Wie zähmt man einen Rancher?

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Gavin Kingsley will ein Date mit ihr?! Lauryn kann nicht fassen, dass der sexy Bad Boy verspricht, bei ihrer Junggesellen-Auktion mitzumachen, wenn sie dafür mit ihm ausgeht. Weil sie dringend Geld braucht, geht sie trotz aller Zweifel auf die Bedingung des Ranchers ein. Auf das Date folgt eine verboten heiße Nacht – und auch danach bleibt Gavin zärtlich und aufmerksam. Bald ist Lauryn sicher, dass er zu Unrecht als Bad Boy gilt. Aber warum stellt er ihr immer wieder Fragen zu ihrem ehemaligen Job auf der Ranch seines verstorbenen Vaters?


  • Erscheinungstag 18.07.2023
  • Bandnummer 2298
  • ISBN / Artikelnummer 0803232298
  • Seitenanzahl 144

Leseprobe

PROLOG

Gavin Kingsley konnte nicht schnell genug seine Sachen zusammenpacken.

„Du hast die ganze Zeit davon gewusst und mir nichts erzählt“, warf er seinem älteren Halbbruder Levi Kingsley am anderen Ende der Leitung vor, während er wütend in seinem geräumigen, begehbaren Kleiderschrank hin und her lief.

Levis Gesicht war auf dem Display des Tablets zu sehen, das Gavin auf ein Regalbrett gestellt hatte. Er lebte bereits seit zwei Jahren in dem nach seinen eigenen Entwürfen gebauten Haus direkt neben der Kingsland Ranch im Westen Montanas, auf der er aufgewachsen war. Seine beiden Halbbrüder hatten ihn außerdem kürzlich dazu überredet, den Aufbau eines neuen Zuchtprogramms zu leiten, obwohl ihr Vater Duke Kingsley nie viel von Gavin gehalten hatte.

Dummerweise hatte Gavin sich Hoffnungen gemacht, dass die Entfremdung von seinem Vater irgendwann der Vergangenheit angehören und Duke ihn wieder in den Schoß der Familie aufnehmen würde. Dass sie ihre alten Differenzen beilegen konnten, damit ihre Zusammenarbeit und Gavins Nachbarschaft zur Ranch seines Vaters einen Sinn ergaben.

Doch Dukes Testament, das Gavin mit keinem Wort erwähnte, machte diese Hoffnungen komplett zunichte.

Die Erinnerung an jenen Moment, in dem ihm klar wurde, dass er hier im Grunde ein Störenfried war, der in den Augen des Vaters den Namen Kingsley nicht verdiente, drohte Gavin aufs Neue ein Loch ins Herz zu reißen.

Levis Stimme drang durch den Sog dieser dunklen Gedanken. „Gavin, ich hatte keine Ahnung, dass Dad die Ranch nur Quinton und mir hinterlassen würde.“

Gavin interessierte die Erklärung seines Bruders nicht. Hektisch stopfte er einen Stapel T-Shirts in einen Seesack. Er würde dieses Haus so schnell es ging verkaufen. Doch jetzt wollte er einfach nur den ersten Flug erwischen, der ihn aus Montana rausbrachte.

Weit weg von der Kingsland Ranch.

„Das ist doch Bullshit.“ Er riss eine Schublade auf, schnappte sich ein paar Trainings-Outfits und stopfte sie zu den Shirts. „Du bist Treuhandverwalter, also musst du davon gewusst haben.“

„Nur weil ich Vollmacht besitze, wusste ich nicht automatisch über Dads letzten Willen Bescheid. Ich war genauso überrascht wie du, als der Anwalt heute Nachmittag das Testament verlesen hat“, erwiderte Levi hitzig. Er saß in seinem Büro im Haupthaus der Ranch, in dem Duke zwei Wochen zuvor an einem Herzinfarkt gestorben war. „Dad hat den Trust nur eingerichtet, um ein teures Nachlassverfahren zu vermeiden und sicherzustellen, dass das Tagesgeschäft ohne Unterbrechung weiterläuft.“

Gavin holte einen Kleidersack für seine Hemden und Anzüge hervor.

