Unter dem Baum der Schmetterlinge

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Gern gewährt der Unternehmer Caid der hübschen Sanchia in seiner Villa Unterschlupf. Nur knapp ist Sanchia einem Feuer entkommen - und kuschelt sich eng an ihn. Ihrer leidenschaftlichen Nacht folgt jedoch ein böses Erwachen: Sanchia denkt, er wolle nur ihren Besitz!


  • Erscheinungstag 11.01.2015
  • ISBN / Artikelnummer 9783733787691
  • Seitenanzahl 128
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Sie will nicht verkaufen? Warum nicht?“ Caid Hunter bellte es förmlich ins Telefon. Er zog die dunklen Brauen über den vor Ärger blitzenden stahlblauen Augen zusammen und starrte blicklos aus dem Fenster auf die beiden Hochhäuser, die das Geschäftsviertel von Kuala Lumpur überragten.

„Das weiß ich nicht. Der Brief besagt nur, dass Waiora Bay nicht zum Verkauf stehe“, antwortete sein Manager in Neuseeland etwas verwirrt. Er war es nicht gewohnt, dass sein Boss sich über so eine Kleinigkeit derart aufregte. Zumal er von seinen Geschäftspartnern gerade wegen seiner kühlen Intelligenz und distanzierten Sachlichkeit geschätzt und respektiert wurde.

Caid schluckte seinen Ärger herunter, beugte sich über den Schreibtisch und tippte ungeduldig auf die Tastatur seines Laptops herum. Sekunden später erschien sein elektronischer Terminkalender auf dem Bildschirm.

„Es muss doch mindestens … zwei Monate her sein, dass ihre Tante verstorben ist, oder?“

„Ich war am achtundzwanzigsten September auf Miss Tregears Beerdigung, und das war vor über zwei Monaten“, entgegnete sein Manager sachlich. „Miss Smith macht in ihrem Brief allerdings unmissverständlich klar, das Waiora Bay nicht zu verkaufen sei. Ich kann Ihnen gern den Brief faxen, wenn Sie ihn persönlich lesen möchten.“

Eine heiße Welle lief durch Caids Körper, als er sich Sanchia Smith’ attraktives Gesicht vor Augen rief – das energische, feste Kinn, die pechschwarzen Haare und den aufregenden Körper, der seine kindliche Schlaksigkeit endgültig verloren hatte und zu einer Herausforderung für jeden Mann herangereift war. Ein Mädchen, das ihn wie ein sündiger Engel geküsst hatte, nur um dann in seinen Armen zu Eis zu erstarren.

Es kostete ihn einige Willensanstrengung, diese Erinnerung zu verdrängen. „Nein, ich kümmere mich darum, wenn ich zurück bin“, informierte er seinen Manager kurz angebunden.

Er legte den Hörer auf und schaute gedankenvoll über die nassen Dächer der überfüllten Stadt. Wahrscheinlich spekulierte Sanchia auf ein besseres Angebot. Caid lächelte grimmig. Wenn sie dachte, mit dieser Hinhaltetaktik auch nur einen Cent mehr aus ihm herausholen zu können, sollte sie sich getäuscht haben.

Sanchia kniff die Augen gegen die stechende Januarsonne zu schmalen Schlitzen zusammen und trat leicht auf die Bremse, um den Schlaglöchern und Schotterhaufen auf der Zufahrt zu Waiora Bay auszuweichen. Einen halben Kilometer weiter, auf der Grenze zu Caid Hunters Land, verwandelte sich die Schotterpiste in eine ausgebaute Teerstraße. Jeder Zentimeter von Caids Grundbesitz machte einen äußerst gepflegten Eindruck, was ebenso auf eine sachgemäße Bewirtschaftung wie auf einen Haufen Geld im Hintergrund schließen ließ. Und selbstverständlich konnte der Besitzer einer großen, international operierenden Firma es sich auch leisten, seine Straßen zu einer wahren Rennpiste auszubauen! Sie hoffte nur, eine Begegnung mit Caid Hunter vermeiden zu können.

Das hat ja schon den Anflug einer leichten Paranoia, dachte Sanchia spöttisch. Immerhin war dieses Fiasko, nach dem Caid es tunlichst vermieden hatte, ihr noch einmal über den Weg zu laufen, schon drei Jahre her, und es gab keinen Anlass zu der Annahme, dass er im Moment hier in der Gegend sei.

