Seide auf deiner Haut

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Vita Hamilton hat ein Problem: Leon King - unverschämt reich und unverschämt gut aussehend - droht damit, der Presse heikle Infos über ihren Vater zu verraten! Seine Forderung? Vita soll ihn heiraten, damit er sein schlechtes Image loswird. Zähneknirschend erklärt die willensstarke Wissenschaftlerin sich bereit, Leon wenigstens kennenzulernen. Doch der stadtbekannte Playboy ist unerwartet charmant und tiefgründig, und seine Berührungen sind weich wie Seide auf Vitas Haus … Wieso klingt eine Vernunftehe plötzlich so unvernünftig verlockend?


  • Erscheinungstag 24.07.2020
  • Bandnummer 40
  • ISBN / Artikelnummer 9783745752274
  • Seitenanzahl 208
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Leon

„Das ist ganz einfach.“ Mit dem Rücken zum Büro blickte ich aus dem bodentiefen Fenster, das eine großartige Aussicht auf Sydneys beeindruckenden Hafen bot. „Ich will Ihre Tochter.“

Hinter mir war es still.

Offenbar hatte ich Thomas Hamilton, einen der prominentesten und hoch respektierten Wohltäter Sydneys, so schockiert, dass es ihm die Sprache verschlug.

Perfekt. Ihn so aus dem Gleichgewicht zu bringen, dass er schließlich meinen Forderungen nachgab, war schon die halbe Miete.

„Was meinen Sie damit, Sie wollen meine Tochter?“, fragte er.

In seiner Stimme lag ein Hauch von Unsicherheit. Kaum vernehmbar, doch ich hatte es gehört, oh ja, das hatte ich.

Ich sagte zunächst nichts, sondern ließ ihn schmoren, betrachtete die Jachten im Hafen und die Fähre nach Manly, und wie das Sonnenlicht die weißen Kurven der berühmten Oper berührte.

Gott, ich liebte Sydney. Glitzernd und protzig und sexy, doch hinter der Fassade düster und schmutzig. Genau meine Stadt.

Als würde ich mich im Spiegel betrachten.

Leon King. Zweiter Sohn von Augustus King, dem ehemaligen Herrscher über Sydneys Unterwelt, der sich jetzt für seine Verbrechen in einer Hochsicherheitseinrichtung verantwortete … mit anderen Worten: im Knast saß.

Ja, der König war tot. Lange lebe der König.

Oder sollte ich besser die „Könige“ sagen?

Die neuen Kings von Sydney waren meine beiden Brüder Ajax und Xander und ich – doch wir wollten nicht das alte Reich unseres Vaters erben, schließlich waren wir diejenigen gewesen, die es zum Einsturz gebracht hatten.

Nein, uns ging es um Wiedergutmachung. Den Namen King reinwaschen. Etwas Neues aus den Trümmern des alten Reiches erschaffen. Gesetzestreu werden oder irgend so ein Bullshit.

Zumindest war es das, was Xander und Ajax wollten.

Mir war es recht, sauber zu werden. Alles war um einiges leichter, wenn die Cops sich nicht in deine Geschäfte einmischten. Doch ich brauchte keine Wiedergutmachung.

Auch der Name King war mir ziemlich egal.

Ich war der Stellvertreter meines Vaters gewesen; die Faust in seinem Rücken, und die Jahre des Gewaltausteilens hatten ihre Spuren hinterlassen.

Damals hatte ich keine Probleme damit gehabt, der Bad Guy zu sein, und jetzt, fünf Jahre nach der Verhaftung meines Vaters, war es noch immer okay für mich.

Ich wollte einen Neuanfang in einer Stadt, wo mich niemand kannte, oder wusste, wer die Kings waren. Wo ich keine Vergangenheit hatte. Wo ich sein konnte, wer oder was ich wollte, Herr über mein Schicksal. Wohin ich flüchten konnte.

Doch zunächst musste ich einen letzten Auftrag erfüllen. Eine Verpflichtung, die ich meinem ältesten Bruder schuldete. Und ich war bereit, alles dafür zu tun.

Ich wandte meine Aufmerksamkeit von der betörenden Aussicht zurück in den edlen, minimalistisch eingerichteten Raum, der mein Büro war. Wir befanden uns in dem Hochhaus, in dem King Enterprises seinen Sitz hatte, das überaus erfolgreiche Immobilienunternehmen, das meine Brüder und ich aus den Trümmern von Daddys Imperium geschaffen hatten.

Hamilton saß auf dem unbequemen Stuhl, den ich vor meinem Schreibtisch platziert hatte. Er war ein älterer Mann mit Silberhaar und blauen Augen, und eigentlich hatte er dieses gut erhaltene Äußere, wie man es nur bei den sehr Reichen fand.

Im Moment allerdings sah er mit jeder Faser seines Körpers wie sechzig plus aus.

Diese Wirkung hatte ich oft auf andere.