„Es fällt mir schwer, das zu glauben. Vor allem, wenn ich an all die geheimen Meetings zwischen dir und Dad denke, bei denen es sicherlich um den Trust und seine Pläne für Kingsland ging.“ Schlimm genug, dass sein Bruder ihm all die Jahre die Wahrheit vorenthalten und ihn in dem Glauben gelassen hatte, dass Gavin ebenfalls ein Teil der Ranch gehörte. Doch Duke hatte ihm nicht einmal eine Fußnote in seinem Testament zugestanden.

Letztlich war Gavin in den Augen des Vaters schon immer weniger wert gewesen als Levi und Quinton. Die beiden stammten aus Dukes erster Ehe mit seiner geliebten Adele Boudreaux, der Tochter eines erfolgreichen texanischen Pferdezüchters. Nach Adeles plötzlichem Tod bei einem Reitunfall hatte Duke aus Bequemlichkeit seine Haushälterin Isla Mitchell geheiratet, um die Nanny für seine beiden Söhne zu sparen. Gavins Mutter hatte in den Augen ihres reichen Ehemanns diesen Makel nie abstreifen können. Die Ehe hielt nur fünf Jahre, und nach der Scheidung behielt Gavin zwar gewisse Privilegien auf der Ranch, doch er verbrachte einen Großteil seiner Jugend damit, um die Anerkennung seines Vaters zu ringen. Was sich ziemlich schwierig gestaltete, da er nicht die ganze Zeit auf der Kingsland Ranch wohnte. Gavin und seine Mutter lebten ein sehr bescheidenes Leben, und der Junge fühlte sich eher wie ein Besucher im Haus seines Vaters. Später, in seiner Zeit als Rodeoreiter, gab Gavin es auf, um Dukes Zuneigung zu buhlen, und lebte seine wilde Seite aus. Eine Zeitlang reichte es ihm, Duke bis zur Weißglut zu ärgern, nach dem Motto „ein bisschen Aufmerksamkeit ist besser als keine“. Doch schließlich hatte Gavin dieses wilde Leben aufgegeben und war seitdem davon ausgegangen, dass er irgendwann am Familiengeschäft beteiligt würde.

Genau aus diesem Grund hatte er sich auch von Levi dazu überreden lassen, das Grundstück direkt neben der Kingsland Ranch zu kaufen und darauf ein Haus zu bauen.

„Das kannst du aber gerne glauben“, erwiderte Levi und fuhr sich durchs dunkle Haar, ein Erbe seiner französisch-kreolischen Mutter. „Und du kannst jetzt nicht weg. Schließlich stehen wir kurz vor dem Start des Zuchtprogramms. Wir schaffen das nicht ohne dich …“

„Ich bin wirklich froh, das zu hören“, erwiderte Gavin. „Wenn ich an den Tiefschlag denke, den ich heute Morgen abbekommen habe – ganz zu schweigen von Dads unehelichem Sohn, der noch schlimmer abgezockt wurde als ich –, dann gefällt mir die Vorstellung, dass das neue Programm ohne mich so richtig vor die Wand fährt.“

Dabei hatte er sich wirklich den Hintern aufgerissen, um die richtigen Pferde für das Zuchtprogramm zusammenzukaufen, und tatsächlich keine Sekunde gezögert, all seine Energie mit der seiner Brüder zu bündeln. Schließlich würden sie am Ende alle von dem Erfolg profitieren. Nun wünschte er sich verdammt noch mal, dass der Zuchtbetrieb unter dem Namen seiner eigenen Ranch an den Start gehen würde. Er musste unbedingt mit seinem Anwalt sprechen, wie er seine eigenen Finanzen und die der Familie auseinanderdividieren konnte.

