Irische Hochzeit - 15. Kapitel

15. KAPITEL

Isabel stand am Fenster und blickte auf die draußen versammelte Menge. Im Ringwall drängten sich die Frauen. Sie lächelten und warteten aufgeregt auf ihre Männer.

     Isabel hatte die Arme um sich geschlungen. Sie war wie betäubt von dem, was gerade geschehen war. Ihr Körper schmerzte, und das Herz tat ihr weh. Patrick hatte begonnen, sie wie ein Liebhaber zu behandeln, hatte tiefe Gefühle in ihr geweckt. Und dann hatte er plötzlich aufgehört, ohne eine Vorwarnung.

     Warum? Hasste er es so sehr, sie zu berühren?

     An der Türe war ein zaghaftes Klopfen zu hören, aber Isabel antwortete nicht.

     „Isabel?“ Die Stimme ihres Vaters drang an ihr Ohr, und sie hörte, wie sich knarrend die Tür öffnete.

     Sie wusste nicht, was er jetzt noch von ihr wollte. Es interessierte sie auch nicht. Hatte er nicht schon genug angerichtet? „Was wollt Ihr?“

     „Bist du … hat er …?“ Ihrem Vater schienen die Worte zu fehlen. Gut. Nach dem, was er erzwungen hatte, hatte er es nicht besser verdient.

     „Ja.“ Die Hände im Rücken ineinander verschlungen, drehte sie sich zu ihm um. „Es ist geschehen, und ich denke, Ihr habt Euch jetzt genug in meine Ehe eingemischt. Ich möchte, dass Ihr uns verlasst. Geht, und schließt Euch welchem Heer auch immer an, aber kehrt nicht hierher zurück.“ Der Zorn ließ ihre Züge hart werden. „Und sorgt dafür, dass der Earl weit fort von hier bleibt.“

     Das Gesicht ihres Vaters zeigte, wie unbehaglich er sich fühlte. „Ich wollte nur eine Königin aus dir machen, Isabel. Wenn du in England geblieben wärst, hättest du keinen mächtigeren Mann heiraten können.“

     Das stimmte. Patricks Macht war allerdings das Letzte, was sie sich wünschte. Sie wollte nur einen Mann, der sich um sie kümmerte und ihr vielleicht eines Tages Kinder schenkte. Einen Ehemann, keinen König.

     „Bitte, geht“, flüsterte sie.

     Edwin sah aus, als wollte er auf sie zugehen und sie umarmen, doch er tat es nicht. Er furchte die Stirn, bevor er schließlich nickte und sie allein ließ.

Fast den ganzen Nachmittag über half Isabel den Frauen beim Kochen. Mehr als nur ein paar der Damen warteten aufgeregt am Strand auf ein Zeichen ihrer Männer. Isabel selbst war äußerst unruhig, denn sie wusste nicht, ob sie Patrick heute Abend sehen würde. Sie hatte große Sorgfalt auf ihr Äußeres verwandt, sehnte sich nach ihm und fürchtete sich gleichzeitig vor dem, was er sagen würde.

     Gott sei Dank war ihr Vater fort. Und wenn ihr die drohende Gefahr einer Invasion auch sehr bewusst war, versuchte sie trotzdem so zu tun, als würde alles gut werden.

     Als die Sonne den Horizont blutrot färbte, legten die ersten Boote an. Zum ersten Mal sah Isabel die normannischen Männer lächeln. Einige der Frauen weinten Freudentränen, während ihre Männer sie herzlich küssten. Sie sah, wie sich beim Anblick seines neugeborenen Kindes scheue Ehrfurcht im Gesicht eines Kriegers zeigte. Das Kleine streckte das Händchen nach dem Gesicht seines Vaters aus, und Isabel stand wie versteinert da.