„Was glauben Sie denn, was ich meine?“ Ich schenkte ihm mein berüchtigtes breites Lächeln, das ich zu zeigen pflegte, bevor ich ernsthaften Schaden anrichtete. Denn nichts brachte einen mehr aus dem Gleichgewicht als ein Lächeln, unmittelbar bevor man was auf die Fresse bekam. „Ich will sie heiraten.“

Hamilton wurde bleich. „Das meinen Sie doch nicht ernst.“

„Natürlich, verdammt ernst. Über das heilige Sakrament der Ehe würde ich niemals Scherze machen.“

Er starrte mich an, irritiert von meinem Sarkasmus und meinem Lächeln.

Gut. Sollte er irritiert sein. Das machte es nur leichter, den Deal mit ihm abzuschließen.

„Aber … Warum wollen Sie meine Tochter heiraten?“

„Ich dachte, das hätte ich bereits erklärt.“ Ich richtete die Manschetten meines weißen Baumwollhemdes, bewunderte den Kontrast zum Dunkelblau meines Anzugs und ließ mir dabei Zeit. Kleine Bewegungen unmittelbar vor dem Schlag in die Magengrube. Nur eine andere Art, mit einem Gegner zu spielen, und ich liebte es, mit meinen Gegnern zu spielen. Es war ein toller Machtrausch. „Mein Bruder möchte das King-Portfolio um den Bereich Luxusapartments erweitern und wir haben etwas Schwierigkeiten damit, an Investoren zu kommen.“

Hamilton nickte. „Das verstehe ich. Doch ich sehe noch immer nicht, warum eine Ehe für diese Expansion nötig ist.“

„Es ist der Name“, sagte ich. „Niemand will bei einem King Geld investieren. Nicht bei unserer Vergangenheit.“

Ein Muskel zuckte an Hamiltons Kiefer. „Aber dafür brauchen Sie doch meine Tochter nicht. Geben Sie mir einfach das Geld, wie Sie es vorgeschlagen haben, und ich werde meinen Freunden gegenüber erwähnen, dass es eine gute Investition ist und …“

„Wenn es nur so einfach wäre“, unterbrach ich mit einem lauten Seufzen. „Doch leider ist es das nicht. Ich brauche eine … Absicherung, verstehen Sie. Falls Sie sich dazu entscheiden sollten, den Deal abzublasen oder zu verändern oder etwas an den Konditionen zu drehen.“

„Das würde ich niemals tun!“ Hamilton wirkte aufgebracht.

Das interessierte mich einen Scheiß. Er war nicht die wohltätige Stütze der Gesellschaft, als die man ihn sah, denn er steckte bis über beide Ohren in Schulden, die von einer Spielsucht stammten, die er um jeden Preis verheimlichen wollte.

Pech für ihn, dass es nicht länger ein Geheimnis war. Zumindest nicht für mich. Ich hatte ein Händchen dafür, Leichen im Keller aufzuspüren, und bei ihm hatte ich einige entdeckt.

„Es interessiert mich nicht, was Sie tun oder lassen würden“, sagte ich kalt. „Ich brauche eine Rückversicherung, und das ist Ihre Tochter. Außerdem reicht es nicht, ein paar Freunden vorgestellt zu werden. Wir brauchen eine vollständige Neuausrichtung unseres Images.“ Ich machte eine Pause, um sicherzustellen, dass er mir folgen konnte. „Sydneys größter Stifter als Schwiegervater wird jeden zum Schweigen bringen, der noch immer Zweifel an uns hat. Und hoffentlich werden ein paar Leute entspannter, wenn es um Investitionen bei King Enterprises geht.“

Es waren bereits fünf Jahre vergangen, seit unser Vater ins Gefängnis gegangen war, doch Erinnerungen bleiben manchmal lange lebendig. Ajax, Xander und ich hatten uns in der Zwischenzeit sehr geschickt angestellt, dennoch wurden wir und unsere Pläne noch immer häufig misstrauisch beobachtet.

Wir waren sauber geblieben, doch in manchen Köpfen waren wir weiterhin Kriminelle.

Man konnte einer Vergangenheit wie der unseren nur schwer entkommen – und mir würde es wohl niemals gelingen. Doch ich wollte meinen Teil dazu beitragen, indem ich meinen Brüdern half.

Hamilton schüttelte den Kopf, aber ich fuhr fort: „Sie werden in Umlauf bringen, dass man uns vertrauen kann. Sie laden uns zu den besten Wohltätigkeitsbällen ein, werben bei Ihren Kumpanen für uns, erzählen ihnen, dass die Vergangenheit vergangen ist, und so weiter.“

„Sie werden doch nicht wirklich glauben, dass ich …“

„Und im Gegenzug“, unterbrach ich ihn, „werde ich Ihre Spielschulden begleichen.“

Hamilton klappte den Mund zu, sein Ausdruck wurde wachsamer, aggressiver. „Spielschulden?“

„Kommen Sie schon, Tommy“, murmelte ich, wobei ich das zornige Blitzen seiner Augen angesichts meines gönnerhaften Tonfalls genoss. „Sie stecken momentan bis zum Hals in den roten Zahlen. All die Investitionen, von denen Sie annahmen, dass sie sich rentieren würden und die es nicht taten, die ganze Steuerhinterziehung mit diesen wunderbaren Wohltätigkeitsorganisationen, die nicht mehr so effektiv ist, wie sie es einmal war. Oder vielleicht leben Sie auch einfach über Ihre Verhältnisse? Was immer es auch ist, ich kann helfen.“ Ich warf ihm ein weiteres Lächeln zu. „Und Sie müssen im Gegenzug bei Ihren Freunden einfach nur den Daumen nach oben halten, wenn es um King Enterprises geht. Ach ja, und Ihre Tochter als Rückversicherung.“

Diesmal war Hamiltons Blick wesentlich abwägender, als würde er eine geschäftliche Entscheidung überdenken. Und das war es ja auch: meine Hilfe bei der Bezahlung seiner Schulden im Gegenzug für seine Unterstützung beim Image der Familie King.

