Traumhaft, dieser Mann!

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"Fangen Sie mich doch, Detective." Voll bekleidet hüpft Lani in einen Springbrunnen, damit Russ Campbell auf sie aufmerksam wird. Natürlich nur, um ihn davon abzuhalten, ihren Bruder festzunehmen. Nicht weil sie bereits seit Wochen von Russ’ zärtlichen Umarmungen träumt, oder?


  • Erscheinungstag 11.05.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733778286
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

4. Juli

„Ich würde mich nicht wundern, wenn sich gleich jemand auszieht und in den Springbrunnen hüpft“, sagte Lani Dalton laut.

Niemand beachtete sie, denn dazu herrschte auf dem Hochzeitsempfang viel zu viel Trubel. Braden Traub hatte Jennifer McCallum geheiratet, und in Rust Creek Falls wurde jede Gelegenheit genutzt, um fröhlich zu feiern. Und wie die Leute feierten!

Es sah aus, als wären die Farben des 4. Juli über dem Park explodiert. Auf den Picknicktischen lagen rot-weiß karierte Wachstuchdecken, und rote und blaue Planen hatten die Gäste vor der Sonne geschützt, die schon vor einer Weile untergegangen war. Auch das Feuerwerk war bereits vorbei, aber die Leute tanzten, redeten und lachten noch immer und ließen sich die Bowle schmecken.

Lani hatte gerade einen Twostepp mit ihrem Bruder getanzt. Ebenso gut hätte sie sich ein Schild mit der Aufschrift „Mauerblümchen“ an die Brust heften können, aber das war ihr egal. Anderson war ihr Lieblingsbruder. Nach dem vierten – oder fünften? – Glas Bowle war ihr etwas schwindlig, und sie musste sich hinsetzen.

Auf der Suche nach einem freien Platz stieß sie gegen etwas, das sich wie eine Mauer anfühlte, und wäre fast umgefallen.

Kräftige Hände hielten sie gerade noch rechtzeitig fest. „Geht es Ihnen gut?“

Lani war sich ziemlich sicher, dass die Stimme Russ Campbell gehörte, einem Detective aus Kalispell, der ab und zu Sheriff Gage Christensen hier in Rust Creek Falls zur Seite stand. Ein Kribbeln durchlief sie, als sie den Kopf hob. „Detective Dreamy.“ So nannte sie insgeheim den Mann, der hin und wieder in ihren Träumen auftauchte.

„Wie bitte?“

„Lani Dalton.“ Sie zeigte auf sich. „Ich arbeite Teilzeit im Ace in the Hole. Sie sind Russ Campbell.“

„Ich weiß.“

„Ich weiß, wer Sie sind.“ Sie kicherte, und das überraschte sie, denn sie kicherte sonst nie. „Ich meine, ich weiß, wer Sie sind, und wollte mich vorstellen. Ich bin Lani Dalton.“

„Okay.“

„Sie sind nicht gerade gesprächig, was?“

Dem Sheriff fehlte ein Deputy, und Russ sprang ein oder zwei Mal pro Woche ein. Dabei schaute er auch in der Bar vorbei, aber bisher hatte er Lani kaum beachtet. Er dagegen war ihr sofort aufgefallen. Er war hochgewachsen und breitschultrig mit dichtem welligen braunen Haar und haselnussbraunen Augen, denen nichts entging. Nur sie.

Er sah gut aus, aber wenn er – was selten passierte – lächelte, war er absolut hinreißend. Er ließ den Blick über die Menge wandern, die sich immer ausgelassener aufführte. „Wenn Sie mich jetzt entschuldigen, ich muss weiter.“

Nach Monaten, in denen sie ignoriert worden war, hatte Lani es endlich geschafft, eine Unterhaltung mit ihm zu beginnen. So schnell wollte sie nicht aufgeben. „Sind Sie mit der Braut oder dem Bräutigam befreundet?“, fragte sie.

