Zärtlich berührt, sinnlich verführt

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Ein Heiratsantrag von Gabe Brant! Der blendend aussehende Mann, für den Ashley seit Jahren heimlich schwärmt, will sie zur Frau. Obwohl ihre Familien seit Jahrzehnten verfeindet sind, bittet er sie um ihre Hand. All ihre sinnlichen Träume könnten Erfüllung finden. Doch eine Frage kommt ihr immer wieder in den Sinn: Geht es Gabe nur darum, seine Ländereien mit ihren zu verbinden, oder erwidert er ihr Verlangen? Sein erster heißer Kuss jedenfalls ist äußerst verheißungsvoll ...


  • Erscheinungstag 25.07.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733718008
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Mit einem flauen Gefühl im Magen fuhr Gabriel Brant die holperige Schotterstraße entlang. Fast hätte er es sich anders überlegt und kehrtgemacht, aber dann sah er nach der nächsten Kurve das Anwesen: ein geräumiges Wohnhaus, zwei lang gestreckte Stallgebäude, die Koppel, das Gästehaus, das Haus für die Rancharbeiter und ein paar Schuppen. Bei diesem Anblick verschwanden all seine Bedenken.

Rechts erstreckte sich eine eingezäunte Weide, auf der erstklassige Zuchtpferde grasten. Auch das Weideland war erstklassig, und Gabes Herz schlug höher, wenn er nur daran dachte, dass all dieses Land bald ihm gehören könnte. Sein Vater allerdings wäre von seinem Vorhaben alles andere als angetan gewesen. Und nicht nur sein Vater, auch sein Großvater, Urgroßvater und Ururgroßvater. Er selbst war auch nicht hundertprozentig begeistert. Die Ryders und die Brants lagen schon seit Generationen im Streit, seit die beiden Familien sich in Texas niedergelassen hatten.

Aber bestimmt würden seine noch lebenden Verwandten Verständnis aufbringen, wenn sie erst einmal begriffen, wie sehr er davon profitierte, oder?

Wenn er nur daran dachte, was er dabei gewinnen konnte – unendlich viel mehr Land, mehr Wasserstellen fürs Vieh und eine Mutter für seinen Sohn – dann war er sich ganz sicher, dass er im Begriff war, das Richtige zu tun. Er fuhr auf der schmalen Holzbrücke über den Cotton Creek. Wegen dieses Flusses hatten sich einst die Brants und die Ryders hier niedergelassen. Und wegen dieses Flusses war es niemals zum Frieden zwischen ihnen gekommen. Immer wieder hatte es Streitigkeiten gegeben – wegen der Grenzlinie des Flusses, der immer wieder seinen Lauf änderte. Nachdenklich betrachtete Gabe das fast ausgetrocknete Flussbett, die Lebensader dieser zwei Ranches. Jetzt war er zwar nur ein paar Zentimeter breit, aber Gabe wusste nur zu gut, dass aus dem kümmerlichen Rinnsal schnell ein reißender Strom werden konnte.

Er fuhr direkt auf das Hauptgebäude zu. Eine Frau trat aus der Tür. Ihre lange, pechschwarze Mähne glänzte in der Maisonne. Gabe konnte es nicht glauben. Er hatte Ashley Ryder seit ihrer Kindheit nicht mehr gesehen. Damals war sie ein dünnes, unscheinbares Mädchen mit Zahnspange gewesen. Von Zeit zu Zeit hatte er Neuigkeiten von ihr gehört – dass sie in Kalifornien studierte und später, dass sie in Chicago in einer Werbeagentur arbeitete. Aber vor drei Monaten war sie plötzlich nach Hause zurückgekehrt. Seitdem kursierten in der Gegend alle möglichen Gerüchte über sie.

Sie blieb direkt vor seinem Pick-up stehen, und er bremste ab. Gabe musterte sie. Ashley Ryder war ziemlich groß für eine Frau. Sie trug Bermudas aus abgeschnittenen Jeans und ein blaues T-Shirt, das sie übrigens sehr hübsch ausfüllte. Sein Blick fiel auf die Wölbung ihres Bauches, und da wusste er, dass die Gerüchte, die er gehört hatte, zutrafen. Ashley hatte sich seit ihrer Rückkehr auf die Ranch völlig zurückgezogen.