Und seit diesen letzten Ferien, die sie in Waiora Bay verbracht hatte, war Sanchia erst wieder zur Beerdigung ihrer Großtante hierher zurückgekehrt. Und jetzt wollte sie noch den Letzten Willen von Großtante Kate erfüllen und in einem kurzen Urlaub Abschied von dem alten Haus und der zauberhaften Gegend nehmen.

Sanchia versuchte, den kalten Schauer, der ihr plötzlich über den Rücken fuhr, zu unterdrücken. Es gab noch ein weiteres Problem zu bewältigen. Caid Hunter! Er wollte Waiora Bay. Und er hatte die Macht und die Mittel, die Pläne ihrer Großtante für dieses Land zu durchkreuzen. Sie lehnte sich im Sitz zurück und ließ ihre müden Augen über die Szenerie vor ihr schweifen. Mächtige Pohutukawabäume mit purpurroten Lianen beschatteten den gemähten Rasen, wofür sie noch Will Spence, dem Verwalter der Hunters, danken musste. Im Hintergrund glitzerte verführerisch das türkisfarbene Meer. In der sengenden Sonne erschien der Sandstrand blendend weiß, und am Horizont leuchteten die weißen Segel der vorbeiziehenden Boote.

Sanchia schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter und öffnete langsam die Autotür. Mit einem wenig damenhaften Schniefen schwang sie ihre langen Beine aus dem Wagen. Die Hitze schlug ihr wie eine Faust entgegen, raubte ihr den Atem und ließ ihr dünnes Baumwoll-T-Shirt an Brust und Rücken festkleben. Sie zupfte den klammen Stoff ein Stück vom Körper weg, seufzte ergeben und ging um den Wagen herum, um den Kofferraum zu öffnen. Als sie den glühend heißen Metallgriff berührte, schrie Sanchia erschrocken auf und zuckte instinktiv zurück.

„Was zur Hölle …?“, polterte eine barsche, männliche Stimme hinter ihr los. Starke Hände rissen sie zurück, und Caid Hunter stand plötzlich vor ihr. „Was ist passiert?“, forschte er alarmiert und nahm ihre Hand in seine, um sie zu untersuchen. „Hast du dich verbrannt?“

Sie schüttelte den Kopf.

Attraktiver denn je, mit der selbstbewussten Lässigkeit seiner griechischen Vorfahren stand er einfach da und schaute sie unverwandt an. Während ihrer Teenagerzeit hatte Sanchia ihn ständig mit neugierigen, faszinierten Blicken verfolgt und ihren romantischen Fantasien freien Lauf gelassen. Aber er war für sie immer unerreichbar gewesen, und dadurch hatte sie sich sicher gefühlt.

Vor drei Jahren hatte sie den Unterschied zwischen Jungmädchenträumen und der Realität kennengelernt und sich dabei die Finger verbrannt. Seitdem hatte sie Caid Hunter nur noch in Zeitungen oder auf dem Bildschirm gesehen – und jedes Mal mit einer außerordentlich attraktiven Frau an seiner Seite.

Obwohl sein Anblick ihr immer noch den Atem raubte, hob sie stolz das Kinn und erwiderte scheinbar gleichmütig seinen Blick.

„Wenn nichts passiert ist, warum hast du dann geschrien?“

„Mir geht es gut. Du kannst mich endlich loslassen“, zischte Sanchia. Selber über einen Meter fünfundsiebzig groß, musste sie zwar die Augen etwas heben, aber nicht den Kopf in den Nacken legen wie viele andere Frauen, um in dieses faszinierende Gesicht zu schauen. Wie immer war sie überwältigt von seiner breitschultrigen, schmalhüftigen Gestalt mit den langen, muskulösen Beinen. Und wie immer spürte sie dieses prickelnde Gefühl, das seine Nähe in ihr auslöste.

