Julia Bestseller Band 178

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HOCHZEIT IM PARADIES von MOREY, TRISH
Heirat unter Palmen! Sophies neuer Auftrag als Hochzeitsplanerin ist ein Traum - genau wie der Bruder der Braut, sexy Millionär Daniel, der heiß mit ihr flirtet. Da erfährt Sophie, warum er die Feier auf seinem Inselparadies wirklich erlaubt. War alles nur Täuschung, auch seine Küsse?

NUR EINE EINZIGE NACHT? von MOREY, TRISH
Plötzlich steht er vor ihrer Tür - Raphael Lombardi, ihr feuriger Liebhaber aus Paris! Der Milliardär will Sienna heiraten. Nur warum sollte sie jetzt Ja sagen, nachdem er sie doch nach ihrer unvergesslichen Nacht so kalt aus seinem Leben gewiesen hat?

DER TANZ AUF DEM VULKAN von MOREY, TRISH
Nie wird Diablo Barrentes ihr Herz erobern! Schließlich ist sie nur seine Frau geworden, um den Landsitz und das Vermögen ihrer Eltern zu retten. Doch Briar genießt die Liebesstunden mit ihrem Ehemann viel zu sehr. Dabei hat er sie nur gekauft …


  • Erscheinungstag 02.09.2016
  • Bandnummer 0178
  • ISBN / Artikelnummer 9783733707354
  • Seitenanzahl 448
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Trish Morey

JULIA BESTSELLER BAND 178

1. KAPITEL

„Nur über meine Leiche!“ Daniel Caruana war über den ersten Absatz der E-Mail, die seine Schwester ihm geschickt hatte, nicht hinausgekommen, als er den Ausdruck schon wütend zusammenknüllte und gegen die nächstbeste Wand warf. Monica und eine Heirat mit Jake Fletcher? Nie im Leben!

Nicht, solange Daniel das verhindern konnte.

Daniel fühlte sich nicht in der Lage, länger still sitzen bleiben zu können. Aufgeregt lief er in dem großzügigen Büro auf und ab und raufte sich dabei rastlos die Haare. Die deckenhohen Fenster seines Büros gaben einen atemberaubenden Blick auf die azurblaue See und einen feinsandigen Strand frei, der unter Nordqueenslands greller Sonne weiß leuchtete.

Doch nichts davon nahm Daniel wahr. Er sah nur noch rot.

Was hatte er sich nur dabei gedacht, Monica in Brisbane studieren zu lassen? So weit weg von Cairns, weit weg von seinem Einflussbereich. Aber nahe genug für die gierig grapschenden Hände von Jake Fletcher!

Daniel blieb abrupt stehen, und ihm lief es eiskalt den Rücken hinunter, als sich die Mosaikteilchen allmählich zusammenfügten. In dieser Woche hatte Jake ihn mehrfach angerufen, aber Daniel hatte die Bitte um Rückruf wie eine lästige Fliege von seinem Tisch gewischt. Er sah keinen Anlass, jemals wieder ein Wort mit Jake zu wechseln.

Und jetzt machte Jake also seine Absichten unmissverständlich klar. Bitte nicht Fletcher! Bitte nicht ausgerechnet Monica!

Nicht nach dem, was damals geschehen war.

Resigniert presste Daniel seine Stirn gegen das kühle Glas der Fensterscheiben und schloss die Augen. Ein Bild formte sich hinter seinen Lidern: ein fröhliches Mädchen mit blauen Augen und einem hinreißend süßen Lächeln. Emma.

Solange er lebte, würde er Emma nicht vergessen können. Vor allem nicht nach dem, was Fletcher ihr angetan hatte!

Er öffnete die Augen wieder und starrte abwechselnd in die Wolken am Himmel und in das tiefblaue Meer, als lägen dort die Antworten verborgen, die dieses drohende Unheil abwehren konnten. Normalerweise inspirierte ihn dieses Postkartenmotiv, munterte ihn auf oder beruhigte sogar seine Nerven.

Heute allerdings schien die sonnige Idylle nur auf sarkastische Weise den Sturm in Daniels Innerem zu verhöhnen.

Wütend schlug er mit der flachen Hand gegen die Scheibe. Verdammt, nicht Monica! Gerade erst war er den letzten sogenannten Freund seiner Schwester losgeworden, was ihn letztendlich stolze zwanzigtausend Dollar gekostet hatte. Kleingeld im Vergleich zu dem, was dieser Heiratsschwindler im schlimmsten Fall hätte abstauben können.

Fletcher dagegen wusste vermutlich ziemlich genau, wie hoch das Vermögen der Caruanas zu beziffern war. Niemals würde er sich mit läppischen Zwanzigtausend zufriedengeben, jetzt, da er – seiner Ansicht nach – praktisch zur Familie gehörte.

Niemals! Verzweifelt presste Daniel seine steifen Finger gegen das kalte Glas. Das mit Fletcher würde zweifellos nicht billig werden, aber letztendlich hatte jeder Mensch seinen Preis. Und was immer es kosten mochte, Monica von dem schädlichen Einfluss dieses Kerls zu befreien, es war die Sache wert.

Hinter ihm klingelte das Telefon, und nach kurzem Zögern ergriff Daniel den Hörer. Am liebsten hätte er ungestört weiter über dieses Problem nachgedacht, aber schließlich hatte er das Unternehmen seiner Familie nicht aus den roten Zahlen geholt und ihm zu internationalem Ruhm verholfen, indem er Anrufe ignorierte.

„Was ist?“

Sein ziemlich barscher Ton sorgte kurz für Stille in der Leitung, doch seine Privatsekretärin erholte sich auch schnell wieder von ihrem Schreck. „Mr. Caruana?“, begann sie mit viel zu hoher Stimme. „Hier ist eine Miss … Miss Turner, die Sie sprechen möchte.“

Sein Stirnrunzeln vertiefte sich, und für einen Moment rückte das leidige Thema Jake Fletcher in den Hintergrund. An eine Miss Turner konnte er sich im Hinblick auf seinen Terminplan überhaupt nicht erinnern. „Wer?“

„Sophie Turner. Von ‚Der perfekte Tag‘.“

Dieser Name sagte ihm nichts, aber Daniel war es gewohnt, dass ihm alle möglichen Leute unter fadenscheinigen Vorwänden näherkommen wollten. Meistens ging es um einen Gefallen, wie beispielsweise die Unterstützung einer wackeligen Geschäftsidee, deren Finanzierung von den Banken bereits abgelehnt worden war. Und diese Sophie Turner bildete mit Sicherheit keine Ausnahme. „Nie von ihr gehört. Werden Sie sie irgendwie los!“

Seine Gereiztheit nahm zu, als das Telefon keine dreißig Sekunden später erneut klingelte. „Was ist denn jetzt noch?“, brummte er in den Hörer.

Die Stimme seiner Sekretärin klang noch etwas eingeschüchterter. „Miss Turner sagt, alles wäre in einer E-Mail erklärt, die Ihre Schwester Ihnen zugesandt hat.“

„Was für eine Mail?“

„Haben Sie Ihre Mails noch nicht durchgesehen?“ Die arme Frau klang immer unsicherer. „Ich habe extra alles ausgedruckt und auf Ihren Schreibtisch gelegt.“

Ach, diese E-Mail! Hastig bückte er sich und hob den zerknüllten Zettel auf, der in einer Ecke des Raumes gelandet war. Leider hatte er nur den ersten Absatz gelesen, in dem Moni ihm mitteilte, dass sie seinen Erzfeind heiraten würde. Danach war Daniel praktisch nicht in der Lage gewesen, noch mehr Details aufzunehmen.

„Moment mal!“ Er legte den Hörer beiseite und glättete das Papier. Widerwillig begann er, von vorn zu lesen:

Daniel, bitte freu dich für mich! Eigentlich hatte ich den Männern für immer abgeschworen – kein Wunder, nach drei dicht aufeinanderfolgenden Trennungen –, aber dann bin ich Jake Fletcher begegnet, und die letzten Wochen hätten nicht perfekter sein können. Er behandelt mich wie eine Prinzessin und hat jetzt sogar um meine Hand angehalten. Und ich habe Ja gesagt.

Nein! tobte es in Daniels Kopf. Niemals! Mit geschlossenen Augen kämpfte er gegen seine aufschäumende Wut, bis er sich so weit beruhigt hatte, um die Mail weiterzulesen.

Ich weiß, ihr beide seid in der Vergangenheit nicht gut miteinander ausgekommen. Vielleicht hast du deshalb auch letzte Woche Jakes Anrufe nicht beantwortet. Allerdings hoffe ich inständig, du kannst die Vergangenheit hinter dir lassen, wenn du erst siehst, wie sehr wir zwei uns lieben.

Vor Daniels innerem Auge tauchten unzählige Fotos von einer lächelnden jungen Frau auf, die leider niemals wieder lachen würde. Wie könnte er jemals die Vergangenheit ruhen lassen?

Mir ist klar, wie plötzlich das alles kommt. Aber du sollst einer der ersten sein, die von meinem Glück erfahren. Dieses Mal ist es das Richtige, ich spüre das genau!

Das Richtige! Pah! Bestimmt dachte Fletcher das Gleiche, allerdings liebte er in erster Linie das immense Familienvermögen seiner zukünftigen Braut. Wann würde seine Schwester endlich begreifen, worauf es den Männern wirklich ankam? Vor allem Kerlen wie Fletcher!

Eigentlich wollte ich es dir persönlich sagen, aber du warst nicht erreichbar, und Fletcher hat mich als Verlobungsgeschenk nach Hawaii entführt. Ich habe es einfach nicht mehr geschafft, dich zu erwischen.

Ein bitterer Geschmack breitete sich in Daniels Mund aus, und er ballte seine Hand zur Faust. Die Vorstellung von Moni und Fletcher auf Hawaii setzte ihm zu, und am liebsten wäre Daniel sofort losgeflogen, um seine Schwester zurückzuholen, bevor dieser Schwachkopf sie noch schwängerte.

Wahrscheinlich hatte er es genau darauf abgesehen. Aber es würde mehr als nur ein Baby brauchen, um diese Hochzeit wahr werden zu lassen! Eher fror die Hölle zu, als dass Monica mit Jake Fletcher vor den Altar trat!

Sie war inzwischen einundzwanzig Jahre alt. Also konnte Daniel sie wohl kaum an den Haaren nach Hause zerren. Dennoch würde er nicht still danebenstehen, während sie den größten Fehler ihres Lebens beging. Flüchtig überflog er die letzten Zeilen.

Also habe ich eine Hochzeitsplanerin engagiert und sie gebeten, dich zu besuchen. Ihr Name ist Sophie Turner, und sie ist mir eine echte Freundin geworden.

Wir beide sprechen dann später miteinander. Und in der Zwischenzeit … sei bitte nett zu ihr!

Seine Schwester versprach ihm noch eine hübsche Urlaubspostkarte von Waikiki-Beach, aber Daniels Blick blieb an der Bitte hängen, diese fremde Frau freundlich zu behandeln. Wofür hielt seine Schwester ihn eigentlich? Für ein Monster?