Gabe hatte nicht nur mit der brantschen Tradition gebrochen, niemals freiwillig ein Wort mit einem Ryder zu wechseln, er hatte Ashley auch mit einem Trick dazu gebracht, in dieses Treffen einzuwilligen. Schuldbewusst stieg er aus und bot ihr die Hand. „Ashley, ich bin Gabe Brant.“

Ashleys strahlend blaue Augen schleuderten Blitze. Einen Augenblick lang vergaß Gabe die Streitigkeiten zwischen seiner und ihrer Familie, seinen Kummer über die schlimmen Schicksalsschläge, die er hatte einstecken müssen, seine Zukunftspläne, die Gerüchte über Ashley, einfach alles. Die ganze Welt verschwand, und er sah nur noch dieses strahlende Blau. Es war geradezu schockierend, zu welcher Schönheit Ashley herangewachsen war. In seiner Erinnerung war sie ein schlaksiges Mädchen mit Rattenschwänzen.

„Mr. Brant, verschwinden Sie von meiner Ranch“, sagte sie, ohne sich mit irgendwelchen Höflichkeiten aufzuhalten. „Ich habe einen Termin mit einem Rechtsanwalt, einem gewissen Prentice Bolton. Oder haben Sie das etwa arrangiert, um sich auf unser Land schleichen zu können?“

„Ehrlich gesagt, ja.“

„Der Blitz soll Sie treffen“, zischte sie.

„Vielleicht hat er das ja“, erwiderte Gabe. Er war selbst erschrocken darüber, wie stark er auf Ashley reagierte. Es war das erste Mal seit Ellas Tod, dass er ein weibliches Wesen überhaupt wahrnahm.

„Sie können gleich wieder einsteigen und losfahren.“

„Hören Sie mich an, Ashley. Geben Sie mir nur zehn Minuten.“

„Nein! Keine zehn Sekunden verbringe ich mit einem Brant! Verschwinden Sie von unserem Land!“

„Hören Sie zu. Ich habe Ihnen ein Angebot zu machen. Sie werden davon ebenso profitieren wie ich. So engstirnig und dickköpfig werden Sie doch nicht sein, dass Sie mir nicht einmal zehn Minuten geben wollen“, sagte er ruhig.

Sie kniff die Augen zusammen und schwieg einen Moment. Gabe wartete geduldig. Er war immer noch fassungslos. Er hatte nur eine sehr vage Vorstellung von ihr gehabt. Jetzt stand er vor einer erwachsenen Frau, die nicht nur sehr schön war, sondern auch selbstbewusst und ausgesprochen resolut.

„Zehn Minuten, mehr nicht“, sagte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.

Er sah an ihr vorbei zur Veranda. „Sollen wir hier stehen bleiben? Wollen wir uns nicht setzen?“

„Nein. Mit einem Brant werde ich ganz bestimmt nicht auf meiner Veranda sitzen.“

„Wo ist Ihr Dad?“

„Sie haben Glück, dass er nicht da ist. Er wäre längst mit seinem Gewehr herausgekommen. Ich übrigens auch, wenn ich gewusst hätte, dass Sie es sind, der da unsere Straße benutzt.“

„Offen gestanden, ich bin froh, dass er nicht da ist. Ich kann mir nicht einmal vorstellen, wie ich meinem Dad erklären würde, dass ich hier bin. Aber das muss ich auch nicht. Er ist schon fast zwei Jahre tot.“

„Die erste Minute ist schon um. Worum geht es?“

Sie war wirklich so stachelig wie ein Kaktus, dabei aber sehr schön anzusehen. Ihre Haut war makellos. Ashley war nicht ganz einen Kopf kleiner als er, also musste sie ungefähr eins siebzig sein. Der Wölbung ihres Bauches nach zu urteilen, war sie wohl im fünften Monat.

Er lehnte sich mit dem Rücken gegen die Motorhaube seines Pick-ups und machte es sich im Stehen bequem.

„Ihre Ranch sieht gut aus. Und die Pferde, die ich unterwegs gesehen habe, scheinen erste Klasse zu sein.“

„Die besten. Das wissen Sie so gut wie ich.“ Sie hörte sich jetzt etwas weniger zornig an. „Also, was wollen Sie?“

„Sie kommen wohl immer direkt zur Sache, was?“ Normalerweise kam er mit attraktiven Frauen gut zurecht. Aber in diesem Fall wusste er ja, weshalb sie so abweisend war.

