Zum ersten Mal für immer

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Die sexy High Heels, der kurze Rock, der ihre Beine umspielt: Reid Singleton ist auf der Stelle hingerissen, als er die bezaubernde Unbekannte auf der Tanzfläche entdeckt. Der Playboy weiß sofort - diese Traumfrau muss er erobern. Ein heißer Flirt beginnt. Auf hungrige Küsse folgen sinnliche Stunden voller Leidenschaft. Erst am nächsten Morgen erfährt Reid, mit wem er die aufregende Nacht verbracht hat: mit der kleinen Schwester seines Geschäftspartners! Das bedeutet Ärger, denn eine ernsthafte Beziehung ist nichts für Reid. Oder etwa doch?


  • Erscheinungstag 18.02.2020
  • Bandnummer 2121
  • ISBN / Artikelnummer 9783733726065
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Obwohl er in der Weltstadt London geboren war, hatte Reid Singleton keine Ahnung, was bei Frauen gerade in war, wenn es um die neueste Schuhmode ging. Und eigentlich war ihm das auch völlig egal. Dennoch starrte er fasziniert auf ein Paar Schuhe auf der Tanzfläche.

Sie waren pink, hatten aber einen metallischen Glanz und wurden vor allem durch feine Riemen am Fuß gehalten, die sich um ein schmales Paar Fußgelenke schmiegten. Reid drückte sich sein Glas Scotch gegen die Brust und machte ein paar Schritte rückwärts, um aus dem Schatten heraus die Frau zu beobachten, zu der diese betörenden Fußgelenke gehörten.

Auch wenn Reid nichts über Frauenmode wusste, aber mit deren Trägerinnen kannte er sich aus. High Heels und ein kurzer Rock, das war eigentlich nichts Neues für ihn. Aber schon lange war er nicht mehr so angeturnt gewesen. Langsam ließ er den Blick nach oben gleiten. Die Schuhe hatten nicht zu viel versprochen. Lange schlanke Beine, ein wohl gerundeter Po in einem cremefarbenen engen Rock, eine schmale Taille und ein knappes Top, das golden glitzerte, wenn die junge Frau sich bewegte. Sie hatte schmale gerade Schultern, feste runde Brüste und langes dunkles, leicht rötlich schimmerndes Haar, das ihr lockig über die Schultern fiel.

Er trank hastig einen Schluck Whisky, der Mund war ihm trocken geworden. Die junge Frau sah aus, als flirtete sie gern und hätte zudem eine gute Portion Humor. Eine sehr attraktive Mischung für einen Mann wie ihn.

Als sich bei Monarch Consulting die Gelegenheit bot, an einer großen Technologie-Messe in San Diego in Kalifornien teilzunehmen, hatte Reid gleich zugegriffen. Seit zwei Jahren hatte er hart für die Firma gearbeitet, die sein Freund Flynn überraschend nach dem plötzlichen Tod seines Vaters übernehmen musste. Reid liebte seinen Job und hatte großen Respekt für den Freund, der in kurzer Zeit nicht nur den Vater verloren hatte, sondern auch eine schmutzige Scheidung hatte durchmachen müssen.

Reid betrachtete den Trip nach Kalifornien als willkommene Abwechslung. Flynn hielt ihn für sinnvoll, denn in den letzten zwölf Monaten hatten die Freunde in der Firma große Veränderungen vorgenommen, und Flynn hielt es für absolut notwendig, auch technisch auf dem neuesten Stand zu sein. Dafür war Reid der beste Mann, denn die Digitalisierung war sein Hobby. Er liebte alles, was mit Daten zu tun hatte.

Und er liebte schöne Frauen.

Jetzt wirbelte die aufregende Brünette herum, lachend und sprühend vor Lebensfreude. Lächelnd sah Reid ihr zu, aber sein Optimismus erhielt sofort einen Dämpfer, als ein Mann auf sie zutrat. Er war mittelgroß, verlor bereits sein Haar und war sehr schlank, na, eigentlich dünn. Dennoch strahlte die goldene Schönheit ihn an, als sei sie von ihm ganz hingerissen. Dann aber schüttelte sie heftig den Kopf, und als der Mann sich mit gesenktem Haupt verzog, atmete Reid auf, rührte sich aber nicht vom Fleck.

