Die Flammen der Leidenschaft - 1. Kapitel

 Die Flammen der Leidenschaft

1. KAPITEL

„Brody Oil and Gas, Sie sprechen mit Kate“, sprach Kate Thornton ihren Begrüßungstext in den Telefonhörer, wie sie es täglich ungefähr fünfzig Mal tat.

     „Hallo Katie-Girl, irgendwelche Feuer, die ich löschen muss?“, fragte Lance Brody am anderen Ende der Leitung.

     „Hi Lance, wie war es in Washington DC?“, erkundigte Kate sich, während sie die Notizen auf dem Schreibtisch überflog. Ihr Chef war alles, was sie sich von einem Mann erträumte, zu ihrem großen Bedauern hatte er allerdings nie mehr in ihr als seine höchst zuverlässige persönliche Assistentin gesehen. Das war natürlich toll – wirklich. Schließlich war es auch das, wofür sie bezahlt wurde.

     Kate hatte bei Brody Oil and Gas angefangen, kurz nachdem Lance und sein Bruder Mitch die erfolglose Raffinerie vor fünf Jahren übernommen hatten. Mittlerweile war es den beiden Brüdern gelungen, das Ruder herumzureißen und sogar Mitglieder des berühmten und angesehenen Texas Cattleman’s Club zu werden.

     „In Washington war es heiß, und die Konferenzen waren endlos lang“, erwiderte Lance. „Gibt es neue Nachrichten für mich?“

     „Ja, zwei. Sie sind zwar nicht besonders dringend, aber vielleicht möchten Sie sich ja trotzdem darum kümmern, bevor Sie wieder im Büro sind. Sebastian Huntington wollte etwas mit Ihnen wegen des TCC Geschäftes besprechen. Brauchen Sie seine Nummer?“

     „Nein, die habe ich. Und die andere Nachricht?“

     „Die ist von einer gewissen Lexi Cavanaugh. Mit dem Namen wusste ich nichts anzufangen, aber sie möchte, dass Sie sich bei ihr melden, sobald Sie wieder gelandet sind.“

     „Das ist meine Verlobte“, erklärte Lance.

     Kate erstarrte. Sie hörte zwar, dass Lance weitersprach, verstand aber nicht, was er sagte, weil es in ihren Ohren so laut rauschte. Seit Jahren war sie heimlich in diesen Mann verliebt, und jetzt fiel ihm nichts Besseres ein, als sich mit einer Frau zu verloben, deren Namen sie nie zuvor gehört hatte!

     „Katie-Girl, sind Sie noch da?“, erkundigte Lance sich.

     „Ja“, entgegnete sie. „Klar bin ich noch da. Das waren alle Nachrichten. Wann werden Sie im Büro sein?“

     „Ich bin schon auf dem Weg, aber der Verkehr auf dem Highway 45 ist ziemlich dicht. Eine Sache noch“, fügte er hinzu.

     Bitte mach, dass er mich nicht darum bittet, seine Verlobungsfeier zu organisieren, flehte sie im Stillen.

     „Rufen Sie noch mal bei dem Caterer wegen des Barbecues am vierten Juli an? Wir wollen doch nicht, dass ausgerechnet am Unabhängigkeitstag irgendwas schiefgeht. Diese Party soll ein noch größerer Erfolg werden als die vom letzten Jahr.“

     „Kein Problem“, krächzte Kate in den Hörer. Sie hatte keine Ahnung, wie sie in Zukunft täglich mit Lance zusammenarbeiten sollte, jetzt da sie wusste, dass sein Herz einer anderen Frau gehörte.

     „Da ist jemand in der anderen Leitung“, log sie, um einen Vorwand zu haben, das Telefonat mit ihrem Chef möglichst schnell zu beenden.

     „Okay, bis später dann“, hörte sie Lance sagen.

