Irische Hochzeit - 17. Kapitel

17. KAPITEL

Noch bevor die Sonne sich über den Horizont erhob, erreichte Patrick Ennisleigh. Trahern und Ewan hatten sich ihm angeschlossen, jeder in seinem eigenen Boot. Es würde viele Fahrten nötig sein, um alle Inselbewohner und Normannen nach Laochre zu bringen.

     Mit jedem Tag, der verging, war Patrick unruhiger geworden. Er war sich sicher, dass die beiden Völker ein Zusammenleben nicht gutheißen würden. Doch er wollte seine Streitkräfte nicht geteilt sehen, wenn die Normannen kamen.

     Er trug den minn óir, das Symbol seiner Königsmacht, und sein feinstes Gewand. Dennoch konnte er nur hoffen, dass die Leute an diesem Tag Frieden halten würden.

     Sie zogen die Boote an Land, und Trahern und Ewan begleiteten ihn in den Ringwall. Aus den Schornsteinen stiegen Rauchkringel, und Patrick nahm den schwachen Duft des morgendlichen Breis wahr. Sein Magen knurrte, denn er hatte noch nicht gegessen.

     „Ich hole Isabel. Ihr ruft die anderen zusammen“, befahl er. Als er den Rundturm betrat, lagen drinnen Männer und Frauen ineinander verschlungen im Schlaf. Vorsichtig ging er zwischen ihnen hindurch zum Gemach seiner Frau.

     Er öffnete leise die Tür und fand sie schlafend im Bett. Die Bettdecke zeichnete ihre langen, schlanken Beine nach, und das Haar breitete sich zerzaust um ihre Schultern aus. Bei Lug, sie war schön.

     Verstohlen schlich er sich an ihr Bett und setzte sich neben sie. Sie rührte sich nicht, und er beugte sich vor, um sie wach zu küssen. Als er ihren warmen Mund spürte, war es um ihn geschehen. Wenn es um Isabel ging, verließ ihn seine Selbstbeherrschung.

     Er war sich nicht sicher, ob sie wach war oder schlief, doch er küsste sie mit all der aufgestauten Begierde, die ihn erfüllte. Seine Hände glitten unter ihr Hemd, um ihre vollen Brüste zu umfassen. Mit den Daumen streichelte er die Spitzen, und Isabel erschauerte.

     Dann riss sie die Augen auf und schob ihn von sich. „Was glaubst du, was du da tust?“

     „Dich aufwecken.“ Und dich verführen.

     „Wieso bist du hier?“

     „Weil ich alle nach Laochre bringe. Wenn es wahr ist, was dein Vater über die Invasion sagte, brauchen wir alle Männer zum gemeinsamen Kampf.“

     Isabel wurde blass, aber sie nickte. „Geh, ich will mich anziehen.“

     „Ich habe dich schon zuvor nackt gesehen“, meinte er. Er kam näher und setzte sich neben sie aufs Bett. „Vielleicht benötigst du meine Hilfe.“

     Sie warf die Bettdecke zurück. „Ganz und gar nicht.“

     „Nein?“, flüsterte er. Die warme, verführerische weibliche Haut ließ sein Verlangen hell auflodern.

     Mit einer einzigen Bewegung zog er sie auf seinen Schoß und hielt sie dort fest. Er ließ sie spüren, wie sehr er sie begehrte und gab ihr auch die Gelegenheit zu gehen, wenn sie wollte. Als sie sich nicht rührte, küsste er sie wieder und ließ seiner Lust freien Lauf.

     In Gedanken verfluchte er die Tatsache, dass sie ihren Platz als Königin nicht einnehmen konnte. Ihnen blieben nur gestohlene Augenblicke, und bei Gott, er wollte das Beste daraus machen.

     Sie rutschte auf seinem Schoß hin und her, und das ließ ihn nur noch härter werden. Mit einer Hand hielt er sie um die Taille, während die andere unter ihr Hemd und zu ihrer nackten Brust glitt. Er strich ihre Knospen, hörte Isabel keuchen, als er ihr das Hemd abstreifte. Sie saß nackt auf seinem Schoß. Genießerisch küsste er ihre Schulter und umfasste ihre beiden Brüste.

     „Patrick“, hauchte sie. „Du solltest nicht …“

     „Ich weiß. Es gibt vieles, was ich nicht tun sollte.“ Er kämpfte gegen die wilde Begierde an, die ihn gepackt hatte. „Willst du, dass ich aufhöre?“

     Schweigend schüttelte sie den Kopf. Das Haar fiel ihr über die Schultern wie ein sarazenischer Schleier, und ihre vollen Lippen waren eine einzige Versuchung. Sie sog keuchend die Luft ein, als er jeden Zoll von ihr küsste, den er erreichen konnte.