Er musste behutsam vorgehen, das war ihm gleich klar geworden. Sie schien sehr genau zu wissen, was sie wollte, und war sich bestimmt bewusst, dass die meisten Männer im Raum die attraktive junge Frau beobachteten. Sie standen in Gruppen zusammen, wahrscheinlich mit Kollegen. Reid Singleton war allein gekommen, was ihm ganz recht war, obgleich die Geschäftsführer von Monarch seine besten Freunde waren. Aber er unternahm gern etwas allein. Name verpflichtet …

Monarch Consulting unterstützte Unternehmen darin, ihre Gewinne zu maximieren. Flynn Parker war der Präsident der Firma, und obgleich er manchmal stur sein konnte, war er sicher der beste Mann für die Position. Reids anderer Collegefreund, Gage Fleming, war für die Akquisition neuer Kunden zuständig, eine ideale Besetzung, denn er strotzte nur so vor Charme. Und Reid selbst fühlte sich wie eine Mischung aus beiden Männern. Er konnte sehr liebenswürdig, aber auch hartnäckig sein. Flynn, Reid und Gage waren eine verschworene Gemeinschaft auf dem College gewesen. Die vierte im Bunde war Sabrina Douglas. Auch sie kannte Reid schon vom College her. Auch sie arbeitete für Monarch, war aber seit Kurzem mit Flynn verlobt. Das grenzte an Verrat, denn es war Flynn gewesen, der nach seiner Scheidung die Freunde dazu aufgefordert hatte, einen Pakt mit ihm zu schließen und sich gegenseitig zu schwören, nie zu heiraten.

Aber Reid musste zugeben, dass Flynn und Sabrina sehr gut zusammenpassten. Selbst ein Zyniker wie er konnte nicht leugnen, dass die beiden sich liebten. Und so hatten Reid und Gage ihren Freund Flynn großzügig aus dem Pakt entlassen.

Nun hatte auch Gage jemanden kennengelernt, nämlich Andrea Payne, eine junge Frau mit rotblonden Locken und einem unwiderstehlichen Lächeln. Andy und Gage waren wie füreinander geschaffen, beide superintelligent und voller Energie. Sie wollten im nächsten Juni heiraten. Flynn und Sabrina hatten ihr Hochzeitsdatum noch nicht festgelegt, aber Reid war sicher, das würde sehr bald geschehen.

Ehe, Kinder … plötzlich wollten alle heiraten, als seien sie von dem gleichen Bazillus angesteckt.

Dass die Freunde den Schwur gebrochen hatten, nahm Reid ihnen nicht übel. Er selbst hatte bereits vor langer Zeit beschlossen, niemals zu heiraten, aus x Gründen, die er schon x-mal durchdacht hatte. Und Gages und Flynns Hochzeitspläne würden an seiner Einstellung nichts ändern.

Wieder drehte sich die junge Frau mit dem goldglänzenden Oberteil und den atemberaubenden Schuhen um sich selbst. Dann verließ sie die Tanzfläche – und kam direkt auf Reid zu! Automatisch wollte er seine Krawatte geradeziehen, als ihm einfiel, dass er sie zusammen mit seinem Jackett im Hotelzimmer gelassen hatte. Als Ersatz, um seine Nervosität in den Griff zu kriegen, richtete er seinen Hemdkragen.

In seiner beigen Hose und dem hellblauen Hemd, mit dem braunen Gürtel und den braunen Lederschuhen sah Reid nicht sehr viel anders aus als die anderen männlichen Messebesucher hier im Saal. Aber es gab doch deutliche Unterschiede. Er war nicht in den Vierzigern oder Fünfzigern, sondern erst einunddreißig. Er hatte volles dunkles Haar und keine Anzeichen einer beginnenden Glatze. Außerdem hatte er ein sehr ansprechendes Gesicht, das war ihm wenigstens immer wieder gesagt worden. Ja, er sei sogar sehr attraktiv, das hatten die Frauen gemeint, die er so im Laufe seines Erwachsenenlebens gehabt hatte. Und die er nicht nur voll befriedigt hatte, sondern die mit ihm eine Superzeit gehabt hätten, wie sie ihm ungefragt versicherten.