Es war für alle eine Win-win-Situation.

„Ich habe zwei Töchter“, sagte Hamilton schließlich und betrachtete mich genau.

Interessant. Ich kannte nur diejenige, die auf allen Hochglanzmagazinen zu sehen war. Clara Hamilton. Ein hübsches kleines It-Girl mit einer Menge honigblonder Haare, großen blauen Augen und umwerfenden Titten. Mit anderen Worten: genau mein Typ. Ich mochte It-Girls. Es war witzig, wie ihr ganzes Schickeriagehabe verschwand, wenn sie erst einmal nackt waren und ich tief in ihnen steckte. Wie ihre Erhabenheit zerbröselte, während sie mich anbettelten und ich sie dazu brachte, meinen Namen zu stöhnen.

Äußerlich machten sie immer einen Aufstand wegen meiner Vergangenheit, wegen meiner Verbindungen zur Verbrecherwelt meines Vaters, wegen all der widerlichen Gewalt.

Doch innerlich, in der Dunkelheit des Schlafzimmers, da liebten sie es. Jene Vergangenheit faszinierte sie, machte sie an. Diese Mädchen liebten Bad Boys, und ich war so bad, wie es nur ging.

Abgesehen von Ajax. Der war schlimmer als ich.

„Geben Sie mir die Hübsche“, sagte ich.

Hamilton verzog den Mund. „Clara ist nicht …“

„Ich kann nicht versprechen, dass ich sie nicht anfassen werde, doch ich kann versprechen, dass ich ihr nicht wehtue.“ Ein wenig Schmerz beim Sex störte mich nicht, doch ich war kein Fan davon, mich jemandem aufzudrängen. Wo blieb da der Spaß?

Doch Hamilton gefiel das nicht. Überhaupt nicht. „Und wenn sie sagt, dass sie Sie nicht heiraten will?“

„Das ist Ihr Problem, nicht meins.“ Ich steckte die Hände ganz entspannt in die Taschen. „Hören Sie, es ist keine lebenslange Freiheitsstrafe. Sagen Sie ihr, ich will nur, dass sie so tut, als hätten wir eine stürmische Romanze und dass sie wie verrückt in mich verliebt ist. Dann machen wir eine schöne große Hochzeit, und danach kann sie mein Anwesen in Darling Point haben. Ich werde das Land verlassen, sodass sie es ganz für sich allein hat. Nach sechs Monaten, sobald wir etwas soliden finanziellen Rückhalt haben, kann sie mir die Scheidungspapiere schicken, und wir gehen getrennte Wege. Aus und vorbei.“

Hamilton kniff die Augen zusammen. „Warum die Heuchelei?“

„Der äußere Schein ist wichtig, Tommy“, betonte ich. „Das wissen Sie doch am besten. Es würde nicht reichen, wenn es wie eine Zweckehe aussieht, oder? Das wäre ein wenig zu gewinnsüchtig. Nicht gerade das Image, das wir für den Namen King wollen.“

„Eine Scheidung so kurz danach würde auch nicht unbedingt den richtigen Eindruck vermitteln.“

„Es ist ausreichend lange, um genügend Menschen davon zu überzeugen, dass es echt ist, und – wie gesagt – um ein paar Dollars zu investieren.“ Ich warf ihm einen verschwörerischen Blick zu. „Das wäre dann unser kleines Geheimnis, ja?“

Hamilton stützte sich mit einem Ellbogen auf die Armlehne seines Stuhls und strich sich über das Kinn, wobei er so tat, als würde er sorgfältig darüber nachdenken. Doch das Schimmern in seinen Augen erzählte eine andere Geschichte. Er wollte mein Geld, und zwar dringend.

Perfekt.

Ich blieb stehen, wobei ich eine bequeme Haltung bewahrte. Seltsam, wie es Leute nervös machte, wenn man entspannt blieb, doch genau das tat es.

Jetzt gerade machte es Hamilton sehr nervös. Ich konnte es an der Verspannung seiner Schultern sehen und an der Art, wie er mit einem Fuß auf den Teppich tippte.

Ich sagte nichts, sodass sich die Stille im Raum ausbreitete, und Stille konnte eine nützliche Waffe sein, wenn man sie zu nutzen wusste. Und das tat ich. Überhaupt war ich sehr gut mit allen möglichen Waffen.

Die Stille wurde länger und beklemmender.

