nachdenken gewinnen würde.

Niemals hätte sie sich träumen lassen, dass er ausgerechnet heute auf dieser Benefizveranstaltung in Texas, die sie mit ihren Schwestern besuchte, für seinen außergewöhnlichen Einsatz in Sachen Nächstenliebe ausgezeichnet werden würde.

Der Ballsaal kam ihr plötzlich viel zu klein vor. Panik ergriff sie, und sie wäre am liebsten hinausgelaufen. Während ihre Schwestern sie aufmerksam musterten, atmete sie tief durch und versuchte, den Kloß in der Kehle hinunterzuschlucken. „Mir ist etwas übel, entschuldigt mich. Ich bin gleich wieder da.“

Um keine Aufmerksamkeit zu erregen, eilte sie mit gesenktem Kopf aus dem Saal. Sobald ich weit genug weg bin von Nic und der verheerenden Wirkung, die er auf mich hat, ist alles wieder in Ordnung, machte sie sich Mut.

Schließlich schloss sie die Tür hinter sich und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand, die sich angenehm kühl anfühlte. Ihre Schwestern hatten nicht übertrieben – der texanische Sommer war tatsächlich die reinste Hölle.

Um sich zu beruhigen, atmete sie mehrmals tief durch. Wie war sie nur in diese Sache hineingeraten? Im Vergleich zu ihren Geschwistern hatte sie sich immer gern im Hintergrund gehalten, was nicht schwierig war als fünftes von sechs Kindern. Ihr ältester Bruder Stefan hatte die Nachfolge seines verstorbenen Vaters, des Fürsten von Chantaine, angetreten und war durch seine Erziehung auf diese Rolle vorbereitet worden. Phillipa hingegen hatte studiert, weil sie keine Lust gehabt hatte, als Prinzessin ständig im Rampenlicht zu stehen.

Als ihre beiden älteren Schwestern anfingen, sich mehr auf ihre Ehemänner als auf die Pflichten als Prinzessinnen zu konzentrieren, hatte sie sich umso intensiver mit dem Studium beschäftigt. So hatte sie oft genug eine Ausrede gehabt, wenn sie irgendwelche offiziellen Termine wahrnehmen sollte.

„Ich will verdammt sein, wenn das nicht Prinzessin Phillipa von Chantaine ist“, ertönte plötzlich eine ihr sehr vertraute männliche Stimme.

Es verschlug ihr den Atem, als sie in Nics dunkle Augen sah. „Mit dir habe ich hier am allerwenigsten gerechnet“, brachte sie schließlich mühsam hervor.

Er deutete ein Lächeln an. „Das überrascht mich nicht“, antwortete er und legte ihr eine Hand auf den Arm. „Was für ein glücklicher Zufall, wir haben nämlich noch einiges zu klären. Du fährst jetzt mit mir. Ich lasse meinen Wagen kommen.“

Ihr Herz klopfte so heftig, als würde es bald zerspringen. „Das geht nicht. Meine Schwestern sind auch im Saal. Wenn ich einfach verschwinde, starten sie eine Suchaktion.“

„Es wäre nicht das erste Mal, dass deine Familie mir mit der Polizei droht.“ Er sah sich um und dirigierte sie über den Flur. „Wenn du nicht mitkommen willst, reden wir eben woanders.“

„Du bist verrückt.“ Weiter kam sie nicht, denn in diesem Moment stieß er die Tür zur Garderobe auf und zog Phillipa mit sich bis in die hinterste Ecke.

Dann packte er sie sanft, aber entschlossen an den Schultern. „Verrat mir doch, was du dir wirklich wünschst und was du brauchst, Pippa“, forderte er sie mit seiner tiefen Stimme auf, die so sexy klang, dass sie insgeheim erbebte.

Prompt dachte sie zurück an die heimlichen Treffen, an die Nachmittage auf seiner Jacht, an die Nächte, in denen sie schwimmen gegangen waren, und an die Spaziergänge am anderen Ende der Insel, bei denen sie so viel über ihn erfahren hatte. Er hatte es ihr leicht gemacht, auch über sich zu sprechen. Noch nie zuvor hatte Phillipa sich so sehr zu einem Mann hingezogen gefühlt, obwohl die Feindseligkeiten zwischen ihren Familien das eigentlich gar nicht zulassen sollten.

Langsam und ohne den Blick abzuwenden, senkte er den Kopf und küsste sie. Sie hatte das Gefühl dahinzuschmelzen und befürchtete, die Kontrolle zu verlieren.

„Das ist Wahnsinn. Es kann nicht funktionieren, das habe ich dir schon tausendmal gesagt“, flüsterte sie.

„Warum denn nicht?“, fragte er herausfordernd. „Wenn wir beide es wollen, spricht nichts dagegen.“

Pippa mahnte sich, vernünftig zu bleiben – das würde ihr eine Menge Schwierigkeiten ersparen. „Was wir uns momentan wünschen, ist nicht ausschlaggebend. Es gibt Wichtigeres als flüchtige Emotionen.“

„Wenn du davon wirklich überzeugt bist, musst du dir die Frage gefallen lassen, warum du meine Küsse erwiderst.“

In diesem Moment hörte sie ein Geräusch von der Tür her und zuckte zusammen. „Da ist jemand, wir müssen hier weg.“

Gemeinsam verließen sie das Versteck und wurden von Tina und Bridget empfangen, die sie mit versteinerten Mienen musterten.

„Halte dich von meiner Schwester fern“, forderte Bridget Nic auf.

„Das kann nur Pippa entscheiden“, entgegnete er.

„Du benutzt sie doch nur“, hielt Tina ihm vor. „Du willst nur mit ihr zusammen sein, um den schlechten Ruf deiner Familie zu verbessern.“

„Glücklicherweise gibt es genug Menschen, die meine Familie respektieren.“

„Aber nur, weil ihr euch Respekt mit Geld erkauft“, gab Tina zurück. „Lass also Pippa in Ruhe, du kannst für sie niemals gut genug sein. Wenn du überhaupt etwas für sie empfindest, solltest du aus ihrem Leben verschwinden.“

„Okay, ich gehe jetzt, doch nur Phillipa allein entscheidet, wie und ob es mit uns weitergeht“, erklärte er angespannt und begegnete ihrem schockierten Blick. „Mach’s gut, mein Liebling. Vergiss nicht, es gibt Dinge im Leben, die vorherbestimmt sind“, fügte er noch hinzu, ehe er die drei Schwestern stehen ließ.

1. KAPITEL

Sieben Monate später fing Pippa wieder mit dem Joggen an, um fit zu bleiben, wie sie behauptete. In Wahrheit versuchte sie jedoch nur, vor ihren Erinnerungen und vor der Erkenntnis davonzulaufen, dass es wahrscheinlich für sie nur diesen einen Mann gab, den sie nicht haben konnte.

Um sechs Uhr morgens war der weiße Sandstrand noch menschenleer. Sie genoss die Ruhe und Stille um sich herum und das leise Plätschern der Wellen. Vielleicht würde es ihr helfen, die quälenden Gedanken zu ordnen.

Schließlich machte sie eine Pause und atmete tief die salzige Luft ein. Als sie nach wenigen Minuten weiterlief, kam ihr plötzlich jemand entgegen. Beim Näherkommen erkannte sie, dass es sich um eine zierliche Frau mit kurzem weißem Haar in einem Strandkleid handelte. Pippa nickte und sagte freundlich: „Guten Morgen.“

Die Frau wandte sich jedoch ab und stolperte dann auch noch.

„Verzeihung, brauchen Sie Hilfe?“, erkundigte sich Pippa besorgt.

Die Frau schüttelte den Kopf. „Nein, vielen Dank. Es ist wunderschön hier, nicht wahr?“ Ihre betont muntere Stimme stand in eigenartigem Kontrast zu ihrem hinfälligen Äußeren.

„Ja, das finde ich auch.“ Sie erinnert mich an jemanden, überlegte Pippa, wusste aber nicht, an wen. Als die Fremde erneut stolperte, war sie ernsthaft beunruhigt. „Ich begleite Sie gern, wenn Sie mir sagen, wohin Sie möchten.“

„Nein, vielen Dank“, wehrte die Frau geradezu entsetzt ab und brach plötzlich zusammen.

„Oh nein!“ Alarmiert beugte Pippa sich über sie. Außer sich vor Angst, tätschelte sie der Frau sanft die Wangen und sagte immer wieder: „Bitte, kommen Sie zu sich!“ Als sie gerade über ihr Smartphone Hilfe herbeirufen wollte, öffnete die Fremde die Augen und blickte Pippa durchdringend an.

„Geht es Ihnen besser? Möchten Sie etwas Wasser trinken?“ Sie hielt ihr die Flasche hin, die sie immer zum Joggen mitnahm. „Ich lasse den Krankenwagen kommen.“

„Nein, bitte nicht“, protestierte die andere und fing an, herzzerreißend zu schluchzen.

Pippa konnte es kaum ertragen. „Bitte, lassen Sie mich Ihnen doch helfen!“

„Ich möchte doch nur auf Chantaine sterben.“

Plötzlich wusste Pippa, warum die Frau ihr bekannt vorkam: Sie sah Nic sehr ähnlich, er hatte dieselben Augen, war allerdings viel größer und kräftiger als seine Mutter.

„Amelie“, flüsterte sie. „Sie sind Amelie Lafitte.“

Zögernd nickte die andere. „Wie kommen Sie darauf?“

„Ich kenne Ihren Sohn Nic.“ Er hatte einmal erwähnt, dass seine Mutter krebskrank war.

„Ich wollte nur einen Strandspaziergang machen. Bestimmt nimmt er es mir übel, dass ich die Jacht ohne sein Einverständnis verlassen habe.“

„Ich rufe ihn an“, verkündete Pippa.

„Das verdirbt mir die ganze Freude, er ist so ein Schwarzseher.“ Amelies Stimme klang schon wieder viel fester.

Erstaunt darüber, wie schnell Nics Mutter sich erholt hatte, wählte Pippa seine Nummer, die sie immer noch auswendig kannte, obwohl sie sie schon vor Monaten gelöscht hatte.

Wenig später hielt eine schwarze Limousine auf der Straße oberhalb des Strands an, und Nic stieg aus. Mit angespannter Miene eilte er auf die beiden Frauen zu. Ihn nach sieben Monaten wiederzusehen, machte Pippa ganz nervös. Ihr Herz klopfte so heftig, als würde es zerspringen.

„Hallo, mein Liebling“, begrüßte Amelie ihn. „Es tut mir leid, dass ich dir solche Umstände mache. Ich konnte nicht mehr schlafen und wollte unbedingt einen Strandspaziergang machen.“

„Ich hätte dich doch begleitet“, antwortete er, ehe er sich an Pippa wandte. „Danke, dass du mir Bescheid gesagt hast. Ich nehme meine Mutter mit zurück, dann kannst du weiterjoggen. Ich wusste gar nicht, dass du so sportlich bist.“

„Na ja, ich mache Intervalltraining, eine Kombination aus Lauf- und Erholungsphasen.“

Er nickte und drehte sich wieder zu seiner Mutter um. „Dad ist außer sich vor Sorge. Er wäre am liebsten mitgekommen.“

„Mit dem gebrochenen Fuß kann Paul das ja gar nicht“, entgegnete seine Mutter. „Ich hätte jetzt Lust auf diese köstlichen Crêpes, die es immer in dem Café am Stadtrand gab“, fügte sie lächelnd hinzu.

„Das Café existiert noch“, erklärte Pippa.

„Oh, lassen Sie uns hingehen. Sie kommen doch mit, oder?“ Amelie sah Pippa fragend an.

Pippa warf Nic einen hilflosen Blick zu.

„Mutter, weißt du denn nicht, wer sie ist?“ Er half ihr aufzustehen.

Nachdenklich betrachtete Amelie sie. Auf einmal dämmerte es ihr. „Ja, Sie sind eine Devereaux, stimmt’s? Das sehe ich an Ihren Augen und Ihrem Kinn. Dann könnte es etwas problematisch werden.“

„Nur etwas?“ Nic verzog spöttisch die Lippen. „Lassen wir sie selbst entscheiden. Also, Pippa, was hältst du davon?“

Er deutete ihr kurzes Zögern falsch. „Es ist okay, wenn du nicht mitkommen möchtest. Noch einmal danke, dass du dich um meine Mutter gekümmert hast.“

„Ich komme mit“, erwiderte sie spontan. „Es sei denn, du nimmst die Einladung deiner Mutter zurück.“

Ihre Antwort schien ihn zu verblüffen, was sie mit Genugtuung feststellte.

„Nein, sie gilt natürlich. Willst du mit uns fahren?“

„Danke, ich nehme meinen eigenen Wagen und brauche ungefähr eine Viertelstunde. Bis gleich. Sie sollten etwas trinken, Mrs Lafitte.“

„Vielen Dank, meine Liebe“, bedankte Amelie sich lächelnd. „Ist sie nicht ganz entzückend, Nic?“

„Ja, wirklich entzückend“, stimmte er ihr spöttisch zu.

Während Pippa die Baseballkappe und die Sonnenbrille aufsetzte und sich im Rückspiegel betrachtete, stellte sie sich die entsetzten Mienen vor, wenn man im Fürstenhaus von ihrem Vorhaben erführe. Dass sie morgens um sechs am Strand laufen ging, war eine Sache. Sich in diesem Aufzug in der Öffentlichkeit zu zeigen, war jedoch etwas ganz anderes. Hoffentlich würde sie niemand erkennen! Sie stieg aus und schloss den Wagen ab.

Anders als ihre Geschwister trat sie selten öffentlich auf, was sich jetzt sicher als Vorteil erweisen würde. Immerhin hatte sie das lange gelockte braune Haar, an dem man sie hätte erkennen können, zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und unter der Kappe versteckt.

Pippa betrat das vornehme Café und Restaurant und erblickte sogleich Amelie und Nic. Mutter und Sohn winkten ihr zu, Nics Miene verriet jedoch, dass er überrascht über ihr Kommen war. Offenbar hatte er nicht damit gerechnet, dass sie ihr Versprechen hielt.

Pippa ging zu dem Tisch in der Nische, an dem die beiden saßen und ließ sich auf den roten Samtstuhl sinken.

„Fein, dass Sie uns Gesellschaft leisten“, sagte Amelie lächelnd und wies auf die Speisekarte. „Ich habe mich noch nicht entschieden, was ich nehme.“

„Worauf hätten Sie denn Lust?“ Pippa nahm die Karte zur Hand und überflog sie.

Amelie zuckte hilflos mit den Schultern.

In diesem Moment erschien die Bedienung. „Haben Sie schon gewählt? Kann ich Ihnen etwas zu trinken bringen?“

Amelie bestellte einen Café au Lait, Nic einen schwarzen Kaffee und Pippa entschied sich für einen Tee.

Amelie bestellte gleich mehrere Crêpes mit unterschiedlichem Belag, während Nic und Pippa sich jeweils mit einem begnügten.

„Entschuldigen Sie, Sie kommen mir bekannt vor. Sind Sie Nachrichtensprecherin?“, fragte die junge Frau Pippa.

Pippa lächelte erleichtert. „Nein, ich bin nur eine ganz normale Studentin. Aber danke für das Kompliment.“

„Oh, keine Ursache“, erwiderte die Kellnerin verlegen und verschwand.

Wie gebannt hatten Nic und seine Mutter Pippa beobachtet. Jetzt lächelte Amelie sie strahlend an. Pippa hatte das Gefühl, als würde der ganze Raum plötzlich heller. Jetzt wusste sie auch, an wen Nics Mutter sie erinnerte – an Audrey Hepburn!