Sabrina hatte ihn einmal damit aufgezogen, dass er wohl sämtliche Mädchen vom College im Bett gehabt hätte. Er hatte ihr darauf erwidert, dass er das als einen Dienst an den Frauen angesehen habe. Irgendjemand musste ihnen doch zeigen, was guter Sex ist, ohne ihn hätten diese Frauen das nie erfahren. Das war natürlich ein Scherz, aber da war auch etwas Wahres dran. Tagsüber war er vielleicht der schüchterne Brillenträger Clark Kent, aber nachts wurde er zum Superman im Schlafzimmer. Da konnte ihm keine widerstehen.

Aus diesen Gründen hatte er sich auch bisher bei dieser hinreißenden Brünetten zurückgehalten. Er hatte sich vorgenommen, den Moment für den ersten Schritt sehr sorgfältig zu wählen. Aber als sie ihm einen eindeutigen Blick zuwarf, wusste er, er musste diesen Schritt gar nicht tun.

Sie selbst kam auf ihn zu.

2. KAPITEL

Früher hatte Reid Singleton nie auch nur das geringste Interesse an Drew Fleming gezeigt. Sie hatte ihn sofort erkannt, als sie ihn erblickte. Er sah noch genauso aus wie damals, als ihr älterer Bruder Gage sie miteinander bekannt gemacht hatte. Das war jetzt viele Jahre her, aber auch schon damals fand sie ihn schrecklich sexy.

Und doch wirkte er jetzt anders. Immer noch schrecklich sexy, aber reifer, lebenserfahrener, attraktiver auf eine andere Art und Weise und natürlich körperlich erwachsener. Die breiten Schultern schienen beinahe das Hemd zu sprengen …

Ihr Herz schlug heftig, als sie auf ihn zuging, und sie zwang sich, ein paarmal tief durchzuatmen. Nur keine Panik! Sie hatte selbst viel geschafft in ihrem Leben und war stolz darauf. Schon lange war sie nicht mehr Gages etwas dickliche kleine Schwester, die den Blick immer gesenkt hielt, wenn Reid zu Besuch kam, und scheu lächelte. Unwillkürlich machte sie einen kleinen Tanzschritt und warf das Haar zurück. Und Reid? Dessen Blick sagte deutlich, dass er interessiert war, das konnte sie sehen. Kein Wunder, sie wusste genau, wie super sie in diesem Outfit aussah.

Reid und Drew hatten kaum gemeinsame Erinnerungen aus früherer Zeit. Damals hatte sie bestimmt zwanzig Pfund mehr gewogen und aus Frust immer zu viel gegessen. Sie hatte Hemmungen, fühlte sich hässlich und färbte sich das Haar aus Trotz entweder pechschwarz oder weißblond mit rosa Strähnen. Es hatte ziemlich lange gedauert, bis sie sich zu ihrem Selbst bekannte. Sie verlor an Gewicht und färbte ihr dunkles Haar nicht mehr. Und jetzt war sie einigermaßen mit sich zufrieden. Ihr langes Haar fiel ihr über die Schultern, sie hatte ein strahlendes Lächeln aufgesetzt und wusste, dass sie in diesem sexy Outfit gut aussah. Dass sie gerade in dieser Situation auf ihren alten Schwarm Reid Singleton traf, war ideal, hätte nicht besser sein können.

Sie musste unbedingt ihre Freundin Christina anrufen, die in ihrer gemeinsamen Wohnung mit Grippe im Bett lag und deren Rolle sie hier spielte. Seit einem Jahr arbeitete Christina für die Brentwood Corporation. Dies war die erste Messe, die sie als Vertreterin der Firma besuchen sollte. Und nun hatte sie fürchterliche Angst, nie wieder auf eine Messe geschickt zu werden, wenn sie diese wegen Krankheit auslassen musste. Also hatte sie Drew gebeten, an ihrer Stelle zu fliegen.