     Er beugte sich über sie wie ein Eroberer über seine Beute, kaum noch wissend, warum er eigentlich gekommen war. Alles, woran er denken konnte, war, dass seine schöne Frau nackt auf seinem Schoß saß. Und dass er sie besitzen wollte.

     Ihre Hände griffen nach seinen Beinlingen und lösten die Bänder. Patrick zerrte an seinem Gewand. Er wollte Isabels Haut auf der seinen spüren. Sie berührte ihn überall, legte die Hände auf sein Herz und ließ sie dann zu seiner heißen Männlichkeit wandern. Voll dunkler Lust schloss Patrick die Augen.

     Bevor er ganz die Kontrolle verlor, hob er Isabel hoch und legte sie aufs Bett. Er glitt zu ihr und beugte sich nieder, um ihre Brüste zu küssen. Mit der Zunge malte er kleine Kreise auf ihre Haut, bevor er ihre Spitzen einsaugte. Isabel ließ ein leises Stöhnen hören. Dann berührte er sie an ihrer weiblichsten Stelle, reizte sie mit dem Daumen und beobachtete, wie sie sich reckte, um die Freuden zu genießen. Zitternd lag sie in seinem Arm, während lustvolle Schauer sie überliefen.

     Er rollte sich herum und hob sie hoch, bis sie rittlings auf ihm saß. Feucht und heiß vor Verlangen nahm sie ihn in sich auf. Einen Augenblick saß sie regungslos da, und seine quälende Begierde ließ ihn fast bitten, sie möge sich bewegen.

     Er zog sie zu sich herunter, um sie zu küssen, und hob gleichzeitig die Hüften, damit sie sich bewegte. Sie grub die Nägel in seine Schultern, doch sie passte sich seinem Rhythmus an, nahm ihn tief in sich auf.

     Während sie sich liebten, erwachte ein neuer Besitzanspruch in ihm. Er wollte nicht, dass irgendein anderer Mann sie je so anfasste. Sie gehörte ihm, und einen Moment lang gab er dem Bedürfnis nach und stellte sich ein Leben mit ihr vor. Auch, wenn ihm das verboten war.

     Doch als sie vor Lust aufschrie, floh jeder klare Gedanke aus seinem Kopf, und er stöhnte laut, als wilde Lust in ihm aufstieg. Mit einer letzten Willensanstrengung zog er sich aus Isabel zurück und vergoss seinen Samen auf dem Laken.

     Er hatte es getan, ohne darüber nachzudenken. Niedergeschlagen wandte Isabel sich von ihm ab.

     „Isabel, es war nicht meine Absicht …“

     „Doch, das war es. Ich weiß, dass du kein Kind willst. Nicht von mir.“

     Er holte ein Tuch. Während Isabel sich säuberte, zog er seine Kleider an. „Es tut mir leid.“ Er warf ihr das léine und das Obergewand zu. „Ich wollte deine Gefühle nicht verletzen. Du hast mich überrumpelt.“

     Isabel ging zu einem Tisch und griff nach ihrem Kamm, ordnete sich die Haare und bedeckte sie dann mit einem Schleier.

     Sie schalt sich eine Närrin, dass sie Patrick wieder in ihr Bett gelassen hatte. Statt klar zu denken, ließ sie sich von ihren körperlichen Bedürfnissen beherrschen. Und jetzt wollte er, dass sie ihn mit dem Rest der Inselbewohner und ihren Leuten nach Laochre begleitete. Sie fürchtete sich davor.

     Draußen vor dem Turm hatten sich alle versammelt. Trahern und Ewan beluden ihre Boote, einige der Inselbewohner befanden sich bereits an Bord. Der graue Himmel ließ weiche Regentropfen herunterregnen und überzog Isabels Haut mit feinem Dunst. Um sich vor dem Regen zu schützen, hielt sie sich ihren brat über den Kopf.

     Sie erhaschte einen Blick auf ihren Gatten, der sie beobachtete, und in ihr stieg heiß die Erinnerung auf. Errötend wandte sie sich ab und betrachtete das geschäftige Treiben um sie herum.