„Weder noch.“ Er zeigte auf die goldene Polizeimarke an seinem Gürtel. „Ich arbeite. Sheriff Christensen hat mich für den Ordnungsdienst angeheuert.“

Als sie zu ihm aufblickte, verschwamm sein Gesicht vor ihren Augen, und ihr wurde wieder etwas schwindlig.

Sofort griff er nach ihr und stützte sie.

Ihr Blick fiel auf das schwarze T-Shirt, das sich über den beeindruckenden Armmuskeln spannte. Vielleicht waren ihre Knie deshalb so weich. „Wow, Sie sind wirklich kräftig. Und Ihre Reflexe sind echt gut.“ Hatte sie das gerade wirklich gesagt?

Er runzelte die Stirn. „Ich glaube, Sie sollten keinen Alkohol mehr trinken.“

„Ich hatte nichts weiter als die Bowle vom Empfang, und in der war nur Sekt. Im Park ist nichts Hochprozentiges erlaubt. Das müssten Sie doch wissen. Ich arbeite zwar in einer Bar, trinke aber kaum Alkohol. Rede ich zu viel?“

„Nein.“ Er klang sarkastisch. „Ich schlage vor, wir suchen Ihnen einen Platz, an dem Sie ausnüchtern können.“

„Ich bin nicht betrunken. Und ich wollte mich gerade hinsetzen, als Sie mit mir zusammengestoßen sind.“

Sie sind mit mir zusammengestoßen.“

Lani schüttelte den Kopf – ein schwerer Fehler. „Das glaube ich nicht.“

Russ sah sich nach einem leeren Platz an den Tischen um, fand aber keinen.

Sie fühlte seine Finger an ihrem Arm, während er sie durch die Menge geleitete, die sich für ihn teilte wie das Rote Meer für Moses. „Wohin bringen Sie mich?“

„Zum Springbrunnen. Die Kante ist breit genug, um sich zu setzen, und dort ist es kühler.“

Sie kamen gerade an den letzten Tischen vorbei, als sie ihren älteren Bruder Travis mit einer hübschen Blondine flirten sah. Sie wusste, dass die junge Frau mit einem heißblütigen, eifersüchtigen Cowboy liiert war, und hätte Travis gern gewarnt, aber Detective Dreamy hatte sie fest im Griff. Zum Glück tauchte in diesem Moment ihr anderer Bruder Anderson auf. Er würde verhindern, dass Travis eine Dummheit beging.

„Da sind wir“, sagte Russ, als sie das Wasserbecken erreichten. „Setzen Sie sich.“

Lani tat es und stellte ihren Becher mit der US-Flagge ab. „Danke, Detective.“

„Gern, Ma’am.“

Ma’am? War das sein Ernst? Er war zwar im Dienst, aber musste er so förmlich sein? Manchmal fragte Lani sich, warum sie ihn so anziehend fand. Sie hatte in der Bar gesehen, wie er mit anderen Leuten plauderte und sie zum Lachen brachte. Offenbar stand er einfach nur nicht auf sie. Und sie stand nicht darauf, mit Ma’am angesprochen zu werden. „Sie können mich Lani nennen. Auf keinen Fall Sweetie, Honey oder Babe. Und niemals Ma’am, das klingt wie Fingernägel auf einer Kreidetafel.“

„Verstanden.“

Plötzlich übertönten laute Stimmen den Trubel. Sie kamen aus der Richtung, in die Anderson gerade gegangen war. Skip Webster, der eifersüchtige Cowboy, stritt sich mit Travis, der zurückwich. Doch als Travis nicht hinschaute, verpasste Skip ihm einen Faustschlag. Travis hob die Hände, um sich zu wehren. Anderson stellte sich zwischen die beiden, um die Situation zu entschärfen. Skip schlug ihn, Anderson schlug zurück.

Der Cowboy ging zu Boden.

„Ich muss gehen“, sagte Russ.