Drew war nur zu gern bereit gewesen. Nach der hässlichen Trennung von ihrem Freund vor einem Jahr brauchte sie dringend eine Atempause. Denn nur langsam hatte sie sich von der Enttäuschung erholt und war froh über diese Abwechslung. Zugegeben, der Standdienst auf der Messe war nicht gerade das, was Drew sich unter Urlaub vorstellte, aber sie machte das Beste daraus. Unendlich viele Besucher waren heute vorbeigekommen, die sie freundlich begrüßte und ihnen das Video zeigte, das die neueste technologische Entwicklung von Brentwood vorstellte. Drew hatte natürlich keine Ahnung, worum es dabei ging, aber das schien die Besucher nicht zu stören. Denn eins beherrschte Drew perfekt. Small Talk.

Und heute an dem abendlichen Treffen von Ausstellern und Gästen konnte sie endlich ihre neuen Sachen anziehen. Statt Essen hatte Drew eine neue Leidenschaft entdeckt, Klamotten und schicke Schuhe. Außerdem liebte sie es, zu flirten, und heute Abend war Reid Singleton ihr Opfer. Die Art und Weise, wie er sie betrachtete, machte ihr klar, dass er sicher nichts dagegen hatte.

Also ging sie zielgerichtet und mit leicht schwingendem Gang auf ihn zu. Er hatte sich in eine dunkle und ruhige Ecke zurückgezogen, stellte jetzt sein Glas ab und sah ihr erwartungsvoll entgegen.

Sein Blick war so intensiv, dass sie ihm am liebsten ausgewichen wäre, aber sie zwang sich, ihm direkt in die Augen zu sehen. „Hallo.“

„Guten Abend.“ Seine Stimme war dunkel und verlockend wie schmelzende Schokolade. Obgleich er schon mehr als zehn Jahre in den USA lebte, hatte er seinen britischen Akzent nicht verloren. Er sah sie langsam von Kopf bis Fuß an, dann blieb sein Blick etwas unterhalb ihres Ausschnitts hängen. „Christina. Was für ein hübscher Name.“

Oh, Mist! Sie hatte ihr Namensschild nicht abgenommen. Aber wieso …? Sie kniff kurz die Augen zusammen und sah ihn scharf an. Er wusste doch, dass sie nicht Christina hieß, oder? Das sollte wohl ein Witz sein? Sie lachte kurz auf. „Christina, ja, richtig.“

„Ich finde diese Namensschilder eigentlich ziemlich formell“, meinte er lächelnd. „Aber in diesem Fall bin ich froh. Da muss ich Sie nicht nach Ihrem Namen fragen. Ich habe Sie beim Tanzen beobachtet.“

Was? Er hat mich nicht erkannt? Drew hatte Mühe, ihre Enttäuschung zu verbergen. War sie so leicht zu vergessen?

„Seien Sie ehrlich, Sie haben mich doch auch bemerkt“, sagte er und lachte leise.

„Wie? Was?“ Fieberhaft versuchte sie sich in die Situation zu finden. Sie hatte ihn schon ewig nicht mehr gesehen. Und natürlich sah sie jetzt vollkommen anders aus. Dennoch erstaunlich, dass Reid, immerhin der beste Freund ihres Bruders Gage, so gar keine Erinnerung an sie hatte. Aber es hatte auch seinen Reiz. Und vor allem, sie hatte eine zweite Chance.

Die erste war damals schnell an ihr vorbeigegangen. Das war vor ein paar Jahren im Sommer gewesen, da hatte sie sich aus Trotz einen pechschwarzen knappen Bikini angezogen, obwohl sie wusste, dass ihre Eltern darüber nur den Kopf schüttelten. Aber Reid, der zu Besuch kam und sie normalerweise nur als dicklichen Teenager kannte, hatte ihr einen kurzen Blick zugeworfen, der anders war als sonst, überrascht, interessiert. Aber das war’s dann auch.

Heute allerdings hatte er jede ihrer Bewegungen mit einer gespannten Aufmerksamkeit verfolgt, als er sie beim Tanzen beobachtete. Als wenn er scharf auf sie wäre.