Stirnrunzelnd gab er ihre Hand frei und trat mit einem geschmeidigen Schritt zur Seite, der seine mühsam gebändigte Energie und Kraft ahnen ließ. „Schon gut“, sagte er lakonisch. „Du kannst dich wieder entspannen.“

Über die kurze Distanz hinweg, die sie trennte, sah Sanchia eine Ader an seinem kräftigen, braunen Hals heftig pulsieren. „Ich habe gar nicht erwartet, dich hier zu sehen“, fuhr sie mit gespielter Kühle fort. „Wie geht es dir?“

„Es geht mir gut, Sanchia.“ Lauerte da nicht eine Spur von Belustigung hinter seinen konventionellen Worten, oder täuschte sie sich? „Und wie geht es dir?“ Jetzt musterte er sie aus seinen leuchtend blauen Augen von Kopf bis Fuß.

Sanchia wünschte sich, sie hätte lieber ihre Jeans statt der knappen, weißen Shorts angezogen. „Danke, mir geht es ausgezeichnet!“, sagte sie spröde.

„Der Tod deiner Großtante tut mir sehr leid.“ Die tiefe vibrierende Stimme hatte einen aufrichtig bedauernden Unterton angenommen.

„Es war ein Tod, wie sie ihn sich immer gewünscht hatte“, antwortete Sanchia leise.

„In der Nacht nach dem achtzigsten Geburtstag friedlich im eigenen Bett einzuschlafen ist ein Tod, wie ihn sich wohl jeder wünscht“, pflichtete Caid ihr bei. „Aber es ist hart für die, die zurückbleiben.“

„Mir geht es gut“, wiederholte Sanchia, als müsse sie sich selbst von dieser Tatsache überzeugen.

Einen Moment herrschte Schweigen zwischen ihnen. „Nun, und jetzt bist du also wieder hier, Sanchia“, sagte Caid dann in verbindlichem Ton. „Erwachsen geworden und schöner denn je.“

„Das Kompliment kann ich dir nur zurückgeben“, murmelte Sanchia mit trügerisch süßer Stimme. „Mit dem Erwachsen-geworden-Sein, meine ich. Und recht attraktiv, möchte ich sagen. Deine Mutter ist bestimmt stolz auf dich.“

„Mütter sind bekannt für ihre mangelnde Objektivität, was ihre Sprösslinge betrifft.“ Seine Miene hatte sich verdüstert. „Weißt du eigentlich, dass Ironie deinem Mund einen unangenehm herben Touch gibt?“, fragte er in seidenweichem Ton, aber der warnende Ausdruck in seinen Augen war unmissverständlich. „Was sollte das also? War deine Mutter etwa nicht stolz auf dich?“

Sanchia kniff die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. „Sie starb, bevor ich sie wirklich kennenlernen konnte.“

Seine Gesichtszüge entspannten sich, und er sah aus, als ob er noch etwas sagen wolle. Doch dann entschied er sich offensichtlich, das Thema fallen zu lassen. Er warf einen Blick in den Kofferraum ihres Wagens und wies auf den Berg von Gepäckstücken, die sie für ihren dreiwöchigen Urlaub für nötig befunden hatte.

„Soll ich dir beim Tragen behilflich sein?“, fragte er geschickt.

„Streng dich nicht so an, Caid!“, wies ihn Sanchia mit einem leichten Lächeln ab. „Ich werde dir Waiora Bay auf keinen Fall verkaufen.“

Einen Moment lang herrschte ein betretenes Schweigen. Sanchia fühlte, wie ihre Knie anfingen zu zittern und sich ein unangenehmes Gefühl von Schwäche in ihren Gliedern breitmachte. „Jetzt nicht – und niemals“, setzte sie deshalb vorsichtshalber noch einmal mit Nachdruck hinzu.

Seine kobaltblauen Augen schienen ihre Farbe noch zu vertiefen. „Ich habe dir ein faires Angebot gemacht. Und ich denke nicht daran, es zu erhöhen.“ Seine Stimme verursachte ihr eine Gänsehaut.

„Es ist mir völlig gleichgültig, ob du es erhöhst oder nicht“, erwiderte sie scheinbar gelassen. „Ich hasse den Gedanken, dass irgendwelche reichen Leute sich überall auf Waiora Bay prächtige Strandhäuser hinstellen können, die sie dann höchstens zwei, drei Wochen im Jahr nutzen.“

„Meine Mutter und ich verbringen hier weit mehr als zwei, drei Wochen im Jahr.“

Flammende Röte schoss ihr ins Gesicht. „Das weiß ich. Euch meinte ich damit auch nicht …“

„Schon gut“, unterbrach er sie. „Ich hatte niemals vor, die Bay zu erschließen.“

„Na klar! Und zwar deshalb nicht, weil ich sie dir nie verkaufen werde.“

„Beabsichtigst du denn, hier zu leben?“ Er warf einen schnellen Blick zu den umfangreichen Gepäckstücken in ihrem Wagen.