Er war kein Monster, nur ein Geschäftsmann und ein engagierter Bruder, der seine kleine Schwester vor berechnenden Erbschleichern beschützen wollte. Das war Daniel seiner Familie schuldig. Aber dieser Beschützerinstinkt machte ihn doch nicht zu einem Ungeheuer?

Selbstverständlich würde er diese Sophie Turner empfangen, und zwar mit ausgesuchter Höflichkeit, genauso wie es seine Schwester von ihm erwartete. Er würde sie einladen, sich kurz ihre Planung anhören und ihr anschließend den Kopf geraderücken.

Denn die Dienste dieser Frau wurden nicht gebraucht. Solange Daniel noch atmete und bei klarem Verstand war, gab es keine Eheschließung zwischen seiner Schwester und einem Typen wie Jake Fletcher.

Entschlossen nahm er den Telefonhörer wieder zur Hand. „Schicken Sie Miss Turner herein!“

2. KAPITEL

Unruhig rutschte Sophie auf dem Besucherstuhl weiter nach vorn. Auf ihren Knien lag ein ledernes Portfolio, das alle Einzelheiten bezüglich Monicas und Jakes Hochzeitsplanung enthielt.

Ihr fiel auf, wie sich die Wangen der jungen Sekretärin vor Nervosität rot färbten, als sie zum zweiten Mal in einer Minute ihren Boss anrufen sollte. Es befand sich also ein Körnchen Wahrheit an den Gerüchten über Daniel Caruanas Charakter. Im Internet war Sophie beim Studium zahlreicher Artikel allmählich aufgegangen, wie viel Respekt Geschäftspartner, Personal oder Geliebte vor seinen Launen und seinem Durchsetzungsvermögen hatten.

Ein wenig bekam Sophie sogar ein schlechtes Gewissen, weil sie das arme Mädchen tatsächlich zu einem zweiten Anruf überreden musste. Andererseits hatte sie einen ganzen Tag dafür eingeplant, um von Brisbane nach Cairns zu reisen, und Monica und Jake verließen sich auf sie.

Sophies Hauptaufgabe war es, zu vermitteln und die Wogen zu glätten. Nicht gerade ein ermutigender Gedanke. Offenbar hatte Daniel – vor allem, nachdem er und seine Schwester zu Waisen geworden waren – Monica gegenüber einen extrem ausgeprägten Beschützerinstinkt entwickelt, was die Situation ziemlich erschwerte. Zu allem Überfluss waren Daniel und Jake schon auf der Highschool nicht miteinander ausgekommen. Jedenfalls hatte Jake so etwas als möglichen Grund vorgebracht, warum Daniel seine Anrufe nicht erwiderte.

Etwas Schwerwiegendes muss zwischen ihnen vorgefallen sein, überlegte Sophie, wenn sie nicht einmal mehr ein einziges Wort miteinander wechseln.

Sie hatte Monica und Jake vorgeschlagen, selbst mit Daniel zu sprechen, aber Monica entschied sich am Ende für eine weniger offensive und dafür diplomatische Lösung. Also teilte sie ihrem Bruder die Neuigkeiten per E-Mail mit und verschwand anschließend für zwei Wochen, während Sophie die Hochzeitsvorbereitungen mit Daniel besprechen sollte.

Und wenn das glückliche Paar dann zurückkehrte, wäre der Boden für ihre Eheschließung durch Sophie bereitet, und Daniel könnte in seiner Schwester endlich die erwachsene Frau sehen, die sie war.

In Monicas Augen war das alles ganz einfach, jedenfalls hatte sie das Sophie gegenüber behauptet. Narrensicher.

Monica hatte sie fest in die Arme geschlossen und sich im Voraus bei ihr bedankt. In ihrem hoffnungsvollen Blick lag obendrein ein gewisses Maß an Verzweiflung, und Sophie schluckte deshalb ihre Einwände tapfer hinunter. Sie brachte es einfach nicht über das Herz, die jungen Liebenden im Stich zu lassen.

Jetzt kam ihr das Ganze allerdings wie eine Schnapsidee vor. Sie wurde zunehmend nervöser, als sie bemerkte, wie lange die junge Sekretärin auf eine positive Antwort von ihrem Chef warten musste. Mit den Fingernägeln trommelte Sophie auf dem Leder ihrer Mappe herum.

Narrensicher, dachte sie. Dass ich nicht lache!

Auf dem Gesicht der anderen Frau las sie inzwischen echte Angst. So einfach würde die Überzeugungsarbeit bei Monicas Bruder also nicht werden. Aber zuerst einmal musste sie diesen Mann persönlich kennenlernen, allein schon, weil sie ja bald miteinander verwandt waren.

Sophie hatte sich immer eine heile Familie gewünscht, und es war für sie wie ein Wunder gewesen, nach all den Jahren der Trennung Jake wiederzubegegnen. Auch wenn die Wiedervereinigung der Geschwister traurigerweise nur durch den Tod ihrer Mutter zustande gekommen war. Und jetzt würde sich ihre kleine Familie noch weiter vergrößern.

Monica war ein reizendes Mädchen, mit der Sophie sich auf Anhieb blendend verstanden hatte. Eine nettere Schwägerin konnte Sophie sich gar nicht wünschen. Doch die Aussicht, Daniel als Schwager zu bekommen, war dagegen nicht besonders erfreulich. Aber seine Verwandten konnte man sich eben nicht aussuchen.

Warum dauert das so lange? fragte sie sich und wechselte zum wiederholten Mal ihre Sitzposition. Dann überprüfte sie erneut, ob die Unterlagen auch wirklich vollständig waren, und starrte anschließend voller Ungeduld an die Decke. Dieser arrogante Kerl! Wenn er einfach mit ihrem Bruder telefoniert hätte, wäre dieser ganze Besuch überflüssig gewesen.

Auf Sophies fragenden Blick hin zuckte die andere Frau entschuldigend die Achseln. Seufzend sah Sophie durchs Fenster auf den von Palmen umsäumten Strand und das glitzernde Korallenmeer.

So ein Büro könnte ich mir auch gefallen lassen! Wehmütig dachte sie an ihre eigenen unspektakulären Räume in Brisbane, die nicht einmal einen winzigen Blick auf den Fluss erlaubten, eingepfercht zwischen den ganzen Hochhäusern. Aber vielleicht war dieser Arbeitsplatz hier auch nur eine faire Entschädigung, wenn man für einen teuflischen Vorgesetzten schuften musste.

„Mr. Caruana wird Sie jetzt empfangen.“

Diese Nachricht ließ Sophie innerlich zittern. Natürlich war sie froh, die Wartezeit hinter sich zu haben und doch noch ihren Termin zu bekommen, trotzdem zerrte die lang ersehnte Audienz bei diesem aufgeblasenen Kerl gewaltig an ihren Nerven. Wenn es nach ihr ginge, würde sie den Herrn, der eine Ewigkeit brauchte, um sich zu einem Gespräch herabzulassen, einfach versetzen. Immerhin war sie selbst nicht auf sein zögerliches Einverständnis für diese Hochzeit angewiesen.

Andererseits ging es hier nicht um sie, sondern um Jake und Monica. Also holte sie tief Luft, strich sich beim Aufstehen noch einmal über ihren Rock und steckte eine lose Haarsträhne hinter ihr Ohr.

Kühl, selbstsicher und professionell – so wollte Sophie auftreten und wahrgenommen werden. Der Daniel Caruana, über den sie recherchiert hatte, erwartete ausschließlich erstklassige Präsentationen, und eine solche würde sie ihm liefern. Später, nach der glanzvollen Hochzeit, und wenn sie beide sich erst besser kannten, war noch genügend Zeit, um sich zwanglos zu unterhalten. Heute jedoch ging es in erster Linie ums Geschäft.

Dankend lächelte sie der Sekretärin zu, die ganz offensichtlich erleichtert war, ihren Boss nicht noch ein drittes Mal stören zu müssen, um der hartnäckigen Besucherin einen Gesprächstermin zu verschaffen.

Sachte klopfte Sophie an die geschlossene Tür, bevor sie das größte Büro betrat, das sie jemals zu Gesicht bekommen hatte. Beeindruckt von diesen unerwarteten Dimensionen blieb sie stehen und sah sich um. So viel Platz für einen einzigen Mann? Vermutlich brauchte er das, um sein immenses Ego unterzubringen!

Doch Sophie wollte sich kein zu schnelles Urteil über ihren zukünftigen Schwager erlauben. Entschlossen setzte sie ihr professionellstes Lächeln auf und dachte dabei an die Kraft positiver Gedanken.

„Mr. Caruana“, begrüßte sie ihn etwas zu strahlend. „Ich freue mich, Sie doch noch kennenzulernen.“

Mit verschränkten Armen stand er – den Rücken zur Tür gewandt – vor einer riesigen Fensterfläche, die den Blick auf eine von Queenslands schönsten Küsten freigab. Doch viel fesselnder als die Strandszenerie fand Sophie die stattliche Silhouette, die sich vom Sonnenlicht absetzte: breite Schultern, schmale Hüften und lange, kräftige Beine.

Dann drehte Daniel sich um, und der herrliche Ausblick verblasste in Sophies Augen vollends. Das, was sie auf den vielen Fotos im Internet nicht hatte erkennen können, traf sie wie ein Schlag. Natürlich war ihr nicht neu, wie attraktiv Daniel mit seinen schwarzen Haaren und den stahlgrauen Augen aussah, und auch seine markanten männlichen Gesichtszüge kannte sie bereits. Nein, da war noch mehr, das ihr die Sprache verschlug. Charisma und eine unsichtbare Anziehungskraft, die wie ein aufregender Strudel auf sie wirkte.

Er neigte leicht den Kopf und sah Sophie prüfend an, wobei seine Augen immer schmaler wurden. „Ist es tatsächlich eine Freude?“

Vielleicht nicht, dachte sie, ersparte sich jedoch eine offene Antwort auf seine Frage. Nicht, dass er auf eine gewartet hätte.

„Sie wollten mich sprechen?“, setzte er mit unverhohlener Ungeduld nach.

„Ja.“ Sophie schluckte und wünschte sich mehr denn je, ihr Bruder und seine Braut würden sie in dieser Sache nicht im Stich lassen. Dann besann Sophie sich aber doch auf ihre bevorstehende Aufgabe und zwang ihre starren Beine, sich wieder zu bewegen und auf ihn zuzugehen. „Natürlich.“ Sie streckte Daniel ihre Hand entgegen. „Sophie Turner von ‚Der perfekte Tag‘. Wir sorgen für die perfekten Erinnerungen, die man ein Leben lang im Herzen trägt.“ Ihr Werbeslogan kam ihr wie von selbst über die Lippen, bevor Sophie sich bremsen konnte. Aber sie war nun einmal stolz auf ihr Unternehmen und auf alles, was sie erreicht hatte.