     Ihr Willkommenslächeln bekam etwas Gezwungenes, als sie immer noch kein Zeichen von Patrick erblickte. Während sie weiter durch die Menge ging und sich vergewisserte, dass alle genug zu essen und zu trinken hatten, wurde sie immer bedrückter. Es wurde noch schlimmer, nachdem die Kinder schlafen gegangen und die Erwachsenen unter sich waren.

     Isabel blieb draußen vor dem Turm und schritt an Paaren vorbei, die sich in den immer dunkler werdenden Schatten küssten. Mit jedem Schritt wurde ihr das Herz schwerer.

     Als sie einen etwas abgelegen Platz erreichte, setzte sie sich an einen großen Stein gelehnt hin und lauschte den Wellen. Sie hatte sich Hoffnungen gemacht, hatte gewünscht, Patrick käme zurück. Sie wollte mit ihm reden, wollte verstehen, was heute Morgen zwischen ihnen beiden geschehen war.

     Und dann, als würde er der dunklen See entsteigen, kletterte ihr Ehemann die Anhöhe des Hügels hinauf. Patricks schwarzes Haar schimmerte in den silbernen Strahlen des Mondes.

     „Fast wäre ich nicht gekommen“, sagte er mit tiefer Stimme.

     Isabel stand nicht auf, sondern wandte sich wieder dem Wasser zu. „Warum bist du dann hier?“

     Er kniete neben ihr nieder. „Um mich zu entschuldigen.“ Er nahm ihre Hand und sagte: „Du hast nicht verdient, was ich dir antat.“

     Sie schloss die Augen. „Früher oder später musste es geschehen.“

     „Nicht auf diese Art.“ Er ließ ihre Hand los. Sein Gesicht drückte Zerknirschung aus. „Ich ließ meiner Wut die Zügel schießen.“

     Seine Wange war angespannt, er presste die Kiefer zusammen. Isabel konnte den Kummer in seinen Augen erkennen. Und sie hatte die Macht, diese Traurigkeit zu lindern.

     Sie stand auf und legte ihm die Hände auf die Schultern. Patrick zog sie an sich, bis sie seinen Körper fühlen konnte. Und wenn er sie auch nur leicht umfasst hielt, spürte sie doch sein Verlangen.

     „Wieso brachtest du die Frauen hierher?“, fragte er. „Ich hatte es verboten.“

     „Weil ich davon überzeugt bin, dass wir unsere Völker vereinigen können“, flüsterte sie. „Die Normannen brauchen jemanden, für den sie kämpfen können. Wer wäre dafür besser geeignet als ihre eigenen Lieben?“

     „Meine Stammesgenossen werden es nicht erlauben.“

     „Sie könnten hier auf der Insel bleiben“, bot Isabel an.

     „Hier ist nicht genug Platz. Selbst jetzt weiß ich nicht, wo du sie unterbringen willst.“

     „Die Nacht ist warm“, meinte sie. „Die Männer und Frauen werden keine Hütte als Unterschlupf brauchen. Heute Abend ist die Insel voller Liebender.“

     Ihre Haut fühlte sich heiß an, und die Lust erwachte mit aller Macht in ihr. Isabel versuchte, den Sturm, der in ihrem Innern tobte, zu beruhigen. Aber sie wünschte sich nichts sehnlicher, als mit ihm hierzubleiben und zu vollenden, was sie am Morgen begonnen hatten. Wie die anderen wollte sie sich dem Verlangen ihres Gatten hingeben.

     „Was willst du von mir, a stór?“, fragte er. In seinen dunklen grauen Augen las sie Aufruhr und Unentschlossenheit.

     „Ich will meinen Gatten. Keinen König“, flüsterte sie. Sie wollte den Mann, der er sein konnte, wenn er es nur zuließ. Sie wollte den leidenschaftlichen Geliebten, der ihr all die geheimen Wünsche erfüllte.

