Die Flammen der Leidenschaft - 2. Kapitel

Die Flammen der Leidenschaft

2. KAPITEL

Lance verschlug es die Sprache, weil Kate nicht einfach nur aus seinem Büro gegangen war, sondern gleich auch noch das Firmengebäude verlassen hatte. Irgendetwas war ihm wohl entgangen – nur was? Was hatte sie damit gemeint, mehr sein zu wollen als seine Sekrtärin?

    Er wollte ihr folgen, wusste jedoch nicht, wohin sie gefahren sein könnte. Normalerweise war Kate immer schon im Büro, wenn er morgens kam und blieb, bis er wieder nach Hause fuhr. Wie sollte er bloß ohne sie zurechtkommen? Kate war mehr als nur seine Sekretärin – in seinem Büro war sie die wichtigste Person, sie war es, die dafür sorgte, das alles in geregelten Bahnen verlief – Lance mit eingeschlossen.

    „Verdammt“, sagte er laut. Aber er wäre sicher nicht dort, wo er war, wenn er Vorfälle wie diese einfach auf sich beruhen lassen würde. Auf seinem Telefon drückte er die Kurzwahltaste mit Kates Handynummer.

    „Ich kann jetzt nicht reden, Lance“, sagte sie kurz angebunden.

    „Dann fahren Sie an den Straßenrand und benutzen Sie das Headset, das ich Ihnen gegeben habe. Sie können doch nicht einfach so wegfahren und dann erwarten, dass ich mich damit abfinde.“

    „Warten Sie“, erwiderte sie, und er hörte, wie sie herumkramte und leise fluchte, bevor sie nach einer Weile wieder in der Leitung war. „Worüber möchten Sie mit mir reden?“

    „Darüber, wie Sie eben von hier geflohen sind.“

    „Es tut mir wirklich leid“, beteuerte sie. „Das war nicht sehr professionell, aber ich hätte heute sowieso nichts mehr auf die Reihe bekommen.“

    „Okay, das versteh ich. Wollen Sie mir nicht erzählen, was mit Ihnen los ist?“

    „Nein. Für Sie wäre es nur unangenehm, und ich würde mir vollkommen idiotisch vorkommen.“

    Das hörte sich gar nicht gut an. „Kate, wenn ich irgendetwas gemacht haben sollte, bitte, sagen Sie’s einfach. Ich entschuldige mich, und wir können wieder weitermachen wie bisher.“

    „Nein, das können wir bestimmt nicht“, entgegnete sie traurig. Er wünschte, sie würde ihm jetzt hier gegenübersitzen, sodass er ihren Gesichtsausdruck sehen könnte. Kate hatte die ausdrucksvollsten Augen, die er je bei einer Frau gesehen hatte.

    „Ach, das können Sie doch gar nicht wissen, bevor wir miteinander geredet haben“, sagte Lance bestimmt. Er würde das Problem mit Kate aus der Welt schaffen – er konnte es sich einfach nicht leisten, sie zu verlieren. „Wo sind Sie jetzt gerade?“

    „Auf der Autobahn Richtung Somerset.“

    „Fahren Sie zu Ihren Eltern?“, erkundigte er sich. Immerhin wusste er, dass Kate in Somerset, einem wohlhabenden Vorort Houstons, aufgewachsen war. Er selbst besaß ein Haus dort.

    „Ja, wahrscheinlich schon. Um ehrlich zu sein, seitdem ich aus der Firma raus bin, bin ich einfach nur gefahren, ohne richtig zu wissen, wohin.“

    „Katie-Girl …“

    „Bitte nennen Sie mich nicht so, Lance. Das hört sich so an, als wäre zwischen uns mehr als die Beziehung zwischen Chef und Sekretärin. Aber das ist nicht so.“

    Zwischen zusammengebissenen Zähnen stieß er einen Fluch aus. „Aber wir haben doch eine Beziehung, Kate – wir sind Freunde, und das schon seit vielen Jahren.“

    „Sind wir denn wirklich Freunde?“

    „Natürlich! Wir sind sogar mehr als Freunde – Sie gehören zu Mitchs und meiner Familie. Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, was mein Bruder und ich ohne Sie machen sollen, Kate.“

    „Kate?“, fragte er, als sie nicht reagierte.

