Die Flammen der Leidenschaft - 3. Kapitel

Die Flammen der Leidenschaft

3. KAPITEL

Nachdem Lance zum zweiten Mal versucht hatte, sie anzurufen, stelle Kate ihr Telefon auf stumm. Sie war es leid, sich selbst zu quälen und sich selbst und alles, was sie je getan hatte, infrage zu stellen. Als sie im Sweet Nothings ankam, hatte Becca ihr einen Termin mit ihrer Friseurin gemacht.

    „Du meinst also, dass eine neue Frisur alles verändert“, murrte Kate.

    „Das ist nicht bloß eine neue Frisur, du musst dich ändern“, erklärte Becca. „Seit deinem Anruf habe ich darüber nachgedacht. Es gibt nur eine einzige Möglichkeit für dich, die nächsten Wochen zu überstehen: Du musst erreichen, dass Lance Brody klar wird, was er an dir hat.“

    Nach einem ausgiebigen Blick in den Spiegel hinter der Ladentheke zuckte Kate mit den Schultern. „Nicht viel, wie mir scheint.“

    „Aber bald wird er eine vollkommen neue Frau sehen.“

    „Aber ich werde doch immer noch ich selbst sein?“, fragte Kate unsicher.

    „Klar wirst du das, Dummerchen. Außerdem, mögen tut Lance dich ja schon. Wir wollen nur erreichen, dass er dich auch begehrt.“

    „Er ist verlobt und wird bald heiraten, Becca“, wandte Kate ein.

    „Na und? Du willst ja auch nicht, dass irgendwas passiert. Spiel einfach ein bisschen mit ihm, vielleicht holst du dir dabei dein Herz zurück.“

    Der Gedanke gefiel Kate – immerhin hatte Lance fünf Jahre gehabt, mehr aus ihrer Beziehung zu machen. War es jetzt nicht allmählich an der Zeit, über ihn hinwegzukommen? „Okay, ich bin dabei“, stimmte sie zu.

    „Fein“, sagte Becca erfreut und erklärte Kate den Weg zum Friseursalon. Als Kate dort gerade aus dem Auto stieg, klingelte abermals ihr Handy. Natürlich war es wieder Lance, und diesmal nahm sie den Anruf an. „Ja, hier ist Kate.“

    „Wo sind Sie gewesen?“, wollte Lance wissen.

    „Im Auto.“

    „In unserer Hauptraffinerie hat es gebrannt. Ich brauche Sie in meinem Büro.“

    Die Nachricht versetzte Kate einen Schock. Brody Oil and Gas war bekannt dafür, einer der sichersten Betriebe der ganzen Branche zu sein. „Hat es denn eine Explosion gegeben?“, fragte sie.

    „Das weiß man noch nicht so genau. Ich habe genug damit zu tun, hier in der Raffinerie die Stellung zu halten. Wann können Sie im Büro sein?“

    „Heute Abend“, wäre es ihr fast rausgerutscht, aber sie biss sich auf die Zunge.

    Was sollte das? Es war zwar eine Notsituation, aber sie brauchten sie nicht wirklich. Paula und Joan, die beiden anderen Sekretärinnen von Brody Oil and Gas, konnten ebenso gut telefonieren. „Morgen früh“, sagte sie stattdessen.

    „Kate, ich brauche Sie.“

    Natürlich meinte er das nur rein beruflich, machte sie sich schell klar, bevor sie sich wieder hoffnungslos verrannte.

    „Die Firma braucht Sie. Wir brauchen unsere besten Leute auf dem Spielfeld.“

    Lance hatte früher einmal Football gespielt, und Kate hatte schnell gemerkt, dass er immer dann diese Sportmetaphern benutzte, wenn er unter Stress stand.

    „Sie haben Ihre besten Spieler auf dem Feld“, antwortete sie. „Ich habe den Verein gewechselt, schon vergessen?“

    „Verdammt. In dieser Angelegenheit ist noch nicht das letzte Wort gesprochen“, beschwerte Lance sich.