Auch Reid lebte wie Drew und ihr Bruder Gage in Seattle. Aber sie hatte es immer verstanden, ihm aus dem Weg zu gehen. Sicher, sie hatte sich verändert, aber das Risiko, von Reid wieder nur als Gages Schwester betrachtet zu werden, wollte sie nicht eingehen. Da sie in den sozialen Medien so gut wie nicht zu finden war, war ein Zusammentreffen leicht zu vermeiden. Sie war während der letzten Schuljahre wegen ihrer unglücklichen Figur so oft gehänselt worden, dass sie sich geschworen hatte, nie wieder ein Foto von sich ins Netz zu stellen.

Es konnte kein Zufall sein, sondern nur ein Wink des Schicksals, dass sie dem Idol ihrer Kindheit und Jugend ausgerechnet hier in San Diego begegnen musste.

„Kann ich Ihnen was zu trinken holen?“, fragte Reid.

Tatsächlich, er erkannte sie nicht! Zumindest nicht sofort. Mal sehen, wie lange es dauerte, bis er merkte, dass die geheimnisvolle Christina niemand anderes war als Gages jüngere Schwester Drew.

„Aber gern.“ Sie lächelte ihn strahlend an. „Am liebsten etwas, was golden im Glas sprudelt.“

„Sehr passend“, sagte er mit einem Blick auf ihr golden schimmerndes Oberteil.

Er reichte ihr den Arm, und sie hängte sich ein. Sowie sie ihn berührte, fiel alle Lässigkeit von ihr ab. Ihr Herz schlug wie verrückt, und sie hatte Angst, auf ihren hohen Absätzen zu stolpern, obgleich sie den ganzen Abend keine Probleme damit gehabt hatte.

Doch sie schaffte es aufrecht bis zur Bar.

„Ein Glas Champagner und einen Scotch mit Eis“, bestellte Reid.

Schnell entzog Drew Reid ihren Arm und lehnte sich betont entspannt gegen den Tresen. Jetzt bloß die Ruhe bewahren. Sie würde ihre Rolle spielen wie eine erfahrene Schauspielerin. Schließlich war sie nicht mehr das unsichere Mädchen von damals, sie war selbstsicher und hatte ein ausgefülltes Leben. Sicher, dass Devin Briggs sie verlassen hatte, hatte sie wieder zurückgeworfen, aber jetzt hatte sie eine neue Gelegenheit, ihr Selbstbewusstsein zu beweisen. Devin würde es noch bereuen, dass er sie hatte gehen lassen. Sie schüttelte kurz den Kopf, als könne sie so die deprimierenden Gedanken an Devin vertreiben.

„Hier. Golden und sprudelnd, so wie bestellt.“ Reid reichte ihr das Glas Champagner. „Wollen wir uns setzen oder hier am Tresen bleiben?“

Er hatte sich Drew zugewandt und sah sie fragend an. Aber sie war so von seinem attraktiven Mund fasziniert, dass sie die Frage nicht mitbekommen hatte. „Wie? Was?“, stieß sie nur hervor.

„Dann setzen wir uns.“ Er wies lächelnd auf eine Couch mit zwei Sesseln, die in der nahen Ecke standen.

„Ja ja, gut …“ Bloß sitzen, bevor sie vor Verwirrung in Ohnmacht fiel.

Reid nahm sie bei der Hand und zog sie in die Ecke. Sie wusste kaum, wie ihr geschah. Nur ein Gedanke beherrschte sie. Das ist meine Hand. Reid hält meine Hand … Plötzlich fühlte sie sich wieder wie ein Teenager, war hin und weg von diesem Mann, für den sie immer schon geschwärmt hatte. Nur dass sie ihm jetzt ebenbürtig war. Auch sie war erwachsen, war erfolgreich in ihrem Beruf, hatte ein gutes Leben und war dank der Schuhe sogar zehn Zentimeter gewachsen! Es tat ihrem Ego unendlich gut, dass er an ihr interessiert war.

Das war zwar reichlich oberflächlich, aber immerhin wahr.

Er wies mit dem Kopf auf die Couch. Drew setzte sich und schlug die Beine übereinander. Sie registrierte ganz genau, wie Reid den Anblick genoss. Schnell hob sie das Champagnerglas an die Lippen, um ihr Lächeln zu verbergen. Die Bläschen kitzelten sie auf der Zunge, und sie krauste unwillkürlich die Nase.