    „Ich möchte nicht mehr darüber sprechen, Lance. Wahrscheinlich sieht es aus, als ob … wie sieht es denn Ihrer Meinung nach aus?“

    „Es sieht danach aus, als ob Sie wegen etwas, was ich gesagt habe, verärgert sind. Hören Sie, Kate, was immer es auch ist, ich werde es wieder geradebiegen. Das wissen Sie doch.“

    „Nein, dieses Mal nicht.“

    „Kate, nennen Sie mir ein Problem, das ich bisher nicht aus der Welt geschafft habe!“

    „Lance …“ Allmählich wurde ihr Protest schwächer, genau wie er es sich gedacht hatte. Beharrlich ignorierte er das Klingeln in der anderen Leitung seines Telefons.

    „Ja, Kate?“

    „Ich weiß nicht, ob ich mit Ihnen darüber reden kann. Es ist mir peinlich, dass Sie eine so große Sache daraus machen“, sagte sie.

    Was ihm zuerst an Kate aufgefallen war, war ihre Stimme, die immer sanft und angenehm klang – selbst, wenn sie wütend wurde. Was allerdings nur sehr selten vorkam.

    „Warum kommen Sie nicht in die Firma zurück, und wir reden über alles?“, schlug Lance vor.

    „Das können wir auch morgen noch machen. Ich muss erst einmal eine Nacht darüber schlafen, um wieder einen klaren Gedanken zu fassen.“

    Lance war klar, dass er so schnell wie möglich mit Kate über ihr Problem sprechen musste. Sie würde problemlos einen anderen Job bekommen, in dem sie genauso viel verdiente wie bei Brody Oil and Gas – aber er brauchte sie.

    In der anderen Leitung begann es wieder zu klingeln, und der Signalton seines Handys verriet ihm, dass er soeben eine Nachricht von Frank Japlin erhalten hatte, der ihre wichtigste Raffinerie leitete.

    „Kate, könnten Sie eine Minute warten?“

    „Wieso? Was ist los?“

    „Ich muss einen Anruf von der Raffinerie entgegennehmen“, erklärte er.

    „Okay“, versprach sie.

    Er legte sie in die Warteschleife und nahm den anderen Anruf an. „Brody.“

    „Frank hier. Es brennt in der Raffinerie, und ich glaube, Sie sollten so schnell wie möglich hierher kommen.“

    „Haben Sie schon die Feuerwehr gerufen?“

    „Gleich als Erstes. Aber so einen Brand wie den hier hatten wir noch nie.“

    „Ich stecke hier gerade mitten in einem anderen Notfall“, betonte Lance.

    „Das Feuer hat großen Schaden angerichtet. Und ich habe mitbekommen, dass die Sachverständigen glauben, dass es vielleicht keine natürliche Brandursache war“, erklärte Frank.

    Na, ganz große Klasse, dachte Lance sarkastisch, das war ja genau das, was ihm heute noch gefehlt hatte. „Versuchen Sie, so viel wie möglich rauszufinden, Frank. Ich rufe in etwa fünfzehn Minuten wieder an.“

    „Okay, Boss“, bestätigte der Leiter der Raffinerie und legte auf.

    Besorgt rieb Lance sich den Nacken. Der Hurrikan im vergangenen Jahr hatte ihnen schon schwer genug zugesetzt. Da konnte er weitere Schäden durch das Feuer wirklich nicht gebrauchen.

    Kate musste jetzt unbedingt wieder zurück auf ihren Posten – sie würde Lance dabei helfen, das Chaos wieder zu bereinigen. Die Presse musste benachrichtigt werden, außerdem die Familien der Arbeiter und die Versicherungsgesellschaft. Aber Kate war nicht mehr in der Leitung. Offenbar hatte sie einfach aufgelegt.

    Der Tag lief bis jetzt richtig bescheiden.