     Nachdem Kate aufgelegt hatte, starrte sie auf den Computermonitor. Ihr Hintergrundbild war ein Foto, das sie, Lance und Mitch zeigte. Es war im Februar aufgenommen worden, unmittelbar nachdem die beiden Brüder von ihrer Aufnahme in den Millionärsclub erfahren hatten. Kate hatte eine Flasche Champagner gekauft, und sie hatten gemeinsam auf den Erfolg der Brodys angestoßen.

     Damals war es in Ordnung für sie gewesen, dass Lance und Mitch in Kate lediglich ihre Assistentin gesehen hatten. Im Stillen hatte sie allerdings gehofft, dass Lance eines Tages ihre weibliche Seite, die sie hinter der Hornbrille und den weiten Pullovern verbarg, entdecken würde.

     Leider war das aber nie passiert.

     Sie beugte sich vor, um das Foto näher zu betrachten und musste sich eingestehen, dass sie selbst vielleicht nicht ganz unschuldig daran war. Ihr dichtes Haar hatte sie zu einem nachlässigen Zopf geflochten, und ihre Brille war, streng genommen, ein wenig zu groß für ihr Gesicht. Im vergangenen Jahr hatte sie enorm viel Gewicht verloren – über fünfunddreißig Kilogramm – und sich bisher nicht darum gekümmert, eine neue Brille für ihr nun schmaleres Gesicht zu kaufen. Auch ihre Kleidung war immer noch dieselbe wie vor ihrer Diät. Mittlerweile war sie nicht nur zu groß für sie, sondern auch etwas verblichen. Auf andere musste sie wie eine alte Jungfer wirken. Dabei war das nicht immer so gewesen. Während ihrer Kindheit und Jugend, die sie in Somerset, einem reichen Vorort von Houston verbracht hatte, war ihr schnell klar geworden, wie viel Wert man auf sein Äußeres legen musste, um die Aufmerksamkeit eines Mannes zu erregen. Allerdings hatte ihr Übergewicht dazu geführt, dass alles, was sie trug, irgendwie unschön an ihr aussah – und so hatte sie schließlich alle Versuche in diese Richtung aufgegeben.

     Sie strich über Lance’ Gesicht auf dem Monitor und versuchte sich einzureden, dass es okay für sie war, dass er demnächst heiraten würde. Dass sie hier im Büro bleiben und weiterhin für die Liebe ihres Lebens arbeiten würde, während Lance sein eigenes Leben mit einer anderen Frau führte.

     Aber sie wusste, dass sie das nicht konnte. Es gab nur einen Weg für sie, mit ihrem Leben glücklich zu sein – sie musste die Kontrolle darüber erlangen. Genauso, wie sie ihre Esslust unter Kontrolle gebracht und angefangen hatte, einen gesünderen Lebensstil zu verfolgen. Es gab nur einen einzigen Ausweg: Sie würde ihren Job bei Brody Oil and Gas kündigen.

Lance war nicht unbedingt in der besten Laune, wenn man bedachte, dass er sich gerade erst verlobt hatte. Für die meisten Männer wäre das ein Anlass zur Freude gewesen. Doch Lance heiratete nicht aus Liebe, sondern um die Zukunft von Brody Oil and Gas zu sichern. Als er und Mitch noch Kinder waren, wurden sie Zeugen des langsamen Niedergangs der Firma und schließlich auch der Träume ihres Vaters.

     Doch dank Mitchs überlegter finanzieller Entscheidungen und Lance’ Fachwissen war es ihnen gelungen, das Ruder bei Brody Oil and Gas wieder herumzureißen.

     Es war schon beinahe unheimlich, was für ein Glück sie bei der Entdeckung neuer Mineralvorkommen und ertragreicher Ölquellen hatten.

     Lance war froh darüber, wieder zurück in Houston zu sein. Er hasste es, nicht in der Stadt zu sein, denn er mochte sein Leben hier, so wie es war. Er mochte die Gesellschaft seiner raubeinigen Ölarbeiter, er mochte die angenehme Nähe von Kate, und die Firma war wie ein Zuhause für ihn, wie er es bisher nirgendwo sonst gefunden hatte.