Reid setzte sich neben sie. „Wo sind Sie denn vom Himmel gefallen, Christina …“, ein Blick auf ihr Namensschild, „… Kolch?“

„Korrekt ausgesprochen“, lobte Drew. Christina beschwerte sich nämlich immer, dass die Menschheit offenbar unfähig war, ihren Namen richtig auszusprechen. „Und wie heißen Sie?“

„Singleton. Reid Singleton.“

„Haben Sie sich absichtlich wie James Bond vorgestellt?“ Sie lachte. „Bond. James Bond. Oder kommt mir das nur wegen Ihres britischen Akzents so vor? Sie sind wohl nicht in Kalifornien aufgewachsen?“

„Nein, ich bin aus London, aber ich lebe schon viele Jahre in Seattle. Und an euer amerikanisches R habe ich mich immer noch nicht gewöhnt.“ Dabei übertrieb er die Aussprache so, dass sie wieder lachen musste.

„Kichern Sie immer so viel oder nur, wenn Sie Champagner getrunken haben?“

„Nur wenn ich Champagner mit attraktiven Fremden trinke.“ Sie zwinkerte ihm zu und genoss es, wie er versuchte, ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Und wie er geschmeichelt ein paar Zentimeter zu wachsen schien, wenn sie ihm ein Kompliment machte.

„Gut gekontert“, sagte er leise und blickte dabei voller Begehren auf ihre Lippen. Dann lehnte er sich zurück und nippte lässig an seinem Scotch, während sie nervös das halbe Glas Champagner hinunterkippte. Nein, sie wollte nicht, dass dieses Spiel zu Ende ging und er sie erkannte. Er sollte sie weiterhin als charmante und hübsche Fremde betrachten, die einem Flirt nicht abgeneigt war.

Wieder starrte sie auf seine verführerischen Lippen. Sie wollte diese Lippen küssen, unbedingt, bevor sie den Mut verlor und ihm sagte, wer sie war. Bevor sie ihre zweite und letzte Chance verpasste. Denn sobald er erfuhr, dass sie Drew Fleming war, war alles vorbei. Und sie wusste, ihn nicht geküsst zu haben, würde sie für den Rest ihres Lebens bereuen. Langsam setzte sie das Glas ab und sah ihm in die Augen.

„Erzählen Sie mir mehr von …“, fing er an, bevor Drew ihn genussvoll unterbrach. Sie legte beide Hände um sein attraktives Gesicht und küsste ihn leidenschaftlich auf seinen perfekten Mund.

3. KAPITEL

Reids herbes Eau de Cologne stieg Drew in die Nase, als ihr Kuss sanfter wurde und sie ihm fast zärtlich mit den Lippen über den Mund strich. Ob er genau wie sie dieses erregende Kribbeln verspürte, wenn sie sich auch nur berührten, umso mehr jetzt bei dem Kuss? Am liebsten hätte sie ewig so verharrt, aber das ging nun wirklich nicht. Außerdem hatte sie sich vorgenommen, ihm nach dem Kuss die Wahrheit zu sagen, das heißt, ihm zu sagen, wer sie wirklich war, und sich dann zu entschuldigen.

Aber als sie sich schweren Herzens von ihm lösen wollte, spürte sie seine Hände in ihrem Haar. Er ließ sie nicht los! Stattdessen vertiefte er den Kuss. Sie war so verblüfft, dass sie die Lippen öffnete und seine Zunge einließ, sofort und ohne Scheu. Und dann küsste er sie, wie sie noch nie geküsst worden war, lang und tief und voller Verlangen. Und sie gab sich ihm hin, erwiderte seinen Kuss leidenschaftlich und stöhnte leise auf.

In ihren kühnsten Träumen hätte sie sich nicht vorstellen können, dass er so küsste. Und wie oft hatte sie davon geträumt und es sich vorgestellt, wenn sie heimlich unter der Bettdecke im Licht einer Taschenlampe ihre Liebesromane las, die sie in einer Kiste unter dem Bett versteckt hatte. Und nun wusste sie, wie es war. Ihr Körper glühte, ihre Brustwarzen waren hart, und dunkles Begehren stieg in ihr auf. Die Sehnsucht, auf seinen Schoß zu klettern, sich an ihm zu reiben und seine Erregung zu spüren, war kaum zu unterdrücken. Doch dann wurde ihr schlagartig klar, dass sie nicht allein waren, und sie bemühte sich, sich nur auf den Kuss zu konzentrieren.

