Tiffany Sexy Band 69

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RASENDE LEIDENSCHAFT von KENT, ALISON
Trey schwärmt für schnelle Autos - und für die sexy Kellnerin Cardin. Da kommt ihm ihr Vorschlag, ihren Verlobten zu spielen, gerade recht. Ehe er sich versieht, landet er mir ihr im Bett. Doch er empfindet nicht nur Leidenschaft für sie. Könnte es tatsächlich Liebe sein?

DIR KANN ICH NIE WIDERSTEHEN von HOFFMANN, KATE
Nur einmal schwach werden! In der Wildnis von Australien erlebt Hayley die pure Leidenschaft mit dem attraktiven Tierarzt Teague Quinn und genießt jede Sekunde. Aber danach muss Schluss sein! Denn noch einmal darf sie ihr Herz nicht an ihre Jugendliebe verlieren …

EIN TRAUM VON EINEM MANN von SUMMERS, CARA
War das ein erotischer Traum? Maddie laufen immer noch Schauer über den Rücken, als sie im Apartment ihrer Zwillingsschwester erwacht. Doch ihr fantastischer Lover liegt leibhaftig neben ihr, und sein wunderbares Lächeln gibt ihr zu verstehen: Das war erst der Anfang …


  • Erscheinungstag 11.04.2010
  • Bandnummer 0069
  • ISBN / Artikelnummer 9783862952366
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

ALISON KENT

Rasende Leidenschaft

Schon lange hat Cardin das Gefühl, dass es zwischen ihr und Trey gewaltig knistert. Zu gerne würde sie erfahren, was der Mann, den vor allem schnelle Autos interessieren, für sie empfindet. Also schlägt sie ihm vor, er solle sich als ihr Verlobter ausgeben. Trey lässt sich darauf ein – und ahnt nicht, dass er bald rasend vor Leidenschaft sein wird …

CARA SUMMERS

Ein Traum von einem Mann

Eine aufregende Frau liegt in seinem Bett, doch Jase merkt zuerst nichts davon. Im Schlaf führt dann eins zum anderen. Noch nie hatte der Sicherheitsexperte besseren Sex! Doch am Morgen besteht die Schöne, die seiner Mitbewohnerin zum Verwechseln ähnlich sieht, darauf, dass alles ein Fehler war. Kann Jase sie umstimmen?

KATE HOFFMANN

Dir kann ich nie widerstehen

Als der Tierarzt Teague Quinn nach Australien zurück-kehrt und seine Jugendliebe Hayley wiedersieht, steht sein Herz erneut in Flammen. Es dauert nicht lange, bis sich das erotische Knistern in einem wilden Liebesakt entlädt. In der unberührten Wildnis kennt die Leidenschaft keine Grenzen. Doch bald holt die Vergangenheit Teague und Hayley ein …

1. KAPITEL

Donnerstagmorgen

„Whip! Ich brauche den Drehmomentschlüssel, sonst werde ich hier nie fertig.“

„Sieh doch da hinten in der Werkzeugbox nach, Sunshine. In der zweiten Schublade. Da habe ich ihn vorhin rausgenommen.“

„Na, jetzt ist er jedenfalls nicht mehr da drin. In keiner der Schubladen oder Kisten. Ich hab überall nachgesehen.“

Trey „Whip“ Davis war gerade damit beschäftigt, ein Verlängerungskabel auf dem Boden der mobilen Rennbox zu fixieren, die vor dem Corley-Motors-Trailer errichtet worden war. Mit diesem Truck transportierte „Bad Dog“ Butch Corley seinen Dragster zu den Veranstaltungen der National Hot Rod Association. Trey richtete sich auf und rekapitulierte die bisherigen Schritte dieses Tages.

Er hatte den Drehmomentschlüssel bei sich gehabt, als er Butch, der ein spätes Frühstück mit seiner Frau und seinem Sohn zu sich genommen hatte, mit seinem Handy hatte anrufen wollen – nur um jetzt festzustellen, dass er das Gerät im Regal in der Werkstatt liegen gelassen hatte. Anscheinend hatte er das Werkzeug weggelegt, als er das Handy geholt hatte. Wo hatte er nur seinen Kopf?

So unorganisiert und durcheinander zu sein, passte überhaupt nicht zu ihm. Er machte neuerdings dumme Fehler, und das musste aufhören. Sofort.

Grübelnd ging er zu der offenen Tür des Wohnwagens. „Mach eine Pause und besorg dir eine Bratwurst und einen Kaffee. Ich werde improvisieren.“

Sunshine stand auf, streckte seine stämmige, einen Meter siebzig große Gestalt und setzte sein typisches sonniges Lächeln auf, das seine ohnehin schon rote Gesichtsfarbe noch intensivierte und seine blonden Augenbrauen beinah gebleicht aussehen ließ. „So ’n Angebot kann ich nicht ausschlagen. Bis nachher, Boss.“

Treys Assistant Crew Chief ging zwischen den Wohnwagen und Sattelschleppern hindurch, die die Boxengasse des Dahlia Speedway in einen Campingplatz verwandelten, zu den Verkaufsständen. Die bunten Farben von Hunderten Logos auf den Trucks und T-Shirts, Baseballmützen und Tattoos leuchteten in der Vormittagssonne. Das galt auch für die zähnefletschende Corley-Bulldogge mit ihrem Stachelhalsband auf dem schwarzen Lastwagen von Treys Team.

Die Farben, das geschäftige Treiben, die Auspuffgase, der Zuschauerlärm und das düsenjägerlaute Dröhnen der Motoren – Trey liebte es, wenn eine Dragster-Rennstrecke zum Leben erwachte, und er würde es vermissen, wenn er nicht mehr dabei war.

Wenn Corley Motors früh am Montagmorgen nach den Farron Fuel Spring Nationals an diesem Wochenende abreiste, würde Sunshine Treys Aufgaben als Crew Chief übernehmen, die darin bestanden, zusammen mit Butch Rennstrategien auszutüfteln und die Mechaniker anzuleiten.

Es war nur ein vorübergehendes Arrangement; Trey hatte seiner Mannschaft und seinem Fahrer klar zu verstehen gegeben, dass er zurückkommen würde. Fürs Erste würde er in Dahlia bleiben, der Kleinstadt, in der er die ersten zwanzig Jahre seines Lebens verbracht hatte. Es wurde höchste Zeit, die Unterlagen und persönlichen Dinge durchzusehen, die er in den sechs Monaten seit dem Tod seines Vaters nicht angerührt hatte.

Da er nur selten zu Besuch kam, sah er keinen Grund darin, das Haus zu behalten. Natürlich hingen Erinnerungen daran, aber er war nicht so sentimental, deswegen das Haus nicht zu verkaufen. Er konnte sich auch so jederzeit an seine Kindheit erinnern.

Unglücklicherweise musste er noch sehr viel Arbeit in das Haus stecken, bevor an einen Verkauf zu denken war. Außerdem wusste nur er, welche Dinge weggeworfen werden konnten und welche aufbewahrt werden mussten, bis ein Verkauf oder eine Schenkung unter Dach und Fach war.

All diese neuen Verpflichtungen waren für seine Zerstreutheit verantwortlich. Aber nur zum Teil. Was ihn außerdem beschäftigte, war die Frage, weshalb sein Vater kurz vor seinem Tod auf einen verdienten Bürger der Gemeinde Dahlia losgegangen war und beinah den Sohn dieses Mannes umgebracht hätte, als der ihm zu Hilfe eilen wollte.

Damit er sich um diese Dinge kümmern konnte, blieb Trey nichts anderes übrig, als eine Auszeit zu nehmen. Andernfalls würde er seinen Job als Butch Corleys Tuning-Boss gefährden, und er hatte zu hart gearbeitet, um das zuzulassen. Kein Mechaniker, der noch bei Trost war, würde für jemanden arbeiten wollen, der nicht ganz bei der Sache war, und kein Fahrer würde so jemanden an seinen Rennwagen lassen.

Da er wusste, dass Sunshine einem Plausch ebenso wenig widerstehen konnte wie einem Corndog, blieben Trey ungefähr dreißig freie Minuten. Der Rest der Truppe würde im Lauf des Tages eintrudeln, um sich auf das erste Qualifikationstraining am Freitag vorzubereiten. An diesem Wochenende würde es keine Freizeit geben, da rund um die Uhr gearbeitet wurde, um eine Bad-Dog-Vorstellung abzuliefern, die die Corley-Fans nicht vergessen würden.

Diese kurze Pause war also die letzte, die Trey bis zum späten Sonntagabend haben würde. Sobald Sunshine zurück war, würde jede Hand gebraucht werden und …

„Als ich dich das letzte Mal habe still dastehen sehen, hattest du gerade die Hose heruntergelassen.“

Erschrocken fuhr Trey in der Werkstatt herum.

„Wie schön, dass meine Erinnerung mich nicht täuscht. Du hast tatsächlich einen knackigen Po.“

Er konnte das Gesicht der Frau im Türrahmen nicht richtig erkennen, weil sie die Sonne im Rücken hatte. Trotzdem wusste er genau, wer ihn da musterte. „Cardin Worth. Es ist eine Weile her.“

Sie trug schwarze Turnschuhe, eine Hüftjeans und ein schwarzes T-Shirt mit dem Dahlia-Speedway-Logo. Sofort beschleunigte sich sein Puls, wie immer, sobald sie in seiner Nähe war oder er auch nur an sie dachte.

Und er hatte in den vergangenen sieben Jahren oft an sie gedacht. „Wie geht es dir?“

Sie nahm ihre Sonnenbrille ab und betrat den Anhänger, der als Werkstatt diente. Ihr langer schwarzer Pferdeschwanz wippte, und ihre Wangenknochen waren markanter als in seiner Erinnerung. „Mir geht’s gut, Trey. Und dir?“

„Auch.“ Er beobachtete, wie sie die Sonnenbrille weglegte und den Drehmomentschlüssel nahm, dessentwegen er hergekommen war. Er hatte schon immer gefunden, dass sie die anmutigsten Hände hatte, und er hatte sich schon immer danach gesehnt, sie möge ihn intensiver berühren als an jenem Abend, an dem sie ihn mit heruntergelassener Hose ertappt hatte. „Was machst du schon so früh an einem Rennwochenende hier?“

„Eigentlich suche ich nach meinem Großvater.“ Sie musterte ihn forschend. „Hast du ihn gesehen?“

„Jeb? Nein.“ Trey hatte ganz vergessen, wie blau ihre Augen waren, wie wundervoll ihr Körper. „Geht es ihm gut?“

Ein kleines Grübchen erschien in ihrem Mundwinkel. „So gut wie eh und je.“

„Und du? Wie geht es dir?“

Ihr Lächeln wurde mitleidig, ihr Blick mild. „Das hatten wir schon.“

„Ach ja. Tut mir leid. Ich bin in Gedanken …“

„ … schon beim Rennen?“

Nein, eher bei jenem Abend vor sieben Jahren, an dem die Abschlussfeier der Highschool stattfand und sie Trey mit heruntergelassener Hose ertappt hatte. Jener Abend, als er Cardin in die Enge getrieben und ihrem Atem gelauscht hatte.

Er fragte sich noch immer, wie lange sie dort schon gestanden hatte, warum sie überhaupt stehen geblieben war, statt einfach weiterzugehen, und ob es sie so erregt hatte, wie er vermutete. Er fragte sich außerdem, ob sie, genau wie er, später von dieser Nacht geträumt hatte.