     Nur wenige Menschen wussten, dass ihr alter Herr sein Vermögen versoffen hatte. Unter seiner daher rührenden Wut hatten besonders seine beiden Söhne zu leiden gehabt.

     Nachdenklich rieb Lance sich den Nacken, als er den Truck in die Parklücke vor dem Firmensitz von Brody Oil and Gas manövrierte. Als er gerade aus dem Wagen ausstieg, klingelte sein Handy. Ein Blick auf das Display verriet ihm, dass es sein Bruder war.

     „Hi Mitch! Was gibt’s?“, fragte er.

     „Ich bleibe noch etwas länger in Washington. Wir wollen noch ein paar Einzelheiten wegen des Vertrages klären, der durch eure Verlobung zustande kommt“, erklärte sein Bruder.

     „Okay. Bist du am Vierten wieder hier?“

     „Klar.“

     „Ich habe Lexi auch eingeladen, damit sie alle in der Firma kennenlernt“, sagte Lance.

     „Gute Idee.“

     „Du kennst meine zukünftige Frau wohl besser als ich“, fügte Lance hinzu. „Ich habe vor, ihr ein kleines Geschenk zu machen – sozusagen als Dankeschön dafür, dass sie in die Hochzeit eingewilligt hat. Soll ich Kate fragen, oder fällt dir was Passendes ein?“

     Als sein Bruder daraufhin nicht antwortete, warf Lance einen prüfenden Blick auf das Display, weil er befürchtete, dass die Verbindung unterbrochen worden war – was allerdings nicht der Fall war.

     „Na, wie auch immer, wenn du eine Idee hast, schick mir eine Mail, okay?“, schlug Lance schließlich vor.

     „In Ordnung. Sag mal, wann willst du eigentlich Kate von deiner Verlobung erzählen?“

     „Schon erledigt“, erwiderte Lance, während er auf das Firmengebäude zuging. „Warum fragst du?“

     „Ach, einfach nur so“, antwortete Mitch.

     „Meinst du, ich hätte lieber damit warten sollen, bis ich es in der ganzen Firma bekannt gebe?“, fragte Lance nach.

     „Nein“, meinte sein Bruder. „Wir haben zu ihr ja ein anderes Verhältnis als zu unseren anderen Angestellten.“

     „Stimmt. Was denkst du, soll ich Senator Cavanaugh anrufen, um mit ihm alles zu klären?“

     „Das mache ich schon“, sagte Mitch. „Tu einfach das, was du sonst auch so machst.“

     „Und das wäre?“, wollte Lance wissen.

     „Malochen“, erwiderte sein Bruder.

     Lance lächelte. Seit ihrer Kindheit war es immer Mitch gewesen, der für die Kopfarbeit zuständig gewesen war. Er selbst, Lance, hatte sich dagegen immer um die harte körperliche Arbeit und das Verhältnis zu den Angestellten gekümmert. Die beiden Brüder waren schon immer auf sich allein gestellt gewesen, ihre Eltern waren immer irgendwie mehr mit sich selbst beschäftigt.

     „Klar, mach ich. Sehen wir uns Donnerstag?“

     „Auf jeden Fall“, bestätigte Mitch.

     Als er das Gebäude betrat, umfing ihn die kühle Luft der Klimaanlage. Jedes Mal, bevor er das Büro betrat, verharrte er einen Augenblick, als könnte er immer noch nicht so recht glauben, wie es seinem Bruder und ihm gelungen war, aus der heruntergewirtschafteten Firma wieder ein florierendes Unternehmen zu machen. In der Lobby warteten eine Menge Leute darauf, dass ihre Meetings begannen. Das Firmengebäude wurde außerdem von einem großen Stab von Sicherheitsleuten bewacht.

     „Guten Tag, Mr. Brody“, grüßte ihn einer von ihnen.

     „Guten Tag, Stan. Wie geht’s?“

     „Gut, Sir. Schön, dass Sie wieder in Houston sind“, erwiderte Stan.