„Gav, die feierliche Eröffnung findet schon in ein paar Wochen statt. Und wir haben Lauryn Hamilton zugesagt, dass Kingsland die Junggesellenauktion sponsort, mit der sie ihre Auffangstation für Pferde finanzieren will. Schließlich passt die Auktion genau zu unserem Starttermin.“ Levi starrte ihn wütend an. „Willst du sie etwa hängenlassen, nach all den Mühen, die sie auf sich genommen hat, um uns die Sache schmackhaft zu machen?“

Gavin zögerte einen Moment und stellte sich Lauryns enttäuschtes, wunderschönes Gesicht vor, wenn sie erfuhr, dass die Kingsleys aus der Benefizauktion ausstiegen. Er war ihr Hauptansprechpartner gewesen und hatte ihr sogar versprochen, sich auf der Bühne als Junggeselle versteigern zu lassen.

Etwas, das er für keinen anderen Menschen getan hätte. Doch sie war eine Frau, die ihn schon seit Jahren reizte, ihn jedoch wegen des schlechten Rufs, der ihm aus seiner wilden Zeit nachhing, stets auf Abstand gehalten hatte.

Was womöglich auch daran liegen mochte, dass Gavin mit ihrem Adoptivvater im Clinch lag, der zufällig das Amt des lokalen Sheriffs bekleidete. Zwischen den beiden bestand eine langjährige Feindschaft, nachdem Gavin als Fünfzehnjähriger nachts mit ein paar Kumpels auf Quads durch das frisch gepflanzte Maisfeld von Lauryns Dad gefahren war. Sheriff Hamilton glaubte offensichtlich nicht daran, dass ein Mensch sich bessern konnte, obwohl Gavin das Feld damals höchstpersönlich neu bepflanzt hatte. Jedenfalls verfolgte er ihn noch Jahre später wegen jedes noch so kleinen Fehltritts gnadenlos.

Doch vermutlich war ihr Vater nicht der einzige Grund, warum Lauryn sich so hartnäckig von Gavin ferngehalten hatte.

Ihre Auffangstation Herz & Huf befand sich nur ein paar Meilen von der Kingsland Ranch entfernt in der Kleinstadt Silent Spring. Dort gab sie vernachlässigten oder misshandelten Pferden ein neues Zuhause. Um das nötige Geld für die Station zusammenzubekommen, hatte Lauryn nach dem College zwei Jahre als Assistentin für Duke Kingsley gearbeitet. Gavin konnte sich gut vorstellen, dass Duke sie in dieser Zeit in ihrer ohnehin schon schlechten Meinung über seinen jüngsten Sohn weiter bestärkt hatte und sie ihn deshalb fast komplett ignorierte – außer bei ihrer Zusammenarbeit für die Benefizauktion, die sie unter dem Titel Hengstparade organisierte.

Nun fragte er sich … ob Lauryn womöglich als Dukes Assistentin von dem Testament gewusst hatte.

Zähneknirschend schulterte er den Seesack. „Nicht ich bin es, der Lauryn im Stich lässt“, sagte er bemüht gelassen zu seinem Bruder. „Wenn die Gala ins Wasser fällt, dann ist das allein deinem Vater zuzuschreiben.“

Wäre es nur ums Geld gegangen, hätte es Gavin nicht groß gestört. Auch ohne das verdammte Kingsley-Vermögen würde er es im Leben noch weit bringen.

Doch Duke hatte ihm die Ranch vorenthalten. Sein Zuhause. Gavin hatte geglaubt, dass er als ein Kingsley ein Anrecht darauf besaß. Wieder drohte ihn eine Welle des Zorns zu übermannen, und er versuchte dieses Gefühl abzuschütteln.

Levi machte einen neuen Versuch, ihn zu überzeugen, doch Gavin schaltete das Tablet aus und beendete die Unterhaltung. Er war einfach zu wütend, um weiter darüber zu reden. Sein Vater hatte sich nicht mal die Mühe gemacht zu erklären, warum Gavin und Clayton Reynolds, der Sohn einer von Dukes zahlreichen Geliebten, nicht im Testament auftauchten.