     „Ich kann nicht aufhören, König zu sein“, sagte er. „Es ist die Last, die ich schultern muss.“

     Davor hatte Isabel Angst. „Was geschieht jetzt mit uns?“

     Er fuhr die Linie ihres Kinns nach und rieb seine Nase an der ihren. „Ich weiß es nicht.“ Seine Ehrlichkeit gab ihr das Gefühl noch größerer Verletzlichkeit. Sie hatte Angst, den Augenblick zu nützen. Danach würde doch alles wieder so sein wie zuvor. Er würde über Laochre regieren, während sie auf Ennisleigh zurückblieb. Und sie wusste nicht, ob sie das würde ertragen können.

     „Schenkst du mir eine Nacht?“, flüsterte sie. Obwohl sie fürchtete, wieder verletzt zu werden, ignorierte sie sein Zögern. Wenn es nur sie beide gab und keine Drohung ihres Vaters, konnte er da nicht alles andere beiseite lassen?

     „Ich habe dich heute Morgen verletzt“, gab er zu bedenken.

     „Ja, das ist wahr.“ Sie legte ihm die Arme um den Nacken. „Dann lass mich vergessen, was geschehen ist.“

     Patrick trat einen Schritt zurück und löste die Brosche, die seinen Mantel hielt. Wie ein Bettlaken breitete er ihn dann auf dem Gras aus.

     „Eine Nacht“, schwor er.

     Isabels Herz begann vor Erwartung zu rasen. Patrick streichelte ihr Haar, sein Mund berührte zärtlich ihre Schläfe.

     Leise flüsterte er ihr Liebesworte auf Irisch zu, Worte, die sie erst seit Kurzem verstand. Isabel bebte, während er sie langsam auszog. Doch als sie nackt vor ihm stand, nur vom Mondlicht umhüllt, drohten Furcht und Zweifel sie ein letztes Mal zu überwältigen.

     Aber dann streifte auch er seine Kleidung ab und bot sich ihr wie ein heidnischer Gott dar. Sie konnte den Blick nicht von seinem Körper lassen, dem Körper eines Kriegers, mit schwellenden Muskeln und einigen hellen Narben, die sich von der goldfarbenen Haut abhoben.

     Er legte Isabel auf das wollene Tuch und bedeckte ihre kalte Haut mit seinem eigenen Körper. Sie spürte, wie sich seine harte Männlichkeit gegen ihren Bauch drückte. Patrick begann, sie zu streicheln.

     „Du bist die schönste Frau, die ich je gesehen habe“, murmelte er und küsste ihren Hals.

     Ihn auf sich zu spüren erregte sie, ihr ganzer Körper prickelte. Seine Haut schien vor Hitze zu lodern, als er sich jetzt niederbeugte und Isabels empfindsame Brustspitze in den Mund nahm. Das überraschende Gefühl ließ eine Welle köstlicher Qual über sie hinwegjagen. Patricks Hände glitten über sie und berührten sie an jeder Stelle ihres Körpers.

     „Vom ersten Moment an, als ich dich sah, begehrte ich dich“, gestand er. „Selbst, als du vor mir weglaufen wolltest.“

     „Und ich glaubte, du würdest mich hassen“, flüsterte sie.

     „Ich hasste mich dafür, bei einer Feindin schwach zu werden.“ Er küsste ihre Schulter und wandte seine Aufmerksamkeit ihrer anderen Brust zu. Zart und verführerisch ließ er die Zunge kreisen. Isabel krallte die Hände in den Mantel, als er fest an der Knospe sog. Entzückt genoss sie das sündhafte Spiel seines Mundes und hob ihm die Hüften entgegen.

     Auf seine Zärtlichkeiten antwortete sie mit ihrem eigenen Hunger, voll Angst und zugleich voll verzweifeltem Begehren. Sie sehnte sich schmerzlich danach, erneut von ihm ausgefüllt zu werden.

     „Bin ich immer noch deine Feindin?“, flüsterte sie.