„Ich arbeite in Auckland, wie du weißt, und hierher komme ich, um Ferien zu machen“, sagte sie langsam und betont.

„Sanchia, warum willst du nicht endlich diese dumme Geschichte von vor drei Jahren vergessen? Nur weil ich mit dir schlafen wollte, hättest du nicht aus meinem Bett und meinen Armen flüchten müssen, als wäre ich ein Werwolf.“ Seine heisere Stimme zerrte an ihren Nerven und verursachte ihr ein seltsames Ziehen im Magen. „Es ist vorbei, und ich trage dir bestimmt nichts nach. Lass uns noch einmal von vorn anfangen!“ Bedächtig streckte er eine kräftige, braune Hand aus.

Auch wenn Sanchia tief in ihrem Inneren wusste, dass sie niemals etwas anderes als ein bedeutungsloser Urlaubsflirt für ihn hätte sein können, kränkte sie die Lässigkeit doch ein wenig, mit der er ihre Verweigerung aufgenommen hatte. Einige Monate oder, wenn sie ganz ehrlich war, mindestens ein Jahr lang hatte sie gewartet und gehofft, dass er sich genug aus ihr machen würde, um sich zu melden. Aber er hatte es nicht getan.

Doch dies hier war etwas ganz anderes. Hier ging es ums Geschäft, und er war auf wesentlich mehr aus als auf ihren unerfahrenen Körper. Sie musste auf der Hut sein.

Zögernd legte Sanchia ihre Finger in seine warme Hand. „Okay, Caid!“

Er quetschte ihr nicht die Knochen zusammen, wie viele Männer es unbedacht taten, noch hielt er sie länger als notwendig fest, trotzdem löste die Berührung eine Welle der Erregung in ihr aus.

Verdammt, dachte sie alarmiert, es passiert schon wieder! Und auch wenn sie wusste, dass ihre Empfindungen zu nichts führen würden, war sie nicht in der Lage, sie zu unterdrücken. Als er seine Hand nach einem sanften, aber bestimmten Druck zurückzog, verspürte sie ebenso viel Erleichterung wie Enttäuschung.

Sanchia hob vorsichtig die gesenkten Wimpern. Caid lächelte nicht, wie sie vermutet hatte. Er starrte mit einem nicht zu deutenden Blick auf ihren Mund. Sanchia fühlte, wie ihre Handflächen feucht wurden.

„Ich habe mich schon lange danach gesehnt, meinen Namen endlich wieder von deinen Lippen zu lesen“, murmelte er fast atemlos. „Endlich wieder zu hören, wie du ihn mit deiner heiseren, sonnenwarmen Stimme flüsterst.“

Sanchia überlegte fieberhaft, wie sie auf diese offene Provokation in seiner Stimme antworten sollte. Was zum Teufel war überhaupt auf einmal mit ihm los?

Nun, Caid selbst wusste genau, was momentan in ihm vorging. In dem Augenblick, als er einen Blick auf Sanchias lange, braune Beine geworfen hatte, die sie mit einer unglaublich erotisch wirkenden Geste aus dem Auto geschwungen hatte, war ihm so heiß geworden, dass er kaum mehr Herr seiner Gedanken war.

Sein Körper war angespannt wie der eines Panthers während der Jagd. Warum nahm sie nicht endlich die Sonnenbrille ab? Er erinnerte sich plötzlich wieder deutlich an den reizvollen Kontrast, den ihre dunkelgrünen, funkelnden Augen mit den langen, dunklen Wimpern zu ihrem weichen sinnlichen Mund bildeten. Irritiert fühlte er, dass sich sein Körper wie zu einem Sprung bereit machte, und versuchte, das überwältigende Verlangen zu unterdrücken, während er begierig auf eine Reaktion von ihr wartete.

Sie kam in einer ernüchternden Beherrschtheit, die ihm fast ein unwilliges Knurren entlockte.