Gavin brauchte etwas Zeit, um das Geschehene zu verarbeiten und neue Pläne zu schmieden, die nichts mit der Kingsland Ranch zu tun hatten.

Vom Kopf her wusste er, dass ihm die Zusammenarbeit mit Quinton und Levi fehlen würde. Schließlich war es nicht deren Schuld, dass Gavin enterbt worden war.

Doch er war nicht bereit, das Zuchtprogramm, in das er viel Arbeit gesteckt hatte, einfach so seinen Brüdern zu überlassen. Es durfte auf keinen Fall unter dem Namen Kingsland starten, daher war es höchste Zeit, dass sie das Geschäft aufteilten.

Es war wie eine Scheidung von der eigenen Familie.

Als er das Wohnzimmer seines großen Hauses durchquerte, das er mit freiem Blick auf den Madison River geplant hatte, der zwischen den Weiden der Kingsland Ranch und seinem eigenen Grundstück entlanglief, erkannte Gavin zu seiner Überraschung, dass seine Gedanken trotz des furchtbaren Tages um die Tatsache kreisten, dass er Lauryn Hamilton enttäuschen musste. Doch nicht einmal ihre verlockend-geheimnisvollen haselnussbraunen Augen oder ihr tiefes, heiseres Lachen, das immer so klang, als würde sie an etwas Ungehöriges denken, konnten ihn dazu bewegen, dort zu bleiben, wo seine Leistungen weder anerkannt noch wertgeschätzt wurden.

Er hatte Lauryn seit Jahren in seine heimliche Fantasiewelt verbannt. Und dort musste sie auch weiterhin bleiben. Denn er konnte jetzt nichts gebrauchen, das ihn an diesen verdammten Ort kettete.

1. KAPITEL

Wütend steuerte Lauryn Hamilton ihren Pick-up-Truck am Madison River entlang, vorbei an der weitläufigen Kingsland Ranch. Doch an diesem Tag wollte sie nicht zu dem in ganz Montana bekannten Anwesen.

Die Straße war geteert, und daher war es leider unmöglich, eine Wolke aus Staub oder Kies aufzuwirbeln. Sie war auf dem Weg zu dem Mann, der sie an diesem Nachmittag versetzt hatte, daher hätte sie ihrer Wut zu gerne ein sichtbares Ventil verschafft. Nun ja, wenn das nicht ging, dann musste es eben genügen, Gavin ihre Notizen ins Gesicht zu schleudern.

Sie trat aufs Gaspedal, mehr als bereit, den charismatischen Bad Boy von Silent Spring in den Senkel zu stellen. Er hatte sie über Jahre immer wieder angebaggert und sich so aufgeführt, als wolle er nur sie, während er gleichzeitig fröhlich mit jeder Frau im Umkreis ausgegangen war, die Lauryns Altersgruppe angehörte. Und jetzt, als sie den sexy Rancher tatsächlich einmal brauchte, um ihre Benefizauktion zu einem Erfolg zu machen, war er nicht einmal erschienen.

Obwohl er vor Wochen selbst Datum und Uhrzeit für das Planungsmeeting festgelegt und sich bereit erklärt hatte, die Auktion, die auf der Kingsland Ranch stattfinden würde, finanziell zu unterstützen. Er hatte sogar begeistert gewirkt. Besaß er denn keinerlei Verantwortungsgefühl?

Kurz darauf kam das Haupthaus der Kingsley Ranch in Sicht, doch Lauryn fuhr daran vorbei zu Gavins Ranch. Sie war persönlich noch nie dort gewesen, hatte jedoch viel über den Bau seines Hauses gehört. Der ehemalige Rodeostar war in Silent Spring schon immer Gegenstand von Klatsch und Tratsch gewesen. Sein gutes Aussehen und sein Ruf als Bad Boy hatten es ihr unmöglich gemacht, nichts von dem Gerede über seine Eskapaden mitzubekommen. Sie war erst mit zwölf Jahren in die Gegend gezogen, als das Sheriff-Ehepaar sie nach dem traumatischsten Monat ihres Lebens adoptiert hatte.