Er räusperte sich und kam auf ihre Frage zurück. „Ja, Farron Fuels ist immer ein wichtiges Rennen für Butch.“

„Für Dahlia auch“, erinnerte sie ihn, und in ihrer Stimme schwang ein gewisser Stolz auf ihre Heimatstadt mit.

Trey wusste, dass ihre Familie genau wie alle anderen, die von den vielen Besuchern des Dragster-Rennens profitierten, die schlechte Nachricht früh genug erfahren würde.

Dank Artie Buell, Sohn des Sheriffs, der sich gestern Abend in einer Kneipe an „Bad Dog“ Butchs Frau, die zusammen mit Sunshines Frau dort gewesen war, herangemacht hatte, war dieses Rennen das letzte für Butch. Er wäre hinter Gittern gelandet statt auf der Rennstrecke, wenn Trey und die anderen ihn nicht davon abgehalten hätten, auf Artie loszugehen.

Butch hatte nichts mehr übrig für eine Stadt, in der ein angeblich rechtschaffener Bürger – noch dazu einer, der mit dem Sheriff verwandt war – ungestraft eine verheiratete Frau belästigen konnte. Deshalb war das diesjährige Rennen das letzte. Corley Motors, eines der größten Dragster-Teams, würde nicht mehr zum Dahlia Speedway zurückkehren.

Und das bedeutete, dass auch Trey nicht mehr zurückkehren würde, sobald er seine Angelegenheiten hier erledigt hatte.

Cardin drehte mit nachdenklicher Miene den Schraubenschlüssel in der Hand. „Es muss seltsam sein, wenn man hier aufgewachsen ist und nie zu Besuch da war. Außer während des Farron Fuels.“

Er wollte ihr erklären, dass es ganz und gar nicht seltsam war, weil Dahlia für ihn nur irgendeine Viertelmeile Asphalt war, über die er seinen Fahrer jagen musste. Aber er schwieg und wartete darauf, dass sie zu dem kam, was sie eigentlich von ihm wollte.

Und das tat sie, indem sie von leichten Sticheleien zu einem Hieb wechselte. „Die alten Freunde fehlen dir bestimmt, oder? Besonders Tater, wo ihr zwei doch unzertrennlich wart.“

Natürlich vermisste er Tater, schließlich waren sie beste Freunde gewesen, noch bevor sie den Namen des anderen buchstabieren konnten. Doch die einzige Person, die Trey wirklich hätte hierhalten können, hatte nie zu ihm gehört – auch wenn sie ihn jetzt ausfindig gemacht hatte und vor ihm stand.

Deshalb schüttelte er den Kopf.

„Wirklich nicht?“

„Nein.“

„Hm.“ Ihr Ton verriet, dass sie ihm nicht glaubte. „Gibt es nichts an Dahlia, das du vermisst?“

„Nein“, log er.

„Oder irgendjemanden?“

„Nein.“ Noch eine Lüge.

„Nicht mal Kim Halton?“

Kim Halton war das Mädchen gewesen, das vor ihm kniete, als er seine Hose heruntergelassen hatte. Das Mädchen, das beendete, was es angefangen hatte, um Trey anschließend mit dem anderen Mädchen zurückzulassen, das alles beobachtet hatte.

„Etwas gibt es.“

„Was?“

„Ich habe dich vermisst.“

„Pfft.“ Sie fuhr sich lässig durch die Haare und verbarg ihr Gesicht hinter ihren Strähnen und ihrer Hand. „Wann haben wir uns schon gesehen?“

Er fragte sich, ob ihre Weigerung, ihm in die Augen zu sehen, verriet, dass ihr cooles Auftreten nur Fassade war. Und dann fragte er sich, wie viel von der Wahrheit sie wirklich hören wollte.

Er riskierte alles. „Du meinst, außer dem einen Mal, als du zugeschaut hast, wie Kim es mir mit dem Mund machte?“

Ihre Wangen röteten sich, doch das war ihre einzige Reaktion, bis sie einmal kurz nickte.

„Ich sah dich in der Schule, in den Sporthallen und auf dem Footballfeld tanzen. Und ich sah dich immer dann, wenn ich auf einen Burger oder ein Bier im Restaurant deiner Eltern war.“

„Das ist lange her, Trey“, meinte sie, konnte ihre Verblüffung jedoch nicht verbergen. „Mindestens …“

„Sieben Jahre“, beendete er den Satz für sie.

„Das hört sich an, als hättest du genau mitgezählt.“

„Habe ich auch.“ Er kannte sogar das exakte Datum, an dem er aus Dahlia weggezogen war und Cardin zum letzten Mal gesehen hatte – außer im Vorbeigehen beim jährlichen Farron Fuels.

„Ich fasse es nicht. Du warst zwei Schulklassen über mir. Wir haben kaum mehr als ein Dutzend Worte gewechselt.“

Worte hatten allerdings nicht das Geringste mit den Empfindungen zu tun, die sie damals in ihm ausgelöst hatte – und noch heute in ihm weckte. „Und?“

„Deshalb gibt es keinen Grund, weshalb du mich vermisst haben könntest.“

„Du meinst keinen, der dir einfällt.“

„Na ja, jetzt bin ich hier“, sagte sie und flirtete offen mit ihm.

Er verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete sie von Kopf bis Fuß. „Das ist nicht zu übersehen.“

Amüsiert fuhr sie sich mit der Zungenspitze über die Lippen. „Du bist viel zu weit weg, um irgendetwas zu erkennen.“

Zwischen ihnen lagen nur wenige Schritte, und Trey näherte sich ihr, sodass sie bis zu einem hüfthohen Spind zurückweichen musste. „Besser?“

„Sag du es mir“, konterte sie.

So provoziert, stützte er sich mit den Händen links und rechts von ihren Hüften auf der Edelstahloberfläche ab. „Nicht viel besser.“

Zögerte sie oder spielte sie mit ihm? Wie auch immer, Treys Verlangen wurde stärker. Und dann legte Cardin ihm die Hände auf die Brust und fuhr mit den Fingern über seine Brustwarzen, die sich unter seinem Hemd abzeichneten. Das war so gut, dass er erschauerte – und noch mehr, als sie das Gesicht in seine Halsbeuge schmiegte.

Er schloss die Augen und atmete ihren Duft ein. Es war ihm klug erschienen, die Hände bei sich zu behalten, doch jetzt konnte er nur noch daran denken, dort weiterzumachen, wo sie vor sieben Jahren aufgehört hatten, weil sie zu jung gewesen waren.

Also umfasste er Cardins Oberarme, streichelte ihre Schultern und ihre Wangen und glitt mit seinen Händen tiefer, vorbei an ihren Brüsten. Was hier geschah, hatte weder Sinn noch Verstand. Seit damals hatte es keinen Kontakt zwischen ihnen gegeben. Sie hatten auch nie darüber geredet, dass sie in jener Nacht beinah miteinander geschlafen hätten. Er hatte keine Ahnung, warum sie hier war, und momentan wollte er sich auch auf nichts anderes konzentrieren, als sie zu spüren.

Cardin schien es ähnlich zu gehen. Sie sah ihm in die Augen, öffnete die Lippen und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen. Um es ihr leichter zu machen, beugte er sich ein wenig herunter, und sogleich neckte sie seine Zunge mit ihrer – verführerisch, sie wollte ihm zeigen, was ihm in all den Jahren entgangen war.

Aber darüber dachte er nicht mehr nach, denn nun lag sie in seinen Armen, und das wollte er genießen. Ihre beinah verzweifelte Leidenschaft überraschte ihn. Sie schob ihre Hände unter sein T-Shirt und fuhr ihm mit den Fingern durch die seidigen Brusthaare, ehe sie erneut seine Brustwarzen liebkoste, was ihn rasend vor Begierde machte.

Bevor er seine Selbstbeherrschung verlor, brach Trey den Kuss ab und spürte das Pochen ihres Herzens. „Cardin, warum bist du hier?“

„Ich weiß es nicht. Es ist so lange her. Ich war mir nicht sicher. Ich brauche …“

„He, Whip! Wo steckst du? Du errätst nie, wen ich mit einem Corndog in jeder Hand gefunden habe.“

Sunshine war zurück, daher blieb Trey nichts anderes übrig, als Cardin loszulassen. „Wir bringen das später zu Ende“, flüsterte er.

„He, Whip!“ „Komme gleich“, rief er und zog sein T-Shirt herunter. „Hast du mich verstanden?“, wandte er sich an Cardin. „Du meinst, dass wir das später zu Ende bringen?“ Sie nickte.

„Und dann wirst du mir verraten, was du brauchst?“

Sie antwortete nicht, sondern küsste ihn ein letztes Mal, ehe sie ihre Sonnenbrille wieder aufsetzte und aus dem Anhänger sprang.

Trey sammelte sich noch einige Sekunden, dann schnappte er sich das Werkzeug und trat in die gleißende Sonne hinaus. Er blinzelte und erkannte draußen ausgerechnet Jeb Worth neben Sunshine. Damit war wenigstens geklärt, dass Cardins Behauptung, sie sei auf der Suche nach ihrem Großvater, nicht unbedingt gelogen war. Ob sie allerdings auf der Suche nach ihm in den Corley-Truck gekommen war, blieb offen.

Trey hatte den Verdacht, dass es um viel mehr ging.

2. KAPITEL

Sonntagnachmittag

Cardin Serenity Worth hatte ihr ganzes Leben in Dahlia, Tennessee, verbracht. Sie hatte der halben Stadt Limonade in Plastikbechern verkauft und Kekse der Pfadfinderinnen sowie Süßigkeiten für wohltätige Zwecke. Sie war Mitglied der Dahlia High School Darlings gewesen und hatte drei Jahre lang in den Halbzeitpausen auf dem Spielfeld das Tanzbein geschwungen. Außerdem hatte sie dem Kaninchenzüchterverein angehört.

Sie hatte im Headlights, dem Restaurant ihrer Familie, gearbeitet, seit sie alt genug war, um Steuern und Sozialversicherungsabgaben zu zahlen, und hatte ihren Lebensunterhalt damit verdient, zu kellnern und Erdnussschalen auf dem Fußboden zusammenzufegen.

Jetzt war sie fünfundzwanzig Jahre alt, ein Mädchen aus der Kleinstadt, das jeder kannte und noch in zwanzig Jahren als Schatten ihres Vaters Eddie, Prinzessin ihrer Mutter Delta und ganzen Stolz ihres Großvaters Jeb kennen würde. Das brachte es mit sich, eine Worth zu sein und damit zu einer Familie zu gehören, die so im Ort verwurzelt war wie der Dahlia Speedway, die Dragster-Rennstrecke, auf der in knapp zwei Wochen das jährliche Moonshine-Rennen stattfinden sollte.

Das Mitternachtsrennen war die einzige Veranstaltung, bei der Jeb nach wie vor einen Wagen starten ließ, den er „White Lightning“ nannte. „Weißer Blitz“, eine Anspielung auf die Jahre der Prohibition, in denen der schwarzgebrannte Schnaps ihres Urgroßvaters Orin drei Gemeinden bei Laune hielt und seine eigene Familie vor dem Armenhaus bewahrte.

An diesem zu Ende gehenden Wochenende aber hatte die Piste den Top-Fuel-Dragsters gehört – langen, schmal gebauten speziellen Rennwagen mit dünnen Vorderrädern, die eine Viertelmeile unter fünf Sekunden fuhren und dabei eine Geschwindigkeit von über vierhundert Kilometern pro Stunde erreichten.

