Verzehrendes Verlangen nach dem Boss

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Zwei Wochen im Paradies: Harper wird von Milliardär Salvador da Rocha engagiert, als persönliche Assistentin auf seiner Privatinsel vor der Küste Brasiliens zu arbeiten. Eigentlich ein Traumjob, wären da nicht Harpers widerstreitende Gefühle für ihren neuen Boss. Gerade noch hasst sie ihn für seine Arroganz, dann verzehrt sie sich schon wieder insgeheim nach seinen stürmischen Küssen. Ehe sie sich versieht, steckt sie mitten in einer leidenschaftlichen Affäre – mit einem Mann, der seit einem tragischen Verlust für immer der Liebe abgeschworen hat …


  • Erscheinungstag 09.01.2024
  • Bandnummer 2630
  • ISBN / Artikelnummer 0800242630
  • Seitenanzahl 144

Leseprobe

1. KAPITEL

„Begreifen Sie, was dieser Job beinhaltet?“, fragte Salvador da Rocha, und in seinen goldbraunen Augen glänzte Zynismus.

Harper Lawson wusste genug über diesen Mann, um auf seine charakteristische Arroganz gefasst zu sein. Sie verkniff sich die Bemerkung, dass er sich in keiner sehr guten Verhandlungsposition befand, da seine Assistentin, nachdem Harper von ihr in alles eingewiesen worden war, ihren wohlverdienten zweiwöchigen Urlaub angetreten hatte. Er brauchte Harper, doch offensichtlich wollte er sie nicht brauchen.

„Ja, Sir.“

Er verschränkte die Finger unterm Kinn und durchbohrte sie mit seinem Blick. Um sie zu verunsichern? Sie fragte sich, ob sie ihm sagen sollte, dass er sich die Mühe sparen konnte. So leicht brachte sie nichts aus der Ruhe. Sie hatte in ihrem Leben schon für zu viele Idioten gearbeitet, um sich von Salvador beeindrucken zu lassen – auch wenn er zufällig der Chef des Unternehmens und einer der reichsten Männer der Welt war.

„Amanda macht ständig Überstunden, manchmal arbeitet sie sogar sieben Tage die Woche. Wenn ich verreisen muss, lässt sie sofort alles stehen und liegen, um mich zu begleiten. Sie organisiert mein Leben. Jeden Aspekt. Ich verlasse mich vollkommen auf sie.“

Harper verzog keine Miene – nichts anderes hatte Amanda ihr erzählt.

„Wenn Sie diesen Job annehmen, werden Sie die nächsten zwei Wochen nur existieren, um mir zu Diensten zu sein. Ist Ihnen das klar?“

Sie ignorierte das seltsame Kribbeln, das sie bei seinen Worten durchlief.

„Im Gegenzug“, fuhr er nach einer kleinen Pause fort, „erhalten Sie einen stattlichen Bonus.“

Harper drehte sich der Magen um, und ihre Fingerspitzen prickelten. Der „stattliche Bonus“ war genau der Grund, warum sie sich von Amanda hierzu hatte überreden lassen. Als eine der ältesten Freundinnen ihrer Mutter gehörte sie zu den wenigen Menschen in Harpers Leben, die ihre persönliche Situation verstanden. Tatsächlich war es sogar Amanda gewesen, die sie vor zwei Jahren gedrängt hatte, den Job bei da Rocha Industries in Chicago anzunehmen. Weil Harper hart arbeitete – härter als fast jeder, den sie kannte. Ihr blieb nichts anderes übrig. Sie brauchte jeden Cent, den sie verdienen konnte, um die Arztkosten ihrer Mutter zu bezahlen, und Rocha Industries war bekannt für seine großzügigen Gehälter.

„Wie stattlich?“, fragte sie angriffslustig. Es war eine Frage, die anderen vielleicht peinlich gewesen wäre, doch Harper war längst über den Punkt hinaus, wo sie es sich leisten konnte, sich zu zieren, wenn es um Geld ging. Sie musste skrupellos sein, um zu überleben. Ihre Fähigkeiten waren vielfältig und gefragt, und sie setzte sie ein, um ihrer Mutter den bestmöglichen Komfort zu bieten. Leider war eine Betreuung rund um die Uhr nicht billig.