     Lance nickte dem Mann zu, während er zum Fahrstuhl ging, der ihn in die Chefetage brachte. Auf der kurzen Fahrt wurde ihm bewusst, wie sehr er darauf brannte, sich wieder an die Arbeit zu machen. Washington DC war eine vollkommen andere Welt, in die er nicht so recht zu passen schien. Hier bei Brody Oil and Gas war alles anders: Er passte nicht nur hierher, er fühlte sich wie in seinem Königreich.

     Als er sein Büro betrat, warf Kate ihm einen flüchtigen Blick zu. Seltsamerweise fiel ihr Begrüßungslächeln heute nicht ganz so herzlich wie sonst aus.

     „Willkommen daheim, Lance. Steve aus der Finanzabteilung möchte Sie heute irgendwann einmal kurz sprechen. Ich habe ihm gesagt, dass ich Sie erst fragen würde.“

     „Kein Problem. Ich habe diesen Nachmittag keinen Termin.“

     „Gut, dann kümmere ich mich darum.“

     „Noch irgendwas, was ich wissen sollte?“

     Kopfschüttelnd verneinte sie dies, und eine Strähne ihres dicken, dunklen Haars fiel ihr dabei ins Gesicht. Als sie zu ihm hochsah, schienen ihre schokoladenbraunen Augen noch größer als gewöhnlich. Er hatte sich schon ein paar Mal dabei erwischt, wie er sie fasziniert betrachtet hatte. Aber an so etwas brauchte er bei ihr gr nicht zu denken. Kate war nicht der Typ Frau, der sich auf eine Affäre einließ. Und Affären waren nun mal das Einzige, was er von Frauen gewollt hatte – bis zu seiner Verlobung, versteht sich. Er war kein Mann, der eine Frau heiratete, wenn er etwas für sie empfand. Am Beispiel seines Vaters hatte er gesehen, dass die männlichen Brodys kein allzu glückliches Händchen mit dem weiblichen Geschlecht hatten. Sie erwarteten von ihren Geliebten vollkommene Hingabe – oder sie wurden hoffnungslos eifersüchtig. Lance selbst hatte diese Erfahrung als Achtzehn­jähriger mit April, seiner Freundin auf der Highschool, gemacht.

     „Lance?“ Kates Stimme riss ihn aus seinen Gedanken.

     „Hm?“

     „Haben Sie gehört, was ich eben gesagt habe?“

     „Nein“, gestand er kopfschüttelnd. „Ich bin in Gedanken noch bei der Reise nach Washington gewesen.“

     Kate biss sich auf die Lippen und senkte den Blick.

     „Was ist denn, Katie-Girl, liegt Ihnen was auf dem Herzen?“

     „Ja“, bestätigte seine Assistentin. „Kann ich ein paar Minuten mit Ihnen in Ihrem Büro sprechen?“

     „Klar“, entgegnete er. „Wann? Jetzt gleich?“

     „Ja, je früher, desto besser, denke ich.“

     „Kommen Sie rein“, forderte er sie auf.

     Sie stand auf und nahm noch etwas aus dem Drucker, bevor sie vor ihm in sein Büro ging. Lance konnte nicht umhin, ihren Hüftschwung zu bewundern. Auch entging ihm nicht, wie ihr langer Rock ihre Waden umspielte. Warum fiel ihm gerade jetzt auf, dass sich unter all diesen hässlichen Klamotten eine so hübsche Frau verbarg?

Kate war schon viele Male in Lance’ Büro gewesen, doch heute war sie nervös und fühlte sich unbehaglich. Sie war fest entschlossen zu kündigen und würde ihre Meinung auf gar keinen Fall ändern.

     Na ja, so ganz stimmte das nicht, denn eigentlich schwankte sie zwischen der Entscheidung, wirklich ein für alle Mal zu gehen und der Möglichkeit, doch zu bleiben, um Lance wenigstens weiterhin so wie bisher jeden Tag sehen zu können.