     Auch wenn sie verstand, warum man die Menschen nach Laochre brachte, ahnte sie die Unruhe, die all das mit sich bringen würde. Der Mangel an Raum, gepaart mit dem Ärger der Iren, würde die Spannungen zwischen den zwei Völkern nur noch verschärfen.

     Doch wenn sie getrennt blieben, würden die Eindringlinge sie alle erobern. Gott sei Dank wussten die Frauen und Kinder nichts von diesen Umständen, und Isabel nahm sich vor, alles zu tun, um die Feindseligkeiten zwischen beiden Seiten im Zaum zu halten.

     Sanft schaukelnd begab sich das Boot auf seine Reise zum Festland. Annle und Sosanna begleiteten Isabel, zusammen mit den normannischen Frauen und Kindern. Die Normanninnen waren hingerissen von Sosannas Kind und stießen ob der zarten Hände und Ohren bewundernde Rufe aus. Die junge Mutter strahlte vor Glück.

     Am Bug des Bootes wurde Sir Anselms Gesicht beim Anblick des neugeborenen Jungen ganz weich. Er schenkte Sosanna ein etwas knurriges Lächeln. Als Antwort darauf errötete sie.

     Isabel fragte sich, ob das Paar nicht mehr als nur Freunde werden könnte. Es schien ihr gut möglich. Sie wickelte ihre Röcke um die Knie und betrachtete die grüne Küste. Patrick ruderte zusammen mit den anderen Männern. Er beobachtete sie noch immer, und unter seinen Blicken wurde Isabel ganz unruhig. Doch selbst wenn Patrick sie begehrte, seine Gefühle gingen auf keinen Fall tiefer.

     Sie wollte so gerne glauben, dass er sie zu seiner wahren Gattin und zur Königin von Laochre machen würde. Mehr denn je wollte sie an seiner Seite sein. Doch sie konnte Donal O’Phelans Angebot nicht vergessen – Patrick solle sich von ihr trennen und stattdessen seine Tochter heiraten.

     Als sie die Küste erreichten, machten sich die Normanninnen bereitwillig auf den Weg. Anscheinend freuten sie sich auf ihr neues Heim. Die Kinder, eine bunte Mischung aus Normannen und Iren, liefen voraus und lachten, wenn sie stolperten und ins Gras fielen. Sir Anselm ging neben Sosanna, bot ihr seinen Arm und passte sich ihren langsameren Schritten an.

     Aus einem kleinen Unterschlupf nahe dem Strand brachte Patrick ein Pferd, ein cremefarbene Stute. Isabel erkannte auch sein eigenes Pferd Bel, einen schlanken, schwarzen Hengst. Patrick hob sie in den Sattel der Stute, bevor er den Hengst bestieg.

     Seite an Seite ritten sie stumm auf den mächtigen Ringwall zu. Isabel spürte überdeutlich seine Gegenwart, angefangen von der feinen Kleidung, die er trug, bis zu der Krone auf seinem Kopf. „Wie lange werden wir in Laochre bleiben?“, fragte sie ruhig.

     „Bis die Invasion vorüber ist. Es ist sicherer, wenn wir zusammenbleiben.“

     „Was, wenn unsere Völker einander bekämpfen?“, fragte sie. Sie glaubte, dass Ruarc bestimmt noch weiteren Streit stiften würde.

     Patrick sah zu ihr hinüber, und sein Gesicht spiegelte ihre Zweifel wider. „Ich werde deine Hilfe brauchen. Wenn wir den Frieden erhalten wollen, könnten die Frauen hilfreich sein.“

     Es war das erste Mal, dass er sie offen um ihre Hilfe bat. Isabel versuchte, nicht zu zeigen, wie überrascht sie war. „Ich will tun, was ich kann.“

     Er sagte nichts, sondern starrte wieder auf die sie umgebende Landschaft. Isabel war überrascht, als sie die weit fortgeschrittenen Arbeiten an Laochre sah. In den vergangenen Wochen hatte Patrick damit begonnen, die Außenseiten in reinem Weiß zu verputzen, um der Anlage den Anschein einer steinernen Festung zu geben. Genau so, wie sie es vorgeschlagen hatte.

     „Es sieht fast aus, als würdest du eine Burg bauen“, sagte sie, verblüfft über die Veränderungen. Auch wenn die Arbeiten noch lange nicht fertig waren, konnte sie erkennen, dass er sich bemühte, die Festung in eine Burg mit Vorburg umzubauen, wie sie die Normannen zu errichten pflegten. Lange, rechteckige Fachwerkhäuser waren die Unterkünfte der Kämpfer aus England.