Auf Salvadors Lippen flackerte eine Gefühlsregung auf, die sie nicht einordnen konnte, doch sie hob trotzig das Kinn. Auf keinen Fall würde sie sich für die Frage schämen.

„Ich finde die Frage berechtigt“, murmelte sie. „Sie verlangen, dass ich zwei Wochen Ihr Sklave bin, und obwohl ich dazu mehr als bereit bin, wüsste ich gern, was ich dafür bekomme.“

Er wandte sich seinem Laptop zu und drückte ein paar Tasten. „Zusätzlich zu Ihrem regulären Gehalt“, sagte er und ließ keinen Zweifel daran, dass er ihre Personalakte auf dem Bildschirm hatte, „erhalten Sie vier Monatsgehälter sowie die damit verbundenen Leistungen.“

„Vier Monatsgehälter“, wiederholte sie und überschlug die Zahlen im Kopf.

Er wandte sich ihr wieder zu, und ein weiterer Schauer lief ihr über den Rücken.

„Das sollte Ihnen einen Eindruck davon vermitteln, was ich von Ihnen erwarte.“

Sie zog die Augenbrauen hoch. „Ich arbeite hart, Mr. da Rocha. Das sollte Ihnen bekannt sein.“

„Ich sehe, dass Sie ausgezeichnete Referenzen haben.“

„Aber Sie zweifeln daran?“

„Ich bin grundsätzlich skeptisch“, erwiderte er prompt. „Mein Vertrauen muss man sich verdienen.“

„Dann befinden wir uns in einer Sackgasse“, bemerkte sie nüchtern, ihre Miene bis auf die leicht verengten grünen Augen neutral. „Sie brauchen eine Vertretung für Amanda, und ich bin Ihre beste Option.“

„Sie sind ganz schön selbstbewusst.“

„Ja“, meinte sie achselzuckend, wobei der Seidenstoff ihrer Bluse über ihren schlanken Körper flatterte wie ein Wasserfall. Für einen kurzen Augenblick senkte sich Salvadors Blick, und in ihrer Magengrube flackerte ohne Vorwarnung eine kleine, heiße Flamme auf, die Harper völlig unerwartet traf. Sie unterdrückte das Gefühl sofort, weil sie sich nicht eingestehen wollte, welche Wirkung ein Mann wie Salvador auf Frauen haben konnte. Sie würden viele Stunden am Tag eng zusammenarbeiten, und Harper wusste aus Erfahrung, dass es keine gute Idee war, Beruf und Privatleben zu vermischen.

„Ihnen ist bewusst, dass es sich um eine Stelle mit Unterkunft handelt?“

Für einen kurzen Moment fiel ihr Blick auf den üppigen, tropischen Regenwald hinter Salvador und wanderte dann zum glitzernden Südatlantik vor den weißen Sandstränden der Copacabana auf der anderen Seite der Meerenge.

Die Ilha do Sonhos, die Privatinsel, auf der der öffentlichkeitsscheue Milliardär lebte und arbeitete, war einer der schönsten Orte, die Harper je gesehen hatte. Beim Landeanflug des Hubschraubers hatte sie den Panoramablick aufs Meer und die prähistorische Landschaft der Insel genossen – zerklüftete Berge, schroffe Klippen, wilde Wiesen und knorrige Bäume, die einen dichten, grünen Dschungel bildeten. Fast wirkte sie unbewohnt, abgesehen von diesem Architektenhaus aus Holz und Glas, mit spektakulärer Aussicht in alle Richtungen.

„Ja.“ Ein Ruck durchfuhr sie, als sie ihm den Blick wieder zuwandte. Bisher kannte sie ihn nur aus der Ferne von einer Firmenveranstaltung in ihrer Heimatstadt Chicago. Er hatte lediglich mit Amanda und dem Finanzchef Alan Bridges gesprochen, mit niemandem sonst, doch er besaß eine unbestreitbare Anziehungskraft. Seine Präsenz, sein Charisma, sein Selbstbewusstsein erfüllten den ganzen Raum, und ihr Blick war wie magisch von ihm angezogen worden.