     Doch war nicht einer ihrer Gründe für ihre Gewichtsabnahme gewesen, dass sie es leid war, immer nur anderen dabei zuzusehen, wie sie ihr Leben lebten und glücklich wurden, nur um dann abends allein in ihr leeres Houstoner Reihenhäuschen zurückzukehren?

     Die Einsamkeit hatte ihr schließlich so zugesetzt, dass sie ernsthaft überlegt hatte, sich eine Katze anzuschaffen. Doch den Gedanken hatte sie schnell wieder fallen lassen. Sie wollte schließlich nicht so enden wie ihre Großtante Jean – eine unverheiratete Frau, über die sich in Kates Jugendzeit immer alle gern lustig gemacht hatten.

     „Worüber wollen Sie denn reden?“, unterbrach Lance’ Stimme ihre trüben Gedanken. Er lehnte lässig an seinem Schreibtisch und streckte seine langen Beine aus.

     Für eine Weile starrte sie ihn nur wortlos an. Wie sollte sie jemals über ihn hinwegkommen?

     „Ich habe über meinen Job nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich … dass ich mir eine neue Herausforderung außerhalb von Brody Oil and Gas suchen sollte“, erklärte sie zögernd.

     „Was?“ Lance sprang auf. „Warum ausgerechnet jetzt? Wir brauchen Sie, Katie-Girl!“

     Katie-Girl … Wenn er sie so nannte, kam sie sich wie eine Fünfjährige vor. Was für ein alberner Spitzname. Aber das hatte sie sich selbst zuzuschreiben. Schließlich hatte sie sich nie dagegen gewehrt, dass er sie so nannte. Stattdessen hatte sie sich damit zufriedengegeben, auf diese Weise wenigstens ein bisschen Aufmerksamkeit vom Mann ihrer Träume zu bekommen.

     „Das ist es ja gerade, Lance. Sie brauchen mich nicht wirklich. Als Sie mich eingestellt haben, ja, das war etwas anderes. Jetzt könnte meine Arbeit von jedem qualifizierten Büroleiter übernommen werden. Das wissen Sie genauso gut wie ich.“

     „Das war aber schon die letzten zwei Jahre der Fall. Warum wollen Sie uns ausgerechnet jetzt verlassen?“

     Verlegen zuckte sie mit den Schultern, denn sie hatte nicht ernsthaft damit gerechnet, dass Lance sich für ihre Beweggründe interessieren würde. „Es scheint einfach eine gute Gelegenheit zu sein, sich zu verändern. Hier läuft alles bestens, Sie sind verlobt, und Mitch verbringt immer mehr Zeit in Washington. Jemand Neuem wird es nicht besonders schwerfallen, sich hier einzugewöhnen.“

     Er rieb seinen Nacken. „Was ist los, Katie? Habe ich irgendwas falsch gemacht?“

     „Nein, natürlich nicht. Es liegt an mir, Lance. Ich bin hier schon so lange, weil es so bequem für mich ist. Aber so kann man sich beruflich einfach nicht weiterentwickeln.“

     „Darum geht es also? Das ist doch kein Problem, dann befördern wir Sie einfach“, erwiderte er.

     „Vielen Dank für das Angebot, aber ich kann es nicht annehmen“, lehnte sie ab. „Es ist endlich an der Zeit für mich, mir eine neue Herausforderung zu suchen.“

     Natürlich war Kate versucht, zu allem, was Lance vorschlug, Ja und Amen zu sagen – aber sie durfte nicht vergessen, dass er bald ein verheirateter Mann sein würde. Wenn sie dann immer noch hier war … das wäre das Dümmste, was sie tun konnte.

     „Bleiben Sie wenigstens so lange, bis ich eine Nachfolgerin für Sie habe?“, erkundigte Lance sich.