Eine gefühlte Ewigkeit lang starrte Daniel auf die ausgestreckte Hand vor sich, und erst jetzt bemerkte Sophie den Schatten eines Bartes auf seinem kantigen Kinn. Die kurze Entfernung erlaubte ihr auch einen tieferen Blick in seine schönen Augen, in deren Abgründen man sich leicht verlieren konnte.

Endlich nahm er ihre Hand in seine, und Sophie schnappte unwillkürlich nach Luft, so als würde sie eine Extraportion Sauerstoff brauchen. Stattdessen atmete sie den Duft seiner Haut ein, und ihre Sinne trübten sich. Am liebsten hätte Sophie sich kräftig geschüttelt, um wieder zur Besinnung zu kommen.

„Monica hat mir schon viel von Ihnen erzählt“, begann sie holperig. „Eigentlich wollte sie ja selbst herkommen, um Ihnen von ihren Plänen zu berichten, aber …“

„Aber dann wurde sie plötzlich nach Hawaii entführt?“, schloss Daniel trocken. „Von dem letzten Mann, in den sie sich gerade mal wieder Hals über Kopf verliebt hat?“

Seine zynischen Worte und sein kaltes Lächeln ließen die Spannung im Raum ansteigen. Dieser Mann, von dem sie sprechen, ist zufällig mein Bruder, wollte Sophie erwidern, und er liebt Monica ebenso sehr wie sie ihn!

Aber Sophie brachte kein einziges Wort über die Lippen, solange ihre Hand noch in Daniels gefangen war. Die Wärme, die von ihm ausging, schien sich in ihrem ganzen Körper zu verbreiten. Mit einer einzigen, entschlossenen Bewegung entzog Sophie sich Daniels festem Griff.

Hektisch sah sie sich um, und ihr Blick fiel auf eine lederne Sitzgruppe, die um einen großen Glastisch angeordnet war. „Wollen wir uns vielleicht setzen?“, schlug sie vor und war erleichtert, ihre Haltung allmählich zurückzuerobern. „Dann kann ich Sie bezüglich Monicas und Jakes Plänen auf den neuesten Stand bringen.“

Ohne auf seine Reaktion zu achten, setzte Sophie sich hin und legte ihre Ledermappe neben sich ab. Dann bemerkte sie, dass Daniel sich nicht vom Fleck gerührt hatte. Das spöttische Lächeln schien sich in sein Gesicht eingegraben zu haben, und es dauerte eine ganze Weile, ehe er widerwillig auf Sophie zuschritt.

„Ja, vielleicht könnten wir das“, murmelte er mehr zu sich selbst und überraschte sie, indem er sich wie selbstverständlich direkt neben Sophie auf das relativ enge Sofa setzte.

Blitzschnell rutschte sie zur Seitenlehne und machte sich so schmal wie möglich, während sie mit bebenden Fingern ein paar Unterlagen hervorzauberte. „Ich habe da diverse Broschüren mitgebracht“, erklärte Sophie etwas zerstreut.

Daniel gefiel es, Frauen zu verunsichern. Es hielt sie stets in der Defensive, genau dort, wo er sie haben wollte. Außer natürlich im Bett. Dort begegnete er gern mal der verborgenen Tigerin.

Ob die adrette Miss Turner im Bett auch zur Tigerin wurde?

Er nahm sich viel Zeit, die hübsche Frau neben sich ausgiebig zu mustern. Das durchgehend geknöpfte blaue Seidenkleid verbarg mehr, als es enthüllte, aber man konnte dennoch darunter eine nette Figur erahnen. Reizende Proportionen, eine schmale Taille, lange Beine und ein Gesicht, das zu diesem exzellenten Körperbau passte.

Der zweite Eindruck bestätigte den ersten, und Daniels Interesse erwachte. Auch das Profil war ausgesprochen schön: hohe Wangenknochen, eine klassische Nase, volle Lippen …

Daniel runzelte die Stirn. Zwar konnte er sich im Augenblick nicht an ihren Namen erinnern, aber irgendetwas an ihr kam ihm seltsam bekannt vor. Doch dann verwarf er diesen Gedanken. Ihm waren schon unendlich viele Frauen begegnet, aber wäre diese hier unter ihnen gewesen, hätte er sie sicherlich nicht gehen lassen, ohne sie etwas näher kennenzulernen.

Es sei denn, sie war gebunden. Viele Menschen teilten seine Skrupel nicht, das wusste Daniel, aber für ihn kam es gar nicht infrage, die Frau eines anderen Mannes zu verführen. „Sind Sie verheiratet, Miss Turner, oder verlobt?“ Wenigstens war ihm der Name wieder eingefallen!

Ruckartig wandte Sophie ihm den Kopf zu. Ein paar Broschüren rutschten ihr dabei aus der Hand und fielen auf ihren Schoß. „Warum wollen Sie das wissen?“

Dieses Mal war sein Lächeln echt, als er ihr bereitwillig mit den Broschüren half und dabei sachte über ihren Oberschenkel strich. Ihr auffälliges Zittern verriet Sophie, obwohl die Berührung nur federleicht gewesen war. Eine Reaktion, die Daniel inzwischen bei Frauen gewöhnt war.

„Sie arbeiten in der Hochzeitsbranche. Deshalb gehe ich davon aus, dass nur eine verheiratete Frau wirklich versteht, worauf es einer Braut an ihrem großen Tag ankommt. Woher sollten Sie sich sonst damit auskennen?“

„Oh, ich verstehe“, entgegnete sie ausweichend und wurde rot. Daniel fragte sich, ob sie wohl gehofft hatte, er würde sich aus anderen Gründen nach ihrem Familienstand erkundigen.

„Auf diese Weise funktioniert das Prinzip nicht“, erklärte sie dann geschäftig und strich sich eine nicht vorhandene Strähne hinter ihr Ohr. Anschließend zupfte sie leicht an ihrem Ohrring, was für Daniel fast wie ein Ritual aussah. „Ich kann Ihnen versichern, ich habe ausreichend Erfahrung in meinem Beruf, um dafür garantieren zu können, dass Monicas Hochzeitsfeier ohne das geringste Problem vonstattengehen wird. Und jetzt würde ich gern damit …“

„Dann sind Sie selbst also nicht verheiratet?“

Sophie schloss irritiert die Lider, und Daniel starrte wie gebannt auf die langen, dunklen Wimpern, die sich wie kleine Schleier auf ihre Wangen legten. Es vergingen einige Sekundenbruchteile, ehe sie die Augen wieder öffnete, und Daniel fragte sich, ob Miss Turner sich eigentlich darüber im Klaren war, wie sexy diese Geste an ihr wirkte.

Er seufzte laut. Was für eine Verschwendung. Unter anderen Umständen hätte er einen Annäherungsversuch unternommen. Aber sie hatte bestimmt keinen Sinn mehr für ein sexuelles Abenteuer, wenn er ihr erst einmal den Zahn mit der Eheschließung gezogen hatte.

Zu allem Überfluss biss sich Sophie noch auf die vollen Lippen, bevor sie antwortete, und Daniel zuckte vor Erregung leicht zusammen. „Ist es denn relevant, ob ich fest gebunden bin?“, erkundigte sie sich dann mit recht forscher Stimme.

„Nicht wirklich“, gab er zu und war sich nun sicher, sie genau an dem Punkt zu haben, wo er sie haben wollte. „Ich bin einfach nur neugierig.“

„In diesem Fall werden Sie es vermutlich kaum abwarten können, endlich alles über die Hochzeit Ihrer Schwester zu erfahren“, ergriff Sophie die Gelegenheit, das Gespräch wieder aufs Wesentliche zu lenken.

Touché, dachte Daniel anerkennend. Allerdings wollte er sich nicht so leicht von ihr beeinflussen lassen. „Um ehrlich zu sein, nein. Ich würde viel lieber über Sie sprechen.“

Selbst ihr vor Überraschung aufgerissener Mund tat Sophies Schönheit keinen Abbruch. Zu schade, dass ihr Spiel hier enden musste, fand Daniel.

„Mr. Caruana …“, langsam erholte sie sich wieder, „ich glaube kaum …“

Sie wurden von der Privatsekretärin unterbrochen, die nach kurzem Klopfen das Büro betrat. „Entschuldigen Sie bitte die Störung, Mr. Caruana. Darf ich Ihnen vielleicht Tee oder einen Kaffee bringen?“

„Nein danke. Miss Turner wollte gerade gehen. Lassen Sie unten Cedric mit meinem Wagen für die Dame vorfahren!“

Er nickte der jungen Frau zu, die sogleich verschwand.

„Aber Mr. Caruana!“, protestierte Sophie. „Wir haben doch kaum angefangen!“

„Genau, wofür es auch einen guten Grund gibt.“ Gelassen erhob er sich und schritt zur Tür. „Wir brauchen nicht weiterzureden. Es wäre reine Zeitverschwendung. Und wie Sie als Unternehmerin bestimmt wissen: Zeit ist Geld.“ Erwartungsvoll sah er sie an und hielt ihr die Tür auf.

Sie schüttelte fassungslos den Kopf und lief rot an. „Wir sprechen hier von der Hochzeit Ihrer einzigen Schwester. Sie wollen Monica doch wohl am wichtigsten Tag ihres Lebens unterstützen?“

„Wofür halten Sie mich denn?“, erwiderte Daniel mit gespielter Entrüstung. „Das Glück meiner Schwester liegt mir sehr am Herzen.“

„Und wieso nehmen Sie sich dann nicht einmal die Zeit, um gemeinsam mit mir die Feier zu planen?“

„Dafür gibt es eine höchst einfache Erklärung, Miss Turner. Eine Erklärung, die bisher Ihrer Aufmerksamkeit entgangen zu sein scheint. Sehen Sie, es wird nämlich überhaupt keine Hochzeit geben.“

3. KAPITEL

Keine Hochzeit? Aus ihrer Recherche wusste Sophie, dass Daniel Caruana zu den einflussreichsten Geschäftsleuten von Queensland zählte, bekannt dafür, Millionen zu scheffeln und jede Gegenpartei auszuschalten.

Außerdem hatte Jake sie vor Daniels Beschützerinstinkt seiner kleinen Schwester gegenüber gewarnt. Und davor, dass er vermutlich von Monicas spontaner Vermählung wenig angetan sein würde.

Trotzdem war sie von Daniels Reaktion zutiefst schockiert.

„Ist das so?“, brachte sie mühsam hervor und stand ganz langsam vom Sofa auf. Hauptsächlich deshalb, weil sie sich auf ihre wackeligen Beine nicht verlassen konnte. „Ich nehme doch stark an, Monica und Jake haben diesbezüglich ein gewisses Mitspracherecht?“

„Und ich nehme stark an, meine Schwester wird in absehbarer Zeit zur Besinnung kommen, und der Heiratsquatsch ist so schnell vergessen, wie er aufs Tapet gebracht wurde. Und in diesem Fall, so leid es mir auch tun mag, werden Ihre Dienste nun einmal nicht benötigt.“

Von irgendwoher aus ihrem tiefsten Inneren zauberte Sophie ein verkrampftes Lächeln hervor. Sie hatte nicht einen ganzen Tag verschwendet, damit sie nun abserviert wurde, ohne ihr Anliegen ausführlich vorgebracht zu haben. „Mr. Caruana“, begann sie und achtete darauf, nicht den kleinsten Schritt in Richtung Tür zu gehen. So leicht würde sie diesen Kerl nicht mit seiner dominanten Masche durchkommen lassen. Tapfer blieb sie stehen und presste ihre Mappe fest an den Oberkörper.