Die Arbeiter der Farron Fuel Spring Nationals hatten bereits die Zelte abgebrochen, und das gesamte Team von Corley Motors aß und feierte nun an zwei Tischen im Headlights, keine fünf Meter von der Stelle entfernt, an der Cardin gerade zerstoßenes Eis in rote Plastikbecher mit Cola und süßem Tee füllte.

Nur war es nicht die Anwesenheit des gesamten Teams, die ein Kribbeln in ihr auslöste und ihr feuchte Handflächen bescherte, sondern nur der Mann, der an der hinteren Ecke des zweiten Tisches saß. Die im Stil eines Werkstattportals gestaltete Wand hinter ihm war wegen der milden Abendbrise aufgeschoben worden.

Es war der Mann, der gerade den letzten der Maiskolben knabberte, die die Gruppe zu ihren Hamburgern, den Chicken Wings und dem Krug Bier bestellt hatte.

Der Mann, dem sie sich vor drei Tagen an den Hals geworfen und den sie wie eine verliebte Frau geküsst hatte.

Trey Davis war der Teamchef von Corley Motors und das Gegenstück zu Cardin: der Junge aus der Kleinstadt Dahlia. Allerdings war er nicht in Dahlia geblieben so wie sie, und obwohl er hier noch ein Haus besaß, kam er nur während der Renntage im Frühling zu Besuch.

Cardin bildete sich ein, dass ihre gemeinsame Herkunft sie miteinander verband. Trey wusste, was es hieß,aus einer Kleinstadt in Tennessee zu stammen, mit Stereotypen behaftet zu sein, sich mit Vorurteilen herumzuärgern, dem Akzent und einer Familie, die einen in den Wahnsinn treiben konnte.

Außerdem war da noch die Sache mit der Schwärmerei während der Highschoolzeit, die über die Schulzeit hinaus angehalten hatte und jedes Jahr im März wieder aufflackerte, wenn das Farron Fuels stattfand und Cardin ihn wiedersah.

Hinterher fühlte sie sich wie ein Opfer ihrer eigenen Schwäche, weil sie wieder einmal Angst gehabt hatte, Trey auf jenen Abend vor sieben Jahren anzusprechen … auf das, was zwischen ihnen vorgefallen war, auf die süßen Dinge, die er ihr ins Ohr geflüstert hatte, und dass sie ihn seither nicht mehr vergessen konnte.

All dieser Dinge wegen und wegen der Verbindung zwischen ihren Familien – Treys Urgroßvater Emmett war der Partner ihres Urgroßvaters Orin im Schwarzbrennereigeschäft gewesen – hatte sie Vertrauen zu ihm und hoffte, seine Instinkte würden ihr dabei helfen, die Familienfehde der Worths zu beenden.

Es war offensichtlich, dass sie das nicht allein schaffen würde. Oft genug hatte sie versucht, die Beziehung ihrer Eltern wieder ins Lot zu bringen, ohne Erfolg. Eddie und Delta waren inzwischen auseinander. Cardin hatte auch versucht, die Kluft zwischen ihrem Vater und ihrem Großvater zu schließen. Die beiden redeten nicht mehr miteinander, weil Jeb ständig von dem Streit anfing, der ihren Vater beinah das Leben gekostet hatte.

Ein Jahr lang hatte sie die Friedensvermittlerin gespielt und ihre Mutter dazu gebracht, Verständnis für die Launen ihres Vaters zu haben. Schließlich hätten sie ihn beinah verloren. Ihn wiederum hatte Cardin davon überzeugt, Geduld zu haben, da die Genesung Zeit brauchte und nicht über Nacht geschehen würde, wie er gehofft hatte.

Überdies hatte sie ihren Großvater dazu gebracht, Eddies Fragen zu beantworten. Er war es schließlich gewesen, der den Kampf beendet und damit verhindert hatte, dass einer der anderen Männer verletzt wurde. Deshalb hatte er ein Recht darauf zu erfahren, warum Aubrey Davis auf Jeb losgegangen war. Seit diesem Krach vor zwölf Monaten, der Eddie ins Krankenhaus gebracht hatte und an dem Treys Vater beteiligt gewesen war, glaubte Cardin, er sei ihr etwas schuldig.

Selbstverständlich ahnte er nichts von ihren Plänen, ihn zu benutzen.

Und sie war sich immer noch nicht ganz sicher, wie sie ihm den … Antrag machen sollte.

Während ihres Besuchs am Donnerstag auf dem Dahlia Speedway hatte sie keine Gelegenheit gehabt, ihm ihre Pläne darzulegen. Sie hatte lediglich ein wenig vorfühlen und herausfinden können, ob das Knistern zwischen ihnen noch da war.

Das war es, und zwar genauso aufregend wie in jener Nacht, als sein muskulöser Körper ihren an die Schlafzimmerwand gedrückt hatte, eine Berührung, die sie nie vergessen würde.

Sie erschauerte und unterdrückte ein Stöhnen. Dies war nicht der richtige Zeitpunkt, um sich an das sanfte Kratzen seiner frischen Bartstoppeln zu erinnern und daran, wie sich seine starke Brust angefühlt hatte.

Richtiger Zeitpunkt oder nicht – ihre Gedanken schweiften unweigerlich in diese Richtung ab, was prompt ihren Puls beschleunigte.

„Cardin?“

„Hm?“

„Du hast ja gar keinen Platz mehr für die Getränke gelassen.“

„Was?“

„Die Getränke. Das Eis.

Cardin!“ Cardin riss sich von Treys Anblick los und wandte sich der tadelnden Stimme zu, die Sandy Larabie gehörte, die genauso lange wie Cardin im Headlights arbeitete. Sie war sechs Jahre älter und hatte schon zwei Scheidungen hinter sich. Außerdem war sie die bissigste der Kellnerinnen und die mit den meisten Trinkgeldern.

Sie deutete mit einem Kopfnicken auf die Becher in Cardins Händen, und nicht ein einziges Haar ihrer aufgedonnerten Frisur geriet dabei in Unordnung. „Konzentrier dich ein bisschen. Der Laden brummt.“

Cardin konzentrierte sich durchaus, nur nicht auf das, wovon Sandy sprach. „Tut mir leid. Ich war … abgelenkt.“

Sandy füllte Eis für eine ihrer Getränkebestellungen in einen Becher und folgte Cardins Blickrichtung. „Wusstest du, dass er hierbleibt, wenn das Team morgen weiterreist?“

Ja, das wusste sie, hatte es sogar früher erfahren als die meisten, da Jeb Neuigkeiten stets als einer der Ersten aufschnappte. Sie war von der Nachricht ebenso überrascht gewesen wie alle anderen auch, doch ihr Wissensvorsprung hatte es ihr ermöglicht, in Ruhe einen Plan auszuhecken.

Zu blöd, dass sie sich schon dazu hatte hinreißen lassen, Trey zu küssen, bevor sie ihm irgendetwas erklären konnte. Doch ihn wiederzusehen, hatte sie derartig aufgewühlt, dass sie keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte.

„Ich weiß“, sagte sie zu Sandy. „Kaum zu glauben, was?“

Sandy ließ zwei Kaugummiblasen platzen. „Tater hat mir erzählt, dass Trey sich ein paar Monate freinimmt, um das Haus seines Vaters zu entrümpeln und zu verkaufen.“ Winston Tate „Tater“ Rawls, Mechaniker in der Autowerkstatt Morgan and Son, war auf der Highschool Treys bester Freund gewesen und derzeit Sandys neuer Freund.

„Ich glaube, Trey hat seit einem Jahr keinen Fuß mehr auf das Grundstück gesetzt. Ich frage mich, wie lange er wohl bleiben wird“, meinte Cardin, um Sandy vielleicht noch mehr Informationen zu entlocken. Je mehr sie wusste, desto überzeugender konnte sie sein, wenn sie mit Trey sprach.

„Tater sagt, Trey wird später in dieser Saison wieder zum Corley-Team stoßen“, meinte Sandy. „Aber da sie nicht mehr auf unsere Rennstrecke zurückkehren werden, sehen wir ihn möglicherweise zum letzten Mal hier.“

Die Bestellglocke ertönte, und Sandy wandte sich ab, während Cardin noch ihre Gedanken ordnete. Sie hatte Gerüchte gehört, dass Corley Motors den Dahlia Speedway von der Veranstaltungsliste gestrichen hatte. Das siegreiche Team war Favorit auf dieser Rennstrecke und ein Publikumsmagnet, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen war, dass der Teamchef aus der Stadt kam.

Aber weil dieser Idiot Artie Buell sich an Butch Corleys Frau herangemacht hatte, war „Bad Dog“ Butch fertig mit Dahlia. Das war auch deshalb schade, weil die Stadt das Geld brauchte, das solche großen Teams hereinbrachten. Große Teams wie das, bei dem der Mann beschäftigt war, den Cardin bitten wollte, für sie den Verlobten zu spielen.

Sowohl ihre Eltern als auch Grandpa Jeb mussten das schreckliche letzte Jahr vergessen und sich wieder wie eine Familie benehmen. Cardins Überlegung war, dass es sie aus ihrem Trübsinn reißen würde, wenn sie ihrer Familie Trey als ihren Verlobten vorstellte. Dann hätten sie etwas Neues, worauf sie sich konzentrieren könnten – nämlich darauf, alles zu versuchen, um diese Verlobung wieder zu lösen.

Schließlich war Trey Aubreys Sohn, und Aubrey war auf Jeb losgegangen und hatte Eddie ins Krankenhaus gebracht. Die Gründe für sein Verhalten hatte er mit ins Grab genommen. Wenn die Vorstellung, Cardin könnte Aubreys Sohn heiraten, ihre Familie nicht davon ablenkte, sich auf ungesunde Weise mit sich selbst zu beschäftigen, würde nichts das schaffen. Dies war ihre letzte, zugegebenermaßen verzweifelte Bemühung.

Aber hinter ihrem Plan steckte noch mehr, denn Trey war auch der Mann, den Cardin seit sieben Jahren nicht vergessen konnte. Sie musste herausfinden, was sie wirklich für ihn empfand.

In der Schule war er zwei Klassen über ihr gewesen, aber in einer Kleinstadt wie Dahlia liefen sich die wenigen Teenager immer wieder über den Weg – bei Schulfeiern und Sportveranstaltungen. Und bei Partys, die Klassenkameraden ohne das Wissen ihrer Eltern gaben.

Wie zum Beispiel Taters Fete nach dem Schulabschluss, auf der Cardin eine Tür geöffnet hatte, die sie für die Toilettentür hielt. Doch sie landete aus Versehen im Elternschlafzimmer, wo sie Trey in die Augen sah. Seine Hose hing ihm um die Knöchel, während Kim Halton mit offenem Mund vor ihm kniete.

Cardin war beschwipst gewesen, Trey dagegen stocknüchtern. Das hatte sie seinem Gesicht angesehen, als das Licht vom Flur ins dunkle Zimmer fiel. Sie sah die Empfindungen darin ebenso klar und deutlich wie einen gewissen Körperteil, und sie war überzeugt, dass Trey sich gewünscht hatte, sie wäre diejenige, die sich darum kümmerte, und nicht Kim Halton.

Heute war Cardin fünfundzwanzig, keine achtzehn mehr, doch noch immer erinnerte sie sich an diesen Blick, mit dem er sie stumm angefleht hatte zu bleiben und ihn so zu begehren, wie er sie begehrte. Und sie wartete und begehrte ihn tatsächlich. Sie hatte beobachtet, wie er kam, und wusste die ganze Zeit, dass er sich dabei ihre Liebkosungen vorstellte, ihre Lippen, ihre Zunge.