Lani hatte ein ungutes Gefühl. „Was haben Sie vor?“

„Den Kerl wegen Körperverletzung festnehmen.“

Der Kerl war vermutlich Anderson, der gerade um das Sorgerecht für ein Kind kämpfte, von dem er bisher nichts gewusst hatte. Eine Strafanzeige konnte sich negativ darauf auswirken.

Lani musste den Detective aufhalten. Wie auch immer. Sie hörte den Springbrunnen hinter sich rauschen und tat, was ihr als Erstes einfiel. Sie sprang ins Becken und schrie auf, als das kalte Wasser ihren Rock durchnässte.

Russ drehte sich um, sah sie an, als hätte sie den Verstand verloren, und ging weiter.

In Ermangelung einer besseren Idee begann sie, „Firework“, ihren Lieblingssong von Kate Perry, zu singen.

Zugleich schlug sie mit der flachen Hand auf Wasser. Es spritzte auf und traf Russ am Rücken. Als er sich erneut umdrehte, fing sie an, zum Song zu tanzen.

Er machte kehrt und blieb vor ihr stehen. „Bitte kommen Sie aus dem Wasser, Ma’am.“

Sie nahm jetzt beide Hände, um ihn mit Wasser zu bespritzen. Zufrieden sah sie, wie er sich das Gesicht abwischte, und sang noch lauter. Verblüfft stellte sie fest, dass ihr das Ganze Spaß machte.

„Okay, die Show ist vorbei“, sagte Russ streng.

Einige Leute blieben neugierig stehen.

Lani war froh darüber, denn Russ blickte immer wieder zu ihren Brüdern und Skip Webster hinüber. Sie durfte nicht zulassen, dass ihr Bruder Ärger mit der Polizei bekam.

„Kommt rein. Das Wasser ist toll.“ Sie winkte ihren Zuschauern zu.

„Wow.“ Russ hob die Hände. „Das ist Erregung öffentlichen Ärgernisses“, sagte er zu ihr. „Wenn Sie nicht freiwillig aus dem Brunnen steigen, muss ich Sie festnehmen.“ Er schaute wieder über die Schulter.

Lani war nicht scharf darauf, hinter Gitter zu wandern, aber besser sie als Anderson. „Holen Sie mich doch, Detective Dreamy.“

Russ griff nach ihr und runzelte die Stirn, als sie zurückwich. „Kommen Sie schon, Lani.“

„Sie haben mir gar nichts zu befehlen.“

„Doch.“

„Sie sehen aus, als wäre Ihnen heiß“, erwiderte sie. In schwarzem T-Shirt, Jeans und Stiefel sah er auch im übertragenen Sinne so aus. „Sieht er nicht heiß aus?“, rief sie ihrem Fanclub zu.

„Kühl ihn ab!“, rief jemand zurück.

„Okay.“ Sie versuchte ihn wieder nass zu spritzen, und dabei wäre sie fast ausgerutscht.

„Das reicht“, sagte Russ verärgert. „Ich nehme Sie wegen Trunkenheit in der Öffentlichkeit fest.“ Er stieg über den Beckenrand.

„Lani! Lani!“, feuerte jemand sie an.

Russ war größer, stärker und schneller als Lani. Irgendwann würde er sie erwischen, aber je länger sie ihn von ihrem Bruder ablenkte, desto besser. Als sie zurücksprang, verlor sie den Halt und fiel hin. Das Wasser durchnässte auch noch das Oberteil ihres Kleids und ruinierte ihr Haar. Eine Sekunde später war Russ bei ihr und streckte eine große Hand aus. Sie ergriff sie und zog mit aller Kraft. Er verlor das Gleichgewicht und landete auf ihr.

„Verdammt“, schnaubte er. „Sie sind festgenommen.“

„Das sagten Sie bereits.“ Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht.

Er packte ihren Arm, stand auf und zog sie mit sich. „Sie haben das Recht zu schweigen, aber wie ich Sie kenne, werden Sie es nicht tun.“

Als er mit der vorgeschriebenen Belehrung fertig war, führte er Lani zum Rand. Sie rutschte erneut aus, er fluchte leise und nahm sie auf die Arme.