„Ich bin so froh, hier zu sein. Der Duft allein ist so verführerisch, dass ich am liebsten noch mehr bestellen würde. Aber ich werde nur ein bisschen von allem probieren, und den Rest nehmen wir für Paul mit.“ Amelies Miene wurde ernst. „Der Ärmste, er hat solche Schmerzen.“

Das klang so, als wäre sie selbst vollkommen schmerzfrei. Pippa wusste jedoch, dass dem nicht so war. Amelies Entschlossenheit, das Leben noch zu genießen, fand sie bewundernswert. Es machte sie jedoch auch etwas betroffen.

„Angeblich dauert es manchmal ziemlich lange, bis ein gebrochener Fuß wieder heilt“, sagte sie.

„Ja, das stimmt. Paul findet es unerträglich, in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt zu sein. Er ist sehr ungeduldig.“ Amelie warf Nic einen Blick zu und fügte hinzu: „Das liegt in der Familie. Doch genug davon“, wandte sie sich wieder an Pippa. „Erzählen Sie mir doch etwas über sich, über Ihr Leben und Ihre Interessen. Die Presseberichte über Ihre Familie habe ich immer gelesen. Ihr Vater Edward war sicher stolz auf Sie und Ihre Geschwister.“

Pippa zögerte. Sollte sie wahrheitsgemäß antworten, dass ihr Vater sich nicht allzu sehr um seine Kinder gekümmert hatte, außer um Stefan, seinen Nachfolger?

„Ich bin ein Bücherwurm, wie man so sagt. Momentan schreibe ich meine Doktorarbeit über Genealogie“, antwortete sie schließlich.

„Ah ja.“ Amelie nickte nachdenklich. „Die Crêpes schmecken köstlich“, wechselte sie dann das Thema. „Meine Liebe, ich muss gestehen, dass ich Ihrem Vater nach unserer Trennung nur das Allerbeste gewünscht habe. Hoffentlich war er glücklich.“

Pippas Vater war mit Amelie verlobt gewesen, ehe er den Thron bestiegen hatte. Doch als sie Paul Lafitte kennengelernt hatte, hatte sie sich Hals über Kopf in den hochgewachsenen dunkelhaarigen Texaner verliebt, dessen Vorfahren Piraten gewesen waren.

Als Amelie die Verlobung lösen wollte, war Edward zunächst nicht einverstanden gewesen, bis Paul sich eingemischt hatte. Es hatte einen heftigen Streit gegeben, und Pippas Vater hatte sich gedemütigt gefühlt. Sie vermutete, dass er danach keine andere Frau mehr wirklich geliebt hatte.

„Soweit ich es beurteilen kann, hat er sein Leben genossen“, erwiderte sie ausweichend.

Amelie streichelte ihre Hand. „Sie sind eine bezaubernde junge Frau. Sie machen ihm alle Ehre.“ Sie stand auf. „Entschuldigt mich einen Moment, ich bin gleich wieder da.“

„Soll ich dich begleiten?“, bot Nic ihr an.

„Nein, vielen Dank.“ Sie lächelte freundlich und ging in Richtung der Toiletten.

„Es scheint ihr ganz gut zu gehen, oder?“, fragte Pippa.

„Im Moment ja. Aber das wechselt ständig. Sie weiß, dass ihr nicht mehr viel Zeit bleibt, und versucht, das Beste daraus zu machen. Leider ist sie manchmal so spontan wie ein kleines Mädchen. Da mein Vater mit seinem gebrochenen Fuß ihr nicht helfen kann, kümmere ich mich um sie.“

Pippa hatte Mühe, ihre Betroffenheit zu verbergen. Um sich abzulenken, bat sie die Bedienung, die restlichen Crêpes zum Mitnehmen einzupacken. „Das ist bestimmt nicht leicht für dich. Einerseits möchtest du ihr wahrscheinlich jeden Wunsch erfüllen, aber andererseits willst du sie auch nicht gefährden. Sie hat erwähnt, dass sie gern auf Chantaine sterben würde.“

Er hob die Augenbrauen. „Angesichts der Tatsache, dass mein Vater die Insel nicht betreten darf, wird dieser Wunsch schwer zu erfüllen sein.“

„Das hatte ich ganz vergessen“, gab Pippa zu. „Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass man nach so vielen Jahren noch an dem Verbot festhält.“

„Da täuschst du dich.“ Er lachte verbittert auf. „Denn nach all den Jahren hasst deine Familie uns immer noch. Ich möchte nicht riskieren, dass er hier festgenommen wird. Jedenfalls versuche ich, meiner Mutter alle Wünsche zu erfüllen, aber was nicht geht, geht nicht.“ Als er Amelie zurückkommen sah, stand er auf. Pippa erhob sich ebenfalls.

Dann nahm er die Tragetasche mit den eingepackten Crêpes, die ihm die Serviererin reichte, und bedankte sich.

„Ich möchte mir alles noch einmal genau einprägen.“ Amelie sah sich in dem Raum um und ging dann voraus zur Tür.

Während Pippa den beiden folgte, gestand sie sich ein, dass sie sich noch genauso stark zu Nic hingezogen fühlte wie zuvor. Dabei hatte sie gehofft, darüber hinweg zu sein. Es tat ihr unendlich leid, dass sie ihm in dieser schweren Zeit nicht helfen konnte, aber das würde er wahrscheinlich gar nicht zulassen. Jedenfalls bewunderte sie den Mut und die Lebensfreude, die seine Mutter trotz ihrer schlimmen Krankheit ausstrahlte.

Amelie blieb neben Nics Limousine stehen und drehte sich zu Pippa um. „Danke für Ihre Hilfe. Sie sind eine ganz reizende junge Frau, Prinzessin. Ich bin froh, dass ich Sie kennengelernt habe.“

„Danke für das Kompliment. Auch ich freue mich über unsere Begegnung. Nennen Sie mich doch einfach Pippa.“

„Gern, und ich bin Amelie. Vielleicht sehen wir uns einmal wieder“, verabschiedete sich die ältere Frau und stieg ein, während Nic ihr die Wagentür aufhielt.

Ehe Pippa sich zum Gehen wandte, warf sie ihm noch einmal einen sehnsuchtsvollen Blick zu.

Er erwiderte ihn, und sie hatte das Gefühl, als würde ihr Herz stehenbleiben. „Auf Wiedersehen, Prinzessin“, sagte er jedoch nur.

Während sie über den mit Marmorfliesen ausgelegten Flur des Palasts zu ihrer Suite eilte, ermahnte Pippa sich, sich auf die Doktorarbeit zu konzentrieren, statt immer wieder über Nic und seine Mutter nachzudenken.

Als sie um die Ecke bog, hörte sie einen schrillen Schrei. Das konnte nur Tyler, einer der kleinen Stiefsöhne ihrer Schwester, sein.

„Tyler, mein Liebling, du bist doch noch nicht angezogen“, erklang Bridgets Stimme, die mit Travis auf dem Arm hinter ihm herlief. „Oh Pippa, du bist meine Rettung. Kannst du ihn bitte festhalten? Offenbar findet er es lustig, nackt durch den Palast zu laufen.“

Als Tyler Pippa sah, blieb er stehen, und sie nahm ihn auf den Arm. „Wohin willst du denn? Hast du gerade gebadet? Du duftest so gut.“ Sie tat so, als würde sie an seiner Schulter schnuppern und brachte den Kleinen zum Lachen.

„Danke.“ Atemlos kam Bridget näher.

Sofort streckte Tyler die Ärmchen nach ihr aus. Mumma“, sagte er und gab ihr einen dicken Kuss, als sie sich zu ihm vorbeugte und ihn auf den anderen Arm nahm. „Jetzt spielst du wieder den kleinen Unschuldsengel“, stellte sie belustigt fest und küsste ihn sanft auf die Stirn.

„Wo sind die Kindermädchen?“, erkundigte sich Pippa und nahm ihr Travis ab.

„Claire hat heute Vormittag frei, und Maria muss ihre kranke Mutter versorgen. Eigentlich wollte ich heute zur Ranch fahren.“ Bridget verdrehte die Augen und lachte. „Ich hätte nie gedacht, dass Stefan Ryder und mir erlauben würde, hier eine zu bauen.“

„Und ich hätte mir nie vorstellen können, dass du jemals auf einer Ranch mit Stiefkindern leben würdest.“

„So sehe ich sie gar nicht. Die liebenswerten Bengel sind mir ans Herz gewachsen. Sie sind genauso meine wie Ryders Kinder“, entgegnete Bridget.

„Ich kann auf die beiden aufpassen, wenn du möchtest“, bot Pippa an. Sie wusste, wie wichtig es für ihre Schwester und ihren Mann war, endlich ein eigenes Zuhause zu haben.

„Irgendwie habe ich das Gefühl, dich viel zu oft in Anspruch zu nehmen und von deinem Studium abzuhalten.“

„Das ist schon okay.“ Die beiden Jungen waren nicht der Grund, warum sie sich nicht auf die Doktorarbeit konzentrieren konnte. „Du wirst ja nicht den ganzen Tag wegbleiben.“

„Nein, höchstens zwei Stunden. Ich danke dir, du bist die Beste.“ Bridget küsste sie auf die Wange. „Dann komm mit, ich ziehe Tyler rasch an, ehe ich fahre.“

Lächelnd folgte Pippa ihr in ihre Suite. „Seit deiner Heirat mit Ryder hast du dich verändert. Dein Leben hat sich sehr verbessert, stimmt’s?“

„Das beweist, wie positiv es sich auswirkt, wenn man den richtigen Mann an seiner Seite hat. Sobald ich etwas mehr Zeit habe, werde ich damit anfangen, einen für dich zu suchen.“

„Gib dir keine Mühe.“ Pippa war alarmiert. „Ich will erst meine Doktorarbeit beenden.“

„Irgendwann ist sie ja fertig.“ Bridget versuchte, Tyler anzuziehen, der nicht stillhalten wollte. „Außerdem kannst du nicht ewig warten. Ich meine, was Beziehungen betrifft.“

„Hast du etwa schon vergessen, wie es dir ergangen ist? Oder waren dir Stefans Versuche, den richtigen Mann für dich zu finden, etwa nicht lästig?“

„Ich will dich ja nicht mit irgendeinem Langeweiler zusammenbringen, sondern mit einem heißen Typ, wenn du verstehst, was ich meine.“

„Klingt gut, aber spar dir die Mühe“, wehrte Pippa ab. „Ich gehe mit den Jungen ins Spielzimmer. Übrigens, wollt ihr auf eurer Ranch wirklich Rinder züchten?“

„Ja, wenn es nach Ryder geht. Da ich ihn von Texas weggelockt habe, muss ich ihm hier etwas Gleichwertiges bieten. Bis nachher“, verabschiedete Bridget sich, küsste die Zwillinge auf die Stirn und eilte davon.

Eine Stunde später kam sie wieder, und Pippa zog sich mit einem Sandwich in ihre Suite zurück. Doch statt sich auf die Arbeit zu konzentrieren, dachte sie über die Begegnung mit Nic und seiner Mutter nach. Plötzlich fielen ihr ihr Cousin Harold, der nach Tibet gegangen war, und seine Schwester Georgina ein, die einen Engländer geheiratet hatte.

Die Eltern der beiden waren verstorben und hatten ihnen am anderen Ende der Insel ein Cottage hinterlassen, das die meiste Zeit leer stand. Das wäre doch etwas für Nics Eltern, überlegte sie.

Nein, das war unmöglich. Ihr Bruder Stefan würde ihr das nie verzeihen.

Schließlich nahm sie sich zusammen und arbeitete bis nach Mitternacht an ihrer Doktorarbeit. Dann fiel sie todmüde ins Bett und schlief sofort ein. Doch irgendwann träumte sie von einer schwarzen Limousine, die langsam über einen schön angelegten Friedhof fuhr. Schwarz gekleidete Menschen mit Blumen in den Händen folgten ihr. Pippas Herz verkrampfte sich vor Schmerz.

In diesem Moment wachte sie auf, und ihre Gedanken überschlugen sich. Nic und seine Mutter taten ihr unendlich leid. Sie überlegte, wie sie Amelie den Wunsch erfüllen könnte, auf Chantaine zu sterben. Aber es wäre nicht richtig gewesen, Nic zuliebe ihre Familie zu hintergehen.

Andererseits – wie konnte sie Nic und Amelie nicht helfen?

Am nächsten Tag telefonierte Pippa mit Georgina, die sofort bereit war, ihr das Cottage zur Verfügung zu stellen. Es gefiel ihr gar nicht, Heimlichkeiten vor ihrer Familie zu haben. Andererseits konnte sie es mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren, Amelies Wunsch zu ignorieren.

2. KAPITEL

Nachdem Nic an Bord der Jacht seine E-Mails beantwortet und die geschäftliche Korrespondenz erledigt hatte, atmete er tief die milde Nachtluft ein. Sie lagen in Küstennähe vor Anker, damit seine Mutter jederzeit zu ihrer geliebten Insel hinüberblicken konnte. Ihm war klar, dass er bald in die USA zurückkehren und sich um die Firma seines Vaters kümmern musste. Wegen Amelies Krankheit hatte Paul verständlicherweise alles andere vernachlässigt – seine Frau war sein Leben. Nic fragte sich besorgt, wie sein Vater ihren Tod verkraften würde.

Als er sich gerade einen Scotch einschenken wollte, läutete sein Handy. Auf dem Display erkannte er Pippas Nummer und war freudig überrascht. Nach der Begegnung gestern Morgen hatte er nicht damit gerechnet, wieder von ihr zu hören.

„Hallo, Prinzessin“, meldete er sich.

„Hallo, Nic. Ich hoffe, ich störe dich nicht.“ Ihre Stimme klang so angespannt, dass er neugierig wurde.

„Nein, ich habe nur die Stille um mich herum genossen“, erwiderte er.

„Entschuldige die Störung, aber ich möchte dir etwas berichten, was dich vielleicht interessiert. Es geht um deine Mutter.“

Schlagartig löste sich seine gute Stimmung auf. „Was ist mit ihr? Hast du mit deiner Familie über ihre Situation geredet? Wollt ihr meinen Eltern etwa verbieten, vor der Insel zu ankern oder im Hafen anzulegen?“

„Nein, auf keinen Fall“, versicherte sie ihm. „Im Gegenteil, ich kann deinen Eltern ein Cottage anbieten.“

Sekundenlang war er sprachlos. „Wiederholst du das bitte?“

„Gern. Ich kann deinen Eltern ein Cottage auf Chantaine anbieten.“

„Und warum, wenn ich fragen darf?“

„Na ja“, begann sie zögernd, „meine Cousine Georgina und ihr Bruder Harry wohnen nicht mehr hier, und das Cottage, das sie geerbt haben, steht seit Jahren leer. Deshalb halte ich es für eine gute Idee, dass deine Eltern es eine Zeit lang benutzen.“

„Klar, warum eigentlich nicht? Allerdings spricht die Tatsache dagegen, dass mein Vater die Insel nicht betreten darf. Ich bezweifle, dass sich dein Bruder in einer Anwandlung von Mitgefühl oder in einem Anflug von Vernunft entschlossen hat, meinem Vater zu verzeihen.“

„Du brauchst Stefan nicht zu beleidigen, er verteidigt nur die Ehre meines Vaters“, erwiderte sie. „Jedenfalls dachte ich, dass deine Mutter sich vielleicht über das Angebot freuen würde.“

„Wie du das Problem mit meinem Vater lösen willst, hast du mir noch nicht verraten.“

„Dafür werden wir schon eine Lösung finden. Deine Mutter hat seinen gebrochenen Fuß erwähnt, also wird er nicht herumlaufen. Und wenn er es doch ab und zu tun will, kann er einen Hut und eine Brille aufsetzen.“

„Und sich auch noch einen falschen Bart ankleben?“ Nic fand die Idee einfach lächerlich.