Diese Hochzeit war ihr Projekt. Sophie hatte jede Menge Zeit und Energie darauf verwendet, Monicas Wünsche umzusetzen: Palmen, eine romantische Strandlocation und mit Glück ein herrlich kitschiger Sonnenuntergang. Sophie hatte den perfekten Ort nach langer Suche gefunden und ihn nur wegen einer kurzfristigen Absage überhaupt buchen können. Wenn sie den Termin nicht morgen bestätigte, verlor sie ihre Reservierung wieder. „Wenn ich offen sein darf, ich halte die Liebe zwischen Monica und Jake nicht für Quatsch. Die beiden wären zutiefst betroffen und enttäuscht, wenn sie von Ihrer Haltung wüssten.“

Daniel sah auf seine Uhr und schaffte es mühelos, gleichzeitig ungeduldig und gelangweilt auszusehen. „Ist das alles, was Sie noch loswerden wollten, bevor Sie gehen?“

„Nein, um ehrlich zu sein, ist das noch nicht alles. Auch wenn Sie natürlich das Recht haben, mich aus Ihrem Büro zu werfen und weiterhin in Ihrer beschränkten Welt der Ablehnung zu leben, müssen Sie doch irgendwann der Tatsache ins Auge sehen, dass Ihre kleine Schwester inzwischen eine erwachsene Frau ist. Sie und Jake werden heiraten, ob es Ihnen nun passt oder nicht. In Monicas Alter braucht sie Ihren Segen dazu nicht mehr, obwohl sie sicher um einiges glücklicher wäre, wenn sie auf die Unterstützung ihres Bruders zählen könnte. Aber die Feier findet mit Ihnen oder ohne Sie statt. Daher schlage ich vor, Sie akzeptieren das und arrangieren sich mit der Idee, daran teilzunehmen. Meinen Sie nicht?“

Ihre Schultern sackten leicht ab, nachdem Sophie ihre kurze Ansprache beendet hatte, aber Erleichterung wollte sich dennoch nicht einstellen. Zu bedrohlich wirkte das wutverzerrte Gesicht vor ihr, und obwohl draußen die Sonne vom Himmel schien, herrschte im Büro selbst inzwischen Eiszeit.

Plötzlich warf Daniel die Tür krachend ins Schloss und stürmte mit langen Schritten auf die Fensterfront zu. Dort blieb er stehen, wirbelte auf dem Absatz herum und fuhr mit einem Arm ungeduldig durch die Luft. „Ich muss überhaupt nichts akzeptieren!“

„Glauben Sie denn, Sie können die beiden aufhalten?“, konterte Sophie gereizt, versuchte es dann aber sogleich wieder mit einem versöhnlicheren Ton. „Sehen Sie, Mr. Caruana“, hob sie beschwichtigend an und trat einen Schritt vor. „Monica und Jake sind praktisch verrückt nacheinander. Sie müssten die beiden zusammen sehen, das wird eine echte Liebesheirat.“

Sein Handballen landete so hart auf der hölzernen Tischplatte, dass Sophie vor Schreck einen Satz zur Seite machte. „Sie liebt diesen Mann nicht!“

„Das wissen Sie doch gar nicht.“

„Woher wollen Sie meine Schwester so gut kennen?“, brauste er auf. „Monica gefällt der Gedanke vom Verliebtsein, so war das schon immer. Sie lebt in einer Traumwelt, in einem Märchen. Immer auf der Suche nach dem Ritter in schimmernder Rüstung, der über die Hügel geritten kommt, um sie aus ihrem Leben zu entführen. Aber wenn meine Schwester irgendetwas nicht braucht, ist es die Rettung vor der Realität. Von niemandem.“

Ach, nein? dachte Sophie spöttisch. Bei einem solchen Bruder ist wohl jede Rettung vor der Realität willkommen! „Ich kenne mich nicht gut mit Märchen aus, Mr. Caruana. Ich spreche hier von Liebe, von tiefer, hingebungsvoller Liebe.“ Sie zögerte kurz und überlegte, wie weit sie mit ihrer Argumentation gehen durfte. Immerhin verließ sie gerade ihr professionelles Terrain und redete so, wie ihr der Schnabel gewachsen war. Aber für einen Rückzug war es mittlerweile zu spät. „Ihrer Reaktion entnehme ich, dass Ihnen derartige Gefühle nicht gerade vertraut sind?“

Plötzlich spürte sie einen festen Druck an Wange und Kinn. Daniel war blitzschnell wie eine Raubkatze auf sie zugeschossen und zwang sie mit einer Hand, ihm in die Augen zu sehen. Dann ließ er sie gleich wieder los und tigerte in seinem Büro auf und ab. Gleichermaßen erschrocken und fasziniert beobachtete Sophie ihn und berührte dabei mit den Fingerspitzen ihr erhitztes Gesicht. Daniels Schneider hatte ganze Arbeit geleistet: Bei jeder Bewegung umspielte der teure Stoff unübersehbar die ausgeprägten Muskeln und brachte die maskuline Statur von Daniel hervorragend zur Geltung.

„Wissen Sie eigentlich, wie viel meine Schwester wert ist?“, erkundigte er sich scharf. „Wie viele Millionen Dollar?“

Sophie zuckte die Achseln und verdrängte jeden unsittlichen Gedanken, der in diesem Gespräch nichts zu suchen hatte. „Und das spielt eine Rolle, weil …?“

Diese Frage schien ihn nur noch wütender zu machen. „Sind Sie denn wirklich so naiv, Miss Turner?“ Mit wenigen Schritten war er bei ihr und starrte ihr ins Gesicht. Sophie schrumpfte ein Stück in sich zusammen, aber trotzdem reagierte ihr Körper erregt auf die unerwartete Nähe von Daniel. „Haben Sie eine Vorstellung davon, wie viele Männer meiner Schwester nachgestellt haben, in der Hoffnung, das Vermögen unserer Familie in die Finger zu bekommen?“

Energisch konzentrierte sich Sophie auf seine Aussage und richtete sich unbewusst zu voller Größe auf, obwohl Daniel sie dennoch um mehr als einen Kopf überragte. „Und Sie sind sich über deren Absichten so sicher gewesen, weil …?“

„Weil sie auf und davon sind, sobald man ihnen einen Scheck unter die Nase gehalten hat.“

Für einen Moment war sie zu fassungslos, um eine Antwort zu formulieren. „Sie haben diese Männer ausgezahlt?“

Entsetzt schlug sie eine Hand vor den Mund, und ihr fiel ein, wie Monica ihr gegenüber wegen der vielen gescheiterten Beziehungen ihr Herz ausgeschüttet hatte. Die junge Frau hatte traurig berichtet, dass sie mehr als nur einmal aus heiterem Himmel verlassen worden war, und wie glücklich sie darüber sei, sich in Bezug auf Jake so sicher zu sein.

Nie im Leben wäre Sophie auf die Idee gekommen, dass Daniel etwas mit diesen gescheiterten Beziehungen zu tun hatte. „Sie haben tatsächlich die Freunde Ihrer Schwester dafür bezahlt, dass sie aus der Familie verschwinden?“

„Was alle auch anstandslos getan haben. Also wird meine Vermutung doch in jeder Hinsicht bestätigt, nämlich, dass sie es nur auf unser Geld abgesehen haben. Meinen Sie nicht?“

Aber Sophie war viel zu bestürzt, um auf seine abschließende Frage einzugehen. Im Geiste sah sie vor sich, welchen Druck Daniel auf die Verehrer seiner Schwester ausgeübt haben mochte. Wahrscheinlich hatten sie sogar Angst vor dem, was geschehen würde, sollten sie sich nicht mit einer einmaligen Abfindung zufriedengeben.

Wie kann man nur so kalt und hartherzig sein? dachte Sophie und starrte in die unerbittlichen stahlgrauen Augen des Mannes, den sie von der Hochzeit seiner Schwester überzeugen sollte.

Ihr war bewusst, dass er ganz sicher war, zum Schutz seiner Familie das Richtige zu tun. Aber dabei nahm er die unweigerlichen Selbstzweifel und den fürchterlichen Liebeskummer seiner Schwester in Kauf, die natürlich in dem Glauben gelassen wurde, mit ihr persönlich stimme etwas nicht. Warum sonst sollten sie mehrere Männer Hals über Kopf verlassen?

Zum Glück war sie Jake begegnet, obwohl Daniel das selbstverständlich ganz anders sah. Eines stand fest: Sophie verschwendete hier ihre Zeit mit dem Überzeugungsversuch. Daniel wollte seine Schwester nicht verheiratet sehen, sondern sie in einen goldenen Käfig sperren und anschließend den Schlüssel wegwerfen.

„Sie sollten dankbar sein, dass Ihre Schwester einen Mann gefunden hat, der zu schätzen weiß, wie besonders sie ist“, entgegnete Sophie, machte sich aber keine große Hoffnung, wirklich zu ihm durchzudringen.

„Oh, Fletcher weiß ganz sicher, dass Moni etwas Besonderes ist. Besonders im Sinne eines zweistelligen Millionenbetrags! Warum sonst sollte er sich meine Schwester angeln?“

„Weil er sie aufrichtig liebt.“

„Ach, und wenn er sie so wahnsinnig liebt, wieso dann gleich heiraten? Befürchtet er, sie könnte es sich anders überlegen, und das ganze Vermögen gleitet ihm dann aus den Händen?“

„Sie sind widerlich“, stieß Sophie voller Verachtung hervor und buchte im Stillen schon einen früheren Flug zurück nach Brisbane. „Sie sind kein liebender Bruder, sondern nichts weiter als ein rücksichtsloses, paranoides Monster.“

„Nein, die wahren Monster sind Männer, die sich bereichern wollen, indem sie die große Liebe vorspielen!“

Sophie schüttelte den Kopf. „Sie wissen überhaupt nicht, wer tatsächlich hinter dem Geld Ihrer Schwester her war. Monicas Freunde waren vermutlich zu eingeschüchtert, um sich mit jemandem wie Ihnen anzulegen. Sie haben recht, ich verschwende hier in der Tat nur meine Zeit.“

Ein eiserner Griff um ihren Oberarm hielt sie davon ab, zur Tür zu gehen. Sophie machte sich energisch los und drehte sich mit funkelnden Augen zu Daniel um, der sie ebenso finster anstarrte.