Schade, dachte Lani, wenn ich das gewusst hätte, hätte ich ein paar Pfunde abgenommen.

Russ stieg mit ihr über die Kante und stellte sie ab. „Können Sie laufen?“

„Seit Jahren.“

„Gut.“ Er legte eine Hand um ihren Oberarm und setzte sich in Bewegung.

„Wollen Sie mir keine Handschellen anlegen?“, fragte sie zuckersüß.

Er kniff die Augen zusammen. „Widersetzen Sie sich der Festnahme?“

„Nein.“

„Gut für Sie.“

Wow. Sie würde in einer Zelle landen. Vermutlich würde es ihn nicht gerade aufheitern, wenn sie jetzt den „Jailhouse Rock“ anstimmte.

Russ Campbell führte Lani Dalton ins Büro des Sheriffs. Seine Laune näherte sich dem Tiefpunkt. Dies war der letzte Ort, an dem er sein wollte – erst recht nicht mit Lani.

Ihre Augen waren groß, aber sie sah eher neugierig als ängstlich aus. „Ich war noch nie im Gefängnis. Irgendwie aufregend.“

„Warten Sie ab, bis Sie in der Zelle sitzen.“

„Gibt es nicht ein Gesetz gegen widerrechtliche Inhaftierung?“

Er geleitete sie zu den beiden winzigen Zellen. Entweder versuchte sie ihre Nervosität zu überspielen, oder sie war noch nicht nüchtern genug, um ihre Situation richtig einzuschätzen.

„Diese Festnahme ist lächerlich. Mein Vater ist Anwalt, und ich bin wieder auf freiem Fuß, bevor mein Kleid trocken ist.“

Das leuchtend gelbe Sommerkleid klebte an ihrer schmalen Taille und den Hüften, und der feuchte Stoff war praktisch durchsichtig. Es fiel Russ schwer, sie nicht anzustarren. „Kommen Sie, ich zeige Ihnen, was Sie erwartet.“

„Danke, von hier aus sehe ich genug.“ Sie blieb stehen und blickte zu ihm hoch. „Ist es wirklich nötig, mich einzusperren?“

„Ja. Ich kann nicht zulassen, dass der Trubel im Park außer Kontrolle gerät.“

„Also wollen Sie an mir ein Exempel statuieren. Aber Sie arbeiten doch gar nicht hier in Rust Creek Falls.“

„Gage Christensen bezahlt mich. Klingt für mich nach Arbeit.“ Er warf ihr einen wütenden Blick zu. Seine Jeans fühlten sich schwer an, und er hatte Wasser in den Stiefeln. „Und Ihretwegen tue ich heute Abend etwas für mein Geld.“

„Der Sheriff hätte mich nicht festgenommen“, sagte sie trotzig. „Sie sind nicht von hier.“

Sie sind keiner von uns, meinte sie und traf damit bei ihm einen wunden Punkt. Bevor Russ von Denver nach Kalispell gewechselt war, hatten seine Kollegen ihn wie einen Aussätzigen behandelt, weil er einen korrupten Detective angezeigt hatte. Und als seine eigene Karriere daraufhin einen Knick bekommen hatte, hatte seine Verlobte ihn verlassen. „Kann schon sein, aber ich bin derjenige mit der Dienstmarke. Sie haben das Gesetz gebrochen, während ich im Einsatz war, Lani Dalton.“

Ihre Augen weiteten sich noch mehr. „Seit wann nennen Sie mich nicht mehr Ma’am?“

Sie nicht mit ihrem Namen anzusprechen, hatte ihm geholfen, Distanz zu wahren. Sie hatte langes braunes Haar und eine Haut wie Milch und Honig.

„Wissen Sie, wer mein Vater ist?“

„Das ist mir im Moment ziemlich egal.“ Russ schob sie in eine Zelle und zog die Tür hinter sich zu.

„Jetzt sind wir eingesperrt“, sagte sie.