     „Dir gefallen also die Veränderungen.“

     „Ja.“ Sie konnte die Bewunderung in ihrer Stimme nicht verbergen. Holzgerüste erhoben sich bis hoch über den Turm, und Männer waren dabei, Zinnen zu bauen.

     „Sir Anselm schickte uns einen seiner Männer, damit er bei den Entwürfen hilft. Wie ich gehört habe, arbeitete er auch an den Plänen von Thornwycks Burg mit.“

     „Sie sieht nicht ganz so aus wie die meines Vaters.“ Isabel erkannte Unterschiede in der Bauweise. „Wie lange wirst du brauchen, um das hier zu beenden?“

     „Höchstwahrscheinlich Jahre. Das heißt, wenn uns nicht wieder einer angreift.“

     Als sie endlich den inneren Hof erreichten, übergab Isabel ihr Pferd einem Stallburschen und folgte Patrick in das Gebäude. Sie nahm das Umschlagtuch vom Kopf und legte es sich um die Schultern. Das Innere des Turms, auch wenn es immer noch etwas ausgeschmückt werden musste, war geputzt worden, und man hatte frische Binsen ausgestreut. Die Schragentische waren zur Seite geschoben, sodass ein großer Versammlungsraum entstanden war. Es gab Körbe voll Blaubeeren.

     „Wir werden hier mit den Leuten reden“, sagte Patrick. „Ich möchte, dass sie wissen, was auf sie zukommt.“

     Isabel wickelte sich fester in ihren Schal. „Was meinst du mit ‚wir‘?“ Er erwartete doch wohl nicht, dass sie sich an die Leute wandte, oder doch? Bei dem Gedanken wurde sie ganz unruhig.

     „Du wirst dich an die Normannen wenden, während ich zu den Iren spreche.“ Er griff in einen Korb und holte eine reife Blaubeere heraus. Wie um Isabel zu bestechen, hielt er sie ihr an die Lippen. Sie probierte die blaue Beere. Ihre Süße zerging ihr auf der Zunge.

     Vor Angst fing ihr Herz an, schneller zu schlagen. „Sie werden mir niemals zuhören, Patrick.“

     „Kannst du nicht die Königin spielen? Sie werden deinem Befehl Respekt zollen.“ Sie bezweifelte es, ließ sich aber von ihm zu dem Podest führen.

     Durch die offene Tür konnte sie die Leute kommen sehen. Ihre Hände fühlten sich an, als wären sie zu Eis erstarrt, ihr Puls raste. Sie hasste es, vor einer großen Menge zu sprechen. Du lieber Himmel, sogar ihre Knie zitterten.

     Als die Normannen und die Inselbewohner die Große Halle füllten, waren sie gezwungen, Schulter an Schulter zu stehen. Und als schließlich alle da waren, bevölkerten fast hundert Männer, Frauen und Kinder den Saal. Isabel bemerkte, dass kaum einer der Leute von Laochre gekommen war. Nur die Bewohner von Ennisleigh. Die meisten Iren befanden sich auf Patricks Seite, die Normannen jedoch auf Isabels Seite.

     Sie wäre am liebsten geflohen und hätte sich unter einem der Tische versteckt. Doch ihre Füße waren wie angewurzelt.

     „Ich werde Irisch sprechen“, sagte Patrick leise. „Übersetzt du für mich in deine Sprache?“

     „Aber mein Irisch ist nicht gut genug“, protestierte sie. „Ich kenne nicht alle Worte.“

     „Du weißt genug“, sagte er und drückte ihre Hand. Dann wandte er sich an die Umstehenden und begann. „Bewohner von Laochre, wir sehen einer weiteren Invasion entgegen.“

     Und so übersetzte Isabel, während er sprach, für ihre eigenen Leute. Sie hörten ihr zu, ohne sie zu unterbrechen und nickten mit den Köpfen, als sie von Schwierigkeiten sprach, die sie haben würden. Mit der Zeit entspannte sich Isabel, denn ihr wurde bewusst, welch ein ungeheures Vertrauen Patrick in sie setzte.

     Er hatte ihr die Chance gegeben, Königin zu sein, wenn auch nur für eine kurze Zeit. Das beschämte sie, und plötzlich verstand sie die riesige Verantwortung, die sie trug, wenn sie für ihren Stamm und ihr Volk sorgte. Patrick hatte ihr dieses Geschenk gemacht. Sie straffte die Schultern und fand die innere Kraft, die Königin zu sein, die er brauchte.