„Wenn ich jemanden loswerden möchte, allerdings. Ich glaube, das ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich mit einem Brant spreche, und ich kann nicht behaupten, dass es mir gefällt.“

„Aber Sie kennen mich doch eigentlich gar nicht.“

„Da ist auch nicht nötig. Sie sind ein Brant, das reicht.“

Ihre Beine waren lang und schlank, die Haut schimmerte seidig. Gabe schaffte es nur mit Mühe, den Blick abzuwenden. Wenn ihm nach so langer Zeit eine Frau gefallen musste, warum dann ausgerechnet eine Ryder, noch dazu eine schwangere?

„Man hört so allerlei Gerüchte in der Stadt über den Grund Ihrer Rückkehr.“

„Ja, sicher“, erwiderte sie und wandte den Blick ab. „Aber das ist kein großes Geheimnis. Es lässt sich schließlich kaum verheimlichen.“ Jetzt sah sie ihn wieder an und hob trotzig das Kinn. „Ich bin Single. Ich bin nach Hause gekommen, um mich um meinen Dad zu kümmern und hier mein Baby zu bekommen.“

„Das habe ich schon gehört. Außerdem habe ich gehört, dass Sie in Chicago recht erfolgreich waren in Ihrem Job.“

Ashley nickte. „Stimmt. Aber die Dinge ändern sich. Meine Prioritäten haben sich geändert. Der Job und die Werbebranche sind mir längst nicht mehr so wichtig wie meine Familie. Jetzt kommen Sie endlich zur Sache, Mr. Brant.“

„Das werde ich.“ Gabe versuchte, seine Gedanken auf den Zweck seines Kommens zu konzentrieren, was ihm zunehmend schwerfiel, denn Ashley selbst erschien ihm plötzlich interessanter als alles andere. Er verschränkte die Arme vor der Brust und holte tief Luft. „Ich bin dabei, unsere Ranch zu vergrößern. Ich will mehr Land und mehr Vieh. Mehr Vieh ist kein Problem, aber es gibt hier im Umkreis kein Land, das ich dazukaufen könnte.“

Ashleys Brauen schossen in die Höhe. „Wenn sie glauben, wir würden Ihnen auch nur einen Quadratzentimeter von unserem Land verkaufen, dann haben Sie sich getäuscht. Und jetzt ver…“

„Ich will Ihnen nichts abkaufen.“

Sie kniff die Augen zusammen. Gabe wünschte sich, er könne für den Rest seines Lebens dastehen und in ihre Augen schauen. Warum, zum Teufel, musste sie so attraktiv sein? Damit hatte er überhaupt nicht gerechnet.

„Was also wollen Sie, Mr. Brant?“

„Vor allem möchte ich, dass Sie mich Gabe nennen“, erwiderte er.

„Ihre Zeit läuft ab.“

„Also gut, ich habe gehört, dass Ihr Vater nicht mehr bei bester Gesundheit ist. Und ich habe gehört, dass Ihre Ranch tief in den roten Zahlen steckt.“

„Kann sein, aber das geht Sie überhaupt nichts an.“

„Vielleicht doch. Sie brauchen Hilfe, und Ihr Dad braucht Hilfe. Und Sie können es sich nicht leisten, Leute zu bezahlen.“

„Wir kommen schon zurecht“, konterte Ashley frostig. Er konnte nicht umhin, ihren trotzigen Stolz zu bewundern. „Das ist ganz allein unsere Sache.“

„Ich bin gekommen, um Ihnen eine Zweckheirat anzubieten. Wir könnten unsere Ranches zusammenlegen, und wir würden beide davon profitieren.“

„Heirat!“ Ashleys Unterkiefer fiel herab. Empört stützte sie die Hände in die Hüften. Und dann begann sie, zu Gabes großer Überraschung, zu lachen. Es war ein herzhaftes, unbekümmertes Lachen, das ihn erst recht faszinierte. „Sie haben wohl den Verstand verloren! Steigen Sie in Ihren Wagen und fahren Sie nach Hause, Mr. Brant. Danke, aber: nein danke.“

Schon als ihre Augen Blitze schleuderten, war sie ihm unglaublich attraktiv erschienen. Jetzt aber war sie unwiderstehlich. „Vergessen Sie’s!“, sagte sie und drehte sich um.