„Sie haben einen beeindruckenden Lebenslauf“, sagte er und deutete auf den Bildschirm.

Allerdings. Mit sechsundzwanzig hatte sie schon für einige der größten Namen der Branche gearbeitet, und bis auf die unerfreuliche Erfahrung mit Peter Cavstock hatte sie jedes Mal geglänzt. Seit zwei Jahren arbeitete sie im Chicagoer Büro von da Rocha Industries für den Leiter der Abteilung Nordamerika.

„Danke“, sagte sie mit einem knappen Nicken.

„Warum sind Sie zu da Rocha Industries gekommen?“, fragte er und fixierte sie mit ernstem Blick.

Sie unterdrückte das Verlangen, ihm den wahren Grund zu nennen. War es nicht wichtiger, dass sie für ihn arbeitete? Dass eine seiner Führungskräfte sie für unentbehrlich hielt?

„Es war eine ausgezeichnete Gelegenheit“, antwortete sie ausweichend.

„Was gefällt Ihnen an Ihrer gegenwärtigen Position?“

„Was mir gefällt, ist nicht von Bedeutung“, sagte sie nach kurzem Zögern. „Es ist ein Job.“

„Ihnen gefällt also nicht, was Sie tun?“

„Das habe ich nicht gesagt“, sagte sie leise. „Aber ich beurteile meine Arbeit nicht nach ihrem Unterhaltungswert. Unabhängig davon, ob mir mein Job gefällt oder nicht, erledige ich ihn stets ausgezeichnet. Jeden Tag.“

Er stützte sein Kinn erneut auf die verschränkten Finger. Sein Gesicht war faszinierend. Ihr Blick blieb länger an seinen scharfen Gesichtszügen hängen als notwendig. Sie bewunderte seine gemeißelten Wangen- und Kieferknochen, die aristokratische Nase und den Bartschatten, der seinem gesamten Erscheinungsbild eine gewisse Nachlässigkeit verlieh, was durchaus attraktiv wirkte. „Arbeiten Sie gern mit Jack zusammen?“

Sie runzelte die Stirn und konzentrierte sich wieder auf das Gespräch. „Ja“, erwiderte sie schnell. „Aber ich habe auch schon für Leute gearbeitet, die ich nicht mag. Ich bin professionell, Mr. da Rocha. Ich komme zur Arbeit, um sie zu erledigen, und gehe erst, wenn sie getan ist. Entspricht das Ihren Anforderungen?“

Er betrachtete sie so lange, so intensiv, dass sie plötzlich Mitleid mit Käfern unterm Mikroskop bekam. Schließlich sprach er weiter, sein brasilianischer Akzent genauso faszinierend wie sein Gesicht.

„Amanda sagt, Sie haben einige Bedingungen.“

Harper hatte keine Zweifel, dass Amanda ihm ihre Bedingungen genannt hatte, doch Salvador wollte herausfinden, ob sie couragiert genug war, die Bedingungen selbst zu verhandeln.

Sie sah ihn ungerührt an. „Ja.“

„Und welche wären das?“

„Ich brauche eine halbe Stunde am Tag für mich allein. Während dieser dreißig Minuten werde ich nicht erreichbar sein.“

Sie lieferten sich ein Blickduell, das von Herausforderung durchdrungen war. Wer würde zuerst blinzeln?

„Eine ungewöhnliche Bitte“, sagte er.

„Dass ich Zeit für mich haben möchte?“

„Die präzise Zeitdauer.“

Sie presste die Lippen aufeinander, nicht bereit, darauf einzugehen. „Mr. da Rocha, ich habe keinen Zweifel daran, dass ich für diese Stelle geeignet bin. Ich würde gern für Sie arbeiten und bin zuversichtlich, dass ich Amanda während ihrer Abwesenheit ersetzen kann. Ich will das Geld, ja, aber mehr als das will ich Erfahrung. Solche Gelegenheiten bieten sich nicht oft.“

Seine Augen blitzten, erst golden, dann kupferfarben.

„Aber wenn Sie mit der Bedingung nicht einverstanden sind, kommen wir nicht zusammen.“

Es war ihm deutlich anzusehen, dass er sich überrumpelt fühlte.