     „Nicht heute Nacht.“ Der tiefe Klang seiner Stimme umfing sie wie eine Umarmung. „Heute Nacht werde ich dich so leiden lassen, wie du mich die ganzen letzten Monate gequält hast. Ich werde dich lieben, bist du bebst vor Lust.“

     Er wickelte sie beide in seinen Mantel ein wie in einen Kokon aus lauter Wärme. Als er sie wieder küsste, legte Isabel die Arme um seine Taille und umfasste mit beiden Händen seinen Po. Seine festen Muskeln faszinierten sie. Patrick stöhnte auf, als sie die Beine öffnete, und er ihre feuchte Hitze spüren konnte.

     Die wunderbaren Gefühle, die in ihr erwachten, raubten ihr fast den Atem. Patrick schob die Hand zwischen ihre Beine und ließ dann einen Finger in sie gleiten. Langsam strich er auf und ab und steigerte ihre Erregung, liebkoste ihre Weiblichkeit, bis Isabel sich ihm entgegenbog.

     „Patrick“, stöhnte sie. Sie wollte ihn in sich spüren. Mit den Händen strich sie ihm über Brust und Schultern. „Bitte.“

     Anstatt auf ihr Flehen zu antworten, beugte er wieder den Kopf über ihre Brüste und reizte mit der Zunge ihre Knospen, bis sie aufschrie.

     Sie schloss die Hand um seine harte Männlichkeit und begann, sie zu streicheln. Patrick stieß zischend die Luft aus, während sie erkundete, wie er sich anfühlte. Die Haut war seidig und warm unter ihren Fingern, und Isabel war überrascht, dass ihr Mann auf die Berührung mit einem Stöhnen antwortete.

     „Genug“, sagte er heiser. Er hielt ihre Hände unter sich fest und spreizte mit dem Knie ihre Beine. Dann spürte sie, wie er langsam in sie eindrang. Es war nicht wie heute Morgen. Er bewegte sich ohne Hast, ließ zu, dass sie sich dehnte, um ihn einzulassen. Einen Augenblick verhielt er sich regungslos, und sie fragte sich, ob das schon alles war.

     Aber dann richtete er sich auf und begann, sich in ihr zu bewegen. Bebende Wellen der Erregung schlugen über Isabel zusammen. Es war, als würde sich ein rasendes Verlangen ihn ihr aufbauen und dann wieder vergehen. Patrick verstärkte seine Bewegung, füllte sie aus und zog sich wieder zurück, wurde immer schneller, bis sich tief in ihr etwas zusammenzog. Das überwältigende Gefühl wuchs und wuchs, bis er ein weiteres Mal tief in sie eindrang und sie in seinen Armen einen nie gekannten Taumel der Lust erlebte. Ohne in der Bewegung innezuhalten, ließ er ihren Lustschrei durch einen Kuss verstummen.

     „Ich bin noch nicht mit dir fertig, a chroí.“ Seine Hände streichelten ihre Brüste und reizten sie erneut. Isabel rang nach Atem. Sie konnte dieses wilde Verlangen nach ihm nicht verstehen.

     Er drehte sie auf den Bauch und ließ sie sich hinknien. Dann packte er sie bei den Hüften und drang erneut in sie ein. Mit einem Keuchen hieß sie ihn willkommen, drängte sich so eng an ihn wie sie nur konnte. Wieder und wieder kam er zu ihr, füllte sie ganz aus, bis sie vor fast unerträglicher Lust schluchzte.

     Schließlich stieß er einen Schrei aus, zog sich zurück und ergoss seinen Samen auf den Boden neben ihr.

     Immer noch zitternd lag Isabel neben ihm. Sie streckte beide Hände nach Patrick aus. Er nahm sie in die Arme und wickelte sie beide in den Mantel ein.