„Mir ist klar, dass mein Plan nicht perfekt ist“, gab sie zu, „aber es ist besser als nichts.“

„Ich werde nicht riskieren, dass mein Vater festgenommen oder ausgewiesen wird“, erklärte er.

„Vielleicht liegt diese Entscheidung ja gar nicht bei dir.“

„Was soll das denn heißen?“

„Deine Eltern müssen es entscheiden. Ich gehe davon aus, dass niemand deinen Vater erkennt. Sein Foto hängt ja nicht in öffentlichen Gebäuden aus, wie es bei euch in Amerika üblich ist.“

„Du meinst die Fahndungsplakate, die bei uns heutzutage nur noch in den Postämtern und Gemischtwarenläden ausgehängt werden. Immerhin ein Fortschritt seit den Zeiten des Wilden Westens“, stellte er spöttisch fest.

„Auch bei uns gibt es Fortschritte. So werden Menschen, die kein schweres Verbrechen begangen haben, nicht gleich eingesperrt.“

„Beruhigen kann mich das nicht. Ich weiß, dass die Unschuldsvermutung auf Chantaine nicht gilt. Das bedeutet, bei euch kann jeder Beschuldigte ohne einen gerichtlichen Beschluss ins Gefängnis gesteckt werden“, erinnerte er sie.

„Ich habe dich nicht angerufen, um mit dir über unser Justizsystem zu reden, sondern wollte dir nur das Cottage für deine Eltern anbieten. Wenn sie eine Zeit lang dort wohnen möchten, lasse ich es reinigen und alles vorbereiten. Wenn nicht, hat es sich hiermit erledigt.“ Damit beendete sie das Gespräch.

Er blinzelte verblüfft. Offenbar hatte er Pippa unterschätzt.

Obwohl sein Vater seiner Familie viele Probleme bereitet hatte, tat Nic alles für ihn. Paul Lafitte war ein aufbrausender und ziemlich aggressiver Mensch. Er würde die Herausforderung, sich auf Chantaine aufzuhalten, mit Freuden annehmen.

Schließlich fuhr Nic sich mit der Hand durchs Haar und ging in das luxuriös ausgestattete Wohnzimmer, wo sein Vater vor dem Fernseher eingenickt war.

Als Nic das Gerät ausschaltete, riss Paul die Augen auf. „Wer liegt vorn?“

„Die Rangers“, log Nic.

„So? Das glaubst du doch selbst nicht“, sagte sein Vater.

Nic lachte auf. „Man soll die Hoffnung nicht aufgeben. Möchtest du etwas trinken?“

„Nein. Setz dich. Was hast du auf dem Herzen? Ich sehe dir an, dass dich irgendetwas beschäftigt.“

„Ich habe vorhin einen interessanten Anruf erhalten“, erklärte Nic und ließ sich auf dem Sofa nieder.

„Bestimmt von einer Frau. Ist sie schwanger?“

„Nein, nichts dergleichen“, antwortete er lachend. „Man hat mir ein Cottage auf Chantaine angeboten, in dem du und Mom eine Zeit lang wohnen könntet.“

„Oh! Wie hast du das denn geschafft?“

Nic zuckte mit den Schultern. „Man kann es einen glücklichen Zufall nennen. Das Problem ist allerdings, dass du die Insel nicht betreten darfst.“

Lächelnd rieb sich sein Vater das Kinn. „Richtig. Aber nachdem Edward deine Mutter beleidigt hatte, musste ich ihm einfach einen Kinnhaken geben. Das war mir die Sache wert.“

„Wenn du dich jetzt auf der Insel aufhältst, läufst du Gefahr, festgenommen zu werden“, gab Nic zu bedenken. „Bei den Gesetzen hier sitzt du vielleicht einige Wochen im Gefängnis. Es ist also ein Risiko. Du bist nicht mehr der junge Draufgänger von damals. Was machen wir, wenn Mom in dieser Zeit etwas zustößt?“

Sein Vater kniff die Augen zusammen. „Es ist der größte Wunsch deiner Mutter, hierzubleiben. Deshalb werden wir das freundliche Angebot deines Freundes akzeptieren. Zum Teufel mit der Familie Devereaux.“

„Das sehe ich anders. Es ist eine Devereaux, die uns das Cottage überlässt.“

„So? Das klingt ja spannend.“ Sein Vater hob fragend die buschigen Augenbrauen. „Schieß los!“

„Ein anderes Mal. Am besten legst du dich hin und ruhst dich aus vor dem nächsten Abenteuer.“

Paul lächelte geheimnisvoll. „Wenn mein Ururgroßvater den Behörden mit einem Holzbein entwischt ist, schaffe ich es erst recht mit einem gebrochenen Fuß.“

Nic seufzte. „Fordere das Schicksal nicht heraus, Dad.“

„Hallo?“, meldete Pippa sich verschlafen, als Nic sie früh am nächsten Morgen anrief. Ihre Stimme klang so sexy, dass sie ihm wohlige Schauer über den Rücken jagte.

„Hier ist Nic. Meine Eltern und ich nehmen dein Angebot an. Am besten treffen wir uns vor dem Cottage. Ich werde es selbst reinigen und alles vorbereiten, damit niemand Wind von der Sache bekommt.“

Nach kurzem Zögern erwiderte sie: „Daran habe ich gar nicht gedacht. Aber du hast natürlich recht. Ich bin daran gewöhnt, dass das Personal zur Verschwiegenheit verpflichtet wird.“

Über ihre Naivität musste er lächeln. „In deinem eigenen und im Interesse meiner Eltern sollten möglichst wenige Leute davon erfahren.“

„Gut. Wir treffen uns um eins. Meinem Bodyguard sage ich, dass ich in die Bibliothek gehe.“

„Aber er wird dir doch folgen, oder?“

„Natürlich. Doch er wird sich schnell langweilen und mich schließlich allein lassen.“

„Was ist das denn für eine eigenartige Pflichtauffassung?“

„Beschwerst du dich etwa darüber?“

„Ja und nein.“ Als er ihr melodisches Lachen hörte, war ihm sogleich leichter ums Herz. „Wie kriegst du ihn dazu, seinen Job so leicht zu nehmen?“

„In meinem Leben passiert nicht viel. Ich gehe nur selten aus, habe noch nie Drogen genommen, beschäftige mich momentan mit Genealogie und passe gern auf meine Nichte und die Neffen auf.“

„Fühlst du dich nicht eingeengt? Möchtest du nicht manchmal mehr Freiheit haben?“

„Die habe ich, wann immer ich will.“ Ihre Stimme klang plötzlich seltsam kühl. „Wir sehen uns dann um eins.“ Nachdem sie ihm die Adresse genannt hatte, beendete sie das Gespräch, ohne sich zu verabschieden.

Nic legte das Handy weg. Er war es nicht gewöhnt, dass eine Frau ihn am Telefon so kurz abfertigte. Aber das bewies eigentlich nur, dass er ihr nicht gleichgültig war. Und das gefiel ihm ausgesprochen gut.

Kurz vor eins fuhr er über die von verwilderten Hecken gesäumte Einfahrt zu dem weitläufigen Bungalow. So groß hatte er sich das Cottage, wie Pippa das Haus bezeichnet hatte, nicht vorgestellt. Jedenfalls war es groß genug, dass er auch dort wohnen konnte und seine Eltern nicht allein zu lassen brauchte.

Er parkte den Wagen hinter Pippas Auto, stieg aus und ging zur Haustür. Da niemand auf sein Klopfen reagierte, öffnete er die Tür und betrat die Eingangshalle. Dann entdeckte er sie. Sie war damit beschäftigt, im Wohnzimmer zu staubsaugen und hatte ihm den Rücken zugekehrt.

Fasziniert beobachtete er sie und konnte sich von ihrem verführerischen Anblick nicht losreißen.

Als sie sich unvermittelt umdrehte, fiel ihr vor Schreck der Handgriff des Staubsaugers aus der Hand. „Meine Güte, hättest du nicht anklopfen können?“, fuhr sie ihn an.

Er stellte das Gerät ab. „Ich habe zweimal laut geklopft, aber du hast nicht geantwortet. Dass du dich hier als Putzfee betätigst, hätte ich dir gar nicht zugetraut.“

„Ich habe zweimal mit einer Jugendgruppe in Norwegen Urlaub gemacht. Es gehörte zu unseren Pflichten, die Unterkunft sauber zu halten.“

„Das hast du deinen Eltern sicher nicht verraten, oder?“

„Nein“, erwiderte sie lachend. „Ich habe sowieso nicht viel mit ihnen geredet. Aber unserem Kindermädchen gegenüber habe ich es erwähnt. Danach durfte ich nicht mehr an solchen Reisen teilnehmen. Es hat mir jedenfalls ganz gut gefallen, denn es gab dort eine große Bibliothek, und niemand hat sich darum gekümmert, welche Bücher ich mir ausgeliehen habe.“

„Heißt das, um lesen zu können, was du willst, bist du sogar bereit zu putzen?“, fragte er scherzhaft.

„So ungefähr.“ Sie blickte ihn lächelnd an.

Lange sah er ihr in die Augen, bis sie sich abwandte und sich räusperte.

„Ich muss jetzt hier weitermachen“, verkündete sie.

„Kann ich dir helfen?“

„Ja, du kannst die Fußböden wischen. Abgestaubt habe ich schon überall, allerdings war ich noch nicht in den Gästesuiten im Anbau. Vielleicht willst du ja auch die Möbel so umstellen, wie es den Bedürfnissen deiner Eltern entspricht. Dein Vater soll mit seinem gebrochenen Fuß ja nicht stolpern.“

„Ich finde es ganz gut, dass er momentan nicht so beweglich ist. Dann kann er wenigstens keinen Schaden anrichten. Er ist einfach zu rebellisch und impulsiv. Ich traue ihm ohne Weiteres zu, dass er auf der Insel herumläuft, nur um deine Familie zu provozieren.“

„Aber er würde doch niemandem erzählen, wer er ist, oder?“ Pippa sah Nic besorgt an.

„Hoffentlich nicht. Ich kann es jedoch nicht ausschließen. Deshalb war ich mir auch nicht sicher, ob das Ganze so eine gute Idee ist.“

„Weshalb hast du deine Meinung geändert?“

„Weil du mich davon überzeugt hast, dein Angebot anzunehmen. Ich muss meinen Vater nur jeden Tag daran erinnern, dass es darum geht, meiner Mutter den Aufenthalt hier so angenehm wie möglich zu gestalten. Dann wird wahrscheinlich nichts passieren.“

„Danke“, erwiderte sie erleichtert.

„Wenn du solche Angst vor deiner Familie hast, verstehe ich nicht, warum du das Risiko überhaupt eingehst. Das Verhältnis zu deinen Geschwistern wäre sicher getrübt, wenn alles herauskäme.“

„Natürlich möchte ich meine Geschwister nicht enttäuschen. Doch wenn ich deiner Mutter ihren größten Wunsch erfüllen kann, tue ich es. Alles andere kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren.“

„Danke für deine Hilfsbereitschaft. Ich werde mein Möglichstes tun, die Sache geheim zu halten. Meine Mutter weiß noch nichts davon, sie wird sich sehr freuen.“

„Das hoffe ich“, erwiderte Pippa lächelnd.

„Okay, dann fange ich jetzt an zu putzen.“

Als Pippa mit dem Staubsaugen fertig war, entdeckte sie Nic im Badezimmer neben der Eingangstür. Es war ein seltsamer Anblick, wie dieser fast ein Meter neunzig große, international erfolgreiche Geschäftsmann die Armaturen auf Hochglanz polierte. Bewundernd betrachtete sie seine breiten Schultern und die schmale Taille. Sogar in dem T-Shirt sah er hinreißend aus. Doch solche Gedanken führten zu nichts, sie musste sich zusammennehmen und sie verdrängen.

Als er sich zu ihr umdrehte, fühlte Pippa sich ertappt und errötete.

„Kann ich irgendetwas für dich tun?“, fragte er.

Eigentlich schon, aber in einem ganz anderen Sinn, schoss es ihr durch den Kopf. „Ja. Ich wollte für deine Eltern eine Einkaufsliste machen. Kannst du mir dabei helfen?“

Er verzog die Lippen. „Damit kenne ich mich nicht aus, darum kümmert sich unsere Haushälterin. Doch wahrscheinlich hast du recht. Wir müssen es selbst machen, damit wenigstens etwas da ist bei ihrer Ankunft.“

„Wir?“, wiederholte sie.

„Ja. Ich wollte nicht so unhöflich sein und dich bitten, es allein zu erledigen“, antwortete er.

Aber er hätte es am liebsten getan, dachte sie und runzelte die Stirn.

„Oder mischst du dich nicht gern unter das normale Volk?“, fügte er herausfordernd hinzu, als sie zögerte.

„Damit habe ich kein Problem“, entgegnete sie. „Ich muss nur meine Baseballkappe aufsetzen. Was ist mit der Einkaufsliste?“

„Nicht nötig“, erklärte er.

Wenig später fuhren sie los. Obwohl die Limousine sehr geräumig war, raubte Nics Nähe Pippa fast den Atem, und sie bekam Herzklopfen.

„Wo ist der nächste Supermarkt?“, erkundigte er sich.

„Keine Ahnung“, gab sie zu.

„Hier.“ Er reichte ihr sein Smartphone. „Das hilft uns weiter.“

Es dauerte einige Minuten, bis sie ihn in die richtige Richtung dirigieren konnte.

„Eier, Milch, Brot, Butter und etwas Obst reichen sicher für den Anfang, oder?“ Pippa sah ihn fragend an.

„Nein, wir müssen unbedingt Schokolade, Cookies und Wein kaufen. Vielleicht auch eine Torte. Meine Mutter hält es nicht mehr für wichtig, sich gesund zu ernähren, seit die Diagnose feststeht. Und mein Vater hat sowieso seine eigenen Vorstellungen von gesunder Ernährung.“

Als Nic den Wagen auf dem Parkplatz abgestellt hatte, half er Pippa beim Aussteigen. „Wenn wir uns nicht zu lange im Supermarkt aufhalten, wird dich bestimmt niemand erkennen.“

„Ach, mit der Baseballkappe falle ich weniger auf“, entgegnete sie. „Zumindest sehe ich aus wie ein ganz normaler Mensch.“

„Ich etwa nicht?“, wollte er wissen.

Sie musterte ihn von Kopf bis Fuß. Selbst wenn er in Lumpen gekleidet wäre, würde er immer noch ungemein sexy wirken, fand sie. „Du hast anscheinend keine Ahnung, was man unter normal versteht“, erwiderte sie und eilte davon.

Er folgte ihr mit dem Einkaufswagen. Als sie in der Obst- und Gemüseabteilung etwas länger stehen blieb, erinnerte er sie: „Wir sollten uns beeilen, PD.“

„Irgendwie gefällt es mir nicht, dass du mich so nennst.“ Ihr war klar, dass PD die Abkürzung ihres Namens Phillipa Devereaux war.

Nic senkte den Kopf und flüsterte an ihrem Ohr: „Soll ich dich stattdessen PP für Prinzessin Pippa nennen?“

Seine Nähe war zu irritierend, und sie trat einige Schritte zurück. „Nein, das passt mir erst recht nicht.“

„Komm schon, setz dich in Bewegung!“

Sie warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. „Außer meinen Geschwistern wagt es niemand, so mit mir zu reden“, erklärte sie und folgte ihm.

„Das ist nur eins meiner vielen Talente, PD“, meinte er belustigt.

„Ah ja, das hatte ich vergessen.“

Schließlich standen sie mit den Einkäufen an der Kasse. Doch als Pippa die Lebensmittel auf das Fließband legen wollte, fiel ihm ein, dass etwas fehlte.

„Wir brauchen noch Schokolade. Sag ihm, er soll dich festhalten“, bat er sie und verschwand.