Während Kate am Telefon darauf wartete, dass Lance wieder mit ihr sprach, wurde ihr plötzlich klar, dass sie in ihrem Leben schon zu viel Zeit mit Warten verbracht hatte. Lance war verlobt – und nichts, was er sagen oder tun konnte, würde sie dazu bringen, weiterhin bei Brody Oil and Gas zu bleiben. Also legte sie auf und fuhr weiter. Zwar war es bestimmt nicht die beste aller Ideen, ihre Familie zu besuchen. Ihre Mutter würde wieder predigen, dass es kein Wunder war, dass Kate noch immer Single war, wenn sie sich nicht schminkte und immer in diesen weiten Sachen herumlief. Wollte sie sich das wirklich antun?

    Auf der anderen Seite wollte sie aber auch nicht den Abend allein bei sich zu Hause verbringen. Sie brauchte jetzt einen guten Rat – und den würde sie sicher bei ihrer besten Freundin Becca Huntington bekommen. Becca würde sie bedauern und in ihrer Entscheidung bestärken. Oder?

    Sie wählte die Nummer von Beccas Dessousladen in Somerset, der den bezeichnenden Namen Sweet Nothings trug.

    „Sweet Nothings. Hallo?“

    „Becca, ich bin’s, Kate.“

    „Hallo! Wie läuft es so in der großen Stadt?“, wollte Becca wissen.

    „Furchtbar.“

    „Was? Wieso?“

    „Lance hat sich verlobt.“

    Daraufhin sagte Becca erst einmal nichts. Na großartig, dachte Kate, jetzt glaubt sogar meine beste Freundin, dass ich die totale Verliererin bin.

    „Oh, Schätzchen“, meldete Becca sich nach einer Weile. „Das tut mir ja so leid. Ich habe gar nicht gewusst, dass er sich regelmäßig mit jemandem trifft.“

    „Das hat er auch nicht.“

    „Bist du wirklich sicher, dass er verlobt ist? Lance scheint mir eigentlich nicht der Typ Mann zu sein, der sich so leichtfertig in eine Beziehung stürzt.“

    Das stimmte – Lance war weder leichtfertig noch hatte er sich jemals auf eine ernsthafte Beziehung mit einer seiner zahlreichen Affären eingelassen. Bisher jedenfalls nicht.

    „Wie heißt sie denn?“, wollte Becca wissen.

    „Lexi Cavanaugh“, antwortete Kate.

    „Etwa die Tochter von Senator Cavanaugh?“

    „Ja, genau die.“

    „Macht er das vielleicht aus politischen Gründen?“, fragte Becca.

    „Ich weiß es nicht. Und es interessiert mich auch nicht mehr. Ich habe heute gekündigt“, teilte Kate ihr mit.

    „Was hast du gemacht?“, erkundigte Becca sich ungläubig.

    „Hätte ich das lieber nicht machen sollen? Ich bin so verwirrt, ich weiß einfach nicht mehr weiter“, gestand Kate. Sie hatte immer gehofft, dass Lance irgendwann bemerken würde, dass sie mehr für ihn empfand, aber seine Verlobung hatte all ihre Träume zerplatzen lassen.

    „Vielleicht war es nicht ganz so schlau. Du hast immerhin die ganze Zeit für ihn geschwärmt“, räumte Becca ein.

    Kate holte tief Luft. „Es ist mehr als das – ich liebe ihn.“

    Zum ersten Mal hatte sie diese Worte laut ausgesprochen. Doch jetzt war es offensichtlich zu spät dafür.

    „Oh, Kate“, seufzte Becca mitleidig.

    „Ihm ist noch nicht einmal aufgefallen, dass ich eine Frau bin“, jammerte Kate.

    „Das lässt sich ändern“, meinte ihre Freundin.

    „Wie denn?“

    „Komm zu mir in den Laden, und ich verpasse dir einen Imagewechsel.“

    „Glaubst du, das ist so eine gute Idee? Weißt du noch, was beim letzten Mal passiert ist, als wir das versucht haben?“

    Kate hatte sich mit dem Make-up und den Klamotten, die Becca ihr empfohlen hatte, so unwohl gefühlt, dass sie geradewegs nach Hause gefahren war, um das Zeug wieder loszuwerden. Ihre alten Sachen waren immer so eine Art Schutzschild für sie gewesen. Aber vielleicht war genau das der Fehler?

    „Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll“, sagte sie verzweifelt.