„Begeistert bin ich nicht“, sagte er nach einem Moment des Zögerns.

Äußerlich blieb sie ungerührt, doch unterm Schreibtisch kreuzte sie die Finger, sodass er es nicht sehen konnte. In diesem Punkt konnte sie nicht nachgeben. Jeden Tag rief sie ihre Mutter im Pflegeheim an und las ihr vor. Die Ärzte waren nicht sicher, wie viel ihre Mutter davon verstand, doch Harper wusste, wie viel es ihr bedeutete.

„Soll ich draußen warten, während Sie darüber nachdenken?“, fragte sie und richtete sich zu ihrer vollen Größe auf. Sie war weder klein noch groß, war sich jedoch sehr bewusst, dass ihr Körper die Aufmerksamkeit des anderen Geschlechts auf sich zog, eine Tatsache, die ihr Unbehagen bereitete. Während ihre Mutter für ihre Schönheit verehrt und gefeiert worden war, empfand Harper diese Art von Aufmerksamkeit als unangenehm. Sie strich ihr dunkelbraunes Haar zurück und zuckte sofort zusammen, weil ihr klar wurde, dass die Geste ihre Nervosität verriet, die zu zeigen sie sich abtrainiert hatte.

Sein Blick wanderte über ihren Körper, und obwohl Harper es normalerweise hasste, wenn Männer sie musterten, bekam sie eine leichte Gänsehaut, die sie jedoch der schwachen Brise zuschrieb, die durchs Fenster zur Meerseite hereinwehte.

„Das wird nicht nötig sein“, sagte er schließlich und stand ebenfalls auf, sein Blick so unverwandt, dass sie den eigenen Herzschlag hörte. „Wenn Amanda Sie für die Stelle empfiehlt, sind Sie sicher gut.“

Gut.

Ein schwaches Lob, dachte sie bei sich.

In Gedanken erstellte sie eine Liste mit Synonymen – akzeptabel, durchschnittlich, erträglich, okay –, die bei näherer Betrachtung alle nicht besonders schmeichelhaft waren.

„Ich arbeite bis spätabends“, erklärte er unnötigerweise. „Ich werde nicht zögern, Sie zu rufen, wenn ich Sie brauche.“

„Das sagten Sie bereits.“ Sie nickte.

„Obwohl Sie den ganzen Tag für mich verfügbar sein müssen, erwarte ich auch, dass Sie meine Privatsphäre respektieren.“

„Sprechen Sie nur, wenn Sie angesprochen werden?“, konnte sie sich nicht verkneifen zu erwidern und lächelte zynisch.

„Etwas überspitzt formuliert, aber ja.“

Sie senkte den Blick, um sich nicht anmerken zu lassen, was sie davon wirklich hielt. „Damit habe ich kein Problem.“

„Dann sind wir uns einig, Miss Lawson.“

„Oh, nennen Sie mich doch Harper“, sagte sie auf dem Weg zur Tür. Mit seinen langen Schritten war er direkt hinter ihr, so nah, dass sie seine Körperwärme spüren konnte. Er griff an ihr vorbei, um die Tür zu öffnen.

„Wir sind keine Freunde, Miss Lawson. Wenn diese zwei Wochen vorbei sind, werden wir uns nie wiedersehen. Ich sehe keinen Grund, Sie mit Ihrem Vornamen anzusprechen.“

Es war eine klare Ansage. Eine Warnung: Werden Sie nicht zu vertraulich, fühlen Sie sich nicht zu wohl.

„Wie Sie wünschen, Mr. da Rocha“, erwiderte sie. „Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir den Weg zu meinem Büro zu zeigen?“

Zehn Minuten später befand sie sich in einem atemberaubenden Büro mit Panoramablick aufs Meer, hochmodernen Computern und Monitoren und einem kleinen Problem: Salvadors Büro lag direkt nebenan, getrennt nur durch eine große Glasscheibe, sodass sie ihn und er sie die ganze Zeit sehen konnte.

Es gab Jalousien, allerdings nur auf seiner Seite, sodass die Kontrolle allein in seiner Hand lag.

Eine Machtdynamik, die ihr zwar nicht behagte, die es sich für zwei Wochen aber nicht herauszufordern lohnte.