„Ich soll mich festhalten lassen?“, wiederholte sie, verblüfft über die seltsame Ausdrucksweise. Aber er hörte sie schon gar nicht mehr. Dafür betrachtete der junge Kassierer sie interessiert.

„Wenn Sie jemanden brauchen, der Sie festhält, helfe ich Ihnen gern, sobald meine Schicht beendet ist“, bot er ihr an.

Irgendwie war es ihr peinlich, denn sie hatte wenig Erfahrung im Flirten. „Ich habe nur wiederholt, was mein … Freund gesagt hat. Er meinte es ganz anders. Leider drückt er sich oft missverständlich aus.“

„Ach so.“ Der Kassierer schien enttäuscht zu sein. „Dann lassen Sie bitte die Kundin hinter Ihnen vor.“

Pippa überlegte, ob sie sich als Mitglied des Fürstenhauses zu erkennen geben sollte, entschied sich jedoch dagegen. Also machte sie der Kundin Platz, deren Wagen bis oben hin gefüllt war.

Wenige Sekunden später kam Nic mit der Schokolade zurück und sah Pippa stirnrunzelnd an. „Weshalb hast du die Frau vorgelassen?“

„Er hat deine Bemerkung gehört und falsche Schlüsse daraus gezogen. Als ich sein freundliches Angebot, mir behilflich zu sein, ablehnte, war er wohl etwas beleidigt und wollte die Kundin hinter mir zuerst bedienen.“

Nic zog eine Augenbraue hoch. „Verstehe. Der arme Kerl.“

3. KAPITEL

„Hast du wirklich Lust, Stephenia heute Abend etwas vorzulesen?“, fragte Eve Jackson Devereaux, die Frau des Fürsten von Chantaine, während sie mit Pippa in das Zimmer ihrer Stieftochter ging. „Du siehst müde aus.“

„Ach, so schlimm ist es nicht. Du weißt doch, wie gern ich das mache. Genießt den Abend! Ihr habt es verdient, Stefan und du.“

„Du bist die beste Schwägerin, die ich mir vorstellen kann“, sagte Eve.

Pippa war gerührt. „Das bist du auch für mich“, erwiderte sie und betrachtete Eve prüfend. „Allerdings kommst du mir ziemlich erschöpft vor. Du solltest dir mehr Ruhe gönnen. Auch als Texanerin verfügst du nicht über übermenschliche Kräfte.“

Eve lachte. „Meinst du? Eigentlich habe ich Hemmungen, dich zu fragen, ob du morgen für unser Kindermädchen einspringen könntest. Ich habe nämlich einen Arzttermin.“

Es passte Pippa gar nicht, doch sie wollte Eve nicht enttäuschen. „Kein Problem. Gibt es einen besonderen Grund für den Arztbesuch?“

„Nein, nur eine Routineuntersuchung. Und danke, dass du aushilfst. Stefan und ich finden, dass du auch endlich dein persönliches Glück finden solltest. Daran werden wir arbeiten.“

„Wie bitte?“ Pippa geriet fast in Panik. Die Aufmerksamkeit ihrer Familie konnte sie momentan gar nicht gebrauchen. „Was habt ihr vor?“

Eve warf ihr einen rätselhaften Blick zu. „Das wirst du schon sehen.“

„Macht euch um mich keine Gedanken“, wehrte Pippa ab. „Ich bin sowieso mit meiner Doktorarbeit beschäftigt und habe für kaum etwas anderes Zeit.“

„Lass dich einfach überraschen.“

„Okay“, stimmte Pippa beunruhigt zu, während ihre Schwägerin die Tür zu Stephenias Zimmer öffnete, wo die Dreijährige auf dem Boden inmitten ihrer Spielsachen saß.

„Stephie, du solltest längst im Bett sein“, sagte Eve.

„Bin ich doch auch.“ Mit Unschuldsmiene kletterte die Kleine sofort in ihr Kinderbett.

„Sie ist ein bezauberndes Kind“, flüsterte Eve.

„Ja, das kann man wohl sagen“, stimmte Pippa ihr lächelnd zu. „Ich glaube, ich habe Glück. Sie schläft bestimmt rasch ein.“

In dem Moment streckte Stephenia die Ärmchen nach Eve aus. Mama Eve.“

Die Mutter der Kleinen war bei einem Bootsunglück ums Leben gekommen. Aber Eve wollte sich aus Respekt gegenüber der Verstorbenen von dem Kind nicht mit Mutter oder Mom anreden lassen, sondern hatte ihm beigebracht, sie Mama Eve zu nennen.

„Wo ist Daddy?“, fragte das Mädchen, während Eve es in die Arme schloss.

„Er duscht gerade und kommt später, um dir einen Gutenachtkuss zu geben. Aber vielleicht schläfst du dann schon.“

Steffi küsste sie auf die Wange, und Pippa musste plötzlich daran denken, dass sie selbst von Kindermädchen aufgezogen worden war.

„Pippa.“ Jetzt streckte Stephenia auch die Ärmchen nach ihr aus. Pippa drückte sie an sich.

„Ich lasse euch beide allein“, verkündete Eve. „Träum schön, mein Liebling.“

„Nacht, Mama Eve.“

Lächelnd schloss Eve die Tür hinter sich.

Pippa setzte sich neben die Kleine aufs Bett. Stephenia war kaum zu bändigen gewesen, als sie in den Palast gekommen war. Sie stammte aus einer kurzen Beziehung Stefans mit einem Model, und er hatte erst nach dem Unfalltod seiner Exfreundin von dem Kind erfahren. Es war ein Schock für die ganze Familie gewesen, doch schon bald hatten alle das hübsche und temperamentvolle Mädchen ins Herz geschlossen.

Schon nach wenigen Minuten war die Kleine eingeschlafen. Lächelnd legte Pippa ihr Buch weg, stand auf, küsste sie behutsam auf die Stirn und verließ leise den Raum, nachdem sie das Licht ausgeknipst hatte.

Während sie über den Flur ging, dachte sie nicht zum ersten Mal darüber nach, ob sie jemals eigene Kinder haben würde. Bisher hatte sie nicht viele Gelegenheiten gehabt, jemanden kennenzulernen. Vor jeder Verabredung hatten Stefan und seine Berater den jungen Mann, um den es sich handelte, überprüft. Die einzige einigermaßen normale Beziehung hatte sie mit Nic gehabt, wenn es auch nur kurz gewesen war. Es war keine Affäre im eigentlichen Sinn gewesen, aber auch mehr als nur eine gute Freundschaft. Jedenfalls hatte er sie nicht wie eine Prinzessin, sondern wie eine begehrenswerte junge Frau behandelt.

Meine Güte, ich habe Wichtigeres zu tun, als über so etwas nachzudenken, ermahnte sich Pippa und betrat ihre Suite.

Nachdem Nic seine Eltern noch am selben Tag in das Cottage gebracht hatte, mussten sie sich vor Erschöpfung erst einmal ausruhen. Seine Mutter versuchte immer noch, sich nicht anmerken zu lassen, wie schlecht es ihr ging. Aber Nic spürte, wie schwer ihr alles fiel. Wegen der Nebenwirkungen verzichtete sie darauf, zu viele Schmerzmittel zu nehmen und war fest entschlossen, den Rest ihres Lebens zu genießen.

Zusammen mit einigen Mitarbeitern reinigte Nic den Swimmingpool und den Whirlpool. Er hoffte, dass ihn die körperliche Arbeit seinen Frust vergessen ließ. Er wusste, dass er seiner Mutter nicht helfen konnte, die Krankheit zu heilen, aber das wollte er irgendwie nicht wahrhaben. Wie sehr ihn die Situation belastete, sollten seine Eltern nicht merken, denn sie hatten wirklich genug mit sich selbst zu tun.

Plötzlich sah er Pippa kommen. In dem weiten Baumwollrock und der leichten Sommerbluse sah sie ganz bezaubernd aus. Das lange Haar hatte sie locker auf dem Kopf zusammengesteckt. Er wusste, dass sie sich nicht so hübsch fand wie ihre Schwestern, aber in ihrer kurzen gemeinsamen Zeit hatte er sie als die wunderbarste und verführerischste Frau kennengelernt, der er jemals begegnet war.

Sie eilte an ihm vorbei, als hätte sie ihn nicht bemerkt. Deshalb pfiff er hinter ihr her und kletterte aus dem Pool. „Hallo, PD! Wohin so eilig?“

Sie wirbelte herum. „Ich habe dich nicht gesehen.“ Jetzt entdeckte sie auch seine Leute, die die kleine Szene interessiert beobachteten. „Hast du etwa gearbeitet?“, fragte sie verblüfft.

„Natürlich. Körperliche Arbeit lenkt ab. Außerdem kann ich danach gut schlafen.“ Der bewundernde Blick, mit dem sie seine breiten Schultern und seine muskulöse Brust musterte, gefiel ihm. „Meine Eltern haben sich hingelegt, sie waren nach dem Umzug von der Jacht hierher ziemlich erschöpft.“

„Du hast rasch gehandelt“, stellte sie fest.

In diesem Moment öffnete seine Mutter die Haustür und rieb sich verschlafen die Augen. Doch als sie Pippa erblickte, lächelte sie. „Hallo, Prinzessin“, begrüßte sie sie.

„Mom, du sollst sie doch Pippa nennen“, erinnerte Nic sie sogleich.

„Ach ja, stimmt.“ An Pippa gewandt fügte sie hinzu: „Ich bin Ihnen ja so dankbar, dass Sie uns ermöglicht haben, hier im Cottage zu wohnen.“

„Das haben Sie nur meiner Cousine und meinem Cousin zu verdanken“, erwiderte sie.

„Aber Sie haben es in die Wege geleitet“, wandte Amelie ein.

„Was hast du da in der Tasche?“, erkundigte Nic sich in diesem Moment.

„Eis“, antwortete Pippa. „Aus dem besten Eiscafé auf der Insel.“

„Oh, dann essen wir es am besten sofort, sonst lässt mein Mann mir nicht viel übrig.“ Als Nic schmunzelte, drohte sie ihm scherzhaft: „Wenn du mich auslachst, bekommst du nichts ab.“

„Ich möchte auch gar kein Eis, sondern lieber ein Mineralwasser.“ Er führte seine Mutter und Pippa ins Haus und in die Küche.

„Du hattest nicht erwähnt, dass du den Swimmingpool säubern wolltest. Es könnte reine Zeitverschwendung sein“, warnte ihn Amelie.

„Wenn du ihn auch nur ein einziges Mal benutzt, war es die Mühe wert, Mom.“ Er nahm eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank.

„Du bist ein wunderbarer Sohn.“ Seine Mutter war ganz gerührt.

Mit Tränen in den Augen beobachtete Pippa die kleine Szene. „Ich muss mich leider wieder verabschieden und zurückfahren“, verkündete sie. „Eigentlich hatte ich angenommen, es würde noch ein paar Tage dauern, bis du mit deinen Eltern hier einziehst, Nic. Offenbar habe ich dich unterschätzt.“

„Und das nicht zum ersten Mal.“ Er sah ihr in die Augen und fühlte sich unwiderstehlich zu ihr hingezogen. Diese Frau ging ihm unter die Haut wie keine andere.

„Ich werde mir Mühe geben, es nicht wieder zu tun“, versprach sie.

Er zuckte mit den Schultern. „Warten wir es ab.“

„Sie müssen mir versprechen, wiederzukommen“, sagte Amelie zu Pippa.

„Das mache ich gern. Bis später.“

Nic begleitete Pippa zu ihrem Wagen. „Ich wollte dich nur darauf hinweisen, dass sich der Zustand meiner Mutter rapide verschlechtert. Damit kann nicht jeder umgehen.“

Sie blieb stehen und drehte sich zu ihm um. „Ich bin nicht wie andere. Ich lasse kranke Menschen nicht im Stich“, entgegnete sie beleidigt. „Oder spielst du darauf an, dass ich unsere Beziehung beendet habe?“

„Und wenn es so wäre?“

„Das war eine ganz andere Situation, außerdem war es kaum mehr als ein Flirt. Wir beide passen sowieso nicht zusammen.“

„Weil deine Familie meine hasst“, stellte er fest.

„Ja, das auch. Aber es gab keinen Grund, die Beziehung fortzusetzen, denn was mich betrifft, war es nichts anderes als eine Gefühlsverirrung.“

Er lachte auf. „Du behauptest also, du hättest dich nicht wirklich zu mir hingezogen gefühlt, sondern nur in einem Anflug von Unzurechnungsfähigkeit für mich geschwärmt?“

„Das habe ich nicht gesagt.“

Er fand ihr Erröten ganz bezaubernd. „Und wenn ich nun kein Lafitte wäre?“ Es war ihm wichtig, diesen Punkt zu klären.

Auf einmal fühlte Pippa sich sehr verletzlich und wandte sich ab. „Es ist sinnlos, darüber nachzudenken, denn du bist, wer du bist. Ich muss jetzt los. Jedenfalls werde ich deine Mutter bald wieder besuchen.“ Sie wollte weitergehen, stolperte jedoch über eine Baumwurzel.

Geistesgegenwärtig hielt Nic sie fest und atmete ihren dezenten Duft ein, während sie sich kurz an ihn klammerte. Doch dann löste sie sich von ihm und trat einen Schritt zurück.

„Entschuldige, ich habe nicht aufgepasst.“

„Kein Problem.“ Er begegnete ihrem Blick, in dem sich dieselbe Sehnsucht spiegelte, die auch er empfand.

„Danke“, war alles, was sie hervorbrachte.

„Mach’s gut“, verabschiedete er sich, hielt ihr die Wagentür auf und sah hinter ihr her, bis das Auto verschwunden war.

Er hatte versucht, die Erinnerung an Pippa zu verdrängen, aber es gab noch viel zu viel Unerledigtes zwischen ihnen.

Nach dem Besuch bei Nic und seinen Eltern war Pippa sehr aufgewühlt, als sie sich für das Abendessen mit ihrer Familie umzog. Dass er sie immer noch aus ihrem seelischen Gleichgewicht bringen konnte, überraschte sie selbst. Sie hatte angenommen, dass er längst mit einer anderen Frau zusammen war. An Verehrerinnen mangelte es ihm bestimmt nicht. Er erweckte jedoch den Eindruck, als wäre er noch nicht darüber hinweg, dass sie die Beziehung beendet hatte. Sie hatten sich immer nur heimlich getroffen, und es hatte ihr fast den Atem geraubt, wie sehr sie sich zu ihm hingezogen gefühlt hatte. Ihm schien es genauso zu gehen.

Weil sie ihre Gefühle für ihn nicht mehr unter Kontrolle gehabt hatte, hatte sie ihn nicht mehr sehen wollen. Allerdings musste sie sich eingestehen, dass sie ihn nach wie vor unwiderstehlich fand.

Im Spiegel betrachtete sie ihr widerspenstiges Haar, das sich kaum bändigen ließ, jedenfalls heute nicht. Doch das ließ sich nicht ändern. Nachdem sie etwas Lipgloss aufgetragen hatte, verließ sie ihre Suite und eilte über die Flure.

Als sie das Esszimmer betrat, sah sie als Erstes Bridget und Ryder mit den Zwillingen, während Eve mit Stephenia beschäftigt war.

„Stefan kommt gleich“, verkündete sie. „Wie war dein Tag, Pippa?“

„Gut“, log sie. „Ich bin mit meiner Arbeit weitergekommen.“

In diesem Moment betrat Stefan mit einem breiten Lächeln den Raum. „Schön, dass ihr alle schon da seid“, stellte er zufrieden fest. „Setzt euch. Das Essen wird gleich serviert, ich habe in der Küche Bescheid sagen lassen.“

Nachdem alle Platz genommen hatten, erklärte er freudestrahlend: „Es gibt eine wunderbare Neuigkeit, die ich euch nicht vorenthalten möchte: Eve und ich erwarten unser erstes Kind.“

„Eigentlich unser zweites, vergiss Stephenia nicht“, korrigierte Eve ihn lächelnd.