Langsam rieb sie sich mit einer Hand über die Schulter, wo eine Narbe sie immer wieder an die alten Verletzungen erinnerte. Lauryn wusste noch genau, wann sie das erste Mal etwas über Gavin gehört hatte. Er war damals um Mitternacht mit seinem Quad durch die Felder ihres Vaters gefahren. Zuerst dachte sie, er sei wie sie – jemand, der in einer Pflegefamilie gelebt und einen holprigen Start im Leben gehabt hatte. So jedenfalls malte sie ihn sich aus. Als sie jedoch erfuhr, dass er der Sohn des reichsten Mannes in der Gegend war, ein verwöhnter Spross der Kingsleys, verschwand ihre Neugier.

Sie waren von Grund auf verschieden, von ihrer Herkunft bis hin zu ihrem Verhalten. Während Gavin der Welt ständig die Stirn bot, bemühte sich Lauryn immer darum, dass die Menschen sie mochten. Doch als Gavin zustimmte, ihr bei der Benefizauktion zu helfen, hatte sie – wenn auch nur kurz – geglaubt, dass er sich geändert hatte.

Wie überaus dumm von ihr.

Bald darauf kam das aus Zedernholz errichtete, L-förmige Gebäude in Sicht. Es war kleiner als das Haupthaus der Kingsland Ranch, aber nicht minder beeindruckend. Lauryn parkte ihren Truck und sprang energisch aus dem Fahrzeug.

Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es halb eins war. Sie betrat die Veranda und klopfte an die Tür.

„Gavin“, rief sie, während sie mehrmals gegen die Holztür pochte. „Ich bin es, Lauryn. Ich muss mit dir reden.“

Keine Antwort.

Im Haus war alles ruhig, und sie fragte sich, wo Gavin sein konnte. Er wusste, wie wichtig diese Benefizauktion für sie war. Ihre Auffangstation brauchte ganz dringend die Finanzspritze, die die Versteigerung der Junggesellen ihr einbringen würde. Denn Lauryn wollte die Station in ein Zentrum für Pferdetherapie ausbauen – etwas, das ihr wirklich sehr am Herzen lag, da es ihr persönlich unglaublich dabei geholfen hatte, ihr Kindheitstrauma zu überwinden.

Daher hatte sie all ihre Energie in die Vorbereitung des Events gesteckt. Auch Gavin hatte ein Interesse an dem Erfolg, da die Auktion mit dem Start des Kingsland-Zuchtprogramms zusammenfiel und viel Aufmerksamkeit generieren würde. Daher ergab es für Lauryn überhaupt keinen Sinn, dass er sie nun hängenließ.

Sie blickte sich noch einmal um, doch kein Gavin in Sicht. Sie hatte ihm bereits zwei zornige Nachrichten hinterlassen, daher sah sie keinen Sinn darin, ihn noch einmal anzurufen.

Stattdessen beschloss sie, seinem Bruder Quinton eine Textnachricht zu schreiben. Er hatte ebenfalls zugesagt, sich auf der Auktion versteigern zu lassen. Quinton besaß ein Hightechunternehmen und Lauryn hoffte, dass sein hoher Bekanntheitsgrad ihrer Auktion noch mehr Zulauf aus dieser Ecke einbringen würde.

Doch ihr größter Joker war und blieb Gavin. Sein Ruhm als Rodeoreiter hatte ihm eine riesige Fangemeinde beschert, die sich auf die Gelegenheit stürzen würde, einen Abend mit ihm zu ersteigern. Lauryn setzte sich auf eine der Bänke in die Sonne und begann zu tippen

Weißt du, wo Gavin ist? Er ist nicht zu unserem Meeting erschienen.

Sie schaute von ihrem Telefon auf, in der Hoffnung, dass der Gesuchte doch noch auftauchen würde. Dann kam eine Nachricht auf ihrem Handy an.