„Caid, was versprichst du dir davon? Bist du noch nicht zufrieden?“, fragte sie kühl.

„Nein. Erst wenn ich wenigstens eine Option auf das Land von dir erhalte“, sagte er gedehnt und beobachtete sie aufmerksam.

Verärgert presste Sanchia die Lippen zusammen.

Mit zynischer Belustigung musste Caid einsehen, dass er sich zwar selbst ein Bein gestellt, Sanchia aber wenigstens kurzfristig verunsichert hatte. Es wäre interessant zu erfahren, was sie zu einem spontanen Angebot sagen würde, das den bisherigen Kaufpreis um ein Vielfaches übersteigen würde. Aus schmalen Augen musterte er ihr schlichtes Outfit. Ein Körper wie ihrer sollte ausschließlich in reine Seide gehüllt sein, dachte er und unterdrückte ein laszives Grinsen. Und ein neuer sportlicher Wagen würde ihr auch besser stehen. Ob sie eine Frau war, die mit schnell und leicht verdientem Geld zu beeindrucken war?

Nein, gab er sich selbst die Antwort. Sonst hätte sie schon vor drei Jahren mit ihm geschlafen. „Ich würde selbstverständlich großzügig dafür bezahlen“, sagte er gedehnt.

Sanchia betrachtete ihn einen Augenblick nachdenklich und reckte dann trotzig das Kinn. „Wie stehen im Moment die Preise für eine Option?“ Sanchia wusste genau, dass es nur ein obligatorischer Dollar war.

In einem fast nachlässigen Ton nannte er eine Summe, von der er annehmen konnte, sie damit gebührend zu beeindrucken.

Sanchia ließ sich Zeit mit der Antwort. Sie wandte sich von ihm ab und schaute aufs Meer hinaus. Ein wohlgeformtes Profil, dachte Caid, nicht wirklich schön – nicht einmal hübsch, aber ebenmäßig und reizvoll. Schwarzes glänzendes Haar umfloss ihre sanft gerundeten Schultern, und ihr anbetungswürdiger Mund rief verbotene Fantasien in ihm wach. Sie wirkte immer so feenhaft und irgendwie entrückt wie die geheimnisvollen exotischen Frauen aus den alten orientalischen Märchen. Und gerade im Moment, in ihren alten, knappen Shorts und dem feuchten, dünnen Baumwoll-T-Shirt, das ihre kleinen, hoch angesetzten Brüste betonte, verschlug sie ihm fast den Atem.

Caid ertappte sich bei der Überlegung, ob sie noch Jungfrau war. Es schien nicht sehr wahrscheinlich, und warum sollte es ihn überhaupt interessieren … Er hatte doch bei seinen Geliebten noch nie besonderen Wert auf Jungfräulichkeit gelegt.

Himmel, wohin verirrten sich seine Gedanken? Hier ging es ums Geschäft und nicht um Sex! Reiß dich zusammen, alter Junge, rief er sich grimmig zur Ordnung.

Es war ihm unmöglich zu beurteilen, was hinter Sanchias glatter Stirn vor sich ging, als sie ihm endlich antwortete. „Das ist eine Menge Geld für nichts, oder?“

Irgendetwas in ihrem Ton, an ihren hochgezogenen Schultern und dem trotzig vorgeschobenen Kinn erinnerte Caid an den schlaksigen Teenager, der ihn immer auf irgendeine Art im Auge gehabt hatte und um ihn herum gewesen war wie ein vertrauter Schatten.

„Ich werde dir eine Option einräumen, wenn es dich glücklich macht“, sagte sie nach einer Pause. „Aber ich werde nicht an dich verkaufen.“

Eine genaue Vorstellung davon, wie Sanchia ihn glücklich machen könnte, flammte in Caids Fantasie auf und beeinträchtigte sein reales Denkvermögen. Ärgerlich über die Anstrengung, die es ihn kostete, wieder in die Wirklichkeit zurückzufinden, fiel seine Entgegnung brüsker aus, als er es beabsichtigt hatte. „Besser, du denkst noch einmal darüber nach, ehe du dich entschließt.“

„Ich habe mich bereits entschlossen“, sagte sie fest, nachdem sie sich ihm wieder zugewendet hatte, und schaute ihm ruhig in die Augen. Dann schien sie zu erwarten, dass er sich jetzt verabschiedete. Eine Sekunde lang spielte er mit dem Gedanken, ihr doch noch beim Gepäck zu helfen, wusste jedoch, dass er es nicht mehr lange aushalten würde, diesen Körper vor sich zu sehen, ohne ihn berühren zu dürfen.