„Hören Sie mir doch zu“, rief er und hielt sie sachte am Arm fest. Als er sie berührte, durchfuhr es ihn wie ein elektrischer Schlag. „Seien Sie nicht so stur.“

„Stur!“ Sie wirbelte herum und sah ihn wütend an, doch ihre Stimme wurde etwas sanfter.

„Ja. Ich komme mir vor, als redete ich mit meiner Grandma, wenn sie gerade eine ihrer Launen hatte. Sie bringen sich selbst, Ihren Dad und ihr Baby um ein vielleicht profitables Geschäft. Hören Sie mir doch einfach nur einen Moment zu.“ Gabe war sicher, dass sie gut gebrauchen konnte, was er ihr anzubieten hatte.

Ashleys Atem ging so heftig, als hätte sie gerade einen Sprint hinter sich, doch sie schwieg. Er spürte ihren Arm unter seiner Hand und hatte das Gefühl, als habe er sich verbrannt. Sie roch so gut, ihr Duft war betörend. Und als ihre Blicke sich trafen, da spürte er ganz intensiv die erotische Spannung zwischen ihnen. Konnte es sein, dass sie gar nicht aus Wut so heftig atmete? Konnte es sein, dass sie ebenso auf ihn reagierte wie er auf sie? Was geschah da zwischen ihnen? Fasziniert wartete er ab und ließ das Schweigen andauern.

Eigentlich war er gekommen, um ihr ein Geschäft vorzuschlagen, aber jetzt interessierte sie ihn viel mehr als dieses Geschäft. Wie lange war es her, dass eine Frau irgendein Gefühl in ihm geweckt hatte? Seit er Ella verloren hatte und danach seine beiden Eltern, hatte es für ihn nur noch Trauer gegeben. Und doch stand er hier und war überwältigt von diesem unglaublich intensiven, wenn auch nicht wirklich fassbaren Gefühl gegenseitiger Anziehung, das stärker war als der Schutzwall, mit dem er sich in seiner Trauer umgeben hatte. Offenbar erging es Ashley genauso.

„Hören Sie mir zu“, wiederholte er und klang plötzlich ganz heiser.

Sie nickte stumm.

„Ich kann dieser Ranch wieder auf die Beine helfen. Ich werde Ihrem Dad helfen, aber er wird trotzdem noch eine wichtige Rolle spielen, denn er kennt sich mit Pferden aus und ich nicht. Mein Geld wird Ihnen aus den roten Zahlen helfen, und mit beiden Ranches zusammen schaffen wir einen der erfolgreichsten Betriebe im ganzen Südwesten.“

„Mr. Brant, Sie sehen wirklich gut aus. Es dürfte Ihnen nicht schwerfallen, sich eine andere Frau zu suchen“, sagte Ashley und riss sich von ihm los.

„Es geht mir nicht um Ihren Körper.“

„Sie werden die Finger von unserem Land lassen.“

„Vergessen Sie nicht, meines wäre dann auch Ihres. Ich will beide miteinander verbinden. Eine so große Ranch zu führen, muss hart sein für Ihren Dad, und für Sie auch.“

Sie wandte den Blick ab, aber er sah, dass ihre Wangen sich röteten. Als er merkte, dass sie die Fäuste ballte, war er sicher, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte.

„Hören Sie, wir können uns gegenseitig helfen“, fuhr er beharrlich fort. „Sie haben das Land, das ich brauche, um mehr Vieh halten zu können.“

„Ich habe schon gehört, dass Sie unglaublich ehrgeizig sind.“

„Stimmt genau. Ich bin ehrgeizig.“

Sie verschränkte die Arme vor der Brust und tippte rhythmisch mit der Schuhspitze auf den Boden. „Steigen Sie in Ihren Wagen und verschwinden Sie von unserem Land. Ihre zehn Minuten sind um. Ich heirate keinen Brant. Eher wird die Hölle kalt. Und Sie bekommen kein Stück von unserem Land.“

„Ich könnte all Ihre Schulden bezahlen, und ich würde selbstverständlich keinerlei persönliche Forderungen an Sie stellen …“, versuchte er es noch einmal.

„Verschwinden Sie von unserem Land. Sie machen sich strafbar“, fiel sie ihm ins Wort. Ihr Haar glänzte in der Sonne, als sie empört den Kopf zurückwarf.