„Nein, Sie sind eingesperrt, und ich bin der Cop, der den Schlüssel hat.“

Sie zog eine Augenbraue hoch. „Sicher?“

„Absolut.“

„Hoffentlich haben Sie recht.“ Lani ging zur Metallpritsche und hob die Wolldecke an. „Wow, Fünf-Sterne-Unterbringung. Die Matratze sieht aus wie eine Yogamatte.“

„Machen Sie es sich bequem. Sie werden eine Weile hier verbringen.“ Russ hatte keine Zeit, für die Prinzessin den Babysitter zu spielen. „Im Park geraten die Leute gerade außer Rand und Band. Ich muss zurück.“

„Entspannen Sie sich, Detective. Die Leute amüsieren sich nur.“

„Ich bezweifle, dass der Cowboy, der niedergeschlagen wurde, viel Spaß hatte.“

„So? Das habe ich gar nicht bemerkt“, erwiderte sie etwas zu unschuldig.

„Dann sind Sie die Einzige in Rust Creek Falls. Jetzt muss ich mich um den Angreifer kümmern.“

„Sie wollen ihn doch nicht etwa verhaften?“

„Sehen Sie es positiv. Sie bekommen Gesellschaft.“

„Lassen Sie mich allein?“

„Sie kommen schon zurecht.“

„Das glaube ich nicht.“ Lani wurde blass und legte eine Hand an die Stirn. „Mir ist etwas schwindlig. Ich fürchte, mir wird schlecht.“

Sofort war Russ bei ihr und legte einen Arm um ihre Taille. Ihre Beine gaben nach, und sie hielt sich an ihm fest, dicht unterhalb seines Gürtels. Er trug sie zur Pritsche, legte sie darauf und setzte sich zu ihr. „Atmen Sie tief durch. Legen Sie den Kopf zwischen die Knie.“

„Dann falle ich um.“ Lani saß auf der dünnen Plastikmatratze, die Hände zu Fäusten geballt, und holte mehrmals tief Luft. „Ich glaube, es geht mir schon besser.“

Russ sah ihr ins Gesicht. Ihre Farbe kehrte zurück. „Ich hole Ihnen Wasser.“

„Nein“, protestierte sie etwas zu heftig. „Das kommt mir nur wieder hoch.“

„Sie brauchen Flüssigkeit. Und ein paar Aspirin könnten auch nicht schaden.“

Etwas an ihr weckte seinen Beschützerinstinkt, aber er wertete es als Pflichtgefühl. Mit Lani Dalton auf engstem Raum zu bleiben, wäre keine gute Idee. Hier konnte er dem verlockenden Duft ihrer Haut nicht ausweichen. Am liebsten hätte er jetzt herausgefunden, ob ihr frecher, sarkastischer Mund wirklich so gut küsste, wie er es sich seit Monaten vorstellte. Abrupt stand er auf und kehrte ihr den Rücken zu.

„Stimmt etwas nicht?“, fragte sie.

Hinter ihm knirschte die Matratze, als sie das Gewicht verlagerte. Er drehte sich wieder um, und sie sah ihn stumm an, die Hände auf dem Schoß gefaltet. Ihr Kleid klebte an den Brüsten.

Er fand sie attraktiv, und das gefiel ihm gar nicht. Sein Herz hatte einen Volltreffer abbekommen, und er war fest entschlossen, sich nie wieder zum Idioten machen zu lassen. Deshalb hatte er beschlossen, Lani Dalton nicht kennenzulernen. Und heute Abend hatte sie nichts getan, was ihn diese Entscheidung bereuen ließ. „Ich muss los. Es scheint Ihnen wieder besser zu gehen.“

„Mir ist immer noch übel. Und wenn ich mich nun übergeben muss?“

„Tun Sie, was Sie tun müssen.“ Genau wie er. „Ich muss in den Park, bin aber bald wieder zurück.“

„Lassen Sie sich ruhig Zeit. Ich glaube, ich bin lieber allein.“ Sie verschränkte die Arme und machte ein gelangweiltes Gesicht.