„Das ist ja fantastisch“, rief Bridget. „Dann stehe ich nicht mehr so sehr unter Druck.“

Pippa musste lachen über die Bemerkung. „Und ich auch nicht.“

„Du willst doch nicht etwa schwanger werden, ohne verheiratet zu sein? Du warst immer die Bravste von uns allen“, entgegnete Bridget, fügte jedoch sogleich hinzu: „Das haben wir allerdings von Valentina auch behauptet, und sie war schon vor der Hochzeit schwanger.“

„Es war doch nur ein Scherz“, beruhigte Pippa sie.

„Da bin ich aber froh.“ Stefan trank einen Schluck Wein.

„Außerdem haben wir Pläne für dich“, verkündete Bridget, während das Seezungenfilet servierte wurde.

Pippa versuchte, ihre Nervosität zu verbergen. „Du und Eve, ihr redet immer wieder von irgendwelchen Plänen. Das ist mir sehr unangenehm.“

„In den nächsten Wochen finden einige Festlichkeiten statt, die sich hervorragend für unser Vorhaben eignen“, meinte Stefan.

„Wofür?“, fragte Pippa und fing an zu essen.

„Wir werden dir ein paar attraktive Junggesellen vorstellen“, sagte Bridget vergnügt. „Ist das nicht aufregend?“

„Wie bitte?“ Pippa blieb beinah der Bissen im Hals stecken.

„Das wird dir bestimmt gefallen“, prophezeite Bridget.

„Betrachte es einfach als eine Abwechslung“, schlug Eve vor.

„Mir ist bewusst geworden, dass du kaum Gelegenheit hast, nette Männer kennenzulernen“, erklärte Stefan.

Pippas Magen verkrampfte sich. „Findet ihr nicht, dass ich dabei auch ein Wörtchen mitzureden habe?“

„Wir dachten, du solltest endlich mal ein bisschen Spaß haben, statt dich immer nur in deine Bücher und die Arbeit zu vergraben“, verteidigte Bridget ihre Pläne.

„Es gefällt mir nicht, dass ihr versucht, mich zu verkuppeln.“ Pippa war der Appetit vergangen.

„Es war ja nur gut gemeint. Als Mitglied des Fürstenhauses ist es für dich schwierig, Kontakte zu knüpfen“, versuchte ihr Bruder, die Wogen zu glätten. „Wir wollten es dir nur erleichtern.“

„So wie man es auch mit dir gemacht hat“, stellte sie ärgerlich fest und legte die Gabel hin.

„Darüber müssen wir jetzt nicht sprechen.“

„Wir müssen auch nicht darüber sprechen, mich zu verkuppeln.“

Bridget räusperte sich. „Pippa, seit der Sache mit Nic Lafitte bist du nicht mehr du selbst. Wir möchten dir helfen, darüber hinwegzukommen.“

„Das bin ich doch schon längst. Mir ist klar, dass er nur daran interessiert war, sein Ego aufzupolieren“, sprach sie aus, was ihre Familie hören wollte, obwohl sie davon keineswegs überzeugt war. „Ich bin vielleicht naiv, aber nicht dumm.“ Sie hob das Glas Wein. „Lasst uns das Thema beenden und auf Stefan, Eve und das Baby anstoßen!“

In diesem Moment stieß Tyler einen markerschütternden Schrei aus, und Travis und Stephenia machten es ihm nach. Pippa war darüber sehr erleichtert, denn jetzt stand sie nicht mehr im Mittelpunkt.

4. KAPITEL

Viel zu oft dachte Pippa darüber nach, dass der Name Lafitte für ihre Familie so etwas wie ein rotes Tuch war. Es fiel ihr von Tag zu Tag schwerer, sich nicht über ihre Geschwister wegen der immer noch bestehenden Feindschaft gegenüber Nic und seinen Eltern zu ärgern. Das, was vor so vielen Jahren geschehen war, hatte längst keine Bedeutung mehr. Jedenfalls taten ihr Amelie, die wusste, dass sie bald sterben würde, und ihr Mann sehr leid. Aber sie empfand auch Mitgefühl für Nic, der versuchte, seinen Eltern die schwierige Situation zu erleichtern.

Nachdem sie den Wagen abgestellt hatte, sah sie sich um. Nein, niemand war ihr gefolgt, und ihr Bodyguard war in seinem Sessel mit einer Zeitung in der Hand eingenickt. Sie hatte wirklich Übung darin, ihn so zu langweilen, dass er unaufmerksam wurde.

Sie nahm den Blumenstrauß in die Hand, stieg aus und machte sich darauf gefasst, Nic wieder bei der Arbeit anzutreffen. Doch weit und breit war kein Mensch zu sehen. Sowohl der Swimmingpool als auch der Whirlpool, die beide mit frischem klarem Wasser gefüllt waren, lagen verlassen da.

Vor der Haustür blieb sie unschlüssig stehen. Es war völlig still im Haus. Sie wollte nicht stören, denn Amelie und ihr Mann ruhten sich wahrscheinlich aus.

„Hallo“, ertönte in diesem Augenblick Nics Stimme hinter ihr.

Sie wirbelte herum und sah ihn aus dem Gästetrakt herüberkommen. „Hallo. Es ist alles so ruhig, deshalb habe ich gezögert anzuklopfen.“

„Ich habe dich kommen gehört. Vorhin haben meine Eltern geschlafen, aber meine Mutter ist ein bisschen unruhig. Wir sollten bald wieder mal einen Ausflug mit ihr machen.“ Nic öffnete die Tür. „Komm herein. Ich schaue rasch nach, ob sie noch im Schlafzimmer sind.“ Er eilte davon.

Kurz darauf kehrte er mit besorgter Miene zurück. „Meine Mutter ist nicht da.“

Pippa hatte plötzlich ein ungutes Gefühl. Das letzte Mal, als Amelie auf eigene Faust losgelaufen war, war sie zusammengebrochen. „Vielleicht ist sie im Badezimmer oder in der Küche. Hast du dort auch nachgesehen?“

„Ja, aber ich konnte sie nirgends entdecken.“

„Vielleicht macht sie nur einen kurzen Spaziergang“, meinte sie.

„Das gibt es bei ihr nicht. Vermutlich hat sie das Haus verlassen, als ich drüben am Laptop gearbeitet habe und mein Mitarbeiter Goldie, der hier aushilft, zum Markt gegangen ist. Ich war mir sicher, dass sie schläft. Jetzt muss ich sie natürlich suchen“, verkündete er angespannt.

„Aber wo?“

„Keine Ahnung. Jedenfalls kann ich nicht untätig hier herum­sitzen. Ich hinterlasse meinem Vater eine Nachricht, damit er weiß, was los ist.“

„Ich begleite dich“, bot sie spontan an.

„Nein, das ist keine gute Idee. Ich rufe dich an, sobald ich sie gefunden habe.“

Sie ärgerte sich über seine Bemerkung und wandte ein: „Ich kenne die Insel besser als du und kann mir ungefähr vorstellen, wo deine Mutter sein könnte.“

„Okay“, gab er nach kurzem Zögern nach. „Wenn du jemanden siehst, der dich erkennen könnte, musst du dich im Auto verstecken.“

„Kein Problem. Ich stelle nur rasch noch die Blumen in die Vase und hole die Baseballkappe aus meinem Wagen.“

„Und ich rufe Goldie kurz an, damit er sofort zurückkommt und mein Vater nicht allein ist.“

Pippa beeilte sich. Ehe sie schließlich die Kappe aufsetzte, löste sie das Haar, das sie zu einem Knoten zusammengesteckt hatte.

„Du solltest es öfter offen tragen“, stellte Nic fest.

„Damit ich so aussehe, als hätte ich den Finger in die Steckdose gesteckt?“ Noch nie zuvor hatte jemand ihr gelocktes Haar schön gefunden, und sie hatte schon daran gedacht, es glätten zu lassen.

„Mir gefällt es. Du siehst wirklich etwas wild damit aus. Entspricht das etwa deinem Temperament?“

„Keineswegs.“ Sie setzte die Kappe auf. „Fahren wir?“

„Ja.“ Er hielt ihr die Beifahrertür auf, und sie ließ sich auf den Sitz sinken.

„Hat deine Mutter erwähnt, dass sie sich hier irgendetwas anschauen möchte?“, fragte sie, als er wenig später über die Einfahrt auf die Hauptstraße fuhr.

„Nein, sie hat nur betont, wie glücklich sie ist, wieder auf der Insel zu sein. Als mein Vater damals weg war, hat sie uns Kindern abends vor dem Einschlafen Geschichten über Chantaine erzählt.“

„Dein Vater war weg?“, wiederholte sie erstaunt.

„Ja, er war im Gefängnis, aber er wurde wegen eines Formfehlers freigesprochen.“

Schockiert blinzelte sie. „Das wusste ich nicht. Es war sicher schwierig für euch.“

„Ja, meine Brüder haben es ihm nie verziehen.“

„Aber sie haben Kontakt mit deiner Mutter, oder?“

„Sie lehnen es ab, mit ihr zu sprechen, wenn mein Vater dabei ist.“

„Oh nein, deine Familie ist ja noch schlimmer als meine.“

„Da hast du recht.“ Er warf ihr einen kurzen Blick zu, ehe er sich wieder auf den Verkehr konzentrierte.

„Natürlich hat man über euch alles Mögliche geredet, aber etwas Genaues wusste ich nicht.“

„Jeder hat eine Leiche im Keller. Sogar dein Bruder Stefan hat doch mit seiner unehelichen Tochter für eine Überraschung gesorgt, stimmt’s?“

Es war geradezu ein Skandal gewesen und für die Familie sehr belastend, als Stefan erfuhr, dass er eine Tochter hatte. „Jedenfalls hat er sich sofort um das Kind gekümmert und ist ein guter Vater.“

„Das spricht für ihn.“

„Finde ich auch. Er liest ihr sogar fast jeden Abend eine Gutenachtgeschichte vor. Unser Vater hingegen hat kaum Notiz von uns genommen. Er hat uns in die Welt gesetzt, damit wir ihm die Arbeit abnahmen und er sich seinem Hobby, der Jacht, widmen konnte.“ Bei der Erinnerung an ihre Kindheit verspürte sie eine seltsame Traurigkeit, die sie längst überwunden geglaubt hatte.

Nic parkte die Limousine oberhalb des Strandes und half Pippa beim Aussteigen. „Lass uns hier anfangen.“

„Hat deine Mutter irgendwelche Besonderheiten erwähnt?“, wollte Pippa wissen, während sie den Strand absuchten.

„Was meinst du?“

„Jeder Strand ist anders und hat sein spezielles Publikum. Hier siehst du vor allem jüngere Leute, weiter nördlich tummeln sich die Promis. Daran schließt sich der Strand an, der vor allem von Familien mit Kindern besucht wird.“

Plötzlich fiel ihm etwas ein etwas. „Wie heißt er?“

„St. Christophe.“

„Ja, den Namen hat meine Mutter genannt, sie ist dort wohl oft als Kind mit ihren Eltern gewesen. Hoffentlich wagt sie sich nicht ins Wasser.“

Schweigend fuhren sie weiter. Pippa spürte, wie angespannt er war.

„Schade, dass deine Mutter keine Nachricht hinterlässt, wenn sie Ausflüge macht“, meinte sie schließlich.

„Darum habe ich sie schon oft gebeten, aber sie hört ja nicht auf mich. Vielleicht versuchst du einmal dein Glück bei ihr“, schlug er vor.

„Warum sollte es dann klappen?“, fragte sie verblüfft.

„Weil sie dir dankbar dafür ist, dass wir das Cottage benutzen dürfen. Und weil du eine Frau bist. Sie glaubt sowieso, ich würde sie zu sehr beschützen.“

„Gut, dann werde ich es versuchen“, willigte sie zögernd ein. „Wir können ja eine Liste aufstellen, was sie alles noch unternehmen möchte.“

„So eine Art letzte Wünsche, oder?“

Pippa zuckte zusammen. „Das ist brutal.“

„Aber so ist es doch“, entgegnete Nic verbittert.

Es tat ihr schrecklich leid für ihn und seine Eltern, aber natürlich hatte er recht.

Nachdem sie St. Christophe erreicht hatten, parkte er den Wagen am Straßenrand. „Am besten trennen wir uns hier. Ich laufe in südlicher Richtung, und du gehst nach Norden. Sobald einer von uns beiden sie gefunden hat, telefonieren wir. Okay?“

Sie nickte, und sie stiegen aus. Die leichte Brise, die aufgekommen war, war recht kühl. Pippa betrachtete besorgt die dunklen Wolken, die sich am Himmel zusammenballten. Obwohl es Sommer war, wäre es vielleicht für Amelie heute zu etwas zu kalt.

„Oh! Sie sind Prinzessin Philippa, oder?“, rief auf einmal eine Frau mit mehreren Kindern und eilte ihr entgegen.

Pippa blieb wie erstarrt stehen. Das hatte ihr gerade noch gefehlt!

Die Frau begrüßte sie höflich. „Was für ein Glück, Ihnen hier zu begegnen. Darf ich Sie um ein Autogramm bitten?“

Ich muss das Beste aus der Situation machen, dachte Pippa, während immer mehr Menschen hinzukamen. „Natürlich. Aber Sie müssen mir versprechen, nicht darüber zu reden, dass Sie mich hier getroffen haben, denn dieser Spaziergang sollte mein Geheimnis bleiben.“

Bei dem einen Autogramm blieb es nicht, die anderen wollten auch eins haben, und es entspann sich eine lebhafte Unterhaltung. Plötzlich klingelte ihr Handy. „Entschuldigen Sie mich einen Moment“, sagte sie und trat einen Schritt zur Seite.

„Ich habe sie gefunden, sie saß unter einem Baum und schlief“, verkündete Nic.

„Wunderbar. Leider bin ich erkannt worden. Fahr du doch schon vor und bring sie nach Hause.“

„Und wie kommst du zurück?“

„Ich lasse mir etwas einfallen. Dumm ist nur, dass mein Wagen noch bei euch in der Einfahrt steht.“

„Goldie wird sich darum kümmern. Wohin soll er ihn bringen?“

„Oben an den Strand. Aber ihr habt ja meinen Autoschlüssel nicht.“

„Ach, das schafft Goldie auch so. Er fährt dann mit dem Taxi zurück. Ich rufe dich an, wenn er bei dir in der Nähe ist“, erklärte er und beendete das Gespräch.

Danach musste sie noch für Fotos posieren, plauderte ein wenig und erhielt schließlich von Nic eine SMS, dass ihr Wagen bereitstände. Pippa verabschiedete sich von ihren Verehrern und kletterte den sandigen Hügel hinauf zur Straße. Nach einer Weile sah sie ihr Auto, doch direkt dahinter stand der Wagen von Giles, ihrem Bodyguard.

„Prinzessin“, begrüßte er sie mit vorwurfsvoller Miene, „Sie haben mich nicht informiert, dass Sie einen Strandspaziergang machen wollten.“

„Ja, ich weiß. Es tut mir sehr leid. Es war ein spontaner Einfall. Ich hatte mich den ganzen Vormittag mit der Doktorarbeit befasst und wollte einen klaren Kopf bekommen“, versuchte sie, ihn zu beschwichtigen.

„Normalerweise ziehen Sie den wenig belebten Previn-Strand vor“, wandte er ein.