Schließlich änderte Hamilton seine Sitzposition und sagte: „Ich werde Clara die Idee mitteilen und dann hören, was sie dazu sagt.“

Ich schüttelte den Kopf. „Sie wollen doch das Geld, oder nicht? Ich meine, sonst werden Sie alles verlieren. Und denken Sie nur an den Skandal, wenn sich das Gerücht von Ihrem kleinen Spielproblem verbreiten würde. Ich glaube nicht, dass Sie das wollen, oder?“

Er rutschte erneut auf dem Stuhl herum. „Gut. Ich werde mich also darum kümmern, dass sie bei der Sache mitmacht.“

Ich spürte, wie sich etwas in meiner Brust lockerte, was eigentlich keine Erleichterung sein sollte oder konnte, da ich mir sicher gewesen war, dass er meiner Forderung zustimmen würde. Dennoch fühlte es sich genauso an.

Ajax hatte mir die Verantwortung übertragen, die geplante Expansion von King Enterprises abzusichern, und ich wollte dieser Verantwortung auf jeden Fall gerecht werden, da ich ihm so viel schuldete.

Jetzt sah es so aus, als würde diese Schuld beglichen werden.

Es war befriedigend, das konnte ich nicht leugnen.

Was war ich doch für ein guter kleiner Soldat.

Doch nicht mehr lange. Wenn ich erst weg war aus Sydney, dann würde ich etwas bekommen, was mir bisher immer verwehrt war: den Luxus der freien Entscheidung.

„Tun Sie das“, sagte ich zu Hamilton. „Und wenn sie irgendwelche Probleme mit der Heirat hat, dann erinnern Sie sie daran, dass es in meinem Haus einen Pool gibt. Mädchen lieben Pools.“

Langsam erhob sich Hamilton von dem unbequemen Stuhl. „Ich habe eine Bedingung.“

Mein Lächeln erstarrte. „Ich bin mir nicht sicher, ob Sie in der Position sind, Bedingungen zu stellen.“

„Dennoch habe ich eine.“ Sein Blick war sehr direkt und entschieden. In dieser Sache würde er nicht nachgeben. „Sie werden vor der Hochzeit keinen Kontakt zu ihr haben. Und auch danach werden Sie sie nicht berühren. Es wird nur dem Namen nach eine Ehe sein.“

Fast musste ich lachen. „Was? Sie wollen nicht, dass meine dreckigen King-Hände Ihre kostbare Tochter berühren?“

Er sagte nichts, doch sein Blick war deutlich. Nein, das wollte er nicht.

Ich hob eine Braue, spielte etwas mit ihm, denn es machte Spaß, und ich konnte keiner Machtdemonstration widerstehen. „Doch was ist, wenn sie die Hände nicht von mir lassen kann?“

Er wurde rot. „Das wird nicht passieren. Sie verabscheut Sie.“

„Natürlich tut sie das. Weil sie keine Ahnung hat, wer ich bin.“ Ich zuckte mit der Schulter. „Nicht, dass es mich interessieren würde. Wie ich Ihnen gesagt habe: Wenn sie mich nicht will, dann werde ich mich ihr nicht aufzwingen. Doch wenn sie es tut … nun …“, grinste ich, nur um ihn zu ärgern, „… dann kann ich für nichts garantieren.“

Hamiltons Ausdruck wurde starr. „Wird sie nicht. Das weiß ich genau.“

Es war niedlich, wie diese Säule der Gesellschaft die schützende Hand über seine Tochter hielt. Dabei war es reine Heuchelei, wie ich wusste. Es ging ihm nur um sich selbst und um den Ruf seiner Familie, wie bei allen Männern seines Schlages. Darum und um das Geld. Ich bin mir sicher, wenn ich ihm mehr Geld geboten hätte, dann hätte er kein Problem damit gehabt, wenn ich eine Hochzeitsnacht mit seiner kostbaren Tochter gefordert hätte.

Leider jedoch führte seine Forderung, das Mädchen nicht zu berühren, genau dazu, dass ich sie jetzt noch viel mehr anfassen wollte.

So pervers war ich nun einmal. Oder so klischeehaft – das konnte man sich aussuchen.

„Pech für Sie, doch sie nicht berühren zu dürfen würde meinen Wunsch nach einer öffentlichen Liebesbeziehung zunichtemachen, weshalb ich Ihre Bedingung ablehnen muss“, sagte ich, ließ mein Lächeln verschwinden und blickte ihn eiskalt an. „Sie wollen mein Geld, dann geben Sie mir Ihr Mädchen. Das ist alles.“

Das gefiel ihm nicht, natürlich nicht, doch da ich ihn in der Hand hatte, konnte er nur leere Drohungen von sich geben, während ich die Security rief, um ihn aus dem Büro zu begleiten.

Als sich die Bürotür hinter ihm geschlossen hatte, griff ich zum Telefon und wählte Ajax’ Nummer.

Er antwortete mit einem kurzen „Ja, was?“

„Du wirst erfreut sein, zu erfahren, dass Hamilton uns Rückhalt gibt, was die Investoren für die Expansion von King Enterprises betrifft“, sagte ich.