Habe seit der Testamentseröffnung nichts mehr von ihm gehört. Danach ist er weg. Der alte Herr hat Gavin enterbt.

Lauryn brauchte einen Augenblick, um diese Information zu verdauen. Sie wusste, dass Duke Kingsley zwei Wochen zuvor gestorben war. Sie hatte zwar eine Zeitlang für ihn gearbeitet, ihm jedoch nie sehr nah gestanden. Um ihm ihren Respekt zu erweisen, war sie mit ihrer Mutter zur Trauerfeier gegangen und hatte den drei Brüdern ihr Beileid ausgesprochen. Doch sie hörte nun zum ersten Mal von dem Testament des Familienpatriarchen.

Gavin ist weg? Bei dem Gedanken daran, was das für ihre Auktion bedeuten konnte, drehte sich ihr der Magen um.

Unschlüssig verharrten ihre Finger über dem Display. Sie hatte keine Ahnung, was sie darauf erwidern sollte. Bevor sie antworten konnte, erschien eine weitere Nachricht von Quinton.

Weiß nicht, ob Kingsland jetzt noch als Sponsor für die Auktion in Frage kommt. Wir können das Zuchtprogramm nicht ohne Gav starten. Aber du darfst das Event gerne weiter bei uns abhalten.

Das wurde ja immer schlimmer. Die Gala fand bereits in drei Wochen statt. Sie dankte Quinton für die Information und schrieb ihm, dass sie sich wegen der Auktion wieder bei ihm melden würde.

Die Neuigkeit, dass Gavins Vater ihn aus dem Testament gestrichen hatte, milderte ein wenig ihr Stresslevel. Er musste vollkommen fertig sein. Und egal, wie sehr Gavin sie in den vergangenen Jahren auch genervt hatte, fand sie die Vorstellung unerträglich, dass sein Vater ihm so den Boden unter den Füßen weggezogen hatte.

Sie ging zurück zu ihrem Pick-up-Truck und dachte über ihre Optionen nach. Als sie eine Hand nach dem Türgriff austreckte, hörte sie ihn der Ferne das Geräusch eines Motors, das immer lauter wurde, je näher es kam.

Vielleicht nur ein Ranch-Arbeiter, doch Lauryn spürte ein Kribbeln im Nacken, beinah wie eine Vorahnung.

Wie zur Bestätigung tauchte einen Moment später Gavins überdimensionaler Pick-up auf.

Als der Wagen näher kam und sie seine Züge unter dem Stetson erkannte, beschleunigte sich Lauryns Puls. Gavin schaute ihr direkt ins Gesicht, und der Blick aus seinen braunen Augen war wie ein Laserstrahl, der sie gefangen nahm.

Aus einem unerklärlichen Grund setzte ihr Herz kurz aus und pochte dann schneller weiter.

Das schwarze Schaf des Kingsland-Clans war zurückgekehrt.

So viel zu seinem Plan, unbemerkt nach Silent Spring zurückzukehren.

Gavin fuhr auf sein Haus zu, während er dem herausfordernden Blick der aufregendsten Frau der Gegend standhielt. Lauryn Hamilton stand mit vor der Brust verschränkten Armen in seiner Zufahrt und starrte ihm entgegen, das Kinn energisch gereckt. Sie trug ein figurbetontes, kurzärmliges blaues Kleid, das vorne geknöpft war und bis zum Rand ihrer hochhackigen, braunen Stiefel reichte. Ihre kastanienbraunen Locken fielen ihr in weichen Wellen auf die Schultern, und sie hatte die vollen Lippen zu einem Ausdruck des Missfallens verzogen.

Dies war nicht das erste Mal, dass sie ihn mit dieser Miene musterte, also sollte es ihn eigentlich nicht stören. Vor allem, da ihr Schmollmund so sexy war, dass sie eigentlich einen Waffenschein dafür brauchte. Doch Gavin konnte den Anblick ihrer üppigen, pinkfarbenen Lippen in diesem Moment nicht so recht genießen, da er Lauryn schon bald mit der Neuigkeit enttäuschen musste, dass er aus der Auktion aussteigen würde.