     Mit den Tränen kämpfend, barg Isabel ihr Gesicht an seiner Brust. Irgendwie hatte sie gewusst, dass es so zwischen ihnen sein würde. Und sie musste aus dieser gestohlenen Nacht das Beste machen, denn schon bald würde alles vorbei sein.

In der Morgendämmerung des nächsten Tages war die Insel voll von schlafenden Liebespaaren. Patrick saß neben seiner Frau, die sich in seinem Mantel zusammengerollt hatte. Er war in einer ernsten Stimmung. Nie hätte er geahnt, dass die körperliche Liebe so befriedigend könnte. Er hatte schon früher bei Frauen gelegen, doch keine hatte ihm dieses Gefühl geschenkt. Patrick wollte den Rest der Welt vergessen und nur noch Isabel beschützen, seine schöne, stolze Frau, die mehr verdiente, als er ihr geben konnte.

     Er hatte sie nicht wecken wollen, aber als er sich bewegte, setzte sie sich auf.

     „Gehst du wieder?“

     „Ja.“ Er wollte sie wieder küssen, sie lieben, wie er sie in dieser Nacht noch zweimal geliebt hatte. Doch wenn er es tat, würde er nie mehr gehen. „Bleib bei den Frauen, bis ich entschieden habe, was mit den Familien geschehen soll.“

     Sie ließ den Mantel fallen und saß nackt vor ihm. Ihre Haut schimmerte in der Morgensonne. Wieder lockte ihn ihr Körper, verheißungsvoll und einladend. „Was wirst du machen?“

     „Mich anziehen.“ Sie lächelte ernst und hob ihr zu Boden gefallenes léine auf. Der Stoff fiel über ihren Körper, und Patrick knirschte mit den Zähnen.

     Erst als sie ganz angezogen war, wagte er es, sie wieder anzusehen. „Wir müssen die Leute zusammenrufen“, schlug sie vor. „Heute ist Lughnasa. Du sagtest, jeder Mann, jede Frau und jedes Kind würden auf den Gipfel des höchsten Hügels klettern.“

     „Auf den Amadán, ja“, antwortete er und deutete auf den sanften Abhang eines Hügels auf dem Festland. „Aber das ist nur ein Ritual für meinen Stamm.“ Er wollte nicht, dass die Normannen daran teilnahmen. Ihre Traditionen gehörten ihnen allein.

     „Und was ist mit mir?“, fragte sie. „Möchtest du, dass auch ich nicht daran teilnehme?“

     Auf diese Frage wusste er keine Antwort. Er sollte sie von seinem Stamm fernhalten, doch mit jedem Tag, der verging, musste er sich eingestehen, dass er sie an seiner Seite haben wollte. Er wollte, dass sie ihre Traditionen kennenlernte, wollte, dass sie ein Teil von ihnen wurde.

     Nüchtern rief er sich in Erinnerung, dass seine eigenen Gefühle nicht zählten und dass er tun musste, was das Beste für seinen Stamm war. „Du solltest mit den anderen zurückbleiben“, riet er ihr. „Mein Volk hat in der letzten Zeit viel ertragen müssen. Es hat ein Recht darauf, sein Fest in Ruhe zu genießen.“

     Sie sah ihn aufgebracht an. „Dann soll es so sein. Du bietest den Normannen immer noch keinen Platz unter euch an. Noch nicht einmal mir.“

     Der Schmerz in ihren Augen tat ihm weh. „Es ist nicht möglich.“

     „Und ich dachte, jetzt wäre alles vielleicht anders“, flüsterte sie, und an ihrer Stimme konnte er hören, wie verletzt sie war. Patrick fühlte sich noch schuldiger. „Nach der vergangenen Nacht …“ Ihre Stimme erstarb, als wüsste sie nicht, was sie sagen sollte.