Russ spürte, wie verletzlich sie war. Höchste Zeit, aus der Zelle zu verschwinden. Er ging zur Tür und tastete nach dem Schlüssel. In der rechten Hosentasche war er nicht. Er wühlte in der anderen.

Nichts.

„Verdammt.“

„Gibt es ein Problem?“ Sie klang kein bisschen besorgt.

„Ich habe keinen Schlüssel.“

Lani hielt den Atem an und wartete darauf, dass er darauf kam, was passiert war. Sie hatte ihm den Schlüssel entwendet und unter die Matratze geschoben. Etwas Besseres war ihr nicht eingefallen, um ihren Bruder vor einer Festnahme zu bewahren.

„Vielleicht haben Sie vergessen, ihn einzustecken. Da draußen herrscht das reine Chaos. Wie in einem Horrorfilm. Die Nacht der lebenden Partygänger.“

Russ zog einen Mundwinkel hoch, und eine Sekunde lang hoffte sie auf sein hinreißendes Lächeln. Aber er riss sich zusammen und nahm sein Handy aus der Gesäßtasche. „Ich rufe Gage an.“ Er drückte einige Tasten und runzelte die Stirn. „Offenbar vertragen Elektronik und Wasser sich nicht.“

„Das tut mir ja so leid.“ Das stimmte. Lani hatte sein Handy nicht außer Gefecht setzen wollen. Aber je länger Russ mit ihr beschäftigt war, desto besser für Anderson. „Ich kaufe Ihnen ein neues.“

„Ich glaube kaum, dass Sie ein funktionierendes Handy haben.“

„Doch, zu Hause.“

„Hätte ich mir denken können.“

Lani blickte an sich hinunter. In dem klitschnassen Kleid war sie praktisch halb nackt. Es sollte ihr peinlich sein, aber dazu war sie noch zu aufgedreht. „Ich bin mit meinen Eltern zum Park gefahren und habe meine Handtasche zu Hause gelassen. Und wenn ich es dabei hätte, wäre es auch nass. Außerdem hätte ich es dann an einem Platz, wo ein Gentleman nicht danach suchen würde.“

„Ich bin kein Gentleman. Aber Sie haben recht, es wäre sinnlos, danach zu suchen. Selbst wenn Sie lügen.“

Lani zählte längst nicht mehr, wie oft Russ Campbell mit Gage Christensen ins Ace of the Hole kam und nicht mit ihr sprach. Sie hatte sich bei Gage nach ihm erkundigt und erfahren, dass Russ als Detective bei der Polizei von Kalispell arbeitete und aus Denver zurück nach Montana gezogen war. Niemand wusste warum.

Er seufzte. „Ich meinte nur, wenn Sie ein Handy hätten, würde es auch nicht funktionieren.“

„Ist auch unwichtig“, sagte sie.

Er kniff die Augen zusammen. „Sie sind ganz schön cool, Lani Dalton.“

„So?“ Cool wie attraktiv und verführerisch? Oder cool wie nervig und abschreckend?

„Ich habe erlebt, dass Frauen bei einem harmlosen Strafzettel wegen überhöhter Geschwindigkeit die Fassung verlieren. Aber Ihnen scheint es nicht das Geringste auszumachen, dass Sie festgenommen und eingesperrt wurden.“

„Ihnen doch auch nicht“, erinnerte sie ihn.

„Ich bin ja auch nicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten.“

Okay, die Runde ging an ihn. „Ben Dalton ist mein Vater. Wie Sie vielleicht gehört haben, genieß er einen ausgezeichneten Ruf als Anwalt.“

„Aha.“

„Was soll das heißen?“

„Das Sie eine kleine Prinzessin sind. Für Sie gelten die Regeln nicht, weil Ihr Daddy ein Schlupfloch findet und alles wiedergutmacht.“ Russ wich zurück, bis er gegen die Gitterstäbe stieß.