Ein Klopfen hinter ihm erinnerte Gavin daran, dass er nicht der Einzige war, der den Gast bemerkt hatte. Sein Hund Rocco schlug mit dem Schwanz aufgeregt gegen die Polster des Rücksitzes.

„Vielleicht kannst du ja ein Lächeln auf ihr Gesicht zaubern, Kumpel“, sagte Gavin, während er seinen Truck neben Lauryns parkte. „Ich könnte etwas Rückendeckung gebrauchen.“

Er stieg aus und öffnete Rocco die Tür, der sofort aus dem Wagen sprang. Dann setzte Gavin ein höfliches Lächeln auf. Er hatte in der Vergangenheit gelernt, dass charmantes Auftreten oder gar Flirtversuche ihm nur den Zorn der Betreiberin von Herz & Huf eintrugen.

„Hallo Lauryn. Welchem Umstand verdanke ich die Ehre deines Besuchs?“ Er holte eine leere Box von der Laderampe, während Rocco schwanzwedelnd auf Lauryn zulief.

Wenigstens sein Hund wurde liebevoll von ihr begrüßt. Lauryn kraulte ihn hinter den Ohren und versicherte dem Rottweiler-Husky-Mischling, dass er wirklich ein guter Junge sei.

Eine Einschätzung, die Gavin von ihr wohl nie zu hören bekommen würde.

Während Rocco die Streicheleinheiten genoss, stellte sein Besitzer die Box in der Auffahrt ab. Er brauchte sie für seine restliche Kleidung und wollte beim Packen weiter über die nächsten Schritte nachdenken.

Sieben Tage an einem Strand in Mexiko – an manchen nüchterner als an anderen – waren nicht genug für ihn gewesen, um sich wegen des Testaments seines Vaters zu beruhigen. Doch er hatte sich innerlich von dem erhofften Leben verabschiedet und war bereit, neue Pläne ohne die Kingsleys zu schmieden.

„Das Vergnügen?“ Lauryn ließ von dem Hund ab und folgte Gavin, der die Kiste zum Haus trug. Rocco trottete derweil in Richtung Scheune davon. „Für mich ist es kein Vergnügen, Gavin, denn ich habe den ganzen Morgen damit verschwendet, vergeblich auf dich zu warten. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass du nicht zu unserem Planungsmeeting aufgetaucht bist.“

Oh, verdammt.

„War das heute?“ Er bereute sein Verhalten ernsthaft. „Ich hätte dir eine Nachricht schicken sollen.“ Er hatte in der vergangenen Woche tatsächlich ein paar Mal daran gedacht, während er damit beschäftigt gewesen war, die Vergangenheit, seinen Vater und alle Hoffnungen, mit seinen Brüdern in Montana zusammenzuarbeiten, in Alkohol zu ertränken. Doch jedes Mal, wenn ihm die Auktion und Lauryn einfielen und er sie anrufen wollte, war entweder sein Handy nicht griffbereit oder er hatte keinen Empfang. Oder er hatte auf sehr unprofessionelle Weise an Lauryn gedacht …

„Ein Update wäre nicht schlecht gewesen“, stimmte sie zu und blieb vor den Stufen zur Veranda stehen. „Noch besser wäre es gewesen, wenn du erschienen wärst. Schließlich ist Kingsland der größte Sponsor. Ich habe den Termin der Auktion extra so gelegt, dass er gut in den Zeitplan der Ranch passt.“ Sie schien sich mit Mühe einen Vorwurf zu verkneifen, denn schließlich war er der Repräsentant von Kingsland und brachte am meisten Geld und Einfluss an den Tisch.

Gavin fragte sich, wie schnell sich das ändern würde, sobald er ihr mitteilte, dass er bei dem Event ausstieg.