„Sie dagegen haben keine Angst, sich mit mir anzulegen, Miss Turner?“, erkundigte er sich herausfordernd. „Wie kommt das? Wollen Sie Ihren lukrativen Auftrag nicht verlieren?“

Dieser Vorwurf war wirklich unglaublich! „Darauf läuft bei Ihnen wohl alles hinaus, Mr. Caruana, was? Geld! Glauben Sie wirklich, jeder Mensch wird nur durch die ewige Jagd danach angetrieben? Vielleicht sollten Sie diese These noch einmal überdenken. Dann würden Sie eventuell nicht alle Welt an Ihren erbärmlich niedrigen Maßstäben messen.“

Narrensicher, schoss es ihr durch den Kopf. Dass ich nicht lache! Öl ins Feuer gießen, das würde es eher treffen.

Ihre Rolle als Friedensstifterin hatte Sophie gründlich vermasselt. „Ich werde jetzt gehen.“

„Warum denn? Damit Sie Fletcher vorwarnen können, dass er von mir ein entsprechendes Angebot erhalten wird? Wollen Sie ihm dazu raten, die Summe hochzuhandeln? Denken Sie an meine Worte!“ Er hob seinen ausgestreckten Zeigefinger. „Jeder Mensch hat seinen Preis, auch Fletcher.“

„Oh nein“, konterte sie blitzschnell. Sie ließ nicht zu, dass Daniel ihren Bruder in den Dreck zog. „Jake ist anders. Und dass Sie mit Monicas Exfreunden recht haben, können Sie auch nicht beweisen. Jake interessiert sich nicht für Geld, er liebt Monica.“

„Natürlich tut er das“, säuselte Daniel ironisch. „Wie lange genau kennen sich die beiden eigentlich? Zwei Wochen? Oder sogar schon einen ganzen Monat?“

„Manche Menschen wissen eben sehr schnell, ob sie der Person begegnet sind, mit der sie den Rest ihres Lebens verbringen wollen.“

„Ach, ja? Als Nächstes wollen Sie mir wohl weismachen, Sie glauben an die Liebe auf den ersten Blick?“

„So etwas soll es geben.“

„Das müssen Sie ja sagen, da Sie mit Hochzeiten Ihr Geld verdienen. Ihnen kann ja auch völlig egal sein, ob diese Paare auf Dauer verheiratet bleiben.“

Sophie ging zur Tür. „Ich gehe jetzt. Das muss ich mir wirklich nicht anhören.“

Aber Daniel war vor ihr dort und verstellte ihr den Weg. Wieder war sie fasziniert von der Grazie, mit der sich ein so kräftig gebauter Mann bewegen konnte. Und wieder nahm Sophie seinen anziehenden Duft wahr, der sie schon zuvor aus der Fassung gebracht hatte. Ihre Haut begann zu prickeln, und Sophie hob ihre Ledermappe etwas höher, um ihre festen Brustspitzen zu verbergen.

Plötzlich bemerkte sie, dass in Daniels tiefdunklen Augen eine Hitze lag, die vorher noch nicht da gewesen war. Sein Blick sagte ihr Dinge, die keinen Sinn machten, die Sophie aber trotzdem zutiefst berührten.

Dann lächelte Daniel und streckte seine Hand aus. Mit der Rückseite seiner Finger strich er über ihre Wange. Sophie kam es vor, als würden sie sich zu zweit in einer schillernden Seifenblase befinden, die sie vom Rest der Welt abgrenzte.

„Wenn ich dich jetzt fragen würde“, begann er vertraulich, „ob du mich heiraten möchtest, würdest du Ja sagen?“

Es dauerte eine Weile, bis seine Worte zu ihr durchgedrungen waren, und auch dann fiel Sophie keine passende Antwort ein. „Mr. Caruana …“ Sie schluckte, und ihre Worte purzelten im Kopf durcheinander. Eigentlich wollte sie jetzt gar nicht mehr gehen. Sie hatten gestritten, aber worum ging es noch mal …?

„Daniel“, korrigierte er sie, und seine Stimme klang wie dunkle Schokolade. „Schluss mit den Förmlichkeiten! Und, Sophie?“ Er kam ihrem Gesicht gefährlich nahe. „Wie würde deine Antwort lauten?“

Auf irgendetwas wollte er hinaus, daran gab es wohl keinen Zweifel. Aber Sophie schaffte es nicht, auch nur einen einzigen logischen Gedanken zu fassen. Und als seine Lippen ihren Mund streiften, kurz von ihr abließen, um dann wieder für einen weiteren federleichten Kuss zurückzukehren, war es um ihren klaren Verstand geschehen.

Ihre Knie gaben nach, doch zum Glück zog Daniel Sophie in diesem Augenblick fest in seine Arme. Sofort fühlte sie sich beschützt, aufgehoben und unendlich selig.

Nein! rief eine Stimme in ihrem Kopf. Ich lasse mich doch nicht ausgerechnet von dem Mann verführen, der dem Glück seiner eigenen Schwester im Weg steht.

Mit einer Hand stemmte sie sich gegen seine harte Brust und drehte den Kopf zur Seite. „Mr. Caruana.“ Verzweifelt klammerte sie sich an diese formelle Anrede, um wenigstens etwas innere Distanz zu schaffen. „Das ist doch lächerlich. Wir beide kennen uns kaum.“

Mit einer zügigen Drehung ließ er sie stehen. „Das ist genau der Punkt“, brummte er und sah aus dem Fenster. „Wir kennen uns kaum. Aber bei meiner Schwester findest du es nachvollziehbar, dass sie jemanden heiraten möchte, dem sie erst vor einem Monat begegnet ist.“

„Wahrscheinlich hat Jake sie nicht gleich beim ersten Treffen belästigt.“

Seine Schultern versteiften sich ruckartig. „Glaub mir, hätte ich dich belästigt, würde man dir das deutlich ansehen.“

Diese Andeutung der unbestreitbaren Anziehungskraft zwischen ihnen erregte und beschämte Sophie gleichermaßen. Sie musste zügig das Büro verlassen.

Immerhin bin ich eine professionelle Hochzeitsplanerin, erinnerte sie sich. Und als solche lasse ich mich keinesfalls mit den Verwandten meiner Kunden ein! Erst recht nicht, wenn der Bräutigam mein eigener Bruder ist.

„Wie ich schon sagte, ich muss los.“

Je eher, desto besser, fügte sie stumm hinzu.

Warum hatte er sie geküsst? Daniel schüttelte unmerklich den Kopf und rieb sich den Nacken. Wollte er ihr beweisen, wie lächerlich die spontane Anziehungskraft zwischen zwei Menschen war? Wie unverantwortlich, eine Hochzeit in Erwägung zu ziehen, obwohl man seine Beziehung noch nicht auf eine Langzeitprobe gestellt hatte?

Das traf alles zu, und trotzdem war seine ursprüngliche Absicht irgendwann in den letzten Minuten verloren gegangen. Hatte sich einfach in Luft aufgelöst – zwischen ihrer weichen Haut und ihren warmen Lippen.

In der Tür drehte sich Sophie noch einmal zu ihm um. „Du tust mir echt leid. Aber noch mehr Mitleid empfinde ich für Monica, die dich nach wie vor als großen Bruder bewundert und liebt. Sie zählt auf dich und auch darauf, dass du ihrer Hochzeit letztendlich zustimmen wirst, weil du sie glücklich sehen möchtest. Stattdessen willst du sie nur hinter dicken Mauern wegschließen, da du dich von aller Welt bedroht fühlst. Und das ist wirklich erbärmlich.“

„Ich möchte nur das Beste für sie.“

„Nein, tust du nicht. Du willst das Beste für dich. Das Einfachste, um genau zu sein. Dir ist dabei doch vollkommen gleichgültig, ob Monica glücklich wird, solange du nur deinen Weg gehen kannst. Ich kann nur sagen, sie hat Glück, jemanden wie Jake kennengelernt zu haben. Er hat wenigstens Rückgrat und hält den dreisten Übergriffen eines selbstherrlichen Bruders locker stand. Leider ahnt er noch nicht, wie viel Durchhaltevermögen er brauchen wird, um sein und Monicas Glück zu beschützen.“

Ihre Worte trafen ihn sehr, obwohl er das kaum vor sich selbst zugeben konnte. Aber ihn störte, dass sie Fletcher als den Leidtragenden in dieser Geschichte hinstellte. Eigentlich war er für sie doch nur ein weiterer Kunde. Doch jedes Mal, wenn sie seinen Namen aussprach, konnte man meinen, sie wäre selbst in ihn verliebt.

„Du weißt überhaupt nichts über Fletcher. Warum verteidigst du ihn so vehement?“

Daniel kam es vor, als würden sich ihre Schultern in Zeitlupe heben und senken.

„Na, er ist schließlich mein Bruder.“

4. KAPITEL

Fletcher war ihr Bruder? Die Tür knallte zu, bevor Daniel auf diese trockene Mitteilung reagieren konnte. Verdutzt blieb er stehen und überlegte. Seiner Kenntnis nach hatte Fletcher keine Schwester, oder doch? Auf der Highschool war eine Schwester jedenfalls mit keinem Wort erwähnt worden. Und dann der Name Turner …

Das passte alles nicht zusammen. Außerdem war der ganze Termin anders verlaufen, als Daniel es geplant hatte. Und jetzt hatte er es nicht nur mit irgendeiner beliebigen Hochzeitsplanerin zu tun, sondern ausgerechnet mit Fletchers Schwester!

Das hätte Sophie Turner wirklich gleich eingangs erwähnen können. Aber vermutlich war es Taktik gewesen, ihn vorerst im Unklaren zu lassen. Und in dieser Minute telefonierte sie sicherlich schon mit Fletcher, um ihm zu raten, Daniels Angebot nicht nur anzunehmen, sondern auch noch kräftig in die Höhe zu treiben.

Oder saßen Monica und Fletcher noch im Flieger? Vielleicht war noch Zeit …

Spontan griff Daniel zum Telefon und rief seinen Sicherheitschef an. „Jo? Ich möchte, dass du alles Wissenswerte über ein Hochzeitsplanungsunternehmen herausfindest, das ‚Der perfekte Tag‘ heißt. Und über eine Miss Sophie Turner, die dort arbeitet. Ich will alles: Finanzierungshintergrund, persönliche Daten, Familiengeschichte, auch die Einzelheiten über die nächsten Verwandten und andere Mitarbeiter in der Firma, das ganze Programm. Und bitte so schnell wie möglich!“

„Wird gemacht“, schoss der andere Mann zurück. Es folgte eine kurze Pause. „Darf man dir gratulieren?“

Von niemand anderem hätte Daniel sich diese intime Frage gefallen lassen, aber Jo und er waren bereits seit der Schulzeit enge Freunde.

„Mir nicht. Jake Fletcher hat sich Monica geangelt und will sie nun zum Altar schleifen. Sophie Turner soll ihre Hochzeitsplanerin sein.“

„Fletcher ist zurück?“ Daniel hörte das Quietschen des Stuhls, in den Jo sich fallen ließ. „Soll ich mich auch um ihn kümmern, Boss?“

Mit dieser Reaktion hatte Daniel gerechnet. Jo hasste Fletcher ebenso leidenschaftlich wie er selbst. Immerhin war Jo derjenige gewesen, der Daniel vom Flughafen abgeholt hatte, als Daniel zu Emmas Beerdigung aus Italien zurückgekehrt war. Jo hatte ihm auch beigestanden, als sie das Ergebnis der Autopsie erfuhren. Und er hatte Daniel daran gehindert, auf Fletchers Krankenstation zu marschieren und ihm die lebenserhaltenden Maschinen eigenhändig abzustellen.