    „Doch, das ist es. Ich habe mich entschieden. Ich rufe Paula an und sage ihr, was sie tun soll. Als wir letztes Jahr den Hurrikan hatten, habe ich ein Notfallprotokoll erstellt, an das sie sich jetzt halten kann.“

    „Lassen Sie ihr Telefon an, sodass ich Sie jederzeit erreichen kann.“

    „Warum? Ich bin nicht …“, begann Kate, aber Lance unterbrach sie.

    „Hören Sie auf, mit mir zu streiten, Kate, das mag ich nicht. Was ist bloß in Sie gefahren?“

    Nachdenklich sah sie in den Rückspiegel. Das war das erste Mal in ihrem Leben, dass sie nicht tat, was Lance von ihr wollte. Und das schien ihn völlig zu verstören. Vielleicht sollte sie öfter Nein zu ihm sagen, statt sich einen neuen Haarschnitt und ein anderes Outfit zuzulegen. Bisher war sie immer viel zu entgegenkommend gewesen – wahrscheinlich nahm er ihre ständige Verfügbarkeit deshalb als selbstverständlich hin.

    „Ich weiß es nicht, Lance. Ich habe einfach beschlossen, dass es Zeit für einen Neuanfang ist. Das ist alles“, erklärte sie.

    „Ich habe gedacht …“

    „Was?“, unterbrach sie ihn.

    „Nichts“, wich er aus. „Kommen Sie morgen ins Büro?“

    „Ja, ich werde da sein.“

    „Gut.“

    „Tut mir leid wegen der Raffinerie“, sagte sie und hatte jetzt doch ein schlechtes Gewissen, weil Lance so traurig geklungen hatte und sie hart geblieben war. „Hat es denn Verletzte gegeben?“

    „Ja, vier Männer sind im Krankenhaus.“

    „Ich werde Paula auftragen, ihnen Blumen zu schicken – und ihre Familien sollten Präsentkörbe bekommen.“

    „Danke.“

    „Gern geschehen.“ Sowohl Lance als auch sie mussten sich allmählich an den Gedanken gewöhnen, dass jetzt andere Menschen für ihn arbeiten würden. Kate hatte nicht vor, weiterhin das Mädchen für alles zu spielen und heimlich in ihren Chef verliebt zu sein. Das musste endlich ein Ende haben. Sie hatte es satt, nur für die wenigen Momente zu leben, die sie und Lance gemeinsam im Büro verbrachten.

    „Machen Sie’s gut, Lance“, sagte sie und legte schnell auf. Ihr war plötzlich ganz heiß und sie hoffte, dass es an der Sommerhitze lag und nicht daran, dass ihr der Abschied von Lance wahrscheinlich nicht ganz leichtfallen würde.

Den restlichen Nachmittag und den größten Teil des Abends verbrachte Lance in der Raffinerie. Darius war erst spät eingetroffen und hatte eine Liste mit Verdächtigen zusammengestellt, die möglicherweise ein Interesse daran gehabt haben könnten, Brody Oil and Gas zu schaden.

    Als Lance die Raffinerie endlich verließ und sich auf den Weg zurück nach Houston machte, war er vollkommen erledigt und hatte von dem Tag gehörig die Nase voll. Alles war … absolut verrückt gewesen, dachte er.

    Als er noch ein Junge gewesen war, hatte er sich jeden Tag so viel vorgenommen, wie es nur ging, um möglichst spät in sein ungeliebtes Zuhause zu kommen. Er hatte nicht einmal daran denken wollen, was ihn dort erwartete. Aber das war lange her, und jetzt, wo er alleine lebte, mochte er sein Leben. Na ja, noch lebte er alleine, denn bald würde seine Braut in seine Villa in Somerset einziehen. Lance war nicht sicher, ob er jetzt schon für ein typisches Eheleben in der Vorstadt bereit war. Aber Mitch und er hatten sich darauf geeinigt, dass er derjenige sein sollte, der Lexi heiratete.