So etwas hatte sie noch nicht erlebt. Reid wusste genau, wie man eine Frau lustvoll erregte, und Drew hatte sich genau danach seit Langem gesehnt. Sehr sogar. Nicht nur nach Sex, sondern nach Sex mit Reid. Sex mit dem Mann, der sie und ihre Bedürfnisse von der anderen Seite des Saales erkannt hatte. Mit dem Mann, der sie sofort fallen lassen würde, wenn er erfuhr, wer sie wirklich war. Denn er würde nie die kleine Schwester seines besten Freundes verführen.

Aber musste er es erfahren? Konnten sie nicht einfach zwei Menschen sein, die Sex hatten, ohne Genaueres übereinander zu wissen? Sie legte ihm die Hände auf die Brust, und trotz seines Hemdes fühlte sich das besser an, als sie es sich in ihren kühnsten Fantasien hätte vorstellen können. Fest und muskulös. Gierig strich sie über seine Brust, bis zum offenen Hemdausschnitt und dann über seine nackte Haut.

Da zuckte er leicht zusammen, hielt ihre Hand fest und musterte sie eingehend. Ihr Herz klopfte wie verrückt. Erkannte er sie jetzt? Sah er, dass sie Drew war, die kleine Schwester seines besten Freundes Gage, und stieß sie zurück, als hätte er sich verbrannt? Unter schrecklichem Bedauern und vielen Entschuldigungen, dass er sie geküsst hatte?

Genau so kam es. „Entschuldigung. Das hätte ich nicht tun sollen“, stieß er leise hervor.

„Wieso nicht? Ich habe doch angefangen.“ Plötzlich war ihr Mund trocken, als hätte sie tagelang nichts getrunken. Sie griff nach ihrem Glas und nahm gierig einen Schluck. „Das wollte ich schon lange tun.“

„So?“ Er lachte, während sie ihn gespannt anblickte und ihm im Stillen die Frage stellte, die ihr auf der Seele brannte. Weißt du nun, wer ich bin?

„Sieben Minuten? Das nennst du lange, Christina?“ Wieder lachte er. Wie selbstverständlich war er zum Du übergegangen.

Er hatte immer noch keine Ahnung, wer sie war! In einem Zug trank sie ihr Glas aus. War sie enttäuscht oder erleichtert? Sie wusste es selbst nicht. Aber ihr wurde schwer ums Herz. Warum nur? Weil sie früher so gar keinen Eindruck auf ihn gemacht hatte? Aber jetzt hatte sie ihn wenigstens geküsst, und er hatte sie geküsst, das war es doch, was sie wollte. Oder?

Nein, sie wollte mehr. Der Gedanke überfiel sie vollkommen unverhofft, und sie wollte ihn schnell zurückdrängen. Aber wie konnte sie, wenn sie Reid so nahe war? Sie beobachtete, wie seine Halsmuskulatur sich anspannte und sein Adamsapfel auf und ab hüpfte, als er einen Schluck Scotch nahm. Ihr Blick wanderten zu seinem offen stehenden Hemd, wo sie ihn gerade noch berührt hatte.

Sollte sie weiter lügen oder die Wahrheit sagen?

„Ich bin ein ungeduldiger Mensch“, ging sie auf seine spielerische Frage ein. „Deshalb habe ich dich geküsst.“ Also Lüge. Aber dass sie ungeduldig war, das stimmte. Denn sie sehnte sich danach, ihn nicht nur zu küssen, sondern mit ihren Lippen und ihrer Zunge seine nackte Brust zu liebkosen, seinen Bauchnabel zu kitzeln und weiter, tiefer vorzudringen. Und sie wollte ihn fühlen, überall, auf ihren Brüsten, zwischen ihren Beinen, da, wo sie dieses dumpfe heiße Sehnen spürte. Aus irgendeinem Grund war sie davon überzeugt, dass er sie nicht enttäuschen würde.