„Ich werde dir die Papiere heute Abend vorbeibringen“, sagte er mit trockenem Mund.

„Handelst du inzwischen selbst mit Optionsformularen?“, fragte sie ironisch. „Soweit ich weiß, sind überall Ferien, und alle Anwälte Neuseelands tummeln sich bis Ende Januar am Strand.“

„Ich habe immer Optionsscheine vorrätig“, erwiderte er einfach. Ein kaum wahrnehmbarer Unterton in seiner Stimme warnte sie, ihn nicht weiter zu reizen. „Wir sehen uns heute Abend“, schloss er knapp.

2. KAPITEL

Regungslos verharrte Sanchia auf der Stelle, bis Caids beeindruckende Erscheinung im dunklen Grün der Pohutukawabäume verschwunden war. Dann stieß sie die Luft mit einem scharfen Zischen aus. „Zur Hölle mit ihm!“

Es wäre auch zu schön gewesen, wenn sich ihre Hoffnung erfüllt hätte, in diesen Ferien von seiner Anwesenheit verschont zu bleiben.

Entschlossen beugte sie sich in ihren Kofferraum und griff nach dem erstbesten Karton. Mit einem Ruck hob sie ihn heraus und wünschte sich, sie könnte die Erinnerung an Caids Gegenwart genauso abrupt loswerden. Ein einziger Blick auf ihn hatte genügt, um ihre mühsam verdrängten Gefühle für ihn wieder zu erwecken, als seien die letzten drei Jahre nicht mehr als ein einziger Tag gewesen. Während sie seufzend den schweren Karton mit den Lebensmitteln auf den Verandastufen absetzte, überlegte Sanchia, dass sie heute viel besser damit zurechtkommen müsse als vor drei Jahren.

Sie schloss die Haustür auf und fuhr zurück, als ihr eine Wolke stickig heißer, abgestandener Luft entgegenschlug. Sanchia nahm den Karton auf die Arme und trat ins Haus. Wahrscheinlich gab es nicht viele Frauen, die Nein zu Caid Hunter gesagt hatten, und vielleicht plante er deshalb eine kleine Revanche?

Nachdem sie die Lebensmittel auf dem Küchentisch abgestellt und das Fenster aufgerissen hatte, schaltete Sanchia die elektrischen Sicherungen und den Gasboiler ein, damit sie heißes Wasser zum Duschen hatte. Ein frischer Luftzug fegte von der Küste her durchs Haus, als sie auch noch die Hintertür öffnete. Die Luft schmeckte nach Salz und vertrieb im Nu den Muff aus dem alten Gemäuer.

Sanchia trat aus der Hintertür und sog, wie so oft schon, gierig die belebende Brise in ihre Lungen ein. Sie ertappte sich dabei, dass ihr Blick wie automatisch das Dach der Hunter-Villa zwischen den hohen Bäumen suchte. Wenn sie sich auf die Zehenspitzen stellte, konnte sie einen Zipfel der weißen Terrasse sehen, die zum Meer hinausging.

Nachdem der Wagen ausgeladen und das Bett gemacht, das alte Haus durch das vertraute Summen des alten Kühlschranks wieder zum Leben erwacht war und Sanchia sich den Staub der langen Reise vom Körper gespült hatte, trank sie zwei Gläser kaltes, frisches Wasser und machte sich dann ein Salatsandwich, zu dem sie sich einen Becher Kaffee genehmigte.

Erst danach fühlte sie sich in der Lage, über die weite Rasenfläche in den Schatten der Pohutukawabäume zu schlendern. Die Luft flirrte vor Hitze, und die stechende Sonne strahlte auf die typisch neuseeländische Ferienszenerie herunter – den weißen Strand, das kobaltblaue Wasser, das am Horizont mit dem strahlend blauen Himmel zu verschmelzen schien, und den Küstenstreifen, dessen Gesicht durch romantische Buchten, kantige Riffe und kleine Häfen geprägt wurde.