Daniel schätzte Jos Loyalität, aber die Zeiten, in denen sie ihre Probleme mit Fäusten geregelt hatten, waren endgültig vorbei. Heute bediente er sich lieber subtilerer Methoden, auch wenn diese wesentlich kostspieliger waren. Aber immerhin konnte er es sich leisten.

„Er hat sich bereits aus dem Staub gemacht und ist mit Monica im Schlepptau nach Hawaii verschwunden. Diese Hochzeitsplanerin soll mich nun vom Vorhaben meiner Schwester überzeugen, aber wahrscheinlich ist sie nur die Vorhut, um die Abfindungssumme hochzutreiben.“

„Pah! Okay, Boss, ich mach mich ran.“

„Ach … Jo? Da ist noch etwas, das du wissen solltest.“

„Als da wäre?“

„Diese Planerin, Sophie Turner, behauptet, Fletchers Schwester zu sein.“

Der andere Mann pfiff durch die Zähne. „Wusste gar nicht, dass der eine Schwester hat.“

„Ich auch nicht. Das ist eines der Dinge, die du überprüfen sollst.“

„Wenn sie echt mit diesem Mistkerl verwandt ist, kann man ihr nicht trauen.“

„Genauso sehe ich das auch.“ Nachdem er aufgelegt hatte, stützte Daniel sich mit beiden Händen auf seinem Schreibtisch ab. In seinem Hirn arbeitete es unentwegt, und seine Stimmung wurde von Minute zu Minute düsterer.

Am schlimmsten war, dass er vermutlich die Schwester seines Erzfeinds geküsst hatte. Was war bloß in ihn gefahren? Dabei hatte er ihr zeigen wollen, wie schwachsinnig irrationales Verhalten war. Welch eine Ironie!

Für wenige Sekunden gestattete er sich, an ihre weiche Haut und den süßen Duft ihrer Haare zu denken. Und an das ungewöhnliche Blau ihrer großen Augen …

Monicas Neuigkeiten hatten ihn doch mehr durcheinandergebracht, als er zugeben mochte! Kein Wunder, dass er vorhin nicht ganz bei klarem Verstand gewesen war. Aber inzwischen hatte er sich wieder im Griff, und seine Fantasie arbeitete auf Hochtouren.

Wenn Fletcher „Entführung auf die Insel“ spielen wollte, warum mischte er selbst dann nicht einfach mit? Vielleicht sollte er im Gegenzug Sophie Turner schnappen und an einen geheimen Ort bringen, bis seine eigene Schwester wieder sicheren Boden unter den Füßen hatte? Mal sehen, wie Fletcher das gefiel!

Mit einem teuflischen Lächeln auf den Lippen griff Daniel erneut zum Telefon. „Cedric? Planänderung!“

Sophie genoss den Luxus, in einer Limousine zum Flughafen gefahren zu werden. Von Daniel Caruana hatte sie dagegen genug, auch wenn er ihr diesen Wagen so großzügig zur Verfügung stellte. Schüchtern bedachte Sophie den Fahrer, dessen obere Gesichtshälfte im Rückspiegel zu erkennen war, mit einem Lächeln. Schließlich konnte der Mann ja nichts dafür, wenn sein Vorgesetzter sich maßlos danebenbenahm.

Jede einzelne Minute brachte mehr Abstand zwischen sie und Daniel, wofür Sophie ausgesprochen dankbar war. Erschöpft ließ sie ihren Kopf gegen die Lehne fallen und überlegte, was sie Monica und Jake sagen sollte.

Sicherlich, sie hatten mit Einwänden gegen ihre Hochzeit gerechnet, aber bestimmt nicht mit der Tatsache, dass Daniel sich nicht einmal die grobe Planung der Feier schildern lassen wollte. Dabei wurde doch nicht einmal von ihm verlangt, sich an den entstehenden Kosten zu beteiligen!

Aber er witterte ja überall unlautere Absichten und hatte panische Angst um das Geld seiner Familie. Und er hatte sie, Sophie, geküsst …

Sie schlug die Augen auf, gerade noch rechtzeitig, um das Schild zum Flughafen im Vorbeifahren zu erkennen. Noch immer konnte Sophie das warme Gefühl von Daniels Lippen auf ihren spüren, konnte seinen männlich herben Duft einatmen – heiß und begehrlich …

Und dann seine Anspielung: Glaub mir, hätte ich dich belästigt, würde man dir das deutlich ansehen.

Meine Güte! Sophie sog tief die klimatisierte Luft in der Limousine ein. Zum Glück hatte sie genügend Verstand besessen, sich rechtzeitig abzuwenden, bevor sie sich vollkommen lächerlich machte.

Will dieser Kerl sich als unwiderstehlicher Lover beweisen? überlegte Sophie.

So oder so fehlte es diesem Mann an Anstand und Gewissen. Sophie war froh, nichts mehr mit ihm zu tun haben zu müssen. Zumindest nicht bis zur Hochzeitsfeier – wenn er sich überhaupt dazu herabließ zu erscheinen.

Dann lächelte sie plötzlich. Wenigstens hatte es am heutigen Morgen einen winzigen Schimmer der Genugtuung gegeben, und zwar kurz bevor sie sich endgültig verabschiedet hatte: mit der knappen Bemerkung, Jakes Schwester zu sein. Die Sekunden nach dieser geplatzten Bombe waren einfach himmlisch gewesen. Der Schock hatte Daniel sein selbstherrliches Grinsen buchstäblich aus dem Gesicht gewischt.

Vielleicht hatte sie den erhabenen Mr. Caruana nicht dazu bringen können, seiner Schwester zu ihrer bevorstehenden Hochzeit seinen Segen zu geben, aber wenigstens behielt sie vorerst das letzte Wort.

Der Chauffeur telefonierte über seine Freisprechanlage, und Sophie sah sich um. Sie hatten bereits die Parkplätze an der Abflughalle erreicht, und Sophie machte sich bereit, schnell aus dem Wagen zu springen, um die anderen Fluggäste nicht unnötig aufhalten zu müssen. Sie schulterte ihre Tasche und ließ die Hand auf dem Türgriff ruhen, doch der Fahrer hielt nicht an.

„Da war eine Lücke“, rief sie ihm verwundert zu und suchte seinen Blick in dem Rückspiegel.

„Entschuldigen Sie, Miss. Kleine Planänderung.“

„Nein, ich muss meinen Flieger kriegen!“, protestierte Sophie. Über die Schulter konnte sie beobachten, wie das Flughafengebäude immer kleiner wurde – und mit ihm Sophies Chance auf baldiges Entkommen.

Ruckartig wandte sie sich wieder nach vorn, und der Chauffeur lächelte ihr aufmunternd zu. „Hat Mr. Caruana Sie nicht instruiert? Offenbar nehmen Sie nun den Hubschrauber.“

„Was? Nein. Nein, das hat mir Mr. Caruana nicht gesagt.“

Instruktionen nehme ich von ihm schon überhaupt nicht entgegen, setzte sie in Gedanken hinzu. Hastig wählte sie seine Nummer, doch die Sekretärin wimmelte Sophie geschäftig ab.

Andererseits, was sie ihm zu sagen hatte, sollte ohnehin eher von Angesicht zu Angesicht geschehen.

Sie rief ihr Büro in Brisbane an. „Meg? Hier ist Sophie.“

„Wie lief das Meeting?“

Sophie verzog das Gesicht. „Nicht so gut, wie es hätte sein sollen. Ich denke, Monica wird wohl allein zum Altar schreiten müssen.“

„Oh, tut mir leid, das zu hören. Aber wenigstens hast du es versucht. Wann wirst du zurück sein?“

Gute Frage, dachte Sophie und biss auf ihre Unterlippe. Sie überlegte, ob sie Meg erzählen sollte, was gerade geschah.

Aber was passierte denn eigentlich genau? War dies eine Entführung?

Nicht wirklich, denn immerhin hatte Sophie noch ihr Telefon in der Hand. Sie konnte jederzeit Hilfe rufen, wenn es nötig sein sollte. Trotzdem gefiel es ihr nicht, dass ihre Pläne ohne ihr Wissen oder irgendeine Erklärung einfach geändert wurden.

„Ich bin mir nicht sicher“, gestand sie schließlich. „Sieht so aus, als würde ich mich in jedem Fall verspäten. Aber ich sage Bescheid, sobald ich mehr weiß.“

„Okay. Ich halte hier die Stellung, bis du wiederkommst. Ach, und vergiss nicht! Morgen früh hast du den Termin im Tropical Palms.“

„Keine Sorge, Meg. Bis morgen bin ich längst wieder da. Wir sehen uns.“

Sie beendete das Gespräch und sah aus dem Fenster auf die sattgrünen Ausläufer der Regenwälder. Was sollte dieser Unsinn mit dem Helikopter? In Sophies Magengrube rumorte es, so als würde sie längst in einem schwankenden Hubschrauber sitzen. Daniel Caruana hatte nicht das Recht dazu, über Wünsche und Pläne anderer Menschen zu bestimmen. Nicht über die seiner Schwester, nicht über Jakes und am wenigsten über ihre eigenen.

Genau das wollte sie Daniel sagen, als sie ihm wenig später auf einem Landeplatz in der Nähe seines Bürogebäudes gegenüberstand. Er lehnte an einem schwarzen Sportwagen, der noch schnittiger als der rot-weiße Helikopter aussah, dessen Pilot geduldig auf den Abflug wartete.

Daniel telefonierte, was Sophie Zeit gab, ihn eingehend zu mustern. Er hatte die Beine leicht übereinandergeschlagen, und sein kräftiger Oberschenkel zeichnete sich durch den Stoff seiner Hose ab. Das weiße Hemd stand am Kragen offen und flatterte dadurch im Wind. Schwarze Haare, dunkle Haut … er sah aus wie ein Supermodel!

Aber davon wollte sie sich nicht beeindrucken lassen. Mit energischen Schritten ging Sophie auf ihn zu und ignorierte das Handy in seiner Hand. „Kannst du mir mal verraten, was das hier soll? Ich muss meinen Flug zurück nach Brisbane erwischen, und du zitierst mich hierher zurück, ohne ein einziges Wort der Erklärung!“

Leise murmelte Daniel etwas in sein Telefon und ließ es anschließend in seiner Tasche verschwinden. Er sah so wahnsinnig gut und souverän aus. Am liebsten hätte sie ihn geschüttelt, nur um eine Reaktion zu provozieren.