„Hat Amanda Sie auf den aktuellen Stand gebracht?“

„Ja, Sir.“

„Gut. Dieser Stapel ist am dringendsten. Fangen Sie gleich damit an.“ Er wandte sich zum Gehen. „Um sieben gibt es Frühstück, dann Mittagessen, um vier einen kleinen Snack und Abendessen um acht, aber Sie können sich in der Küche natürlich jederzeit bedienen. Ich esse allein. Es ist ein Zimmer für Sie hergerichtet – die Haushälterin Catarina wird es Ihnen später zeigen. Catarina ist Ihre Ansprechpartnerin für alles, was das Haus betrifft. Hat Amanda Ihnen eine Liste mit meinen Kontaktdaten gegeben?“

„Natürlich.“

„Gut.“ Seine Miene verfinsterte sich. „Ich dulde keine Fehler, Miss Lawson. Strengen Sie sich an, dann werden Sie die nächsten zwei Wochen gut meistern.“

Akzeptabel, ausreichend, ordentlich, dachte sie blinzelnd.

Als er das Büro verließ, hinterließ er die Andeutung einer Drohung in der Luft, und sie starrte mit einem mulmigen Gefühl auf den Computerbildschirm, doch nicht lange.

Sie besann sich und erinnerte sich selbst daran, dass sie kein Mauerblümchen war. Sie war niemand, dem das Leben einfach so passierte. Sie packte die Dinge bei den Hörnern, um sie zu ihren Gunsten zu richten, und genau das hatte sie auch jetzt vor.

So viel hing von diesen zwei Wochen ab. Trotz ihres ausgezeichneten Jahresgehalts bliebt nach Abzug der Hypothek und der medizinischen Versorgung ihrer Mutter nicht viel übrig. Der Gedanke, genug zu verdienen, um sich ein kleines finanzielles Polster anzusparen, war äußerst verlockend.

Vielleicht sogar genug, um aufs College zu gehen, unkte die kleine Stimme in ihrem Hinterkopf, doch Harper verdrängte diesen albernen Gedanken schnell wieder. Von ihrem Traum zu studieren hatte sie sich längst verabschiedet. Es war nicht anders gegangen, und sie hatte es keine Sekunde bereut. Denn durch ihren Einstieg in die Arbeitswelt war sie in der Lage gewesen, für ihre Mutter zu sorgen.

Es war nicht Harper Lawsons Schuld – nichts davon.

Es war nicht ihre Schuld, dass Amanda Carey vor siebenundzwanzig Jahren eine Tochter bekommen hatte. Auch nicht, dass sich diese Tochter vor einem Jahr verlobt hatte, in zwei Wochen heiraten würde und ihre Mutter an ihrer Seite brauchte. Es war nicht Harpers Schuld, dass Amanda zum ersten Mal seit acht Jahren Urlaub genommen hatte und er jetzt die Quittung dafür bekam, dass er die Organisation seines Lebens komplett abgegeben hatte.

Und es war definitiv nicht Harpers Schuld, dass ihre Augen die Farbe des Ozeans an einem stürmischen Nachmittag hatten, derselbe Farbton wie die Augen einer anderen Frau, die er einmal gekannt hatte. Augen, in denen er innerhalb weniger Monate Glück und Verzweiflung gesehen hatte, funkelnde Smaragde, die im Laufe von zwei Jahren ermattet waren. Augen, die er nie wiedersehen würde.

Salvador stand von seinem Schreibtisch auf, ging ans Fenster, um auf den Ozean zu blicken, und wünschte, er könnte ein paar Sturmwolken heraufbeschwören, die seiner Stimmung entsprachen.

Er mochte keine Veränderungen.

Er mochte keine Menschen – vor allem keine neuen Menschen.

Und irgendetwas an Harpers Art nervte ihn, auch wenn er nicht genau benennen konnte, was es war. Abgesehen von ihren Augen bestand keine Ähnlichkeit mit Anna-Maria. Anna-Maria hatte kurzes blondes Haar gehabt, das ihr Gesicht in weichen Wellen umrahmte. Sie war hochgewachsen und eine klassische Schönheit, bis sie durch die Chemotherapie so dünn wurde, dass er befürchtet hatte, sie könnte einfach so durchbrechen.