„Ich gehe, aber denken Sie darüber nach. Es wäre für uns beide nur Mittel zum Zweck.“

Er ging zu seinem Pick-up. „Sie könnten sich mit einem Ehevertrag schützen. Sie haben doch Ihre Anwälte.“ Er öffnete die Fahrertür. „Im wievielten Monat sind Sie eigentlich? Im fünften?“

„Im siebten.“

„Im siebten! Dann sollten Sie wirklich über mein Angebot nachdenken, Ashley.“ Es gefiel ihm, sie beim Vornamen zu nennen. „Sie haben nicht mehr viel Zeit. Wenn das Baby erst mal da ist, werden Sie zu beschäftigt sein, um sich auch noch um die Ranch zu kümmern. Eine Zweckheirat zwischen uns würde Ihrem Vater eine Riesenlast von den Schultern nehmen. Das Leben und die Familie sind wichtiger als Land oder Geld“, fügte er belehrend hinzu. „Das weiß ich aus Erfahrung.“

Sie sah ihn skeptisch an, erwiderte jedoch nichts, während er in seinen Wagen stieg, den Motor anließ und wendete. Langsam fuhr er los, um keine Staubwolke zu verursachen. Als er in den Rückspiegel sah, stand sie immer noch da, die Hände in die Hüften gestützt, und schaute ihm nach. Sogar in ihrem Zustand war sie ein optischer Leckerbissen.

Stur wie ein Esel war sie allerdings schon. Es würde nicht leicht sein. Aber sie gefiel ihm. Sie war mutig, schlagfertig, und sicherlich auch alles andere als verzärtelt. Schließlich hatte sie eine erfolgreiche Karriere in der Werbebranche hinter sich gelassen, um ihrem Vater zu helfen. All das war bewundernswert und machte ein bisschen Sturheit mehr als wett.

Die Ryders waren schon immer schwierig und stur gewesen, aber niemals dumm. Es waren intelligente Leute, und Gabe hatte registriert, wie genau sie ihm zugehört hatte. Sie würde über seinen Vorschlag nachdenken. Für einen ersten Kontakt war es gar nicht so schlecht gelaufen.

Wenn sie ihre Ranches zusammenlegten, konnte er mehr Vieh kaufen und sein Geschäft ausweiten. Er wusste, dass die Pferde der Ryders längst nicht alles Land brauchten, das die Ryders besaßen. Das Land war genau so groß wie seins, und es wurde schon seit Längerem darüber geredet, dass Quinn Ryders Gesundheitszustand nicht der beste war, dass er längst nicht mehr so aktiv war wie früher und dass die Triple-R-Ranch hoch verschuldet war. Der alte Mann brauchte dringend Hilfe, aber für neue Leute fehlte das Geld, und Ashley würde nicht die ganze Last übernehmen können. Quinn Ryders Brüder hatten ihre eigenen Probleme. Ashley war im siebten Monat. Sie hätten also nicht mehr viel Zeit um zu heiraten, bevor das Baby auf die Welt käme.

Gabe war völlig in seine Gedanken an Ashley und an die Zukunft vertieft, bis die Gebäude seiner eigenen Ranch vor ihm auftauchten. Die Straße führte direkt auf das alte Hauptgebäude zu, ein weiträumiges Wohnhaus, das im Laufe von Generationen durch viele Anbauten erweitert worden war. Eine schmale Abzweigung führte zu dem Haus, das er für Ella gebaut hatte.

Wieder überkam ihn das Gefühl überwältigender Traurigkeit. Er und sein Sohn Julian lebten jetzt in dem alten Gebäude. Das andere Haus steckte zu sehr voller schmerzlicher Erinnerungen. Deshalb war er umgezogen, aber es hatte nicht sehr viel genützt. Erst hatte er Ella verloren, und dann, vor zwei Jahren, auch noch seine Eltern. Zu viele Schicksalsschläge in zu kurzer Zeit.

Er riss sich zusammen und versuchte an die Ryders zu denken, und daran, was er Ashley gerade vorgeschlagen hatte.

Er hatte auf den Quadratmeter genau berechnet, wie viel Land er dazu gewinnen würde, und er war sogar mit seinem Flugzeug über die Triple-R-Ranch geflogen und hatte alles sorgfältig aus der Luft begutachtet. Es gab einfach keine andere Möglichkeit, um seine eigene Ranch zu vergrößern. Alle anderen Nachbarn weigerten sich, Land zu verkaufen. Ashley war im Grunde seine einzige Hoffnung. Und sie und ihr Dad brauchten genau das, was er ihnen anbot. Er hoffte, dass sie jetzt auch wirklich darüber nachdachte.