    Verdammt, dachte er und rieb sich den Nacken, der vollkommen verspannt war, wie immer, wenn er Stress hatte. Er warf einen Blick auf sein Handy, das plötzlich klingelte. Es war sein Bruder.

    „Hallo, Mitch.“

    „Hallo, großer Bruder. Wie läuft es in der Raffinerie?“

    „Grottenschlecht, aber wenigstens arbeitet Darius jetzt mit den Ermittlern zusammen und versucht, den Vorfall zu klären. Wie sieht’s in Washington aus?“

    Mitch atmete tief aus. „Könnte schlimmer sein. Das meiste habe ich mit Senator Cavanaughs Büro klären können. Ich habe betont, wie sehr sich Brody Oil and Gas darum bemüht, den Schaden für die Gemeinde und die Natur möglichst gering zu halten. Das sollte Cavanaughs Befürchtungen, dass wir die Ölproduktion zurückfahren könnten, zerstreut haben.“

    „Hast du ihm auch gesagt, dass wir nun den Betrieb auf die verbleibenden Raffinerien aufteilen, sodass der heutige Verlust keine negativen Auswirkungen auf den Ölpreis haben sollte?“, fragte Lance.

    „Klar. Seitdem die Börse in Japan eröffnet hat, beobachte ich den Markt. Vermutlich wird der Rohölpreis bei uns in den Staaten steigen.“

    „Ja, das denke ich auch. Bei der augenblicklichen Wirtschaftslage wäre das fatal.“

    „Tja, wir haben aber nun mal keinen Einfluss auf das Verhalten der Investoren“, stellte Mitch fest.

    „Ich fahr noch mal kurz ins Krankenhaus, um nach unseren verletzten Arbeitern zu sehen – ich schicke dir eine SMS mit ihren Namen.“

    „Super, das klingt gut. Lexi und ich fliegen morgen gemeinsam nach Houston zurück.“

    „Sie hat heute versucht, mich zu erreichen, aber bisher hatte ich noch keine Gelegenheit, mit ihr zu reden. Kannst du ihr bitte ausrichten, dass ich mich erst wieder melden kann, wenn in der Raffinerie Ruhe eingekehrt ist?“, bat Lance.

    „Klar, mache ich“, versprach Mitch.

    „Ach ja, hast du schon eine Idee wegen des Geschenks für sie?“

    „Tut mir leid, ich hatte noch keine Zeit, über dein Liebes­leben nachzudenken“, bemerkte sein Bruder trocken.

    Lance ging es genauso. „Das ist rein geschäftlich, Mitch, das hast du mir selbst gesagt. Wir brauchen die Verbindung zu Cavanaugh – was heute passiert ist, ist der beste Beweis dafür.“

    Als Mitch daraufhin schwieg, fuhr Lance fort: „Ich habe ganz vergessen, dir zu erzählen, dass Kate heute gekündigt hat.“

    „Was? Wieso?“, fragte sein Bruder und klang überrascht.

    „Sie denkt, dass es einfach an der Zeit ist, ihre berufliche Karriere ohne uns fortzusetzen. Sie sagt, sie fühlt sich nicht genügend herausgefordert oder so was in der Art.“

    „Vielleicht ist es einfach Zeit für sie, sich weiterzuentwickeln“, vermutete Mitch.

    „Ich versuche, sie zum Bleiben zu überreden.“

    „Warum?“

    Lance hatte keinen blassen Schimmer, aber er würde den Teufel tun und das vor seinem Bruder zugeben. „Sie gehört zu Brody Oil and Gas, und wir brauchen sie.“

    „Vielleicht will sie ja mehr.“

    „Und was zum Beispiel?“, fragte Lance und dachte an Kates ähnliche Bemerkung von vorhin.