Er verzog das Gesicht.

Er versuchte, nicht an Anna-Maria zu denken – oder das Baby, das sie gezeugt und verloren hatten. Oder daran, wie Anna-Maria ihr Leben für das Baby gegeben hatte, indem sie die notwendige Krebstherapie hinausgezögert hatte, damit das Baby bessere Überlebenschancen hatte. Er versuchte, nicht an die jahrelange Freundschaft mit Anna-Maria zu denken, die zu seinem Leben gehört hatte. Daran, wie sie als Kinder miteinander gespielt, sich als Teenager geschrieben und dann in einer betrunkenen Nacht ihre Beziehung auf das nächste Level gebracht hatten.

Er versuchte, nicht daran zu denken, doch ab und zu kam alles wieder hoch, und dann brach er unter der Trauer fast zusammen. Nicht nur weil er sie verloren hatte, sondern weil er den Tod nicht hatte aufhalten können. Er hatte den Krebs nicht besiegen können. Er hatte sein ganzes Geld investiert, in der Überzeugung, dass die moderne Medizin die Antwort hatte, doch das war arrogant und naiv gewesen.

Ihre Tochter war gestorben, und nur wenige Monate später war Anna-Maria ihr gefolgt. Mit neunundzwanzig hatte er seine Frau, seine älteste Freundin begraben. Ein Jahr später musste Salvador sich immer noch jeden Tag daran erinnern, einen Fuß vor den anderen zu setzen, was Amandas Abwesenheit umso schmerzlicher machte.

Nichts davon war Harper Lawsons Schuld, doch sie war hier, obwohl er sie nicht hier haben wollte, und, schlimmer noch, er war auf sie angewiesen, so wie er auf Amanda angewiesen war.

Andererseits waren es nur zwei Wochen. Er konnte damit leben. In vierzehn Tagen war Amanda zurück, Harper würde verschwinden und sein Leben wieder zur Normalität zurückkehren, so wie er es mochte.

2. KAPITEL

Harpers Augen brannten, doch sie hatte nicht vor, das Büro als Erste zu verlassen. Schließlich war noch ein ganzer Berg an Aufgaben zu erledigen, und Salvador arbeitete auf der anderen Seite der Glasscheibe mit schier unerschöpflicher Energie und wirkte noch genauso frisch und konzentriert wie zu Tagesbeginn bei ihrem Kennenlernen.

War das wirklich erst heute gewesen?

Sie ließ den Stift auf den Schreibtisch fallen, lehnte sich zurück und gab sich für einen Moment der Erschöpfung hin, indem sie die Augen schloss und tief durchatmete. So ließ sie die Müdigkeit über sich hinwegspülen, während sie bis zehn zählte. Dann öffnete sie die Augen und konzentrierte sich wieder auf den Bildschirm. Die Zahlen verschwammen.

Sie legte ihre Finger auf die Augen und massierte sanft die Lider.

„Sie können gehen.“

Beide hatten so lange nicht gesprochen, dass sie fast vergessen hatte, wie seine Stimme klang. Sie drehte sich mit dem Stuhl zur Tür, und das Herz schlug ihr bis zum Hals. Er sieht doch nicht mehr ganz so frisch aus wie am Morgen, dachte sie stirnrunzelnd. Er hatte das Hemd aufgeknöpft, die Ärmel bis zu den Ellbogen hochgekrempelt, die gebräunten Unterarme entblößt. Aus irgendeinem Grund wurde ihr Mund bei seinem Anblick trocken, ihre Zunge schien den ganzen Mund auszufüllen.

Sie schluckte schwer und wandte sich wieder dem Bildschirm zu. „Ich gehe gleich.“

„Sie sind erschöpft.“ Er klang enttäuscht.

„Nun ja, es ist nach Mitternacht“, bemerkte sie und dehnte ihren Nacken.

„Wenn es Ihnen zu viel ist …“

Sie knirschte mit den Zähnen. „Ist es nicht.“ Rasch drückte sie ein paar Tasten auf dem Computer und versetzte ihn in den Ruhemodus. „Nur aus Interesse, bis wann arbeitet Amanda normalerweise?“ Sie stand auf und packte ihre Sachen, während sie sprach.