    „Das kannst nur du allein entscheiden. Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich mir eine neue Frisur verpassen lassen und ein paar neue Klamotten kaufen – und dann nach einer neuen großen Liebe Ausschau halten.“

    „Ich muss aber noch zwei Wochen für Lance arbeiten“, gestand Kate.

    „Warum das denn?“

    „Na, ich konnte wohl schlecht kündigen und alles stehen und liegen lassen, oder?“, erklärte Kate.

    „Um so besser“, erwiderte Becca. „Dann kannst du als Traumfrau im Büro aufkreuzen und danach einfach gehen. Das ist gut für dein Selbstwertgefühl, glaub mir.“

    Würde sie sich wirklich besser fühlen, wenn sie zu Brody Oil and Gas zurückkehrte und mehr wie eine Frau und weniger wie die unscheinbare Assistentin aussah?

    „Okay, ich komm rüber zu dir in den Laden“, entschied Kate.

    „Schön, dann reden wir, wenn du hier bist. Ich stell schon mal den Weißwein kalt.“

    „Danke, Becca.“

    „Wofür denn?“

    „Dafür, dass du da bist. Mir zuhörst. Und nicht denkst, dass ich total verrückt bin.“

    „Warum sollte ich das? Ich war auch schon mal verliebt und weiß, wie das ist.“

    Kate schluckte. „Ich aber nicht. Lance ist der erste Mann, für den ich so fühle.“

    „Und in der Highschool? Warst du denn da nie verliebt?“, fragte Becca erstaunt.

    „Ein, zwei Typen habe ich natürlich auch schon mal angehimmelt“, gestand Kate. Sie war froh darüber, eine Freundin wie Becca zu haben, der sie sich anvertrauen konnte. Seit ewigen Zeiten waren sie beide nun schon miteinander befreundet – Becca war immer wie eine Schwester für sie gewesen und hatte Kate stets so akzeptiert, wie sie war. Ganz anders sah es allerdings bei Kate zu Hause aus: Ihre Brüder neckten sie fortwährend, und ihre Mutter war sowieso nie einverstanden mit dem, was ihre Tochter machte. „Aber das war was anderes. Frag mich nicht, warum, aber Lance Brody war für mich schon immer jemand Besonderes.“

    „Das weiß ich – ich habe noch nie jemanden so viel über einen anderen Menschen reden hören wie dich.“

    „Gott, bin ich etwa eine Nervensäge?“, fragte Kate besorgt.

    Als Becca laut loslachte, musste Kate lächeln.

    „Quatsch, du bist keine Nervensäge – du bist verliebt. Es tut mir leid, dass er nicht der Mann zu sein scheint, für den du ihn gehalten hast“, beruhigte Becca ihre Freundin.

    „Na ja, vielleicht ist er doch der Mann, aber eben nicht für mich.“

    „Wahrscheinlich“, stimmte Becca ihr zu. „Wann bist du hier?“

    „In etwa zwanzig Minuten. Ich bin einfach Hals über Kopf von der Arbeit weg, ohne etwas zu sagen.“

    „Das hört sich ganz danach an, dass du jetzt für Neues offen bist“, meinte Becca.

    „Wie kommst du darauf?“, fragte Kate erstaunt.

    „Weil du endlich mal rebellierst.“

    Darüber dachte Kate eine Weile nach, bevor sie antworte. „Ich glaube, du hast recht. Vielleicht hat Lance’ Verlobung ja auch was Gutes für mich.“

    „Da würde ich drauf wetten. Auch wenn es hart ist, dass deine Liebe unerwidert bleibt, aber danach wirst du stärker sein.“

    Nachdem Kate aufgelegt hatte, fuhr sie weiter Richtung Somerset, ohne an Lance oder Brody Oil and Gas zu denken. Stattdessen konzentrierte sie sich auf sich selbst und die neue Frau, die sie im Begriff war zu werden. Es war allerhöchste Zeit, dass sie sich endlich änderte.

Die Luft in der Raffinerie war heiß und hing voller Rauch. Es dauerte fast drei Stunden, bis die Feuerwehr den Brand unter Kontrolle bekommen hatte. Frank war damit beschäftigt, die Lokalpresse zu informieren, und Lance hinterließ seinem Bruder eine Nachricht auf seiner Mailbox.