Er wusste, dass Lauryn ihm gegenüber schon immer sehr misstrauisch gewesen war. Ihre kühle Zurückhaltung seit ihrer Ankunft in Silent Spring verriet Gavin, dass sie nicht viel von ihm hielt. Doch nach den ersten beiden Meetings zur Planung der Junggesellenauktion hatte er angenommen, dass es ihm langsam gelungen war, ihre Meinung zu ändern.

Obwohl er ihr Wohlwollen verdammt noch mal nicht nötig hatte.

Der Stress, nun spontan eine Lösung finden zu müssen, verursachte ihm langsam Kopfschmerzen. Er hätte in der vergangenen Woche über all diese Dinge nachdenken sollen, doch es war ihm nach der Testamentseröffnung auch so schon schwer genug gefallen, durch den Tag zu kommen.

Gavin tippte den Sicherheitscode ein, öffnete die Tür und stellte die Kiste im Hausflur ab. Dann trat er wieder auf die Veranda hinaus, um die Unterhaltung fortzusetzen.

„Es tut mir leid, Lauryn“, sagte er ein wenig gereizt. „Ich musste mich in der vergangenen Woche erst mal davon erholen, dass mich mein Vater aus seinem Testament gestrichen hat.“

Er beobachtete ihre Reaktion ganz genau und suchte nach dem kleinsten Anzeichen, dass sie als ehemalige Assistentin schon vorher von den Plänen seines Vaters erfahren hatte.

Und tatsächlich fuhr sie sich nervös mit der Zunge über die Oberlippe. Sie schien nicht überrascht von der Neuigkeit. Nur … unangenehm berührt?

Gavins Misstrauen wuchs. Nicht nur, weil sie vielleicht mehr wusste, als sie zugab. Sondern auch, weil womöglich sie die Meinung seines Vaters über Gavin negativ beeinflusst hatte.

„Jetzt bin ich an der Reihe, mich zu entschuldigen. Quinton hat mir von dem Testament erzählt“, sagte sie mit weicher Stimme. „Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie schlimm die vergangenen Wochen seit dem Tod deines Vaters gewesen sein müssen.“

Dass sie Kontakt mit seinem Bruder gehabt hatte, würde erklären, warum die Neuigkeit über das Testament sie nicht überraschte. Doch er traute ihrer Reaktion nicht. Die Sonne knallte auf seine Schultern herunter. Er bedeutete Lauryn, ihm in den Schatten am Ende der Veranda zu folgen.

Schlimm wäre eine Untertreibung. Es ist eher ein Gefühl, als hätte mir jemand den Boden unter den Füßen weggerissen.“ Doch er wollte auf gar keinen Fall, dass ihm jemand Selbstmitleid unterstellte. Im Schatten angekommen, drehte sich daher zu ihr um und kehrte zum Thema zurück. „Deshalb ist mir auch unser heutiges Meeting komplett durchgerutscht. Ich habe über meine nächsten Schritte nachgedacht. Und bis jetzt weiß ich nur, dass ich nicht hierbleiben kann.“

„Wie meinst du das?“, fragte sie überrascht. „Quinton erwähnte, dass du weg warst –“

„Ich kann nicht länger hier wohnen bleiben und werde Montana verlassen. Daher kann ich Kingsland leider nicht bei der Junggesellenauktion vertreten und werde auch nicht teilnehmen. Ich werde natürlich eine großzügige Summe spenden“, fügte er hastig hinzu, als sie einen entsetzten Laut ausstieß. „Sag mir einfach, welche Summe ein Junggeselle ungefähr einbringt, und ich stelle dir einen Scheck aus.“

2. KAPITEL

Heiliger Himmel.

Autor

Joanne Rock
Joanne Rock hat sich schon in der Schule Liebesgeschichten ausgedacht, um ihre beste Freundin zu unterhalten. Die Mädchen waren selbst die Stars dieser Abenteuer, die sich um die Schule und die Jungs, die sie gerade mochten, drehten. Joanne Rock gibt zu, dass ihre Geschichten damals eher dem Leben einer Barbie...
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