Als Kim fertig war, entdeckte sie Cardin und lief mit einem süffisanten Grinsen aus dem Zimmer. Trey zog sich hastig die Hose hoch und fluchte, während Cardin puterrot wurde. Dann drückte er sich an sie, presste sie gegen die Wand und forderte sie auf zu vergessen, was sie gesehen hatte.

Dabei spielte er mit einer Strähne ihres Haars und fragte sie, wie sie es fertigbrachte, mitten in der Nacht nach Sonnenschein zu duften. Er streichelte zärtlich ihren Hals und sagte ihr, ihre Haut sei weicher als Daunen. Sie schwieg und gab, indem sie ihm die Hände auf die Brust legte, einem Verlangen nach, das sie nicht verstand.

Sie spürte seinen Herzschlag, hörte, wie seine Atmung sich beschleunigte. Sie fand keinen klaren Gedanken mehr und konnte nur noch auf ihrer Unterlippe kauen. Mit seinem Daumen hielt er sie davon ab, und selbst diese kleine Berührung ließ sie erschauern.

Dann umfasste sie sein Handgelenk, doch ihre Finger schlossen sich nicht ganz darum. Sie fühlte seine Haut, seine Knochen, seine rauen Härchen dort und wunderte sich, wie menschlich er sich anfühlte. Und so berührte sie mehr, seinen Handrücken, seine Nägel, seine Fingerspitzen, die Einbuchtung zwischen Zeigefinger und Daumen.

Sie berührte sein Gesicht und fand die Unebenheit an seiner Nase, die darauf zurückzuführen war, dass er sie sich einmal beim Football gebrochen hatte, zeichnete mit dem Finger den Schwung seiner Augenbrauen nach, strich sacht über seine dichten Wimpern und seine Grübchen, die beim Lächeln auf seinen Wangen erschienen. Sie fuhr ihm durch die Haare, und er drehte den Kopf, um ihre Handfläche zu küssen, wobei er Cardin in die Augen sah.

Seither war für sie nichts mehr wie vorher.

Jetzt atmete sie tief durch und verdrängte diese Erinnerungen, um mit wackligen Beinen die Drinks zu servieren, für die sie schon viel zu lange gebraucht hatte. Sie nahm die Essensbestellung einer vierköpfigen Familie entgegen und eilte in die Küche, um sie in das System einzugeben, das sie an Eddie und seine Mitarbeiter weiterleitete.

Nachdem sie das erledigt hatte, überprüfte sie in der Damentoilette ihr Gesicht und ihre Haare. Sie musste wissen, ob sie so durcheinander aussah, wie sie sich fühlte, bevor sie zu Trey ging, um ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. Schließlich war er hier, und sie war auch hier. Warum also noch länger warten?

Überraschenderweise sah ihr Spiegelbild nicht zerzaust aus. Sicher, einzelne Strähnen hatten sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst, und ihre Wangen waren verständlicherweise ein wenig gerötet. Aber es sah sexy aus, keineswegs verlegen.

Der Ausschnitt ihres Headlights-T-Shirts ließ ihre Schlüsselbeine frei, und die großen runden Scheinwerfer des aufgedruckten Truck-Kühlergrills hoben ihre Brüste hervor. Das war natürlich albern, doch da es sich um Trey handelte und ihr Plan wichtig war, hatte Cardin keine Skrupel, weibliche Waffen einzusetzen.

Und mit ihren nackten langen Beinen unter dem knappen Jeansrock, ihren großen blauen Augen und der Unterstützung eines Victoria’s-Secret-Push-up-BHs war sie im wahrsten Sinne des Wortes gut gerüstet.

Noch einmal atmete sie tief durch, dann ging sie zurück zur Küche, wo in der Durchreiche die Bestellungen standen. Sie nahm sich einen sauberen Teller, zwängte sich an den beiden Highschool-Kids vorbei, die hier als Tellerwäscher arbeiteten, und wich Albert aus, dem Koch von der zweiten Schicht, der eine Wanne frisch durch den Wolf gedrehten Rindfleischs aus dem Kühlraum schleppte.

Da er die Hände voll hatte, konnte der griesgrämige Veteran ihr keinen Klaps auf den Po geben, sodass sie ihren Vater unbehelligt erreichte. Sie hielt ihm den Teller hin. „Ich brauche ein halbes Dutzend Maiskolben.“

Eddie Worth war erst achtzehn gewesen, als Cardin geboren worden war. Inzwischen getrennt von ihrer Mutter, galt er sämtlichen alleinstehenden Frauen jeden Alters als fette Beute. Mit einem funkelnden Ausdruck in seinen blauen Augen, die er seiner Tochter vererbt hatte, wandte er sich von seinem großen Topf Chili ab. „Die Maiskolben gehen gratis raus, nehme ich an?“

„Ja, die gehen aufs Haus.“

„Für wen diesmal?“

„Du sagst das, als würde ich regelmäßig Gratisessen verteilen.“

„Das tust du ja auch.“ Er schnappte sich eine schwere Zange und langte in einen dampfenden Bottich. „Ich wüsste nur gern, an wen, damit ich mir das Warum denken kann.“

Hm, die Vorstellung, ihr Vater könnte hinter ihre Pläne mit Trey kommen, gefiel ihr gar nicht. „Die sind für die Leute von Corley Motors, weil Butch doch heute gewonnen hat.“

Eddie legte gerade den sechsten Maiskolben auf den Teller, den Cardin ihm hinhielt, und musterte sie mit zusammengezogenen schwarzen Brauen. „Irgendetwas sagt mir, dass die nicht für das ganze Team sind und Butch’ Sieg dir genauso gleichgültig ist wie mir.“

Und Eddie waren die Rennen wirklich egal, seit er nach seinem Unfall Jebs Wagen nicht mehr fahren konnte. Seit ungefähr der gleichen Zeit wollte er mit Corley Motors nichts mehr zu tun haben, da der Teamchef der Sohn des Mannes war, der ihn beinah umgebracht hätte. „Na schön. Die sind für Trey. Zufrieden?“

„Ob ich zufrieden darüber bin, dass du dir Trey ausgeguckt hast?“ Er schüttelte den Kopf. „Kann ich nicht behaupten.“

Cardin seufzte frustriert. Ihr Vater war nachtragender als jeder andere, den sie kannte. Dabei war das dumm, schließlich war es Aubrey Davis gewesen, und nicht Trey, der Eddie ins Krankenhaus gebracht hatte. „Selbst wenn er von mir mehr als nur ein paar Maiskolben bekommen würde, bräuchtest du dir keine Sorgen zu machen.“

Eddie rührte wieder in seinem blubbernden Chili. „Und das soll mich beruhigen?“

„Vergiss nicht all die Dinge, die du mir über Männer beigebracht hast. Außerdem kann ich auf mich selbst aufpassen. Du kannst mir vertrauen.“

Ihr Vater hielt beim Umrühren inne. „Ich vertraue darauf, dass du nicht glaubst, dass er dir nicht das Herz brechen wird.“

„Ach Daddy.“ Cardin schmiegte die Wange an seine Schulter. „Niemand wird mir das Herz brechen. Das werde ich nicht zulassen. Das gilt auch für Trey Davis.“

Eddie klopfte den Kochlöffel am Topfrand ab und zeigte damit auf seine Tochter. „Ich werde dich daran erinnern, wenn du mit Tränen in den Augen zu mir kommst, weil er dir doch das Herz gebrochen hat. Und jetzt verschwinde mit den Maiskolben, bevor sie so sehr abkühlen, dass keine Butter mehr auf ihnen schmilzt.“

Cardin gab Eddie einen Kuss auf die unrasierte Wange, entkam erneut Alberts Händen, wich den Spülwasserpfützen der Tellerwäscher aus und ignorierte Sandys Beschwerde, weil sie sich um Cardins Tische hatte kümmern müssen.

So lange war sie nun auch nicht weg gewesen, und ihr war sehr wohl klar, dass sie sich wieder an die Arbeit machen musste. Aber wenn sie jetzt nicht Treys Aufmerksamkeit bekam, würde sie auf eine neue Chance warten oder sie sogar herbeiführen müssen. Und zu warten, während er in der Stadt war, wäre Zeitverschwendung, da er vermutlich zum letzten Mal hier war.

Auf halbem Weg sah er sie auf sich zukommen. Er hatte sich auf den Ellbogen gestützt, hielt das Bierglas mit der Hand umschlossen und lauschte einem der Männer am Tisch, der eine Geschichte zum Besten gab, als ihre Blicke sich trafen. Der Kontakt war so elektrisierend, dass Cardin auf ihre Schritte achten musste, da sie nichts anderes mehr wahrnahm. Vage registrierte sie, wie die Gespräche an den beiden Tischen verstummten und alle sie ansahen, doch das kümmerte sie nicht. Trey erwartete sie, und in seinen dunklen Augen las sie Neugier und ein weitaus persönlicheres Interesse.

Gut. Das war genau das, was sie wollte. Sie blieb vor ihm stehen und stellte den Teller mit den Maiskolben auf den Tisch. Über ihr an der Wand lief der Fernseher und zeigte Ausschnitte des heutigen Rennens. Als sie Salz, Pfeffer und die weichen Butterbällchen heranzog, streiften ihre Brüste Treys Schulter. Mit pochendem Herzen flüsterte sie ihm ins Ohr: „Ich bin bereit, dir zu sagen, was ich brauche.“

Sie wartete nicht auf eine Erwiderung, sondern ging davon und lächelte über die anerkennenden Pfiffe und das Gejohle hinter ihr.

„Na komm schon, Trey. Was hat sie gesagt?“

„Ja, Mann, lass uns nicht zappeln.“

„Mir könnte dieses Mädchen jederzeit süße Sachen ins Ohr flüstern. Allerdings müsste ich meiner Frau dann erklären, dass es beim Flüstern geblieben ist.“

„Na ja, Sunshine, wenn man dich ansieht und dann die Kleine, hättest du auch Mühe, irgendwen davon zu überzeugen, dass mehr zwischen euch gelaufen ist.“

Trey ignorierte die anerkennenden Pfiffe, die Cardin galten, und die Bemerkungen seiner Freunde, und schaute ihr hinterher, bis sie mit wippendem Pferdeschwanz in der Küche verschwunden war. Dann stand er auf. „Entschuldigt mich, Jungs. Mir ist etwas Unerwartetes dazwischengekommen. Wir sehen uns später.“

„Was könnte das wohl sein?“

„Brauchst du vielleicht Hilfe?“

„Sag ruhig Bescheid. Meine Frau hat Verständnis dafür, wenn ich einem Freund helfe.“

„Ich kenne deine Frau, Sunshine. Die hätte nicht einmal Verständnis dafür, wenn du dir selbst hilfst.“

Trey winkte zum Abschied und bahnte sich seinen Weg zwischen den Tischen und herumtobenden Kids hindurch zur Küche. An der Schwingtür schenkte er der Kellnerin mit der aufgedonnerten Frisur ein Lächeln, als sie ihm erklärte, der Zutritt zur Küche sei untersagt. Cardin war in dem geschäftigen Treiben der Küchenhilfen nirgends zu sehen. Dafür entdeckte er ihren Vater.

„Hallo Whip.“ Eddie Worth war genauso groß wie Trey, ebenso stark, und er besaß sechzehn Jahre mehr Erfahrung. Seinen Augen entging nichts, und ein kluger Mann legte sich lieber nicht mit ihm an.