     „Wenn wir das, was vor uns liegt, überleben wollen“, fuhr Patrick fort, „dürfen wir unsere Streitkräfte nicht teilen.“

     Einige der Leute schienen sich unbehaglich zu fühlen, aber sie sprachen ihre Meinung nicht laut aus. Als Patrick mit seiner Rede geendet hatte, fand Isabel irgendwie den Mut, ein paar eigene Worte zu sagen.

     „In den kommenden Wochen werden wir vielen Feinden gegenüberstehen“, erklärte sie, „und die Stämme wollen nicht, dass wir uns zusammenschließen. Schaut euch um“, sagte sie und deutete auf die große Menge. „Sie wollen, dass wir getrennt bleiben, weil sie wissen, dass kein Stamm in ganz Erin uns schlagen kann, solange wir zusammenstehen. Aber wenn wir diesen Weg verlassen, werden sie uns zerstören.“

     Patrick übersetzte ihre Worte für die Iren ins Irische. Doch kein Laut der Zustimmung war zu hören. Es herrschte nur eine dumpfe Stille. Isabels Gesicht rötete sich. Hatte sie ihre Grenzen überschritten?

     Ihr Gatte entließ die Menschen und befahl den Recken, ihre Frauen und Kinder in die Unterkünfte zu bringen.

     „Wo waren deine Leute?“, fragte Isabel Patrick leise. „Die einzigen Iren, die ich sah, waren die Inselbewohner.“

     „Verstecken sich wahrscheinlich in ihren Hütten“, erwiderte Patrick. „Sie werden sich später melden.“ Er folgte den anderen, und Isabel blieb in der Großen Halle zurück.

     Sie verließ das Podest und sah sich die Halle genauer an. Der leere Platz an den Wänden weckte in ihr den Wunsch nach ihrem Webstuhl. Dann könnte sie Wandteppiche und andere schmückende Verzierungen weben. Einen Augenblick lang stand sie im Raum und wünschte sich, sie könnte bleiben. Auch wenn Ennisleigh ihr ein Heim geworden war, Laochre war einfach eine wunderschöne Burg.

     Sie starrte auf die beiden Stühle am gegenüberliegenden Ende des Saales, einer für Patrick und einer für seine Königin. Während sie den geschnitzten Holzsessel betrachtete, fragte sie sich, ob je eine andere Frau dort sitzen würde.

     Würde er Donal O’Phelans Angebot noch einmal überdenken? Er hatte gesagt, er würde sie nicht fortschicken. Jedenfalls nicht, bevor die normannische Invasion vorbei war. Sie blinzelte und wünschte sich nichts mehr auf der Welt, als Teil dieses Königreichs zu sein.

     Sie ging Richtung Tür, weil sie dort Sosanna mit ihrem Kind auf dem Arm warten sah. Einige der normannischen Frauen standen am Eingang herum und sprachen leise miteinander. Eine von ihnen trat vor und machte einen Knicks. „Königin Isabel, wie können wir helfen? Die anderen wollen nicht mit uns sprechen.“

     Isabel warf einen Blick nach draußen auf die Steinhütten und verstand, dass die Iren stumm gegen die Besucher rebellierten. „Ich muss die Große Halle für unsere Gäste vorbereiten und mich auch um das Mahl kümmern.“

     Sie wandte sich an Sosanna. „Willst du den Frauen helfen?“

     Sosanna sah zu Boden. Ihr Gesicht zeigte Bestürzung. Isabel streckte die Hand aus und nahm die Hand der jungen Frau in die ihre. „Ich brauche deine Hilfe.“

     Man merkte der Frau ihre Zweifel an, doch da betrat Anselm die Burganlage. In holprigem Irisch fragte er nach der Gesundheit der jungen Mutter. Conas tá tú?

     Sosanna nickte, und es gelang ihr ein kleines Lächeln. Sie hob ihr Kind an die Schulter und tätschelte es leicht.

     „Du … sitzen.“ Anselms Irisch war kaum zu verstehen, doch den Rest erklärte er ihr mit den Händen.

     „Anselm, würdet Ihr Sosanna helfen, einen Platz zu finden, wo sie bei den normannischen Frauen sitzen und ihnen helfen kann?“, bat Isabel.

     Der Ritter willigte ein. Er ging zu Sosanna und wartete einen Moment, bevor er sie einfach hochhob. Die junge Mutter protestierte nicht, sondern legte zu Isabels Überraschung den Arm um seinen Nacken.