„Amanda macht den Job seit acht Jahren.“

„Ich nehme an, das heißt, sie macht normalerweise deutlich früher Feierabend.“

„Wie gesagt, wenn es Ihnen zu viel ist …“

„Das habe ich nicht gesagt“, erwiderte sie energisch. „Aber wie geht der Satz eigentlich weiter? Haben Sie eine Alternative für mich? Jemanden, den Sie einfliegen können, um den Job zu übernehmen?“

Sie war zickig, aber na und? Sie war müde, und er erwartete viel zu viel.

Offensichtlich hatte sie einen Nerv getroffen, denn er zog die Augenbrauen zusammen, und seine ausdrucksvollen, schönen Augen verdunkelten sich für einen Moment.

„Hat die Haushälterin Ihnen schon Ihr Zimmer gezeigt?“

„Ich habe die Haushälterin nicht gefunden“, sagte Harper schnippisch und widerstand dem Drang darauf hinzuweisen, dass sie den ganzen Tag gearbeitet hatte.

Erneut erntete sie Missbilligung. „Dann muss ich es Ihnen zeigen.“

„Sagen Sie mir einfach, wohin ich muss, ich finde mich schon zurecht.“

„Es ist ein großes Haus.“

„Und ich bin eine intelligente Frau. Welche Richtung?“

Er presste die Lippen aufeinander. „Kommen Sie. Ich bringe Sie hin.“

Nun, das wurde definitiv kein Zuckerschlecken. Sie sagte sich, dass er es nicht speziell auf sie abgesehen hatte, sondern dass er eben einfach ein unfreundlicher, menschenscheuer Milliardär war, doch es fiel ihr schwer, sein Verhalten kein bisschen persönlich zu nehmen. Sie hatte schon mit einigen wirklich unangenehmen Leuten zusammengearbeitet, aber keiner war so unverhohlen unhöflich gewesen wie dieser Mann.

Andererseits hatte er es bei seinem Bankkonto wahrscheinlich nicht nötig, höflich zu sein.

Vielleicht zahlte er deshalb so großzügige Gehälter.

Sie folgte ihm durchs Haus. Der Panoramablick auf die Strände aus allen Fenstern wurde von der Nacht ausgeblendet. Stattdessen sah man die Silhouette alter Bäume, am Himmel die funkelnden Sterne. Als sie um die Ecke bogen, warf der hochstehende, volle Mond einen silbernen Pfad übers Meer, und Harper stockte bei so viel Schönheit der Atem.

Als ihr Boss das Geräusch hörte, drehte er sich stirnrunzelnd um, sein Gesicht eine stumme Frage.

„Es ist so schön“, schwärmte sie, kam sich aber sofort dumm vor.

Er reagierte nicht, sodass sie sich noch schlechter fühlte. Glücklicherweise waren sie am Ziel. Er öffnete eine Tür, die nach innen aufging, ohne einzutreten.

„Es ist alles für Ihren Aufenthalt vorbereitet. Sie haben hier sogar ein Büro.“

Die Suite war so luxuriös, wie man es in einem Fünfsternehotel erwarten würde. Sie warf einen Blick auf das große Bett, das Sofa, den riesigen Flachbildfernseher und die Glastüren, die vermutlich auf einen Balkon führten.

„Danke.“ Ihr Blick wanderte zurück zum Bett. Sie konnte es nicht erwarten hineinzuschlüpfen. Aber zuerst eine heiße Dusche.

Sie drehte sich zu Salvador um, der noch immer auf der anderen Seite der Tür stand. Ein bisschen war sie gerade froh darüber, dass er draußen war, weil er eine solche Männlichkeit verströmte.

Autor

Clare Connelly
<p>Clare Connelly liebt Liebesromane – von Jane Austen bis E L James. Nachdem sie lange erfolgreich Selfpublisherin war, ging 2017 ihr Traum in Erfüllung, als ihr erstes Buch bei einem Verlag erschien. Seitdem ist sie nicht mehr zu stoppen. Clare liest und schreibt leidenschaftlich gerne, und lebt in einem kleinen...
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