Sanchia hob das Kinn und wanderte dann mit festen Schritten über das saftig grüne Gras in Richtung eines Hügels auf der anderen Seite der Bay, zu dem ein ausgetretener Pfad führte. Im Hintergrund hörte sie das vertraute Geräusch der Wellen. Ihre Schritte wurden leichter und beschwingter, je näher sie ihrem Ziel kam.

Oben auf dem Hügel, auf der Grenze zu Hunters Land, stand noch ein mächtiger Pohutukawabaum. In jedem Winter fanden Tausende von Schmetterlingen den Weg zu diesem Baum, um in der Sonne ihre Flügel zu wärmen. Schläfrig, fast unbeweglich verharrten sie dort und träumten sich durch den Winter. Einige waren sogar noch hier, wunderschöne Farbtupfer in Orange und Schwarz. Einen Moment lang blieb sie stehen, um sie zu betrachten.

In dem Sommer, als sie sechzehn wurde, hatte Sanchia hier versucht, einen dieser Schmetterlinge zu retten, der fast in einem kleinen Rinnsal ertrunken wäre. Sie war bei dem Rettungsversuch auf einen Stein getreten, umgeknickt und hatte sich den Knöchel verstaucht.

Caid hatte sie unter dem Baum sitzend gefunden, während der Schmetterling auf ihrer ausgestreckten Hand in der Sonne trocknete. Behutsam hatte er das orange-schwarze Insekt von ihrer Hand auf seine befördert und es dann auf einem Blatt abgesetzt. Und dann hatte er es offensichtlich als völlig normal empfunden, Sanchia ungeachtet ihres schwachen Protestes auf seine starken Arme zu nehmen und nach Hause zu tragen.

Sie hatte kaum atmen oder gar reden können, bis er sie vorsichtig in dem alten Liegestuhl auf der Veranda abgesetzt hatte. Sie überlegte, ob es seine unverbindliche Freundlichkeit und der absolute Mangel an persönlichem Interesse an ihrer Person gewesen war, der sie fünf Jahre später dazu gebracht hatte, ihm zu vertrauen.

Vielleicht war es aber auch das unglaubliche Gefühl gewesen, das sie erfasst hatte, als sie seine harten Muskeln durch den dünnen Stoff seines Hemdes gespürt hatte.

„Schon seltsam, wie viel scheuer und argwöhnischer diese Schmetterlinge heute sind, im Gegensatz zu jenen damals …“, drang eine vertraute Stimme von der anderen Seite des Zaunes an ihr Ohr.

Sanchia wirbelte erschrocken herum und starrte in Caids amüsiertes Gesicht. „Mach dich das nächste Mal gefälligst früher bemerkbar!“, platzte sie heraus, bevor sie sich wegen ihres rüden Tons verlegen auf die Lippen biss.

Caid hob die Augenbrauen. „Sicher, gern“, sagte er in ruhigem Ton. Die kurzen Shorts und das schwarze T-Shirt beeinträchtigten die undefinierbare Aura von Autorität, die ihn immer umgab, kein bisschen.

Sanchia war glücklich, dass sie daran gedacht hatte, sich ihre Sonnenbrille aufzusetzen. „Entschuldige, aber du hast mich furchtbar erschreckt!“, brachte sie etwas mühsam hervor. „Ich frage mich, was diese Schmetterlinge überhaupt noch hier verloren haben?“, schnitt sie hastig ein anderes Thema an, um die quälenden Erinnerungen zu unterdrücken, die sein überraschendes Auftauchen in ihr wachriefen. „Aber irgendwann werden wohl auch sie gehen.“ Sanchia musste schlucken. „Großtante Kate hat den Sommer auch immer besonders geliebt“, sagte sie leise und wusste selbst, dass sich ihre Worte wie ein ungeschicktes Friedensangebot anhörten.

Autor

Robyn Donald
<p>Die Neuseeländerin Robyn Donald ist überzeugt, dass Schreiben und Gärtnern viel gemeinsam haben: Beide Tätigkeiten sind mit Fantasie, Gefühlen, Visionen, viel Arbeit und Rückenschmerzen verbunden - und machen, wenn sie erfolgreich abgeschlossen sind, sehr glücklich. Schon als Kind erzählte Robyn ihren vier jüngeren Schwestern und ihrem Bruder sehr gern haarsträubende...
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