„Miss Turner“, entgegnete er gekünstelt. „Wie schön, dass Sie es einrichten konnten.“

„Du hast Nerven! Dabei weißt du genau, ich hatte keine Wahl!“

„Hat Cedric dich etwa gefesselt und in den Kofferraum gesperrt?“, erkundigte sich Daniel mit gespielter Entrüstung. „Ich muss mit ihm wirklich mal über seine Umgangsformen sprechen. Er soll meine Gäste doch nicht so hart anfassen.“

„Findest du das etwa witzig?“

„Deine Reaktion irgendwie schon, ja.“

Das Blut pochte heftig durch ihre Venen. „Dann hast du einen ziemlich miesen Sinn für Humor, muss ich sagen.“ Mit dem Daumen wies sie auf den Helikopter. „Willst du mich vielleicht mit diesem Ding da nach Brisbane bringen?“

„Nicht ganz.“

„Dann entschuldige mich. Ich rufe mir ein Taxi, was ich eigentlich von Anfang an hätte tun sollen.“ Sophie wandte sich ab und kramte ihr Handy aus der Handtasche hervor. Doch bevor sie eine Nummer eintippen konnte, nahm Daniel ihr das Gerät einfach aus der Hand.

„Was soll das? Her damit!“

„Was ist denn das für ein Tonfall? Ich hätte sofort merken müssen, dass du Fletchers Schwester bist.“

Instinktiv holte Sophie zu einem Schlag aus, besann sich dann aber eines Besseren und ließ die Hand wieder sinken. „Deshalb hast du mich hierher bringen lassen? Damit du weiter meine Familie beleidigen kannst?“

Der Schreck über ihren Wutausbruch saß ihm noch in den Knochen, das war nicht zu übersehen. Obwohl er keine Ohrfeige kassiert hatte, hielt er eine Hand an seine Wange. „Du überraschst mich schon wieder.“

„Das Kompliment kann ich leider nicht zurückgeben. Ich hörte, ich würde es mit einem arroganten Mistkerl zu tun haben, der versucht, sein Umfeld zu kontrollieren. Scheinbar behalten die Leute recht mit ihrer Einschätzung.“ Erwartungsvoll streckte sie ihre Hand aus. „Kann ich jetzt bitte mein Telefon wiederhaben? Mein Flugzeug wartet.“

„Wann ist der Abflug?“

„Was geht dich das an?“

„Weil sich das, was ich dir zeigen möchte, nur zehn Minuten von hier befindet.“

„Und wieso sollte ich mit dir dorthin fliegen wollen?“

„Würde es helfen, wenn ich zugebe, dass ich heute nicht ganz fair zu dir gewesen bin?“

Sophie wurde noch misstrauischer als zuvor. „Ich denke, wir wissen beide, wie wahr das ist! Aber du musstest mich nicht hierher holen, nur um das zuzugeben. Das hätten wir beide auch gut am Telefon regeln können.“

Doch Daniel ließ sich nicht irritieren. „Nachdem du verschwunden bist, ging mir auf, dass ich der Hochzeit meiner Schwester nicht im Wege stehen kann, wenn es das ist, was sie unbedingt möchte.“

„Das hast du vor Kurzem noch ganz anders gesehen.“

„Lass mich doch ausreden“, bat er. „Ich nehme an, Monica legt Wert auf meine Anwesenheit bei ihrer Trauung?“

Sophie stellten sich die Nackenhärchen auf. Der Gedanke an eine Hochzeit ohne Daniel Caruana erschien ihr außerordentlich attraktiv. Andererseits war er Monicas Bruder, und ihre eigene Aufgabe als Hochzeitsplanerin war, ihn zur Kooperation zu bewegen. Deshalb nickte sie zögernd.

„Monica hoffte, du würdest sie zum Altar führen. Aber als ich vorhin dein Büro verließ, sah es ja nicht danach aus.“

„Hast du ihr schon von meiner Reaktion berichtet?“

Sie schüttelte den Kopf. „Noch nicht. Sie werden gerade unterwegs sein.“

Mit einem Blick gen Himmel sog Daniel den Atem ein, so als wäre er unendlich erleichtert. Dann strich er sich durch das rabenschwarze Haar, und Sophies Blick blieb am geöffneten Kragen seines flatternden Hemds hängen. Seine Haut schien sich nach ihrer Berührung zu sehnen, und beinahe hätte sie sich auf die eigene Hand geschlagen, um diesem Impuls nicht blind zu folgen. Energisch verdrängte sie den Wunsch, noch mehr von dieser tief gebräunten Haut zu sehen.

Er starrte sie an, und Sophie sah mit hochrotem Kopf zur Seite. Wie schaffte er es nur, ihr das Gefühl zu geben, sie wäre ein liebestoller Teenager? Vermutlich war sie einfach zu lange der heißen Sonne ausgesetzt gewesen.

„Es tut mir leid“, brummte Daniel neben ihr.

„Ehrlich?“ Das hatte Sophie nicht erwartet.

Ihre Reaktion brachte ihn zum Lächeln. „Mich zu entschuldigen, ist nicht gerade meine Stärke“, gestand er schmunzelnd. „Ich bin nicht sehr gut darin.“ Seufzend sah er zum Helikopter hinüber und gab dem wartenden Piloten ein Zeichen. Der andere Mann nickte kurz und wandte sich dann ab.

„Geh ein paar Schritte mit mir“, bat Daniel und schlenderte auf ein paar Bäume zu, die neben einem farbenfrohen Blumenbeet standen. „Ich bin dir wohl eine Erklärung schuldig. Weißt du, Monica hat mich mit ihrer E-Mail kalt erwischt. Und ich hatte kaum Zeit, die Nachricht zu verdauen, da hast du schon in meinem Büro gestanden. Aber du hast recht. Sie hat es noch mit keinem Mann so ernst gemeint wie mit deinem Bruder. Und schließlich kann sie mit einundzwanzig ja auch machen, was sie will.“

„Diese Hochzeit will sie auf jeden Fall“, bekräftigte Sophie.

Er zögerte nur kurz. „Wenn dem so ist, sollte ich dich wohl zumindest anhören. Das bin ich meiner Schwester schuldig.“

Gemeinsam gingen sie dicht am Blumenbeet vorbei, und die Farben der Blüten kamen Sophie außergewöhnlich grell und schillernd vor. Als würde Daniel durch seine bloße Anwesenheit sogar die Flora zu mehr Leben erwecken. Dabei stand seine dunkle, imposante Gestalt in starkem Kontrast zu den zarten Pflänzchen.

Es war an der Zeit, die Situation zwischen ihnen zu klären. „Und was soll das mit dem Hubschrauber?“, wollte Sophie wissen.

„Wo soll die Trauung stattfinden?“, stellte er die Gegenfrage.

Sie stöhnte innerlich auf. Konnte dieser Mann nicht einmal eine einfache Frage beantworten? „Ich habe den Golfklub Tropical Palms an der Gold Coast gebucht. Morgen früh soll ich dort die Buchung bestätigen.“

Sein Stirnrunzeln drückte tiefes Missfallen aus. „Ein Golfklub soll die Hochzeit meiner Schwester ausrichten?“

Obwohl Sophie Daniel keine Rechenschaft schuldig war, traf sie diese subtile Kritik. Immerhin wollte sie selbst auch lieber einen exklusiveren Ort für die Feier, aber angesichts des Zeitdrucks …

„Etwas anderes war so kurzfristig nicht zu bekommen. Dort kamen wir nur unter, weil eine Reservierung storniert wurde. Und Monica ist mit der Wahl zufrieden.“ Ihr Atem stockte. Warum machte es ihr etwas aus, was Daniel dachte? „Mehr als zufrieden, um genau zu sein, denn sie möchte Jake so schnell wie möglich heiraten.“

In seinen Augen flackerte es leicht auf, und Sophie stand Daniels plötzlichem Interesse an den genauen Hochzeitsarrangements misstrauisch gegenüber. Sie verschränkte die Arme. „Was hat dies alles zu bedeuten? Und jetzt möchte ich bitte eine konkrete Antwort auf meine Frage!“

Sein Lächeln war schwach. „Ich will dir etwas zeigen. Einen Ort, der wesentlich besser für Monicas Hochzeitsfeier geeignet ist. Viel besser als ein drittklassiger Golfklub. Viel zu öffentlich und zu billig.“

„Monica und Jake planen mit begrenztem Budget.“

„Als Familienoberhaupt betrachte ich es als meine Pflicht, die Hochzeit meiner Schwester auf eigene Kosten auszurichten. Die Leute erwarten das von mir, und wenn ich zulasse, dass in dieser Notlösung gefeiert wird, schadet das meinem Ansehen.“

„Ein Jammer“, bemerkte Sophie ironisch. „Für dich mag das jetzt überraschend kommen, aber bei diesem Anlass geht es tatsächlich gar nicht um dich.“

„Mag sein, trotzdem erwartet man von mir, dass ich dafür bezahle. Die Presse würde mich zerreißen: Mr. Caruana zahlt für die Hochzeit seiner einzigen Schwester weniger als für seine letzte Geliebte!

Sie schloss die Augen und rang um Fassung. Die Vorstellung, Daniel an der Seite einer Geliebten zu erleben, war irritierend. Nein, sie war regelrecht verstörend. Es missfiel ihr sehr, dass es ihr nicht gelang, das Bild von ihm und einer fremden Frau in intimer Umarmung schnell wieder zu verdrängen. Der Gedanke setzte sich fest, nagte an ihr und brachte in Erinnerung, wie verführerisch und erregend seine Lippen sich angefühlt hatten …

„Ich hätte nicht gedacht, dass dich interessiert, was andere Leute von dir halten“, erwiderte sie spitz.

„Mein Alternativvorschlag befindet sich in nur zehn Minuten Entfernung von hier“, erwiderte Daniel und ignorierte Sophies provozierenden Kommentar.

„Da wir schon eine Buchung haben, sehe ich keinen Sinn darin, mir eine andere Location anzusehen.“

„Tu mir doch bitte den Gefallen!“, bat er eindringlich, und seine samtene Stimme tat ihre Wirkung. Sophies abwehrende Haltung geriet gefährlich ins Wanken. „Je länger du dich weigerst, desto länger wird es dauern, bis du wieder zurück am Flughafen bist. Meinst du nicht auch?“

Ihr Kopf fuhr in die Höhe. „Ich muss überhaupt nicht mit dir kommen.“

Ihre Weigerung ließ ihn völlig unbeeindruckt. „Ich versichere dir, es wird die Sache wert sein, wenn du mich kurz begleitest. Und unterwegs kannst du mich über alles aufklären, was du mir eigentlich heute Morgen beim Meeting sagen wolltest.“

Es sprach natürlich im Grunde nichts dagegen, ihren eigentlichen Auftrag nun doch noch zu erfüllen. Trotzdem tat sie sich mit ihrer Entscheidung schwer. Es fühlte sich irgendwie an, als würde man sich in die Höhle des Löwen begeben. Andererseits hatte sie bis zu ihrem regulären Abflug noch einige Stunden Zeit. Sie hatte ja nur eine frühere Maschine nehmen wollen, weil sie glaubte, Monica und Jake ohnehin nicht helfen zu können.