    „Denk selbst drüber nach“, erwiderte sein Bruder. „Ich muss mich jetzt beeilen. Vergiss nicht, mir die Namen von den Verletzten zu schicken.“

    „Geht klar. Ally hat Interviews für sie arrangiert für die Nachrichtensendung morgen früh. Sie redet gerade mit den Angehörigen, damit die wissen, was sie zu sagen haben.“

    „Gut. Ich spreche deswegen mal mit dem Senator – vielleicht kann er ja ein kurzes Zitat mit einbringen.“

    „Die Sache hätte auch noch viel schlimmer ausgehen können“, bemerkte Lance.

    „Und warum ist sie das nicht?“, wollte sein Bruder wissen.

    „Vermutlich, weil wir seit dem Sturm im letzten Herbst alle auf das Schlimmste vorbereitet sind. Die Jungs wissen echt, wie sich zu verhalten zu haben.“ Lance fuhr in eine Parklücke vor dem Krankenhaus und sprach noch ein paar Minuten mit seinem Bruder. Er mochte Krankenhäuser nicht. Das lag vermutlich daran, dass er in seiner Kindheit fast schon Stammgast in der Notfallaufnahme war.

    Jedes Mal, wenn sein Vater den Wagen vor dem Krankenhaus geparkt hatte, hatte er seinem Sohn eingebläut, was er den Ärzten erzählen sollte, wenn die wissen wollten, wie Lance sich verletzt hatte. Arm- und Beinbrüche hatte er sich angeblich bei Stürzen von seinem Fahrrad zugezogen. Geprellte Rippen und gebrochene Finger – da hatte er beim Skateboardfahren nicht aufgepasst. Niemals hatte er irgendjemanden die Wahrheit erzählt – und nach einer Weile begann selbst er, den erfundenen Geschichten seines Vaters zu glauben.

    Er rieb über die Narbe an den Knöcheln seiner linken Hand. An einigen Tagen fühlte er sich verdammt alt, viel älter, als er wirklich war. Er ahnte, dass er mit Lexi aufpassen müssen würde, damit ihre Verlobung und die anstehende Hochzeit nicht platzte. Nur zu genau wusste Lance, dass er das legendäre Temperament seines Vaters geerbt hatte. Jetzt, wo er in seinem Truck saß und auf das moderne Krankenhausgebäude sah, fiel ihm das Versprechen ein, was er sich mit dreizehn Jahren gegeben hatte: Er würde niemals eines seiner Kinder in die Notfallaufnahme bringen, weil er keine eigenen Kinder haben würde.

    Ob das wohl ein Problem für Lexi Cavanaugh sein würde? Eigentlich hoffte er es sogar, denn dann hätte er einen triftigen Grund, die Verlobung zu beenden und wieder zu seinem alten Leben zurückzukehren.

Kate war nervös, als sie am nächsten Morgen aus dem Auto stieg. Vergangenen Abend war sie mit Becca in Houston shoppen gewesen – und es hatte ihnen beiden Spaß gemacht, gewagte Kleider für Kate auszusuchen. Als sie aber an diesem Morgen das körperbetonte Sommerkleid angezogen und ihre neue Frisur gestylt hatte, war sie sich wie eine Hochstaplerin vorgekommen.

    Drei Versuche hatte sie gebraucht, bis sie es geschafft hatte, ihre neuen Kontaktlinsen einzusetzen, doch schließlich glich sie der neuen Kate fast aufs Haar, die gestern Abend den Friseursalon im neuen Look verlassen hatte. Doch ein Gedanke ließ sie einfach nicht los: Was, wenn ihre Verwandlung nicht den gewünschten Effekt zeigte und sie stattdessen alle nur auslachten?

    War das nicht vollkommen verrückt? Schließlich war sie eine erwachsene Frau und sollte sich den Teufel darum scheren, was andere Menschen von ihrem neuen Look hielten. Becca hatte ihr immer wieder versichert, dass sie einfach heiß aussehen würde – Kate war sich da allerdings nicht so sicher. Sie kam sich immer noch wie die übergewichtige, altbackene Kate vor, die versuchte, jemand zu sein, der sie eigentlich gar nicht war.

    Als sie in die Lobby trat, sah Stan vom Sicherheitsdienst auf. „Guten Morgen …“, grüßte er sie.