Er knurrte: „Wie? Der Scheißkerl wollte doch nichts mit uns zu tun haben.“

„Sagen wir einfach, ich habe ihm einen mächtigen Anreiz gegeben.“

„Du hast was …? Lass nur, wenn ich es mir genauer überlege, dann will ich es gar nicht wissen.“

„Willst du nicht“, stimmte ich ihm zu. „Da ist noch eine andere Sache.“

„Was denn?“

„Du kannst mir gratulieren, Bruderherz.“

„Warum?“

Ich drehte mich wieder zum Fenster, und mein Spiegelbild erwiderte meinen Blick, das dämonische Grinsen auf meinem Gesicht eine Reflexion des Monsters hinter dem hübschen Prinzen. Es erschreckte mich nicht mehr, dieses Monster.

Doch die Braut würde einen ziemlichen Schock bekommen.

Ja, das könnte passieren.

Mein Grinsen wurde breiter. „Warum? Weil ich heiraten werde.“

2. KAPITEL

Vita

„Du machst Witze.“ Schockiert starrte ich meinen Vater an. „Wen soll ich heiraten?“

Dad hatte diesen entschiedenen Ausdruck im Gesicht, den er immer hatte, wenn alles nach seiner Pfeife tanzen musste. „Leon King, von King Enterprises. Derjenige, der …“

„Ich weiß, wer er ist“, unterbrach ich ihn und legte meine gefalteten Hände in den Schoß, damit er ihr Zittern nicht bemerkte. „Die ganze Stadt kennt die King-Brüder.“

Immobilienmakler, die in sehr kurzer Zeit eine Menge Geld gemacht hatten. Ehemalige Kriminelle, wie manche sagten. Noch immer Kriminelle, wie andere sagten.

Ich hatte dazu keine Meinung, da es mich nicht interessierte. Zumindest hatte es mich bisher nicht interessiert. Bis mein Vater mich angerufen hatte – was schon allein ein Schock war, da ich seit ungefähr sechs Monaten keinen Kontakt zu beiden Elternteilen gehabt hatte – und um ein Treffen in seinem Büro in der Innenstadt bat.

Eigentlich wollte ich nicht – ich musste gerade für meinen Job als Forschungsassistentin an der Sydney University einen Bericht schreiben, und ich hatte entschieden keine Lust, so zu tun, als hätte ich noch immer eine Beziehung zu meiner Familie. Doch er hatte darauf bestanden. Gesagt, dass es wichtig sei. Dass es meine Schwester betraf.

Dass ich ihnen etwas schuldete.

Er hatte nicht unrecht. Tatsächlich schuldete ich ihnen etwas. Um ehrlich zu sein, wartete ich schon seit zehn Jahren darauf, dass er seine Schuld einfordern würde, denn ich hatte nicht den geringsten Zweifel, dass es geschehen würde. Die Tatsache, dass er es jetzt tat, war fast eine Erleichterung.

Abgesehen von der Tatsache, dass er von mir verlangte, anstelle meiner Schwester einen völlig Fremden zu heiraten.

„Warum ich?“ Ich versuchte, ruhig und ausgeglichen zu klingen, denn es würde nichts bringen, jetzt emotional zu reagieren. Das hatte ich bereits auf die harte Tour lernen müssen. „Hat Clara Nein gesagt?“

Dad ging um seinen massiven Eichenschreibtisch herum und setzte sich, dann warf er mir den kalten, missbilligenden Blick zu, den er über die Jahre perfektioniert hatte. „Nicht ganz. Ich habe es ihr gar nicht erzählt.“

Ich blinzelte. Die ganze Geschichte wurde immer seltsamer.

Es war schon komisch genug, dass Dad mich aus heiterem Himmel angerufen hatte, um mich zu bitten, statt Clara irgendeinen Kriminellen zu heiraten, doch dass er es Clara nicht einmal erzählt hatte …?

„Das musst du mir erklären“, sagte ich vorsichtig. „Denn ich verstehe nicht, dass du es Clara nicht erzählt hast. Und eigentlich auch nicht, warum du mich jetzt darum bittest.“

Dad schwieg und starrte mich an, als würde er genau abwägen, was er als Nächstes sagen wollte.

Ich starrte zurück. Wenn er dachte, ich würde mich fügen, wie es Mum und Clara immer taten, dann hatte er falsch gedacht. Vor Jahren hatte er mich zu einer Tante in den Norden geschickt, und ich war widerstandslos gegangen, hatte meine Schule fern von der Gesellschaft und dem Trubel Sydneys beendet, mich in der relativen Vergessenheit einer Kleinstadt vergraben und nur mit meinem Studium beschäftigt.

Doch jetzt war ich nicht mehr dieselbe Person wie damals. Vor allem war ich nicht mehr siebzehn und froh darüber, aus dem Rampenlicht zu sein. Wobei … das genau der Ort war, an dem ich sein wollte: fern vom Rampenlicht.

Ich hatte ein nettes, ruhiges und behagliches Leben mit einem Job im Labor der Universität, abgeschieden von meiner Familie. Ein Leben, das ich nicht unbedingt ändern wollte.

„Na gut“, sagte er nach einer Weile. „Ich habe ein paar … Schulden, die bezahlt werden müssen, und King hat angeboten, sie für mich zu übernehmen. Im Gegenzug will er, dass ich ihm dabei helfe, den Namen King zu legitimieren.“ Dad machte eine Pause. „Und dafür will er Clara heiraten.“

Schulden? Diese Frage schob ich für den Augenblick beiseite.