„Stimmt. Wie gesagt, es tut mir leid. Ich wollte Sie nicht beunruhigen.“

„Ja, ich weiß. Es sollte jedoch immer jemand wissen, wo Sie sich aufhalten. Ich würde es mir nie verzeihen, wenn Ihnen etwas zustieße.“

„Es wird nicht wieder vorkommen.“ Sie fühlte sich schuldig, weil sie keineswegs die Absicht hatte, sich an das Versprechen zu halten.

Zurück im Palast redete ihr auch Frank, der Chef der Sicherheitsmitarbeiter, noch einmal ins Gewissen. Auch ihm versprach sie, sich wieder kooperativ zu verhalten.

„Danke, Prinzessin. Ich wusste, dass wir uns auf Sie verlassen können“, bedankte Frank sich lächelnd und verabschiedete sich.

Am nächsten Tag verzichtete sie darauf, Nic eine Nachricht zu senden oder ihn und seine Eltern zu besuchen. Aber nachdem sie sich in der Nacht stundenlang ruhelos im Bett herumgewälzt hatte, stand sie doch auf und schickte ihm eine SMS. „Ich brauche eine andere Verkleidung“, teilte sie ihm mit.

Als sie am Morgen in der Bibliothek vor den Büchern und ihrem Laptop saß, legte plötzlich jemand ein Paket neben ihr ab. Sie blickte auf und sah einen hochgewachsenen muskulösen Mann, der sich rasch entfernte.

„Hallo, Sir?“, rief sie hinter ihm her, aber er drehte sich nicht um.

Nachdenklich betrachtete sie das Paket und entdeckte auf einmal die Initialen PD. Nic musste verrückt sein. Was hatte er sich jetzt wieder ausgedacht?

Pippas Herz klopfte so stark, als ob es zerspringen würde. Es gelang ihr nicht mehr, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Also erhob sie sich, ging mit dem Paket zur Damentoilette und öffnete es. Zum Vorschein kamen ein Hut, ein hässliches graues Kleid, Tennisschuhe, ein Autoschlüssel und eine grauhaarige Perücke, bei deren Anblick sie kichern musste.

Dann las sie den beigefügten Zettel: „Der graue Wagen ist alt und verrostet, in Amerika wäre er reif zum Verschrotten. Alles andere später.“

Rasch zog sie sich um, faltete ihre Sachen sorgsam zusammen und legte sie in das Paket. Beim Hinausgehen betrachtete sie sich im Spiegel und sah eine mindestens dreißig Jahre ältere Frau. Wieder kicherte sie. Danke, Nic, das hast du gut gemacht, bedankte sie sich insgeheim.

Vorsichtshalber verließ sie die Bibliothek durch den Hinterausgang und fand das Auto auf Anhieb, das wirklich schrottreif war. Zwar stotterte der Motor beim Anlassen, doch dann konnte sie losfahren. Leider funktionierte jedoch die Klimaanlage nicht, und ihr war viel zu warm in der Verkleidung.

Nic erkannte den Wagen an den Fehlzündungen. Er sah zum Fenster hinaus und beobachtete Pippa mit der grauhaarigen Perücke und in dem dunklen Kleid beim Aussteigen. Er war sich nicht sicher gewesen, ob sie kommen würde, denn eines hatte er durch eigene bittere Erfahrung gelernt: Sie verhielt sich ihrer Familie gegenüber sehr loyal.

Dass sie trotzdem hier erschien, war eigentlich erstaunlich. Er fragte sich, warum sie ihn und seine Eltern so oft besuchte. Sie hatte seiner todkranken Mutter deren sehnlichsten Wunsch erfüllt, mehr konnte sie für sie nicht tun. Nachdenklich verließ er das Gästehaus, um ihr entgegenzugehen. Sie eilte jedoch auf den rückwärtigen Eingang zu.

„Kann ich Ihnen helfen, Miss?“, rief er hinter ihr her, um sie zu necken.

Sie wirbelte herum. „Sehr komisch“, erwiderte sie.

„Die Verkleidung hat doch gut funktioniert, oder?“ Er kam auf sie zu.

„Ja, aber das Auto ist eine ganz andere Sache.“

„Ich werde Goldie bitten, die Fehlzündungen zu beheben, damit du nicht allzu sehr auffällst.“

„Das tue ich in diesem Wagen auf jeden Fall. Außerdem ist die Klimaanlage defekt.“

„Für eine Frau deines Alters ist das natürlich eine Katastrophe“, scherzte er. Irgendwie hatte er das Gefühl, als wäre für ihn nach zwei Tagen Dunkelheit die Sonne aufgegangen. „Ich war mir nicht sicher, ob du kommen würdest.“

Sie seufzte. „Du hast mir die Sache ja sehr erleichtert. Wie geht es deiner Mutter?“

Nics Miene wurde ernst. „Nicht gut. Seit gestern Morgen ist ihr oft übel, und sie schläft sehr viel. Ab und zu bekommt sie einen Energieschub, doch danach ist sie umso geschwächter.“

„Es tut mir unendlich leid für euch“, flüsterte sie.

Er zuckte mit den Schultern und wandte sich ab, so als wäre es ihm unangenehm, dass er etwas von sich preisgegeben hatte. „Na ja, ich komme damit zurecht. Jedenfalls ist Goldie mir als ausgebildeter Krankenpfleger eine große Hilfe.“

„Er ist offenbar ein Multitalent“, erwiderte sie erstaunt. „Woher kennst du ihn?“

„Mein Vater und er waren zusammen im Gefängnis. Er war damals noch ein Kleinkrimineller, im Grunde genommen ist er aber ein gutmütiger Kerl. Nachdem ich ihn eingestellt hatte, hat er angefangen, sich weiterzubilden. Natürlich habe ich ihm die Kurse bezahlt, und davon profitiere ich jetzt.“

Sekundenlang blickte sie ihn nachdenklich an. „Ich würde ihn gern kennenlernen“, sagte sie dann. „Er scheint ein interessanter Mensch zu sein.“

Ihre Bemerkung versetzte ihm einen Stich. Bin ich etwa eifersüchtig? überlegte er. So kannte er sich gar nicht. „Ich werde ihn dir vorstellen“, antwortete er und führte sie ins Haus. „Wahrscheinlich bereitet er gerade ein Gourmetgericht für heute Abend vor.“

„Hat er etwa auch Kochen gelernt?“

„Ja, er ist der beste Koch weit und breit.“

„Dann könnten wir ihn auch im Palast gut gebrauchen.“

„Jeder Versuch, ihn abzuwerben, ist sinnlos. Er ist absolut loyal und würde mich nie im Stich lassen.“

„Das werden wir ja sehen“, meinte sie nur, während Nic vor ihr her in die Küche ging.

„Goldie?“

Sogleich erschien der große und muskulöse Mann mit dem goldenen Ohrring im rechten Ohrläppchen. Mit der Glatze und der kräftigen Gestalt wirkte er einschüchternd, doch in Wahrheit war er sanft wie ein Teddybär.

„Ja, Sir?“

„Ich möchte Ihnen Prinzessin Pippa Devereaux vorstellen. Pippa, das ist Gordon Goldwyn.“

Der etwa fünfzigjährige Mann verneigte sich förmlich. „Prinzessin, es ist mir eine Ehre.“

„Es freut mich, Sie kennenzulernen“, erwiderte sie lächelnd. „Herzlichen Dank für Ihre Hilfe.“

„Das habe ich doch gern getan.“

„Ich habe gehört, Sie wären vielseitig talentiert. Wie machen Sie das?“

„Ach, ich lerne immer noch etwas dazu. Manche Sachen, die ich gelernt habe, haben mich allerdings in Schwierigkeiten gebracht. Ich bin Mr Lafitte sehr dankbar, dass er mich ermutigt hat, etwas Sinnvolles aus meinem Leben zu machen. Möchten Sie etwas essen oder trinken?“

„Nein, im Moment nicht. Danke.“

„Und Sie, Sir?“, wandte der Mann sich an Nic.

„Ich auch nicht, danke. Haben Sie meine Mutter gesehen?“

„Nein. Ihr Vater ist bei ihr.“

In diesem Moment kam Amelie herein, sie sah grau und sehr hinfällig aus.

Mit zwei Schritten war Nic bei ihr und hielt sie fest. „Wie geht es dir?“

Sie lehnte sich an ihn. „Ich komme mir vor wie Lazarus, der von den Toten auferweckt wurde.“ Sie drehte sich zu Pippa um und sah sie fragend an.

„Wir haben kürzlich zusammen im Café Crêpes gegessen“, half sie der älteren Frau lächelnd.

Jetzt dämmerte es Amelie. „Sie sind Prinzessin Pippa. Ihr Outfit gefällt mir, es erinnert mich an meine beste Freundin Rose.“

„Vielen Dank. Sie ist sicher ein sehr liebenswerter Mensch“, erwiderte Pippa.

„Oh ja. Das sind Sie aber auch.“ Amelie wandte sich an Goldie. „Würden Sie uns bitte etwas zu trinken bringen?“

„Was möchten Sie denn, Madam?“, fragte er.

„Am liebsten Orangensaft oder Limonade.“

„Gut, ich bringe es Ihnen.“

„Komm mit, Pippa“, forderte Nic sie auf, während er seine Mutter ins Wohnzimmer führte und ihr auf das Sofa half.

„Du brauchst mich nicht zu behandeln, als wäre ich ein Pflegefall“, protestierte sie.

Er biss die Zähne zusammen. Oft genug war seine Mutter wirklich auf Hilfe angewiesen. Natürlich war er froh, dass sie es dann auch immer wieder allein schaffte. Das ließ ihn hoffen, dass sie noch eine Zeit lang bei ihnen bleiben würde.

Pippa legte die Hand auf seine und blickte ihn so liebevoll an, als spürte sie, was in ihm vorging. Trotz der Verkleidung kam sie ihm vor wie ein Engel. Er begehrte sie mehr als jemals eine andere Frau zuvor.

5. KAPITEL

Pippa bemühte sich, ihr Entsetzen darüber, wie sehr Amelie sich in der kurzen Zeit verändert hatte, zu verbergen. Sie hatte das Gefühl, eine völlig andere Frau vor sich zu haben als die, die sie am Strand kennengelernt hatte.

„Ich hätte Lust, wieder etwas zu unternehmen“, sagte die ältere Frau und trank einen Schluck Orangensaft. „Aber heute bin ich viel zu müde. Morgen geht es mir bestimmt wieder besser.“

„Lauf bitte nicht allein los, sondern nimm jemanden mit, damit wir dich nicht wieder suchen müssen“, bat Nic sie angespannt.

„Ihr braucht mich nicht zu suchen, ich komme bestens allein zurecht“, entgegnete sie eigensinnig.

„Du bist am Strand eingeschlafen und hast dich offenbar überschätzt“, erinnerte Nic sie.

Sie machte eine abwehrende Handbewegung. „Das passiert anderen auch. Doch davon verstehst du nichts, denn du kannst dich nicht entspannen.“

„Wenn du bereit wärst, ein kleines elektronisches Ortungsgerät mitzunehmen, wäre mir wohler.“

„Du meinst wohl so eine Art elektronische Fußfessel, oder?“, sagte Amelie empört. „Ich lasse mich doch in den letzten Wochen meines Lebens nicht wie eine Kriminelle behandeln.“

„Es geht mir nur um deine Sicherheit. Ich wäre dann etwas beruhigter“, antwortete er.

„Aber ich nicht, wenn ich mit so einem Ding herumlaufen müsste.“

Er seufzte resigniert. „Ich mache mir große Sorgen um dich. Was passiert, wenn du wieder zusammenbrichst? Und wenn dann niemand in der Nähe ist, um dir zu helfen? Möchtest du dein Leben wirklich so beenden?“

Seine Mutter reckte energisch das Kinn. „Ich kann mir nicht aussuchen, wie es mit mir zu Ende geht. Hätte ich die Wahl, würde ich mich in einen Schmetterling verwandeln und davonfliegen.“

Einige Sekunden herrschte angespanntes Schweigen. Dann lächelte Pippa charmant und schlug vor: „Amelie, vielleicht können wir beide morgen etwas zusammen unternehmen. In dieser Verkleidung erkennt mich bestimmt niemand.“

„Das ist eine gute Idee“, erwiderte die ältere Frau begeistert. „Sie haben recht. Mit der Perücke und in diesem Outfit sehen Sie fast noch älter aus als ich.“

„Vielen Dank“, erwiderte Pippa belustigt.

„Ich würde mich gern mit etwas beschäftigen. Vor vielen Jahren habe ich stricken gelernt. Gibt es hier ein Handarbeitsgeschäft?“

„Ja, wir können mit dem Auto hinfahren und anschließend in einem der umliegenden Restaurants essen“, schlug Pippa vor.

„Wunderbar, ich freue mich darauf. Hast du etwas von deinen Brüdern gehört?“, wandte sie sich an ihren Sohn.

Nics Miene verfinsterte sich. „Nein, aber wenn du einverstanden bist, rufe ich sie an.“

Seine Mutter schüttelte den Kopf. „Das möchte ich nicht. Ich erinnere mich noch zu gut daran, wie unangenehm die Atmosphäre voriges Jahr war, als sie mich besuchten. Es war für deinen Vater eine richtige Katastrophe. Leider gibt es Dinge, die wir nicht ändern können. Ich würde mich jetzt gern mit einem Buch an den Pool setzen.“

„Das wird Ihnen guttun, es ist ein schöner Tag“, meinte Pippa.

In dem Moment erschien Goldie. „Möchten Sie etwas essen, Madam?“

Amelie verzog das Gesicht. „Gesalzene Snacks, sonst nichts.“

Goldie war sichtlich enttäuscht. Er hatte wohl gehofft, sie hätte wieder mehr Appetit. „Wie Sie wünschen, Madam.

Nachdem Amelie den Raum verlassen hatte, fragte Pippa: „Was ist los mit deinen Brüdern, Nic? Sogar meine neurotische Familie hat es geschafft, kurz vor dem Tod meiner Eltern zusammenzukommen. Das ist ein Gebot der Menschlichkeit. Kannst du das deinen Brüdern nicht klarmachen?“

Er lachte auf. „Bei euch ist es etwas anderes, als Mitglieder des Fürstenhauses müsst ihr den Schein wahren. Von uns erwartet man das nicht. Außerdem reagieren wir Lafittes auf Manipulierungen und äußeren Druck eher widerspenstig. Meine älteren Brüder hegen einen tiefen Groll gegen unseren Vater. Und mein jüngerer Bruder behauptet immer, er wäre viel zu beschäftigt.“

„Aber du hast doch sicher einen gewissen Einfluss auf sie“, meinte sie.

„Sie würden ja kommen, wenn sie unserem Vater aus dem Weg gehen könnten. Das passt jedoch unserer Mutter nicht. Sie duldet es nicht, dass man ihn ignoriert.“

„Es muss doch eine Lösung geben.“ Pippa stand auf und lief im Raum auf und ab. „Goldie und ich könnten während ihres Besuchs einen Ausflug mit deinem Vater machen.“

Nic schüttelte den Kopf. „Das würde meine Mutter nicht zulassen.“

„Dann müssen wir uns etwas anderes einfallen lassen.“

„Wir?“, wiederholte er und erhob sich auch.

Ihr Herz klopfte zum Zerspringen, als er auf sie zukam. Sosehr sie sich auch bemühte, die verheerende Wirkung zu verdrängen, die er auf ihr seelisches Gleichgewicht hatte, es gelang ihr nicht.

„Ich verstehe nicht, warum du das Gefühl hast, die Probleme meiner Mutter hätten etwas mit dir zu tun.“ Die Hände in die Hüften gestemmt, blickte er sie an.

„Eigentlich haben sie wirklich nichts mit mir zu tun. Aber jeder mitfühlende Mensch würde ihr helfen wollen“, antwortete sie.