    „Guten Morgen, Stan“, erwiderte sie, und sie fühlte sich ein wenig unbehaglich, als der ältere Mann sie anstarrte.

    „Sie sehen heute toll aus, Miss Thornton“, sagte Stan schließlich. „Sehr hübsch.“

    „Vielen Dank, Stan“, sagte sie und spürte, wie sich ihre Wangen röteten.

    Nachdem sie ihren Ausweis eingescannt hatte, ging sie zu den Fahrstühlen. Während sie auf den Aufzug wartete, betrachtete sie ihr Spiegelbild auf der blankpolierten Fahrstuhlverkleidung. Das Seltsamste an dieser ganzen Verschönerungsaktion war, dass sie sich selbst nicht mehr wiedererkannte.

    „Verzeihen Sie, Miss, aber dieser Aufzug ist nur für Angestellte der Chefetage“, hörte sie plötzlich Lance’ Stimme hinter sich.

    Sie drehte sich zu ihm um.

    „Kate?“, fragte er überrascht.

    Vergeblich wartete sie darauf, dass er noch etwas sagte. Zwar war sie ein wenig verletzt deswegen, sie würde aber damit klarkommen. Gestern Abend hatte sie nämlich beschlossen, dass sie damit aufhören wollte, Lance zu gefallen. Diese Entscheidung hatte sie sehr schnell getroffen – zum ersten Mal seit langer Zeit.

    „Ich habe heute Morgen unsere Arbeiter in der Today Show gesehen. Das Interview ist richtig gut gelaufen, finde ich“, bemerkte sie.

    „Ja, Ally hat sie gut vorbereitet. Ich bin froh, dass sie alle wieder vollkommen gesund werden“, sagte Lance.

    Lance ließ Kate den Vortritt in den Fahrstuhl. Als sie hineinging, konnte sie seinen Blick förmlich auf ihrem Rücken ruhen spüren. War der Rock vielleicht doch zu kurz für das Büro? Als sie sich jedoch umdrehte und Lance auf ihre Beine starren sah, wusste sie, dass ihr Outfit die beabsichtigte Wirkung hatte. Endlich sah er die Frau in ihr. Das hatte sie sich immer gewünscht, und trotzdem war es ein komisches Gefühl.

    Jetzt, wo sie sich seiner Aufmerksamket gewiss sein konnte, wusste sie nicht, was sie damit anfangen sollte.

    „Wie war Ihr Abend?“, erkundigte sie sich.

    „Ich habe die meiste Zeit telefoniert … was ich nicht gemusst hätte, wenn meine Assistentin da gewesen wäre“, entgegnete er sarkastisch.

    Kate presste die Lippen zusammen. „Vielleicht hat Ihre Assistentin ja auch einfach nur beschlossen, endlich ihr eigenes Leben zu leben.“

    „Ist es etwa das, worum es Ihnen die ganze Zeit gegangen ist?“

    „Nein“, entgegnete sie kopfschüttelnd. „Ich habe meine eigenen Bedürfnisse viel zu lange ignoriert. Ich weiß, dass mein Timing gestern nicht das beste gewesen ist, aber ich konnte ja nicht ahnen, dass es in der Raffinerie einen Brand geben würde.“

    „Wer hätte das schon ahnen können? Ich habe ja nichts dagegen, wenn Sie einen Nachmittag freimachen. Wenn ich Sie zum Bleiben überreden kann, können wir gerne über mehr Freizeit für Sie sprechen“, schlug Lance vor.

    Beim Aussteigen ließ Lance Kate wieder den Vortritt. Als sie an ihm vorbeiging, konnte sie ihn tief Luft holen hören.

    „Haben Sie Parfum aufgelegt?“, fragte er.