„Hallo Eddie.“ Trey schüttelte Cardins Vater die Hand und wusste nicht, was er sagen sollte, da der Grund seines Besuchs in der Küche offensichtlich war. „Wie geht es dir?“

„Mir geht’s gut“, antwortete Eddie, während er Treys Hand schüttelte. „Tut mir leid, das mit deinem Dad.“

Obwohl Treys Vater derjenige gewesen war, der dafür gesorgt hatte, dass Eddie ins Krankenhaus musste, klang die Beileidsbekundung aufrichtig. Immerhin waren seit dem Vorfall sechs Monate vergangen. „Danke. Es war nicht leicht, die Beerdigung und all das zu organisieren.“

„Aber jetzt geht es wieder besser?“

Trey nickte. Das war klüger, als zu erklären, was er wirklich brauchte, damit es ihm besser ging.

„Freut mich zu hören.“ Eddie warf sich das Küchenhandtuch über die Schulter und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich habe gehört, du willst euer Haus für den Verkauf vorbereiten.“

„Bei der momentanen Wirtschaftslage könnte es eine Weile dauern. Aber da ich nie hier bin, hat es keinen Sinn, es zu behalten.“

„Tja, ich hoffe, du hast Glück. Ich nehme an, du suchst Cardin?“

„Ja, stimmt.“

„Sie ist draußen.“ Eddie zeigte zur Tür, die auf den Hinterhof führte. „Bringt Müll raus.“

„Danke“, sagte Trey und ging zum Ausgang, wobei er Eddies Blick förmlich im Rücken spürte. Was zwischen ihm und Jeb und Treys Vater vorgefallen war, würde Trey später versuchen aufzuklären. Jetzt hatte er andere Dinge im Sinn.

Draußen fand er Cardin, die einen schwarzen Müllsack aus einer großen grauen Plastiktonne zerrte. Sie bemerkte ihn nicht, und obwohl er den Impuls verspürte, ihr zu helfen, beobachtete er das Spiel ihrer Arm- und Schultermuskeln und wie sie sich ungeduldig die Haare aus dem Gesicht pustete. Dann wischte sie sich mit dem Handrücken die Stirn und entdeckte ihn.

„Wie lange stehst du schon da?“

„Lange genug, um zu sehen, dass du Hilfe gebrauchen kannst.“

„Und du bietest mir keine an? Na, da tut es mir leid, dass ich dir die Maiskolben gebracht habe.“

„Glaub mir, das muss dir nicht leidtun“, erwiderte er und ging langsam auf sie zu.

Ihre Finger schlossen sich fester um den Müllsack, und Trey registrierte das Pulsieren ihrer Halsschlagader.

„Dann halt die Tonne fest, damit ich den Sack herausbekomme und wieder zurück an meine Arbeit kann.“

Er blieb vor ihr stehen, legte die Hände auf den Rand der Tonne und stützte sich darauf, damit sie auf dem Boden blieb. Dadurch kam er nah genug an Cardin heran, um ihren Duft einzuatmen. Er sehnte sich danach, ihr noch viel näher zu sein. „Das ist nicht der Empfang, mit dem ich gerechnet habe.“

„Tut mir leid.“ Sie zerrte den Sack heraus. „Wenn ich von Müll umgeben bin, habe ich nicht die allerbeste Laune.“

Sie kletterte auf eine leere Kiste und warf den Sack in den Müllcontainer. Dann stieg sie wieder herunter und klopfte sich die Hände ab. Die Tonne blieb als eine Art Puffer zwischen ihnen. „Danke.“

Trey räusperte sich und sah in Gedanken noch ihren knappen Rock und die nackten Beine vor sich. „Können wir zu dem kommen, was du brauchst?“

Er hätte die Tonne einfach wegschieben und Cardin an sich ziehen können, doch jetzt war sie am Zug, und deshalb würde er das Spiel vorerst nach ihren Regeln spielen.

Sie reagierte, indem sie seiner Frage auswich. „Warum willst du dein Haus verkaufen?“

„Du hast also auch schon davon gehört, was?“

„Jeder in der Stadt hat davon gehört. Du weißt doch, wie das in Dahlia läuft.“

Das wusste er nur zu gut, und es war einer der Gründe, weshalb er die Brücken hinter sich abbrach. Er hatte die Nase voll davon, dass jeder sich ständig in seine Angelegenheiten mischte. „Dad ist tot, und ich bin die meiste Zeit unterwegs. Ich hielt das für die beste Lösung.“

„Aber dann hast du kein Zuhause mehr.“

„Zuhause ist dort, wo dein Herz ist. So sagt man doch, oder?“

„Brauchst du Hilfe?“

Er runzelte die Stirn. „Was?“

„Ich würde dir gern helfen, beim Packen, Organisieren, Ausmisten.“

So ein Angebot hatte er nun wirklich nicht erwartet, als er ihr hierher gefolgt war. „Hast du mich deshalb neulich aufgesucht? Du bietest mir deine Hilfe bei der Vorbereitung des Hausverkaufs an?“

Erneut gab sie keine direkte Antwort. „Ich habe das Haus deiner Familie gesehen. Das ist viel Arbeit für einen allein.“

Sie hatte recht. Ordnung in seinem Elternhaus zu schaffen, war eigentlich zu viel Arbeit für einen allein, es sei denn, man wollte sich für den Rest seines Lebens mit der Vergangenheit befassen. An sich war das keine schlechte Sache, nur gefiel Trey das Hier und Jetzt viel besser.

Da er Einzelkind gewesen war, hatte er viel Zeit mit Babysittern verbracht. Als er zwölf war, verließ seine Mutter die Familie, und er blieb mit seinem Vater allein. Trey hasste sie dafür, bis er von der Untreue seines Vaters erfuhr. Da kam er zu der Einsicht, dass Hassgefühle völlig unangebracht waren, da beide Eltern sich falsch verhalten hatten.

Allerdings glaubte er keine Sekunde lang, dass Cardin ihn nach draußen gelockt hatte, um mit ihm über seine Zukunftspläne zu sprechen. „Du kannst mir gern helfen, aber vorher muss ich wissen, was hinter deinem Angebot steckt.“

„Was meinst du?“ Sie tat verwirrt.

„Was willst du von mir, Cardin?“, fragte er und stieß die Tonne zur Seite, sodass nur noch das sinnliche, elektrisierende Knistern zwischen ihnen war. „Denn ich kann mir vorstellen, dass es das Gleiche ist, was ich von dir will – ganz egal, welche Botschaft du mir mit dem Mais schicken wolltest.“

Sie hob das Kinn. „Das wirst du herausfinden, wenn du mein Angebot annimmst.“

Trey rang um Geduld und ermahnte sich, dass er sie die Regeln bestimmen lassen wollte. „Was ist mit deiner Arbeit hier? Arbeitest du nicht Vollzeit?“

„Das stimmt, aber das bekomme ich schon hin. Es wird dem Boss nichts ausmachen, sich nach meinen Zeiten zu richten.“

In diesem Fall würde er nicht Nein sagen. „Möchtest du morgen anfangen? Ich wollte mir zuerst die Nebengebäude vornehmen und schauen, was man noch verkaufen kann. Den Rest werde ich verbrennen oder zur Müllhalde fahren.“

„Klar. Ich werde Jeb bitten, mir seinen Pick-up zu leihen. Es macht ihm Spaß, meinen Mini zu fahren.“

Trey versuchte, sich vorzustellen, wie dieser fast einen Meter neunzig große Mann mit den breiten Schultern und dem Bauch hinter das Lenkrad ihres roten Mini Cooper Cabrios passte. „Ich würde glatt Eintritt zahlen, um das zu sehen.“

„Dann werde ich ihm sagen, er soll einen Preis nennen.“

„Sehr witzig. Sagen wir, morgen um acht? Oder brauchst du noch mehr Schönheitsschlaf?“

„Meinst du, ich hätte Schönheitsschlaf nötig?“, konterte sie.

„Vielleicht hattest du schon zu viel davon, und früh aufzustehen, tut dir gut. Sagen wir um sieben?“

„Wenn ich nicht so weit fahren müsste, könnten wir auch um sechs anfangen.“

Er machte einen Schritt auf sie zu. „Wirst du die Nacht dort verbringen?“

„Ich ziehe es in Erwägung“, sagte sie und befeuchtete sich die Lippen. Diese kleine Geste, und wie sie ihn dabei ansah, raubte ihm den Atem.

„Ich war die ganze Zeit an der Rennstrecke, deshalb weiß ich nicht, wie es um die Schlafgelegenheiten bestellt ist. Aber ich habe einen zweiten Schlafsack dabei.“

„Klingt doch gut. Die können wir zusammen ausbreiten oder an den Reißverschlüssen verbinden.“

„Spiel nicht mit mir, Süße.“ Er machte noch einen Schritt und stand so dicht vor ihr, dass sich ihre Schenkel berührten. „Sonst komme ich noch auf die Idee, dass du zu Ende bringen willst, was wir angefangen haben.“

„Haben wir etwas angefangen?“, fragte sie und wich zurück.

Er folgte ihr. Sie blieb stehen. „Cardin? Spielst du mit mir?“

„Jetzt, wo du es erwähnst – da ist etwas, was ich dich schon immer fragen wollte.“

„Nur zu.“

„Es geht um Taters Party.“

„Was ist damit?“ Als wüsste er das nicht.

„Als ich dich damals sah …“ Sie ließ den Satz offen und lehnte sich gegen die Wand.

„Mit Kim?“

Sie nickte. „Was hast du da gedacht?“

Er legte die Hände an die Hüften und gab einen verächtlichen Laut von sich. „Viel gedacht habe ich nicht.“

„Kann ich mir vorstellen. Ich habe mich nur gefragt, ob du in Gedanken bei mir warst, statt bei Kim.“

Was sollte er darauf antworten? Die Wahrheit gestehen? Ihr sagen, dass er Kim kaum noch wahrgenommen hatte? Dass er sich nur noch an Cardins faszinierten Gesichtsausdruck erinnerte? Und natürlich daran, wie fest sich ihre Brüste angefühlt hatten und dass ihre Brustwarzen aufgerichtet gewesen waren?

„Ich denke jetzt an dich. Das ist alles, was zählt.“ Er drängte sich an sie, hob ihre Hände hoch und drückte sie über ihrem Kopf an die Wand. Dann schmiegte er seine Wange an ihre und biss sie zärtlich ins Ohrläppchen. Sie stöhnte leise.

„Deine Bartstoppeln sind weicher, als ich dachte.“

„Ich muss mich rasieren“, gestand er.

„Nein, tu es nicht. Erst nachdem ich Gelegenheit hatte, sie ausgiebiger zu spüren.“

Diesmal war Trey derjenige, der stöhnte. „Meinst du sofort? Oder heute Abend?“

„Ich meine, wann immer du mich willst.“

3. KAPITEL

Wenn Cardin nicht aufpasste, würde es noch zu ihrer Lieblingsbeschäftigung werden, Trey zu küssen. Und sie würde alles andere, wobei sie seine Hilfe brauchte, vergessen. Aber im Augenblick zählte nichts anderes außer diesem Kuss.

Wie der Kuss im Trailer vor ein paar Tagen war auch dieser nicht vollkommen. Das war auch nicht möglich, wenn man fürchten musste, überrascht zu werden, und zudem draußen neben einem Müllcontainer stand.