     Eine der normannischen Frauen trat an Isabel heran. „Ich habe ihn noch nie so gut gelaunt gesehen“, bemerkte sie. „Sir Anselm war einer von Lord Thornwycks besten Kämpfern, aber nie zuvor sah ich ihn lächeln.“

     „Es hat sich vieles geändert“, erwiderte Isabel. „Und ich hoffe, ihr werdet hier ein neues Heim finden.“

     Sie konnte nur beten, dass die Iren ihre neuen Nachbarn schließlich auch willkommen heißen würden. Doch der eisige Empfang verhieß nichts Gutes für die Zukunft.

Den ganzen Morgen über arbeiteten die normannischen Frauen, während ihre Kinder Torf fürs Feuer sammelten und miteinander spielten. Trotz dieser Bemühungen behielten die Männer und Frauen des MacEgan-Stammes ihr unangenehmes Schweigen bei und benahmen sich, als wären die Normannen gar nicht da.

     Isabel beteiligte sich eifrig, unterwies die Normannen und versuchte, die Leute von Laochre und die Inselbewohner in die Vorbereitungen mit einzubeziehen. Wann immer sie sich ihnen näherte, erstarrten sie und wandten den Blick ab, als würden sie sie nicht sehen.

     Beim Mittagsmahl war Isabel den Tränen nahe. Sie gab den Frauen letzte Anweisungen und ging dann, in der Hoffnung, einen Moment allein sein zu können, eine gewundene Steintreppe hinauf, die zu Patricks Gemach führte. Sich nur einmal richtig ausweinen! Danach würde sie sich wieder zusammennehmen können.

     Doch als sie die Tür aufstieß, sah sie drinnen Patrick stehen. Sein feines Gewand lag auf dem Bett, jetzt trug er nur seine Beinlinge. Wie es schien, war er dabei, sich für die Kampfübungen mit seinen Männern umzuziehen.

     „Verzeihung“, murmelte sie und wandte sich zum Gehen.

     „Geh nicht.“ Er kam zu ihr und schloss die Tür. Seine nackte Haut war ihr so nah, dass sie sich zwingen musste, den Blick abzuwenden. Bei Gott, er war ein gut aussehender Mann. Gerne hätte sie die Arme um seine Taille geschlungen, ihr Gesicht an seinem Hals vergraben und alle Probleme mit den Iren und Normannen vergessen.

     „Was ist los?“, fragte er.

     „Es war ein schwieriger Morgen“, gestand sie ein. „Dein Stamm will weder mit mir noch mit irgendeinem der anderen sprechen. Sie weigern sich, ihre Hütten zu verlassen.“

     Er zuckte die Achseln. „Das überrascht mich nicht. Sie werden deine Leute hier kaum willkommen heißen.“

     „Ich weiß nicht, was ich noch tun soll.“ Sie setzte sich aufs Bett. „Ich dachte, wir könnten sie zu einer Einheit machen. Aber sie wollen es noch nicht einmal versuchen.“

     Er setzte sich mit ernstem Gesicht neben sie. „Ich bin mir nicht sicher, ob das je gelingen wird, Isabel. Sie werden immer Feinde bleiben.“

     Seine Worte versetzten ihrer letzten, verzweifelten Hoffnung einen schweren Schlag. Ihre Idee, die beiden Völker zu vereinigen, war nichts als ein törichter Traum. Wenn Patrick nicht daran glaubte, dass sein eigenes Volk zur Vernunft kommen könnte, dann würde er sicherlich recht behalten. Er saß nur wenig entfernt von ihr, doch sie fühlte, wie die Kluft zwischen ihnen immer größer wurde. Kein einziges Mal hatte er sie angefasst oder sie auch nur angelächelt.

     „Ich sollte gehen“, sagte er und zog sich die Tunika, die er bei den Kampfübungen trug, über den Kopf.

     Isabel straffte den Rücken und verbarg ihre Gefühle. „Wirst du mit uns essen?“

     Er schüttelte den Kopf. „Nein, ich kann nicht. Ich muss mit meinen Männern über unsere Verteidigung gegen die Invasion sprechen.“

     Nachdem er gegangen war, strich Isabel über das königliche Gewand. Sie fühlte noch die Wärme seines Körpers. Doch obwohl sie sich danach sehnte, ihren Tränen freien Lauf zu lassen, beherrschte sie sich.

     Auch wenn er ihr zum ersten Mal einen Platz in Laochre angeboten, ihr sogar den Status einer Königin zugestanden hatte, fühlte sie sich unendlich allein.

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