    Dann wandte er sich an Frank: „Was gibt es Neues?“

    „Wir haben vier Verletzte.“

    „Haben Sie bereits die Angehörigen informiert?“

    „Natürlich. Sie sind jetzt im Krankenhaus in der Notaufnahme. JP hat mit den Angehörigen geredet und ihnen zugesagt, dass es keine Probleme mit der Krankenversicherung und so weiter geben wird. Außerdem soll er mich auf dem Laufenden darüber halten, wie es unseren Männern geht“, antwortete Frank.

    „Gut. Kann man schon etwas darüber sagen, ob wir den Betrieb einstellen müssen?“

    Nachdenklich rieb Frank sich über seinen lichter werdenden Haaransatz. „Wir wissen erst mehr, wenn wir mit dem Einsatzleiter der Feuerwehr gesprochen haben.“

    „Und wann wird das sein?“, fragte Lance.

    „Ich hoffe, bald.“

    „Haben Sie die Ölzufuhr zur Raffinerie unterbrochen?“

    „Das war das Erste, was wir gemacht haben. Wir haben uns ganz genau an das Notfallprotokoll gehalten. Ich glaube, Sie sollten ein paar Belobigungen aussprechen: Ein paar der Leute haben sich mächtig ins Zeug gelegt und tüchtig angepackt – mehr, als sie eigentlich hätten machen müssen.“

    „Okay, das ist toll. Geben Sie mir am besten eine Namensliste“, entgegnete Lance, als sein Handy klingelte. Ein Blick auf das Display zeigte ihm, dass es Mitch war.

    „Ich versuch mal, mit dem Brandmeister zu sprechen“, meinte Frank und ging.

    „Wir haben ein Feuer hier in der Hauptraffinerie“, berichtete Lance seinem Bruder.

    „Sind alle okay? Wie schlimm ist der Schaden?“

    Lance unterbrach ihn: „Glaubst du, dass der Senator uns jetzt nicht mehr die zusätzlichen Bohrgenehmigungen erteilen wird?“

    „Nicht, wenn ich ein Wörtchen mitzureden habe. Ich fahre gleich in sein Büro“, versprach Mitch.

    „Ich bekomm das hier schon in den Griff“, versicherte Lance seinem Bruder. „Nachher gebe ich eine Pressekonferenz, um der Öffentlichkeit zu versichern, dass alles wieder läuft und wir immer noch im Geschäft sind.“

    „Klingt gut. Ich melde mich wieder bei dir, sobald ich mit dem Senator gesprochen habe.“

    Nachdem Lance aufgelegt hatte, überlegte er, was er noch tun konnte. Die Angestellten hatten sich auf einer Seite des Gebäudes versammelt und warteten gespannt auf Neuigkeiten. Falls die Raffinerie, die täglich 67.000 Barrel Öl förderte, die Pforten schließen musste, würden all diese Leute ihre Arbeit verlieren. Ihre Gewinnbeteiligung könnten sie auch vergessen.

    Lance wählte Kates Nummer. In solchen Notfällen waren bei ihr immer alle Informationen zusammengelaufen und von ihr weitergeleitet worden, wenn Lance nicht im Büro sein konnte. Doch sie hatte die Mailbox ihres Handys eingeschaltet, und ihm wurde plötzlich bewusst, dass sie es anscheinend ernst damit meinte, die Firma zu verlassen.

    „Hier ist Lance“, sprach er auf den Anrufbeantworter. „Kate, ich brauche Ihre Hilfe. Wir hatten ein Feuer in der Hauptraffinerie. Rufen Sie zurück, sobald Sie diese Nachricht bekommen.“

    Kate war die Einzige seiner Büromitarbeiter, der Lance zutraute, bei dem Chaos, das durch den Brand ausgebrochen war, die Ruhe zu bewahren und umsichtig und effizient wie immer zu arbeiten. Vermutlich war es langsam an der Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, wie er in Zukunft ohne Kates Hilfe auskommen sollte. Er rief den Leiter seiner Finanzabteilung an und bat ihn, jede freie Sekretärin als Aushilfe zur Verfügung zu stellen. Anschließend verfasste er ein kurzes Memo auf seinem BlackBerry und schickte es an alle Mitarbeiter. Er brachte seine Angestellten auf den neuesten Stand und teilte ihnen mit, dass lediglich er selbst befugt war, mit den Medienvertretern zu sprechen.