Sie verstärkte den Druck ihrer Lippen und presste sich an Trey. Sein Mund war warm, seine Hände, mit denen er ihre über ihrem Kopf festhielt, waren stark und besitzergreifend. Es war erregend, seine Gefangene zu sein.

Ihre Zungen fanden sich zu einem erotischen Spiel, das Cardins Verlangen weiter anfachte, während ihre Körper sich sinnlich aneinanderschmiegten. Trey verkörperte alles, wonach eine Frau sich sehnen konnte – und mehr, als die meisten bekommen würden.

Er war ein anständiger und aufrichtiger Kerl. Sie wollte ihn seit der Highschool und stand kurz davor, ihm zu gestehen, dass sie seit damals in ihn verliebt war.

Stattdessen flüsterte sie ihm ins Ohr: „Trey?“

„Hm?“

„Willst du mich heiraten?“

Trey sprang zurück, als hätte Cardin ihm einen Peitschenhieb versetzt. Das war nicht gerade die Reaktion, auf die sie gehofft hatte, aber sie hatte schließlich auch noch keine Gelegenheit gehabt, ihm die Sache zu erklären.

„Ich habe mich nicht richtig ausgedrückt“, sagte sie.

„Das hoffe ich doch sehr.“ Er musterte sie misstrauisch. „Heiraten ist das Letzte, was ich will.“

„Geht mir genauso“, beeilte sie sich, ihm zu versichern, obwohl sie seine Reaktion ein bisschen übertrieben fand.

„Na ja, immerhin hast du mir gerade einen Heiratsantrag gemacht“, erinnerte er sie.

„Ja, stimmt, das habe ich.“ Sie hob die Hand und überlegte fieberhaft, was sie tun konnte, um die Sache nicht noch mehr zu vermasseln. „Noch mal von vorn. Trey, was hältst du davon, meinen Verlobten zu spielen, solange du hier bist? Keine feste Beziehung, kein böses Blut, wenn du gehst.“

Er starrte sie fassungslos an. „Möchtest du mir vielleicht erklären, worum es geht und was dir vorschwebt? Angesichts der Fehde zwischen unseren Familien wird niemand glauben, dass wir verlobt sind.“

Die jüngste Geschichte ihrer Familien war die Ursache ebenso vieler seiner Probleme wie ihrer, und ihre Rollen waren mit denen Romeos und Julias vergleichbar. Nur dass Cardins Familie dabei war, endgültig auseinanderzubrechen. „Ich könnte mit meiner Erklärung bei der Schwarzbrennerei unserer Urgroßväter beginnen, aber im Grunde hat es mit dem Streit zwischen deinem und meinem Vater zu tun.“

Treys Miene verfinsterte sich. „Bei dem Eddie im Krankenhaus gelandet ist?“

„Genau“, sagte Cardin. „Mit gebrochener Hüfte, gebrochenem Bein, von Nägeln zusammengehalten.“

„Er hat selbst gesagt, dass es ein Unfall war“, verteidigte er sich.

„Soll ich dir was sagen? Das ist mir egal. Ich weiß nur, dass meine Familie danach durchdrehte. Keiner redet mehr mit dem anderen, nur über die Arbeit und auch das nur während der Arbeit.“ Sie drückte ihre Handballen auf die Augen, in der Hoffnung, die beginnenden stressbedingten Kopfschmerzen zu lindern. Es funktionierte nicht, deshalb fuhr sie mit hämmernden Schläfen fort: „Seitdem ist es im Headlights, als würde man auf rohen Eiern laufen. Ich halte das nicht mehr aus. Wenn sich die Atmosphäre nicht bald wieder normalisiert, verschwinde ich von hier, sonst verliere ich nämlich noch den Verstand.“

„Weil mein Vaterin die Geschichte verwickelt war, soll ich dir helfen, den Streit innerhalb deiner Familie zu beenden?“

„Erraten.“ Sie boxte ihn gegen die Schulter.

Trey rieb sich nachdenklich die Stelle. „Wie lange brauchst du, um mir deinen Plan zu erläutern? Ich muss zurück auf die Rennstrecke und den Lastwagen beladen. Das Team bricht im Morgengrauen auf.“ Wow. Er hatte nicht Nein gesagt. Die erste Hürde war genommen. „Dafür brauche ich mehr Zeit, als wir beide jetzt haben.“

„Dann sehen wir uns heute Abend bei mir? Oder diente dein Angebot, mir zu helfen, nur als Köder, um mich für diese vorgetäuschte Verlobung zu gewinnen?“

„Wann soll ich da sein?“

Er zückte seinen Black Berry. „Es ist schon sechs. Vor zehn werde ich nicht dort sein.“

„Dann komme ich gegen zehn. Mit Jebs Pick-up, falls er ihn mir leiht.“ Sie wartete darauf, dass er noch etwas zu den Schlafmöglichkeiten, den fehlenden Matratzen oder seiner Campingausrüstung sagte, doch er schwieg. Das Funkeln in seinen Augen allerdings verriet, wie sehr er sie begehrte. Sie rechnete damit, dass er sie erneut küssen und vielleicht sogar die Hand unter ihren knappen Rock schieben würde.

Er tat weder das eine noch das andere, sondern löste sich von ihr und winkte kurz zum Abschied. Wie verwegen er dabei lächelte! Sogleich verspürte sie ein herrliches Kribbeln in ihrem Bauch.

An die Mauer des Lokals gelehnt, schaute sie ihm hinterher und fragte sich, ob sie sich womöglich ein wenig überschätzt hatte und ob sie nach diesem Abenteuer noch die sein würde, die sie jetzt war.

Trey hatte das Gefühl, nie mehr von der Rennstrecke wegzukommen. Die Verkaufsstände hatten zwar zusammengepackt, genau wie Corley Motors und die anderen Teams, trotzdem herrschte noch viel Betrieb.

Rauch stieg von Holzkohlefeuern auf, über denen Leute Bratwürste und Hamburger grillten, und hier und dort waren Gitarren, Geigen und Akkordeons zu hören. Der Montagmorgen würde für etliche der Feiernden schwer werden.

Trey war der Montagmorgen ziemlich egal, er wartete darauf, dass es zehn wurde, denn dann würde er endlich mit Cardin allein sein. Er dachte daran, dass er auch deswegen hierbleiben wollte, um dem Streit zwischen seinem Vater und Jeb auf den Grund zu gehen, und weil Cardin ihm gestanden hatte, seit dieser Sache sei ihre Familie zerstritten. Trey konnte nicht behaupten, dass der Vorfall sein Leben nicht auch verändert hatte.

Vor einem Jahr hatte dieser Streit ihn zurück nach Dahlia gebracht. Als er eine Woche später wieder wegfuhr, gehörte ihm das Haus seiner Eltern, weil er die enormen Spielschulden seines Vaters ausgelöst hatte. Trey hatte nichts von den Schulden gewusst, die Aubrey angehäuft hatte, seit sein Sohn für Corley Motors arbeitete. Er erfuhr es erst durch den Anruf des Sheriffs, der ihm mitteilte, Aubrey sitze wegen Körperverletzung im Gefängnis. Als Trey mit Tater sprach, der mit Aubrey zusammen bei Morgan and Son arbeitete, hörte er die Geschichte aus dem Mund seines besten Freundes.

Anschließend fuhr Trey zum Haus seiner Eltern und schloss eine Abmachung mit seinem Vater: Aubrey würde ihm das Haus, die Scheune und fünf Hektar Land überlassen, und Trey beglich im Gegenzug Aubreys Spielschulden. Dafür musste Aubrey Dahlia verlassen und sich in einer Stadt ohne Rennstrecke Arbeit suchen.

Natürlich hätte sein Vater nach Las Vegas gehen oder online spielen können. Man konnte überall Buchmacher finden. Doch Aubrey schien gebrochen zu sein und versprach alles, was Trey von ihm verlangte. Er dankte seinem Sohn für das Vertrauen und die Hilfe in der Not.

Das alles war vor fast einem Jahr gewesen, und Trey fragte sich inzwischen, ob es zu Aubreys Niedergang und Tod beigetragen hatte, dass er alles verloren hatte und gezwungen gewesen war, in eine andere Stadt zu ziehen. Oder ob sein Herz schon seit Jahren geschädigt und seine Zeit einfach abgelaufen gewesen war.

Trey schüttelte diese Gedanken ab, schloss die Ladefläche seines Pick-ups auf und durchsuchte seine Sachen. Da er Werkzeug, Baumaterialien, Benzin und Lebensmittel in der Stadt bekam, hatte er lediglich seinen Laptop, seine Campingausrüstung, seine Kleidung und das Allernotwendigste mitgenommen.

Das Haus war seit einem Jahr unbewohnt, und obwohl er Beau Stillwell beauftragt hatte, sich darum zu kümmern, wusste er nicht, in welchem Zustand er es vorfinden würde. Das spielte auch keine Rolle, Trey wollte trotzdem dort wohnen, und wenn er dazu campieren musste, würde er das tun.

„Sieht aus, als wolltest du Urlaub machen.“

Trey entdeckte Jeb, der in einigen Metern Entfernung im Schatten des Corley-Motor-Lastwagens stand. „Ich brauche mal ein bisschen Abwechslung und muss etwas anderes tun. Allerdings wird es kein Erholungsurlaub.“

„Du musst nicht in deinem Haus übernachten.“ Mit seinem Cowboyhut, dem gebügelten weißen Hemd, das ordentlich in die Khakihose gesteckt war, und den Stiefeln sah Jeb aus wie ein Sheriff. „Du bist bei uns herzlich willkommen. Wir haben Platz genug.“

Trey wollte mit der Enkelin dieses Mannes schlafen, deshalb konnte er unter gar keinen Umständen in dessen Haus übernachten. „Es ist praktischer, wenn ich dort bleibe, dann muss ich nicht ständig hin- und herfahren.“

Jeb nickte. „Weißt du schon, wie lange du in Dahlia bleiben wirst?“

„Bis ich das Haus so weit renoviert habe, dass ich es verkaufen kann. Da ich den Großteil der Arbeit selbst machen werde …“ Trey hielt inne, denn er fragte sich, wie Cardins Großvater reagieren würde, wenn er von ihrem Hilfsangebot erfuhr. Trey fragte sich außerdem, ob der alte Mann einen Groll gegen ihn hegte wegen der handfesten Auseinandersetzung, die sein Vater angezettelt hatte und bei der Jebs Sohn ernsthaft verletzt worden war. „Tja, es wird eben so lange dauern, bis es fertig ist. Hängt davon ab, wie schnell ich arbeite.“

„Dann wirst du also ein paar Wochen hier sein.“

„Ja, so schnell bin ich nicht“, antwortete Trey und hoffte, dass er Cardins Absicht richtig gedeutet hatte und er etliche Stunden anderweitig beschäftigt sein würde.

Jeb sah zum Sattelschlepper, wo Sunshine das Vordach abmontierte, unter dem die Mechaniker zwischen den einzelnen Durchgängen am Rennwagen arbeiteten. „Ich habe einen 69er Chevy Nova mit einer Eagle 4340 Nitrated-Pro-Kurbelwelle und noch mehr feinen Sachen hinten in meiner Garage stehen.“

„Ach ja?“

„Ja. Eddie fuhr ihn für mich beim Moonshine-Rennen. Aber es sieht nicht danach aus, als könnte er das je wieder.“

War Jeb doch gekommen, um Trey vorzuhalten, was Aubrey getan hatte und weshalb Eddie jetzt keine Rennen mehr fahren konnte?