     Patrick griff nach ihrer Hand. Ihre Finger fühlten sich kalt an. „Es tut mir leid, Isabel.“

     Isabel biss sich auf die Lippen. Der Zorn packte sie, weil er sie allein wegen ihrer Abstammung nicht als seine Frau akzeptieren wollte. Sie hatte geglaubt, er würde über ihre Herkunft hinwegsehen und bis in ihr Herz blicken können. Weil sie sich so sehr gewünscht hatte, dass er sie akzeptierte, war sie ihm gegenüber blind gewesen.

     Sie trat einen Schritt zurück. Ihre Haut fühlte sich wie Eis an. „Nein, ich bin keine von euch. Nie werde ich eine Irin sein. Und obwohl ich versuchte, Teil eures Stammes zu werden, ist es klar, dass ich das nie sein kann.“

     Es sah aus, als wollte Patrick ihr widersprechen, doch sie schnitt ihm das Wort ab. „Mach dir keine Sorgen. Ich werde mich wie die falsche Königin benehmen, die ich bin, und dir keine Schande bereiten.“ Sie hob ihr Kleid auf und ging den Pfad hinauf.

     Er lief hinter ihr her, stellte sich vor sie und versperrte ihr den Weg. „Du verdienst Besseres als uns, Isabel. Ich wünschte, ich könnte etwas an den Dingen ändern.“

     „Du hast die Macht dazu“, sagte sie leise. „Nur hast du beschlossen, sie nicht zu benutzen. Du lässt dir von ihnen dein Leben vorschreiben.“

     „Was willst du, dass ich tue? Soll ich meine Pflichten verraten?“

     Sie antwortete nicht. Sein Stamm war ihm wichtiger als sie, und nichts, was sie sagte, würde daran etwas ändern.

     Er legte ihr die Hand auf die Schulter. „Ich kann dir immer noch deine Freiheit geben. Der Erzbischof kann eine Scheidung erlauben …“

     Isabel wartete seine Worte nicht ab und drehte ihm den Rücken zu. Sie fing an zu laufen, weil sie das jetzt brauchte, um dieser entsetzlichen Wut Herr zu werden. Sie rannte und rannte, bis sie keine Luft mehr bekam. Am anderen Ende des Strands setzte sie sich mit wundem Herzen auf einen der Felsen.

     Sie hatte bekommen, was sie verdiente, weil sie den Fehler begangen hatte zu glauben, sie beide hätten eine Chance. Ihm lag nichts an ihr, und trotz der wundervollen Nacht, die sie miteinander verbracht hatten, wollte er alles beim Alten lassen. Sie sehnte sich so sehr danach, weinen zu können. Doch auch Tränen würden Patricks Denkweise nicht ändern.

Ruarc starrte hinüber zu den Lichtern auf der Insel. Am Nachmittag hatte er beobachtet, wie der normannische Lord, begleitet von seiner Eskorte, die Insel verließ. Die Frauen und Kinder der Feinde hingegen waren zurückgeblieben. Patrick hatte nichts getan, um sie daran zu hindern.

     Mit jedem Monat, der vergangen war, waren seine Rachegelüste gewachsen. Zwar rückte Sosannas Niederkunft immer näher, aber noch kein einziges Mal hatte sie von dem Mann gesprochen, der ihr Gewalt angetan hatte. Ruarc umklammerte sein Messer und wünschte sich, er könnte den normannischen Bastard niederstechen. Während der letzten Monde hatte er jeden einzelnen Mann beobachtet und nach dem möglichen Schuldigen Ausschau gehalten. Aber er hatte ihn nicht finden können.

     Innerlich kochte er vor Wut. Die Ankunft der Frauen bedeutete sicherlich, dass die normannischen Bastarde bleiben würden. Das konnte er nicht zulassen. Und er traute seinem König nicht länger zu, zum Besten seines Stammes zu handeln.

     Er holte tief Luft und steckte den Dolch wieder ein. Wenn alles nach Plan lief, würde Patrick MacEgan nicht mehr lange König sein. Und er konnte die normannischen Streitkräfte ein für alle Mal verjagen.

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