     Weil es nur fair war, das zu tun, stimmte sie zu. „Natürlich, keine Frage.“

     „Danke, dass Sie das machen.“

     „Hier ist übrigens meine Kündigung. Ich bin dann wieder an meinem Schreibtisch, falls noch irgendwas sein sollte.“

     Als sie sich umdrehte, um das Büro zu verlassen, kam sie sich vor, als würde sie davonrennen. Vielleicht sollte sie doch bei Brody Oil and Gas bleiben und versuchen, das Verhältnis zwischen ihr und Lance zu ändern. Aber wie sollte sie das bloß anstellen?

     Nachdem Lance ihr von der Verlobung mit Lexi Cavanaugh erzählt hatte, hatte Katie den Namen gegoogelt und einiges über sie herausgefunden. Mit einer Frau wie Lexi würde sie es niemals aufnehmen können.

     „Kate?“

     „Ja, Lance?“

     „Ich hätte gerne eine Torte anlässlich meiner Verlobung mit Lexi bei unserem Fest am Unabhängigkeitstag. Könnten Sie bei einem Konditor eine in Auftrag geben?“

     „Klar, mache ich“, erwiderte sie. Spätestens jetzt gab es keinen Zweifel mehr: Es war wirklich an der Zeit, Brody Oil and Gas zu verlassen. Plötzlich fiel ihr auf, dass sie sich mit Lance noch gar nicht weiter über ihre Kündigung unterhalten hatte.

     „Ich bleibe noch zwei Wochen, okay?“, schlug sie vor.

     „Aber vielleicht dauert es länger, bis ich einen Ersatz für Sie gefunden habe“, wandte er ein.

     „Ich werde versuchen, innerhalb der nächsten zwei Wochen jemanden zu finden“, versicherte sie ihm.

     „Habe ich Sie irgendwie verärgert, Katie? Sie wissen doch, manchmal verhalte ich mich wie ein ungehobelter Klotz“, sagte er lächelnd.

     Mühsam widerstand sie der Versuchung, erneut seinem jungenhaften Charme zu erliegen, den er so mühelos hervorzaubern konnte, wenn er ihn brauchte. Das war es doch gerade, was sie an ihm so sehr mochte: Er hatte Ecken und Kanten und war nicht so ein durchgestylter Businesstyp wie sein jüngerer Bruder Mitch. Deshalb hatte sie sich in ihn verliebt. Im Grunde seines Herzens war Lance ein guter alter texanischer Junge, so wie es Kates Daddy und ihre Brüder waren. Genau der Typ Mann, der wusste, wie man eine Frau um den Finger wickelte.

     Lance hatte sich nicht einmal besonders anstrengen müssen, um bei Kate zu landen. Jetzt wurde ihr allerdings schlagartig klar, dass er diesen Charme immer dann einsetzte, wenn es ihm nutzte.

     Er gehörte zu dem ausgebufften Millionär genauso wie seine Tausend-Dollar-Cowboystiefel und die Millionenvilla, die er besaß. Es schien fast so etwas wie eine Strategie zu sein.

     „Nein, Lance. Sie haben nichts anderes gemacht, als mich wie Ihre Sekretärin zu behandeln.“

     „Ist das ein Problem für Sie?“, fragte er und warf ihr einen aufmerksamen Blick zu.

     „Überhaupt nicht. Aber das ist alles, was ich für Sie bin, und ich möchte nun mal mehr.“

     Mit diesen Worten verließ sie das Büro und zog die Tür hinter sich ins Schloss. Eigentlich hätte sie den ganzen Tag in der Firma bleiben müssen, aber sie hielt es nicht mehr aus, sie musste raus, weg von diesem Ort. Es war ihr auch egal, dass sie wie ein Feigling wirkte, der davonlief. Unten auf dem Parkplatz klappte sie das Verdeck ihres Roadsters nach unten, um aus Houston herauszufahren und Brody Oil and Gas hinter sich zu lassen. Sie wünschte nur, sie könnte ebenso einfach ihre Gefühle für Lance Brody im aufwirbelnden Staub hinter sich zurücklassen.

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