„Der Wagen hat in den letzten sieben Jahren sechs Mal gewonnen. Es wäre eine Schande, wenn er diesmal nicht an den Start ginge.“

Trey kannte die dem Moonshine-Rennen zugrunde liegende Legende. Sein Urgroßvater Emmett Davis war einer der Schwarzbrenner gewesen, die die Aufmerksamkeit des Gangsters Diamond Dutch Boyle auf sich zogen. Jebs Vater, Orin Worth, war Emmetts Partner gewesen, und Boyle hatte versucht, ihr Geschäft kaputtzumachen, weil sie seine Konkurrenten waren.

Die ganze Stadt wusste, dass Jeb mit vierzehn den 32er Plymouth des Gangsters in der La Brecque-Schlucht gefunden hatte. Der Wagen lag schon vor seiner Geburt dort, er war während einer wilden nächtlichen Verfolgungsjagd hineingestürzt, und seitdem kursierte das Gerücht, zusammen mit dem Wagen und Dutch Boyle sei ein Vermögen in Diamanten verschwunden.

Als Jeb die Geschichte vom Verschwinden des Gangsters hörte, schwor er, dass er den Wagen finden würde. Und das gelang ihm. Zum Beweis brachte er die beiden Scheinwerfer vom Grund der Schlucht mit hinauf. Heute hingen sie über dem Eingang des Headlights, und die Inschrift zwischen ihnen lautete: „Falsch abzubiegen kann den Untergang bedeuten.“

Trey hatte sich immer gefragt, ob die Inschrift für Jeb eine besondere Bedeutung hatte.

„Ich wollte dich neulich morgens in der Boxengasse schon fragen, kam aber nicht dazu.“

Trey runzelte die Stirn. Hatte er etwas verpasst? „Was wolltest du mich fragen?“

„Ob du White Lightning im Moonshine-Rennen fahren willst.“ Jeb schob seinen Hut in den Nacken.

Aha, darum ging es also. „Ich weiß nicht. Ich bin kein Fahrer.“

„Du kannst fahren und kennst dich mit Rennwagen aus.“

„Warum fragst du nicht Tater?“

„Weil ich dich will.“

Auf der anderen Seite des Sattelschleppers war lautes Scheppern zu hören, gefolgt von Sunshines Stimme, der jemanden anbrüllte, gefälligst besser aufzupassen. „Ich kenne deinen Wagen nicht. Ich müsste ihn mir erst ansehen und fahren.“

„Dann machst du es also?“

Trey lachte. „Das habe ich nicht gesagt. Aber ich werde darüber nachdenken.“

„Na schön. Und lass dich ruhig mal blicken, solange du hier bist. Wann immer du im Headlights essen willst, geht es aufs Haus.“

„Danke. Darauf komme ich bestimmt zurück.“

„Gute Vorstellung heute übrigens. Ich hätte nicht gedacht, dass Bad Dog auf dieser Strecke drei-zwanzig unterbietet.“

„Nachdem ich so viel Arbeit in den Motor gesteckt habe, hatte ich auf ein besseres Ergebnis gehofft“, erwiderte Trey und überlegte, dass er für alle Fälle noch seine feuerfeste Rennmontur aus dem Lastwagen holen sollte.

„Ich wusste, dass du der richtige Mann für den Job bist“, sagte Jeb und klopfte Trey auf die Schulter, ehe er davonging. Trey fragte sich, ob Cardins Großvater mehr von ihm wollte als seine Fähigkeiten als Mechaniker – und wenn ja, was das sein könnte.

Für Delta Worth gab es keine langweiligere Arbeit als Buchführung, daher war sie beinah dankbar, als es an der Tür klopfte. „Herein.“

Ah, Eddie, der letzte Mensch, den sie sehen wollte. Er warf sein Geschirrhandtuch über die Schulter, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich an den Türrahmen. Der Lärm aus dem Restaurant drang bis in das kleine Büro, doch Eddie zu bitten, die Tür zu schließen, würde bedeuten, dass er sich bewegen musste.

Und es stimmte nicht, dass er der letzte Mensch war, den sie sehen wollte.

Der Anblick seiner hellblauen Augen, seiner zu langen schwarzen Haare und der sexy Bartstoppeln löste ein Kribbeln in ihr aus, das fast so stark war wie damals, als er sie auf der Rennstrecke angesprochen und Eis von ihrem Daumen geleckt hatte.

Delta verachtete sich dafür, dass sie noch immer etwas für ihn empfand.

„Warum bist du hier?“, wollte er wissen. „Es ist Sonntag, dein freier Tag.“

Er musste sie nicht daran erinnern, dass sie kein Privatleben mehr hatte, seit sie ihn verlassen hatte. „Ich wollte bis morgen noch ein paar Sachen erledigen.“

„Was ist denn morgen?“

„Morgen ist Montag“, antwortete sie leicht ironisch. „Montage sind immer der Wahnsinn, das weißt du.“

„Ja“, sagte er, stieß sich vom Türrahmen ab und schloss die Tür. Der Lärm von draußen verstummte, das Büro wurde zu einem Kokon. „Ich weiß auch, dass du in letzter Zeit zu viele Wochenenden hier verbringst. Was ist los?“

Er nahm sich die einzige zusätzliche Sitzgelegenheit, einen Wartezimmerstuhl aus Plastik, und setzte sich rittlings darauf.

„Habe ich richtig gehört? Du stellst eine Angestellte zur Rede, weil sie Überstunden macht?“, meinte sie spöttisch.

„Du bist keine Angestellte“, konterte er. „Du gehörst zur Familie.“

Sie war nur dem Namen nach eine Worth, eine, die ausgezogen war und ihren Mann verlassen hatte, weil sie sein Schweigen – und seinen Zorn – nicht mehr ertragen konnte.

„Möchtest du etwas Bestimmtes, Eddie?“

„Ehrlich gesagt, ja. Es geht um Cardin. Sie ist hinten beim Müllcontainer.“

„Und?“

„Mit Whip Davis.“

Aha, allmählich wurde Delta klar, warum Eddie hier war. Er wollte auf keinen Fall, dass ihre Tochter mit einem Davis zusammenkam. Delta war auch nicht gerade begeistert von der Neuigkeit, denn sie wünschte sich ein besseres Leben für Cardin, als ständig mit Trey unterwegs zu sein.

„Wenn du dir Sorgen machst, warum bist du dann nicht da unten und spielst die Anstandsdame?“

„Weil Cardin fünfundzwanzig ist und Whip siebenundzwanzig und ich mich noch genau daran erinnere, wie ich in dem Alter war.“

Er meinte wohl eher, dass er sich noch sehr genau daran erinnerte, wie er mit siebzehn gewesen war, als er noch zur Highschool ging, bevor er mit achtzehn Ehemann und Vater wurde. „Machst du dir mehr Sorgen, weil sie ungestört sind oder weil es für dich peinlich sein könnte, deine Tochter in flagranti zu erwischen?“

„Beim Müllcontainer, am helllichten Tag?“ Eddie winkte ab. „Ich hoffe doch, dass wir ihr mehr Vernunft beigebracht haben.“

„Es spielt doch gar keine Rolle, was wir ihr beigebracht haben. Wenn Kinder auf ihre Eltern hören würden, gäbe es Cardin nicht. Oder erinnerst du dich vielleicht doch nicht mehr ganz so gut daran, wie du in jungen Jahren warst?“

„Keine Sorge“, erwiderte er mit funkelnden Augen, „ich habe das Gedächtnis eines Elefanten.“

In diesem Moment trat Cardin ins Büro. „Mom, ich muss meine Arbeitszeiten ändern …“ Sie verstummte, als sie ihren Vater entdeckte. „Dad, was machst du denn hier?“

„Er macht sich Sorgen wegen der Gesellschaft, mit der du dich umgibst“, antwortete Delta, bevor Eddie etwas sagen konnte.

Cardin warf ihrem Vater einen finsteren Blick zu. „Wen meinst du damit? Etwa Trey? Soll das ein Witz sein? Warum solltest du dir Sorgen machen, wenn ich mich mit Trey unterhalte?“

„Ich mache mir Sorgen, dass ihr euch nicht nur unterhaltet“, gestand er.

Cardin verdrehte die Augen. „Kommt jetzt noch mehr von diesem Mist über gebrochene Herzen?“

Delta horchte auf. „Welcher Mist über gebrochene Herzen?“

„Ach, er hat mir vorhin erklärt, dass er nicht will, dass Trey mir das Herz bricht“, wandte Cardin sich an ihre Mutter. „Ich habe ihm gesagt, dass das nicht passieren wird.“

Oh, man müsste noch einmal jung und naiv sein, dachte Delta, wählte ihre Worte aber mit Bedacht. „Damit er dir das Herz brechen kann, müsste etwas zwischen euch sein.“

Darauf antwortete Cardin zwar nicht, dafür errötete sie verräterisch.

„Ist da etwas zwischen euch?“, hakte Delta erbarmungslos nach.

„Ich will nicht über Trey sprechen“, sagte Cardin, „sondern über meine Arbeitszeiten.“

„Was ist damit?“

„Ich möchte in den nächsten Monaten nur die halbe Stundenzahl arbeiten.“

„Du meinst, bis Trey wieder fort ist“, bemerkte Eddie und stand auf.

Cardin warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Allerdings, solange Trey, von dem ich mir nicht das Herz brechen lassen werde, hier ist. Zufrieden?“

Eddie verzichtete auf eine weitere Auseinandersetzung und verließ einfach das Büro, wobei er die Tür hinter sich zuknallte, die gleich wieder aufsprang.

„Offenbar nicht“, beantwortete Cardin sich ihre Frage.

Delta fühlte sich wieder einmal wie auf einem Kriegsschauplatz mit zu vielen Schlachten, bei denen sie sich nicht entscheiden konnte, auf welcher Seite sie sein sollte.

Sie nahm einen Ordner mit den Arbeitsplänen aus der Schublade. „Wenn du nur noch Vier-Stunden-Schichten arbeiten willst, musst du den Abendbetrieb zusammen mit Megan, Holly und Taylor übernehmen. Sandy werde ich mittags und abends einsetzen.“

Cardin verzog das Gesicht. „Darüber wird sie nicht begeistert sein.“

„Und du wirst ihr die schlechte Nachricht überbringen müssen.“

„Macht nichts.“ Cardin tat, als wäre das nicht weiter schlimm. „Irgendwann wird sie auch mal mein Entgegenkommen brauchen.“

„Hoffentlich vergisst du dies bis dahin nicht.“ Delta trug die Änderungen ein, klappte den Ordner zu und legte ihn zurück in die Schublade.

„Bist du wütend auf mich?“

„Warum sollte ich?“, fragte Delta zurück. „Arbeitszeiten ändern sich häufig.“

„Ich meine nicht die Arbeitszeiten.“ Cardin setzte sich auf den Stuhl, den Eddie geräumt hatte. „Ich meinte den Grund für die Änderungen.“

„Du willst wissen, ob ich wütend bin, weil du ein Auge auf Trey geworfen hast?“ „Ich habe nicht gesagt, dass ich ein Auge auf ihn geworfen habe …“

Delta hob die Hand. „Trey ist ein guter Kerl, einer der besten, die mit dir zusammen aufgewachsen sind. Ihm oder Tater würden alle Eltern ihre Tochter gern anvertrauen.“

„Trotzdem bist du genauso unglücklich wie Dad.“

„Das hat aber weniger mit Trey zu tun“, sagte Delta.