Ashley zitterte vor Wut, als sie Gabriel Brants Pick-up nachschaute. Er würde keine Ruhe geben. Die Brants gaben niemals auf, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatten. Die beiden Familien stritten sich noch immer um den Cotton Creek, nur dass die Kämpfe jetzt zwischen Anwaltskanzleien ausgefochten wurden und nicht mehr mit Fäusten und Gewehren.

Ihn heiraten! Eine Zweckehe eingehen, oder Scheinehe, oder was auch immer. Das war unmöglich. Was immer eine Ryder an einen Brant binden würde, war völlig ausgeschlossen. Seit vier Generationen – sogar fünf, wenn man ihre und Gabes mitrechnete – stritten die Ryders und die Brants um die Rechte am Cotton Creek. Und jetzt kam dieser Kerl und wollte einfach so mit dieser Tradition brechen.

Sie dachte an all die Jahre und Generationen des Hasses und des Schweigens. Sie erinnerte sich an den Zorn ihres Vaters, wenn er tote Pferde auf seinem Land gefunden hatte, und an die Gespräche mit Gus, dem Vormann ihrer Ranch, in denen es darum gegangen war, ob man nicht auf der anderen Seite Rinder töten solle. Die Ryders hatten alles versucht, um zu verhindern, dass Thomas, Gabriel Brants Vater, Senator in Texas wurde. Allerdings hatte es nichts genutzt. Thomas hatte die Wahl gewonnen, und die Brants waren noch mächtiger geworden.

Ashley hatte oft davon gehört, dass Thomas Brant von skrupellosem Ehrgeiz getrieben wurde. Offenbar fiel der Apfel nicht weit vom Stamm.

Sie war außer sich vor Wut, dass es Gabriel Brant gelungen war, sie zu überlisten, sodass sie sich mit ihm getroffen hatte, aber sie war auch wütend auf sich selbst, weil ihr Herz bei seinem Anblick höhergeschlagen hatte. Als Teenager war er für sie der bestaussehende Mann im Umkreis von hundert Meilen gewesen und sie hatte für ihn geschwärmt – ein Geheimnis, das sie mit niemandem teilte, außer mit ihrer besten Freundin Becky Conners. Unwillig schüttelte Ashley den Kopf über sich selbst. Sie wollte nichts davon wissen, dass Gabriel Brant zu einem Mann herangewachsen war, der so sündhaft sexy war, dass allein seine Anwesenheit ihr den Atem raubte. All das sollte eigentlich weit hinter ihr liegen, genau wie die Highschool und ihre Zahnspange.

Doch in ganz Chicago war sie keinem Mann begegnet, bei dessen Anblick ihr Atem schneller ging und ihr Puls auf Trab kam. Nicht einmal Lars Moffet, und den hatte sie immerhin heiraten wollen. Noch immer sah sie Gabriel Brant vor sich – hoch gewachsen, mit langen, durchtrainierten Beinen und prachtvollen Muskeln, die sich unter seinem T-Shirt abzeichneten. Nicht zu fassen, wie sexy er war, mit seinen dunklen, von dichten Wimpern umrahmten Augen, seinem markanten Gesicht, und seiner unverschämt selbstbewussten Art.

Entnervt hob Ashley einen Stein auf und warf ihn mit aller Kraft die Straße hinunter. Wäre es doch ein großer Felsbrocken, und könnte sie ihn nur durchs Rückfenster in Gabriel Brants Pick-up werfen.

Sie drehte sich um und ging zum Haus, aber sie spürte, dass sie erst einmal ihre Gefühle unter Kontrolle bringen musste, bevor sie hineingehen konnte. Mrs. Farrin, die Köchin, gehörte praktisch zum Haushalt seit sie denken konnte und kannte Ashley von klein auf. Auf keinen Fall konnte sie jetzt mit Mrs. Ferrin über Gabes Heiratsantrag sprechen.