„Da kennen Sie ihn aber schlecht. Er würde die Gesetze niemals umgehen, nicht mal für seine Kinder.“

Das stimmte, und deshalb hatte Anderson niemandem aus der Familie von seinen juristischen Problemen erzählt. Lani wusste nur davon, weil sie ihren Bruder in einem schwachen Moment erwischt hatte. Sie hatte ihm geschworen, nichts zu verraten.

Russ schwieg, wirkte aber nicht sehr glücklich. Kein Wunder. Ihr Baumwollkleid trocknete schneller als seine Jeans und das T-Shirt, und die Stiefel hatten sich vermutlich vollgesogen. Sollte sie anbieten, ihm neue zu kaufen?

„Hören Sie, Russ …“

„Ich muss los und Gage helfen.“ Er ging hin und her. „Wer weiß, wann er herkommt. Vielleicht erst morgen früh.“

„Okay“, sagte sie. „Wir sitzen hier fest. Wenn das Leben einem Zitronen schenkt, mach Limonade daraus. Lassen Sie uns reden.“

„Ich hatte gehofft, dass mir das erspart bleibt.“

„Sind Sie immer so gehässig, oder liegt es an mir?“ Sie hielt seinem zornigen Blick stand. „Wir sollten uns besser kennenlernen.“

„Das halte ich für keine gute Idee.“

„Sie haben ein Bild von mir und ich von Ihnen, aber vielleicht täuschen wir uns beide. Nutzen wir die Gelegenheit, uns ins rechte Licht zu rücken.“ Sie ignorierte seine skeptische Miene. „Okay, ich fange an.“

2. KAPITEL

Russ starrte seine Gefangene an. Sie saß auf der Pritsche in einer Zelle und sah mit ihren großen Augen verdammt reizvoll aus. Falls sie Angst hatte, so ließ sie es sich nicht anmerken. Wie zum Teufel hatte er vergessen können, die Schlüssel einzustecken? Jetzt saßen sie beide hier fest.

Er war abgelenkt gewesen.

Lani Dalton zog den nassen Rock ihres Sommerkleids auseinander. „Wir sind beide eingeschlossen. Es sei denn, einer von uns kann mit bloßen Händen Gitterstäbe verbiegen. Ich kann es nicht.“

Russ schwieg verbissen.

„Im Ernst, Russ, wir wissen nicht, wann jemand kommt und nach uns sieht.“

„Bestimmt taucht Gage bald auf.“

„Das ist reines Wunschdenken, weil Sie mich nicht besonders mögen.“

„Die Festnahme war nichts Persönliches.“ Er wollte sie nicht mögen. Das war ein Unterschied. „Es ist mein Beruf.“

„Wir können uns anschweigen. Oder wir unterhalten uns, damit die Zeit schneller vergeht. Kommen Sie, setzen Sie sich.“ Sie klopfte auf die Pritsche.

Er wollte nicht neben ihr sitzen, aber wenn er sich weigerte, würde er erklären müssen, warum er lieber stand. Nach kurzem Zögern nahm er Platz, so weit wie möglich von Lani entfernt.

Sie sah ihn erwartungsvoll an. Als er nichts sagte, räusperte sie sich. „Ich wurde vor sechsundzwanzig Jahren hier in Rust Creek Falls geboren, als fünftes von sechs Kindern. Ich lebe bei meinen Eltern und arbeite auf unserer Ranch. Ich miste die Ställe aus, reite die Weidezäune ab und füttere das Vieh.“

„Ich denke, Sie arbeiten im Ace of the Hole.“

„Nur Teilzeit. Rosey Traven ist die beste Chefin der Welt.“

Autor

Teresa Southwick
Teresa Southwick hat mehr als 40 Liebesromane geschrieben. Wie beliebt ihre Bücher sind, lässt sich an der Liste ihrer Auszeichnungen ablesen. So war sie z.B. zwei Mal für den Romantic Times Reviewer’s Choice Award nominiert, bevor sie ihn 2006 mit ihrem Titel „In Good Company“ gewann. 2003 war die Autorin...
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