„Warum?“, fragte ich. „Wie kann er den Namen King legitimieren, indem er Clara heiratet?“

Die blauen Augen meines Vaters blitzten zornig. „Er und seine Brüder möchten in den Markt für Luxuswohnungen und brauchen Investoren. Deshalb will er, dass ich die Geschäftswelt auf seine Seite hole – die Ängste bezüglich ihrer Vergangenheit beseitige, so was in der Art.“ Dad sprach die Worte aus, als hätten sie einen üblen Beigeschmack. „Er meint, dass die Heirat mit Clara dabei helfen würde.“

Jetzt begriff ich es. Obwohl ihr Vater schon vor Jahren wegen seiner Verbrechen verhaftet worden war, wurden seine Söhne noch immer damit in Verbindung gebracht. Allerdings wusste ich nicht viel über sie, abgesehen von der Tatsache, dass sie für ihre halsabschneiderischen Geschäftspraktiken als Immobilienmakler berüchtigt waren.

Die Geschäftswelt war ohnehin nicht mein Gebiet. Ich zog die Wissenschaft vor, die ruhige Atmosphäre des Labors, in dem ich arbeitete, und die vergleichsweise kleinen Machtspielchen, die zur Universitätspolitik gehörten. Doch auch daran beteiligte ich mich nicht. Ich blieb für mich, so gefiel es mir.

„Ich verstehe“, sagte ich vorsichtig. „Doch es kommt mir ganz schön radikal vor, Clara nur deshalb zu heiraten, um an ein paar Investoren zu kommen. Kannst du das nicht ablehnen?“

„Nein.“ Das Wort kam ausdruckslos heraus. „Ich brauche das Geld dieses Mistkerls.“ Er machte eine Pause. „Entweder das oder wir sind bankrott.“

Ich sah ihn schockiert an. „Bankrott? Wirklich? Dad, was hast du …?“

„Das spielt gar keine Rolle“, unterbrach er mich. „Wichtig ist nur, dass er seine dreckigen Pfoten von Clara lässt.“

Die Schlussfolgerung auf seine Aussage schoss mir wie ein kleiner Stromschlag durch die Wirbelsäule und ließ alte Schmerzen wieder lebendig werden.

Natürlich würde er seine kostbare Clara niemals im Stich lassen. Lieber opfert er dich, weil du nicht so wichtig bist …

Ich ignorierte diesen Gedanken. Darüber war ich hinweg. Meine ältere Schwester führte ein Leben voller Partys und gesellschaftlicher Events und Shopping, alles finanziert von Dad – doch so ein Leben wollte ich nicht führen. Meinen Platz hatte ich im Labor gefunden und war dort zufrieden. Für meine Wertschätzung brauchte ich weder ihn noch sonst jemanden.

„Doch es ist für dich okay, wenn er mich mit seinen dreckigen Pfoten berührt“, bemerkte ich trocken.

Dads Blick zuckte kurz. „Du bist stärker als sie, Vita. Das warst du schon immer. Du wirst mit ihm umgehen können. Sie nicht.“

Vor zehn Jahren hätte ich sein Lob begierig aufgenommen. Heute wusste ich es besser. Er lobte mich nicht – er manipulierte mich.

„Du denkst also, dass ich zustimme.“

Sein Ausdruck wurde härter. „Das tust du. Diese Schulden müssen bezahlt werden. Auch deine.“

Es tat weh, doch Leugnen half nicht. Er hatte mir immer vorgeworfen, was vor vielen Jahren geschehen war, auch wenn ich mit siebzehn noch keine Ahnung gehabt hatte, was ich tat. Ich dachte, Simon hätte mich geliebt. Ich hatte nicht gewusst, dass er sich dabei filmen würde, wie er mir die Unschuld nahm, und das Video dann mit Kommentaren ins Internet stellte, sodass seine Freunde ihren Spaß daran hatten.

Ich hatte nicht gewusst, dass es online gehen würde und dass es kurz danach jeder auf der ganzen Welt sehen konnte – einschließlich meiner Eltern. Es gab einen Mediensturm, und ein paar der Stiftungen, für die Dad Fundraising betrieb und die seine verschiedenen Geschäftsaktivitäten finanzierten, hatten ihre Unterstützung zurückgezogen. Unsere Familie wurde bloßgestellt und gesellschaftlich beschämt, und es dauerte mindestens sechs Monate, bis die Menschen sich mit dem nächsten Skandal beschäftigten.

Der Schaden blieb jedoch bestehen. Dads Geschäftsimperium taumelte am Rande des Bankrotts, und er brauchte Jahre, um es wieder zu stabilisieren.

Und alles nur, weil ich ein siebzehnjähriges Mädchen war, das dummerweise glaubte, verliebt zu sein.

Meine Schuld. Und Dad hatte es mich niemals vergessen lassen.

Ich sah auf meine Hände, die ich fest gefaltet im Schoß hielt. Ich hatte keine Antwort darauf, und er wusste das.

„Er wird dich nicht anrühren“, sagte Dad, als ich stumm blieb. „Du musst ihn nur heiraten und anschließend in seinem Anwesen in Darling Point wohnen. Er wird nicht einmal dort sein, denn er verlässt das Land. Und nach sechs Monaten reicht ihr die Scheidung ein.“

Und wenn du damit fertig bist, dann hast du keine Schulden mehr bei deiner Familie.