    Frank, der beim Brandmeister stand, winkte ihn zu sich herüber. „Lance Brody, das hier ist Chief Ingle“, stellte er die beiden Männer einander vor.

    „Danke, dass Sie das Feuer so schnell in den Griff bekommen und das Schlimmste verhindert haben.“ Lance schüttelte herzlich Ingles Hand.

    „Gern geschehen – ist ja schließlich unser Job“, erwiderte Ingle.

    „Klar, trotzdem bin ich Ihnen dankbar. Gibt es neue Erkenntnisse?“, fragte Lance den Feuerwehrmann.

    „Zuerst sind wir davon ausgegangen, dass eine Explosion die Ursache für das Feuer gewesen sein könnte“, erklärte Chief Ingle. „Aber die Männer, die sich in der Nähe der Stelle befanden, an der das Feuer ausgebrochen ist, haben nichts Verdächtiges gehört.“

    „Merkwürdig“, meinte Lance. „Wie könnte es denn sonst entstanden sein?“

    „Ich habe bereits unser Ermittlerteam damit beauftragt, eine umfassende Untersuchung des Geländes vorzunehmen. Aber einer unserer Männer glaubt, Kanister mit Brandbeschleuniger gesehen zu haben.“

    „Was für einen Brandbeschleuniger?“

    „Bis jetzt wissen wir noch nichts Genaues, ich wollte Ihnen nur mitteilen, was wir im Augenblick vermuten. Ich habe unserem Mitarbeiter, der sich mit vermuteten Fällen von Brandstiftung beschäftigt und seinem Team Bescheid gegeben – die Männer müssten bald hier eintreffen.“

    „Okay. Dann muss ich die Versicherungsgesellschaft darüber informieren. Die wollen sicher mit Ihren Experten zusammenarbeiten.“

    Chief Ingle nickte. „Ja, das machen die immer so.“

    Für die Versicherungsgesellschaft war die Erforschung von Brandursachen ein Routinevorgang – Lance wollte aber auch jemanden dabeihaben, der die Interessen von Brody Oil and Gas vertrat. „Ist es in Ordnung, wenn ich ein eigenes Sicherheitsteam zusammenstelle, das an der Ermittlung teilnimmt?“

    „Eigentlich sehen wir es lieber, wenn sich nicht noch mehr Leute an den Untersuchungen beteiligen“, gestand Chief Ingle.

    „Darius steht Ihnen bestimmt nicht im Weg – er ist ein Experte auf seinem Gebiet.“

    „Darius und wie weiter?“

    „Darius Franklin. Er hat eine eigene Sicherheitsfirma.“

    „Okay, aber nur er, kein anderer.“

    Das konnte Lance verstehen. Der Chief wollte vermeiden, dass sich zu viele Leute einmischten und möglicherweise Spuren verwischten. „Wann können wir die Produktion wieder aufnehmen?“, fragte er.

    „Ich brauche wenigstens vierundzwanzig Stunden, bevor ich Ihnen mit einem guten Gewissen grünes Licht geben kann. Wenn die Untersuchungen sich schwieriger als erwartet gestalten sollten, sogar noch länger.“

    Nachdem der Chief gegangen war, wandte Lance sich an Frank. „Sagen Sie den Arbeitern, dass sie sich in fünfzehn Minuten auf dem Parkplatz versammeln sollen. Richten Sie auch eine Hotline ein, bei der sie sich erkundigen können, wann sie wieder zur Arbeit kommen sollen, und geben Sie diese Nummer bekannt.“

    „Bin schon auf dem Weg“, versicherte Frank und machte sich an die Arbeit.

    Lance wählte die Nummer seines besten Freundes Darius – doch auch bei ihm erreichte er nur die Mailbox. Mit wenigen Worten schilderte er, was geschehen war und bat Darius, so schnell wie möglich zur Raffinerie zu kommen, um bei der Untersuchung zu helfen. Wenn jetzt noch Kate wieder da wäre, hätte er das beste Team zur Verfügung, das man sich in so einer Situation wünschen konnte. Erneut griff er zum Telefon.

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