„Stefan auch?“

„Na ja, wenn Eve das Sagen hätte, würde sie ihn dazu bringen. Er ist nicht das Monster, für das du ihn hältst, genauso wenig wie du der Bösewicht bist, für den er dich hält.“

„Danke für deine gute Meinung über mich.“

„Gern. Morgen nehme ich deine Mutter mit zum Einkaufen. Übermorgen habe ich keine Zeit, weil ich einen bekannten Fußballspieler tagsüber zum Sightseeing und abends auf die Benefizveranstaltung begleiten muss.“

Er hob eine Augenbraue. „Ach ja? Etwa in die St. Thomas Hall?“

„Ja, warum?“

Er verzog belustigt die Lippen. „Wie interessant! Man hat mich nämlich auch eingeladen.“

„Oh. Du hast doch nicht vor hinzugehen, oder?“

„Das weiß ich noch nicht, aber es ist durchaus möglich. Etwas Abwechslung täte mir gut.“

„Kannst du denn deine Mutter allein lassen?“

„Für einige Stunden auf jeden Fall. Im Notfall erreicht Goldie mich über das Handy.“ Er zögerte kurz, ehe er fortfuhr: „Meine Mutter und ich haben alles geklärt, was es zu klären gab. Wir haben unseren Frieden miteinander gemacht.“

Pippa begriff, was er meinte, und atmete tief durch. „Ich finde es wunderbar, dass ihr beide so eine gute Beziehung habt. Das wird dir helfen, wenn …“ Sie verstummte.

„Wenn sie nicht mehr da ist, wolltest du sagen?“

Sie nickte. „Ja. Meine Mutter und ich waren uns leider sehr fremd. Meine Geschwister und ich hatten alles andere als eine normale Kindheit“, stellte sie wehmütig fest.

Er nahm ihre Hand und drückte sie. Es war eine tröstliche Geste, für die sie dankbar war. „Es gibt nur wenige Menschen, die ihre Kindheit als perfekt bezeichnen können. Man sollte sich nur an das Gute erinnern und das Schlechte vergessen.“

Ich wünschte, ich könnte es, dachte sie. Obwohl sie eine erwachsene junge Frau war, die das Studium erfolgreich abgeschlossen hatte und im Begriff war zu promovieren, fühlte sie sich oft noch wie das pummelige Kind, das sich vergebens nach der Zuneigung der Eltern gesehnt hatte.

Plötzlich räusperte sich jemand hinter ihnen. Sie drehten sich um, und Pippa zog die Hand zurück.

„Wo ist Amelie?“, fragte Nics Vater. Mit dem zerzausten Haar und dem unrasierten Kinn sah er wild und verwegen aus.

„Am Pool“, antwortete Nic.

„Okay.“ Der ältere Mann kam näher. „Hoffentlich geht sie nicht ins Wasser.“

„Bis jetzt sitzt sie noch entspannt im Liegestuhl. Kann ich dich zum Auto begleiten, Tante Mathilde?“, wandte Nic sich an Pippa.

Sie hatte ganz vergessen, dass sie in ihrem Outfit dreißig Jahre älter aussah, und musste sich das Lachen verbeißen. „Ja, gern“, erwiderte sie.

„Goldie hat auf die Schnelle einiges in Ordnung gebracht. Das sollte dir das Fahren mit der alten Kiste erleichtern“, meinte er, während er ihr die Wagentür aufhielt.

„Herzlichen Dank“, sagte sie.

„Ich habe zu danken.“ Er beugte sich zu ihr hinunter und gab ihr einen federleichten Kuss, der Pippa vergessen ließ, dass sie aussah wie ihre eigene Großmutter.

Nic sah ihr hinterher, bis der Wagen verschwunden war. Sie war eine bewundernswerte, sehr besondere junge Frau. Er kannte keine andere, die sich mit einer solchen Verkleidung dreißig Jahre älter gemacht und sich auch noch in ein Schrottauto gesetzt hätte, nur um seine sterbenskranke Mutter zu besuchen.

Als er zum Haus zurückging, rief Amelie ihm zu: „Nic, bitte setz dich kurz zu mir.“

„Gern.“ Er ließ sich in den Liegestuhl neben ihr sinken.

„Ich rechne es dir hoch an, dass du es mir ermöglicht hast, wieder auf Chantaine zu sein.“

„Du weißt doch, dass es Pippas Verdienst ist“, erinnerte er sie.

„Ja. Und ich weiß auch, dass du sie sehr gern hast.“ Seine Mutter trank einen Schluck Orangensaft.

„So würde ich es nicht ausdrücken“, entgegnete er irritiert.

„Natürlich gibst du es nicht zu, das ist mir klar. Aber es ist die Wahrheit. Diese Bemerkung darf ich mir als Sterbenskranke ja wohl erlauben.“ Sie schob die Sonnenbrille hoch und sah ihn an. „Aufgrund meiner eigenen Erfahrung würde ich dir abraten, dich für eine Prinzessin zu interessieren. Allerdings ist mir aufgefallen, dass Pippa deine Zuneigung erwidert.“

„Ah ja. Deshalb hat sie wohl auch vor fast einem Jahr mit mir Schluss gemacht“, stellte er spöttisch fest.

„Vermutlich nur aus Rücksicht auf ihre Familie. Jedenfalls beeindruckt es mich zutiefst, wie besorgt sie um mich ist, obwohl sie sich damit gegen ihre Familie stellt. Ich habe das Gefühl, dass sie auch dir helfen will.“

„Davon habe ich noch nichts gemerkt“, antwortete er trocken.

„Wie dem auch sei, es gibt Menschen, um die es sich zu kämpfen lohnt. Ich würde sogar behaupten, einige sind unser Schicksal.“

„Du meinst Dad und dich, oder?“ Dass sie immer fest zu seinem Vater gehalten hatte, fand er erstaunlich.

„Ja. Er würde alles für mich tun. Ich wünsche mir für dich, dass du auch eine Partnerin findest, die dich so sehr liebt wie er mich.“

Am nächsten Tag holte Pippa Amelie zum Mittagessen ab. Anschließend kauften sie im Handarbeitsgeschäft Wolle und Strickanleitungen. Doch dann war die ältere Frau so müde und erschöpft, dass Pippa sie bald zurückbrachte.

Am Nachmittag darauf machte sie sich fertig für den Ausflug mit dem bekannten englischen Fußballer Robert Speight.

„Ist das nicht aufregend?“, fragte Bridget, die ihr Gesellschaft leistete. „Er ist ein toller Typ. Stefan war es nicht recht, aber ich finde, nachdem du dich so lange auf die Doktorarbeit konzentriert und die Kinder gehütet hast, verdienst du eine Abwechslung.“ Sie inspizierte Pippas Kleiderschrank. „Meine Güte, legst du dir eigentlich keine neuen Outfits zu? Hier hängen nur lange Röcke, Hosen und Blusen.“

„Zum Einkaufen habe ich kaum Zeit.“ Pippa hatte überhaupt keine Lust, sich mit diesem Mann zu befassen, und befürchtete, dass er sich mit ihr zu Tode langweilen würde.

„Man kann auch online bestellen“, erinnerte Bridget sie. „Hast du noch nicht einmal Shorts?“

„Doch, irgendwo müssen sie sein. Ich ziehe jedoch lieber Röcke an, sie sind bequemer.“ Pippa griff nach einem wadenlangen beigefarbenen Leinenrock.

„Nein, der geht gar nicht“, protestierte Bridget, während sie weiter im Schrank herumsuchte und schließlich den einzigen kurzen Rock entdeckte, den Pippa besaß. „So, den hier ziehst du an.“

„Ich weiß nicht, ob er noch passt.“ Pippa hielt ihn sich an. „Die dazugehörige pinkfarbene Bluse ist sowieso verschwunden.“

„Die weiße hier kannst du gut dazu tragen und deine weißen Sandaletten. Das sieht perfekt aus. Warum hast du den Friseurtermin abgesagt, den ich für dich vereinbart hatte?“, fragte ihre Schwester. „Es gibt da eine neue Behandlungsmethode, um gelocktes Haar zu glätten. Dann brauchst du nicht mehr so viel Zeit auf deine Frisur zu verschwenden.“

„Das tue ich sowieso nicht“, entgegnete Pippa.

Bridget blickte sie nachdenklich an. „Du bist offenbar gar nicht begeistert darüber, dass du den Fußballer herumführen sollst. Sehnst du dich etwa immer noch nach Nic Lafitte?“

„Keineswegs.“ Pippa wandte sich ab. „Ich mag es nur nicht, dass man mich verkuppeln will.“

„Das kann ich verstehen. Aber Robert ist in deinem Alter und einer der begehrtesten Junggesellen weit und breit. Du sollst ihn ja auch nicht heiraten, sondern nur etwas Spaß haben. Den hast du dir verdient.“

„Danke, Bridget. Es ist lieb von dir, dass du so denkst.“

„Das alles interessiert dich herzlich wenig, habe ich recht?“ Bridget seufzte. „Glaub mir, er war sofort Feuer und Flamme, als er hörte, dass du seine Begleiterin sein würdest. Versuch einfach, dich zu amüsieren.“

„Okay, ich werde mich bemühen, ihn gut zu unterhalten“, versprach Pippa.

Sie hatte geplant, dem Fußballstar die Sehenswürdigkeiten von Chantaine zu zeigen und einen Strandspaziergang mit ihm zu machen. Wenn die Zeit noch reichte, wollte sie mit ihm auf der Jacht des Fürstenhauses um die Insel herumfahren.

Als er schließlich erschien, begrüßte sie den hochgewachsenen muskulösen jungen Mann mit dem rötlichen Haar und der hellen Haut höflich und verglich ihn insgeheim mit Nic. Das hätte sie besser nicht getan, denn der Vergleich fiel für Robert Speight nicht gerade schmeichelhaft aus.

Während sie sich von dem Chauffeur in der Limousine umherfahren ließen, gab sie dem Fußballer einen kurzen Überblick über die Geschichte von Chantaine und wies ihn auf einige Sehenswürdigkeiten hin. Das schien ihn ziemlich zu langweilen, denn plötzlich fielen ihm die Augen zu.

Glücklicherweise hatte sie vom Küchenchef des Palasts ein Gourmetmenü zubereiten und einpacken lassen, daher lud sie den jungen Mann zu einem Picknick am Strand ein. Er konnte jedoch das Gähnen nicht unterdrücken.

„Es tut mir leid“, entschuldigte er sich. „Wir haben gestern bis spät in die Nacht gefeiert.“

„Ah ja“, antwortete sie höflich. „Ich finde es sehr nett von Ihnen, dass Sie bereit sind, heute Abend als Ehrengast auf der Benefizveranstaltung zu erscheinen. Viele Gäste kommen hauptsächlich Ihretwegen.“

Er zuckte mit den Schultern. „Das ist gut für mein Image. Was könnte ich mir Schöneres wünschen, als an einem der berühmten Strände von Chantaine mit einer Prinzessin zu sitzen?“ Er beugte sich zu ihr hinüber und legte seine Hand auf ihre. „Ich habe gehört, dass es hier auch Nacktbadestrände gibt. Lassen Sie uns hinfahren.“

Beinah hätte Pippa laut gelacht. Der FKK-Strand war für sie absolut tabu. Sie hatte sogar stets darauf geachtet, weder im Badeanzug noch im Bikini fotografiert zu werden. „Das kommt für Mitglieder des Fürstenhauses nicht infrage. Es wäre ein gefundenes Fressen für die Boulevardpresse. Aber ich kann veranlassen, dass der Chauffeur Sie morgen hinbringt, wenn Sie möchten.“

„Mit Ihnen würde es mir viel mehr Spaß machen.“

„Das ist unmöglich.“ Sie zog die Hand zurück und nahm sich vor, ein ernstes Wort mit Bridget zu reden.

Als sie sich am Abend in einem eleganten Abendkleid neben Robert Speight auf den Rücksitz der Limousine sinken ließ, starrte er ungeniert auf ihren Ausschnitt. „Hübsches Kleid“, meinte er schließlich. „Kann ich Sie nicht doch noch dazu überreden, morgen mit mir an den FKK-Strand zu fahren?“

Pippa dachte nicht daran, die Frage zu beantworten. „Wussten Sie überhaupt, dass ich an einer Doktorarbeit über Genealogie, also Ahnen- und Familienforschung, arbeite?“, wechselte sie das Thema. „Dabei bin ich darauf gestoßen, dass Sie mit Attila verwandt sein könnten“, behauptete sie, um ihn abzulenken.

„Mit Attila?“, wiederholte er verständnislos. „Wer war das noch?“

Sie gab ihm einen kurzen Überblick über das Leben des Hunnenkönigs und fügte hinzu: „Außerdem soll er ein guter Reiter und sehr sportlich gewesen sein.“

„Ah ja, so wie ich“, erklärte er mit stolzgeschwellter Brust. „In der kleinen Rede, die ich nachher halte, werde ich ihn vielleicht erwähnen. Es gibt sicher einige Leute, die sich für Geschichte interessieren.“

„Vergessen Sie aber nicht, es ist nur eine Möglichkeit. Ich kann es nicht belegen.“

„Trotzdem klingt es gut, und nur das ist für mich wichtig.“ Er beugte sich so weit zu ihr hinüber, dass sie befürchtete, er würde sie küssen. „Sie sind wirklich süß. Wir sollten uns morgen wieder treffen.“

„Oh, das wird schwierig …“ In dem Moment hielt der Chauffeur an, und Pippa sah zum Fenster hinaus. „Wir sind da“, stellte sie erleichtert fest. Dann öffnete der Fahrer auch schon die Wagentür.

„Ich bin zum ersten Mal mit einer Prinzessin zusammen, und das in mehr als einer Hinsicht“, flüsterte Robert ihr ins Ohr, ehe er ihr beim Aussteigen half.

Als er Pippa dann auch noch den Arm um die Taille legte, verspannte sie sich zusehends. Während sie im Blitzlichtgewitter auf den Eingang des Gebäudes zugingen, nahm er ihre Hand und hielt sie so fest, dass sie nichts dagegen tun konnte. Tapfer lächelnd eilte sie an seiner Seite die breite Treppe hinauf.

„Pippa! Pippa!“, ertönte es immer wieder aus der Menschenmenge auf dem großen Platz vor dem Veranstaltungsgebäude. Sie war überrascht, wie viele sie kannten, denn mehr als alle anderen Familienmitglieder hatte sie die Öffentlichkeit gescheut.

Robert legte ihr den Arm um die Schulter und forderte sie leise auf: „Küssen Sie mich, das wird den Leuten und den Fotografen gefallen.“

„Ihren Fans aber bestimmt nicht“, gab sie zu bedenken.

Kurz darauf betraten sie den Ballsaal, und Pippa winkte den Gästen zu.

„Rob! Rob!“, erschallte es plötzlich von allen Seiten. Sie spürte, wie geschmeichelt er sich fühlte, während er winkte und Kusshände in alle Richtungen warf.

Dann führte man sie zum besten Tisch in der Mitte des Saals. Erst nachdem sie sich hingesetzt hatten, nahmen auch die anderen Gäste Platz. Pippa sah sich unauffällig um. Auf einmal entdeckte sie Nic mit seinen breiten Schultern. Er trug einen Cowboyhut, als wollte er allen beweisen, wie egal ihm ihre Meinungen waren.

Dafür liebte sie ihn umso mehr.

Pippa spürte seinen eindringlichen Blick auf ihr ruhen, als machte er sich insgeheim über sie lustig.

„Atowla hieß der König, oder was hatten Sie gesagt?“, fragte Robert in dem Moment.

„Attila“, erwiderte sie seufzend. „Attila, der Hunnenkönig.“ Sie war gefangen zwischen einem Barbaren und einem Piraten. Welcher von beiden war wohl schlimmer?