Das immerhin stimmte. Wenn ich das für meinen Vater tat, dann konnte er sicherlich nichts mehr von mir verlangen, oder? Ich könnte zurück in das Privatleben, das ich mir aufgebaut hatte. Wo ich überzeugt von mir war und gut in dem, was ich tat. Wo ich diejenige war, die alles unter Kontrolle hatte.

„Du bekommst dann übrigens auch das Haus“, fügte Dad hinzu.

Ich hielt den Blick auf meine Hände gesenkt. Der dunkelblaue Nagellack blätterte an den Rändern ab, wo ich auf ihnen herumgekaut hatte. Eine nervöse Angewohnheit, die ich abzulegen versuchte.

Ich brauchte kein Haus. Ich lebte in einer Reihenhauswohnung in der Nähe der Universität, die Dad mir gekauft hatte, bestand aber darauf, die Raten zu zahlen. Mein Assistentengehalt war bescheiden und ich schaffte es kaum, daneben meine Lebenskosten zu bestreiten, doch ich wollte keine weiteren Schulden zu denen, die ich bereits hatte.

Andererseits konnte man ein Haus in Darling Point verkaufen. Von dem Ertrag Dad das Geld zurückzahlen …

Nein. Ich würde meine Schulden selbst bezahlen. Auf meine Art. Mit meinem eigenen Geld. Ich wollte nicht mehr vom Geld eines anderen abhängig sein, egal, wie viel es war.

Geld war sowieso niemals die Antwort, auch wenn viele Menschen das glaubten. Menschen wie Dad.

„Ich will kein Haus“, erklärte ich kategorisch. „Und ich will kein Geld. Ich will nur, dass meine Schuld getilgt und nicht mehr darüber gesprochen wird.“

Dad lehnte sich in seinem großen Bürostuhl aus schwarzem Leder zurück, und ich hatte den Eindruck, ein überraschtes Aufflackern in seinem Blick zu sehen, als hätte er eine andere Antwort von mir erwartet. „Okay“, sagte er. „Wenn du das machst, dann betrachte die Sache als erledigt.“

„Du wirst endgültig damit aufhören, es gegen mich zu benutzen?“

Er nickte entschieden. „Wir sprechen nie wieder darüber.“

Das war etwas.

Denkst du ernsthaft darüber nach?

Ich musste mich bemühen, nicht nervös auf dem Stuhl herumzurutschen, auch wenn ich spürte, wie sich die Angst in mir ausbreitete.

Nein. Keine Angst. Keine Emotion. Es bedeutete gar nichts, einen Fremden zu heiraten. Nur ein Geschäftsangebot oder ein Experiment. Das Ausprobieren eines neuen Rezeptes. Manchmal funktionierte es und manchmal nicht, doch es war nichts, worauf man emotional reagierte.

Nichts, um das ich mich kümmern müsste.

„Weiß er, dass er stattdessen mich bekommt?“ Ich krümmte die Finger fest in der Hand, um sie nicht an den Mund zu heben und an den Nägeln zu knabbern.

Langsam schüttelte Dad den Kopf.

Wir wussten beide, was das bedeutete: Kein Playboy, der etwas auf sich hielt, würde mich wählen, wenn er Clara haben konnte.

„Das wird ihn wütend machen“, sagte ich.

„Damit muss er klarkommen.“

Dads Ausdruck hatte sich versteinert, was die Angst in mir verstärkte, sosehr ich sie auch zu ignorieren suchte.

Leon King würde wütend sein. Er nahm an, er würde die kurvige und schöne Clara bekommen, und hätte am Ende … mich.

Vita Hamilton. Groß und knochig. Keine Kurven, die der Rede wert waren. Zwei Erbsen auf einem Bügelbrett. Und das waren noch die netteren Dinge, die Simon in seinem Kommentar zu dem Video über mich gesagt hatte. Andere hatten schlimmere Kommentare über mein dichtes, fuchsrotes Haar abgegeben. Über meine Sommersprossen. Und … andere Dinge.

Ich verdrängte die Erinnerungen. Mein Aussehen war unwichtig, und ich wäre dumm, wenn ich mich von all diesen Kommentaren ärgern lassen würde. Es war mein Verstand, mein Intellekt, der mich herausragen ließ, und darauf war ich immerhin stolz.

„Womöglich weigert er sich, da mitzumachen“, sagte ich.

„Er will diese Investoren, Vita.“ Dad schien sich ganz sicher zu sein. „Er wird mitmachen. Mach dir da keine Sorgen.“

Das … war nicht unbedingt das, was mir Sorgen bereitete, obwohl ich mir auch nicht ganz sicher war, was mich beunruhigte oder wovor ich Angst hatte.

Ich kannte Leon King nicht, deshalb spielte seine Meinung über mich – falls er überhaupt eine hatte – keine Rolle. Ich musste nur den Text aufsagen, den Ring entgegennehmen, in seinem dummen Haus wohnen, und dann wäre alles erledigt.

Keine große Sache.