Warum also sollte sie ihre sexuelle Neugierde nicht befriedigen? Wenn sie ihm nicht sagte, wer sie war, würde sie ihn sowieso nie wiedersehen. Denn sie war weder auf Facebook, auf Twitter noch in anderen sozialen Medien aktiv. So war es sehr unwahrscheinlich, dass sie Reid noch einmal begegnen würde, es sei denn, ihr Bruder lud sie gemeinsam zu einer Party ein.

Oh, Mist! Gage heiratete ja demnächst!

Reid würde bestimmt auf der Hochzeit sein, wahrscheinlich war er sogar Gages Trauzeuge. Und dann würde er Drew ganz sicher erkennen. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als Reid jetzt schon die Wahrheit zu sagen.

Reid legte einen Arm über die Rückenlehne der Couch und flüsterte Drew ins Ohr: „Ich mag ungeduldige Frauen. Außerdem habe ich das starke Gefühl, dass der Kuss unvermeidbar war. Auch wenn du noch weitere sieben Minuten gewartet hättest und vielleicht noch mal sieben Minuten, wir hätten uns geküsst, das steht fest.“

Wenn er wüsste, dass ich neun Jahre auf diesen Kuss gewartet habe! Und wenn ich ihm doch nicht die Wahrheit sage, ging es ihr plötzlich durch den Kopf, und ihn dazu bringe, mit mir die Nacht zu verbringen, wäre das wirklich so schlimm? Ganz bestimmt würde er ihr verzeihen. Und Gage und Reid würden doch nicht plötzlich keine Freunde mehr sein, nur weil sie nicht ganz ehrlich gewesen war.

„Du meinst, es war so was wie Schicksal?“ Ihr stockte der Atem, als Reid mit einem Zeigefinger erst über ihre Wange strich, dann ihre Halslinie nachzeichnete und ihren Ausschnitt entlangfuhr.

„Hört sich großartig an. Warum nicht?“ Er lächelte, während er weiter ihre nackte Haut liebkoste. „Ich könnte mir auch vorstellen, dass es heute Abend nicht beim Küssen bleibt, wenn es dir recht ist.“

„Sondern?“, wisperte sie.

Er strich über ihren Arm und bedeckte ihre Hand mit seiner. „Eine Nacht mit dir wäre die Krönung dieser Messe für mich. Ich weiß, dass du mich nicht kennst, Christina. Zwar mag ich Frauen sehr, vor allem in meinem Bett.“ Er lachte leise. „Aber normalerweise halte ich Arbeit und Vergnügen strikt getrennt.“ Er hob ihre Hand und küsste ihre Handfläche, wobei er Drew mit seinen blauen Augen beschwörend ansah.

Drew kannte Reid gut genug, um sicher zu sein, dass er ein ausgezeichneter Liebhaber war. Bestimmt würde er eine Frau nicht ausnutzen. Er war einfach sehr körperbewusst, folgte seinen Bedürfnissen und war bestimmt sehr begabt in Liebesdingen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass eine Frau vom Sex mit ihm enttäuscht wäre. Obgleich möglicherweise viele Frauen so wie sie empfanden. Sie sehnten sich nach ihm, wollten ihn nicht loslassen und befürchteten, dass er ihre Gefühle nicht erwiderte.

Dennoch wusste sie: Dies war ihre Chance, die einzige und letzte vielleicht, und sie musste sie nutzen.

Als sie nicht antwortete, sondern seinen Blick schweigend erwiderte, drückte er ihr einen schnellen Kuss auf die Nasenspitze. „Okay. Zu dir oder zu mir? Sag, was du willst. Aber ich habe eine Suite mit Küche, Balkon und Whirlpool.“

„Kein Klavier?“

Er grinste. „Nein, kein Klavier. Aber es gibt einen sehr guten Zimmerservice, den ich schon ausprobiert habe. Ich bin schon zwei Tage vor Beginn der Messe angereist. Leider gab es da noch keine Messeparty mit einer bildschönen Frau, die mir beim Steak und dem Film hätte Gesellschaft leisten können.“

Autor

Jessica Lemmon
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