Gabriel Brant hatte sie als stur bezeichnet. „Ha, und du bist eine gierige Schlange, Gabriel Brant!“

Was sie am meisten ärgerte und verletzte, war die Tatsache, dass er recht hatte. Ihr Dad hatte einen Herzinfarkt hinter sich und musste seitdem Medikamente für seinen Blutdruck nehmen. In letzter Zeit waren gehäuft Krankheitsfälle unter den Pferden aufgetreten, und es war klar, dass ihr Vater die Ranch nicht mehr so führen konnte wie früher. Sie war nach Hause gekommen, um zu helfen, aber sie konnte auch nicht alles tun, was getan werden musste. Und mit Pferden kannte sie sich nicht allzu gut aus. Sie verbrachte viele schlaflose Nächte, weil sie nicht mehr wusste, was sie tun sollte. Monat für Monat stiegen die Schulden, und ihr Vater arbeitete immer noch viel zu viel.

Immer und immer wieder spielte sie in Gedanken alle Möglichkeiten durch, fand jedoch niemals eine Lösung. Sie hatte zwei Onkel, die selbst Rancher waren, aber Onkel Dustys Gesundheitszustand war noch schlechter als Dads, und Onkel Colin hatte gerade eine schlimme Pechsträhne hinter sich. Seine Scheune und sein Haus waren einem Brand zum Opfer gefallen, und er war nicht ausreichend versichert gewesen. Cal, der jüngste der Brüder, war Zahnarzt in San Antonio. Er hatte seinen Brüdern bereits geholfen, wo er nur konnte, aber viel mehr konnte auch er nicht mehr tun.

Ashley strich sich seufzend über die Stirn. Was Gabe Brant gesagt hatte, tat weh. Weil es stimmte.

Das Leben und die Familie waren wirklich wichtiger als das Land. Das Leben ihres Vaters zählte mehr als die Ranch. Wütend kickte sie einen Klumpen Erde vor sich her. Wütend, weil es tatsächlich einen Grund gab, ernsthaft über Gabes Angebot nachzudenken.

Ach was. Er hatte das alles geschickt eingefädelt, um sich die Ryder Ranch unter den Nagel zu reißen. Das Beste war, sie vergaß das alles ganz schnell wieder. Vergaß Gabe Brant. Aber das war ihr bisher eigentlich noch nie gelungen. Sie hatte geglaubt, es geschafft zu haben, denn in Chicago hatte sie kaum an ihn gedacht. Doch als er vorhin aus seinem Wagen gestiegen war, da hatte ihr Herz einen Sprung getan. Und als er sie berührte, hatte jeder einzelne Nerv in ihr vibriert. Noch immer konnte sie sich ganz genau an den Klang seiner Stimme erinnern, als er ihren Namen gesagt hatte.

„Was ist nur los mit mir?“, sagte sie laut und fuhr sich mit den Händen durch die Haare. Obwohl es erst Mai war, war es schon sehr heiß. Auf der Veranda blieb sie stehen und blickte über die sanfte Hügellandschaft. Das war die Triple-R-Ranch, ihr Zuhause. Rund um das Haus standen hohe Eichen und spendeten an heißen Sommernachmittagen wohltuenden Schatten. Jenseits der Scheune und der Stallungen erstreckte sich weites grünes Land. Es war gutes Land. Ihre Heimat. Und sie würde darum kämpfen bis zum letzten Atemzug, aber trotzdem war das Leben ihres Vaters noch wichtiger. Plötzlich war da wieder die Erinnerung an diese dunklen Augen, die sie spöttisch ansahen. Ashley atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Das durfte doch nicht wahr sein, dass sie immer noch auf diesen Mann reagierte wie ein Teenager. Wie konnte es sein, dass er sie nur anzusehen brauchte, und schon wurden ihr die Knie weich?

Sie betrat das Haus durch die Küche. Es duftete nach frisch gebackenem Brot. An der Decke drehte sich langsam ein Ventilator. Auf dem runden Tisch aus Walnussholz stand eine Karaffe mit Eistee, und auf dem Küchentresen lagen die Zutaten für das Abendessen, das gerade zubereitet wurde.

Eine stämmige, ältere Frau mit grauen Haaren stand an der Spüle. Sie drehte sich zu Ashley um. „Ist alles in Ordnung?“, fragte sie besorgt.