Allerdings stand Leon King in der Öffentlichkeit, und zweifellos würden die Medien sehr daran interessiert sein, wenn er plötzlich mit einer Verlobten auftauchen würde. Vor allem mit einer Verlobten wie mir.

Das war es dann wohl mit deinem netten, ruhigen Leben.

Mein Herz schlug plötzlich schneller, und meine Hände fühlten sich feucht an. Ich biss die Zähne zusammen, zügelte meine um sich schlagenden Gefühle und schob sie beiseite.

Ich musste gelassener damit umgehen. Logisch. Praktisch. Ich war jetzt eine Wissenschaftlerin, kein beschämter und gedemütigter Teenager, den die ganze Welt nackt gesehen hatte.

Ich war jetzt stärker – viel stärker.

Es gibt einen Ausweg.

Auf einmal kam mir eine Idee, wie eine elegante Lösung auf eine schwierige Forschungsfrage oder die fehlende Zutat bei einem Rezept, das mir nicht perfekt gelungen war.

Leon King war sicherlich kein Mann, der es schätzte, dass man mit ihm herumspielte, wie mein Vater es plante. Und er würde gewiss nicht darüber erfreut sein, zu erfahren, dass er mich anstelle von Clara bekäme.

Und wenn ich von mir aus auf ihn zugehen und ihm erzählen würde, was mein Vater plante? Wenn ich ihn also vorwarnen würde? Wahrscheinlich würde er einen Blick auf mich werfen und feststellen, dass ich nicht Clara sei, um dann zu beschließen, dass er doch nicht heiraten will. Da war zwar noch das Problem mit Dads Schulden, doch vielleicht würde es ihm ja ausreichen, wenn Dad im Gegenzug für die Begleichung der Schulden für ihn werben würde. Er musste mich überhaupt nicht heiraten.

Vielleicht würde mein Plan nicht aufgehen. Immerhin war Leon King ein berüchtigt rücksichtsloser Geschäftsmann und ich nur eine Forschungsassistentin. Doch ich war mir sicher, dass ich es ihm erklären konnte. Wenn ich ihm alles logisch darstellte, dann würde er es schon verstehen.

„Nun?“, fragte Dad barsch. „Denk an deine Schwester. Machst du das für uns oder nicht?“

Ich hob den Blick von meinen Händen und sah Dad an. „Okay“, sagte ich. „Was muss ich machen?“

Er sah weg. „Im Augenblick nichts. Halt einfach nur die Füße still bis zum großen Tag.“

Das würde ich natürlich tun.

Nachdem ich Leon King mitgeteilt hätte, was genau vor sich ging.

3. KAPITEL

Leon

„Sie ist nicht da“, sagte Xander und seine klare, kalte Stimme schnitt durch den harten Beat der Musik im Nachtclub.

Ich ignorierte ihn, blickte über die wogende Masse und versuchte herauszufinden, welche der Blondinen auf der Tanzfläche Clara Hamilton war. Es war schwer zu sagen, da es viele Blondinen gab und das düstere Licht ihre Gesichter kaum erkennen ließ.

Wir saßen im VIP-Bereich des Red Door, dem derzeit angesagtesten Club der Stadt, und eigentlich sollte die süße kleine Clara hier sein – zumindest hatte mir das Hamilton versichert. Doch es war so, wie es mein jüngerer Bruder eloquent ausgedrückt hatte: Sie war nicht da.

Ärgerlich.

Ich hatte Hamilton eine Mail bezüglich der Dates von Clara und mir geschickt, dazu die Orte und was von ihr erwartet wurde, damit es echt wirkte. Und er hatte mir geantwortet, um mir mitzuteilen, dass Clara meinen Bedingungen zugestimmt hätte und für das erste Date heute Abend im Red Door sein würde.

Doch ich war bereits eine gute Stunde hier, und es war nichts von ihr zu sehen.

Langsam fragte ich mich, ob mich der gute alte Tommy Hamilton angelogen hatte und seine Tochter vor mir versteckte. Wenn dem so war, dann würde er ein paar Worte von mir zu hören bekommen. Ein paar beschissene Worte, von denen ihm keins gefallen würde.

Xander saß mir gegenüber, wie immer mit versteinertem Gesicht, seine dunklen Augen funkelten von den blitzenden Lichtern des Clubs. Es war nicht seine bevorzugte Umgebung – die meisten Nächte verbrachte er abgeschieden in seinem Büro, da er ein völliger Workaholic war –, deshalb war ich überrascht gewesen, als er an diesem Abend beschlossen hatte, mich zu begleiten.

„Hast du einen bestimmten Grund dafür, hier zu sein?“, fragte ich. „Oder willst du einfach nur herumsitzen und mich auf Dinge hinweisen, die ich bereits weiß?“

„Ich will sie kennenlernen.“ Er sah mich nicht an, sondern war weiter mit der Beobachtung der Tanzfläche beschäftigt. „Mich versichern, dass sie keine Bedrohung für uns darstellt.“

„Sie ist eine hübsche Schickeriatante, Xan. Was für eine Bedrohung könnte das sein?“

Sein Blick traf meinen. „Manche Frauen sind gefährlich.“

Autor

Jackie Ashenden
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