„Womit dann? Was bedrückt dich?“

Da war so vieles, das sie lieber gar nicht erst anfangen wollte aufzuzählen. „Ich möchte, dass du ein richtiges Zuhause hast und mich eines Tages zur Großmutter machst, falls es in deine Pläne passt.“

Cardin legte den Kopf in den Nacken. „Du lieber Himmel, Mom …“

„Ich bin noch nicht fertig. Ich will nicht mitten in der Nacht einen Anruf bekommen und erfahren, dass du zwischen zwei Rennen irgendwo an der Straße anhalten musstest, um dein Baby zur Welt zu bringen. Du bist die Liebe meines Lebens, und ich will für dich etwas Besseres.“

„Du meinst, du willst, dass ich hierbleibe und den Rest meines Lebens in Dahlia verbringe.“

„Das habe ich nicht gesagt.“ Sie würden diese Diskussion verschieben müssen auf einen Zeitpunkt, an dem die Emotionen weniger hochkochten. Delta wollte nicht, dass sie etwas sagte, was sie später nicht mehr zurücknehmen konnte. „Wenn du darüber nachdenkst, wird es dir klar werden. Wie dem auch sei, wir sollten dem Beispiel deines Vaters folgen und uns wieder an die Arbeit machen.“

So ungern Delta es auch zugab, sie war erleichtert, nachdem ihr einziges Kind wieder gegangen war und die Tür hinter sich zugemacht hatte.

4. KAPITEL

Als Cardin die Scheinwerfer von Treys Pick-up am Anfang der langen, von Bäumen gesäumten Einfahrt auf und ab hüpfen sah, beruhigte sie sich ein wenig. Sie konnte es nicht fassen, wie es mit diesem Tag, der beinah perfekt begonnen hatte, so schnell bergab gegangen war.

In letzter Zeit war nicht viel nötig, um einen Familienstreit auszulösen, und das machte sie jedes Mal genauso fertig wie eine Acht-Stunden-Schicht – was einer der Gründe dafür war, dass sie heute früher Feierabend gemacht hatte.

Nach dem Gespräch mit ihren Eltern war sie nicht mehr in der Stimmung gewesen zu arbeiten. Trotzdem war sie geblieben, bis Sandy ihr gesagt hatte, sie solle endlich verschwinden und aufhören, sich wie eine Prinzessin zu benehmen, die vom Pony gefallen ist und ihren Froschprinzen zermatscht hat.

Jetzt saß sie hier auf Treys Veranda und musste sich eingestehen, dass sie sich tatsächlich ein wenig zickig verhalten hatte. Morgen würde sie wieder ganz die Alte sein, doch bis dahin wollte sie sich auf Trey konzentrieren.

Im hellen Mondlicht sah sie, wie er seinen Pick-up abstellte und ausstieg. Cardin fragte sich, ob er sich wohl freute, dass sie schon da war, und ob er vielleicht auch ein bisschen aufgeregt war. Oder würde er es ihr übel nehmen, dass sie einfach hier eingedrungen war? Sie hatte sich seine beiden Schlafsäcke schon in allen möglichen Kombinationen vorgestellt … übereinander gelegt, an den Reißverschlüssen verbunden, Seite an Seite ausgerollt.

Aber als er auf sie zukam, hatte er überhaupt keinen Schlafsack dabei. Sie beobachtete, wie er sich mit selbstsicheren Schritten näherte. Ihre Gefühle für ihn machten ihr Angst, doch fliehen konnte sie schon aus dem Grund nicht mehr, weil er sich zwischen ihre Beine stellte.

„Du siehst gut aus im Mondlicht“, war alles, was er sagte, während er ihr die Haare aus dem Gesicht strich.

Sie hatte sie nach dem Duschen nicht mehr zurückgebunden, zur Abwechslung, wie sie sich einredete. Aber in Wahrheit hatte sie es für Trey getan.

„Ist das dein Spruch, um jemanden abzuschleppen?“, fragte sie und spürte, wie ihre Brustwarzen sich aufrichteten.

„Wozu brauche ich einen solchen Spruch, wenn du schon hier bist?“

Er war viel zu selbstbewusst und dreist. Das gefiel ihr zwar, aber so leicht war sie nun auch nicht zu haben. „Du solltest nicht mehr daraus machen, als es ist. Ich bin nur deswegen schon hier, weil du zehn gesagt hast.“

„Es ist erst Viertel vor.“

„Nenn mich überpünktlich.“

„Ich würde dich lieber küssen“, sagte er und fuhr ihr am Nacken durch die Haare.

Bereitwillig öffnete sie die Lippen und ging sofort auf das Spiel seiner Zunge ein. Trey gab einen sehnsüchtigen Laut von sich, und Cardin berührte seine athletische Brust. Dabei erinnerte sie sich daran, wie er sich damals auf der Party, vor so langer Zeit, angefühlt hatte.

Nach einer köstlichen kurzen Weile löste er seine Lippen von ihren, um ihren Hals mit einer Reihe heißer kleiner Küsse zu bedecken und anschließend das Gesicht zwischen ihre Brüste zu schmiegen, ehe er ihr T-Shirt hochschob und ihren Bauch küsste. Glücklich und voller Lust schloss sie die Augen und sank mit ausgebreiteten Armen rückwärts auf die Veranda. Was er mit ihr tat, war pure Magie, deshalb wollte sie auf keinen Fall den Zauber brechen.

Seine Finger, seine Lippen und seine Zunge waren wie Flammen auf ihrer Haut, die ein Feuer der Begierde in ihr entfachten. Sie sehnte sich danach, nackt in seinen Armen zu liegen, um all das, was er mit ihr machte, noch intensiver spüren zu können.

Trey schien genau zu spüren, was in Cardin vorging und was sie wollte. Er liebkoste mit seinen warmen Lippen ihren Bauchnabel und kitzelte sie dabei mit seiner Zungenspitze. Cardin erschauerte und spreizte die Finger, als wollte sie sich an den harten Holzplanken unter ihr festkrallen.

Inzwischen spielte Trey mit den Knöpfen ihrer Jeans und schob die Hand unter den Bund, bis seine Finger ihren Slip erreichten. Als er den ersten Knopf öffnete, schlug sie die Augen auf. Beim zweiten Knopf spürte sie die Nachtluft auf ihrem Bauch. Als er beim dritten Knopf angelangt war, riss sie sich zusammen und setzte sich auf.

„Stop.“

Verwirrt sah er sie an. „Gut.“

„Was machen wir hier, Trey?“

„Wir beenden das, was wir angefangen haben“, antwortete er, während er aufstand.

Sie winkelte die Beine im Schneidersitz an. Die obersten beiden Knöpfe ihrer Jeans blieben offen, und es kam ihr so vor, als könnte sie noch immer seine Berührung dort spüren, wo der Stoff auseinanderklaffte. „Vielleicht sollten wir erst einmal über meinen Antrag sprechen.“

„Du willst reden?“

Das Mondlicht reichte aus, um seinen spöttischen Gesichtsausdruck erkennen zu können. „Ich meinte kein müßiges Geplauder. Aber wir waren uns einig, dass ich dir heute Abend alles erkläre.“

Einige Sekunden lang sagte er gar nichts, sondern betrachtete sie nur schweigend, während seine Atmung sich wieder beruhigte und er ihr die Gelegenheit gab, ihre Gefühle unter Kontrolle zu bringen.

Endlich bewegte er sich und rieb sich mit beiden Händen das Gesicht. „Ich hole nur rasch meine Sachen. Es sei denn, du hast deine Meinung geändert, was das Übernachten angeht.“

Das hatte sie nicht, aber er musste nicht hier übernachten, wenn er sich den Erinnerungen, die er mit seinem Zuhause verband, in dieser Nacht nicht stellen wollte. „Wenn du nicht hierbleiben möchtest, kannst du ein Gästezimmer bei uns bekommen. Wir könnten dort schlafen und morgen wieder hierherfahren.“

Er lachte kurz auf, es klang bitter. „Klar, es gefällt Eddie bestimmt gut, den Sohn des Mannes, der ihn beinah umgebracht hätte, unter seinem Dach zu beherbergen.“

Die Unterhaltung über ihre Väter wollte Cardin jedoch erst führen, wenn eine Menge anderer Dinge geklärt war. Sie stand auf und klopfte sich den Hosenboden ab. „Ich hole meinen Rucksack.“

„Das erledige ich“, verkündete er und ging davon.

Sie folgte ihm. „Ich kann ihn selbst holen. Du musst ja deine Sachen auch noch holen.“

„Falls das deine Art ist, mich zu fragen, ob ich beide Schlafsäcke mitgebracht habe …“

„Ich wollte dir nur meine Hilfe anbieten.“

„Wenn du es sagst.“ Er öffnete die Heckklappe seines Pickups und nahm eine Kiste mit Vorräten heraus.

Cardin legte ihm die Hand auf den Arm, damit Trey sie ansah. „Wenn du mich hier nicht haben willst, sag es. Dann verschwinde ich wieder.“

„Und dann?“ Er wirkte im Dunkeln fast ein wenig bedrohlich. „Suchst du dir dann jemand anderen, der für dich den Verlobten spielt?“

„Nein, ich werde mir etwas anderes einfallen lassen.“

„Warum probierst du es nicht mit einem anderen Mann?“

„Weil es mit einem anderen nicht funktionieren würde“, sagte sie und ließ ihn los, verblüfft von ihren eigenen Worten. Mit keinem anderen Mann würde es funktionieren, nur mit Trey. Ihre Gefühle für ihn hatten nie nachgelassen, sondern sich lediglich verändert. Inzwischen waren sie stärker als früher und so tief, dass sie Angst hatte, sich ihnen zu stellen.

Er sah sie prüfend an, und sie wich seinem Blick aus. Sie war sich so sicher gewesen, dass es funktionieren und er mitmachen würde, schon allein wegen der Verbindung, die sie zwischen ihnen zu spüren geglaubt hatte. Doch offenbar war er nur daran interessiert, ihr körperlich näherzukommen.

Wie naiv von ihr. Was hatte sie sich nur gedacht? Dieser Mann war nicht mehr der Junge, für den sie auf der Highschool geschwärmt hatte. Er war jetzt größer, überlebensgroß, ein Mann, der jede Frau haben konnte, die er wollte.

Seufzend wandte sie sich ab und lehnte sich gegen den Wagen. „Ich muss verrückt gewesen sein. Im Ernst. Ich werde jetzt nach Hause fahren, und du wirst ins Haus gehen. Und dann werden wir beide meinen Antrag vergessen.“

Sofort ließ er die Kiste stehen, baute sich vor Cardin auf und hob ihr Kinn, damit sie ihm in die Augen sehen konnte, in denen ein verständnisvoller Ausdruck lag. Und es brach ihr fast das Herz, als er lächelnd zu ihr sagte: „Ich werde nie vergessen, dass du mir einen Antrag gemacht hast.“

„Das solltest du aber“, entgegnete sie und wich vor seiner Berührung zurück. Sie durfte sich nicht tiefer in diese Fantasie, die nichts mit der Realität zu tun hatte, hineinziehen lassen. „Meine Familie braucht einen Denkzettel, und dazu reicht diese Verlobung nicht. Vertrau mir.“

Autor

Kate Hoffmann
Seit Kate Hoffmann im Jahr 1979 ihre erste historische Romance von Kathleen Woodiwiss las – und zwar in einer langen Nacht von der ersten bis zur letzten Seite – ist sie diesem Genre verfallen.
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