6. KAPITEL

Der Kellner, der das Sorbet servierte, reichte ihr diskret einen Zettel, den sie in einem unbeobachteten Moment las. „Komm bitte in fünf Minuten in die zweite Etage“, stand darauf. Sie warf Nic einen kurzen Blick zu und schüttelte den Kopf.

„Man scheint noch mehr Fotos von uns machen zu wollen“, flüsterte Robert ihr in diesem Moment ins Ohr. „Kommen Sie, wir stehen auf und küssen uns. So etwas liebt das Publikum.“

Sein Vorschlag machte sie sprachlos. „Das muss warten. Ich wollte gerade meine Frisur in Ordnung bringen“, improvisierte sie schließlich.

„Okay, wenn es unbedingt sein muss“, antwortete er mit finsterer Miene.

„Entschuldigen Sie mich einen Moment.“ Sie erhob sich und verließ den Ballsaal. Dann fuhr sie mit dem Aufzug in den zweiten Stock. Von hier aus hatte man einen herrlichen Blick auf den Strand und das Meer.

„Pippa.“

Sie bekam Herzklopfen, als Nics Stimme hinter ihr ertönte, und drehte sich zu ihm um. „Das ist keine gute Idee, am besten verschwindest du wieder“, sagte sie.

„Prinzessin Phillipa“, rief in diesem Moment eine ausgesprochen hübsche junge Frau, die ein ärmelloses Top und einen Minirock trug. „Sie können ihn nicht haben, ich erwarte sein Baby.“

„Wie bitte?“, fragte Pippa verständnislos.

„Robert gehört zu mir, Sie können ihn nicht haben. Er ist nur deshalb so begeistert, weil Sie eine Prinzessin sind, aber er kommt zu mir zurück. Das muss er einfach.“ Die Frau fing an zu schluchzen.

Pippa nahm sie in die Arme und warf Nic einen Hilfe suchenden Blick zu. „Beruhigen Sie sich erst einmal. Ich denke nicht im Traum daran, Ihnen Robert wegzunehmen. Er begleitet mich nur auf diese Benefizveranstaltung“, erklärte sie.

Die junge Frau löste sich von ihr und sah sie mit Tränen in den blauen Augen an. „In den letzten Tagen hat er nur noch von Ihnen geschwärmt und mir erklärt, er wollte sich noch nicht binden, weil er noch eine glänzende Zukunft vor sich hätte.“ Ihr versagte die Stimme, und sie barg das Gesicht wieder an Pippas Schulter.

Pippa wandte sich an Nic. „Bitte einen der Kellner, Robert Bescheid zu sagen, dass seine Freundin und ich hier auf ihn warten. Er soll so schnell wie möglich hierherkommen.“

„Sehr gern, Prinzessin“, erwiderte er spöttisch und ging die Treppe hinunter.

„Wir sollten uns setzen.“ Pippa führte die junge Frau zu einem Sessel am Fenster. „Wie heißen Sie eigentlich?“

„Chloe.“ Sie wischte sich die Tränen weg. „Sie sind viel netter, als ich dachte. Ich habe wirklich geglaubt, Sie wollten mir Robert wegnehmen.“

„Nein, Chloe, das wird nicht passieren.“ Ich würde ihn nicht einmal nehmen, wenn man ihn mir auf einem silbernen Tablett servierte.

Kurz darauf kam Nic mit Robert zurück, der bei Chloes Anblick verblüfft ausrief: „Was machst du denn hier?“

„Warum hast du mich allein gelassen, Robert?“

Unbehaglich zuckte er mit den Schultern. „Doch nur vorübergehend, weil die Prinzessin meine Teilnahme an der Benefizveranstaltung gewünscht hat.“

„Nein, das stimmt nicht“, widersprach Pippa ihm.

„Okay, ich habe die Einladung zu der Veranstaltung angenommen, weil es gut für mein Image ist. Dass ich die Prinzessin begleiten sollte, war nur noch ein zusätzlicher Bonus“, korrigierte er sich.

Nic räusperte sich. „Ich glaube, Chloe hat Ihnen etwas Wichtiges mitzuteilen.“

Die junge Frau schluckte und zwang sich dann zu einem Lächeln. „Ja, ich erwarte ein Baby.“

Der große kräftige Mann wurde ganz blass. „Ein Baby?“, wiederholte er fassungslos.

„Dein Baby.“ Chloe ging auf ihn zu.

Robert taumelte rückwärts und wäre gestürzt, wenn Nic ihn nicht festgehalten hätte. Offenbar war der Fußballer ohnmächtig geworden.

Pippa seufzte. „Müssen wir jetzt einen Arzt rufen?“

„Wir versuchen unser Glück erst einmal selbst“, erwiderte Nic. „Kannst du bitte ein Glas Wasser holen?“

„Das mache ich“, erklärte Chloe sofort und nahm schnell einen Pappbecher von dem Stapel auf der Anrichte. Damit ging sie dann zu dem Trinkwasserbrunnen in der Mitte des riesigen Flurs.

„Bringen Sie am besten gleich zwei Becher mit“, forderte Nic sie auf, während er Robert auf den Teppich legte.

„Okay.“

Als sie mit den beiden Bechern zurückkam, sagte Nic: „Ich denke, die Ehre gebührt Ihnen.“

Die junge Frau sah ihn verständnislos an. „Was meinen Sie damit?“

„Schütten Sie ihm das Wasser ins Gesicht. Das wird ihm guttun.“

„Sind Sie sicher?“

„Oh ja, absolut. Wenn Sie es nicht tun möchten, mache ich es.“

Chloe atmete tief durch – und das Wasser landete in Roberts Gesicht.

Der schlug prompt die Augen auf und schüttelte sich.

„Sie hatten recht, es funktioniert“, stellte Chloe erfreut fest.

„Geben Sie mir bitte den anderen Becher“, bat Nic sie.

„Klar.“ Sie reichte ihn ihm.

„Kommen Sie langsam wieder zu sich, Speight?“, fragte Nic, als der Mann den Kopf hob.

„Ja“, antwortete er und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. „Wieso bin ich so nass?“

„Aus guten Gründen. Sind Sie wieder bei Bewusstsein?“

Robert stützte sich auf die Ellbogen. „Ja, ja, es geht mir gut.“

„Fein.“ Nic schüttete ihm den anderen Becher über den Kopf.

„Warum, zum Teufel, haben Sie das gemacht?“, fuhr der Fußballer ihn an.

„Damit Sie wieder in die Gänge kommen, mein Lieber.“

Robert rappelte sich auf und trocknete sich mit Papierhandtüchern ab, bevor er in den Ballsaal zurückging. Nic bestellte ein Taxi für Chloe, das sie ins Hotel bringen sollte.

Pippa war klar, dass ihre Abwesenheit auffallen würde, aber sie wollte sich bei Nic erst noch für seine Hilfe bedanken. Deshalb wartete sie, bis er Chloe zum Taxi gebracht hatte.

„Ist alles in Ordnung?“ Nic betrachtete sie prüfend, als er zu ihr zurückkam.

Sie lachte auf. „Natürlich. Vom ersten Moment an war mir dieser Robert sehr unsympathisch.“

„Bist du sicher?“

„Glaubst du etwa ernsthaft, ich wäre von einem solchen Mann angetan, nur weil er ein berühmter Fußballer ist?“

„Ich weiß nur, dass du von mir vom ersten Moment an sehr angetan warst.“ Er neigte den Kopf, und sie spürte seinen warmen Atem auf ihrer Wange.

Ihr Herz schlug plötzlich schneller. „Da war ich ja auch noch jünger und sehr naiv.“

Sein tiefes herzliches Lachen berührte sie bis ins tiefste Innere. Sie fühlte sich plötzlich sehr lebendig. „Es ist noch nicht einmal ein Jahr her. Oder hast du das vergessen?“

„Okay, du hast ja recht“, gab sie zu.

Er beugte sich zu ihr und küsste sie. Noch nie zuvor war Pippa sich so begehrenswert vorgekommen. Auch wenn es verrückt klang, hatte sie das Gefühl, wie auf Wolken zu schweben. Sie wünschte, dieser magische Augenblick würde nie enden und schlang die Arme um Nics Nacken. Sie sehnte sich nach mehr, viel mehr.

Schließlich löste er sich ein wenig von ihr und bat sie leise: „Lass uns von hier verschwinden, wenigstens für kurze Zeit.“

Wie gern hätte sie Ja gesagt, aber das war natürlich unmöglich. „Man erwartet mich zurück. Vielleicht ist meine Abwesenheit noch nicht allzu sehr aufgefallen, weil alle durch den Fußballstar abgelenkt sind.“

„Dann komm nach dem Galadiner mit mir“, drängte er.

Sie fühlte sich hin- und hergerissen. „Also, ich weiß nicht. Das ist Wahnsinn. Wir haben es schon einmal versucht. Es würde nicht funktionieren.“

„Und warum nicht?“ Er blickte ihr in die Augen.

Pippa wollte etwas sagen, brachte jedoch kein Wort heraus.

„Was ist das Problem? Hast du die Sprache verloren?“, fragte er und zog sie erneut an sich.

Sie klammerte sich an ihn, während er sie immer leidenschaftlicher küsste. Sie wünschte sich, alles vergessen und sich nur auf seine Zärtlichkeiten konzentrieren zu können. Doch sie hatte gesellschaftliche Verpflichtungen, denen sie nachkommen musste, ob es ihr gefiel oder nicht.

Deshalb löste sie sich von ihm und verkündete: „Ich gehe in den Ballsaal zurück.“

„Feigling.“

Allzu gern hätte sie ihm bewiesen, dass er sich irrte. „Glaub doch, was du willst“, erwiderte sie jedoch nur und eilte davon.

Obwohl sie ziemlich durcheinander war, schaffte sie es, den Schein zu wahren und den ihr endlos erscheinenden Abend so hinter sich zu bringen, wie man es von ihr erwartete. Später verabschiedete sie sich höflich von Robert und ließ sich in den Palast zurückfahren. Sie sehnte sich nach Nic, danach, mit ihm zusammen zu sein, aber das war leider unmöglich.

„Wie hat dir der Fußballer gefallen?“, erkundigte sich Bridget.

„Gar nicht. Er wollte unbedingt mit mir an den FKK-Strand.“

„Oh nein.“ Bridget war entsetzt.

„Außerdem wollte er mich in der Öffentlichkeit küssen, nur für die Fotografen. Man kann ihm übrigens gratulieren, denn seine junge Freundin erschien auch auf der Veranstaltung. Sie erwartet ein Kind von ihm.“

„Das ist ja furchtbar. Ich bin sprachlos.“

„Versprich mir, dass du nie wieder versuchst, mich zu verkuppeln“, bat Pippa ihre Schwester.

„Es tut mir so leid. Du solltest dich doch nur amüsieren.“

„Das weiß ich. Du hast ein gutes Herz und liebst mich. Aber was Beziehungen betrifft, muss ich meinen eigenen Weg finden.“ Die Gelegenheit war günstig, sich mit ihrem Wunsch nach mehr Freiheiten durchzusetzen. Deshalb fuhr sie fort: „Zu meinem Geburtstag wünsche ich mir, dass ich selbst bestimmen kann, wann ich einen Bodyguard brauche und wann nicht. Das würde auch die Kosten reduzieren.“

Bridget schüttelte den Kopf. „Nein, nach dem, was Eve zugestoßen ist und fast auch mir passiert wäre, kannst du das nicht wirklich wollen.“

„Hast du schon vergessen, dass dein Bodyguard dicht hinter dir war, als du nach der Benefizveranstaltung von den betrunkenen Jugendlichen bedroht wurdest? Ich stehe an vorletzter Stelle, was eine eventuelle Nachfolge unseres Bruders Stefan betrifft. Eigentlich brauche ich überhaupt keinen Bodyguard.“

„Aber du kannst immer belästigt werden, wenn du allein unterwegs bist. Man wird zumindest Fotos von dir machen“, wandte Bridget ein.

„Das kann auch ein Bodyguard nicht verhindern.“

„Ich dachte, du fändest Giles ganz nett. Jedenfalls seid ihr recht entspannt miteinander umgegangen, ehe das mit Nic Lafitte passierte.“

„Ihr habt viel zu viel aus der ganzen Sache gemacht. Hast du dich etwa nie mit einem Mann getroffen, den Stefan nicht gebilligt hat?“

„Er ist gegen jeden, den er nicht selbst ausgesucht hat. Von Ryder war er auch nicht begeistert. Das änderte sich erst später, als er erfuhr, dass Ryder Mediziner ist. Mit Nic Lafitte ist es jedoch etwas ganz anderes.“ Bridget schüttelte den Kopf. „Zwischen unseren Familie hat es zu viele Feindseligkeiten gegeben. Außerdem hat sein Vater wahrscheinlich einen schlechten Einfluss auf ihn gehabt.“

„Das sagen viele bestimmt auch über unseren Vater“, entgegnete Pippa.

Bridget warf ihr einen scharfen Blick zu. „Was willst du damit sagen, Pippa?“

„Nichts. Letztlich geht es mir nur darum, dass ich selbst entscheiden will, wann ich einen Bodyguard brauche und wann nicht.“

„Wir lieben dich sehr und wollen doch nur verhindern, dass dir etwas zustößt.“

„Das ist mir klar. Ich bin jedoch kein kleines Kind mehr. Ihr braucht mich nicht zu bemuttern, also hört damit auf.“

„Okay.“ Bridget seufzte. „Tina und mich kannst du vielleicht überzeugen. Aber bei Stefan kann ich dir nur viel Glück wünschen.“

Gut, dass es Pippa egal war, was die Boulevardpresse über sie schrieb, sonst wäre sie am nächsten Tag über die Schlagzeilen entsetzt gewesen. „Prinzessin Phillipa von Fußballstar sitzen gelassen“, stand da.

Zum Covergirl eignete sie sich sowieso nicht, wie sie fand. Ihre Schwestern Fredericka und Bridget wirkten da schon eher wie Models, während ihre andere Schwester Valentina eine ganz normale Figur hatte. Tina kleidete sich auch nicht immer nach der letzten Mode und interessierte sich mehr für ihre Beziehung als für ihr Image.

Tina hatte die meisten offiziellen Termine wahrgenommen, bis sie den texanischen Geschäftsmann und Rancher geheiratet hatte. Jetzt konzentrierte sie sich vor allem auf ihre Ehe und ihre kleine Tochter. Pippa war immer nur dann eingesprungen, wenn ihre Schwestern verhindert gewesen waren.

Sie hatte wenig Zeit damit verbracht, ihr Leben zu planen. Es war ihr nur wichtig gewesen, nicht im Rampenlicht zu stehen. Doch seit sie Nic kennengelernt hatte, schien ihre innere Unruhe ständig zuzunehmen. Sie hatte gehofft, ihn vergessen zu können, nachdem sie die Beziehung beendet hatte. Aber danach war nichts mehr gewesen wie zuvor.

Während Pippa im Wohnzimmer ihrer Suite, die sie schon als Teenager bewohnt hatte, eine Tasse Tee trank, sah sie aus dem Fenster auf einen der Innenhöfe des Palasts. Sie fühlte sich wie ein Vogel im Käfig. Doch schließlich atmete sie tief durch und bereitete sich innerlich auf das Gespräch mit ihrem Bruder Stefan vor, um das er sie gebeten hatte.

Sie ging über den langen Flur in den anderen Flügel des Palasts, wo das Büro ihres Bruders lag.

Autor

Leanne Banks
Mit mehr als 20 geschriebenen Romanen, ist Leanne dafür geschätzt Geschichten mit starken Emotionen, Charakteren mit denen sich jeder identifizieren kann, einem Schuss heißer Sinnlichkeit und einem Happy End, welches nach dem Lesen noch nachklingt zu erzählen.
Sie ist die Abnehmerin der Romantic Times Magazine’s Awards in Serie. Sinnlichkeit, Liebe und...
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