    Mit hochgezogenen Augenbrauen sah sie ihn an. „Ja“, erwiderte sie. „Wieso fragen Sie?“

    „Ach, ich wollte nicht indiskret sein“, entgegnete er. „Aber der Duft gefällt mir.“

    „Danke“, entgegnete sie. Ihr verändertes Aussehen schien Lance zu beunruhigen. Oder er stand an diesem Morgen einfach nur ein wenig neben sich. „Wenn Sie in die Raffinerie wollen, kein Problem. Ich komme heute Morgen hier auch ohne Sie zurecht“, bot sie an.

    „Danke, Kate, aber ich glaube, dass ich hier gebraucht werde. Besonders, wenn Sie immer noch entschlossen sein sollten zu kündigen.“

    Mit einem Nicken betrat sie ihr Büro und wusste sofort, dass viel Arbeit auf sie wartete, als sie das blinkende Licht ihres Anrufbeantworters sah. Als Lance die Tür schloss und an Kate vorbei in sein Arbeitszimmer gehen wollte, streifte er sie zufällig. Dabei stolperte sie in ihren hochhackigen Schuhen, sodass Lance sie mit einer Hand an ihrer Taille stützte, damit sie das Gleichgewicht nicht verlor. Sie drehte sich zu ihm um, wobei ihr Haar seine Schulter berührte.

    Obwohl sie den Duft seines Aftershaves schon immer gemocht hatte, kam es ihr so vor, als würde Lance heute Morgen besonders gut riechen. Er legte den anderen Arm um ihre Schulter und sah sie an.

    „Mir ist vorher nie aufgefallen, wie hübsch Ihre braunen Augen eigentlich sind“, sagte er.

    „Vermutlich hat man sie hinter den Brillengläsern einfach nicht richtig sehen können“, meinte sie verlegen.

    „Oder vielleicht habe ich vorher einfach nur nicht richtig hingesehen.“

    „Das hat wohl daran gelegen, dass es vorher nichts gab, das sich anzusehen gelohnt hat“, vermutete Kate. Becca hatte gestern Abend ins Schwarze getroffen, als sie gesagt hatte, Kate habe sich die ganze Zeit hinter ihrer Brille und den weiten Kleidern versteckt.

    „Bei Ihnen lohnt es sich, genauer hinzusehen, Kate.“

    „Wirklich?“, fragte sie erstaunt.

    „Ja, und es tut mir leid, dass ich das nicht schon vorher getan habe.“

    „Warum tut es Ihnen leid?“

    „Weil Sie verflucht hübsch sind, deshalb“, entgegnete er.

    „Das bin nicht ich, das sind nur die Frisur und das Make-up“, widersprach sie und fühlte sich unbehaglich wegen seines Kompliments. Anstatt sich darüber zu freuen, begann sie, all die Dinge aufzuzählen, die ihre Mutter immer an ihr bemängelt hatte. „Mein Mund ist zu groß für mein Gesicht.“

    Kopfschüttelnd strich er mit dem Daumen über ihre Unterlippe. „Ihr Mund passt perfekt zu Ihrem Gesicht – sinnlich und verführerisch.“

    „Verführerisch? Hallo, ich bin’s, Lance. Kate Thornton. Ich habe bisher doch wohl noch nie verführerisch auf Sie gewirkt.“

    „Ich muss wohl blind gewesen sein, Kate, weil Sie mich jetzt eindeutig in Versuchung führen“, erwiderte er und berührte mit seinen Lippen ihre, bevor er sie schließlich küsste.

    Unwillkürlich stellte sie sich auf die Zehenspitzen, um den Kuss zu erwidern. Es war genauso, wie sie es sich immer erträumt hatte – auch wenn es vollkommen überraschend passierte. Allerdings hatte sie sich nicht ausgemalt, wie großartig er schmeckte, als sich ihre Zungen berührten. Oder wie wunderbar sich seine kräftigen Hände in ihrem Haar anfühlten. Oder die Art und Weise, wie ein einziger Kuss ausreichte, um ihr ganzes Leben auf den Kopf zu stellen.

Vorheriger Artikel Die Flammen der Leidenschaft - 4. Kapitel
Nächster Artikel Die Flammen der Leidenschaft - 2. Kapitel