„Ja, es ist nur sehr heiß draußen“, erwiderte Ashley und ging schnell zur anderen Tür. „Ich gehe auf mein Zimmer.“

„Sie haben diesen Anwalt ja nicht einmal ins Haus gelassen. Ich habe extra Tee gemacht, weil ich dachte, Sie würden zumindest auf der Veranda mit ihm sitzen und reden.“

„Ich wollte keine Zeit verschwenden.“ Ashley eilte hinaus. Sie würde Mrs. Farrin schon noch davon erzählen, aber erst musste sie es ihrem Vater sagen. Hätte sie Gabe Brant näher ans Haus herangehen lassen, dann hätte Mrs. Ferrin ihn erkannt.

Ashley dachte an die Medikamente, die ihr Vater jetzt nehmen musste. Er sollte sich nicht aufregen, aber sie musste ihm von Gabes Heiratsantrag berichten. Und sie wusste auch, dass ihr Vater dann außer sich geraten würde vor Zorn.

Am Abend, als sie und ihr Vater sich nach dem Essen ins Wohnzimmer zurückgezogen hatten, sah Ashley sich wehmütig um. Wo keine Bücherregale standen, hingen Bilder an den Wänden. Auf dem auf Hochglanz polierten Parkett lagen geknüpfte Teppiche. Sie saß neben ihrem Vater, der sich in eine Zeitschrift vertieft hatte, auf dem Ledersofa. Doch mit der Gemütlichkeit war es gleich vorbei – sie musste ihrem Vater endlich die Neuigkeit berichten.

„Dad, ich habe gestern einen Anruf erhalten von Prentice Bolton, einem Anwalt aus San Antonio.“

Quinn Ryder schaute von seiner Zeitschrift auf und sah sie über den Rand seiner Lesebrille an. Quinn hatte dunkle Augen. Sein dunkler Schopf war noch voll und nur von ein paar wenigen grauen Strähnen durchzogen. Er war ein großer, zäher Mann mit starken Knochen. Langsam setzte er seine Brille ab.

„Der Kerl vertritt doch die Brants“, sagte er und zog die Stirn in Falten. „Warum sollte er dich anrufen?“

„Er sagte, er wolle mit mir über einen geschäftlichen Vorschlag sprechen. Versprichst du mir, ruhig zu bleiben, wenn ich dir von dem Vorschlag erzähle,?“

„Warum glaubst du, dass ich mich aufregen könnte?“, fragte Quinn.

„Ich muss dir etwas sagen, das dir nicht gefallen wird. Ich will nicht, dass dein Blutdruck in die Höhe schnellt“, erwiderte Ashley. Besorgt betrachtete sie ihren Vater. Er hatte in letzter Zeit abgenommen. Es tat weh zu sehen, wie es mit ihm abwärts ging. Er war immer so stark gewesen, ein unbesiegbarer Riese.

„Er wird ganz sicher in die Höhe gehen, wenn du mir nicht sofort erzählst, was los ist.“

„Der Anwalt wollte gar nicht wirklich herkommen. Er hat an jemand anderes Stelle angerufen.“ Quinn kniff die Augen zusammen und wartete ab. „Dad, es war Gabriel Brant“, sagte sie.

Alle Farbe wich aus Quinns Gesicht. Er stand auf. „Gabriel Brant war auf unserem Grund und Boden?“

„Ja, das war er. Und jetzt setz dich wieder, oder ich erzähle nicht weiter.“

„Verdammt, Ashley. Der Kerl sollte es besser wissen. Dieser Bastard, auf unserem Grund und Boden!“

„Dad, bleib ruhig. Ich will nicht, dass du einen Schlaganfall bekommst, nur weil ein ein Brant sich auf unser Land schleicht.“

„Ich bekomme keinen Schlaganfall. Was zum Teufel wollte er?“

„Er will, dass ich ihn heirate.“

Der Ausbruch, den sie erwartet hatte, blieb nicht aus. Quinn stürmte durch den Raum, fluchend und wild gestikulierend. Sie ließ ihn eine Zeit lang gewähren, bevor sie sich ihm in den Weg stellte.

Autor

Sara Orwig

Sara’s lebenslange Leidenschaft des Lesens zeigt schon ihre Garage, die nicht mit Autos sondern mit Büchern gefüllt ist. Diese Leidenschaft ging über in die Liebe zum Schreiben und mit 75 veröffentlichten Büchern die in 23 Sprachen übersetzt wurden, einem Master in Englisch, einer Tätigkeit als Lehrerin, Mutter von drei Kindern...

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