Sophie kniff leicht die Augen zusammen. „Kann ich dann vielleicht auch mein Telefon wiederhaben?“

„Aber sicher“, sagte er eilig und reichte ihr mit einem Lächeln ihr Handy. „Du brauchtest doch nur zu fragen!“

5. KAPITEL

Telefonisch bestätigte Sophie ihren ursprünglichen Flug und ließ sich ausdrücklich den letztmöglichen Zeitpunkt nennen, zu dem sie einchecken konnte. Sollte Daniel das ruhig mit anhören, dann würde er wenigstens die Zeit im Auge behalten. Sophie wollte ihren Flug auf keinen Fall verpassen, vor allem, weil sie von diesem Spontanausflug alles andere als überzeugt war.

Daniel lächelte in sich hinein und wandte sich mit einer gemurmelten Entschuldigung ab, um dem Hubschrauberpiloten entsprechende Anweisungen zu geben.

Wenig später hoben sie ab, und der Boden entfernte sich schwankend unter Sophie. Winzige Häuser, Autos und Straßen wurden sichtbar, und kurze Zeit später erschien das herrliche Panorama der türkisblauen See. Der endlose Strand war blendend weiß und setzte sich in starkem Kontrast zu den dunkelgrünen Palmen ab. Wieder kam es Sophie vor, als würden die Farben ihrer Umgebung durch die Präsenz des eindrucksvollen Mannes, der neben ihr saß, verstärkt werden.

Der ganze Moment war atemberaubend: der Ausblick, Sophies attraktiver Begleiter und vor allem die Tatsache, dass er sich bei ihr entschuldigt hatte.

Vielleicht war er wirklich durch die Nachrichten seiner kleinen Schwester überrumpelt worden und hatte sich deswegen wie ein Neandertaler aufgeführt? Das würde zumindest Sinn machen. Sophie musste zugeben, dass auch sie selbst extrem überrascht war, als sie von der Hochzeit erfuhr. Teilweise beschlich sie sogar das Gefühl, sie würde den Bruder verlieren, den sie gerade erst wiedergefunden hatte. Erst als Monica ihr versicherte, niemals zuzulassen, dass die Geschwister sich erneut voneinander entfernten, konnte Sophie dem verliebten Paar ihren aufrichtigen Segen geben.

Wenn es Daniel nun ähnlich ging? Immerhin fühlte er sich sehr verantwortlich für seine Schwester.

Woher soll ich wissen, wie Daniel Caruanas Hirn funktioniert? fragte Sophie sich. Dieser Mann hat die Verehrer seiner Schwester mit Geld ausbezahlt und vom Hof gejagt! Und er hasst Jake

Vor allem aber gab es keine vernünftige Erklärung dafür, dass Daniel sie geküsst hatte. Ihr wurde warm bei der Erinnerung an diesen Moment intimer Zärtlichkeit, auch wenn er eigentlich nichts zu bedeuten hatte. Nur eine kurze Berührung, und dann hatte Daniel sich von ihr abgewandt, als hätte er gerade den größten Fehler seines Lebens begangen. Alles war nur ein Beweis seiner Überlegenheit gewesen!

Aber beinahe hätte es funktioniert.

Eine sanfte Berührung an ihrem Arm ließ Sophie herumfahren. Stumm deutete Daniel aus dem Fenster, und Sophie schnappte nach Luft. Unter ihr breitete sich ein Paradies aus.

Das war also Kallista. Sophie erinnerte sich an die Bilder, die sie im Internet von Daniels Privatinsel gefunden hatte. Nie im Leben hätte sie gedacht, dass sie einmal selbst einen Fuß auf dieses kostbare Eiland setzen würde.

Die Insel lag wie ein Juwel direkt vor der Küste Australiens: sattgrün bewachsene Hügel und gezackte kleine Bergspitzen wechselten sich mit sandigen Stränden und von Palmen umsäumten Buchten ab. An der Westseite erkannte man ein ausgedehntes Korallenriff, das die See in unzähligen Farben schimmern ließ. Im Landeanflug konnte Sophie im kristallklaren Wasser sogar bunte Fischschwärme erkennen.

Ihr wurde ganz warm ums Herz. Dies hier war ein wahrer tropischer Traum. Dagegen sah der Golfplatz des Tropical Palms wie die schäbige Imitation einer Oase aus. Welche Frau würde nicht gern auf einer Trauminsel wie Kallista heiraten?

Aber sie hatten eine Buchung, und Monica war glücklich mit dieser Entscheidung. Daran hielt Sophie eisern fest.

„Also, wie findest du es?“, erkundigte sich Daniel, nachdem sie gelandet waren und zu Fuß auf einen kleinen Wagen zusteuerten.

Seine Augen waren hinter dunklen Gläsern verborgen, und das breite Grinsen entblößte eine Reihe perfekter weißer Zähne. Dieser Mann war voller Zuversicht, seine Schlacht bereits gewonnen zu haben.

Sophie lenkte ihren Blick auf alles Mögliche – nur nicht direkt auf ihn! „Es ist ganz nett“, stimmte sie mit einem anerkennenden Nicken zu. Auf keinen Fall würde sie ihm kampflos die Führung überlassen.

„Nett?“ Angewidert ließ er dieses Wort noch einmal buchstäblich über seine Zunge rollen. „Könntest du nicht ein wenig mehr Enthusiasmus für meine Idee aufbringen?“

„Nun, es gibt hier einen wunderschönen Strand und viele Palmen.“

„Monica liebt diese Insel“, erklärte Daniel nachdrücklich. „Sie wünscht sich seit jeher, hier zu heiraten.“

Daran hatte Sophie keinen Zweifel. Zudem standen Palmen und romantischer Sonnenuntergang ganz oben auf Monicas Wunschliste für ihre Trauung. Allerdings misstraute Sophie Daniels plötzlicher Zustimmung und seinem Engagement, die Feier selbst ausrichten zu wollen. Nach seinem anfänglichen Widerstand kam diese Einsicht doch etwas zu zügig!

Irgendetwas stimmte da nicht, und Sophie musste herausfinden, was Daniel im Schilde führte.

Aber eines war klar: Kallista kam als Location für die Hochzeit nicht infrage. Jake hatte ausdrücklich nach neutralem Boden verlangt, und angesichts der Feindseligkeiten zwischen ihm und seinem Schwager in spe war Daniels Privatinsel ganz und gar nicht der geeignete Ort für die Feier.

Demzufolge durfte Sophie sich von dem dominanten Familienoberhaupt der Caruanas nicht gängeln lassen. Entschlossen drehte sie sich zu Daniel um.

„Okay, du hast recht: Dies ist eine zauberhafte Insel. Absolut perfekt, wenn man es darauf abgesehen hat, barfuß am Strand zu heiraten. Aber es mangelt an der Infrastruktur für eine ordentliche Hochzeitsfeier.“ Sie zuckte die Achseln. „Zuerst einmal muss für das Catering und die Unterbringung der Gäste gesorgt sein. Man müsste fast alles per Boot herschaffen und …“

„Steig ein!“ Grinsend wies Daniel auf einen Buggy. „Ich werde dir die Infrastruktur meiner Insel zeigen.“

Schweigend folgte sie seiner Aufforderung und verschwieg ihm, dass sie sein Inselheim bereits aus dem Internet kannte. Eine Art Stadthaus zwischen Palmenhängen und einem kleinen Weinberg. Nur ein Haus. Bei Weitem nicht ausreichend, um eine ganze Hochzeitsgesellschaft unterzubringen.

Morgen wollte Sophie die Anzahlung leisten, um die Buchung des Golfklubs endgültig zu bestätigen, und Daniel Caruana konnte dorthin verschwinden, wo der Pfeffer wächst. Schließlich wusste er nicht einmal, was alles dazu gehörte, eine anständige Hochzeitsfeier auszurichten. Das Tropical Palms war vielleicht nicht die erste Adresse am Platz, aber dafür hatte man dort Erfahrung mit Veranstaltungen dieser Größenordnung.

Der Buggy bahnte sich einen Weg über einen schattigen Pfad, der vom Strand wegführte. Daniel hatte sich inzwischen die Hemdsärmel hochgekrempelt, und Sophies Blick wanderte immer wieder zu seinen muskulösen Armen. Er sah aus wie ein Pirat mit flatterndem weißen Hemd auf tiefbrauner Haut, den lackschwarzen Haaren – fehlte nur noch der goldene Ohrring.

Das Gefährt strauchelte kurz an einer Baumwurzel, brach zur Seite aus, und Daniel musste den Buggy mit einer kraftvollen Bewegung des Lenkrads wieder in die Spur bringen.

Erschrocken lachte Sophie auf, biss sich jedoch sofort auf die Lippen.

„Was ist so lustig?“, wollte Daniel wissen.

„Na ja, ich musste gerade an deinen eleganten schwarzen Sportwagen denken“, gab sie zögernd zu. „Schwer vorstellbar, dass du nun einen kleinen Buggy durchs Gelände steuerst. Das hätte ich dir einfach nicht zugetraut.“

„Und deshalb lachst du mich jetzt aus?“

„Nein, ich finde nur …“ Sie brach ab, um nicht aus Versehen zuzugeben, was für ein verrucht romantisches Bild sie sich heimlich von ihm gemacht hatte. Zum Glück konnte er in diesem Schatten nicht erkennen, wie sich ihre Wangen tiefrot färbten. „Du kommst mir wie ein Mann vor, dem es nicht schnittig und rasant genug sein kann“, schloss sie leise.

Sein kurzer Seitenblick verriet, dass er ihre Verlegenheit bemerkt hatte. „Das stimmt so weit … aber hier auf der Insel ist eben alles anders. Tut mir leid, wenn du enttäuscht bist.“

Sein Grinsen war herausfordernd, und Sophie verdrehte ironisch die Augen. Hätte Daniel es nicht besser gewusst, würde er fast behaupten, dass sie beide miteinander flirteten. Was ging da nur in diesem hübschen Köpfchen vor sich? Er fragte sich, ob Sophie überhaupt klar war, welch anregende Wirkung sie auf Männer hatte. Und nun befand sie sich auf seiner Insel, auf seinem Territorium. Wie Fletcher wohl darauf reagierte? Auge um Auge, Schwester für Schwester!

Autor

Trish Morey
Im Alter von elf Jahren schrieb Trish ihre erste Story für einen Kinderbuch- Wettbewerb, in der sie die Geschichte eines Waisenmädchens erzählt, das auf einer Insel lebt. Dass ihr Roman nicht angenommen wurde, war ein schwerer Schlag für die junge Trish. Doch ihr Traum von einer Karriere als Schriftstellerin blieb.
Nach...
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Trish Morey
Im Alter von elf Jahren schrieb Trish ihre erste Story für einen Kinderbuch- Wettbewerb, in der sie die Geschichte eines Waisenmädchens erzählt, das auf einer Insel lebt. Dass ihr Roman nicht angenommen wurde, war ein schwerer Schlag für die junge Trish. Doch ihr Traum von einer Karriere als Schriftstellerin blieb.
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